FREIRAUM
& URBAN GARDENING
Urban Gardening als konstruktiver Baustein der Freiraumversorgung stark verdichteter Quartiere
Die vorliegende Diplomarbeit wurde an der HafenCity Universität Hamburg im Studiengang Stadtplanung als wissenschaftliche Abschlussarbeit von Rudolf D. Klöckner verfasst. Vorgelegt bei: 1. Betreuer: Prof. Dr. Michael Koch 2. Betreuer: Dipl.-Ing. Martin Kohler Verfasst von: Rudolf David Klöckner (Matrikel-Nr.: 28790) März 2012 1
Inhalt 0 Prolog Ausgangslage und Zielsetzung der Arbeit
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Methodik und Aufbau der Arbeit
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1 Urban Gardening Bildliche Annäherung
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Begriffliche Annäherung
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Entstehungsorte und Einflüsse
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New York: Community Gardens als soziales Instrument Detroit: Urban Farming als Strategie Buenos Aires & Havanna: Subsistenzgärten als notwendige Alltagspraxis London: Guerilla Gardening als politisches Protestmittel
20 24 26 28
Definitorische Eingrenzung
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2 Freiraum Definitorische Annäherung an den Begriff Freiraum Zusatz: Öffentlicher Raum
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Bedeutung und Wert von Freiräumen für die Stadt
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Lebensqualität Soziale Orte der Kommunikation und Interaktion Identitätsstifter Freiraum als Standortfaktor sowie Image- und Werbeträger von Städten Die Wirkung von Freiräumen auf die Entwicklung von Immobilien
38 38 38 38 40
Die Freiraumversorgung im Spannungsfeld zwischen öffentlicher Hand, privaten Akteuren und neuen Do-It-Yourself-Freiräumen
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3 Hamburger Freiräume Verteilung der offiziellen Grün- und Freiräume Hamburger Freiräume in Zahlen Freiraumtypen der Stadt Hamburg Versorgungsvorgaben Planungsverständnis Qualitätsoffensive Freiraum Unterhalt & Finanzierung Ziviles Engagement
46 48 50 52 54 55 56 59
4 Freiraum und Urban Gardening in Schanzpauli Das Untersuchungsgebiet
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Freiraum-Atlas: Formelle und informelle Freiräume Parks Grünflächen Spiel- und Sportplätze
70 72 80 84
Straßenräume (Hinter)Höfe Zwischen- und Abstandsgrün im Zeilenwohnungsbau
86 88 90
Zwischenfazit
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Urban Gardening-Katalog: Neue Nutzungen Annäherung: Grüne Nutzungsspuren im Freiraum
94 96
Gartendeck Keimzelle Straßen(grün)-Nutzung der lokalen Ökonomie Klein(st)gärten von Anwohnern Guerilla Gardening
106 110 114 118 122
Urban Gardening als Nutzungsanreicherung, Stifter urbaner Qualität und zusätzliches Freiraumangebot
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5 Handlungsansätze und Empfehlungen Auf dem Weg zur Freiraum-Komplizenschaft...
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Übertragbarkeit: Lernen von... Straßenräume aktivieren Unterforderte Grünflächen durch neue Nutzungen anreichern Zusätzliche (private) Flächen erschließen
142 144 146 148
6 Fazit Schlussbetrachtung
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7 Anhang Literaturverzeichnis
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3
0
PROLOG
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Ausgangslage und Zielsetzung der Arbeit „Die Lebensqualität einer Stadt hängt wesentlich vom Angebot vielfältiger Freiraumarten für die unterschiedlichen Nutzungsansprüche der verschiedenen Bevölkerungsgruppen ab“ (FHH, Behörde für Bau und Verkehr Fachamt für Landschaftsplanung: 1997; I). Städtische Freiräume rücken zunehmend in den Fokus der Stadtplanung. Sie sind von zentraler Bedeutung für die Quartiers- und Wohnqualität, werden verstärkt als Wertschöpfer von Immobilien erkannt und positionieren als Imageträger ganze Städte für den Tourismus und einen nationalen wie internationalen Metropolen-Wettbewerb. Dabei geraten die Freiräume insbesondere in stark nachgefragten Teilen der Inneren Stadt (Szenequartiere) zunehmend unter Druck. Eine überdurchschnittliche Wohnungsnachfrage und das große Investoreninteresse führen zu einer raschen Nachverdichtung. Begleitend führen eine pluralisierte Gesellschaft mit individualisierten Lebensstilen und neuen Arbeits- und Freizeitwelten zur Steigerung der Vielfalt (und Konkurrenz) der Nutzungen und Akteure innerhalb der Freiräume. Gleichzeitig werden Unterhalt und Pflege der Freiund Grünräume zu einer immer stärkeren finanziellen Belastung der Städte und Kommunen. Die Haushaltsmittel für den Unterhalt der öffentlichen Flächen sind in Hamburg seit etlichen Jahren rückläufig. Der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg
wies bereits 2009 auf unzureichende Instandsetzungs- und Unterhaltungsmittel im städtischen Haushalt hin. Laut Einschätzung des Berichts gefährden die finanziellen Defizite den Bestand der Grünanlagen „in hohem Maße“ (FHH, Rechnungshof: 2009b S. 79). Das Hamburger Abendblatt proklamierte jüngst gar den drastischen Pflegenotstand und eine „drohende Verwahrlosung“ der Hamburger Parks (vgl. Hamburger Abendblatt: Ausgabe vom 12.11.2011). Parallel lässt sich in den letzten Jahren ein wachsendes Interesse an Stadtentwicklungsprozessen und ein zunehmendes ziviles Engagement innerhalb der kleinteiligen Stadtproduktion beobachten. Dies spiegelt sich insbesondere in der Koproduktion von städtischen Räumen in Form unterschiedlicher Ausprägungen von Urban Gardening wider. „Es tauchen immer mehr Akteure im öffentlichen Raum auf und begrünen, ohne zu fragen, die Straßen, in denen sie wohnen, pflegen Baumscheiben, entmüllen brachliegende Flächen und übernehmen städtische Parks in Eigenregie“ (Müller: 2010 S. 60). Dabei leisten die unterschiedlichen neuen öffentlichen Gartenaktivitäten bereits heute einen ernstzunehmenden Beitrag zur Qualifizierung unterschiedlicher städtischer Freiräume. Die Herausforderung der nächsten Jahre wird es also mehr denn je sein, unter beschränkten finanziellen
Mitteln die Vielfalt und Qualität der vorhandenen städtischen Freiräume zu sichern sowie die neuen komplexen Nutzungsansprüche zu verarbeiten. Dabei muss in Zukunft gerade auch auf vorhandenes ziviles Engagement zurückgegriffen, sowie über mögliche neue privat-öffentliche Allianzen nachgedacht werden. Somit lautet die zentrale These der Arbeit: Urban Gardening leistet in stark verdichteten Quartieren bereits jetzt einen beachtlichen (und konstruktiven) Beitrag innerhalb der Freiraumversorgung. Dabei eignen sich die unterschiedlichen Ausprägungsformen von Urban Gardening besonders, um den wachsenden Nutzungsanforderungen und einer immer komplexer werdenden Freiraumplanung zu begegnen. Das immanente Potential von Urban Gardening hinsichtlich der Nutzungseignung als zeitgemäßer Baustein der Freiraumversorgung wird jedoch durch die Stadt Hamburg derzeit großteils verkannt. Somit verpufft ein Teil der zivilen Energie und die unterschiedlichen Urban Gardening-Projekte und -Aktivitäten bleiben hinter ihren eigentlichen Möglichkeiten zurück. Das wirkliche Potential lässt sich derzeit höchstens erahnen. Zentrale Forschungsfragen der Arbeit Ausgehend von der einleitend beschriebenen Situation und der formulierten These werden in der vorliegenden Diplomarbeit die folgenden Forschungsfragen untersucht: •
Welche unterschiedlichen Arten von formellen und informellen Freiräumen gibt es in stark verdichteten Quartieren? Und inwieweit spiegelt die öffentliche Freiraumplanung in Hamburg dabei diese Räume wider? (Die Untersuchung erfolgt am Beispiel der Hamburger Stadtteile St. Pauli und Sternschanze)
•
Welche unterschiedlichen Ausprägungsformen von Urban Gardening gibt es in stark verdichteten Quartieren? (Auch hier erfolgt die Untersuchung am genannten Beispielraum)
•
In welchen konkreten Fällen von Urban Gardening kommt es dabei zu welcher qualitativen Bereicherung der Freiräume oder möglicherweise zur Schaffung von zusätzlichen Raumangeboten? In welchen Fällen handelt es sich eher um inhaltlich begrenzte „neue Spielarten“ der Raumaneignung?
Und darauf aufbauend: •
Welche Handlungsansätze und Empfehlungen lassen sich daraus für die öffentliche Freiraumplanung und die zuständige Verwaltung ableiten?
Zielsetzung der Arbeit Die Diplomarbeit untersucht unterschiedliche Ausprägungsformen von Urban Gardening als ziviler Baustein der Freiraumversorgung am Beispiel der Hamburger Stadtteile Sternschanze und St. Pauli. Ziel der Arbeit ist die bessere Nutzbarmachung von Urban Gardening als integrierter Bestandteil der Freiräume in überdurchschnittlich stark nachgefragten Teilen der Stadt. Die vorliegende Diplomarbeit macht hierfür Vorschläge und formuliert mögliche Handlungsansätze und Empfehlungen für die öffentliche Freiraumplanung und die zuständige Verwaltung. Die Arbeit soll zudem ein weiteres Fragment zur Erforschung des disziplinübergreifenden Themenfeld von Urban Gardening stellen, sowie einen positiven Beitrag in der laufenden Debatte zeitgemäßer Freiräume liefern. Die Abschlussarbeit setzt das breite Themenfeld von Urban Gardening in den Kontext einer zeitgemäßen Freiraumproduktion der Stadt. Bislang wurde Urban Gardening in der Wissenschaft vor allem über unterschiedliche sozialwissenschaftliche, ökologische und agrarpolitische Zugänge diskutiert. Die Sicht aus der Perspektive städtischer Freiräume fehlt bislang.
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Methodik und Aufbau der Arbeit
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S. 31
Nach der begrifflichen Annäherung an den noch recht jungen Terminus Urban Gardening werden in einem beschreibenden Überblick die wichtigsten Entstehungsorte der verschiedenen Urban Gardening-Modelle und -Strategien auf der Weltkarte verortet, die Einfluss auf die heutige Bewegung und das aktuelle Verständnis von Urban Gardening in Europa und Deutschland nehmen. Mit einem Blick auf die Städte New York, Detroit, Buenos Aires, Havanna und London wird dabei das figurative Feld neuer Gartenaktivitäten vor dem Hintergrund spezifischer städtischer und gesellschaftlicher Entwicklungen und Akteursmotivationen der unterschiedlichen Entstehungsorte offengelegt. Gleichzeitig wird das thematische Beziehungsgeflecht von Urban Gardening und städtischem Freiraum verdeutlicht. Im Anschluss daran erfolgt die thematische Fokussierung des Themenfeldes Urban Gardening und die definitorische Eingrenzung für die weitere Arbeit. Grundlage für den ersten Teil der Arbeit lieferte eine Literatur- und Internetrecherche.
S. 34 Im Kapitel „Freiraum“ werden neben der definitoriS. 38
schen Eingrenzung der Begriffe „Freiraum“ und „öffentlicher Raum“, allgemeine Bedeutung und Wert der Freiräume als Identitätsstifter, Imageträger und Immobilien-Wertschöpfer für die Stadt dargelegt. Auch hier bildete die Grundlage eine Literatur- und Internetrecherche.
Daran anschließend fokussiert die Arbeit die Hamburger Freiräume. Es folgt die Ermittlung und Betrachtung von Planungs(rechtlichen)grundlagen, des Verständnis‘ und der Wertvorstellungen städtischer Freiräume in der öffentlichen Planung sowie die Finanzierung und derzeitige Haushaltssituation des Freiraum-Unterhalts in Hamburg. Die Recherchegrundlage behördlicher (Plan)Dokumente und Veröffentlichungen wird dabei gestützt durch ein Experteninterview mit einem Vertreter der zuständigen Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (Amt für Landesplanung, Abteilung für Freiraum- und Landschaftsplanung). Aufbauend auf der erarbeiteten allgemeinen und hamburgspezifischen Wissensgrundlage widmet sich die Arbeit dem Untersuchungsschwerpunkt: den unterschiedlichen Ausprägungsformen von Urban Gardening als neue Nutzung der Freiräume. Die Untersuchung erfolgt am Beispiel der stark verdichteten Stadtteile St. Pauli und Sternschanze. Hierbei werden zunächst die formellen und informellen Freiräume des Untersuchungsgebietes erkundet und hinsichtlich der allgemeinen Nutzungsintensität und der Bedeutung für die Freiraumversorgung bewertet. Grundlage der Bewertung der einzelnen Räume war die qualitative Langzeitbeobachtung des Autors als langjähriger Anwohner, unter Zuhilfenahme von per-
S. 44
S. 56
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S. 94
S. 130
sönlichen Bewertungen der Freiräume durch weitere Anwohner. Hierfür wurde auf bereits bestehende Informationen unterschiedlicher Online-Bewertungsportale zurückgegriffen. Im Folgeschritt werden die unterschiedlichen Ausprägungsformen von Urban Gardening als neue Nutzung der Freiräume untersucht, um sie hinsichtlich ihrer positiven Wirkung auf die vorhandenen Freiräume und die vorherrschende Freiraumversorgungssitutation zu überprüfen. Für die Untersuchung der unterschiedlichen Urban Gardening-Nutzungen wurden qualitative Akteursinterviews durchgeführt und durch die teilnehmende Beobachtung angereichert. Aufbauend auf den Erkenntnissen der untersuchten Urban Gardening-Nutzungen und den geführten Akteursinterviews, formuliert die Arbeit – unter Rückkopplung der vorangegangenen Vorarbeit – Handlungsansätze und Empfehlungen für die öffentliche Planung und Verwaltung.
S. 142 In einem letzten Schritt wird daraufhin die Über-
tragbarkeit der untersuchten Nutzungsbeispiele angeregt und bestimmte räumliche Bereiche hierfür abgesteckt.
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1
URBAN GARDENING
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Bildliche Annäherung: Urban Gardening
Bildersuche mit den Schlagworten „urban gardening“ auf www.google.de
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Begriffliche Annäherung Urban Gardening – Ein vielseitiger Sammelbegriff
Beim Begriffspaar „Urban Gardening“ handelt es sich um einen Sammelbegriff, der ein umfangreiches und globales Feld unterschiedlichster neuer urbaner Gartenmodelle und Gartenaktivitäten subsumiert (vgl. Müller 2011: S. 6). Nachstehend erfolgt eine erste Annäherung an den Begriff über den sprachlichen Ursprung, die inhaltliche Bedeutung und die fachliche sowie mediale Verwendung des Terminus.
nischer Großstädte der 1970er Jahre. Der Begriff wurde dabei im Zuge der wachsenden Bewegung nachbarschaftlich organisierter Community Gardens sozial schwacher Stadtteile New Yorks und anderer amerikanischer Städte genutzt (vgl. siehe S. 20). Ab den 1990er Jahren findet der Begriff darüber hinaus verstärkt Verwendung in der fachlichen Auseinandersetzung mit alternativen Wirtschafts- und Versorgungsmodellen durch familiengestützte Subsistenzlandwirtschaft in Entwicklungs- und Schwellenländern (vgl. siehe S. 26 f.).
Bedeutung und Ursprung Betrachtet man die beiden aus dem Englischen stammenden Wörter „Urban“ und „Gardening“ hinsichtlich ihrer wörtlichen Bedeutung, so lassen sich die beiden Begriffe mit „städtisch“ und „gärtnern“ / „Gartentätigkeit“ ins Deutsche übersetzen. Daraus ableiten lässt sich die sinnhafte Übersetzung des „städtischen Gärtnerns“ oder auch der „städtischen Gartenaktivität“. Die Übersetzung liefert dabei erst einmal keine spezifischen Merkmale, die über eine in der Stadt praktizierte Gartentätigkeit hinausgehen. Ein eindeutiger Ursprung des Begriffs Urban Gardening lässt sich nicht ausmachen. Im stadtplanerischen Kontext findet der Begriff erste konkrete Verwendung in der Beschreibung der Entwicklung US-amerika-
Verwendung in der deutschsprachigen Fachliteratur Der relativ junge englische Terminus Urban Gardening findet erst seit einigen Jahren Einzug in die deutschsprachige Fachliteratur. Dabei lässt sich keine übergeordnete, einheitliche Verwendung erkennen. Der Terminus wird auch hier als allgemeiner, umschreibender Sammelbegriff unterschiedlicher neuer städtischer Gartenmodelle und -aktivitäten genutzt. Dabei wird der Begriff Urban Gardening nicht weiter spezifiziert und inhaltlich eingegrenzt. Eine Definition erfolgt in der Literatur jeweils nur in den unterschiedlichen konkreten Aktivitätsfeldern. So gibt es zum Beispiel unterschiedliche Definitionen zu „Urban Farming“, „Guerilla Gardening“ oder „Gemeinschaftsgarten“.
2011 ist das Buch „Urban Gardening – über die Rückkehr der Gärten in die Stadt“ der Soziologin Dr. Christa Müller erschienen. Dabei legt der Titel des Buches die definitorische Eingrenzung des Begriffs Urban Gardening nahe. Die Herausgeberin des Sammelbandes geht allerdings nicht weiter auf den eigentlichen Titel des Buches ein. Urban Gardening umschreibt auch hier lediglich „...die Vielfalt von neuen urbanen Gartenaktivitäten...“ (Müller: 2011a S. 24). In den gängigen deutschsprachigen Enzyklopädien hat der Terminus Urban Gardening bislang keinen Einzug erhalten. Die nutzerbasierte Wissensplattform Wikipedia verweist bei der Suche nach dem Begriff auf themenverwandte Einträge und unterschiedliche Urban Gardening-Modelle, wie Urbane Landwirtschaft, Guerilla Gardening, Gemeinschaftsgarten u.a. (vgl. Internetangebot: Wikipedia Deutschland / Suchanfrage 11/2011). Medialer Aufgriff und inflationäre Verwendung Während das Wortpaar Urban Gardening bis zum Jahr 2005 so gut wie keine Verwendung in der deutschen Presselandschaft fand, ist es seit 2010 in der Sprache und Themenwelt der Medienlandschaft vielfach vertreten. 2011 ließ sich in den Medien sogar ein regelrecht emphatisches Aufgreifen erkennen
(vgl. eigene Recherche). Neben den klassischen Verlagsmedien findet ein intensiver Aufgriff des Themenfeldes Urban Gardening in den digitalen neuen Medien über Blogs und Webportale statt. Hierbei stehen in der Regel einzelne, konkrete Projekte im Vordergrund der Berichterstattung, wie zum Bespiel der Prinzessinnengarten in Berlin Kreuzberg oder das Gartendeck in Hamburg St. Pauli. Neben einigen wenigen feuilletonistischen Aufbereitungen findet der Begriff Urban Gardening dabei in den Massenmedien im allgemeinen eine sehr ungenaue Verwendung und führte 2011 zu einem regelrecht inflationären medialen Gebrauch. Dies soll anhand eines kurzen Beispiels verdeutlicht werden: Anfang 2011 schrieb eine Zürcher Gartenmesse in der Ankündigung einer bevorstehenden Sonderausstellung: „Das Trendthema Urban Gardening wird anlässlich einer neuartigen Frühlingsausstellung (...) lanciert. Gezeigt werden zehn realistische, aber freche Anwendungsbeispiele für trendig-bunte MiniGärten“ (GiardinaZÜRICH: 2011). Die Ausstellung trug den profanen Titel „urban gardening“, die Aussteller präsentierten unter dem begrifflichen „Deckmantel“ jedoch konventionelle Garten- und Pflanzmodelle, die vom Kräutergarten auf dem Balkon, über private Blumenbeete, bis zu Guerilla Gardening reichten. Die hiesige Verwendung verdeutlicht dabei die inhaltliche Dehnung und undifferenzierte Verwendung des Be-
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Foto: Unilever Deutschland GmbH
Werbeaktion „Stadtbauer gesucht“ des Lebensmittelherstellers „Knorr“ / 2010
griffs. Als einziges erkennbares Attribut lässt sich das sehr unscharfe Kriterium der räumlichen Verortung innerhalb der Stadt erkennen. Nicht zuletzt aufgrund der medialen Überverwendung des Begriffs kommt es derzeit zu einer wachsenden Unschärfe des Terminus. Der Begriff Urban Gardening läuft dabei Gefahr zu einer Worthülse ohne eindeutige Eigenschaften und sozialräumliche Kriterien zu werden. Ästhetisierung Der intensive Aufgriff der Medien und die starke öffentliche Beachtung der letzten Jahre haben eine weitreichende Ästhetisierung und positive Konnotation des Begriffs Urban Gardening erzeugt. Heute ist der Begriff nicht nur hinlänglich und in vielen städtischen Gesellschaftskreisen bekannt sowie im Sprachgebrauch integriert (wenn auch mit sehr unterschiedlichen Bedeutungen), sondern auch mit einem gewissen positiven Anstrich städtischer „Coolness“ versehen. Aktuell lässt sich beobachten, dass Urban Gardening zu dem allgemeinen „urbanen Chic“ angesagter großstädtischer Lebensstile gezählt wird.
Der Begriff lässt sich dabei auf dieser Betrachtungsebene in eine Reihe von anderen neueren Begriffen die ein „urban“ im Titel tragen einreihen. So zum Beispiel der Begriff „Urban Art“. Gleichzeitig wird Urban Gardening in der bürgerlichen Diskussion und Auseinandersetzung von Stadtentwicklung und dem viel geforderten „Recht auf Stadt“ oft als ein inhaltlicher Baustein genannt. In der sogenannten „Recht auf Stadt Bewegung“ wird der Begriff Urban Gardening in der Regel synonym mit sozialen / partizipativen Gartenprojekten verwendet (vgl. Internetangebot: Recht auf Stadt Netzwerk). Auch diese Tatsache verleiht dem Themenfeld zusätzliche Aufmerksamkeit und wertet den Begriff weiter auf.
Community Gardens (Gemeinschaftsgärten) nachbarschaftliche Mietergärten
Subsistenzgärten
Interkulturelle Gärten
Selbsterntegärten Urban Farming Vertical Farming Rooftop Farming
Ausprägungsformen
URBAN GARDENING Ziele und
Guerilla Gardening
Motivationen Lebenmittelproduktion wirtschaftlicher (Zu)Verdienst
alternativer Lebensentwurf Produktion sozialer Orte Integration / Kommunikation Nachbarschaft
Freiraum-Aufwertung
Freizeitbeschäftigung politisches Handeln ökologische Bildung
Kunstproduktion
postfossile Stadtentwicklung
Eigene Darstellung
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he Strömungen
tschaft tentwicklung
Detroit New York City
Entstehungsorte und Einflüsse
Kuba (Havanna)
Urban Gardening weltweit
dens gung
Die vorgestellten Urban Gardening-Modelle entstehen vor dem Hintergrund spezifischer städtischer und gea) sellschaftlicher Entwicklungen und Akteursmotivatiotschaft nen. So stehen zum Beispiel in Havanna und Buenos chaft, Selbstversorgung Aires die lokale Produktion von Lebensmitteln aus akuter Existenznot im Vordergrund. • In der US-amerikanischen Stadt Detroit ist Urban Gardening durch die Transformation der Innenstadt in landwirtschaftliche Nutzflächen, als postfossile Strategie der Wirtschaftsärten und Strukturkrise zu verstehen. • In New York ist es chaft, Selbstversorgung seit den 1970er Jahren erfolgreiche Praxis, Brachflächen in Form von Gemeinschaftsgärten in Eigenregie zu bewirtschaften und herzurichten und darüber zu on) einer Stabilisierung und Aufwertung sozialschwacher ng Quartiere beizutragen. • Die Aneignung der Stadt als dens „grünes Spielfeld“, welches durch Guerilla Gardening erobert wird, nimmt gerade in den letzten Jahren stark zu und kann dabei als Ausdruck eines politischen Protests – unter anderem auf die Regulierung des öffentlichen Raums – angesehen werden. bewegung
ge und Gartenstadtbewegung Genauso wenig, wie es das eine zentrale Urban Garsistenzwirtschaft dening-Modell gibt, gibt es einen eindeutigen Entstehungsort oder ideologischen Ursprung von Urban Gardening. Die unterschiedlichen Ansätze, Strategien
Buenos Aires
und vor allem verschiedenartigen Handlungsnotwendigkeiten sind ebenso dispers wie ihre Verortung auf der Weltkarte. Der folgende Teil der Arbeit liefert einen Überblick über die wichtigsten Entstehungsorte der verschiedenen Strategien, die Einfluss auf die heutige Bewegung und das aktuelle Verständnis von Urban Gardening in Europa und Deutschland haben. Viele Projekte und Aktivitäten in Deutschland sind vor dem Hintergrund dieser verschiedenen Strömungen entstanden.
Eigene Darstellung, inspiriert durch
London
Eigene Darstellung
Unterschiedliche Urban Gardening-Modelle und Strömungen •
New York: Community Gardens Stabilisierung schwacher Quartiere Freiraumversorgung
•
Detroit: Urban Farming
•
Postfossile Stadtentwicklungsstrategie Verbesserung der Nahversorgung
•
England (London): Guerilla Gardening Künstlerisch-politisches Ausdrucksmittel
•
Deutschland: Schreber- / Selbstversorgergarten
Soziales Grün Subsistenzwirtschaft
Havanna und Buenos Aires: Kollektivgärten Subsistenzwirtschaft
die Arbeit „Garten + X“ von Juliane Hildebrandt
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Foto: flickr - Flatbush Gardener Foto: flickr - Flatbush Gardener
Foto: flickr - RAD CAD
Foto: Kevin Matteson
Foto: flickr - Flatbush Gardener
New York Community Gardens als soziales Instrument New York hat als Stadt im Feld von Urban Gardening, als auch in der Produktion alternativer Freiräume eine besondere Vorreiterrolle inne. Aufgrund der hohen Bevölkerungsdichte und starken baulichen Verdichtung verlangt New York von seinen Bewohnern und Nutzern der Stadt einen innovativen Umgang mit den städtischen (Rest)Räumen ab. Somit greift New York mittlerweile auf eine reichhaltige Kultur innovativer Raumnutzungen zurück. Ein international viel beachtetes und mittlerweile oft exportiertes Urban Gardening-Modell sind die Community Gardens (zu deutsch: Gemeinschaftsgärten). Die halb öffentlichen Gärten finden bereits seit den
frühen 1970er Jahren erfolgreiche Anwendung bei der Stabilisierung von Quartieren und mit öffentlichen Freiräumen unterversorgten Stadtteilen. Heute finden Community Gardens dabei auch weitreichende Beachtung und eine planerische Entsprechung in den zentralen strategischen Planwerken der Stadtentwicklung und der lokalen Gesetzgebung von New York.
Entstehung und Hintergrund
Organisation und Öffentlichkeitsgrad
Ende der 1960er Jahre erhöhte die New Yorker Stadtverwaltung die Grundsteuersätze für private Immobilien um der desolaten Lage des öffentlichen Haushalts entgegenzuwirken. Als Folge konnten viele Hausbesitzer die finanziellen Mehrkosten nicht aufbringen, beziehungsweise diese nicht auf die Mieten auslagern. Das Resultat waren leerstehende Häuser und der zunehmende Verfall sowie spätere Abriss vieler Gebäude in ärmeren Stadtteilen. Nicht selten wurden die Gebäude durch ihre Eigentümer abgebrannt, um als „letzte Option“ zumindest die Versicherungssumme zu kassieren. Mit dem Verlauf der Entwicklung kam es zu schweren sozialen Missständen. Die Folge waren Quartiers-Verwahrlosung, eine zunehmende Müllproblematik und Kriminalität. So wurden in den 19070er Jahren durch die Stadt teilweise ganze Straßenzüge „aufgegeben“ (vgl. Spitthöver: 2009 S. 24).
Die Community Gardens sind in der Regel halböffentlich. Das heißt, die Gelände sind meist eingezäunt, die Gärten aber zu bestimmten Zeiten für jedermann zugänglich. Die Zugangskontrolle erfolgt über die aktiven Gärtner des jeweiligen Community Garden. Wenn ein Gartenmitglied anwesend ist, ist die Fläche auch für Außenstehende zugänglich. Die soziale Kontrolle – durch die betreibende Community – wird dabei allgemein als positiv bewertet (vgl. Grünsteidel: 1999 S. 36).
Die Reaktion der Anwohner auf die schweren Missstände waren nachbarschaftliche Zusammenschlüsse und der beginnende Aufbau von Selbstversorgerstrukturen. So entstanden erste sogenannte Community Gardens auf Brachflächen der Quartiere aus Eigeninitiative der Bewohner. Als Protest gegen die kapitalistische Stadtgestaltung sollte mit den Gärten ein Zeichen gegen Verwahrlosung und Gleichgültigkeit gesetzt werden. Die Gärten waren sozialer Ort für den nachbarschaftlichen Kontakt, sinnvolle Freizeitbeschäftigung und eine Möglichkeit der Kinderbetreuung. Durch den eigenen Gemüseanbau konnten zudem Einsparungen von Lebensmitteleinkäufen erzielt werden und der schlechten Nahversorgungssituation der Quartiere begegnet werden (vgl. Schneider: 1981). Die Gärten trugen dazu bei, ganze Quartiere aufzuwerten und gleichzeitig sozial zu stabilisieren (vgl. Spitthöver: 2009 S. 24). Die Gärten befinden sich heute insbesondere in den mit öffentlichen Freiräumen weniger gut versorgten New Yorker Stadtteilen wie zum Beispiel der South Bronx und Teilen von Harlem und Queens (vgl. Spitthöver: 2009 S. 24). Aufgrund des hohen Flächendrucks und der bodenwertorientierten Stadtentwicklung unterlagen die Gemeinschaftsgärten innerhalb der letzten 40 Jahre einer hohen Fluktuation. Dennoch ist die Gesamtanzahl der Gärten seit den 1970er Jahren bis heute annähernd gleich geblieben. Aktuell gibt es in New York etwas über 1.000 Community Gardens (vgl. Internetangebot: Oasis Community Maps New York) (siehe Karte auf der Folgeseite), die zur Lebensqualität beitragen und auf Quartiersebene einen wichtigen zusätzlichen Beitrag zur Freiraumversorgung leisten.
