Röhner - Leseprobe

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max baitinger



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max baitinger

rotopol



Nach dem Aufstehen mache ich Kaffee.

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Kocher an.

Kanne auf.

Tank f端llen.

Sieb drauf.

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Kaffee rein.

Nicht dr체cken!

Rand s채ubern.

Kanne zu.

Herdplatte.

Ventil zur Wand.

Wasser kocht.

In die Tasse.

Stehen lassen.

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Kaffee ist durch.

Tasse ist heiĂ&#x;.

Wasser raus.

Kaffee rein.

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Meine Nachbarin.

Ich nenne sie „Dings“.

Hi. Na?


Sie kommt oft.

Bringt Sachen.

Fragt viel.

Fragt, ob das okay sei – ich hätte so schön viel Platz.

Sie sagt, das kriege sie dann im Internet wieder los.

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Dafür pflegt sie meine Pflanzen.


Dafür, dass sie die Blumen gießt, darf sie bei mir waschen.

Und mache wiederum ihre Hausordnung.

Dafür nutze ich manchmal ihren Computer.

Weshalb sie mir meine Post mitbringt.

Wofür ich mich herzlich bedanke.

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Manchmal lädt sie mich auch zum Kaffee ein.

Dann sage ich, dass sie aber noch viel im Internet verkaufen müsse, um in ihrer Küche Kaffee trinken zu können.

Ob’s dann nicht bei mir ginge.

Das sähe zeitlich schlecht aus.

Dann halte ich meinen Terminkalender hoch und mache so:

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Die Post ist von Rรถhner.

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Auf der Karte sehe ich das Sams mit aufgeklebten Plastikkulleraugen.

Aus dem Kuvert kommt bunter Aluminiumglitzer ...

... und f채llt unter mir in den Langflorteppich.

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Röhner schreibt, er sei jetzt in der Stadt und fragt nach einer „Penne“.

„Tschüssi...

...kowski.“

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Es gibt Menschen, denen ich eine freundliche Absage schicken würde.

Röhner gehört nicht dazu.

Und seinen Aluglitzer werde ich auch nicht aus dem Teppich bekommen.


Ich entsorge den Teppich.

Den restlichen Glitzer kehre ich zusammen ...

... und sch端tte ihn in einen Kunststoffbeutel.

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Ich pule die Plastikaugen herunter, ...

... zerstĂśre die Karte ...

... und bringe alles in den HausmĂźll.

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Dings’ Müll habe ich auch mitgenommen.

Dafür stellt sie immer die Tonnen raus.

Und findet darin manchmal etwas.

Sie stellt die Tonnen wieder rein.

Dafür gebe ich ihre Pakete auf.

Sie fragt nie nach ihrem Wechselgeld.

Und wenn sie ihr Fahrrad einmal unabgeschlossen vor der Kneipe vergessen hat ...

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... bringe ich es zur端ck nach Hause.

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röhner wurde von Max Baitinger verfasst und gestaltet. Das Buch entstand zwischen 2013 und 2016 und erschien zum Leipziger Grafik- und Comicfestival the millionaires club. Es wurde von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen finanziell gefördert, bei ajsp in Vilnius, Litauen gedruckt und von Rotopol in Kassel veröffentlicht. Gin Tonics gehen an Susanne Knoll, Reymund Schröder, Marcel Raabe, Thomas Jez, Sascha Hommer, Rita Fürstenau und Rotopol.

1. Auflage März 2016

www.rotopol.de

ISBN: 978-3-940304-98-8 www.maxbaitinger.com © Max Baitinger


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P. führt ein Eremitenleben in zweckmäßiger Symbiose mit seiner geschäftigen Nachbarin. Von der Zubereitung des Kaffees bis zur Pflege der Zimmerpflanzen läuft alles im Takt. Mit dem überraschenden Eintreffen Röhners – einer alten Bekanntschaft – ändert sich dieser Rhythmus. Während Röhner zur psychotischen Zumutung wird, spielt P. im Geiste verschiedene Szenarien durch, wie er den ungeliebten Gast loswerden könnte. Erst als Röhner beginnt, eine innige Beziehung zur Nachbarin aufzubauen, befreit sich P. aus seinen Gedankenschleifen und ergreift Maßnahmen. rotopol

isbn: 978-3-940304-98-8


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