Institutionelle Unterstützung Bereits Mitte der 1970er wurde die Wirkung von Community Gardens als erfolgreiches soziales Instrument zur Stabilisierung benachteiligter Stadtteile erkannt. Seitdem erfahren die Gemeinschaftsgärten durch unterschiedliche öffentliche Programme und private Organisationen institutionelle Unterstützung. Eines der ersten umfangreichen Programme zur Förderung von Community Gardens war das städtische „New York City Gardening Program“. Im Rahmen des Förderprogramms entstanden alleine in der Zeit von Mitte der 1970er bis Anfang der 1980er Jahre circa 1.000 Gärten auf innerstädtischen Brachflächen (vgl. Schneider: 1981). Die umfangreichste und bis heute existierende Maßnahme wurde 1978 mit dem kommunalen Unterstützungsprogramm „GreenThumb“ ins Leben gerufen. Die Organisation fördert Community Gardens vor allem durch die kostenlose Schulung von Mitgliedern sowie der Bereitstellung von Planungsund Gartenwissen und materiellen Basisgütern. Zudem ermöglicht und fördert das Programm über den umfangreichen Internetauftritt die Vermittlung von Interessierten sowie die Vernetzung der einzelnen Gärten untereinander (vgl. Beech; Dowty; Gopakumar: 2005 S. 2). Zum GreenThumb-Netzwerk zählen aktuell circa 600 Gärten und 20.000 Mitglieder. Damit ist GreenThumb der größte Zusammenschluss von Community Gardens in den USA, wenn nicht sogar weltweit. Seit 1995 ist das Programm in der Obhut des „New York City Parks Department“, der öffentlichen Verwaltung der Park- und Grünanlagen. GreenThumb beschreibt seine Ziele auf der Website wie folgt: „Our aim is to foster civic participation and encourage neighborhood revitalization while preserving open space. Community gardens provide green space and easily accessible recreational opportunities in the areas that need them most. GreenThumb
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was initiated in response to the city‘s financial crisis of the 1970‘s, which resulted in the abandonment of a tremendous amount of public and private land. Residents of these devastated communities transformed these unattractive and unsafe spaces into green havens” (www.greenthumbnyc.org). Position in der Planung Anders als noch zur Zeit der Entstehung haben die Gemeinschaftsgärten heute auch in der Verwaltung und Freiraumplanung New Yorks eine mehr oder weniger etablierte Position eingenommen. Fast alle Gärten besitzen einen legalen Status. Ende der 1990er Jahre sorgte eine private Klage ehrenamtlicher Gartenorganisationen, für eine weitreichende Neupositionierung der Gemeinschaftsgärten in der Freiraumplanung. „Das Gerichtsurteil besagte, dass die Community Gardens ‚de facto als ‚Parklandschaft’ genutzt werden“ und damit zu den ‚vor Stadtentwicklung zu schützenden Parklandschaften‘ zu zählen sind, deren Schutz in Staatsgesetzen geregelt ist. Damit sind die meisten der rund 600 New Yorker Community Gardens – zunächst erst einmal befristet bis 2010 – als städtisches Parkland noch geschützt“ (vgl. Spitthöver: 2009 S. 24). Funktion und Wert als Freiraumversorger Was infolge von sozialen Missständen aus Eigeninitiative der Stadtteilbewohner in den 1970er Jahren begründet wurde, hat sich über die letzten vier Jahrzehnte zu weit mehr als rein nachbarschaftlicher Garten- und Sozialarbeit entwickelt. Aus der Summe von über 1.000 Einzelgärten hat sich ein kleinteiliges, gut organisiertes Netz halböffentlicher Garten-Freiräume gebildet. Heute geht es neben dem nachbarschaftlichen und interkulturellen Austausch und dem Gemüseanbau vor allem um den Gewinn und Erhalt von öffentlich zugänglichen Freiflächen, insbesondere in den mit öffentlichen Freiräumen unterversorgten New Yorker Stadtteilen. Die Gärten sind zu einem Netz von alternativen Freiräumen avanciert – ein kleinteiliges Freiraum-Patchwork, das einen ergänzenden Layer zu den großen und repräsentativen Parks bildet. Die Entwicklung und Wertschätzung der Community Gardens spiegelt sich auch auf Seiten der öffentlichen Planung wider. Im „PlaNYC 2030“, eines der zentralen weichen Entwicklungsinstrumente der Stadt New York, welches die Entwicklungen bis zum
Jahr 2030 skizziert, werden Community Gardens als explizierter Teil der Freiraumversorgung erwähnt, bewertet und in die übergeordnete Planung einbezogen. Im Planwerk heißt es: „We will target high-impact projects in the neighborhoods with the greatest open space needs. These projects will include community gardens and urban agriculture opportunities, which enrich many of the city’s neighborhoods least served by parks“ (The City of New York: 2011 S. 35 / PlaNYC). Allgemein zeichnet sich in den Vereinigten Staaten die Tendenz ab, dass Urban Gardening-Projekte und Initiativen mehr und mehr in den Kanon der kommunalen Freiraumversorgung integriert werden (vgl. Gstach; Hubenthak; Spitthöver: 2009 S. 11) und eine planerische Akzeptanz und rechtliche Entsprechung auf Seiten der Verwaltung stattfindet.
Erlaubt sei an dieser Stelle der kurze Einschub und die Erwähnung der mittlerweile historischen Idee des deutschen Kleingartens. Die ersten Schrebergärten (in Leipzig und Berlin) wurden von staatlicher und planerischer Seite zunächst nicht wertgeschätzt und blieben weitestgehend unbeachtet (vgl. Gstach; Hubenthak; Spitthöver: 2009 S. 9). Heute spielen – wie wir wissen – Kleingärten eine bedeutende Rolle in der Freiraumversorgung und -entwicklung der Städte. Rechtlich wurde der Kleingarten allerdings erst Mitte der 1980er Jahre im Bundeskleingartengesetz (BKleingG) manifestiert und unter bauplanerischen Schutz gestellt (vgl. BKleingG: 1983).
öffentliche Parks / Grü
NEW YORK CITY
Parks vs. Community Gardens halböffentliche Community Gardens öffentliche Parks / Grünflächen Eigene Darstellung Datengrundlage: Oasis NYC Community Maps New York, 2011
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Foto: flickr - detroitunspun Foto: themotorlesscity.com
Foto: flickr - murphyr
Foto: flickr - mercedesfromtheeighties
Detroit Urban Farming als Strategie Unter anderen Vorzeichen nimmt das Thema Urban Gardening in der US-amerikanischen Stadt Detroit mittlerweile einen zentralen Stellenwert ein. Während in New York mit dem Community Garden ein konkreter Gartentyp im Vordergrund der Betrachtung stand, geht es in Detroit um die innerstädtische, landwirtschaftliche Produktion als übergeordnete Strategie einer postfossilen Stadtentwicklung. Gewissermaßen aus der Not geboren, bestimmt „Urban Farming“ derzeit in Detroit die Entwicklung und das Bild der Stadt maßgeblich mit. Detroit – oder auch liebevoll Motown (Motor City) genannt – galt lange Zeit als Inbegriff amerikanischer
Lebensweise und Symbol eines westlichen, fossilen Wohlstandsmodells. Detroit war unter anderem Hauptstandort des größten amerikanischen Automobilherstellers General Motors. Somit basierte neben der wirtschaftlichen Entwicklung auch die Stadtentwicklung zu großen Anteilen auf der ansässigen Automobilindustrie. Der Niedergang der Autoindustrie hatte somit zentrale strukturelle Auswirkungen auf die Entwicklung von Detroit. Der Wegfall der wirtschaftlichen Grundlage führte zu massiven Einbußen sozialer und städtebaulicher Infrastrukturen (vgl. Franz: 2010 S. 71). Aus der Wirtschaftskrise wurde eine Strukturkrise. In Kombination mit der fortschreitenden Suburbanisierung
war die Verödung der Inneren Stadt die Folge. Heute bestimmen Leerstand und brachliegende Gründstücke das Bild von Detroit (vgl. Franz: 2010 S. 71). Mit der Krise hielt die Landwirtschaft Einzug in die Stadt. Heute nimmt Urban Farming eine zentrale Rolle beim Umgang mit der schrumpfenden Stadt und der Überwindung der Strukturkrise ein (vgl. Gstach; Hubenthak; Spitthöver: 2009). Viele innerstädtische Flächen werden durch private Gemeinschaftsgärten und städtische Kleinfarmen genutzt. Die alternative Flächennutzung dient dabei neben dem existenziellen wirtschaftlichen (Zu)Verdienst vieler Haushalte auch der Nahrungssicherung. Frisches Obst und frisches Gemüse ist durch die Verödung der Inneren Stadt oft nur schwer zu bekommen. Die größeren Supermärkte, mit einem umfangreichen Angebot an frischen Lebensmitteln, liegen am Rande der Stadt und sind für die ärmere Bevölkerung oft nur schwer zu erreichen (vgl. Carcanade; Guillon; Cibien: 2010). Fast ein Fünftel der vorhandenen privaten Grundstücke Detroits sind seit der Wirtschaftskrise aufgrund von Steuerschulden an die öffentliche Hand gefallen (vgl. Heuer: 2009 S. 95). Die brachliegenden Grundstücke stellen neben den vorhandenen öffentlichen Infrastrukturen eine zusätzliche Unterhaltslast für die Stadt dar. Sicherung und Pflege der Flächen sind teuer und durch die öffentliche Hand zu einer nicht mehr leistbaren Aufgabe geworden. Die landwirtschaftliche
Nutzung bietet hier eine günstige wie produktive Alternative. Viele öffentliche Grundstücke werden deshalb durch die Stadt zu günstigen Konditionen zur landwirtschaftlichen Umnutzung freigegeben (vgl. Carcanade; Guillon; Cibien: 2010). Neben der kleinteiligen landwirtschaftlichen Produktion in Form von Gemeinschafts- und Nutzgärten entstehen derzeit zunehmend auch profitorientierte Unternehmen. So zum Beispiel die „Hantz Farm“ (www.hantzfarmsdetroit.com). Der Betrieb stellt auf einer Fläche von insgesamt 40 Quadratkilometer den weltgrößten innerstädtischen landwirtschaftlichen Betrieb dar (vgl. www.hantzfarmsdetroit.com). Heute sind rund ein Viertel des Stadtgebietes durch urbane Gärten und eine landwirtschaftliche Nutzung belegt (vgl. Spitthöver: 2009 S. 25). Die Nutzung „städtische Landwirtschaft“ wurde sogar bereits als Flächenkategorie in die Flächennutzungspläne der Stadt aufgenommen (vgl. Meyer-Renschhausen: 2010 S. 287). Auch in der Forschung und den internationalen Feuilletons wird Detroit immer wieder als Vorzeigebeispiel einer neuen postfossilen, Stadtentwicklungsstrategie in den sich wandelnden, US-amerikanischen Großstädten angeführt.
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Foto: tgc garden Blog
(C) tgc garden Blog
Foto: Simone Rongitsch. Danke.
Familiengarten in Buenos Aires
Urbane Kleinst-Landwirtschaft in Havanna
Buenos Aires & Havanna Subsistenzgärten als notwendige Alltagspraxis Sowohl in Buenos Aires, der Hauptstadt von Argentinien, als auch in der kubanischen Hauptstadt Havanna, steht Urban Gardening in der Form von „Subsistenz-Gärten“ im Fokus einer städtischen, (in)formellen Wirtschaftspraxis – wenn auch unter spezifischen politischen und wirtschaftlichen Voraussetzungen beider Länder.
existierte von Buenos Aires (...) aufgrund seines Lebensstandards und hohen Preisniveaus das Bild der ‚europäischen Stadt in Lateinamerika‘. Im Jahr 2001 bekam dieses Bild tiefe Schrammen, als die Regierung Argentiniens nach über 10 Jahren neoliberalen ‚Erfolgs‘-Kurses den Staatsbankrott ausrufen musste. In der darauf folgenden Welle von Protesten und Basisorganisierung vervielfachte sich auch die Zahl der urbanen Gärten“ (Arndt; Haidle; Rosol: 2004 S. 3).
Buenos Aires Um sich dem Thema der urbanen Subsistenz-Gärten in Buenos Aires zu nähern, muss zuerst ein Blick auf die Entwicklung der politischen und wirtschaftlichen Lage Argentiniens geworfen werden. „Lange Zeit
Es sind vor allem zwei zentrale Bewegründe, die die Bewohner von Buenos Aires veranlassen Gärten in der Stadt zu betreiben. Zum einen dienen die Gärten durch den Gemüseanbau der notwendigen Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Bewohner,
zum anderen sind die Gärten selbstorganisiertes Mittel der Aufwertung armer und mit Freiräumen unterversorgter Stadtquartiere. Die Bebauung Buenos Aires‘ ist sehr dicht, Grün- und Freiflächen sind rar. Auf einen Einwohner kommt statistisch nur circa ein Quadratmeter öffentliche Grünfläche (vgl. Arndt; Haidle; Rosol: 2004 S. 7). Zum Vergleich: In Hamburg stehen pro Einwohner über 20 Quadratmeter öffentliche Grünfläche zur Verfügung (eigene Gegenüberstellung). Grundsätzlich kann in Buenos Aires zwischen den beiden urbanen Gartentypen der „Familiengärten“, das heißt Gärten, die durch eine einzige Familie bewirtschaftet werden, und „Gemeinschaftsgärten“, also Gärten die durch einen nachbarschaftlichen Zusammenschluss von mehreren Personen unterhalten werden, unterschieden werden. Die eher kleinen Familiengärten dienen vor allem der Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Situation und der Ergänzung der Nahrungsmittel um frisches Gemüse. Sie sind also weitestgehend eine Form der informellen Subsistenzpraxis. Die nachbarschaftlich organisierten Gemeinschaftsgärten sind darüber hinaus vor allem sozialer Treffpunkt und politisches Ausdrucksmittel (vgl. von der Haide: 2007 S. 9). Die meisten der Gärten befinden sich in den ärmeren Stadtteilen, vor allem im Süden von Buenos Aires (vgl. Arndt; Haidle; Rosol: 2004 S. 4). Der Recherche zufolge gibt es wenig offizielle Zahlen zu urbanen Gärten in Buenos Aires. Die einzigen belastbaren Zahlen liefert das staatliche Regierungsprogramm „ProHuerta“ das der Verbesserung der Ernährungssituation armer Haushalte dienen soll. Das Kooperationsprogramm des Landwirtschafts- und Sozialministeriums versorgt die Bewohner ärmerer Stadtteile mit kostenlosen Informationen zum Gartenanbau und Saatgut. Die Daten des Programms aus dem Jahr 2003 geben rund 50.000 Familiengärten und weitere 2.500 Gemeinschaftsgärten an. Daneben existieren jedoch eine große Anzahl von Familiengärten, die nicht in Berührung mit dem staatlichen Programm stehen und daher in dieser Erhebung nicht berücksichtigt werden (vgl. von der Haide: 2007 S. 9). Während die Stadtverwaltungen anderer Städte – wie zum Beispiel in New York – die Vorzüge von Gemeinschaftsgärten für die Quartiere schon länger erkannt haben (vgl. siehe S. 20 ff.), finden private urbane Gärten in Buenos Aires durch die Stadtplanung und andere öffentliche Verwaltungsstellen bisher kaum Beachtung (vgl. von der Haide: 2007 S. 15).
Havanna Auch in der kubanischen Hauptstadt Havanna liefert der politische und wirtschaftliche Hintergrund des Landes die Grundlage innerstädtischer Nutzgärten und urbaner Landwirtschaft. „Anfang der 1990er-Jahre realisierte der Karibikstaat Kuba, dass eine industrialisierte Landwirtschaft ohne Öl nicht aufrechtzuerhalten ist: Ohne Öl gibt es kein Benzin, keinen Kunstdünger und keine Pestizide. Mit dem Zusammenbruch des sozialistischen Wirtschaftsblocks versiegte auch der Treiber der nachholenden Entwicklungsstrategie des Landes, Erdöl aus der Sowjetunion. Da aufgrund des Treibstoffmangels die Feldfrüchte auf den Äckern verrotteten, sah sich die kubanische Regierung gezwungen, konsequent auf eine ökologische und kleinteilige Landwirtschaft umzustellen, um die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln zu sichern. Die exportorientierte Landwirtschaft wurde ad acta und der hochgerüstete Erntemaschinenpark aus der UdSSR stillgelegt. Parallel dazu entdeckten Tausende von Städter(inne)n den Eigenanbau von Obst und Gemüse. (...) Der aus der Not geborene Erfindungsreichtum der städtischen Bevölkerung beeinflusste in der Folge auch die staatliche Strategie der nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion: Die kubanische Regierung entwickelte sukzessive ökologische Ansätze für den urbanen Obst- und Gemüseanbau, verbunden mit einer Förderung der Kleintierhaltung und der Freigabe von lokalen Märkten. 2004 konnte das in Havanna angebaute Gemüse die komplette Stadt ernähren“ (Müller: 2011a S. 67). Stärker noch als in Buenos Aires bilden in Havanna urbane Gärten eine existenzielle Lebensgrundlage ärmerer Bevölkerungsschichten. Gleichzeitig leisten sie einen elementaren Beitrag zur Nahrungsmittelversorgung der ganzen Stadt. Heute gibt es in Havanna über 26.000 landwirtschaftlich genutzte Gärten die insgesamt eine Fläche von circa 25 Quadratkilometer (entspricht circa 3,5 % der städtischen Gesamtfläche) der Hauptstadt einnehmen und jährlich 25.000 Tonnen Lebensmittel produzieren. Hinzu kommen unzählige kleine Anbauflächen in privaten Hinterhöfen. Insgesamt sind 40 % aller Haushalte in die urbane Landwirtschaft eingebunden (vgl. Internetangebot: Climate Institute).
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Foto: Pete Dungey Foto: Richard Reynolds
Foto: Antonia Schulz
London Guerilla Gardening als politisches Protestmittel Neben den urbanen Gartentypen und Aktivitätsfeldern in den vorgestellten Städten New York, Detroit, Buenos Aires und Havanna, lohnt sich ein Blick auf das Themenfeld Urban Gardening aus ganz anderer Perspektive. „Guerilla Gardening“ gilt als politischkünstlerisch motivierte Veränderung der Stadt und spielt heute vor allem in westlichen Großstädten eine Rolle. Der in den letzten Jahren medial vielfach aufgegriffene Begriff des „Guerilla Gardening“ ist zwar noch relativ jung, spielt jedoch eine einflussreiche Rolle in der aktuellen Diskussion um neue öffentliche Gartenaktivitäten in Deutschland. Einen eindeutigen Ursprung der Guerilla GardeningBewegung gibt es nicht. In der Literatur wird vor
allem das New York der frühen 1970er Jahre als Entstehungsort und Keimzelle genannt. Dabei sind die Protagonisten und Beweggründe weitestgehend deckungsgleich mit der Entstehung der ersten Community Gardens der Stadt (siehe S. 20 ff.). Die Wege auf der Suche nach den Wurzeln und heutigen Einflüssen von Guerilla Gardening führen aber immer wieder auch in die britische Hauptstadt London, wo etwa 30 Jahre später der Begriff Guerilla Gardening neu entdeckt und geprägt wurde. Der ehemalige Werber und heutige Gartenaktivist Richard Reynolds leitete den bereits bestehenden Begriff und die subversive Aneignungspraktiken aus der Werbeform des „Guerilla Marketings“ neu ab (vgl. Inter-
netangebot: Richard Reynolds) und verhalf Guerilla Gardening bei dem Sprung in die globale Dimension der (massen)medialen Wahrnehmung. Beim Guerilla Gardening werden durch Einzelakteure oder Gruppen öffentliche oder private Flächen durch illegale Bepflanzung mit Zier- oder Nutzpflanzen begrünt. Oft handelt es sich um Restflächen, Verkehrsinseln oder Baumscheiben, die keine öffentliche Grüngestaltung erkennen lassen. Ziel der Guerilla Gärtner ist die Aufwertung der Fläche durch (zusätzliches) Grün (vgl. ebd.). Wie das Wort „Guerilla“ bereits erkennen lässt, handelt es sich beim Guerilla Gardening um einen vermeintlich subversiven Akt, da der Eingriff durch die städtische Verwaltung oder den privaten Immobilienbesitzer nicht autorisiert ist. Guerilla Gardening lässt sich also im weitesten Sinne als politisch motiviertes Gärtnern im öffentlichen Raum umschreiben. Guerilla Gardening lebt stark von der medialen Öffentlichkeit und der digitalen Kommunikation. Die illegalen Pflanzaktionen, werden in der Regel spontan im virtuellen Raum organisiert, angekündigt und verbreitet. Ohne die vorherige digitale Kommunikation käme es in vielen Fällen vermutlich gar nicht zu einer realen Umsetzung und Intervention im öffentlichen Raum. Richard Reynolds schreibt in seinem Buch „Guerilla Gardening – ein botanisches Manifest“ es sei „...ein Muss für jeden Guerilla-Gärtner (...) sich über den Einsatz verschiedener Medien Gedanken zu ma-
chen und mit ihnen zu arbeiten“ (Reynolds: 2009 S. 167). Als ersten Schritt empfiehlt er den Aufbau einer eigenen Plattform im Internet, auf der die bisherigen Aktionen dokumentiert, neue Termine bekanntgegeben werden sowie die Kontaktmöglichkeit mit anderen Aktivisten geschaffen wird (vgl. Reynolds: 2009 S. 167). So ist es seiner Ansicht nach möglich, „...eine andere Dimension des öffentlichen Raumes zu erleben“ (Reynolds: 2009 S. 167). Reynolds selber schuf im Jahre 2004 die englischsprachige Internet-Plattform www.guerrillagardening.org, die mittlerweile zur bedeutendsten und vermutlich umfangreichsten Kommunikationsplattform und gleichzeitigen Dokumentationsstelle für Guerilla Gardening Aktivitäten weltweit geworden ist. Im Internet und den klassischen Zeitungsmedien lassen sich so immer wieder theatralisch inszenierte nächtliche Bildkompositionen von Guerilla Gardening-Aktionen finden, die durch eine eindeutige Bildsprache den Anschein von politischem Protest und Subversion erkennen lassen. Auch wenn der Begriff Guerilla Gardening in der Fachliteratur oft synonym mit anderen Urban GardeningModellen und -Praktiken verwendet wird, beschränkt sich die vorliegende Arbeit bei der begrifflichen Verwendung auf das beschriebene politisch motivierte und interventionistische „Spielfeld“ von Guerilla Gardening. Guerilla Gardening ist jedoch sicherlich in vielen Fällen ein erster wichtiger Erfahrungswert der Urban Gardening-Akteure auf dem Weg zu konsistenten neuen urbanen Gartentypen und -aktivitäten.
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Urban Gardening als partizipativer Teil der Stadt Urban Gardening ist ein weitreichendes und äußerst komplexes Themenfeld. Die vorangegangenen Beispiele haben einen Einblick in die Bandbreite neuer Gartenmodelle und -aktivitäten in den Städten gegeben. Was aber nun verbindet das globale Phänomen neuer städtischer Gartenaktivitäten über die sozialräumliche Relevanz der einzelnen Projekte in ihrem jeweiligen Gesellschaftskontext hinaus? Was macht die Projekte – neben ihrer schlichten Existenz – wertvoll für die (Zukunft der) Stadt? „...der neue Garten setzt sich bewusst ins Verhältnis zur Stadt, tritt in einen Dialog mit ihr und will wahrgenommen werden als ein genuiner Bestandteil von Urbanität, nicht als Alternative zu ihr – und erst zuletzt als Ort, an dem man sich von der Stadt erholen will“ (Müller: 2011a S. 23). Anders als traditionelle öffentliche oder private Grünräume, – wie beispielsweise der Hausgarten oder städtische Park – verstehen sich die
unterschiedlichen Urban Gardening-Konzepte nicht als Gegen- oder Parallelort zur Stadt, sondern als Teil dieser. Mehr noch: Urban Gardening ist das aktive Arbeiten in und mit den vorhandenen baulichen und sozialen Strukturen und Ressourcen der Stadt. Dabei trägt Urban Gardening nicht nur zu einer weiteren Auflösung alter Dichotomien wie Stadt / Land aber auch von Kultur / Natur bei (vgl. Held: 2011 S. 300), sondern es ist auch Ausdrucksform eines neuen Selbstverständnisses von Urbanität und Freiraum (vgl. Nerdinger; Wolfrum: 2008). Urban Gardening ist darüber hinaus mit „... neuen Formen von Sozialität und Kollektivität verbunden: Urbanes Gärtnern ist in aller Regel soziales Gärtnern, es ist partizipativ und gemeinschaftsorientiert; der Garten wird als Lern- und Begegnungsort inszeniert und die Nachbarschaft in die Gestaltung des OutdoorSozialraums einbezogen“ (Müller: 2011a S. 23).
Definitorische Eingrenzung Wie bereits einführend beschrieben, unterliegt der Begriff Urban Gardening in der Forschung und sonstigen Verwendung einer großen inhaltlichen Varianz, je nach Perspektive und Wertsetzung. Damit einher geht die inhaltliche Unschärfe. Auch im bisherigen Teil dieser Arbeit wurde der Begriff Urban Gardening noch relativ bedeutungsoffen verwendet. Für die weitere Arbeit ist es demnach hilfreich den Begriff genauer einzugrenzen, um eine inhaltlich fokussierte Betrachtung von Urban Gardening im Kontext der innerstädtischen Freiraumversorgung zu ermöglichen. Die vorliegende Diplomarbeit konzentriert sich somit auf das durch die nachfolgende Definition eingegrenzte Aktivitätsfeld von Urban Gardening. Bei der inhaltlichen Klärung des Begriffs wird nicht der Anspruch einer allgemein gültigen Definition erhoben, sondern die Eingrenzung dient ausschließlich der vorliegenden Arbeit und der Betrachtung neuer Gartenaktivitäten im Kontext der Freiraumversorgung stark verdichteter Quartiere. Das entwickelte definitorische Fundament der Arbeit räumt dabei bewusst auch weiterhin einen Deutungsspielraum ein. Dies erscheint sinnvoll, um das Untersuchungsfeld der Arbeit nicht im Vorfeld zu weit einzuengen. Definitorische Eingrenzung »Urban Gardening ist ein Aktivitätsfeld, dass unterschiedliche neue Gartenmodelle und -einzelaktivitäten umfasst – verortet im verdichteten, urbanen Gefüge. Verortet auf primär nicht für diese Zwecke vorgesehenen oder ausgewiesenen Flächen, bildet Urban Gardening dabei einen Teil des öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Raumes. Die unterschiedlichen Urban Gardening-Projekte weisen darüber hinaus einen erkennbaren partizipatorischen Charakter auf.«
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Begriff Urban Gardening demnach unter der Voraussetzung folgender Eigenschaften verwendet: Es handelt sich um neue Gartenmodelle oder -einzelaktivitäten, die •
in einem klaren räumlichen Bezug zur Stadt stehen, verortet im verdichteten, urbanen Gefüge,
•
sich als Bestandteil von Stadt und Urbanität verstehen und nicht als Alternative dieser,
•
auf einer nicht primär für diese Zweck vorgesehenen Fläche verortet sind,
•
einen Teil des öffentlichen oder öffentlich zugänglichen Raums bilden,
•
einen erkennbaren partizipatorischen Charakter aufweisen.
Das Begriffspaar Urban Gardening wird in der Arbeit somit auch weiterhin als Sammelbegriff unterschiedlicher städtischer Gartenmodelle und -aktivitäten verstanden und verwendet. Der Fragestellung der Arbeit folgend werden jedoch eher kleinteilige Flächennutzungen fokusiert. Ausgeschlossen sind somit z.B. großmaßstäbliche landwirtschaftliche Produktionen.
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FREIRAUM
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Freiraum als räumliche „Bühne“ von Urban Gardening Der vorherige Abschnitt der Arbeit hat sich dem breiten Feld von Urban Gardening und den unterschiedlichen Ausprägungsformen gewidmet. Die internationalen Beispiele – vor dem Hintergrund spezifischer gesellschaftspolitischer Kontexte – haben dabei einen Einblick in den Facettenreichtum gegeben. Im Anschluss daran wurde Urban Gardening als ein Aktivitätsfeld neuer, partizipativer Gartenmodelle und -einzelaktivitäten und Teil des öffentlichen Raums determiniert.
Der nun folgende Abschnitt der Arbeit widmet sich der räumlichen Manifestation von Urban Gardening: den städtischen Freiräumen. Wird Urban Gardening in der Arbeit als neues, urbanes Aktivitätsfeld gedeutet, so kann der Freiraum dabei gewissermaßen als räumliche „Bühne“ verstanden werden – eine vorerst im weitesten Sinne „offene“ Bühne, auf der sich das umfangreiche „Treiben“ von Urban Gardening abspielt und in all seinen Facetten ausgelebt wird.
Definitorische Annäherung Der Begriff „Freiraum“ Der Begriff „Freiraum“ wird in der Fachliteratur und Planungspraxis bereits seit Langem ausgiebig diskutiert. Trotz oder gerade aufgrund der intensiven Auseinandersetzung herrscht kein Einvernehmen darüber, wie Freiraum im Gegensatz zum restlichen Raum der Stadt abgegrenzt wird. Eine begriffliche Annäherung ist demnach für die weitere Arbeit notwendig. Unabhängig vom Öffentlichkeitsgrad soll zunächst der Begriff Freiraum genauer beleuchtet und eingegrenzt werden. Eine Betrachtung des streitbaren Feldes öffentlicher Räume erfolgt in einem separaten, zweiten Abschnitt. Für die genauere Betrachtung bedarf es einiger klärender Worte vorab: Freiraum bezieht sich im Fall der Arbeit nur auf den realen, physischen Raum. Obwohl auch der virtuelle Raum eine zunehmende Bedeutung in der Diskussion um öffentliche Räume einnimmt (vgl. Selle: 2008: S. 10), begrenzt sich die Arbeit Aufgrund der Fragestellung auf den Bereich des Realen.
Der Freiraum kann dabei in seinem Bestehen temporär oder dauerhaft sein (zur positiven Wirkung zeitlich begrenzter Freiraum-Infrastrukturen für die Stadt gibt es mittlerweile weitreichende Forschungsbefunde (vgl. BMVBS: 2009 u.a.)). Auch ist für die Arbeit erst einmal nicht von Bedeutung, ob ein Freiraum bauleitplanerisch als solcher deklariert ist oder einer anderweitigen offiziellen Flächenwidmung unterliegt. Die städtische Realität zeigt, dass auch informelle Freiräume wichtige Funktionen innerhalb der Freiraumversorgung übernehmen können (vgl. eigene Beobachtungen). Was Freiräume für die Stadt sind, kann sehr unterschiedlich definiert werden und es lässt sich keine universell gültige Definition finden. Die Vielfalt der Definitionen ist mindestens so umfangreich wie die einzelnen Fachgebiete, die Freiraum zum Untersuchungs- oder Praxisgegenstand haben (vgl. Zuk: 2010 S. 5). Allgemein stellt sich die Frage, nach welchen sinnvollen Kriterien eine Abgrenzung von Freiraum gegen-
über anderen städtischen Räumen erfolgen muss. Der Landschaftsarchitekt und Freiraumplaner Richter definiert Freiraum wie folgt: „Freiräume im globalen Sinne sind überwiegend unbebaute Flächen, die grün, begrünt oder befestigt sein können. Obwohl Freiräume bauliche Einfügungen und andere Flächennutzungen nicht ausschließen, sind es aber weder Wohnnoch Verkehrs- oder Industrieanlagen“ (Richter: 1981 S. 13). Richter definiert Freiraum dabei u.a. über das Ausschlusskriterium von Bebauung (erst durch das Nichtvorhandensein von gebauter Stadtstruktur wird seiner Definition folgend der Raum zum Freiraum). Dies wiederum wirft die Frage auf, ob alle nicht überbauten städtischen Flächen gleichzeitig Freiräume sind, beziehungsweise welche der „freien“ Räume der Stadt darüber hinaus auch Freiräume sind? In der Planung ist es üblich, Freiräume anhand weiterer physischer Merkmale zu kategorisieren. Richter differenziert anhand der unterschiedlichen Oberflächengestaltung in die Kategorien „grün“, „begrünt“ und „befestigt“. Seine Differenzierung kann gleichzeitig auch als Gegensatzpaar von Natur (grün) / Kultur (befestigt) gewertet werden (vgl. Koch; Kohler: 2012 Band 1 S. 7). Andere Autoren definieren Freiraum über die Zugänglichkeit und unterscheiden die Kategorien öffentlich/halböffentlich/privat (siehe hierzu ergänzende Betrachtung zum Thema öffentlicher Raum). Wiederum andere stellen den Wert des Raumes als nutzbaren und durch die Bewohner anzueignenden Ort in den Vordergrund (Gröning: 1976 S. 601). Oder aber die Betrachtung und Ordnung erfolgt über die Zugehörigkeit der Freiräume nach ihren sozialen, ökologischen und ökonomischen Funktionen für die Stadt (vgl. Gruehn: 2010 S. 6).
Nicht zuletzt ist die Suche nach einer begrifflichen Klärung und inhaltlichen Eingrenzung von Freiraum immer auch eine Frage der Maßstabsebene der Betrachtung. Eine Betrachtung aus der großmaßstäblichen Perspektive der Landschafts- und Landesplanung bedarf sicherlich einen anderen begrifflichen Zugang als die Sicht auf innerstädtische Freiräume auf Quartiersebene. Im Rahmen der Diplomarbeit steht die Betrachtung der letztgenannten Quartiersebene von stark verdichteten, urbanen Kernbereichen der Stadt im Fokus. Es kann für die Arbeit, unter Berücksichtigung der zuvor genannten Schwierigkeiten, keine abschließende Begriffsdefinition von Freiraum unternommen werden. Vielmehr soll die Diplomarbeit eine definitorische Annäherung liefern, die als Untersuchungsgrundlage zur Beantwortung der Fragestellung neuer Freiraumnutzungen durch Urban Gardening in stark verdichteten Quartieren dient. Eine starre definitorische Eingrenzung ist hinsichtlich fließender Grenzen und ständigen Neuverhandlungen städtischer Räume zudem wenig vorteilhaft. Somit wird die Definition auf einige wenige zentrale Kriterien begrenzt. Ziel ist es, die Justierung des Begriffs Freiraum durch die Erkenntnisse aus dem noch folgenden räumlich-analytischen Teil der Arbeit zu konkretisieren. Im weiteren Verlauf der Arbeit wird der Begriff „Freiraum“ unter der Voraussetzung folgender Bedingungen verwendet. Es handelt sich um innerstädtischen Raum, der:
Ebenso wie sich die Nutzungsanforderungen an städtische Freiräume mit dem gesellschaftlichen Wandel ändern, erscheinen auch einige der genannten Kriterien zur Definition von Freiraum zu begrenzt um die heutige städtische Realität ausreichend zu beschreiben. Freiräume über die drei Oberflächenkategorien „grün“, „begrünt“ und „befestigt“ zu definieren, erscheint wenig sinnvoll, da zunehmend auch versiegelte Flächen wie Plätze und Straßenräume in den Blickwinkel der Freiraumplanung geraten (vgl. BMVBS: 2009 / Neue Freiräume für den urbanen Alltag, Modellbeispiel Vernetzte Spiel- und Begegnungsräume Frankfurt-Nordend u.a.) – zumindest in stark verdichteten Quartieren. Auch die Gegensätzlichkeit von Natur/Kultur ist wenig sinnvoll, weicht das dichotome Verhältnis von „Stadt“ und „Land“ doch zunehmend auf (vgl. Sieverts: 2005 S. 8). Auch die klare Unterscheidung in öffentlich/privat erschwert die eindeutige Zuordnung von Räumen, gibt es zwischen privat und öffentlich heute doch „... zahlreiche Übergänge und erhebliche Unschärfen...“ (Selle: 2002 S. 37).
• • •
physisch, das heißt real vorhanden ist, nicht bebaut, öffentlich zugänglich ist.
Die Betrachtung von Freiraum in der Arbeit erfolgt unabhängig von: • • • •
eigentumsrechtlichen Besitzverhältnissen, bautleitplanerischen Bestimmungen, der räumlichen Ausdehnung, der Bestandsdauer, das heißt der Freiraum kann temporär oder dauerhaft sein.
In der vorliegenden Arbeit geht das allgemine Begriffsverständnis von Freiraum somit weit über „klassische“ städtische Grünräume hinaus.
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Öffentlicher Raum Ein Einblick in die Diskussion Innerstädtischer Freiraum ist immer auch öffentlicher Raum. Dabei hat nicht jeder dasselbe Verständnis von öffentlichem Raum, es gibt viele unterschiedliche Meinungen und Arten diesen zu definieren. Der Terminus „öffentlicher Raum“ wurde in den vergangenen Jahren im wissenschaftlichen Diskurs intensiv diskutiert, definiert und strapaziert. Im Rahmen dieser Arbeit soll nur ein zusammenfassender Überblick der Diskussion dargestellt werden, um eine Position festzustellen und Missverständnisse zu vermeiden. Der folgende Abschnitt liefert einen kurzen Einblick in den fachlichen Diskurs: Es gibt unterschiedliche Kriterien, öffentlichen Raum abzugrenzen. Die Abgrenzung wird dabei in den unterschiedlichen Definitionen vor allem hinsichtlich Zugänglichkeit, Besitzverhältnis, Nutzung oder auch anhand bestimmter Qualitäten und Empfindungen unternommen. Dabei lassen sich Raumkonzepte jedoch „... weder auf rein physische noch auf rein soziale Aspekte beschränken, sondern sollten diese miteinander verbinden“ (Schulz: 2003). Öffentlicher Raum kann also allgemein und stark vereinfacht ausgedrückt, als ein „mit Leben gefüllter Bereich der Stadt“ verstanden werden. Für den Architekten Giambattista Nolli ist die Zugänglichkeit der Räume von zentraler Bedeutung. Seine 1748 erstellte Stadtkarte – der Nolli-Plan – zeigt Rom als eine städtische Melange aus geschlossenen und geöffneten bzw. aus öffentlichen und nicht öffent-
lichen Räumen. Die Darstellung der beiden unterschiedlichen Raumtypen erfolgt mit Hilfe weißer und schwarzer Flächen im Plan. Die stark abstrahierte und vereinfachte Unterscheidung der Räume blendet dabei alle anderen Faktoren, die den Grad der Öffentlichkeit bestimmen aus. Sowohl zeitliche, soziale wie auch emotionale Merkmale finden keine Beachtung. Nolli beschränkt sich in seiner Raumanalyse auf die Zugänglichkeit der Orte. Auch der Philosoph und Soziologe Habermas geht von einer Definition des Öffentlichen über die Zugänglichkeit aus. Er schreibt: „Die bürgerliche Öffentlichkeit steht und fällt mit dem Prinzip des allgemeinen Zugangs. Eine Öffentlichkeit, von der angebbare Gruppen eo ipso [zu deutsch: aus sich heraus] ausgeschlossen wären, ist nicht etwa nur unvollständig, sie ist vielmehr gar keine Öffentlichkeit“ (Habermas 1990 S. 156). Eine weitere Möglichkeit zur theoretischen Abgrenzung des Öffentlichen kann über die Besitzverhältnisse erfolgen. Die Soziologin Arendt spricht von öffentlichem Raum im Sinne von Orten, die sich im Besitz der öffentlichen Hand befinden (vgl. Arendt: 1994 S. 52). Dem öffentlichen Raum steht demnach der private Raum gegenüber. Der öffentliche Grundbesitz sichert nach Arendt die freie und uneingeschränkte Zugänglichkeit, als das für den öffentlichen Raum elementare Charakteristikum. Die städtische Praxis zeigt aber, dass auch städtische Räume die sich im privaten Besitz befinden, einen öffentlichen Charakter besitzen können und damit einen ähnlichen Grad an Öffentlichkeit erzeugen. Viele „private
Räume“, die keinen offensiven Zutrittsrestriktionen und Reglements wie zum Beispiel Eintrittsgeldern oder einem privaten Sicherheitsdienst unterliegen, stehen den öffentlichen Räumen im Sinne von Arendt und Feldtkeller in wenig nach. Diese Tatsache scheint besonders hinsichtlich einiger Freiraumnutzungen interessant, bei denen der Stadtraum unabhängig von den rechtlichen Besitzverhältnissen angeeignet wird. So kann zum Beispiel ein Gemeinschaftsgarten auf einer privaten Brachfläche ebenso einen öffentlichen Ort generieren wie ein in öffentlicher Hand befindlicher Spielplatz oder Park. In der Diskussion um den öffentlichen Raum als zentraler Bestandteil der Stadt, wird zunehmend das Bedürfnis nach neuen Kategorisierungen und Raumtypologien deutlich. Es ist die Rede von „neuen öffentlichen Räumen“ (Altrock; Schubert: 2003 S. 95), „Vorgetäuschter Öffentlichkeit“ (Feldtkeller: 1994 S. 46) oder auch „privately owned public space“ (Pegels: 2004 S. 74). Weiter kann die soziale Konfiguration des Raumes eine zentrale Rolle bei der Bestimmung öffentlicher Räume einnehmen. „Der Stadt-Raum, seine Gestalt und seine Erfahrbarkeit durch darin lebende, sich bewegende, handelnde Individuen ist immer auch Ausdruck der Sozialstruktur, die ständigen Transformationen unterliegt. Stadt-Räume sind gesellschaftliche Räume, deren Entwicklung und Weiterentwicklung von politischen und ökonomischen Konstellationen entschieden wird, die ebenso Ausdruck spezifischer Interessen sind wie kollektiver Ideen und Wertvorstellungen...“ (Selle: 2002 S. 29). Feldkeller erweitert die soziale Ebene um die Dimension der persönlichen Empfindung: „Als öffentlich... empfinden wir eine städtische Situation immer dann, wenn der vorhandene (...) Raum für jedermann frei (das heißt ohne besondere Berechtigung) zugänglich ist und nicht einer bestimmten Benutzergruppe ... zugeordnet ist und von ihnen als vereinnahmt gelten kann“ (Feldtkeller in Selle: 2002 S. 30). So können nicht nur rechtliche Eigenschaften der Besitzverhältnisse Öffentlichkeit ausmachen, sondern auch die vorherrschenden sozialen Strukturen und persönlichen Empfindung der (potentiellen) Nutzer. Somit nehmen auch soziale, weiche Faktoren Einfluss und gehen möglicherweise zu Lasten oder Gunsten der Öffentlichkeit eines Raumes.
Der Planungstheoretiker Selle spricht von „öffentlich nutzbaren Räumen“ (Selle: 2010 S. 61) und rückt damit die Zugänglichkeit und das Kriterium der Nutzbarkeit der Stadträume (wieder) in den Fokus. „Räume sind nur selten eindeutigen Polen wie ‚öffentlich‘ oder ‚privat‘ zuzuordnen. Es gibt zahlreiche Übergänge und erhebliche Unschärfen“ (Selle: 2002 S. 37). „Auch Plätze, Parks und Promenaden, die selbstverständlich von der Stadtgesellschaft genutzt werden, sind durchaus nicht immer im ‚öffentlichen‘ Eigentum. (...) Dabei kann es (...) im Kontinuum der Stadträume nicht nur zum Nebeneinander, sondern auch zu Überschneidungen von Rechten und Einflusssphären verschiedener Akteure kommen“ (Selle: 2010 S. 59). Die städtischen, öffentlich nutzbaren Räume befinden sich demnach zunehmend in privat-öffentlichen Schnittbereichen, die unter Einbezug und Mitwirkung unterschiedlicher Akteure aus privater und öffentlicher Seite produziert und bespielt werden. Eine strikte Unterscheidung in privat und öffentlich scheint in der heutigen Zeit nicht ausreichend. Die unterschiedlichen theoretischen Ansätze und Auffassungen zur Definition öffentlicher Räume lassen erkennen, dass es den eindeutigen, klar abgegrenzten öffentlichen Raum in der Stadt so also nicht gibt. Im Kontext der Diplomarbeit wird öffentlicher Raum als „öffentlich nutzbarer Raum“ im Sinne von Selle verwendet. Maßgebliches Kriterium ist die öffentliche Zugänglichkeit sowie die Möglichkeit der Nutzung und Aneignung des Raumes durch die Stadtgesellschaft. Die Besitzverhältnisse in Form von eigentumsrechtlichen Grenzen bilden kein definitorisches Kriterium. Eine Betrachtung des Raumes unter Ausschluss privater Flächen würde der gelebten Praxis und Vielfalt der Freiräume aus Sicht des Autors nicht gerecht werden und entspräche nicht der städtischen Realität.
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Bedeutung und Wert von Freiräumen für die Stadt Freiraum als Identitätsstifter, Imageträger und Immobilien-Wertschöpfer
Dass die Attraktivität und Lebensqualität von Städten wesentlich von dem Angebot ihrer Freiräume abhängt, gilt in der Planung und Forschung (mittlerweile) als allgemeingültige Annahme. Grün- und Freiräume tragen dabei in vielerlei Hinsicht zur Attraktivität der Städte bei. Sie erfüllen nicht nur umfangreiche soziale, ökonomische und ökologische Funktionen (vgl. Gruehn: 2010 S. 6), sondern darüber hinaus auch Identität stiftende und Image prägende Aufgaben. Auf die verschiedenen Bedeutungen der Freiräume für die Stadt soll im folgenden eingegangen werden. Eine Betrachtung der weitreichenden ökologischen Funktionen für die Stadt würde den Rahmen der Arbeit überschreiten und erfolgt somit nicht. An dieser Stelle sei jedoch darauf hingewiesen, dass dem Autor die vielschichtige ökologische Dimension – und vor allem der hohe Wert dieser – außerordentlich bewusst ist.
Allgemeine Lebensqualität Freiraum ist Teil der Lebensqualität: Die Versorgung mit attraktiven Freiräumen steigert die allgemeine Lebensqualität von Städten. Dieser hohe Bedeutungswert von Freiräumen wird dabei nicht nur aus stadtplanerischer Perspektive als allgemeingültiger Handlungsgrundsatz verfolgt, sondern auch aus Sicht vieler Bewohner so gewertet. Ein umfangreiches Angebot an Grün- und Freiräumen gilt allgemein als zentrales Kriterium von Lebensqualität sowohl bei der persönlichen Wahl des Wohnstandortes, wie bei der Bewertung der Lebensqualität der gesamten Stadt. Dies zeigen zahlreiche Bürgerumfragen der letzten Jahre. In der Umfrage „Hier lässt es sich leben! – Deutsche Städte aus der Sicht der Bevölkerung“ aus dem Jahre 2008 der „BAT Stiftung für Zukunftsfragen“ (BAT Stiftung für Zukunftsfragen: 2008), gaben 81 Prozent der 2.000 Befragten aus den zehn größten Städten Deutschlands, Grünflächen als ein wichtiges Kriterium der Lebensqualität ihrer Stadt an. Zu noch eindeutigeren Ergebnissen kommen andere
Umfragen. So zum Beispiel die 2010 zum zweiten Mal bundesweit durchgeführte Online-Befragung zur „Bürgerzufriedenheit mit kommunalen Grünflächen“ (durchgeführt duch die KGSt – Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, Köln in Kooperation mit der Gartenamtsleiterkonferenz), an der sich auch Hamburger Bürger beteiligten. „Fast 100% der Befragten sind der Auffassung, dass die Qualität des öffentlichen Grüns nicht nur für die Lebensqualität in Hamburg einen hohen oder sehr hohen Stellenwert hat (ca. 99%), sondern auch insgesamt für Hamburgs Ansehen eine hohe oder sehr hohe Bedeutung hat (ca. 97%)“ (FHH, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt: 2010a).
bzw. unterscheidbar von anderen Städten (vgl. Selle: 2008 S. 6).
Ebenfalls die von diversen privaten Beratungsgesellschaften und öffentlichen Stellen durchgeführten Städterankings zur Bewertung der Attraktivität von Städten orientieren sich u.a. an der jeweiligen Freiraumversorgung. In die jährlich durchgeführten unterschiedlichen nationalen und internationalen Vergleiche der Lebensqualität in Großstädten fließt neben anderen Kriterien wie die Wirtschaftslage, Bildungssituation und Sicherheit auch das Angebot an Freiräumen als Messwert mit ein (vgl. Mäding: 2001 S. 2).
Freiraum als Standortfaktor sowie Image- und Werbeträger von Städten
Austragungsort von Kommunikation und Sozialisation
Der hohe Imagewert von Freiräumen lässt sich unter anderem an den touristisch orientierten Internetangeboten deutscher Großstädte ablesen. Die fünf größten Städte buhlen ausnahmslos mit den stadteigenen Park- und Grünanlagen (vgl. eigene Internetrecherche) um die Gunst der Touristen. So auch die Stadt Hamburg. Hamburg wirbt dabei in seinem Internetangebot nicht nur mit der Anpreisung seiner umfangreichen Infrastruktur städtischer Grün- und Erholungsflächen, sondern auch mit dem FreiraumSlogan „Grüne Metropole am Wasser“ (Internetangebot FHH: Hamburg Marketing). Im zunehmenden internationalen Städtewettbewerb und beim Ringen um möglichst viele Standortvorteile positioniert sich Hamburg in puncto Lebensqualität vor allem über das Themenfeld Frei- bzw. Grünraum. Im internationalen Webauftritt der Stadt heißt es: „... Hamburg is one of Europe‘s greenest cities. Parks, green spaces and trees shape the look of the city and promote a high quality of life“ (Internetangebot FHH: Green Capital 2011). Weiter heißt es: „... Many people consider Ham-
Freiraum ist Austragungsort von Kommunikation und Sozialisation: Freiräume sind vor allem soziale Räume. Sie sind Begegnungs- und Sozialisationsstätte für (alltägliche) Kommunikation und Interaktion aller Stadtbewohner (vgl. Selle: 2008 S. 4). Im öffentlichen Raum treffen Menschen – ob untereinander bekannt oder fremd – aufeinander, um zu kommunizieren, Konflikte auszutragen oder zu verweilen. Neben der Wohnung ist sicherlich der öffentliche Raum – und damit Großteils auch der Freiraum – der wichtigste Lebens-, Aufenthalts- und Kommunikationsraum der Stadtgesellschaft. Identitätsstifter Freiraum ist Identitätsstifter: Freiräume wirken identitätsstiftend auf die Stadt und machen sie einzigartig
Gleichzeitig schaffen sie eine Identifikation mit der Stadt. Freiräume erfüllen – oder sollten es zumindest – eine identitätsstiftende Funktion für Stadtbewohner mit ihrem räumlichen Umfeld. Räumliche Identität geschieht dabei vor allem durch die räumliche Aneignung und die Raumproduktion. „Wenn also die Akteure der Alltagswelt sich ihre Räume durch Arrangements der Objekte oder durch Handlungsroutinen schaffen, entsteht eine emotionale Raumbezogenheit“ (Terlinde: 2010 S. 82).
Freiraum ist Image- und Werbeträger von Städten: Das Angebot städtischer Freiräume – vor allem grüner Freiräume – hat einen hohen Stellenwert für das Image und die touristische Attraktivität von Großstädten. „Zunehmend positionieren sich ganze Städte und Regionen mit ihren Grünanlagen bzw. dem Erholungs- und Freizeitwert einer „Grünen Stadt“ (Bund deutscher Baumschulen: 2011 S. 5). Freiraum ist somit auch ein bedeutender Standortfaktor.
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Foto: Hamburg Marketing / HOCH ZWEI, Henning Angerer
Parks, Grünflächen und Plätze als Image- und Werbeträger der Stadt Hamburg Bildauswahl der zur Verfügung gestellten Fotografien zur lizenzfreien Verwendung in Medienberichten über die Stadt Hamburg – auf der Website der Hamburg Marketing GmbH. Oberes Bild: Hamburger Stadtpark Untere Bilder von l.n.r.: Alsterwiesen, HafenCity (am Sandtorpark), Planten un Blomen Foto: Hamburg Marketing / Christian O. Bruch, VISUM
Foto: Hamburg Marketing / ELBE&FLUT, Thomas Hampel
Foto: Hamburg Marketing / Sven Schwarze
burg the world’s most beautiful metropolis – a pearl among the cities of the world. Extensive areas of water and parkland offer limitless leisure possibilities. ...“ (Internetangebot FHH: Welcome to Hamburg). Auch wenn in den städtischen Werbeauftritten zumeist Freiraum mit Parkanlagen und Grünflächen gleichgesetzt wird, kann die Aussage aufgrund des undifferenziert verwendeten Terminus „Freiraum“ durchaus synonym für andere Freiraumtypen gelesen und gewertet werden (vgl. bdla: 2007 S. 3).
Die Wirkung von Freiräumen auf die Entwicklung von Immobilien und die Bedeutung für die Wohnungsbau- und Immobilienwirtschaft Freiraum ist ein ökonomisch messbarer Wertschöpfer: Was für gesamte Städte als Standortfaktor gilt, gilt auch für einzelne Immobilien. Freiräume nehmen nachweislichen Einfluss auf die Wertentwicklung von Immobilien. Untersuchungen der letzten Jahre kommen zu dem Ergebnis, dass die Ausstattung vielseitiger und vor allem attraktiver Grün- und Freiräume im Umfeld von Immobilien eine positive Wirkung auf die Bodenentwicklung haben kann. Mit dem Forschungsprojekt „Bedeutung von Freiräumen und Grünflächen in deutschen Groß- und Mittelstädten für den Wert von Grundstücken und Immobilien“ an der technischen Universität Dortmund (Lehrstuhl Landschafts-
ökologie und Landschaftsplanung) wurde der Einfluss von Freiräumen auf den Bodenrichtwert anhand einer deutschlandweit repräsentativen Datenbasis untersucht (vgl. Hoffmann; Gruehn: 2010). Höchst bedeutsam für die Wirkung von Freiräumen auf den Bodenrichtwert sind somit auch die Aktivitäten der städtischen Grünflächenämter und die aufgewendeten öffentlichen Pflegeleistungen. Die daraus resultierende Wertschätzung von Freiräumen durch die Immobilienwirtschaft lässt sich auch in aktuellen Diskussionen der städtischen und privaten Wohnungsbauunternehmen erkennen. Die Jahrestagung des Bund Deutscher Landschaftsarchitekten (bdla) stand 2010 im Fokus der Quartiersentwicklung und der Diskussion neuer Ansätze zur Stärkung und Entwicklung des öffentlichen Raumes. Auf der „Statuskonferenz zur Quartiers- und Freiraumentwicklung anlässlich der Zwischenpräsentation der IBA Hamburg 2010“ wurde die Freiraumentwicklung als gemeinsame Zukunftsaufgabe und Herausforderung von Freiraumplanung und institutionellen Immobilienund Wohnungswirtschaft diskutiert (vgl. Diskussionsveranstaltung des bdla am 17. und 18.7.2010). Beteiligt an der Fachtagung waren neben bdla-Vertretern der Freiraum-und Landschaftsplanung auch große deutsche Immobilien- und Wohnungsbauunternehmen, unter anderem das städtische Wohnungsbauunternehmen SAGA/GWG aus Hamburg. Die Bedeutung und das Potential urbaner Freiräume für die Immobilienentwicklung wird somit nicht nur durch Forschungserkenntnisse gestützt, sondern zunehmend auch in der privaten und öffentlichen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft erkannt. Aktuelle Hamburger Wohnungsbauvorhaben der SAGA/GWG, wie das Wilhelmsburger „Weltquartier“ (vgl. Internetauftritt: Internationale Bauausstellung Hamburg), stützen diese Vermutung.
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Die Freiraumversorgung im Spannungsfeld zwischen öffentlicher Hand, privaten Akteuren und neuen Do-It-Yourself-Freiräumen Der hohe Bedeutungswert von Freiräumen für die Stadt wurde im vorherigen Kapitel dargelegt. Im folgenden Textabschnitt erfolgt eine knappe Darstellung der Freiraumversorgung im Spannungsfeld von öffentlicher Hand und einer zunehmenden Anzahl privater Akteure.
Ergänzt wird das Angebot öffentlicher Freiräume durch zahlreiche private und halböffentliche Räume. Diese ergeben sich aus dem Resultat der öffentlichen, übergeordneten Planung und den konkreten privaten städtebaulichen Entwicklungen; zum Beispiel im Bereich von Wohnungs- und Gewerbebauvorhaben, die einen zusätzlichen Bedarf an Freiraum generieren.
Freiraumversorgung als öffentliche Domäne
In beiden Fällen – sowohl bei den öffentlichen, wie bei den privaten / halböffentlichen Räumen – kann von formellen Freiräumen gesprochen werden. Formell daher, da es sich um Räume handelt die direkt oder indirekt aus der öffentlichen Planung resultieren und danach als fachlich-professionelles Unterfangen umgesetzt werden. Abgesehen vom allgemeinen Wandel der Planung – wegführend vom Verständnis als rein hoheitliche Aufgabe, hinführend zur Rolle der Planung als Mediator und „ein Akteur unter vielen“ (Stein: 2000 S. 103ff.) – wird sich an dieser Tatsache und Aufgabenverteilung in absehbarer Zukunft voraussichtlich auch wenig Grundlegendes ändern.
Der Auftrag zur Versorgung der Städte mit Freiraum liegt traditionell im Aufgabenbereich der Stadt (Koch; Kohler: 2012 Band 1 S. 6). Die öffentliche Hand erfüllt dabei ihre Aufgabe sowohl als Vorsorger als auch Versorger: Auf der einen Seite sorgt sie in Form der analysierenden und vorausschauenden Planung als hoheitliche und rahmensetzende Aufgabe vor – auf der anderen Seite versorgt sie die Stadt mit – den aus der Planung abgeleiteten – unterschiedlichen Freiraumarten wie Parks, Grünflächen, Spielplätze etc. Dabei tritt die Stadt in der Regel auch als Auftraggeber der Detailplanungen sowie als Bauherr auf; unter bestimmten Umständen übernimmt sie sogar Entwurf und Bau. Die Planung und Errichtung von Freiraum liegt also weitestgehend in öffentlicher Hand.
„Do-It-Yourself-Freiräume“ und ihre Bedeutungszunahme Neben dem erwähnten formellen Freiraumangebot existiert ein weiteres Angebot an informellen Freiräumen – Räume, die nicht nach den gängigen, professionellen Versorgungsmechanismen der Freiraumplanung entstehen, sondern „selbstgemacht“ und selbst organisiert sind. Diese informellen Freiräume sind in der Regel kein – oder wenn nur am Rande – Teil der öffentlichen Planung. Die Orte entstehen nach individueller Bedarfs- und Interessensituation von Quartieren – begründet in den unterschiedlichsten zivilgesellschaftlichen Zusammenschlüssen und Motivationen der Stadtbewohner. Diese Räume lassen sich nicht durch die gängigen Freiraumtypen wie Park, Grünfläche, Spielplatz etc. fassen bzw. kategorisieren. Auch wenn dieses informelle Angebot selbsterzeugter (emotionaler) Freiräume weitaus kleiner und für die allgemeine Freiraumversorgung (auf gesamtstädtischer Ebene) um ein vielfaches unbedeutender ist als das formelle Angebot, so sind doch genau diese emotional behafteten Räume von zentraler Bedeutung für die vorliegende Arbeit. Deutschlands Großstädte liefern dabei mittlerweile einen ebenso umfassenden, wie sich ständig fortschreibenden Katalog an „selbstgemachten“ Freiräumen. In der Fachliteratur lassen sich zahlreiche Kompendien und detaillierte Darstellungen von Projekten finden (vgl. Overmeyer: 2007 u.a.). Die Zahl der „Zwischennutzer“ und „Raumpioniere“ in den Städten hat in den letzten Jahren stetig zugenommen (Becker: 2010 S. 100). Gestiegen ist damit auch die Wertschätzung und Bedeutung aus Sicht der Planung. „Inzwischen führen diese Strategien des Selbermachens nicht
mehr ein Schattendasein. Sie werden in Projekten des Bundesbauministeriums und des Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung als Strategien der Stadtentwicklung identifiziert“ (vgl. Becker; Hübner: 2009 S. 97). „... Zwischenzustände sind Normalität und Zwischennutzungen setzen Impulse für die Stadtentwicklung. Die Stadtbevölkerung, Bauherrn und Investoren, Fachleute und Verwaltung begegnen sich als Partner auf gleicher Augenhöhe“ (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin: 2010 S. 2). So liest es sich in der Ausschreibung der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin für den 2010 erstmalig ausgeschriebenen „Urban Intervention Award“. „Ziel des Urban Intervention Award ist es, maßgeblich zur Verbesserung der Lebensqualität im urbanen Umfeld beizutragen“ (Internetangebot: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin). Gleich mehrere der Ende 2010 nominierten und ausgezeichneten Projekte waren temporäre Park- und damit Freiraumprojekte (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin: 2010 S. 6ff.). Aktuell entsteht mit dem „Wriezener Freiraum Labor“ (ExWoSt-Modellvorhaben im Forschungsfeld „Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere) auf einer Bahnbrache in Berlin Friedrichshain / Kreuzberg ein öffentlicher „Bürgerpark“, der als Kooperationsprojekt zwischen engagierten Anwohnern, Initiativen und Bezirk begründet wurde. Die maßgeblichen Anstöße zur Entwicklung des Vorhabens wurden dabei von ziviler Seite geleistet (vgl. Internetangebot: Wriezener Freiraumlabor). Die angeführten Beispiele zeigen, welchen Bedeutugsgewinn „selbstgemachte Freiräume“ bereits erfahren haben, in der Arbeit soll diese Bedeutung anhand von Hamburger Urban Gardening-Beispielen untermauert werden.
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3
HAMBURGER
FREIRÄUME
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Verteilung der offiziellen Grün- und Freiräume
Kartengrundlage: Freie- und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (2010): Freiraumverbundsystem - Landschaftsprogramm
Parkanlagen Grünanlage (eingeschränkt nutzbar)
Räumliche Verteilung der offiziellen Frei- und Grünräume Die Karte stellt die Verteilung der offiziellen Frei- und Grünräume der Stadt Hamburg dar.
47 Eigene Darstellung, Kartengrundlage: Freie- und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt: Freirauverbundsystem - Landschaftsprogramm,
Hamburger Freiräume Freiraum in Zahlen u in Zahlen Eine Datensammlung in Grafiken Hamburg verfügt über ein umfangreiches Angebot unterschiedlicher offizieller Grün- und Freiräume, verteilt über das gesamte Stadtgebiet (siehe Karte auf vorheriger Seite).
Anzahl der Grün- und Freiräume
Die Qualität der Freiräume lässt sich dabei nicht in Zahlen messen und beschreiben. Allerdings können quantitative Daten eine Übersicht über den Flächenanteil der unterschiedlichen Freiflächentypen im Hamburger Stadtgebiet geben. Die folgende Grafiksammlung stellt die unterschiedlichen Freiraumtypen in ihrer Anzahl und Größe nebeneinander. Zudem wird das Größenverhältnis der Freiräume zu anderen städtischen Flächen dargestellt.
53 Friedhöfe
740
1.400 Parkanlagen Spielplätze
245.000
Straßenbäume Gesamtheit der Hamburger Freiraum-Anlagen und Straßenbäume Gesamtanzahl der Friedhöfe, Spielplätze, Parks sowie Straßenbäume.
Grünarten in Hamburg
Freiraum in Zahlen und Verhältnissen Parkanlagen 2.271 ha
und Verhältnissen Anzahl der Grün- und Freiräume
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Friedhöfe 901 ha Öffentliches Grün an Kleingärten 303 ha
Friedhöfe
740
Spielplätze 281 ha
1.400 Parkanlagen Spielplätze
Schutz- und Straßenbegleitgrün 40 ha
245.000
Straßenbäume
Absolute Größe und Verhältnis der Freiraumtypen untereinander Eigene Darstellung Datenquelle: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, unterschiedliche Quellen
Dargestellt ist die absolute Größe der unterschiedlichen Freiraumtypen, sowie das Verhältnis der einEigene Darstellung zelnen Typen untereinander: Parkanlagen, Friedhöfe, Datenquelle: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Vortrag von Hans Gabányi, 2010 Kleingärten (Anteil öffentliches Grün), Spielplätze, Schutz- und Straßenbegleitgrün.
Flächenverteilung in Hamburg
Grü
79% Siedlungsfläche
12% Straßen- und Verkehrsfläche 9% öffentliche Grünfläche
Hamburger Flächenverteilung Dargestellt ist das relative Größenverhältnis der Flächentypen: Siedlungsfäche, Straßen-/Verkehrsfläche, sowie öffentliche Grünfläche. Ausgehend von der Gesamtfläche der Stadt. Eigene Darstellung Datenquelle: Hamburger Verkehrsverbund (HVV), 2010
Eigene Darstellung (alle Grafiken) Datengrundlagen: • Grafik 1 (l.), Anzahl der Hamburger Freiraum-Anlagen: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (diverse Veröffentlichungen) • Grafik 2 (r. oben), Größe und Verhältnis Hamburger Freiraumtypen: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Vortrag von Hans Gabányi, 2010 • Grafik 3 (r. unten), Hamburger Flächenverteilung: Hamburger Verkehrsverbund (HVV), 2010
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Freiraumtypen der Stadt Hamburg „Die Lebensqualität einer Stadt hängt wesentlich vom Angebot vielfältiger Freiraumarten für die unterschiedlichen Nutzungsansprüche der verschiedenen Bevölkerungsgruppen ab. Dabei spielen die Verteilung der Freiräume in der Stadt, bedingt durch die Mobilität der Nutzer sowie die zur Verfügung stehende freie Zeit, eine entscheidende Rolle. Hieraus leitet sich als Ordnungsvorstellung für die Stadtentwicklung Hamburgs ein System von Freiraumtypen her, das der notwendigen Zuordnung der verschiedenen Freiraumarten zu den Wohngebieten Rechnung trägt“ (FHH, Behörde für Bau und Verkehr Fachamt für Landschaftsplanung: 1997; I). Das für die Planung gültige „System der Freiraumtypen“ unterscheidet zwischen den sechs Freiraumarten Parkanlage, Spielplatz, Sportplatz, Kleingarten, Friedhof und städtisches Naherholungsgebiet. Bei Parkanlagen wird eine weitere Unterteilung in die drei Parkanlagentypen wohnungsnahe Parkanlage, Stadtteilpark und Bezirkspark unternommen. Hinsichtlich der Nutzbarkeit der Freiräume erfolgt eine Klassifizierung in die Kategorien „uneingeschränkt nutzbar“ und „eingeschränkt nutzbar“. Zu den uneingeschränkt nutzbaren Freiräumen werden neben Parks und Grünzügen Teile der städtischen Naherholungsgebiete gezählt. Zu den eingeschränkt nutzbaren Freiräumen zählen Spielplätze, Sportanlagen und Kleingärten. Es folgt ein Auszug aus dem Beschreibungstext der sechs unterschiedlichen Freiraumarten des „System der Freiraumtypen“:
Parkanlagen Parkanlagen weisen im Vergleich zu anderen Grünflächenarten das größte Spektrum an Nutzungsmöglichkeiten auf und sind daher von besonderer Bedeutung für die Freizeit- und Erholungsnutzung. (...) Nach ihrer Zuordnung zu den Wohngebieten werden drei Parkanlagentypen unterschieden: • Wohnungsnahe Parkanlagen • Stadtteilparks • Bezirksparks Wohnungsnahe Parkanlagen: Sie dienen der Kurzzeiterholung während des Tages, in Arbeitspausen oder nach Feierabend in Wohnungs- bzw. Arbeitsplatznähe. Der Einzugsbereich beträgt maximal 500 m, 5 - 10 Minuten Fußweg. Die Größe sollte 1 ha nicht unterschreiten. (...) Stadtteilparks: Sie dienen der Stundenweisen bzw. Halbtagserholung während der Woche und am Wochenende. Der Einzugsbereich beträgt 1000 m, 10 - 15 Minuten Fußweg. Stadtteilparks sollen mindestens 10 ha groß sein. (...) Bezirksparks: Sie dienen vor allem der Halbtagsund Ganztagserholung an den Wochenenden. Der Einzugsbereich beträgt circa 5 km, 20 - 30 Minuten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Bezirksparks sollen mindestens 75 ha groß sein. (...) Spielplätze (...) Spielräume, die vielfältige Aktivitäten zulassen, wie Höfe, Plätze, Straßenräume, Brachflächen sind in der Stadt zunehmend verloren gegangen. Spielplätze sind vor allem in den dicht bebauten Gebieten der Inneren Stadt häufig die einzigen Spielmöglichkeiten
für Kinder. Hier verbringen Kinder bis zu 30 % ihrer Freizeit. (... ) Die Spielplätze sollen mindestens 3.000 m2 groß sein. Sportplätze Das Interesse an sportlichen Betätigungen hat in den letzten Jahren allgemein zugenommen. Dabei hat sich zum einen der nicht organisierte Freizeitsport neben dem Vereinssport zu einer festen Größe entwickelt. (...) Sportplätze müssen entsprechend für den unorganisierten Sport vielfältig nutzbar sein, in Parks und in der freien Landschaft müssen sportliche Nutzungen einerseits und Naturschutz und andere Erholungsnutzungen möglichst konfliktfrei zugeordnet werden.
ermöglichen Kindern einen ungefährlichen Spielraum und Erfahrungsbereich mit der Natur. Die Kleingartenbewirtschaftung wird als eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung empfunden, auch der Anbau von Nahrungsmitteln spielt eine Rolle. Im stadtökologischen Gefüge erfüllen Kleingärten eine wichtige Funktion. Sie vervollständigen das städtische Grünsystem und haben damit eine Stadtraumstrukturierende Funktion. (...) Friedhöfe Hamburgs Friedhöfe sind nicht nur Begräbnisstätten. Im Laufe ihrer Entwicklung haben viele Friedhöfe an ökologischer Bedeutung gewonnen und zusätzlich Funktionen für die Erholung übernommen. (...) Städtische Naherholungsgebiete
Kleingärten Die Entstehung der Kleingärten war eine Reaktion auf materielle Armut, schlechte Ernährungslage, beengte und ungesunde Wohnverhältnisse sowie mangelnde Spielmöglichkeiten für Kinder infolge des rasanten Wachstums der Städte zu Beginn der Industrialisierung. (...) In erster Linie bieten sie Ersatz für den fehlenden Hausgarten im Geschoßwohnungsbau; sie
Dazu zählen die innerhalb des Stadtgebietes liegenden Wälder, Feldmarken, die großen Fluss begleitenden Grünzüge, Marschengebiete und Wassersportgebiete. (...) Die großen Naherholungsgebiete Hamburgs mit ihren sehr unterschiedlichen kultur- und naturräumlichen Qualitäten haben einen besonderen Erholungswert für die städtische Bevölkerung und tragen ganz wesentlich zur Lebensqualität der Stadt bei. (...) (FHH, Behörde für Bau und Verkehr Fachamt für Landschaftsplanung: 1997; I).
System der Freiraumtypen
Freiraumtypen
Wohngebietsbezogene Freiräume
Stadtteilbezogene Freiräume
Bezirksbezogene Freiräume
Städtische Naherholungsgebiete
Verfügbare freie Zeit
stundenweise, Feierabendfreizeit
halbe Tage, stundenweise
halbe bis ganze Tage, stundenweise
halbe bis ganze Tage
Einzugsbereich
500 m
1000 m
5 km
10 - 15 km
Erreichbarkeit
5 - 10 min Fußweg
10 - 15 min Fußweg
max. 30 min mit ÖPNV
45 - 60 min mit ÖPNV
Freiraumarten uneingeschränkt nutzbar
kleinere Parkanlagen, kleinere Grünzüge
Stadtteilparks, Grünzüge
Bezirksparks, Grünzüge
Wälder, Feldmarken, flußbegleitende Grünzüge, Marschengebiete
Freiraumarten eingeschränkt nutzbar
Spielplätze
Sportanlagen, Kleingärten
Sportanlagen, Kleingär- Badegewässer, Wasserten, Freibäder, Friedsportgebiete, Stadien, höfe Campingplätze
Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Bau und Verkehr, Fachamt für Landschaftsplanung. In: Landschaftsprogramm einschließlich Artenschutzprogramm – Erläuterungsbericht, 1997.
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Versorgungsvorgaben Richtwerte für die Planung von Grün- und Freiflächen
Die öffentliche Freiraumplanung definiert in der Regel Richtwerte und Vorgaben zur Beurteilung zur Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Freiräumen. Auch in Hamburg existieren Richtwerte für die Freiraumversorgung (die derzeit gültigen Vorgaben können der Tabelle unten entnommen werden). Die Werte sind dabei nicht als absolute Zielvorgaben, sondern sind als Richtungsvorgaben zu verstehen. „Die sozialen Bedingungen der Bevölkerung im jeweiligen Gebiet, die sonstigen nutzbaren Grün- und Freiflächen
sowie die realen Planungsspielräume sind bei der Anwendung der Richtwerte zu berücksichtigen“ (FHH, Behörde für Bau und Verkehr Fachamt für Landschaftsplanung: 1997; II). Die Versorgungsvorgabe bemisst sich dabei durch Art und Größe des öffentlichen Freiraums pro Einwohner sowie der Entfernung zur Wohnung. Die Art der Freiräume richtet sich nach dem „System der Freiraumtypen“ (vgl. siehe S. 48 ff.).
Richtwerte für die Planung von Grün- und Freiflächen
Parkanlagen - wohnungsnah - siedlungsnah - übergeordnet
6 m2 / Einwohner 7 m2 / Einwohner 7 m2 / Einwohner
bis 500 m Fußwegentfernung, Mindestgröße 1 ha bis 1000 m Fußwegentfernung, Mindestgröße 10 ha, Stadteilpark bis 5 km Fahrbereich ÖPNV, Mindestgröße 75 ha, Bezirkspark
Spielplätze für 6 – 17-Jährige
1,5 m2 / Einwohner brutto
bis 400 m Fußwegentfernung, Richtgröße 3000 m2 nutzbare Spielfläche. Soweit die Anlage von Kleinkinderspielplätzen auf Wohngrundstücken nicht möglich ist, sind sie auf öffentlichen Flächen bis 100 m Fußwegentfernung herzustellen bis 1000 m Fußwegentfernung, Richtgröße 4000 m2 nutzbare Spielfläche für Kinder und Jugendliche
Pädagogisch betreute Spielplätze Sportplätze
6 m2 / Einwohner brutto
auf das gesamte Stadtgebiet bezogen: Sportplätze, Schulsportplätze, Vereinssportplätze, Tennisflächen (ohne Hallen)
Freibäder / Badegewässer
1 m2 / Einwohner
auf das gesamte Stadtgebiet bezogen: öffentliche und private Bäder, mindestens 0,1 m2 Wasserfläche pro Einwohner
Dauerkleingärten
Friedhöfe
in Wohnungsnähe, auf das gesamte Stadtgebiet bezogen: für jede 14. gartenlose Geschosswohnung 1 Kleingarten, Richtgröße 300 m2 Nutzfläche, für Rahmengrün und Erschließung mindestens 40 % Flächenzuschlag 5 m2 / Einwohner
auf das gesamte Stadtgebiet bezogen: staatliche und konfessionelle Friedhöfe
Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Bau und Verkehr Fachamt für Landschaftsplanung. Freieund Hansestadt Hamburg, Behörde für Bau und Verkehr Fachamt für Landschaftsplanung: Landschaftsprogramm einIn: Landschaftsprogramm einschließlich Arten- und Biotopschutzprogramm, Erläuterungsbericht, 1997. schließlich Arten- und Biotopschutzprogramm, Erläuterungsbericht, 1997
Differenzierte Versorgungsanalyse Zusätzlich zu den kalkulatorischen „Richtwerten für die Planung von Grün- und Freiflächen“, existiert eine differenziertere „Versorgungsanalyse für wohnungsnahe, siedlungsnahe und übergeordnete Freiräume“ (FHH, Behörde für Bau und Verkehr Fachamt für Landschaftsplanung: 1997; III). In der Analyse wurde die Freiraumversorgung unter Einbezug privater – beziehungsweise halböffentlicher – Freiräume in Abhängigkeit der sozialen Situation der Bevölkerung untersucht. „Die Ergebnisse sind in das Landschaftsprogramm, den Flächennutzungsplan und das Stadtentwicklungskonzept eingeflossen. Bis dahin wurden in Hamburg Versorgungsanalysen schematisch auf der Basis von Ortsteilen, Stadtteilen oder Bezirken und allein nach Richtwerten vorgenommen, so dass die Bedarfssituation nur sehr grob dargestellt werden konnte. Im Gegensatz dazu wurden in dieser Versorgungsanalyse, ausgehend von den Parkanlagen „Versorgungsbereiche“ abgegrenzt und nach den Richtwerten, unter Berücksichtigung der Versorgung mit privaten / halböffentlichen Freiraumversorgung sowie der sozialen Situation der Bevölkerung festgestellt, wo die Prioritäten für die Verbesserung der Freiraumversorgung liegen müssen“ (vgl. ebd.).
Die Versorgungsanalyse kommt zu dem Ergebnis, dass in Hamburg eine erhebliche Versorgungsdisparität der Freiräume besteht. Zudem zeigt die Analyse, dass der Versorgungsbedarf an öffentlichen, wohnungsnahen Freiräumen von den Außenbereichen Hamburgs zur Inneren Stadt hin ansteigt. „Als besonders kritisch sind eine Reihe von Gebieten anzusehen, die keine Parkanlagen oder hohe Defizite an öffentlichen Parkanlagen, starken Mangel an privaten oder halböffentlichen Freiräumen sowie eine hohe soziale Benachteiligung der Bevölkerung aufweisen. (...) Diese Gebiete sind im Landschaftsprogramm mit der Milieuübergreifenden Funktion „Verbesserung der Freiraumversorgung vordringlich“ dargestellt“ (vgl. ebd.). Zu diesen statischtisch mit Freiraum unterversorgten Bereichen der Stadt zählen u.a. auch die Kernbereiche der stark verdichteten Stadtteile St. Pauli und Sternschanze, die als Untersuchungsraum der vorliegenden Arbeit dienen.
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Planungsverständnis
Datengrundlage: Qualitätsoffensive Freiraum - Freiraumentwicklungskonzept Barmbek/Winterhude, Freie und Hansestadt Hamburg, Bezirksamt Hamburg-Nord, Dezernat Wirtschaft, Bauen und Umwelt Fachamt Stadt- und Landschaftsplanung, 2010
Eigene Darstellung
Die für die öffentliche Planung in Hamburg relevanten Arten der Freiräume werden durch das bereits beschriebene „System der Freiraumtypen“ abgesteckt. Es kann also davon ausgegangen werden, dass sich die offizielle Typologisierung im Planungs- und Verwaltungshandeln widerspiegelt. Auch kann davon ausgegangen werden, dass das allgemeine Freiraumverständnis öffentlicher Funktionsträger sich vor allem auf diese Räume fokussiert. Ausgehend von dieser Situation, stehen im Fokus der öffentlichen Planung vor allem grüne Freiräume wie Parks, Grünflächen, Kleingärten, etc. Andere, informelle Freiräume wie z.B. Straßenräume sind von untergeordneter Bedeutung für die öffentliche Planung (siehe hierzu auch die unterhalb des Textes abgebildete „Begriffswolke“).
Eigene Darstellung Datengrundlage: Begriffsauswertung zentraler Publikationen der BSU und Bezirke zur „Qualitätsoffensive Freiraum“ = Qualitätsoffensive Freiraum: Freiraumentwicklungskonzept Barmbek / Winterhude
Auf eine Besonderheit sei an dieser Stelle hingewiesen: Eine Ausnahme stellt in Hamburg u.a. die planungspolitische Diskussion sogenannter „Shared Spaces“ dar. Die Auseinandersetzung mit dem Konzept zur (Rück)Eroberung und Nutzung innerstädtischer Verkehrsräume von Wohnstraßen als Misch- und Begegnungszonen wurde vor allem in den Regierungsjahren 2008-2010 unter der Beteiligung der GAL (GAL Hamburg Bündnis 90 die Grünen) fokussiert (vgl. Hamburger Abendblatt: Ausgabe vom 22.07.2008). Der aus den Niederlanden importierte Planungsansatz stellt innerhalb der Politik und öffentlichen Planung jedoch ein kontrovers diskutiertes Thema dar (vgl. FHH, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg: 2010b). Auch wenn bereits von Seiten der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten (zum Beispiel: „Voraussetzung für die Umsetzung von Gemeinschaftsstraßen in Weiterentwicklung des Shared Space-Prinzips unter Beachtung der großstädtischen Rahmenbedingungen der Freien und Hansestadt Hamburg, im Auftrag der BSU, März 2009) existieren und das Bestreben zur Umsetzung in einer Drucksache der Hamburger Bürgerschaft (FHH, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg: 2010b) verschriftlicht ist, wurde bis heute noch kein Shared Space realisiert.
Häufigkeit der Verwendung unterschiedlicher Freiraumbegriffe Die Grafik ist eine Schlagwortwolke aus unterschiedlichen Freiraumbegriffen, die im Rahmen der behördlichen Publikation „Qualitätsoffensive Freiraum - Freiraumentwicklungskonzept Barmbek/Winterhude“ (2010) Verwendung fanden. Die Größe der Begriffe spiegelt die relative Häufigkeit der Verwendung der Begriffe wider.
Qualitätsoffensive Freiraum „Erklärtes Ziel ist es, Freiraumqualitäten auch bei Innenentwicklung und Verdichtung langfristig zu sichern“ (Gabányi: 2009 S. 8). Hamburg konzentriert sich mit der übergeordneten Planung auf die zukünftige Innentwicklung. Es wird also die Strategie verfolgt, den Flächenbedarf der Siedlungsentwicklung nach Möglichkeit durch die Nutzung innerstädtischer Siedlungsreserven im bereits bebauten und erschlossenen Stadtraum zu decken (vgl. FHH, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt: 2007a S. 36). Diese Prämisse spiegelt sich auch in den Zielen der Landschafts- und Freiraumplanung wider. „Mit der Innenentwicklung erfolgt konsequent die Sicherung und qualitative Aufwertung von Grün- und Freiflächen und damit der Erhalt des grünen Stadtbildes“ (ebd.). In das im Entwurf vorliegende „Räumliche Leitbild“ (Entwurfsstand 2007) der Stadt Hamburg wurde hierfür u.a. die sogenannte „Qualitätsoffensive Freiraum“ als strategischer Handlungsansatz zur Entwicklung
und qualitativen Stärkung der innerstädtischen Freiraumversorgung aufgenommen. „Die „Qualitätsoffensive Freiraum“ hat insbesondere in verdichteten bzw. zu verdichtenden Stadtgebieten (der sogenannten Urbanisierungszone) zum Ziel, vorhandene Freiflächen stärker zu vernetzen und eine vielfältige und teilweise intensivere Nutzung zu ermöglichen, die den sozialen und kulturellen Bedürfnissen der Stadtbewohner entspricht. Dies soll für Straßenräume, Plätze und Grünanlagen gleichermaßen gelten“ (Gabányi: 2009 S. 10). Die Qualitätsoffensive Freiraum ist für die vorliegende Arbeit von zentraler Bedeutung. Die Arbeit fokussiert mit ihrer Untersuchung die Freiraumversorgung der stark verdichteten Stadtteile Sternschanze und St. Pauli. Hierbei wird die qualifizierende Wirkung von Urban Gardening auf die Freiraumversorgung überprüft. Urban Gardening kann demnach unter Umständen im Sinne der Qualitätsoffensive Freiraum wirken.
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Unterhalt & Finanzierung Wie aber sieht es es mit den Zuständigkeiten der umfassenden Infrastruktur öffentlicher Freiräume aus – wem gehören die Flächen und wer ist zuständig für den Unterhalt? Diese Fragen sollen in den nachfolgenden Texabschnitten beantwortet werden. Zuständigkeiten
Umsetzung und Pflege
Steuerung, Verwaltung
Übergeordnete Koordination und Planung
Die meisten öffentlichen Grünflächen befinden sich im Eigentum der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (im Nachfolgenden BSU) (vgl. www.hamburg. de/stadtgruen/1612710/stadtgruen.html). Der Unterhalt der Flächen wiederum unterliegt den Hamburger Bezirken. Auf bezirklicher Ebene ist das Fachamt „Management des öffentlichen Raumes“ sowohl für die Unterhaltung, sowie für den (Neu)Bau/Erstellung von Grünanlagen (wie auch von Straßen, öffentlichen Gewässern und Wäldern) zuständig. Die konkreten Pflege- und Bauaufgaben, sowie die Aufsicht über die Verkehrssicherheit von Grünflächen (inkl. Kinderspielplätze und Straßenbäume) liegen hier wiederum
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) Amt für Landes- und Landschaftsplanung (LP) Landes- und Stadtentwicklung (LP 1) Landschafts- und Grünplanung (LP 2)
Bezirk Fachamt Management des öffentlichen Raums (MR) Abteilung Stadtgrün Öffentl. Gartenbaureviere Beauftrage Gartenbauunternehmen
Eigene Darstellung
bei der untergeordneten Abteilung „Stadtgrün“. Die anfallenden Pflegeaufgaben werden dabei zu einem Teil durch die hauseigenen Gartenbaureviere der Bezirke erledigt, die wiederum mit einem festen Stamm an Mitarbeitern ausgestattet sind. Einen weiteren Anteil übernehmen durch die Bezirke beauftragte Gartenbaufirmen in Form privater Dienstleistungen (vgl. Internetangebot FHH: Fachamt Management Öffentlicher Raum). Finanzierung Hamburg besitzt einen Anteil von rund neun Prozent öffentlicher Grünflächen, anteilig an der städtischen Gesamtfläche. Hinzu kommen circa 245.000 Straßenbäume und dazugehörige Baumscheiben (vgl. bdla: 2007 S. 3). Pflege und Unterhalt dieser „grünen Infrastruktur“ sind umfangreich und aufwendig, aber vor allem auch kostspielig. Die Kosten des Unterhalts werden durch die jeweils zuständigen Bezirke getragen. Die Gelder stammen dabei aus dem Haushaltsbudget der BSU. Die benötigten Mittel werden hierbei durch die Bezirke mit Hilfe der Kosten- und Leistungsrechnung (KLR) veranschlagt und an die BSU zur allgemeinen Haushaltsermittlung vorgelegt (vgl. FHH, Senat der Freien und Hansestadt Hamburg: o.J. S. 5 ff.). Die tatsächlich zur Verfügung gestellten Mittel werden mit jeder Haushaltsplanung (derzeit alle zwei Jahre) neu verhandelt und anschließend durch den Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft verbindlich festgeschrieben. Je nach Hamburger Haushaltsvolumen und politischer Akzentuierung fallen die bereitgestellten Mittel der BSU – und somit für den Unterhalt der Freiräume zur Verfügung stehenden Gelder – unterschiedlich aus.
Zur aktuellen finanziellen Situation Wie ist es um die finanzielle Situation öffentlicher Mittel für die Versorgung der Hamburger Freiräume bestellt? Der öffentliche Haushalt der Freien und Hansestadt Stadt Hamburg ist seit vielen Jahren defizitär (vgl. FHH, Rechnungshof: 2011c S. 11). Wie in den meisten deutschen Kommunen, unterliegt auch der Hamburger Haushalt somit einem konsequenten Sparzwang. Dieses Sparen betrifft auch den Etatbereich der Unterhaltsmittel der öffentlichen Grün- und Freiflächen. Die zur Verfügung gestellten finanziellen Mittel werden nicht weiter aufgestockt, bzw. sind in den vergangenen Jahren sogar regressiv. Hinzu kommt eine reduzierte personelle Besetzung der verantwortlichen öffentlichen Dienststellen (Gabanyi: 2009 S. 9). Eine genaue Aufstellung der Kostenentwicklung über die letzten Jahre war in der Recherche der Arbeit nicht möglich. „Aufgrund diverser Veränderungen in den Haushaltsplänen und der Bildung neuer Titelgruppen im Haushaltsplan lässt sich (...) kaum nachvollziehen, wie sich die Zuweisungen der Stadt an die Bezirke für die Betriebsausgaben für Grünanlagen genau entwickelt haben“ (Internetangebot: Abgeordnetenwatch / Beitrag von Christian Maaß (GAL) vom 10.01.2008). Unterschiedliche Anfragen des Autors an die zuständigen Stellen der BSU führten nicht zum erhofften Überblick der Kostenentwicklung der letzten Jahre. Ein Blick auf die aktuelle Haushaltsentwicklung: Mit dem Haushaltsplanentwurf für 2011/12 wurde eine drastische Verknappung der Unterhaltsmittel verabschiedet. „Laut Angaben der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) stehen im Haushaltsjahr 2011 für alle Bezirke zusammen nur noch maximal 2,9 Mio. Euro zur Verfügung, in den vergangenen Jahren lagen die Mittel noch bei sechs Mio. Euro. Jeder Bezirk erhält 2011 nur noch rund 400.000 Euro, hinzu kommt, dass die Kosten für die Kampfmittelsondierung/-räumung zukünftig ebenfalls aus diesem Grün-Titel bestritten werden müssen“ (Die Linke: 2011).
Umgerechnet stehen für die Pflege in Hamburg derzeit im Durchschnitt unter 50 Cent pro Quadratmeter Grünfläche zur Verfügung (vgl. Interview Steinke: 2011). Im Vergleich steht in der Schweizer Hauptstadt Zürich mit umgerechnet etwa zehn Euro mehr als die zwanzigfache Summe pro Quadratmeter Grünfläche bereit (vgl. ebd.). Auch wenn weder der durchschnittlich zur Verfügung stehende Betrag pro Quadratmeter Grünfläche in Hamburg, noch der Vergleich mit Zürich repräsentativen Charakter besitzen, verdeutlichen die Zahlen dennoch eine Gewichtung und Tendenz. Die geschilderte Situation lässt erahnen, dass eine Unterfinanzierung der tatsächlich benötigten Unterhaltsmittel vorliegt. Diese Annahme bestätigen zudem unabhängige Fachinstitutionen. Der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg wies 2009 auf unzureichend eingestellte Instandsetzungs- und Unterhaltungsmittel hin. Laut Bericht der Prüfstelle gefährden die drohenden finanziellen Defizite den Bestand der Grünanlagen „in hohem Maße“ (FHH, Rechnungshof: 2009b S. 79). So heißt es weiter: „Der Rechnungshof hat den jährlichen Finanzbedarf für eine nachhaltige Unterhaltung und Grundinstandsetzung von Grünanlagen und Spielplätzen auf Grundlage der für Hamburg geltenden Grundsätze und bundesweit ermittelter Kennzahlen errechnet und den für diese Zwecke im Haushalt veranschlagten jährlichen Ausgaben gegenübergestellt. Danach reichen die veranschlagten Ausgaben bei Weitem nicht aus, um den gegenwärtigen Erhaltungszustand der vorhandenen Anlagen längerfristig sicherzustellen“ (ebd.). Auch der Bund deutscher Landschaftsarchitekten (bdla – Landesvertretung Hamburg) wies bereits 2008 in einem Positionspapier zur fachlichen Bestimmung der Lage Hamburger Freiräume einen Pflegemissstand und unzureichende finanzielle Mittel für den nötigen Unterhalt aus. Im Bericht heißt es: „...der Unterhaltungszustand vieler (...) Anlagen außerhalb des Rampenlichts ist zum Teil schlecht, mitunter beschämend. Einige sind sogar im Bestand gefährdet. Die Gründe dafür mögen vielfältig sein, ein bedeutender Grund liegt sicher in der fortschreitenden Beschränkung der Unterhaltungsmittel“ (bdla: 2008 S. 3).
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2011 wurde die finanzielle Schieflage zunehmend auch in der Öffentlichkeit thematisiert. Allein im Hamburger Abendblatt erschienen mehrere zentrale Artikel, die auf die knappen Unterhaltsmittel und den „drohenden Pflegenotstand“ (Hamburger Abendblatt: Ausgabe vom 12.11.2011) hinwiesen. Auch in anderen Tageszeitungen wurde das Geschehen thematisiert (vgl. Die Welt: Ausgabe vom 21.04.2011 u.a.). Dass die Unterfinanzierung schon lange kein behördliches Geheimnis mehr ist, verdeutlicht u.a. der bürgeroffene „Umwelthauptstadt Dialog“ der BSU im vergangenen Jahr. Im Einladungstext heißt es: „Es entwickelt sich ein verstärkter Wettbewerb um die Nutzung von bestehenden Freiräumen. […] Gleichzeitig erfordern (...) auch knappe öffentliche Kassen innovative Planungsstrategien, neue Nutzungskonzepte und kreative Gestaltungsideen“ (FHH, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt: 2011b).
Einschätzung der Lage: Die Finanzierungsdefizite vs. die Qualitätsvorstellungen Die derzeitige finanzielle Lage deckt sich nicht mit den Qualitätsvorstellungen, die die öffentliche Planung an die Freiräume stellt. Weder die formulierten Ziele des räumlichen Leitbilds durch die „Qualitätsoffensive Freiraum“ (vgl. siehe S. 55), noch die allgeneub hohe Wertschätzung qualitativer Frei- und Grünräume als zentraler Baustein der Lebensqualität von Hamburg lassen sich in der aktuellen Haushaltspolitik wieder erkennen. Die Sparpolitik steht im erkennbaren Gegensatz hierzu. Vieles deutet darauf hin, dass die derzeitige finanzielle Ausstattung nicht einmal für die längerfristige Qualitätssicherung des Status Quo der öffentlichen Frei- und Grünflächen ausreicht.
Entwicklung der bereitgestellten Unterhaltsmittel zur Grünpflege der Haushalte 09/10 und 11/12 (pro Jahr / für alle Bezirke) 6 Millionen Euro
2,9 Millionen Euro
008
2007/08
2009/10
2011/12
den Unterhalt der Grünräume
Eigene Darstellung Datengrundlagen:
Eigene Darstellung Datengrundlagen:
Hamburg, Drucksache 20/66/11, Informationen entnommen Pressemiitteilung von Die Linke, • Die Welt, Ausgabe vom 21.04.2011: Kein Geld für Parkpflege - aber immer mehr Müll und Grillreste, Axel Springer aus: Verlag, Hamburg 9 Millionen Euro im• Bürgerschaft Jahr 2011der Freien und Hansestadt • Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Drucksache 20/66/11, Informationen entnommen aus: Pressemiitteilung veröffentlich am 19.04.2011, Hamburg. „Bezirk Mitte kündigt Verwahrlosung von Grünanlagen und Spielplätzen an“ von Die Linke, veröffentlich am 19.4.2011, Hamburg
• Die Welt, Ausgabe vom 21.04.2011: Kein Geld für Parkpflege - aber immer mehr Müll und Grillreste, Hamburg. Millionen Euro im Jahr 2010
Zivile Kräfte Einbindung von zivilem Engagement in den Freiraumunterhalt Im vorherigen Abschnitt wurde ein kurzer Einblick in die aktuelle Situation des öffentlichen Hamburger Haushalts mit dem Fokus auf die Unterhaltsmittel für Frei- und Grünflächen gegeben. Unabhängig vom haushaltsrechnerischen „Sparzwang“, lässt die offensichtliche finanzielle Schieflage immer wieder auch die Einbindung ziviler Kräfte und Akteure in ursprünglich staatliche Aufgabenbereiche interessant erscheinen. Aus Sicht der öffentlichen Hand mag dies nicht nur sinnvoll, sondern nahezu schon notwendig erscheinen. Die Annahme verdichtet sich, betrachtet man die unterschiedlichen Beteiligungsmodelle, die als Angebot an Private seitens deutscher Städte und Kommunen bereits existieren.
bei der Einbindung in den Unterhalt der Freiräume in den Fokus der Städte rücken. So auch in Hamburg. Im folgenden werden die derzeit existierenden Hamburger Modelle zur Einbindung zivilen Engagements in den Freiraumunterhalt jeweils in einem kurzem Textportrait vorgestellt sowie in ihren Grundprinzipien der Organisation, der beteiligten Akteure und der Finanzierung erläutert. Die Modelle im Überblick: • • •
Hamburger Grünpatenschaft Mein Baum, Meine Stadt Grabmalpatenschaften Friedhof Ohlsdorf
Die prekäre finanzielle Lage der öffentlichen Hand auf der einen Seite, der bürgerliche Wunsch nach Teilhabe und Mitsprache auf der anderen Seite, lassen dabei auch das allgemein begehrte zivile Engagement
Hamburger Grünpatenschaft Mit dem Vorhaben „Hamburger Grünpate“ bietet die Freie- und Hansestadt Hamburg in Kooperation mit der Handelskammer Hamburg und der Handwerkskammer Hamburg seit 2005 Bürgern an, sich an der Pflege von öffentlichen Grünflächen zu beteiligen und diese partiell zu übernehmen.
Foto: farmsen-berne.com
Organisationsform Das öffentlich-zivile Kooperationsmodell „Hamburger Grünpate“ ermöglicht dabei die private Pflegeübernahme für einzelne städtische Grünflächen unterschiedlicher Art und Größe in Form von Patenschaften. Die Flächen können Verkehrsinseln, Beete, Grünstreifen, Baumscheiben aber auch Bereiche von Parkanlagen sein. Ein im Internet öffentlich einsehbarer Angebotskatalog an behördlichen Vorschlägen
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dient der Orientierung. Prinzipiell kann jedoch für jede beliebige öffentliche Grünfläche in Hamburg eine Patenschaft übernommen werden (vgl. Internetangebot FHH: Hamburger Grünpatenschaft). Die Vermittlungsfunktion zwischen den GrünpatenInteressenten und den zuständigen Bezirksämtern übernimmt die BSU mit einer eigens für diesen Zweck eingerichteten Koordinationsstelle (diese wurde allerdings nach Aussagen der BSU in den letzten Jahren stark in ihren ursprünglichen Ressourcen eingeschränkt (vgl. Email-Anfrage des Autors und Antwort der BSU vom 01.12.2011)). Die weitere Beratung, Betreuung und Umsetzung der Patenschaft erfolgt anschließend durch die für die Flächen zuständigen Bezirksämter. Zwischen Bezirksamt und Pate wird dabei eine Ziel- und Leistungsvereinbarung in Form einer schriftlichen Mustervereinbarung geschlossen, die Art und Umfang der Pflegemaßnahmen oder gegebenenfalls die finanzielle Zuwendung festlegt. Bei kleineren Patenschaften kann die Vereinbarung auch in Form einer mündlichen Absprache erfolgen (vgl. ebd.). Die Patenschaft muss für mindestens ein Jahr übernommen werden und kann danach beliebig fortgeführt werden. Mit Vertragsabschluss werden dem Paten die vereinbarten Pflegeaufgaben der Grünfläche übertragen. Als Qualitätskriterium gilt hierbei der bereits für die Fläche festgeschriebene Pflegestandard. Die Grundversorgung und Verkehrssicherungspflicht der Fläche bleibt nachwievor in der Zuständigkeit des Bezirks. Auch die Überprüfung der ausgehandelten Pflegevereinbarung wird durch die zuständigen bezirklichen Dienststellen im Rahmen der regelmäßigen Park-, Wege- beziehungsweise Baumkontrollen übernommen (vgl. FHH, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg: 2009a). Eine exklusive Erlaubnis über die Nutzung der Fläche wird dem Paten nicht erteilt. Die gewerbliche Nutzung wird überdies vertraglich sogar explizit ausgeschlossen. Dem Paten wird allerdings gestattet ein (in Größe, Gestaltung und Inhalt vorgegebenes) Hinweisschild auf der Fläche aufzustellen, welches den Paten namentlich nennt und auf die Pflegeübernahme hinweist (vgl. Internetangebot FHH: Hamburger Grünpatenschaft). Das Modell der Grünpatenschaften zielt darauf ab, –
neben der sich im Idealfall ergebenden Kosteneinsparung auf Seiten der öffentlichen Hand – die generelle (Pflege)Qualität öffentlicher Grünflächen zu steigern. Auf Seiten des privaten Akteurs zielt die Kooperation vor allem auf die Aufwertung des eigenen Wohn- oder Geschäftsumfeldes im Sinne einer Adressbildung. Auf der Website der Handelskammer Hamburg heißt es hierzu: „Oft ist der erste Eindruck entscheidend – auch bei Firmengebäuden. Verwilderte Grünstreifen und schmutzige Verkehrsinseln vor der Tür sind daher vielen Unternehmern ein Dorn im Auge. Als Grünpaten können sie jetzt selbst für Ordnung und schönere Aussichten sorgen“ (Internetangebot: Hamburger Handelskammer). Übersicht beteiligter Akteure • • • • •
Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (Koordinationsstelle) Bezirke (räumliche Koordination, Betreuung der Patenschaft und Kontrollfunktion) Handelskammer Hamburg (Mitinitiator und Projektpartner) Handwerkskammer Hamburg (Mitinitiator und Projektpartner) Bürger / Unternehmen / Organisationen (Pflegepate)
Finanzierung • •
Private Akteure (in Form von Pflegeleistung oder Spende) Bezirke (Grundpflege und Verkehrssicherungspflicht)
werden durch eine Berichterstattung im Hamburger Abendblatt medial begleitet. Als zusätzlicher Anreiz werden alle Spender zudem am Ende der Aktion auf einer öffentlichen Tafel namentlich genannt (ebd.).
Foto: BSU, 2012
Die Pflanzung und nachfolgende Pflege der Bäume erfolgt durch die zuständigen Bezirke (Internetangebot FHH: Mein Baum, Meine Stadt). Der öffentliche Finanzanteil von „Mein Baum, Meine Stadt“ (50 Prozent) wird aus Sondermitteln des Hauhalts der Bewerbung als Umwelthauptstadt getragen. Die weiteren 50 Prozent stammen aus den generierten Spenden. Der zusätzlich anfallende Verwaltungsaufwand wird in Teilen durch die Loki Schmidt Stiftung (Sammlung und Verteilung der Spendengelder) und zu weiteren Anteilen durch die Hamburger Volksbank (Führung Spendenkonto) getragen.
Mein Baum, Meine Stadt Im Jahr 2011 wurde die Initiative „Mein Baum, Meine Stadt“ durch die Stadt Hamburg in Kooperation mit der Loki Schmidt Stiftung ins Leben gerufen. Ziel der Aktion ist die Ergänzung des öffentlichen Straßenbaumbestands mit Hilfe privater Mittel in Form von Spenden. Politischer Hintergrund der Aktion ist die Führung des Titels „Umwelthauptstadt Europa“ (Green Capital 2011) Hamburgs und die freiwillige Verpflichtung des Senats innerhalb des Jahres 2011 insgesamt 2.011 neue Straßenbäume zu pflanzen. Organisationsform Durch das Programm „Mein Baum Meine Stadt“ können Hamburger Bürger und Unternehmen durch private Spenden die in der Stadt vorhandenen Lücken in der Straßenbaumbepflanzung ergänzen. Eine öffentliche Karte im Internet zeigt hierfür die möglichen Standorte für die Baumpflanzungen an. Für jeden Standort kann ein frei wählbarer Geldbetrag zwischen einem und 500 Euro gespendet werden. Beim erreichten Spendenziel von 500 Euro pro Baum, wird von der Stadt derselbe Betrag dazugegeben. So werden die durchschnittlichen Vorbereitungs- und Pflanzkosten von 1.000 Euro gedeckt. Bei auftretender Überfinanzierung eines Standortes wird der Überschuss auf andere Standorte in Hamburg verteilt, für die noch keine ausreichenden Mittel zur Verfügung stehen (FHH, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt: 2011a). Der Erfolgsverlauf von „Mein Baum, Meine Stadt“ sowie der aktuelle Spendenstand
Die Aktion wird von Seiten der Stadt als sehr erfolgreich eingestuft. In einer offiziellen Pressemitteilung der BSU heißt es hierzu: „Die Spendenbereitschaft für „Mein Baum - meine Stadt“ übertrifft alle Erwartungen. (...) Damit beträgt der gesamte Spendenstand derzeit rund 275.000 Euro. (...) In den nächsten Wochen kommen (...) gut 2.500 Straßenbäume in die Erde, derzeit 550 Spendenbäume und 2.011 Bäume der Stadt“ (FHH, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt: 2011 / Pressemitteilung vom 31.10.2011). Übersicht beteiligter Akteure • • • • • • •
Freie- und Hansestadt Hamburg, vertreten durch die BSU (Initiator) Bezirke (Pflanzung und Pflege der Bäume) Loki Schmidt Stiftung (Sammlung und Verteilung der Spenden) Hamburger Volksbank (Führung des Spendenkontos) Hamburger Abendblatt (Medienpartner) IWAN BUDNIKOWSKY GmbH & Co. KG (Medienpartner) Bürger / Unternehmen (Spendengeber)
Übersicht Finanzierung • • •
Öffentliche Mittel, Sonderetat „Umwelthauptstadt Europa 2011“ (50 Prozent) Private Mittel in Form von Spenden (50 Prozent) Private Mittel in Form von Verwaltungsleistung (Spendenabwicklung, Kontoführung)
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Neben der Pflege berechtigt die Patenschaft den Paten zusätzlich zur Nutzung der historischen Grabanlage als familiären Beisetzungsort zu den regulären Bestattungskonditionen. Dies schafft einen zusätzlichen Anreiz zur Pflegeübernahme. Alle zur Verfügung stehenden Patenschafts-Grabmale sind in einem öffentlich einsehbaren Katalog der Friedhofsverwaltung aufgeführt. Die fortführende Katalogpflege übernimmt dabei ebenfalls der ehrenamtliche Förderkreis des Friedhofs.
Foto: Peter Schaer
Dass vom Kölner Melaten-Friedhof adaptierte Beteiligungsmodell existiert seit 1995 und wird laut Aussage des Förderkreis sehr erfolgreich praktiziert. Seit Start der Grabmalpatenschaften wurden mehrere hundert privat-öffentliche Abkommen über eine Grabmalpatenschaft abgeschlossen (vgl. Interview Schönfeld: 2011). Übersicht beteiligter Akteure Grabmalpatenschaften Friedhof Ohlsdorf Eine weitere Möglichkeit sich an der Pflege öffentlicher Grünanlagen zu beteiligen, sind die sogenannten „Grabmalpatenschaften“ des städtischen Parkfriedhofs Hamburg Ohlsdorf. Das Beteiligungsmodell wird durch die für den Unterhalt der städtischen Friedhöfe zuständige „Anstalt öffentlichen Rechts Hamburger Friedhöfe“ in Zusammenarbeit mit dem privaten „Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V.“ angeboten und umgesetzt. Organisationsform Die Grabmalpatenschaft ermöglicht die private Pflegeübernahme von kunsthistorisch wertvollen Grabstätten auf dem Parkfriedhof Ohlsdorf – Grabstätten, die nach der familiären Nutzung zurück an die Friedhofsverwaltung gefallen sind und damit in der Versorgungspflicht der öffentlichen Hand liegen. Mit der schriftlichen Vereinbarung über eine Grabmalpatenschaft werden die anfallenden Restaurations- und Pflegeaufgaben einem privaten Akteur (Einzelperson, Personengruppe oder Institution) durch die Friedhofsverwaltung übertragen. Je nach Größe und Art des Grabmals variiert der Pflegeaufwand dabei erheblich. Die Koordination und Vermittlung der Patenschaften übernimmt der private Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof eV. Gleichzeitig übernimmt der Verein auch die fachliche Beratung der denkmalpflegerischen Behandlung der historischen Grabmale.
• •
Hamburger Friedhöfe -AöR- (Betreuung und Umsetzung) Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V. (Vermittlung und Beratung)
Übersicht Finanzierung • •
Private Akteure (in Form von Pflegeleistung) Hamburger Friedhöfe -AöR- (in Form von vergünstigten Beisetzungskosten)
Bürger, Unternehmen
Unternehmen, Bürger, Initiativen
Bürger
vorwiegend Unternehmen und größere Initiativen
2011
2005 aktuell
1995 aktuell
konstant
Mein Baum, Meine Stadt
Hamburger Grünpate
Grabmalpatenschaft
Individuelle Vereinbarungen
Eigene vergleichende Darstellung
Privater Akteur
Jahr
BSU oder Bezirk
AöR. Hamburger Friedhöfe
BSU, Bezirk
BSU, Bezirk
öffentl. Akteur
Die drei Modelle haben sowohl auf öffentlicher, als auch auf privater Seite unterschiedliche Interessenschwerpunkte. Dabei schaffen die Modelle auch jeweils unterschiedliche Anreize für Private, sich an der Pflege der Freiräume zu beteiligen. Eine vergleichende Gegenüberstellung der verschiedenen Modelle ist in der Tabelle dargestellt.
Übersicht und Vergleich der Modelle
Modell
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zweckgebundene Geldspende oder eigenständige Baudienstleistung
Eigenständige oder eingekaufte Pflege-Dienstleistung
Eigenständige oder eingekaufte Pflege-Dienstleistung
zweckgebundene Geldspende
erbrachte private Leistung
Finanzeinsparung
Finanzeinsparung
schriftlicher Vertrag
schriftlicher Vertrag (individuell)
Minimierung Pflegeaufwand, Eröhung Grünflächenqualität
Finanzeinsparung, Ergänzung Straßenbaumbestand
Vorteil Stadt
schriftlicher oder mündlicher Vertrag
Geldspende = (Teil)Auftrag
Vereinbarungsgrundlage
i.d.R. Adressbildung durch Freiraumaufwertung oder Neubau, öffentliche Nennung
exklusive, historisch wertvolle Grabstätte
Adressbildung durch Freiraumaufwertung, öffentliche Erwähnung als Pate
„eigener“ Straßenbaum vor der Tür, öffentliche Erwähnung als Spender
Vorteil bzw. ‚Anreiz‘ für privaten Akteur
i.d.R. keiner
keine
Nutzung als Grabstätte
keine (gewerbliche Nutzung vertraglich ausgeschlossen)
minimal (nur in enger Absprache mit dem Bezirk)
keiner
keine
Nutzungserlaubnis des Freiraums für prvaten Akteur keiner
Gestaltungseinfluss / -spielraum privater Akteur
4
FREIRAUM UND URBAN GARDENING
IN SCHANZPAULI
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Der nachfolgende Teil der Diplomarbeit „Freiraum und Urban Gardening in Schanzpauli“ widmet sich dem figurativen Feld von Urban Gardening als neue Freiraumnutzung stark verdichteter Quartiere. Entsprechend der Fragestellung und Zielsetzung der Arbeit erfolgt eine exemplarische Untersuchung an ausgewählten Stadträumen in Hamburg. In den Stadtteilen St. Pauli und Sternschanze werden die vorhandenen Urban Gardening-Aktivitäten identifiziert, um diese nachfolgend im Kontext der vorherrschenden Freiraumversorgung zu bewerten. Es ergeben sich daraus zwei Untersuchungsfelder: 1.
Freiraum-Atlas Der erste Teil der Untersuchung widmet sich dem Freiraum. Hier geht es um die Frage: Welche unterschiedlichen Arten von formellen und informellen Freiräumen gibt es in stark verdichteten Quartieren?
Am Beispiel von St. Pauli und Sternschanze wird die Freiraumversorgung stark verdichteter Quartiere untersucht. Ergebnis ist die Typologisierung der unterschiedlichen Räume in einem FreiraumAtlas. Seiten: 70-93 2. Urban Gardening-Katalog Der zweite Teil der Untersuchung widmet sich neuen Freiraumnutzungen. Hier geht es um die Frage: Welche unterschiedlichen Ausprägungsformen von Urban Gardening als Nutzung der Freiräume gibt es in stark verdichteten Quartieren? Am Beispiel von St. Pauli und Sternschanze wird das Aktivitätsfeld Urban Gardening untersucht. Ergebnis ist eine Typologiesammlung der neuen Freiraumnutzungen in einem Urban GardeningKatalog. Seiten: 94-125
Das Untersuchungsgebiet Das gewählte Untersuchungsgebiet liegt in der Inneren Stadt, westlich der City und bildet eine räumliche Melange der urbanen Kernbereiche der Stadtteile St. Pauli und Sternschanze (Teilbereiche des westlichen Untersuchungsgebiet sind den Stadtteilen AltonaAltstadt / -Nord zugehörig). Räumlich erstreckt sich das stark verdichtete Gebiet zwischen der nördlich gelegenen Max-Brauer-Allee und der südlich verlaufenden Reeperbahn. Westlich wird das Gebiet durch die Holstenstraße eingegrenzt, östlich durch die Budapester Straße. Die Stadtteile stehen in der Administration der Bezirksverwaltungen Hamburg-Mitte und Altona. Maßgebliches Kriterium für die Arbeit sind jedoch nicht administrative Grenzen, sondern u.a. die städ-
tebauliche Ausgangssituation und soziokulturellen Rahmenbedingungen als stark verdichteter und überdurchschnittlich nachgefragter Teil der Stadt (Szenequartier). Die Betrachtung greift somit bewusst auf subjektive, „weiche“ Quartiersgrenzen zurück. Das zu untersuchende Gebiet wird daher nachfolgend als Schanzpauli bezeichnet und entfernt sich mit dieser Bezeichnung bewusst von den gültigen administrativen Grenzen. Die Bezeichnung ergibt sich aus den Stadtteilnamen Sternschanze und St. Pauli.
Eigene Darstellung / Luftbildgrundlage: (c) Google Maps
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Die Wahl des Untersuchungsgebiets „Insbesondere in stark nachgefragten Teilen der Inneren Stadt (Szenequartiere) geraten die Freiräume zunehmend unter Druck. Eine überdurchschnittliche Wohnungsnachfrage und das große Investoreninteresse führen zu einer raschen Nachverdichtung. Begleitend führen eine pluralisierte Gesellschaft mit individualisierten Lebensstilen und neuen Arbeitsund Freizeitwelten zur Steigerung der Vielfalt (und Konkurrenz) der Nutzungen und Akteure innerhalb der Freiräume.“ So wurde die aktuelle Entwicklung in der Einführung der Diplomarbeit beschrieben. Das Untersuchungsgebiet wurde der Fragestellung folgend aufgrund seiner städtebaulichen Rahmenbedingungen und der soziokulturellen Konfiguration als Beispielraum gewählt. Bauliche Struktur, urbane Charakteristik und Wohnraumnachfrage Im Folgenden wird kurz auf die baulichen Gegebenheiten und die urbane Charakteristik von Schanzpauli eingegangen. Die exakte, statistisch erhobene soziale Konfiguration von Schanzpauli wird nicht tiefergehend beleuchtet, da sie für die vorliegende Arbeit von untergeordneter Bedeutung ist. Schanzpauli wird städtebaulich maßgeblich durch eine gründerzeitliche vier- bis fünfgeschossige Blockrand-Wohnbebauung geprägt. Die über die Zeit entstandenen Lücken der städtebaulichen Struktur sind dabei mit – dem Umfeld weitestgehend angepassten – Wohn- und Gewerbebauten der letzten Jahrzehnte gefüllt. Im westlichen Bereich von Schanzpauli befinden sich größere Bestände an Zeilenwohnbauten sowie einige wenige solitäre Wohnhochhäuser. Diese Wohnbauten stammen aus den 1960er und 1970er Jahren der Nachkriegsplanung. Zudem umfasst der westliche Bereich eine aufgelockerte, jedoch in das Umfeld eingegliederte Gewerbestruktur, die ebenfalls der Nachkriegszeit entsprungen ist. Die hauptsächliche Wohnnutzung von Schanzpauli wird ergänzt durch eine umfangreiche Anzahl an Ladengeschäften, gastronomischen Café- und Barbetrieben, Galerien sowie kleinteiligem Dienstleistungsgewerbe. Hinzu kommen rudimentäre Strukturen alteingesessener handwerklicher Betriebe (Tischlereien,
Autowerkstätten, Glasereien). Dabei wird Schanzpauli von einer kleinteiligen Infrastruktur unterschiedlich dimensionierter Straßen durchzogen. Schanzpauli lässt sich weitestgehend als Szeneviertel umschreiben und einordnen. Die sich aus baulicher Dichte, sozialer Durchmischung und individualisierten Lebensstilen ergebende urbane Qualität gilt dabei als zentrales Kriterium der Wohn- und Lebensqualität von Schanzpauli. Dieser Nimbus wird in den letzten Jahren zunehmend auch auf gesamtstädtischer Ebene zur Imagebildung genutzt. Auf den Internetseiten der Stadt Hamburg heißt es: „Hamburgs angesagtes Szeneviertel versprüht mit vielen kleinen Boutiquen, Restaurants, Cafés und einer Partymeile einen ganz eigenen Charme“ (Internetangebot FHH: Schanzenviertel). Schanzpauli wird im Hamburger Vergleich überdurchschnittlich stark als Wohnstandort nachgefragt. Die hohe Nachfrage spiegelt sich dabei vor allem in der Preisentwicklung von Miete und Wohneigentum wider. Die Quadratmeterpreise sowohl für Miete, als auch für Wohneigentum sind in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Dies hat in der Konsequenz zu einer deutlichen Wohnraumknappheit geführt (vgl. Hamburger Abendblatt: Ausgabe vom 31.03.2011).
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Hoher Entwicklungsdruck durch überdurchschnittliche Wohnungsnachfrage und ein großes Investoreninteresse führen zu einer raschen Nachverdichtung
•
Begrenztes Angebot öffentlicher Grün- und Freiflächen
•
Vielfalt und (Konkurrenz) der Akteure und Nutzungen innerhalb der Freiräume
•
Erhöhte Aneignungsaktivitäten im öffentlichen Raum (als Ausdruck und Wunsch nach Mitsprache und Teilhabe an der Raumproduktion)
•
Ortsansässige Urban Gardening-Initiativen und Protagonisten der Hamburger Urban GardeningSzene
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Innerstädtischer, verdichteter und stark nachgefragter Teil der Stadt
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Freiraum-Atlas Formelle und informelle Freiräume
Schanzpauli verfügt über ein Angebot unterschiedlicher Freiraumarten. Es gibt Parks, Grünflächen sowie zahlreiche Sport- und Spielplätze. Darüber hinaus gibt es weitere Freiräume, die nicht formell als Freiraum ausgewiesen sind, jedoch als solcher genutzt werden. Das formelle Angebot wird also durch ein zusätzliches Angebot informeller Freiräume ergänzt. Der auf den nächsten Seiten folgende Freiraum-Atlas untergliedert somit in die Kategorien „formelle“ und „informelle“ Freiräume. Formelle Freiräume sind Räume, die durch die öffentliche Freiraumplanung im Modell der Hamburger Freiraumtypen als solche festgesetzt sind. Informelle Freiräume sind Räume, die nicht als solche in der öffentlichen Freiraumplanung deklariert sind, jedoch als Freiräume genutzt werden und eine gleich,- oder ähnlichwertige Freizeit- und / oder Erholungsfunktionen erfüllen.
Methode der Erhebung und Bewertung Vorab bedarf es einiger weniger Worte als Erläuterung der angewandten Erhebungs- und Bewertungsmethode der im Rahmen des Freiraum-Atlas identifizierten Freiräume. Die Identifikation und Bewertung der einzelnen Räume und Flächen erfolgt auf der Basis einer qualitativen Langzeitbeobachtung des Autors, sowie unter Zuhilfenahme verfügbarer zusätzlicher Informationen in Form von Bewertungen der Freiräume durch Anwohner: •
Langzeitbeobachtung des Autors Die unterschiedlichen Freiräume Schanzpaulis standen unter der diskontinuierlichen Alltagsbeobachtung des Autors, der seit 4 Jahren in Schanzpauli (Schulterblatt) lebt. Weitere 5 Jahre lebte er im räumlichen Einflussgebiet (Altona Nord). Sowohl sein Arbeits-, als auch sein Freizeitumfeld liegen seitdem schwerpunktmäßig in Schanzpauli. Grundlage zur Beurteilung der einzelnen Freiräume bilden somit die subjektiven Erfahrungswerte und Beobachtungen als langjähriger Anwohner, sowie der beruflich-fachliche Hintergrund als angehender Stadtplaner.
•
Persönliche Bewertungen der Freiräume durch Anwohner und Stadtteilbesucher Gestützt werden die Erkenntnisse des Autors durch Erfahrungswerte und Meinungen von weiteren Anwohnern und Stadtteilbesuchern. Für die Informationsgewinnung wurde hierfür auf unterschiedliche Bewertungs- und Empfehlungsportale im Internet zurückgegriffen. Die Social Media-Portale ermöglichen die individuelle Bewertung und das Kommentieren städtischer Infrastrukturen in Form von kurzen textlichen Erfahrungsberichten und Fotos. Neben der hauptsächlichen Bewertung von Serviceangeboten, wie Restaurants und Ladengeschäften, wird über die Portale auch das Freiraumangebot einzelner Parks, Spielplätze, Grünflächen etc. bewertet. Für die Recherche wurden insgesamt drei große Bewertungsportale durchsucht und ausgewertet. Hierbei handelt es sich um „Qype“ (www.qype. com), „Yelp“ (www.yelp.de) und immobilienscout24 (www.nachbarschaft.immobilienscout24. de). Die Erfahrungswerte der Anwohner kommentieren den Freiraum-Atlas durch kurze Zitate.
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Foto: Eigene Aufnahme
Parks Schanzpauli verfügt über mehrere, unterschiedlich dimensionierte und ausgestaltete öffentliche Parks.
Wohlerspark Typ: öffentlich Größe: 4,9 ha (49.000 m2) Nutzung: Erholung, Freizeit, Spiel / Sport
Formelle Freiräume
Beschreibung Der Wohlerspark liegt im Nordwesten des Untersuchungsgebiets. Mit circa 4,9 Hektar ist er die größte öffentliche Parkanlage von Schanzpauli. Der ehemalige Friedhof Norderreihe wurde Ende der 1970er Jahre in eine öffentliche Parkanlage umgestaltet und umgewidmet (vgl. Internetangebot FHH: Bezirk Altona). Durch die ehemalige Friedhofnutzung ergibt sich eine Unterteilung der Anlage in kleinere und größere Rasenflächen, durchzogen von einem kleinteiligen Wegenetz, sowie einem Hauptweg mit einer Lindenallee. Im südwestlichen Bereich des Parks befindet sich zudem ein kleiner Spielplatz.
Der Wohlerspark ist beliebter Freizeitort für Bewohner der umliegenden Quartiere und Besucher der angrenzenden Stadtteile. Die gestaltete Parkanlage dient vorwiegend Zwecken der Erholung und unterschiedlicher Freizeit- und Sportaktivitäten. Die Rasenflächen werden zum Grillen, Sonnen und Verweilen genutzt. Zudem dient der Park für Sportund Trendsportarten wie Jogging, diverse Ballspiele, Frisbee oder Slaglining. Die gestaltete Parkanlage wird das ganze Jahr intensiv genutzt. In wärmeren Monaten des Jahres ist die Auslastung des Parks zum Teil sehr hoch. Neben der Freizeitnutzung dient der Park zudem als wichtige Nord-Süd-Querung der Umgebung für Fußgänger und Radfahrer.
Eigene Darstellung / Luftbildgrundlage: (c) Google Maps
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Die Parkanlage ist uneingeschränkt öffentlich, das heißt zu jeder Tages- und Nachtzeit zugänglich.
„Da ich sehr gerne mal ne Frisbee werfe, bin ich auch oft im Wohlerspark. Es ist etwas eng mit den vielen Bäumen. Gerade bei gutem Wetter wenn viel los ist. Also wenn zwischen den Bäumen noch Leute rumliegen oder grillen. In der NordOst Ecke trifft man meist eine Gruppe Frisbee Freestyler. Dort ist auch ein Apfelbaum. Mit Äpfeln. Kostenlos. “ (Frystone / 16.12.2008 / qype.com)
„Mein Lieblingspark in Hamburg! Kein anderer Park ist so zentral und lässt einen ungestört Natur geniessen. Grillen ist erlaubt und man trifft so einige interessante schanzentypische Leute. (...) Klein, fein und toll!“ (RausAusKL / 29.05.2009 / qype.com)
Einschätzung Beim Wohlerspark handelt es sich um eine gut funktionierende und sehr intensiv genutzte Grünanlage. Der Park scheint dabei den Anforderungen seiner Nutzer gerecht zu werden. Der öffentliche Park erfüllt eine zentrale Aufgabe bei der Versorgung der umliegenden Quartiere mit grünem Freiraum. Darüber hinaus ist er eine beliebte Freiraumadresse, die über die Grenzen von Schanzpauli hinaus eine Anziehungskraft ausstrahlt.
„Der Wohlers Park oder auch ‚Wohlfühlpark‘ ist ein ideales Revier für Grillmeister, Freiluftartisten und aller Arten von Hedonisten.“ (Jan K. / 25.08.2010 / yelp.de)
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Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Florapark
Formelle Freiräume
Typ: öffentlich Größe: 0,6 ha (6.000 m2) Nutzung: Freizeit, Erholung, Sport / Spiel
Beschreibung Der Florapark ist ein öffentlicher Park mit integriertem Spiel- und Bolzplatz sowie weiteren unterschiedlichen (halböffentlichen) Freizeitangeboten. Mit einer Fläche von circa 6.000 Quadratmetern zählt er zu den kleineren Parks. Der Park entstand Anfang der 1990er Jahre mit Hilfe städtischer Sanierungsmittel des Stadtteils Sternschanze. Bis dahin wurde das städtische Gelände als Bauwagenplatz genutzt. Der Park ist allseitig von
Wohnbebauung eingefasst. Östlich grenzt der Park an das Kulturzentrum der besetzten Roten Flora und den gastronomisch-touristisch intensiv genutzten Teilbereich des Schulterblatts. Der Park beinhaltet neben einer zentralen Rasenfläche einen öffentlichen Spielplatz und einen Bolzplatz. Des weiteren befindet sich auf der Fläche ein ehemaliger Hochbunker, der als privatbetriebene Kletterwand (Kilimanschanzo e.V.) betrieben wird. Außerdem liegt im räumlichen Gemenge von Park und angrenzendem Kulturzentrum eine durch engagierte Skater selbsterrichtete Skate-Anlage. Die uneingeschränkt öffentlich zugängliche Parkanlage wird durch die Anwohner als Freizeit- und Spielfläche genutzt. Hinzu kommen viele Stadtteilbesucher die den Park – vor allem in den warmen Jahreszeiten – sowohl tagsüber wie abends/nachts als beliebten Freizeittreff nutzen.
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„Die Schanze ist ein Häusermeer und wer ihm entfliehen will, geht normalerweise den Weg in den Schanzepark. […] Auf der anderen Seite des Viertels bietet sich ansonsten außer ein paar begrünten Hinterhöfen kaum Zuflucht – mit Ausnahme des inoffiziell so genannten Flora-Parks, der hinter dem politisch umkämpften Ruinengebäude entstand, als an der Juliusstraße neue Wohnungen gebaut wurden. Mittlerweile ist hier eine kleine grüne Oase entstanden, die viel genutzt wird. Kam man früher nur mit einem Milchkaffee von Transmontana (und eventuell einem dieser kleinen netten Vanilleküchlein) herüber in die Sonne, so sitzen hier an sonnigen Tagen nun auch viele Menschen einfach so auf den grünen kleinen Hügeln. Für Kinder gibt es neben allerlei Gerüsten und Geräten auch einen Ballspielplatz...“ (Frystone / 16.12.2008 / qype.com)
Einschätzung Beim Florapark handelt es sich um einen intensiv genutzten Park, der über seine Bestimmung als wohnungsnaher Freiraum für die Anwohner hinaus geht. Das umfangreiche öffentliche und halböffentliche Nutzungsangebot sowie die räumliche Nähe zum Kulturzentrum und zum Schulterblatt, machen den Florapark zu einer beliebten Freiraumadresse über die Quartiers- und Stadtteilebene hinaus. Die intensive Nutzung und Aneignung des Parks führt im östlichen Bereich zum Aufweichen und Verschwimmen der eindeutigen Raumgrenzen zwischen Park, Kulturzentrum und Straßenraum. Die von den Nutzern selbsterrichtete Skate-Anlage ist in den letzten Jahren sukzessive vom Grundstück des Kulturzentrums in den Park und den Straßenraum gewachsen.
„Dieser kleine Fleck Grün, mitten in der Schanze... Es kommen alle möglichen Leute aus der Umgebung in den Park, um sich ein wenig auszuruhen. Da sitzen dann Yuppies neben Obdachlosen und trinken Latte Macciato oder Rotwein aus dem Tetrapak.“ (Jan K. / 21.08.2010 / yelp.de)
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Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Bertha-von-Suttner-Park
Formelle Freiräume
Typ: öffentlich Größe: 0,4 ha (4.000 m2) Nutzung: Spiel, Transit Beschreibung Der Bertha-von-Suttner-Park ist ein öffentlicher Park am nordwestlichen Rand des Untersuchungsgebietes. Die öffentliche Grünanlage umfasst eine Fläche von insgesamt circa 4.000 Quadratmeter. Der verhältnismäßig kleine Park ist der nördlichste Teil des „Grünzugs Neu-Altona“, welcher – über den Wohlerspark – als Grünachse Richtung Süden bis zur Elbe verläuft. Die Anlage umfasst eine in mehrere Teilbereiche untergliederte Rasenfläche und einen kleinen Spielplatz im südlichen Bereich. Bäume
bilden die Abgrenzung zur Max-Brauer-Allee und Suttnerstraße. Im Westen grenzt der Park an den seit etlichen Jahren brachliegenden „Electrolux-Gewerbehof“. Die uneingeschränkt öffentlich zugängliche Grünanlage wird neben der regelmäßigen Nutzung des Spielplatzes wenig für Zwecke der Freizeit und Erholung genutzt. Der Park dient vorwiegend der Gebietsquerung durch Fußgänger und Radfahrer sowie in seiner übergeordneten Funktion als wichtiger Teilabschnitt des „Grünzugs Neu Altona“. Seit 2009 existiert die frei organisierte Anwohnerinitiative „Freundeskreis Suttnerpark“, die sich mit der
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Zukunft und Entwicklung des Parks auseinandersetzt. Ziel der Initiative ist die Aufwertung und Entwicklung des Parks. Auf der Internetseite der Initiative heißt es: „Der Freundeskreis Suttnerpark möchte mit Anwohnern und Interessierten Wege aufweisen, wie wir den Park gemeinsam in einen nutzbaren Ort verwandeln können, von dem wir alle profitieren. Ob Selbstversorgung, Naturverbundenheit oder Entspannung – es mangelt nicht an Motiven fürs Urban Gardening. Jetzt wollen wir handeln“ (Internetangebot: Freundeskreis Suttnerpark). Neben nachbarschaftlichen Pflege- und Aufräumaktionen wurde der Park in Teilbereichen durch die Initiative bereits in Eigenregie bepflanzt.
Einschätzung Beim Bertha-von-Suttner-Park handelt es sich um eine gering genutzte öffentliche Grünanlage. Eine substanzielle Funktion für Erholungs- und Freizeitzwecke lässt sich nicht erkennen. Die formulierten Ziele der nachbarschaftlichen Interessengemeinschaft „Freundeskreis Suttnerpark“ stützen diese Einschätzung, verdeutlichen jedoch gleichzeitig das Interesse am Park. Davon unabhängig bildet der Park einen essentiellen Teilabschnitt des „Grünzug Neu Altona“. 77
Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Gählerpark
Formelle Freiräume
Typ: öffentlich Größe: 1,5 ha (15.000 m2) Nutzung: Sport/Spiel, Transit Beschreibung Der öffentliche Gählerpark liegt in südlicher Angrenzung an den Wohlers Park und verläuft als Fortführung des „Grünzug Neu Altona“ Richtung Süden. Die längliche Grünanlage erstreckt sich über eine Fläche von circa 1,5 Hektar. Im westlichen Bereich grenzt der Park an den umliegenden Zeilenwohnungsbau, östlich bildet ein öffentlicher Sportplatz den Abschluss der Grünanlage. Nördlich und südlich grenzt der Park an den Straßenverlauf der Thadenstraßen und Holstenstraße.
Die uneingeschränkt öffentlich zugängliche Grünanlage wird durch eine zentrale Rasenfläche, bestück mit Baumsolitären und einigen Sitzbänken, gebildet. Im südlichen Bereich des Parks befindet sich der Nachbarschaftstreff Gählerhaus. Das durch die „Stadtentwicklungsgesellschaft steg“ betriebene Haus steht zur Verfügung für: „...Nachbarschaftsgruppen, die sich hier (regelmäßig) treffen wollen, für die Durchführung von offenen Angeboten und Veranstaltungen mit Bezug zum Quartier, sowie für Kindergeburtstage und kleinere Familienfeiern von Bewohnerinnen und Bewohnern aus der Nachbarschaft“ (Internetangebot: Entwicklungsquartier Altona Altstadt). Zum Gählerhaus gehört zudem ein öffentlich zugänglicher, jedoch privat betriebener Spielplatz. Im südlichen Eingangsbereich des Parks befinden sich zwei solitäre Wohnhochhäuser aus der Ära der Nachkriegsplanung. Im Bereich der Punkthochhäuser
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„Der Gählerpark ist eigentlich nur ein lang gestreckter Grünstreifen mit Bäumen. Für die Bezeichnung Park ist das ein bisschen dürftig, aber er bietet neben einer Hundewiese auch einen Bolzplatz und einen Nachbarschaftstreff, was ihn trotzdem attraktiv macht.“
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(Kirsten P. / 13.10.2010 / yelp.de)
sind die Grenzen zwischen öffentlichem Park und halböffentlichem Abstandsgrün der Wohnbebauung fließend und nicht immer eindeutig ablesbar. Neben dem Spiel- und Sportplatz wird die Grünanlage wenig für Zwecke der Freizeit und Erholung genutzt. Die Grünanlage dient jedoch als intensiver Durchgangsraum zur Querung des Gebiets von Fußgängern und Radfahrern.
Einschätzung Beim Gählerpark handelt es sich um eine gering genutzte öffentliche Grünanlage. Eine substanzielle Funktion für Erholungs- und Freizeitzwecke lässt sich nicht erkennen. Davon unabhängig bildet der Park einen essentiellen Teilabschnitt des „Grünzug Neu Altona“. 79
Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Grünflächen Schanzpauli verfügt über mehrere, unterschiedlich dimensionierte öffentliche Grünflächen.
Formelle Freiräume
Beim Grünen Jäger Typ: öffentlich Größe: 0,5 ha (5.000 m2) Nutzung: Transit, Freizeit, Event
Beschreibung Die mit circa 5.000 Quadratmetern umfangreichste öffentliche Grünfläche „Beim Grünen Jäger“, befindet sich im östlichen Randbereich von Schanzpauli. Die Fläche wird durch die angrenzenden Straßen Stresemannstraße, Am neuen Pferdemarkt, und Beim Grünen Jäger räumlich definiert. Der nördlich und westlich angrenzende Verkehrsbereich des Neuen Pferdemarkt bildet dabei einen durch Autoverkehr stark belasteten Verkehrsknoten.
Die uneingeschränkt öffentlich zugängliche Grünfläche besteht aus einer mit Baumsolitären bepflanzten zentralen Rasenfläche, die durch zwei breite Fußwege gekreuzt wird. Im südlichen Bereich befindet sich eine unbefestige Basketballfläche, sowie ein räumlich abgetrennter Spielplatzbereich. In direkter Angrenzung an den Spielplatz liegt zudem ein Club- und Barbetrieb. Die Grünfläche wird allgemein wenig als Freizeit- und Erholungsort genutzt. Im Sommer dient die Wiese vereinzelt zum Grillen, sowie im südlichen Bereich zum angrenzenden Musikclub als Sitzfläche für abendliche Freizeittreffen.
Eigene Darstellung / Luftbildgrundlage: (c) Google Maps
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(hotzenplotz / 10.09.2007 / qype.com) erstraße Budapest
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„Es ist kein spektakuläres Naherholungsgebiet, keine Perle des auf der Wiese Rumlümmelns, eher ein zufällig bei verschiedenen Strassenumbauten entstandenes und für nichts anderes gebrauchtes Stück Fläche, auf dem auch bei allerschönstem Wetter niemand liegt. Hier grillt niemand und man macht keine Picknicks. […] Hauptnutzung für die eher mickrige Wiese ist das Gassigehen der benachbarten Hunde. Leider ist das Grün nicht unbedenklich zu betreten, überall liegt Hundekacke rum.“
Einschätzung Bei der Grünfläche Beim Grünen Jäger handelt es sich um eine – vor allem in Relation zur Lage – wenig genutzte öffentliche Freifläche. Eine substanzielle Funktion für Erholungs- und Freizeitzwecke lässt sich nicht erkennen. Die Fläche erweckt den Eindruck, als ob sie den Verschnittraum der umliegenden, stark befahrenen Straßen und eine funktionale Trennung zwischen Verkehrsraum und Wohnbebauung bildet.
„Also ich grille da öfters :) Man kann nett Boules spielen und ein zwei Biere trinken, bevor man in den Grünen Jäger geht. Aber mehr als 200m für diesen Platz sollte man nicht gehen ;)“ (Greenhunter / 09.08.2010 / qype.com)
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Foto: Eigene Aufnahme
Simon-von-Utrecht-Straße
Formelle Freiräume
Typ: öffentlich Größe: 0,13 ha (1.300 m2) Nutzung: Freizeit / Hundeauslauf Beschreibung Die circa 1.300 Quadratmeter große öffentliche Grünfläche befindet sich im südlichen Bereich des Untersuchungsgebiets. Die abgesehen von der Baumbepflanzung ungestaltete Rasenfläche erstreckt sich zwischen der stark befahrenen Simon-von-UtrechtStraße und der kleindimensionierten, mit Wohnhäusern gesäumten Schmuckstraße. In direkter Angrenzung an die Fläche befindet sich ein öffentlicher Bolzplatz, der räumlich separiert das westliche Kopfende der Freifläche bildet. Östlich mar-
kiert die Talstraße den Abschluss. Aufgrund der ungeeigneten Nutzung der Grünfläche für Erholungs- und Freizeitzwecke, welche sich aus der direkten Angrenzung zur stark befahrenen Simon-von-Utrecht-Straße und der räumlichen Nähe zur Vergnügungsmeile Reeperbahn ergibt, wurde die Fläche 2006 in eine Hundeauslaufzone umgewidmet (vgl. steg Hamburg: 2006). Seitdem ist die Freifläche durch einen Zaun einseitig abgegrenzt. Die Grünfläche wird allgemein wenig genutzt. Auch die Umwidmung der Fläche in eine Hundewiese hat den Grad der Nutzungsintensität nicht ausschlaggebend gesteigert.
Eigene Darstellung / Luftbildgrundlage: (c) Google Maps
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Einschätzung Bei der Grünfläche an der Simon-von Utrecht-Straße handelt es sich um eine wenig genutzte Freifläche. Eine substanzielle Funktion für Freizeitzwecke lässt sich nicht erkennen.
„Beinahe täglich komme ich hier vorbei aber ich habe noch niemals einen Hundebesitzer mit seinem Vierbeiner erspäht. Obwohl die Fläche durchaus groß ist und zur stark befahrenen Simon-Von-Utrecht-Straße durch einen hohen Zaun gesichert ist.“ (vienetta / 28.11.2008 / nachbarschaft.immobilienscout24.de)
„Ein Trauerspiel für Mensch und Hund! Auf diese Wiese würde ich nicht mal mit normalen Schuhen rauf gehen. Und meinen Hund schon mal gar nicht!!! Denn zwischen den undefinierten Gerüchen, die ich hier mal nicht beschreibe, liegt hier einfach alles rum womit man sich verletzen kann. Sicherlich wird hier regelmäßig saubergemacht, aber was bringt das, wenn hier jeden Tag Betrunkene und unter drogeneinfluß stehende Menschen und Idioten einfach Mist bauen und die Fläche verhunzen? Wenn die Stadt hier Blumen anbauen würde, hätten wohl alle mehr davon.“ (Carlos L. / 10.10.2010 / yelp.de)
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Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Formelle Freiräume
Spiel- und Sportplätze Typ: öffentlich / halböffentlich Größe: – Nutzung: Spiel / Sport
Beschreibung Schanzpauli verfügt über ein Angebot diverser öffentlicher und halböffentlicher Spiel- und Sportplätze. Die Anlagen sind teils solitär und teils in andere Freiflächen integriert. Die überwiegende Zahl der Spiel- und Sportplätze befindet sich in städtischem Besitz. Darüber hinaus wird das Angebot durch eine Reihe privater Spielplät-
ze ergänzt (siehe Karte S. 85). Hierbei handelt es sich neben mehreren Bauspielplätzen (Eifflerstraße, Am Brunnenhof) auch um einige kleinere Spielanlagen im Zwischen- und Abstandsgrün des Wohnungsbau (u.a. in der Carlebachstraße). Während die städtischen Spielplätze bis auf eine Ausnahme (Spielplatz „BaSchu“ zwischen Schulterblatt und Bartelsstraße) uneingeschränkt öffentlich zugänglich sind, variiert der Öffentlichkeitsgrad der privaten Anlagen. Die Spielstätten im Abstandsgrün des Wohnungsbau sind
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„Rund um den Paulinenplatz geht es im Sommer heiß her. Es gibt drei Italiener zwei Eisdielen, und einen Imbiss. Also jede Menge los. Doch am schönsten, und da sind sich meine Tochter und ich uns einig, ist der „Spieli“ auf dem Platz selbst. Für einen Spielplatz, der nicht in einem Park angelegt wurde, ist er einfach gigantisch groß.“
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Spiel- und Sportplätze Schanzpauli verfügt über ein Angebot diverser öffentlicher und halböffentlicher Spiel- und Sportplätze. Clemen
(Kirsten P. / 16.08.2010 / yelp.de)
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uneingeschränkt öffentlich zugänglich. Die Bauspielplätze hingehen sind nur zu bestimmten, ausgeschilderten Öffnungszeiten zugänglich und nutzbar. Zudem gibt es eine Anlage, die exklusiv betrieben wird und nur bestimmten Mitgliedern zur Verfügung steht (Eifflerstraße).
„Diese grüne Oase mitten zwischen Schanze und St. Pauli ist DER Spielplatz schlechthin. Junge Schanzeneltern mit skandinavischen Retro-Kinderwagen schieben hier gern her. Er ist groß, sauber und mit vielen tollen Gerüsten, einem großen Sandkasten und Wippen für die Kids ausgestattet. Zum Nachteil kann da die „Mutter-Rush-Hours“ so zwischen 12 und 3 Uhr werden, wenn die Kleinen aus den Kitas und Kindergärten abgeholt werden. Denn dann ist es hier sehr voll.“ (Ole Z. / 25.09.2010 / yelp.de)
Einschätzung Die Gesamtheit aus öffentlichen und halböffentlichen Spiel- und Sportplätzen stellt einen wichtigen Bestandteil des Freiraumangebots für Kinder und Familien aus Schanzpauli dar. Die Nutzungsintensität der einzelnen Sport- und Spielplätze variiert zwar, es lässt jedoch allgemein eine intensive bis sehr intensive Auslastung erkennen. Die Spiel- und Sportplätze stellen dabei einen wichtigen Bestandteil der Freiraumversorgung von Schanzpauli. 85
Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Informelle Freiräume
Straßenräume Typ: öffentlich Größe: – Nutzung: Freizeit, Kommunikation, gewerbliche Nutzung Beschreibung Schanzpauli verfügt über eine umfangreiche Infrastruktur an Straßen- und Verkehrsflächen. Neben einigen großen Verkehrsadern am Rand des Untersuchungsgebiet (Holstenstraße, Budapester Straße, Reeperbahn und Stresemannstraße) wird das Gebiet durch ein Gefüge von Wohnstraßen, Fußwegen und Plätzen durchzogen. Dieses kleinteilige Netz von unterschiedlich dimensionierten und ausgestalteten
Straßen wird neben der Funktion des Transits intensiv (und in Teilbereichen sehr intensiv) durch Anwohner, Stadtteilbesucher und gewerbliche Betriebe genutzt. Die Nutzungen fallen dabei vielfältig aus. Während die Gehwege und Plätze vor allem für alltägliche Freizeitbeschäftigungen, wie dem Aufenthalt im Freien und der geplanten oder ungeplanten (nachbarschaftlichen) Kommunikation genutzt werden, findet eine ausgeprägte (teils formelle, teils informelle) gewerbliche Nutzung durch Handels- und Gastronomiebetriebe statt. Dabei werden die Straßenräume sowohl für die Außengastronomie durch Bestuhlung als auch für die Warenauslage genutzt. Darüber hinaus dienen sie Sportaktivitäten (z.B. Skatboarding), kleinteiligen Urban Gardening-Aktivitäten oder dem künstlerischen Ausdruck durch Street Art und Graffiti.
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Die eher ruhigeren Wohnstraßen dienen vor allem einer überschaubaren Anzahl an Anwohnern zur freizeitorientierten Nutzung. Belebtere Straßenzüge (z.B. nördlicher Bereich des Schulterblatts, Wohlwillstraße, Clemens-von-Schultz-Straße) gehen weit über die Anwohnernutzung hinaus.
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Straßen(frei)räume Schanzpauli ist durchzogen von einem kleinteiligen Netz öffentlicher Straßen(frei)räume. Die roten Bereiche markieren besonders intensiv genutzte Straßen(frei)räume.
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Plätze und Platzsituationen Schanzpauli verfügt über vielseitig nutzbare, öffentliche Plätze bzw. Straßenräume, die eine Platzsituation entstehen lassen.
„Die Tabakbörse (ein beliebter Kiosk) ist im Moment der beste Ort um seinen Abend in St. Pauli zu starten. Oder Ihn auch gleich dort zu verbringen. […] Leider muss Sie schon bald wieder in ihr altes Gebäude zurückwandern... Hoffentlich wird dann die nette Atmosphäre um den Park am grünen Jäger nicht zerstört.“ (monsipauli / 15.06.2011 / qype.com)
Einschätzung Während die großen und stark befahrenen Straßen weitestgehend dem städtischen Verkehr dienen, liefern die Straßenräume und Gehwege der kleinteiligen Wohn- und Geschäftsstraßen weit mehr als nur eine Mobilitätsinfrastruktur. Sie dienen als wichtige räumliche Grundlage für Zwecke der Kommunikation, Freizeitgestaltung, sportlichen Betätigung und des Gewerbes. Die Straßenräume leisten somit, als Ergänzung der formellen Freiräume der Parks, Grünflächen und Spiel- / Sportplätzen, einen erkennbaren Mehrwert innerhalb der Freiraumversorgung. Sie tragen darüber hinaus nicht nur zur urbanen Qualität von Schanzpauli bei, sondern fungieren zugleich als positiver Imageträger über die Stadtteilgrenzen hinaus.
„Richtig „aufwachen“ tut die Straße so langsam ab 17/18 Uhr. Wenn die Menschen von der Arbeit kommen... So um 22/23 Uhr dann übernimmt eine andere Generationen die Straße. Dann setzt hier die Nachtschicht ein. Ob Junggesellenabschiedstour, Mädelsabend, Kneipentour, Mädelschecken, Kieztour, oder Konzertbesuch. Durch die Wohlwillstr. gehen sie alle... Irgendwie findet man immer ein Grund durch die Wohlwillstr. zu gehen.“ (Carlos L. / 26.10.2010 / yelp.de)
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Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Informelle Freiräume
(Hinter)Höfe Typ: halböffentlich Größe: – Nutzung: Freizeit, Spiel / Sport, Transit Beschreibung Die öffentliche Freiraumtypologie von Schanzpauli wird durch weitere halböffentliche Räume ergänzt. Zu diesen Räumen gehören neben den öffentlich zugänglichen Hinterhöfen der Wohnbebauung auch Schulhöfe und ein öffentlich zugängliches Gelände eines Pflege- und Altenheims.
Viele der Höfe sind dabei öffentlich zugänglich. Trotz der allgemeinen Zugänglichkeit werden die Hinterhöfe in der Regel eher exklusiv durch die direkten Anwohner und Hausgemeinschaften als Freizeit- und Erholungsfläche genutzt.
Durch die Struktur der Blockrandbebauung ergeben sich in vielen Bereichen von Schanzpauli Hinterhöfe.
Darüber hinaus gibt es Räume, die einen erweiterten öffentlichen Charakter besitzen, das heißt von der Funktion (und Wahrnehmung) weitestgehend öffentli-
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Öffentlich zugängliche und nutzbare (Hinter)Höfe und private Straßenanlagen ergänzen das öffentliche Freiraumangebot.
chen Freiräumen entsprechen. Hierzu gehören neben mehreren Schulhöfe das Gelände des „Senioren Centrum Altona“ zwischen Thadenstraße und Bernstorffstraße. Diese halböffentlichen Räume werden nicht nur durch die direkten Anwohner, sondern auch durch andere Quartierbewohner als Aufenthaltsort, Spielfläche oder Durchgang genutzt. Einschätzung Die halböffentlichen (Hinter)Höfe tragen zur Freiraumversorgung von Schanzpauli bei und ergänzen das öffentliche Angebot um zusätzliche Flächen. Während die Hinterhöfe der Wohnbebauung vor allem eine wichtige Aufgabe der Freiraumversorgung der direkten Anwohner übernehmen, leisten Räume mit einem erweiterten öffentlichen Charakter der Schulen und des Altersheim einen übergeordneten Beitrag. 89
Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Informelle Freiräume
Zwischen- und Abstandsgrün Typ: halböffentlich Größe: – Nutzung: Freizeit, Sport / Spiel, Transit Beschreibung Vor allem im südwestlichen Bereich von Schanzpauli – zwischen Holstenstraße und Gilbertstraße – befinden sich größere Bestände an Zeilen-Geschosswohnbauten der 1960er und 1970er Jahre. Hinzu kommen mehrere solitäre Wohnhochhäuser, die ebenfalls aus der Ära der Nachkriegsplanung stammen. Zwischen den Zeilenbauten sowie um die Wohnhochhäuser befindet sich umfangreiches Abstands- und Zwischengrün. Sowohl die Wohnbauten als auch die zugehöri-
gen Flächen befinden sich im Besitz des städtischen Wohnungsbauunternehmen SAGA/GWG. Das Abstands- und Zwischengrün ist in der Regel frei und uneingeschränkt zugänglich. Das Abstandsgrün der Zeilenbauten weist dabei einen öffentlichen Charakter auf, ist jedoch klar vom restlichen öffentlichen Raum abgegrenzt. Im Bereich der Hochhaussolitäre (im Gählerpark) kommt es zu fließenden und nicht
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Zwischen- und Abstandsgrün im Geschosswohnungsbau im Südwesten von Schanzpauli
eindeutig ablesbaren Übergängen zwischen halböffentlichem Abstandsgrün und öffentlichem Park. Das halböffentlichen Abstands- und Zwischengrün wird durch die Anwohner für unterschiedliche Zwecke der Freizeitgestaltung und Erholung, oder auch in funktionaler Weise (z.B. Wäschetrocknen) genutzt. Zudem dienen die Grünflächen zur informellen Erschließung der Wohnanlagen und Querung des Quartiers. Einschätzung Die halböffentlichen Grünflächen gehen nur in Teilen über ihre baulich-funktionale Bedeutung als Abstands- und Zwischengrün hinaus. Obwohl sich teilweise großzügige Grünflächen mit einem öffentlichen Charakter ergeben, lässt sich eine substanzielle Freiraumfunktion im Sinne der Freizeitnutzung und Erholung nicht immer erkennen. 91
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Hinweis zur Nutzungsintensität: Die Einstufung der Nutzungsintensität folgt keinen absoluten Werten, sondern soll als richtungsweisende Einschätzung dienen. Sie leitet sich aus der Langzeitbeobachtung des Autors und den Online-Bewertungen der Bewohner ab. Die Skala ist demnach als ein „Tendenzbarometer“ zu lesen.
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Die Freiräume sind nicht nur grün Im Freiraum-Atlas wurden die unterschiedlichen Freiraumtypen von Schanzpauli zusammengetragen und hinsichtlich ihrer generellen Nutzungsintensität und Bedeutung für die Freiraumversorgung bewertet. Dabei wurde deutlich, dass das Freiraumangebot nicht nur klassisch grüne Räume im Sinne der offiziellen Klassifizierung der Hamburger Freiraumtypen umfasst (Parks, Grünflächen, Spiel- und Sportplätze), sondern um weitere, informelle Freiräume ergänzt und angereichert wird (Straßenräume, Hinterhöfe, Abstands- und Zwischengrün). Die Untersuchung hat darüber hinaus verdeutlicht, dass gerade auch bestimmte informelle Räume einen weitreichenden Beitrag zur allgemeinen Freiraumversorgung Schanzpaulis leisten. Gleichzeitig lässt sich in Teilen des formellen Freiraumangebots eine derzeitige „Unterforderung“ von Flächen erkennen. Diese unterforderten Grünund Freiflächen lassen dabei trotz ihrer zugewiesenen Freiraumfunktion nur wenige Nutzungsansprüche erkennen. Dies lässt folgenden Schluss zu: Die Freiraumbedarfe des Unterschungsgebietes lassen sich nicht alleinig über die offiziellen Freiraumtypologien der öffentlichen Planung abbilden. Gleichzeitig bedeutet dies aber auch, dass der Hamburger öffentlichen Freiraumplanung ein veraltetes typologisches Modell zugrunde liegt. Das derzeitige
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Modell, kann durch seine räumliche Gliederung in Parks, Grünflächen, Spiel- und Sportplätze (sowie Kleingärten, Friedhöfe, städtische Naherholungsgebiete), die Versorgungsbedarfe nicht vollständig abbilden. Ein zeitgemäßes Abbild der Freiräume muss unter Berücksichtigung weiterer, informeller Freiräume erfolgen. Thesenhafte Zusammenfassung •
Die verfügbaren öffentlichen Frei- und Grünräume von Schanzpauli sind aufgrund der starken Verdichtung klar begrenzt.
•
Das formelle Freiraumangebot wird durch ein zusätzliches Angebot informeller Freiräume (öffentlich und halböffentlich) ergänzt. Dabei leisten diese Räumen einen wichtigen Beitrag innerhalb der Gesamt-Freiraumversorgung.
•
Gleichzeitig sind Teile des formellen Freiraumangebots unterfordert. Das heißt, bestimmte öffentliche Grün- und Freiflächen lassen trotz ihrer zugewiesenen Freiraumfunktion wenige oder keine Nutzungsansprüche erkennen.
•
Der öffentlichen Freiraumplanung in Hamburg liegt ein „veraltetes“ typologisches Modell zugrunde, welches die Freiraumbedarfe nur in Teilen abbildet. Ein zeitgemäßes Abbild der Freiräume muss unter Berücksichtigung weiterer, informeller Freiräume erfolgen. 93
Urban GardeningKatalog Neue Nutzungen
Im Freiraum-Atlas wurden die unterschiedlichen Freiraumtypen von Schanzpauli zusammengetragen und hinsichtlich ihrer generellen Bedeutung für die Freiraumversorgung bewertet. Dem Forschungsaufbau der Arbeit folgend, wird im nächsten Schritt Urban Gardening als neue Freiraumnutzung fokussiert. Dabei werden die unterschiedlichen Ausprägungsformen hinsichtlich ihrer qualifizierenden Wirkung auf die unterschiedlichen Freiräume überprüft. Die Erhebung erfolgt in zwei Schritten: 1. Spurenlesen Das rein dokumentarische Spurenlesen bildet eine erste thematische Annäherung an die neuen Freiraumnutzungen. Hierfür wurden durch eine fotografische Bestandsaufnahme alle im weitesten Sinne als Urban Gardening-Aktivität erkennbaren grünen Nutzungsspuren im öffentlichen Raum dokumentiert. 2. Urban Gardening-Beispiele Nach dem Spurenlesen folgt in einem weiteren Schritt die Untersuchung der vorgefundenen unterschiedlichen Ausprägungsformen von Urban Gardening als konkrete Nutzung der Freiräume.
Zum methodischen Vorgehen Das Spurenlesen erfolgte über eine mehrtägige Begehung des Untersuchungsgebiets. Dabei wurde der öffentliche Raum systematisch abgeschritten und alle vorgefundenen Urban Gardening-Aktivitäten kartiert und fotografisch dokumentiert. Bei dem gewählten Bildausschnitt der Fotografien wurde darauf geachtet, dass die angrenzende räumliche Umgebung immer mit abgebildet ist, um später Rückschlüsse zu ermöglichen. Die spontane Kontaktaufnahme zu relevanten Urban Gardening-Akteuren wurde während der mehrtägigen Gebietsbegehung zugelassen und bewusst forciert. Die spontanen Gespräche liefern bereits relevante Informationen zu den Akteuren und den praktizierten Urban Gardening-Aktivitäten. Gleichzeitig wurden wichtige Kontakte für die spätere Untersuchung geknüpft. Die Untersuchung der konkreten Urban GardeningBeispiele (zweiter Erhebungsschritt) erfolgte anhand von Akteursinterviews und der teilnehmenden Beobachtung.
Route der Spurensuche Visualisierung der Geotracking-Daten. Die Linien stellen die Route dar, die bei der Spurensuche im Untersuchungsgebiet abgeschritten wurde (abgebildet sind die ersten beiden Tage).
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Gr端ne Nutzungsspuren Eine fotografische Bestandsaufnahme in Schanzpauli
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Fotos (Seiten 96-104): Eigene Aufnahmen
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Urban Gardening-Aktivität Übersichtskarte der dokumentierten Nutzungsspuren
Urban Gardening-Aktivität
Insgesamt wurden im Untersuchungsgebiet über 250 einzelne, nicht weiter klassifizierte Urban Gardening-Aktivitäten erfasst. Die Aktivitäten verteilen sich dabei über das gesamte Gebiet von Schanzpauli. In einigen Bereichen kommt es zu sichtlichen Konzentrationen.
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Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Halböffentlicher Gemeinschaftsgarten „Gartendeck“ in der Großen Freiheit
Gartendeck Ein halböffentlicher Gemeinschaftsgarten
Nutzungsbeispiel – I
Beschreibung Auch wenn die Anzahl der unbebauten Grundstücke durch den zunehmenden Entwicklungsdruck in den letzten Jahren stark abgenommen hat, verfügt Schanzpauli über einige wenige Brachflächen, die derzeit keiner bestimmten Nutzung unterliegen. Auf einer dieser brachliegenden Flächen in der Großen Freiheit 62-68 befindet sich seit Frühsommer 2011 der halböffentliche Gemeinschaftsgarten Gartendeck. Das Gartendeck erstreckt sich mit einer Größe von circa 1.100 Quadratmetern auf der versiegelten Fläche eines darunter liegenden Parkdecks.
Der Gemeinschaftsgarten beschreibt sich selbst als: „...urbaner Garten..., der allen offen steht und in dem alle Interessierten die Möglichkeit haben, lokal Lebensmittel zu produzieren und neue Formen urbaner Gemeinschaft mitzugestalten. Zusammen wird gesät, gepflanzt, gejätet, gegossen, geerntet und erprobt, wie man brach liegende Flächen in produktives Grün verwandelt. (...) Orte, die ohne kommerzielle Absichten öffentlich genutzt werden können, gibt es immer weniger. Das „Recht auf Stadt“ muss von den BewohnerInnen immer öfter erst (zurück-) erkämpft werden – gegen die Interessen privater Besitzer, Betreiber oder Investoren. Das Gartendeck soll ein Ort jenseits kommerzieller Interessen sein: Seine Produkte gehören allen, die es nutzen, die für sich und für die Nachbarschaft gärtnern. Der urbane Garten ist ein gelebtes Modell dafür, wie kollektive Nutzung von Eigentum neue soziale Strukturen etabliert und zu mehr Lebensqualität führt“ (Internetangebot: Kampnagel).
Gartendeck
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Unter der Arbeit aller Beteiligten werden auf der Fläche unterschiedliche Nutzpflanzen wie Gemüse, Kräuter und Obst nach biologischen Kriterien angebaut. Die Pflanzung erfolgt dabei in bodenunabhängigen Hochbeeten aus recycelten Lebensmittelkisten und Reissäcken, wodurch die urbane Kleinstlandwirtschaft für einen möglichen Standortwechsel mobil bleibt. Das Gartendeck ist als offener Raum für die nachbarschaftliche Kommunikation und den Erfahrungsaustausch von Anwohnern konzipiert. Hierfür steht im Garten u.a. eine Gemeinschaftsküche zur Verfügung.
offen. In den Wintermonaten (November bis Februar) ist der Garten saisonbedingt geschlossen. Organisation und beteiligte Akteure Initiiert wurde das Gartenprojekt im Rahmen des „Internationalen Sommerfestival Hamburg“ des renommierten Theater- und Kulturzentrum Kampnagel. Dabei wurde die von Kampnagel entwickelte Projektidee gemeinsam mit Anwohnern und unter der fachlichen Beratung und Anleitung des Berliner Prinzessinnengarten (Nomadisch Grün gemeinnützige GmbH) realisiert.
Öffentlichkeitsgrad Der Garten ist halböffentlich. Das eingezäunte Gelände steht dabei allen Interessierten in der Gartensaison (April bis Oktober) zu festen Öffnungszeiten
Das Gartendeck ist ein loser Zusammenschluss aus Anwohnern der umliegenden Quartiere und der angrenzenden Stadtteile. In den ersten sechs Monaten wurde das Gartendeck dabei durch das Kultur107
Foto: Eigene Aufnahme
zentrum Kampnagel organisatorisch unterstützt und geschäftlich vertreten. Zwei von Kampnagel zur Verfügung gestellte Projektkoordinatoren bildeten dabei in der Projekt-Starphase das organisatorische Kernteam des Gartendecks. Der Gemeinschaftsgarten wurde dabei von Anfang an mit der Absicht gegründet, den Garten innerhalb des ersten Jahres in eine selbsttragende, nachbarschaftliche Organisationsstruktur zu überführen. Seit September 2011 ist das Gartendeck organisatorisch und rechtlich von Kampnagel losgelöst und in einen gemeinnützigen eingetragenen Verein (e.V.) überführt worden.
te, Gemeinschaftsküche, etc.) aufgewendet. Zudem dienten die Mittel zur Deckung der anfallenden laufenden Kosten (z.B. Wasser, Verwaltungsgebühr des Grundstücks, Öffentlichkeitsarbeit) des ersten Jahres. Kampnagel stellte zudem für die ersten fünf Monate die personellen Ressourcen der beiden Projektkoordinatoren bereit. Die Finanzierung für die kommende Gartensaison (2012) – und das mittlerweile zweite Jahr des Bestehens – erfolgt durch Spenden sowie über eine angestrebte private Förderung durch eine Stiftung.
Inhaltlicher „Träger des Gartendeck sind alle, die dort gärtnern“ (Internetangebot: Kampnagel). Dabei setzt sich die Gartengemeinschaft aus circa 20-30 Bewohnern der umliegenden Quartiere und angrenzenden Stadtteile zusammen, die regelmäßig im Garten mitarbeiten. Darüber hinaus gibt es zahlreiche spontane Helfer und Gäste. Die ehrenamtliche Mitarbeit steht dabei jedem Interessierten offen. Die Teilnahme erfordert keine Mitgliedschaft im Verein und auch sonst gibt es keine formalen Regelungen der Mitarbeit.
Nutzungsvereinbarung
Finanzierung Das Gartendeck wurde über eine einmalige Anschubfinanzierung in Höhe von circa 20.000 Euro durch Kampnagel unterstützt. Die Mittel wurden dabei vor allem für die notwendige Herstellung des Geländes sowie die Beschaffung der notwendigen materiellen Basisinfrastruktur (Pflanzmaterialien, Gartengerä-
Das durch das Gartendeck genutzte Grundstück befindet sich im Besitz der Freien und Hansestadt Hamburg, verwaltet durch die städtische Liegenschaftsverwaltung Sprinkenhof AG (SpriAG). Die Nutzung der Fläche erfolgt auf Grundlage einer individuell ausgehandelten Nutzungsvereinbarung. Der schriftliche Nutzungsvertrag ist dabei befristet auf ein Jahr. Nach dem ersten Jahr wurde die Vereinbarung um ein weiteres Jahr (2012) verlängert. Eine längerfristige Nutzung wird durch die SpriAG nicht zugesichert, da für das Gelände unbestimmte, anderweitige Planungen der städtebaulichen Entwicklung existieren. Für die Nutzung wird durch die SpriAG eine jährliche Verwaltungspauschale in Höhe von 1.500 Euro erhoben. Neben dem Gartendeck gibt es mit dem „GartenKunstNetz e.V.“ in der Eifflerstraße noch einen weiteren halböffentlichen Gemeinschaftsgarten in Schanzpauli.
halböffentlicher Gemeinschaftsgarten
angrenzende Bebauung
angrenzende Bebauung
Hochparterre-Parkdeck
Akteur(e) Anwohner-Zusammenschluss (bestehend aus 20-30 festen, aktiven Mitgliedern sowie 2 Projektkoordinatoren)
F
Freiraum Typ: Gemeinschaftsgarten Zusätzliches Raumangebot Nutzung
Urban Gardening-Strategie Transformation und Öffnung einer privaten Freifläche
halböffentlicher Gemeinschaftsgarten
Größe 1.100 m2
Projekt- und (Pflege-) Konsistenz sehr hoch
Öffentlichkeitsgrad halböffentlich
Organisationsgrad hoch
Partizipationsgrad sehr hoch
Organisationsform / Rechtsform gemeinnütziger eingetragener Verein (e.V.)
Status, Vereinbarung mit der Stadt legal schriftliche Nutzungsvereinbahrung (befristet auf jeweils 1 Jahr)
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Fotos: Eigene Aufnahmen / Keimzelle
Sozialer Nutzgarten „Keimzelle“ auf dem Ölmühlenplatz
Keimzelle Ein öffentlicher Nutzgarten
Nutzungsbeispiel – II
Beschreibung Auf dem Ölmühlenplatz befindet sich seit Frühsommer 2011 der öffentliche Nutzgarten Keimzelle. Der Garten nimmt dabei einen Teilbereich von circa 250 Quadratmetern am westlichen Ende der circa 1.500 Quadratmeter umfassenden öffentlichen Grünfläche ein. Das Projekt beschreibt sich selbst als „... Ein großer, sozialer, stadtgestaltender Gemüsegarten, der beweist, dass sozialer Gartenbau inmitten von St. Pauli möglich und ein Bedürfnis ist. Die Keimzelle ist ein kommunikativer Ort für Menschen, die hier vorbei-
kommen, sich aufhalten oder gärtnern wollen. Und sie will wachsen, um dem Wunsch gerecht zu werden, Gartenbau für alle Menschen in den anliegenden Vierteln zu ermöglichen und einen Teil der Versorgung mit Nahrungsmitteln selbstbestimmt zu organisieren“ (Internetangebot: Die Keimzelle). Die Keimzelle folgt somit einem ähnlichen Nutzungsprinzip wie der Gemeinschaftsgarten Gartendeck. Auch in der Keimzelle werden unter der Mitarbeit aller Beteiligten verschiedene Nutzpflanzen wie Gemüse und Kräuter in bodenunabhängigen Hochbeeten und Pflanzsäcken angebaut. Somit ist auch die Keimzelle durch ihre Architektur als mobile Kleinstlandwirtschaft konzipiert. Darüber hinaus werden einige Pflanzen im Boden der Grünfläche und dem angrenzenden Straßenbegleitgrün angebaut. Der Garten ist als nachbarschaftlicher Treffpunkt und Ort der Quartierskommunikation konzipiert. Er wird dabei nicht nur von Mitgliedern der Keimzelle, sondern vor allem auch durch nicht aktiv am
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Hinweis: Das untersuchte Urban Gardening-Beispiel befindet nicht im abgesteckten Untersuchungsraum, jedoch im unmittelbaren räumlichen Einflussgebiet. Es wird in die Untersuchung mit einbezogen, da es den Katalog um eine sinnvolle Referenz ergänzt. Zu Beginn der Diplomarbeit war der längerfristige Fortbestand des Projekts noch nicht absehbar.
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Foto: Keimzelle
Projekt beteiligte Anwohner und Quartierbesucher zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten als Freizeitort genutzt. Hierfür stehen im Garten u.a. selbsterrichtete Sitzmöbel zur Verfügung, welche die kommunikative Wirkung des Gartens fördern und die Freizeit- und Aufenthaltsqualität der gesamten Freifläche erhöhen. Darüber hinaus steht auf der Fläche des Gartens ein kleines Holzhaus (Givebox) bereit, das als offene Tauschstation das anonyme Verschenken von gebrauchten, jedoch noch funktionstüchtigen Haushaltsgütern innerhalb der Nachbarschaft ermöglicht. Diese Nutzung erhöht die Besucherfrequenz und die kommunikative Wirkung des Ortes zusätzlich. Öffentlichkeitsgrad Die Keimzelle ist uneingeschränkt öffentlich. Der Garten steht jedem zu jeder Zeit offen und entspricht damit dem Öffentlichkeitsgrad der restlichen Grünfläche. Organisation und beteiligte Akteure Realisiert wurde das Gartenprojekt im Frühsommer 2011. Entsprungen ist die Projektidee für die Keimzelle dabei aus dem bereits seit 2010 bestehenden Anwohner-Zusammenschluss „unser Areal“, welcher sich mit der Entwicklung des derzeit brachliegenden Areals der „Alten Rindermarkthalle“ – verortet in der direkt angrenzenden Nachbarschaft – beschäftigt. In der Ursprungsidee sollte der Garten dabei auf dem Areal der Rindermarkthalle realisiert werden. Da für die angedachte Fläche keine Genehmigung durch die SpriAG erteilt wurde, kam es zur Wahl des jetzigen Standorts am Ölmühlenplatz. Mittlerweile hat sich die Keimzelle am jetzigen Ort zu einer weitestgehend eigenständigen Initiative entwickelt. Der Umzug auf das städtische Areal der Alten Rindermarkthalle ist nach wie vor geplant, jedoch nicht terminierbar. Aufgrund der positiven Erfahrungen im ersten Jahr des Bestehens ist angedacht, die Gartenfläche auszuweiten.
Die Keimzelle ist ein loser Zusammenschuss aus engagierten Anwohnern der umliegenden Quartiere. Eine eingetragene Rechtsform in Form eines Verseins o.ä. besitzt die Keimzelle nicht. Dabei bilden circa fünf Personen das organisatorisch Kernteam des Gartens, welches die anfallenden Koordinations- und Verwaltungsaufgaben übernimmt. Inhaltlicher Träger ist ein flexibler Personenkreis von circa 30 gemeinschaftsinteressierten Anwohnern, die regelmäßig im Garten mitarbeiten. Hinzu kommen zahlreiche spontane Helfer. Die ehrenamtliche Mitarbeit und Weiterentwicklung der Projektidee steht dabei jedem Interessierten offen. Die anfallende Gartenarbeit wird individuell unter den teilnehmenden Akteuren organisiert. Zudem gibt es feste wöchentliche Organisations- und Arbeitstermine, welche über die Website und einen Aushang öffentlich bekannt gegeben werden. Finanzierung Der Garten trägt sich vor allem über Material- und Sachspenden, die zum größten Teil aus der umliegenden Nachbarschaft stammen. Hinzukommen finanzielle Privatmittel der Keimzellen-Initiatoren. Finanzielle oder materielle Unterstützung von öffentlicher Seite gibt es keine. Nutzungsvereinbarung Für die Nutzung der Fläche wurde auf Anbitten der Keimzellen-Initiatoren eine Genehmigung des Bezirks erteilt. Die Vereinbarung basiert dabei auf Grundlage der Übernahme einer Hamburger Grünpatenschaft durch eines der Keimzellen-Initiatoren. Die Patenschaftsübernahme wurde dabei durch den Bezirk nach anfänglicher Skepsis und nur unter der Bedingung der formalen Zustimmung der neuen Nutzung durch das Anwohnergremium des Sanierungsbeirats erteilt. Die Vereinbarung ist dabei eher als eine Art Duldung zu bewerten. Eine konkrete Absprache und Übereinkunft über die Gestaltung der Grünfläche sowie die Nutzung als Garten existiert nicht. Die Patenschaftsvereinbarung besitzt unbefristete Gültigkeit, kann jedoch von Seiten der Stadt jederzeit mit einer Frist von vier Wochen gekündigt werden.
öfffentlicher Nutzgarten öffentliche Grünfläche
Akteur(e) Anwohner-Zusammenschluss (bestehend aus circa 30 aktiven Mitgliedern, inkl. Kernteam von 5 Personen)
F
Freiraum Typ: öffentliche Grünfläche
Nutzung Urban Gardening-Strategie
öffentlicher Nutzgarten
Nutzungsanreicherung / Neuprogrammierung einer öffentlichen Grünfläche Größe 250 m2 (Expansion geplant) Projekt- und (Pflege-) Konsistenz sehr hoch
Öffentlichkeitsgrad öffentlich, uneingeschränkt
Organisationsform / Rechtsform freier Anwohner-Zusammenschluss, verteten durch Einzelperson
Partizipationsgrad sehr hoch
Organisationsgrad hoch
Status, Vereinbarung mit der Stadt legal / Duldung Vereinbarung mit dem Bezirk durch Übernahme einer Grünpatenschaft
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Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Straßen(grün)-Nutzung der lokalen Ökonomie in der Wohlwillstraße
Straßen(grün)-Nutzung der lokalen Ökonomie Nutzungsbeispiel – III
Beschreibung Schanzpauli wird geprägt von einem regen Straßentreiben und einem ausgeprägten Leben im öffentlichen Raum. Die Räume der Wohnstraßen und öffentlichen Plätze sind Orte der nachbarschaftlichen Begegnung und Kommunikation sowie beliebter Freizeitaufenthaltsort für Anwohner und Quartierbesucher. Zur Aufenthaltsqualität der öffentlichen Räume trägt dabei u.a. das umfangreiche gastronomische Angebot bei. Nahezu jedes Café, Bar oder Kiosk nutzt Teile des öffentlichen Raumes für Zwecke der Außengastronomie. Neben den – in der Regel formell als
gewerbliche Fläche angemieteten – Gehwegflächen und öffentlichen Plätzen, dienen hierfür auch die Abstandsgrünflächen, Baumscheiben und Restflächen zwischen Straßenfahrbahn und Fußgängerweg. Dabei lässt sich eine Regelmäßigkeit in der Aneignung und Nutzung dieser auf den ersten Blick unbedeutend erscheinenden Klein(st)flächen erkennen. Die kleinen – oft nicht größer als 25 Quadratmeter umfassenden – öffentlichen Flächen werden dafür mit Hilfe von erbrachten Eigenleistungen der Gewerbetreibenden als zusätzliche Nutzflächen vor ihrem
dening und (informelle) Ökonomie
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Straßen(grün)-Nutzung der lokalen Ökonomie
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Lokal / Ladengeschäft ausgebaut. Hierfür wird die Fläche und / oder die Baumscheibe sporadisch begrünt sowie um Sitzmöbel in Selbstbauweise bereichert. In der Regel ergibt sich dabei eine Kombination aus Zaun (als Schutzfunktion für die Baumscheibe) und einer Sitzbank. Bei der Nutzung der Flächen steht nicht die Bepflanzung und die gärtnerische Tätigkeit im Vordergrund. Vielmehr geht es um die Nutzbarmachung der Fläche für Freizeitzwecke und die Steigerung der räumlichen Aufenthaltsqualität des Straßenraumes. Aus der eigengeleisteten Flächenaufwertung ergibt sich so zudem ein gewerblicher Vorteil in Form der positiven Adressbildung und zusätzlichen informellen Sitzplätzen für Café- und Restaurantgäste.
Öffentlichkeitsgrad Die Flächen bleiben auch nach dem privaten Umbau weitestgehend öffentlich. Durch die „Besetzung“ der Flächen durch Cafégäste, Kioskkunden etc. ergibt sich jedoch in vielen Fällen eine exklusive gewerbliche Nutzung. Diese Exklusivität ist dabei auf die geschäftlichen Öffnungszeiten beschränkt. Organisation und beteiligte Akteure In der Regel tritt ein einzelner, direkt angrenzender Gewerbebetrieb (Café, Kiosk, Boutique, kleineres Restaurant) als fester Kümmerer der Flächen auf. Dieser übernimmt den notwendigen Umbau der Flä115
Foto: Eigene Aufnahme
che in Eigenleistung sowie die weitere Aufsicht und Pflege. Durch die Lage der Fläche direkt vor der Tür des jeweiligen Betriebs ergibt sich eine erkennbare Regelmäßigkeit und Zuverlässigkeit der Pflege. Diese Wirkung wird durch die wirtschaftliche Notwendigkeit der zusätzlich gewonnen Gastronomiefläche verstärkt. Finanzierung Für die Material- und Sachkosten des Umbaus der Flächen und die weitere Pflege kommen die privaten Betriebe auf. Nutzungsvereinbarung In der Regel existiert eine Absprache zwischen dem privaten Akteur und dem Bezirksamt. Dabei basiert die Vereinbarung auf Grundlage der Übernahme einer Grünpatenschaft (siehe S. 57). Hierbei wird die Über-
nahme einer Patenschaft für die Fläche beantragt und in der Regel auch genehmigt. Die Vereinbarung hat unbefristete Gültigkeit und ist beidseitig mit einer Frist von wenigen Wochen kündbar. Durch den Bezirk erfolgt eine lockere Kontrolle des Pflegezustandes und der Verkehrssicherheit der Fläche im Rahmen der regelmäßigen Wege- und Baumkontrollen. Die gewerbliche Nutzung der Fläche ist kein Bestandteil der Vereinbarung mit dem Bezirk. Die Nutzung wird durch die Patenschaftsvereinbarung sogar explizit ausgeschlossen.
Straßenraum
Baumscheibe / Abstandsgrün
Akteur(e) lokaler (Gastronomie)Betrieb
Gehweg & Außenbereich Gatronomie
F
Café
Freiraum Typ: Straßenraum
Urban Gardening-Strategie
Nutzung
Rückeroberung von Straßenraum
gastronomische Freizeit-Nutzung Größe
Projekt- und (Pflege-) Konsistenz
25-50 m2 (Einzelfläche) circa 1.800 m2 (alle identifizierten Flächen)
hoch Öffentlichkeitsgrad Organisationsgrad mittel Organisationsform / Rechtsform
mittel Partizipationsgrad gering
variiert je nach Betrieb
Status, Vereinbarung mit der Stadt halblegal Pflegevereinbarung mit Bezirk über Grünpatenschaft (unbefristet, beidseitig kündbar innerhalb von 4 Wochen) Eine Vereinbarung über die gewerbliche Nutzung existiert nicht
117
Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Klein(st)garten Am Brunnenhof
Klein(st)gärten von Anwohnern Nutzungsbeispiel – IV
Beschreibung Aufgrund der baulichen Struktur und hohen Dichte von Schanzpauli ist das Angebot privater Gartenflächen klar begrenzt. Die wenigen vorhandenen Hausgärten sind einem relativ kleinen Personenkreis – von meist alteingesessenen Mietern oder Wohneigentümern – vorbehalten. Somit verfügen nur wenige Anwohner über den Zugang zu einem eigenen Garten oder anderweitigen, gemeinschaftlich genutzten Gartenflächen (Gemeinschaftsgarten o.ä.). Nach ähnlichem Prinzip wie die gastronomische Nutzung von verkehrlichen Abstands- und Restflä-
chen, gibt es verteilt über das Gebiet von Schanzpauli zahlreiche Klein(st)gärten, die durch Anwohner auf öffentlichen Straßenrandflächen und Baumscheiben angelegt werden. Die Flächen befinden sich dabei vor allem in den kleineren und mittleren Wohnstraßen, die weniger stark durch den Straßenverkehr belastet sind. Die öffentliche Fläche – die oft eine Größe von 20 Quadratmetern nicht übersteigt – wird mit Zierpflanzen versehen sowie gärtnerisch hergerichtet und gepflegt. Nutzpflanzen eignen sich aufgrund der Abgasemissionen des angrenzenden Automobilverkehrs weniger und sind die Ausnahme.
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Klein(st)garten Reeperbah n
Klein(st)garten Organisation und beteiligte Akteure Bei der Nutzung der öffentlichen Fläche stehen die Bepflanzung und das gärtnerische Pflegen im Vordergrund. Es geht um das beackern der eigenen Gartenfläche als Freizeit- und Ausgleichsbeschäftigung oder kreativen Selbstverwirklichung. Öffentlichkeitsgrad Der Öffentlichkeitsgrad der Flächen bleibt auch durch die private Umgestaltung und Nutzung erhalten. Dabei werden die Flächen jedoch in vielen Fällen durch einen niedrigen Zaun territorial abgegrenzt oder durch ein Hinweisschild symbolisch markiert.
In der Regel tritt eine einzelne Person oder ein kleiner, fester Personenkreis (wie zum Beispiel eine Mietergemeinschaft) der direkt angrenzenden Wohnbebauung als Kümmerer der öffentlichen Fläche auf. Dieser übernimmt das Herrichten der Fläche und die weitere gärtnerische Pflege. Die infrastrukturelle Versorgung der Bepflanzung mit Wasser erfolgt über die angrenzende Wohnung des Kümmerers. Durch die Lage direkt vor der Haustür ergibt sich auch hier eine erkennbare Regelmäßigkeit der Pflege. Diese beschränkt sich jedoch auf die Gartensaison (April bis Oktober). In den Wintermonaten (November bis März) nimmt die Pflegeintensität erkennbar ab. 119
Foto: Eigene Aufnahme
Klein(st)garten in der Lippmannstraße
Finanzierung Die Material- und Sachkosten für die Gestaltung und Pflege der Fläche werden durch den privaten Akteur getragen. Nutzungsvereinbarung In der Regel existiert eine Absprache über die Flächennutzung zwischen dem privaten Akteur und dem Bezirksamt. Die Vereinbarung basiert auf Grundlage der standardisierten Hamburger Grünpatenschaft (siehe S. 57). Dabei wird die Patenschaft von privater Seite beim zuständigen Bezirksamt beantragt und in der Regel genehmigt. Es folgt eine lockere Kontrolle des Pflegezustands und der Verkehrssicherheit der Fläche im Rahmen der regelmäßigen Wege- und Baumkontrollen durch den Bezirk. In einigen Fällen erfolgt die Nutzung der öffentlichen Flächen auch ohne eine zuvor ausgehandelte Vereinbarung zwischen privater und öffentlicher Seite.
Projek mittel
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Organ Privatp
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Pflege Grünp kündb
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Straßenraum
Baumscheibe / Abstandsgrün
Akteur(e) direkter Anwohner oder kleine Hausgemeinschaft Urban Gardening-Strategie Rückeroberung von Straßenraum
Wohnbebauung
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Freiraum Typ: Straßenraum
Nutzung Ziergarten Größe
Projekt- und (Pflege-) Konsistenz mittel
Organisationsgrad gering
20-30 m2 (Einzelfläche) circa 900 m2 (alle identifizierten Flächen) Öffentlichkeitsgrad hoch Partizipationsgrad
Organisationsform / Rechtsform Privatperson(en)
mittel
Status, Vereinbarung mit der Stadt legal Pflegevereinbarung mit Bezirk durch Grünpatenschaft (unbefristet, beidseitig kündbar innerhalb von 4 Wochen). Alternativ: Keine Genehmigung, jedoch gleichwertiger Status der Duldung.
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Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Guerilla-Bepflanzung auf einer Verkehrsinsel in der Stresemannstraße
Guerilla Gardening Eine neue Spielart der Raumaneignung
Nutzungsbeispiel – V
Beschreibung Verschiedenste Flächen in Schanzpauli werden temporär durch Guerilla Gardening angeeignet. Dabei handelt es sich um kleine, interventionistische Pflanz-Eingriffe, die durch die Begrünung mit Zierpflanzen öffentlich zugängliche Flächen optisch aufwerten. Orte der Bepflanzung sind Restflächen, Straßenbegleitgrün, Verkehrsinseln oder nicht eindeutig ablesbare räumliche Übergangsbereiche zwischen Bebauung und Straßenraum, die keine oder nur geringe erkennbare Grünqualitäten aufweisen. In Ausnahmefällen findet auch eine Bepflanzung von vorhandenen Park- und Grünflächen statt. Prinzipiell
eignet sich nahezu jede unversiegelte Flächen für die Aneignung. Die Wahl der Fläche unterliegt dabei jeweils der subjektiven Auswahl der Guerilla Gärtner und lässt meist keine übergeordneten Auswahlkriterien erkennen. Der Eingriff der Akteure erfolgt aus unterschiedlichen Motivationen heraus. Neben der Verschönerung der als subjektiv unästhetisch wahrgenommenen Fläche sind unterschiedliche ideelle Ziele von zentraler Bedeutung. Neben der Selbstverwirklichung geht es oftmals um die subversive Eroberung des öffentlichen Raumes und der Stadt.
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Guerilla Gardening-Intervention
Guerilla Gardening-Intervention
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Foto: Eigene Aufnahme
Die Eingriffe von Guerilla Gardening haben in der Regel keine nennenswerten strukturellen Auswirkungen auf die öffentlichen Räume. Aus dem Eingriff resultiert hauptsächlich eine zeitlich begrenzte optische Aufwertung der Fläche. Öffentlichkeitsgrad Durch die Flächenaneignung von Guerilla Gardening ergeben sich keine – und wenn nur symbolische – territoriale Ansprüche an die Flächen. Der Grad der Öffentlichkeit der Flächen bleibt durch den Eingriff unverändert.
kennbaren Kontaktpersonen und die Akteure bleiben anonym. Die weiterführende Pflege der eroberten Flächen wird individuell und sehr unterschiedlich organisiert. Die Zuverlässigkeit hängt dabei stark von der Ernsthaftigkeit ab, mit der die Akteure gärtnern sowie von der Bereitschaft der Nachbarschaft zur Mitwirkung der Pflege. Da es nach außen in der Regel keinen eindeutig ersichtlichen Kümmerer gibt, ist die Pflegezuverlässigkeit eher gering und das zivile Engagement endet nicht selten bereits nach der einmaligen (Spaß)Intervention des Pflanzens. Nutzungsvereinbarung
Organisation und beteiligte Akteure Guerilla Gardening wird in der Regel durch einzelne Personen oder kleinere frei organisierte Personengruppen praktiziert. Die Akteure kommen dabei aus dem Quartier oder den angrenzenden Nachbarschaften. Es wird im nahen Wohn- oder Arbeitsumfeld gegärtnert, um den erzielten positiven Effekt der optischen und ideellen Flächenaufwertung im Quartiersalltag selber mitzuerleben.
Es existiert keine Genehmigung oder sonstige Absprache über die Bepflanzung der Flächen mit den Besitzern oder der zuständigen Verwaltung. Die Eingriffe bewegen sich somit in einer rechtlichen Grauzone zwischen Illegalität und Duldung. In der Regel findet jedoch keine straf- oder zivilrechtliche Verfolgung durch die Flächeneigentümer statt. Finanzierung
Da es sich um einen nicht autorisierten Eingriff in die Flächen handelt, gibt es nach außen meist keine er-
Die Finanzierung erfolgt duch die jeweiligen Akteure.
Straße
Restfläche
Akteur(e) Anwohner (anonyme Einzelpersonen oder kleine Gruppierungen) Urban Gardening-Strategie temporäre Grün-Aufwertung
Übergangsbereich Bebauung / Straße
F
Freiraum Typ: öffentlicher Raum allgemein
Nutzung Einzelbepflanzung Größe
Projekt- und (Pflege-) Konsistenz
punktuell / minimal
sehr gering
Organisationsgrad gering
Öffentlichkeitsgrad --Partizipationsgrad
Organisationsform / Rechtsform
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Status, Vereinbarung mit der Stadt illegal / Duldung keine Vereinbarung
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Urban Gardening als Nutzungsanreicherung, Stifter urbaner Qualität und zusätzliches Freiraumangebot Der Urban Gardening-Katalog darf nicht als abschließendes Sammelwerk, sondern muss als fortschreibbares Kompendium verstanden werden. Die Gesamtheit der neuen Freiraumnutzungen zu erfassen ist im Rahmen der Arbeit nicht leistbar. Aufgrund der Dynamik und Weiterentwicklung der neuen Nutzungen ist zudem davon auszugehen, dass sich das Nutzungsspektrum in Zukunft um weitere Ausprägungsformen erweitern wird. Die vielfältigen sozialen, kulturellen und ökonomischen Bedeutungen von Urban Gardening wurden durch die Beispiele verdeutlicht. Hierauf soll nicht weiter eingegangen werden, da der Interessensschwerpunkt der Arbeit auf der Freiraumversorgung liegt. Urban Gardening kann eine qualitätssteigernde und qualifizierende Wirkung auf unterschiedliche öffentliche Räume haben. Nutzungsbeispiel – II Das untersuchte Beispiel des öffentlichen Nutzgarten „Keimzelle“ hat verdeutlicht, dass Urban Gardening zu einer qualitativen Nutzungsanreicherung von vorhandenem (formellem) Freiraum führen kann. Hierbei wird eine öffentliche Grünfläche um eine neue, kommunikative und nachbarschaftlich getragene Gartennutzung bereichert und so die Fläche in Teilen neu programmiert und weiter geöffnet.
Nutzungsbeispiel – III & IV Sowohl die untersuchten Beispiele der „StraßengrünNutzungen der lokalen Ökonomie“ und die anwohnergestützen „Klein(st)gärten“ haben verdeutlicht, dass durch Urban Gardening neue urbane Qualitäten generiert werden können. Hierbei werden monofunktionale Verkehrs- und Straßenräume (zurück) erobert und zu Freiraum transformiert. Gleichzeitig kann Urban Gardening ein zusätzliches, halböffentliches Flächenagebot schaffen. Nutzungsbeispiel – I Das Beispiel des Gemeinschaftsgarten „Gartendeck“ hat gezeigt, dass Urban Gardening ein zusätzliches Freiraumangebot in Form von neuen Flächen schaffen kann. Durch die neue Nutzung wird eine ehemals brachliegende, private Fläche aktiviert und als zusätzliches, halböffentliches Freiraumangebot dem Quartier zugeführt. Nutzungsbeispiel – V Als interventionistische Ausprägungsform des Urban Gardening bildet das Guerilla Gardening dagegen eher eine neue Spielart der individuellen Raumaneignung. Eine Wirkung im Sinne eines übergeordneten Mehrwerts für die Freiraumversorgung lässt sich beim Guerilla Gardening nicht erkennen. Guerilla Gardening ist somit für die weitere Arbeit nicht weiter von Relevanz.
Qualität vs. Quantität
Rechenspiel
In der Erhebung konnten nicht immer exakte Flächengrößen ermittelt werden. Dieser Schritt würde – aufgrund der vielen Einzelflächen – den Zeittrahmen und den Umfang der Arbeit übersteigen.
Addiert man die einzelnen Flächen der untersuchten Nutzungen, so ergibt sich eine ungefähre Gesamtgröße von 4.000 Quadratmetern. Zum Vergleich: Dies entspricht in etwa der Fläche des Bertha-von-Suttner-Parks (siehe S. 77).
Nutzungsanreicherung
Zusätzliches Freiraumangebot
Der öffentliche Nutzgarten „Keimzelle“ führt zu einer qualitativen Nutzungsanreicherung von vorhandenem (formellem) Freiraum. Es wird eine öffentliche Grünfläche um eine neue, kommunikative und nachbarschaftlich getragene Gartennutzung bereichert und so die Fläche in Teilen neu programmiert und weiter geöffnet.
Der Gemeinschaftsgarten „Gartendeck“ schafft ein zusätzliches Freiraumangebot. Durch die neue Nutzung wird eine brachliegende, private Fläche aktiviert und der Freiraumversorgung des Quartiers zugeführt.
Neue urbane Qualitäten
Fotos (gesamte Seite): Eigene Aufnahmen
Die „Straßengrün-Nutzungen der lokalen Ökonomie“ und die anwohergestützen „Klein(st)gärten“ generieren neue urbane Qualitäten. Es werden monofunktionale Verkehrs- und Straßenräume (zurück)erobert und zu Freiraum transformiert.
Neue Spielart Guerilla Gardening stellt eine neue Spielart der individuellen Raumaneignung dar. Eine Wirkung im Sinne des übergeordneten Mehrwerts für die Freiraumversorgung lässt sich nicht erkennen.
127
5
HANDLUNGSANSÄTZE UND EMPFEHLUNGEN
129
Handlungsansätze und Empfehlungen Auf dem Weg zur Freiraum-Komplizenschaft
Die zukünftige Entwicklung und Bewirtschaftung der Freiräume kann nur unter konsequentem Einbezug zivilgesellschaftlicher Initiativen erfolgen. Das künftige Handeln von Planung und Verwaltung sollte also nicht nur die Konsolidierung und den Ausbau der vorhandenen Nutzungen und Bewirtschaftungen beinhalten, sondern gleichzeitig die Förderung neuer Verantwortungsgemeinschaften einschließen und ermöglichen. Urban Gardening zeigt eine Möglichkeit der Integration zivilgesellschaftlichen Engagements in die Schaffung und Bewirtschaftung städtischer Freiräume. Bislang sind die Reaktionen auf die neuen Urban Gardening-Nutzungen von Seiten der Planung und Verwaltung eher zurückhaltend. Von öffentlicher Seite gibt es derzeit wenig Anreize Verantwortung zu übernehmen, sodass die Bewegung aktuell auf dem überdurchschnittlichen Engagement einzelner Akteure basiert. Das ist bemerkenswert! Vor diesem Hintergrund lässt sich jedoch das Potential von Urban Gardening für die Freiraumversorgung nur erahnen und es besteht die Gefahr, dass ein großer Teil der „zivilen Energie“ verpufft. Dies betrifft sowohl die Qualität der Nutzungen und Bewirtschaftungsmodelle, die sich nicht immer in dem erforderlichen Maße entfalten können, als auch die Quantität. Bei der Betonung und Einbeziehung zivilgesellschaftlicher Initiativen sollte jedoch darauf geachtet werden, dass öffentliche Flächen nicht zum alleinigen „Spielplatz“ kleinerer, eloquenter Teilgruppen werden und damit einer breiteren Öffentlichkeit entzogen werden. Aspekte wie Partizipationgrad der Nutzun-
gen, Offenheit und Schaffung von Anknüpfungspunkten für weitere Nutzungen müssen mitgedacht werden und in diesem Sinne ein öffentlicher Freiraum erhalten bleiben. Zudem stehen öffenliche wie auch private Brachflächen in dichten, innerstädtischen Quartieren unter dem Druck vielfältiger Nutzungsansprüche, die (im Idealfall) im Sinne des Allgemeinwohls verhandelt werden sollten. Diese Offenheit muss bestehen bleiben. Handlungsansätze und Empfehlungen Welche Handlungsbedarfe ergeben sich daraus für die Planung und Verwaltung – wie sollte und kann den neuen Freiraumnutzungen von öffentlicher Seite begegnet werden – und welche Bedürfnisse bestehen auf ziviler Akteursseite? Die derzeitigen Handlungswerkzeuge auf Seiten der Stadt sind begrenzt, adäquate Beteiligungsansätze müssen erst entwickelt werden, um Urban Gardening als Bestandteil einer innerstädtischen Freiraumversorgung stärker zu fördern und dennoch den nötigen Entfaltungsspielraum der neuen Nutzungen zu gewährleisten. Aufbauend auf den Erkenntnissen der untersuchten Beispiele und den geführten Akteursinterviews werden Handlungsansätze und Empfehlungen formuliert, die die Planung und Verwaltung zu einer bedarfsgerechten Förderung von Urban Gardening als integrierten Bestandteil der Freiräume befähigen sollen. Auf diesem Wege soll die Konsolidie-
rung der vorhandenen Nutzungen erreicht und die Stimulierung weiterer Nutzungen, in Anlehnung und Inspiration der untersuchten Beispiele, ermöglicht werden. Gleichzeitig wird mit den Handlungsansätzen skizziert, wie und unter welchen Voraussetzungen das Zusammenspiel zwischen öffentlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren zukünftig optimiert werden kann. Die formulierten Handlungsansätze und Empfehlungen bauen dabei inhaltlich auf den bereits vorhandenen organisatorischen Strukturen des bestehenden Beteiligungsangebot der Hamburger Grünpatenschaften (siehe S. 57) auf und können als konsequente Weiterentwicklung und zeitgemäße Fortschreibung verstanden werden. Auch wenn die Grünpatenschaft aktuell bereits Anwendung als Basis der „Zusammenarbeit“ zwischen Stadt und unterschiedlichen Urban Gardening-Akteuren findet, so eignet sich die Pflege-Patenschaft doch nur bedingt. Sie stößt in der Praxis schnell an inhaltliche und nutzungsrechtliche Grenzen. Die Grünpatenschaft ist als eindimensionales Beteiligungswerkzeug konzipiert, dass es
Bürgern und Unternehmen ermöglicht, sich in Form von (weitestgehend vorgegebenen) Pflege(dienst) leistungen öffentlich einzubringen. Die Patenschaft zielt jedoch nicht darauf ab, neue Freiraumnutzungen zu ermöglichen bzw. zu fördern. Sie wird den Ansprüchen der neuen Freiraumnutzung nicht gerecht und kommt im Fall der untersuchten Beispiele vor allem aufgrund von Mangel an Alternativen zum Einsatz. Die nachfolgenden Handlungsansätze und Empfehlungen hingegen fokussieren Urban Gardening als neue Nutzung und sollen die Förderung dieser als Bestandteil der Freiräume bestärken. Eine Ideenvorlage für die Verwaltung Die formulierten Handlungsansätze und Empfehlungen sind als Ideenvorlage für die Hamburger Planung und Verwaltung gedacht. Unter der Voraussetzung der konsequenten Ausarbeitung können die entwickelten Ansätze möglicherweise in einem konkreten Verfahren münden.
Hintergrund Die gewählte Bezeichnung „Freiraum-Komplizenschaft“ entsteht in freier Anlehnung an die kulturtheoretischen Überlegungen zur „Komplizenschaft“ als Modell kreativer Zusammenarbeit von Gesa Ziemer (vgl. Ziemer: 2012). In der vorliegenden Arbeit wird dabei die Wortgebung „Komplizenschaft“ und die positive Begriffsdeutung der Autorin im Sinne einer kreativen Zusammenarbeit zwischen zwei Akteuren, die „...eng miteinander verflochten zur Tat schreiten“ (ebd. S. 12) übernommen. Eine Komplizenschaft unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von einer Patenschaft: Eine „Komplizenschaft“ beschreibt den Personen-Zusammenschluss einer gemeinsam ausgeführten „Tat“. Ein Komplize ist „… jemand, der an einer Straftat beteiligt ist. Synonyme sind Mittäter, Helfershelfer, Gehilfe, (…). Die ursprüngliche Wortbedeutung besteht aus der lateinischen Vorsilbe com „zusammen mit“ und aus plectere „flechten“, „ineinanderfügen“. Also ist der Täter mit seinem Komplizen sozusagen „zusammengeflochten““ (Internetangebot: Wikipedia Deutschland / Artikel zuletzt geändert am 14.08.2011).
unterscheidet sich von einer Partnerschaft (…) darin, dass die beiden Teilnehmer nicht gleiche Rechte und Pflichten besitzen, sondern eine einseitige Fürsorgeaufgabe wahrgenommen wird“ (Internetangebot: Wikipedia Deutschland / Artikel zuletzt geändert am 11.12.2011). Hintergrund ist die Bedeutungszunahme, welche dem konstruktiven Zusammenspiel zwischen öffentlichen und privaten Akteuren zukommt. Nur gemeinsam und in enger Zusammenarbeit der an der Entwicklung der Freiräume beteiligten öffentlichen und privaten Akteure, können neue Methoden erprobt und so ein längerfristig wirkendendes, innovatives Verfahren zur Einbindung neuer Nutzungen in die Freiräume entwickelt werden. Die formulierten Handlungsansätze können für diesen zukünftigen, gemeinsamen Weg erste Ideen liefern. Dabei wird versucht das Verhältnis zwischen öffentlicher und privater Seite teilweise neu zu verhandeln und den Wechsel von der einseitigen (Grün)Patenschaft zu einer kollektiven (Freiraum)Komplizenschaft vorzubereiten. Die gemeinsame Tat der zukünftigen öffentlich-privaten Komplizenschaft heißt hierbei: Die Qualität der Freiräume stärken und die Lebensqualität der verdichteten Stadt ausbauen.
Eine „Patenschaft“ hingegen bezeichnet „... die freiwillige Übernahme einer Fürsorgepflicht... . Eine Patenschaft
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Verfügungsfonds
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Freiraumbeirat
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Freiraumbeirat € ng ru zie an Fin
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Private Wirtschaft einbinden
Aktive,zivile zielgerichtete Eindeutige Adressaten fokussieren
Eindeutige zivile
Auf Verwaltung aufbauen Eindeutige Bewerbung zivile Auf Verwaltung aufbauen Adressaten Mit der Hamburger Grünpatenschaft steht derzeit ein fokussieren Aus den in der Arbeit untersuchten Urban GardeningAdressaten fokussieren universelles – und gleichzeitig alles-leisten-müssende Beispielen leiten sich dabei folgende Zielgruppen ab: – „Werkzeug“ zur Einbindung zivilgesellschaftlicher Kräfte in den Unterhalt von Freiräumen zur Verfügung.
Zusätzliche Anreize Aktive, zielgerichtete • Anwohner (Einzelpersonen oder kleinere Hausschaffen Bewerbung
gemeinschaften) / (geringer Organisationsgrad)
Ein öffentliches Angebot an neue Verantwortungsträ• ger sollte eindeutige zivile Empfänger adressieren. 2017 Die unterschiedlichen Zielgruppen müssen sich dabei aus dem spezifischen Flächen- und Nutzungsanspruch der neuen Nutzung sowie dem Organisations• weiterer Vergabekriterien gradEinbindung der Verantwortungsgemeinschaft ableiten.
31
Fachbehörden und
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2017 (kleine gastronomische BeLokale Ökonomie triebe, Kioske und Ladengeschäfte) / (mittlerer Organisationsgrad)
31
Initiativen (nichtkommerzielle Initiativen, VerTestlauf eine und Interessengemeinschaften) / (hoher Organisationsgrad) Pilotprojekt
Handlungs- und Testlauf Pilotprojekt Gestaltungsspielraum
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ohne gegenseitige ein festes ‚weiches‘ RegelwerkAbmachungen und Handlngsspielräume Regelwerk aus, um Rechte und Pflichten der Nutzung Alternative gewähren von Freiräumen verlässlich festzulegen. Nur so kann §
Regelwerk
der solide Betrieb von Freiräumen sichergestellt werden. Gleichzeitig muss dieses unverhandelbare und für alle gleichermaßen geltende „harte Regelwerk“ um weitere individuelle Regeln ergänzt werden. Die untersuchten Beispiele zeigen, das die Vereinbarungen oftmals aus dem Kontext der Projekte heraus verhandelt werden müssen und demnach an die jeweilige Situation angepasst werden sollten. Dieses „weiche“ Regelwerk muss je nach Nutzung und Akteurskostellation entwickelt und angepasst werden.
‚weiches‘ Alternativ
Die Vergabe von öffentlichen Flächen erfolgt nur für einen befristeten Zeitraum Die Vergabe erfolgt dabei eindeutigen und nachvollziehbaren Vergabekriterien
§ Die Nutzung der Fläche ist zweckgebunden und erfolgt im Sinne der Übernahme einer gemeinnützigen Unterhaltsaufgabe § Der Öffentlichkeitsgrad der Fläche darf durch die Nutzung nicht wesentlich eingeschränkt werden § Die Hauptnutzung der Fläche oder angrenzender Flächen darf durch die neue Nutzung nicht wesentlich beeinträchtigt werden (z.B. Fußgänger- und Automobilverkehr, ruhender Verkehr, Aufenthalt, etc.) § Die Übernahme der Fläche ersetzt nicht die Verkehrssicherungspflicht der Bezirke § ... § ... das Regelwerk ist fortzuschreiben
Finanzierung
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Zusätzliche Anreize Aktive, zielgerichtete Grundlage des geschaffenen Anreizsystems müssen Eindeutige zivile Es müssen zielgruppenspezifische Anreize geschaffen ein Pilotprojekt der FHH dabei die spezifischen Ansprüche und Bedürfnisse schaffen Bewerbung werden, die dazu anregen, Verantwortung für öffentAdressaten fokussieren der Nutzer sein. Während bei einzelnen Anwohnern
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Zusätzliche Anreize
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Testlauf Pilotprojekt
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und bürgerschaftlichen Zusammenschlüssen eher der Bedarf von finanziellen und materiellen Bezuschussungen im Vordergrund steht, sind für die lokale Ökonomie vor allem zusätzliche Nutzungsrechte des Finanzierung Privatevon Wirtschaft öffentlichen Raumes Interesse. Bei privatwirt-Verfügungsfonds einbinden schaftlichem Engagement können so zum Beispiel zusätzliche Außengastronomie- oder Warenauslageflächen vergeben oder Teile der Sondernutzungsgebühren (geregelt durch die Gebührenordnung, HmbGVBl) erlassen werden. €
31
Grundsätze
Verfügungsfonds
Die Freiraum-Komplizenschaft
Zusätzliche Anreize schaffen
Auf Verwaltung aufbauen
liche Räume zu übernehmen. So können bestehende zivile Verantwortungsgemeinschaften gestützt und zusätzliche stimuliert werden. Anreize können dabei sowohl über die finanzielle und materielle Bezu2017 schussung von einzelnen Vorhaben als auch über die „Belohnung“ mit zusätzlichen (z.B. gewerblichen) Nutzungsrechten öffentlicher Flächen geschaffen werden.
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zivile VergabekriterienEindeutige Adressaten fokussieren öffentlicher Flächen
Handlungs- und Einbindung weiterer Vergabekriterien ok ok und Gestaltungsspielraum Fachbehörden öffentlicher Flächen einräumen GestaltungsspielräumeVerwaltungen zulassen und DIY-Ästhetik
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Selbstgemachte Freiräume sind immer auch eigengete und vor allem selbstbestimmte Räume. Urban ok ok staltete Räume. Urban Gardening-Nutzungen grenGardening-Projekte bedürfen ein hohes Maß an zen sich durch ihre architektonische Ausgestaltung Handlungsspielraum. Ein bestimmtes‚weiches‘ Regelwerk ist ‚hartes‘ Regelwerk Regelwerk ‚weiches‘ Regelwerk bewusst von der Werkästhetik öffentlicher Freiräume unverzichtbar (siehe „hartes Regelwerk“), um den Alternative ‚hartes‘ Regelwerk ‚weiches‘ Regelwerk ab. Dabei ist die Selbstbauweise nicht – wie‚weiches‘ man Regelwerk sicheren Betrieb der öffentlichen Räume zu gevermuten könnte – der Ausdruck fehlenderAlternative materiwährleisten. Darüber hinaus dürfen weitere Regeln eller oder finanzieller Mittel, sondern kann auch ein nicht zu eng gefasst und ausgelegt werden, um nicht Grundsatz der Gestaltung sein. Was für den Landkontraproduktiv auf die neue Nutzung zu wirken. Hier muss die Maxime lauten: so viele Regularien wie nötig schaftsgärtner von außen nach „schäbigen alten und so viel Handlungsspielraum wie möglich. Paletten“ aussehen mag, ist für neue Freiraumnutzer das selbstgebaute, „urbane Garten-Chic“. Die professionelle Werkästhetik der Landschaftsarchitektur darf Derzeit werden mit der Hamburger Grünpatenschaft also nicht als Maßstab der Gestaltungsbewertung nur sehr geringe Spielräume gegenüber den Paten eingeräumt. Starre Nutzungsvorhaben und -verbote neuer Nutzungen gelten. Die Selbstbauweise und wirken dabei nicht nur einengend, sondern teilweise „Do-It-Yourself-Ästhetik“ muss als genuiner Bestandteil der neuen Nutzung akzeptiert werden. kontraproduktiv (Beispiel: konsequenter Ausschluss von Gewerbenutzung). Es müssen nicht immer Stiefmütterchen und die geschwungene Parkbank sein: Die Verantwortungsübernahme von Freiräumen muss an ein hohes Maß der Gestaltungsfreiheit gekoppelt sein. Derzeit werden mit der Hamburger Grünpatenschaft nur sehr geringe Spielräume gegenüber den Paten eingeräumt. Genaue Gestaltungsvorgaben sind für die reine Pflege(dienst)übernahme sicherlich unverzichtbar, im Fall von Urban Gardening wirken sie jedoch einengend und eher demotivierend. 133
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sfonds Freiraumbeirat Freiraumbeirat Einbindung weiterer Handlungs- und Eine Vergabe öffentlicher Flächen an zivile VerantGestaltungsspielraum Fachbehörden und wortungsträger muss eine starke Rückendeckung aus dem Stadtteil Verwaltungen / der Stadtteilbewohner erfahren. einräumen
Ähnlich wie der im Hamburger Stadtteilsanierungsverfahren vorhandene Sanierungsbeirat, bietet sich ein Freiraumbeirat an. Der Freiraumbeirat ist ein Beteiligungsgremium, welches sich aus ehrenamtlichen Bürgern zusammensetzt. Im Beirat können sich somit interessierte Anwohner engagieren und über die Freiraumentwicklung des Stadtteils mitentscheiden. Gleichzeitig bildet das Gremium als AnwohnervertreAuftung Verwaltung aufbauen der Flächenvergabe die Legitimationsgrundlage aus dem Quartier.
vile okussieren
Eindeutige Vergabekriterien öffentlicher Flächen
Testlauf Vergabekriterien Die Vergabe öffentlicher Flächen an private VerantPilotprojekt öffentlicher Flächen wortungsträger muss nach eindeutigen und nach-
ok
vollziehbaren Kriterien erfolgen. Öffentliche Flächen dürfen nicht als exklusives Gut nur einem kleinen Nutzerzirkel zur Verfügung stehen. Die Flächen müssen auch mit der Vergabe von Nutzungsrechten ihren öffentlichen Charakter beibehalten. Dies muss stets oberstes Gebot bei der Vergabe sein. ok Während kleinere Flächen, wie Straßenbegleitgrün und Baumscheiben weiterhin je nach Bedarf vergeben werden können, muss es für größere öffentliche Flächen wie Teilbereiche von Parks oder Grünflächen ein klares Vergabeverfahren geben, welches eine öffentliche Ausschreibung beinhaltet. Regelwerk Handlngsspielräume
öffentlichen Sitzungen wird über‚weiches‘ hartes‘ RegelwerkIn regelmäßigen, ‚weiches‘ Regelwerk die aktuelle Entwicklung und Nutzung oder geplante AlternativeZudem muss die Vergabe öffentlicher gewähren Umgestaltung der öffentlichen Räume diskutiert. Flächen auf Hierbei kann das Gremium Einfluss auf die Vergabe öffentlicher Flächen an private Verantwortungsträger 2017 nehmen, in dem es Empfehlungen ausspricht oder Einwände erhebt, die wiederum an die politischen Entscheidungsträger weitergegeben werden. Darüber hinaus kann der Freiraumbeirat durch einen Verfügungsfonds über ein eigenverwaltetes Budget bestimmen, mit dem Urban Gardening-Projekte finanziell Testlauf gefördert werden können. Der Beirat nimmt somit Pilotprojekt neben seiner beratenden Funktion aktiven Einfluss auf die Entwicklung der Freiräume.
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Verfügungsfonds
Freiraumbeirat
Mit dem Verfügungsfonds verfügt der Freiraumbeirat über ein flexibles Budget, dass an Urban Gardening-Projekte vergeben werden kann. Der VerHandlngsspielräume fügungsfonds umfasst 25.000 Euro (ermittelt über gewähren Vergleichswert des Verfügungsfonds des Sanierungsbeirat Sternschanze / St. Pauli) pro Jahr und dient Eindeutige zivile Auf Verwaltung aufbauen der unbürokratischen Starthilfe von Projekten. EinzelAdressaten fokussieren ne Vorhaben können dabei mit maximal bis zu 3.000 Euro unterstützt werden. Die Förderung wird auf Grundlage einer demokratischen Mehrheitsentscheidung der Mitglieder des Beirats an Projekte vergeben, 2017 die einen Antrag auf Unterstützung stellen.
Verfahren
erichtete
Verfügungsfonds
31
Vergabekriterien öffentlicher Flächen
Testlauf Pilotprojekt
der Legitimationsgrundlage der Quartierbewohner geschehen. Aus diesem Grund sollte die Vergabe größerer Flächen unter Einbezug des Freiraumbeirates erfolgen. Dieser kann Empfehlungen aussprechen und Einwände erheben, die bei der Vergabe berücksichtigt werden müssen.
Eigene Darstellung
Typ B: private Fläche
Typ A: öffentliche Fläche
Initiative / Verein
• Brachfläche • Abstandgrün Wohnungsbau • sonstige Freifläche
• Teilbereich Grünfläche • Teilbereich Park
• Straßenbegleitgrün • Abstandsflächen • gegeignete Straßenbaumscheibe(n)
ab 1.000 m2
500 1.000 m2
-
-
• Straßenbegleitgrün • Abstandsflächen • geeignete Straßenbaumscheibe(n)
Anwohner
Lokale Ökonomie
Größe
Flächentyp
Verfahren
Angebot richtet sich an:
135
min. 1 Jahr (nach Möglichkeit länger)
2 Jahre
2 Jahre
1 Jahr
Dauer der Flächenvergabe
Ausschreibung
Ausschreibung
freie Vergabe (je nach Bedarf)
freie Vergabe (je nach Bedarf)
Vergabeverfahren
halböffentlicher Gemeinschaftsgarten (Vorbild Gartendeck)
öffentlicher Gemeinschaftsgarten (Vorbild Keimzelle)
gastronomische Nutzung
Klein(st)garten
Urban GardeningNutzung
12 Monate
12 Monate
6 Monate
keiner
Probebetrieb
-
halbjährlich
regelmäßig (verschärft)
unregelmäßig (locker)
Kontrolle durch die Stadt
finanzielle Bezuschussung (max. 3.000 Euro)
finanzielle Bezuschussung (max. 3.000 Euro)
Gewährung von Sondernutzungsrecht (oder teilweiser Gebührenerlass)
materielle Unterstützung (z.B. durch Materialgutschein)
Anreiz
ja
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(straßenweiser Entscheid über Ausmaß der Nutzung)
ja
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Zustimmung Freiraumbeirat notwendig
Bewerbung
Adressaten fokussieren
2017
31 Einbindung weiterer Fachbehörden und
Freiräume kann nur ressortübergreifend unter Ein-
auch weiterer, informeller Freiraum einen qualifizierten Beitrag innerhalb der Versorgungsstruktur leistet, kommt es zu einer verstärkten Überschneidung unterschiedlicher Planungs- und Verwaltungszuständigkeiten. Die Entwicklung der Freiräume erfordert ok das Zusamok demnach einen intensiven Einbezug und menspiel von unterschiedlichen Fachbehörden und Verwaltungen.
Bereich der Verkehrs- und Straßenräume vor allem die Zuständigkeitsbereiche der Verkehrsplanung. Somit muss die verstärkte Zusammenarbeit mit dem „Amt V – Verkehr und Straßenwesen“ (angesiedelt in der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation) forciert werden.
Verwaltungen weiterer Behörden und Verwaltungen Einbindung Testlauf Vergabekriterienbezug aller zuständigen gelingen. Fachbehörden und Pilotprojekt öffentlicher Flächen Da die Freiraumbedarfe nicht alleinig durch die klasVerwaltungen sischen grünen Freiräume gedeckt werden, sondern Im Fall der vorliegenden Arbeit betrifft dies im
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Gleichzeitig müssen diese neu einbezogenen Planungs- und Verwaltungsstellen in die Freiraum‚weiches‘ Regelwerk ‚weiches‘ Regelwerk Thematik stark verdichteter Quartiere „eingeweiht“ werden. Nur so kann das Interesse für neue Wege Alternative geweckt und letztendlich eine konstruktive Zusammenarbeit gelingen. Gerade die kontroverse und ressort-verteidigende Diskussion über Shared Spaces in Hamburg (vgl. siehe S. 52) zeigt, dass dies nicht immer einfach ist. Nichtsdestotrotz ist es sinnvoll und vor allem notwendig, denn eine Entwicklung der
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Es betrifft aber auch andere städtische Verwaltungsbereiche, wie zum Beispiel die der öffentlichen Immobilien- und Liegenschaften. Die Verwaltungsgesellschaft Sprinkenhof AG (SpriAG) verwaltet im Auftrag derHandlngsspielräume Stadt große Anteile des öffentlichen Liegenschaftsbesitz nach privatwirtschaftlichen Grundgewähren sätzen (vgl. Internetangebot: SpriAG). Das Portfolio umfasst dabei auch unbebaute Grundstücke, die eine derzeitige oder zukünftige Freiraumfunktion erfüllen (zum Beispiel das Grundstück des Gartendecks).
Freiraum-Komplizenschaft
Pilotprojekt der FHH
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Private Wirtschaft als Sponsor gewinnen
Private Wirtschaft
Zusatzoption
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Unter der Wahrung bestimmter Grundsätze und in eieinbinden nem regulierten Ausmaß können Allianzen mit privatwirtschaftlichen Unternehmen eingegangen werden. Durch Sponsoring können so zusätzliche finanzielle und materielle Ressourcen generiert werden. Als mögliche Sponsoring-Partner bieten sich zum Beispiel Baumärkte an, da diese sich mit ihrem Angebot speziell an ein Selbstbau-Publikum richten. Der Baumarkt-Filialist Hornbach greift bereits auf Erfahrungen der amateurorientierten Projektarbeit mit Stadtbezug zurück. Mit der Aktion „Mach es zu deinem Projekt“ wurdenzielgerichtete im Jahr 2010 durch das UnAktive, ternehmen zehn öffentlichkeitswirksame SelbstbauBewerbung projekte mit Materialkosten von jeweils bis zu 15.000 Euro unterstützt. Unter den realisierten Projekten waren unter anderem zwei innerstädtische Freiraum-
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vorhaben: ein Do-It-Yourself-Spielplatz für Senioren sowie die Zwischennutzung „Kuh-Watching“ als temporäre Erlebnislandwirtschaft auf einer Brachfläche in Berlin Kreuzberg (vgl. Internetangebot: Hornbach Baumarkt). Für die Förderung neuer Freiraumnutzungen kann ein Unternehmen wie Hornbach als Projektpartner und / oder Materialsponsor gewonnen Verfügungsfonds Freiraumbeirat werden. Sponsoring-Bündnisse mit der privaten Wirtschaft sind jedoch mit besonderer Vorsicht zu genießen. Es ist wichtig, dass sich die öffentliche Hand in keine zu große Ressourcen-Abhängigkeit begibt. Die Zusammenschlüsse sollten auf einmalige Aktionen beschränkt werden. Auch darf der Freiraum als öffentliches Gut durch die Einbindung von privatwirtschaftlichem Sponsoring nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Die Gefahr ist groß, dass die Forderungen nach einem repräsentativen Ausdruck der Unternehmen durch Werbung im öffentlichen Raum als Anerkennung ihrer Leistung deutlich werden. ÖfEindeutige zivile Auf Verwaltung fentlicher Freiraum darf nicht im privatwirtschaftlich Adressaten fokussieren kommerziellen Interesse als „Brandscape“ (vgl. Eisel; Körner: 2007 S. 130) missbraucht werden und als Aushängeschild von Unternehmen dienen.
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Private WirtschaftVerfügungsfonds einbinden einbinden „Und wer soll das bezahlen?“ Mit dieser Nachfrage
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Private Wirtschaft Finanzierung
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Finanzierung Finanzierung
Kompensation desolater öffentlicher Haushalte und politischer Schieflagen dienen. Der Spareffekt kann lediglich eine positive Begleiterscheinung sein.
Freiraumbeirat Verfügungsfonds
werden Veränderungsvorschläge in der Politik und Verwaltung allzu oft zurückgewiesen, bevor sie überhaupt wirklich diskutiert, geschweige denn erprobt werden konnten. Auch der Ausbau neuer Verwaltungs- und Planungsbereiche kommt nicht ohne finanzielle Mittel aus. Vor allem der personelle Mehraufwand zurzielgerichtete VerfahZusätzliche Anreize Aktive, rensbetreuung, aber auch die bereitgestellten schaffen BewerbungMittel Zusätzliche Anreize zur Unterstützung von Urban Gardening-Projekten (durch den Verfügungsfonds) und die zielgerichtete schaffen Bewerbung eines neuen Beteiligungsangebots kosten Geld. Das Einstellen zusätzlicher öffentlicher Gelder für neue Aufgabenbereiche der Verwaltung ist also unumgänglich. Es sollte jedoch versucht werden auf vorhandenen Verwaltungsstrukturen aufzubauen. Mit der bereits seit 2005 bestehenden Initiative Hamburger Grünpatenschaften verfügt die Stadt bereits über eine eigens eingerichtete Koordinierungsstelle zur BeraHandlungsund Einbindung weiterer tung und Vermittlung von patenschaftsinteressierten Fachbehörden und Gestaltungsspielraum Bürgern an die Bezirke. Wenn auch seit einiger Zeit Verwaltungen einräumen aufgrund von personellen Einsparungen nur noch in Handlungsund einem „Sparbetrieb“ geführt (vgl. siehe S. 58), bietet das in der BSU angesiedelte Controlling der GrünpaGestaltungsspielraum tenschaften eine gute Basis für den Ausbau neuer einräumen Bereiche der zivilgesellschaftlichen Verantwortungsübernahme von Freiräumen.
Lassen sich auch öffentliche Einsparungen erzielen? ‚hartes‘ Regelwerk Auch wenn gerade diese Frage hinsichtlich der defizitären öffentlichen Haushaltslage zunehmend an Bedeutung gewinnt, muss sie mit ja und nein beantwortet werden. Ja, denn durch die Reduktion von Pflegeaufwand können sich mittelfristig sicherlich Einspareffekte der öffentlichen Hand ergeben – auch wenn diese Einsparungen vermutlich schwer im Detail messbar sein werden. Nein, da die Einsparungen kein zentrales Kriterium zum Messen des Erfolgs sein dürfen. Urban Gardening – und ziviles Engagement im Generellen – darf keineswegs als direktes Mittel zur
Auf Verwaltung aufbauen
men wird. Hierzu ist eine zielgerichtete Bewerbung von öffentlicher Seite notwendig. Die Bewerbung sollte neben dem obligatorischen Internetauftritt 2017 und Informationsbroschüren auch weitere, aktive Werbeformen wie zum Beispiel Stadtteil-Plakate oder Wurfsendungen einschließen, die gezielt auf die neuen Möglichkeiten aufmerksam machen.
31
Vergabekriterien
Testlauf
Gleichzeitig sollte die Bewerbung unter Einbezug rePilotprojekt öffentlicher Flächen levanter Multiplikatoren geschehen. So zum Beispiel der Handelskammer Hamburg. Als Interessenvertretung der privaten Wirtschaft, ist die Handelskammer Einbindung weiterer Vergabekriterien auch an der Versorgung der Stadt mit qualitativen Fachbehörden und öffentlicher Flächen Freiräumen interessiert. Bereits jetzt arbeitet die Verwaltungen Handelskammer im Rahmen des Beteiligungsmodellsokder Hamburger Grünpatenschaft mit der Stadt ok zusammen. Neben der Beteiligung an der inhaltlichen Entwicklung, bewirbt sie das Angebot auf ihrem Internetauftritt sowie in der auflagenstarken Mitgliederzeitschrift „Hamburger Wirtschaft“ (vgl. Handelsok ok kammer Hamburg: 2006). Diese Kooperation sollte ‚weiches‘ Regelwerk Handlngsspielräume aufrechterhalten bleiben und ausgebaut werden. Alternative gewähren Adressat ist hierbei vor allem die lokale Ökonomie. Denkbar sind zudem Kooperationen mit weiteren Multiplikatoren unterschiedlicher Wirtschafts-, Kultur-, sowie Sozial- und Bildungsbereiche.
‚weiches‘ Regelwerk
Bewerbung
Finanzierung
Zusätzliche finanzielle Mittel können im Falle von konkreten Pilotprojekten ggf. durch nationale Fördertöpfe, wie zum Beispiel das Programm der „Nationalen Stadtentwicklungspolitik“ des‚weiches‘ Bundesministerium für ‚hartes‘ Regelwerk Regelwerk Verkehr, Bau und Stadtentwicklung generiert werden.
Aktive und zielgerichtete Eindeutige zivile Bewerbung
Adressaten fokussieren Aktive, zielgerichtete Eindeutige Neue Möglichkeiten der Beteiligung können nur ihre zivile Bewerbung gewünschte positive Wirkung entfalten, Adressaten wenn das An- fokussiere gebot von zivilgesellschaftlicher Seite rege angenom-
‚weiches‘ Regelwerk
Für die öffentliche BewerbungAlternative macht die Diplomarbeit durch die Entwicklung von möglichen Bildmotiven erste Vorschläge (siehe S. 138-141). Die unterschiedlichen Motive zeigen, wie eine zielgruppenorientierte Bewerbung aussehen könnte. Dabei orientieren sich die Motive an den Corporate DesignVorgaben der „Marke Hamburg“ (vgl. FHH, Hamburg Marketing GmbH: 2007b), setzen in ihrer Gestaltung jedoch gleichzeitig einen bewussten Gegenakzent um dem Individualitätsgrad der Akteure entgegen zu kommen.
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„Bei mir im Café sitzen alle Gäste auf der Straße.“ Café-Besitzer Giovani P. aus St. Pauli
WERDE FREIRAUM-KOMPLIZE Ein Jahr um die Freifläche vor dem Café oder Restaurant kümmern & Vergünstigungen der Sondernutzungsgebühren erhalten* * Abhängig von den räumlichen Vorortbegebenheiten und gemäß der öffentl. Gebührenordnung (HmbGVBl)
Freiraum-Komplizen Bildmotiv: Eigene Darstellung
„Offensive Freiraum selber machen“
Fiktives Werbemotiv I Das Angebot richtet sich an die lokale Ökonomie und adressiert kleinteilige Gastronomiebetriebe, Kioske und Ladengeschäfte.
„Wir übernehmen die Regie in unserem Park jetzt selber.“
Anwohner-Zusammenschluss aus St. Pauli
„Ich wohne mitten in Schanzpauli. Und ich habe einen Garten.“
Anwoherin Andrea M. aus St. Pauli
WERDE FREIRAUM-KOMPLIZE Ein Jahr öffentlichen Vorgarten pflegen + 100 € Gartenmaterialgutschein erhalten* * gesponsert durch Hornbach im Rahmen der Aktion „Mach es zu deinem Garten“
Freiraum-Komplizen „Offensive Freiraum selber machen“
Bildmotiv: Eigene Darstellung
Fiktives Werbemotiv II Das Angebot richtet sich an Quartierbewohner und adressiert Einzelpersonen und kleinere Anwohnergruppierungen.
„Bio-Supermarkt? Wir bauen unsere Gurken selber an.“ Anwohnerin Gerlinde K. aus der Sternschaze
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„Wir übernehmen die Regie in unserem Park jetzt selber.“
Anwohner-Zusammenschluss aus St. Pauli
WERDE FREIRAUM-KOMPLIZE Gartenprojekt auf einer öffentlichen Grünfläche umsetzten & bis zu 3.000€ Starthilfe erhalten* * als einmalige, zweckgebundene Bezuschussung aus dem Freiraum-Verfügungsfonds, bei Projekt-Bewilligung
Freiraum-Komplizen Bildmotiv: Eigene Darstellung
„Offensive Freiraum selber machen“
Fiktives Werbemotiv III Das Angebot richtet sich an Initiativen und Vereine und adressiert bestehende oder neuzugründende nachbarschaftliche, nichtkommerzielle Gemeinschaften.
„Bio-Supermarkt? Wir bauen unsere Gurken selber an.“ Anwohnerin Gerlinde K. aus der Sternschaze
WERDE FREIRAUM-KOMPLIZE Gemeinschaftsgarten gründen & bis zu 3.000€ Starthilfe erhalten*
* als einmalige, zweckgebundene Bezuschussung aus dem Freiraum-Verfügungsfonds, bei Projekt-Bewilligung
Freiraum-Komplizen „Offensive Freiraum selber machen“
Bildmotiv: Eigene Darstellung
Fiktives Werbemotiv IV Das Angebot richtet sich ebenfalls an Initiativen und Vereine und adressiert bestehende oder neuzugründende nachbarschaftliche, nichtkommerzielle Gemeinschaften.
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Übertragbarkeit Lernen von... Die vorangestellten Handlungsansätze und Empfehlungen haben ein Rahmenwerk zur Konsolidierung und Förderung von Urban Gardening als neue Nutzung von Freiräumen skizziert. Dabei wurde zunächst einmal die generelle Fördermöglichkeit zivigesellschaftlicher Verantwortungsträger sowie ein verbessertes Zusammensepiel ziviler und öffentlicher Akteure formuliert. Wie kann Urban Gardening aber als planerisch strategisches „Qualifizierungstool“ von Freiraum im Sinne der übergeordneten Zielsetzung der Freiraumplanung und der „Qualitätsoffensive Freiraum“ zur Verbesserung der Freiraumversorgung stark verdichteter und statistisch mit Freiraum unterversorgter Quartiere beitragen? Aufgrund der hohen Dichte lässt sich Freiraum in stark verdichteten Stadtquartieren nur noch im Bestand entwickeln. Somit ist zukünftig nicht nur der weitere qualitative Ausbau vorhandener öffentlicher Frei- und Grünflächen von zentraler Bedeutung, sondern es erfahren zunehmend auch die informellen Freiräume einen Bedeutugsgewinn für die Freiraumversorgung. Gleichzeitig gewinnen dabei diese Freiraumreserven mehr und mehr an strategischer Bedeutung. Lernen von... Bei der zukünftigen Entwicklung dieser Freiraumreserven kann Urban Gardening als ein möglicher Baustein zur Qualifizierung wirken. Darüber hinaus
kann Urban Gardening dazu beitragen, ein zusätzliches Raumangebot auf derzeit ungenutzen (privaten) Flächen zu schaffen und so das Versorgungsangebot weiter auszubauen. Auch wenn es sich bei den in der Arbeit untersuchten Urban Gardening-Nutzungen um im Kontext der Freiraumplanung weitestgehend unerforschte und unerprobte Pioniernutzungen handelt, so bildet Urban Gardening bereits jetzt einen konstruktiven – und zeitgemäßen – Nutzungsbaustein der Freiraumversorgung innerstädtischer Quartiere. Auf den nachfolgenden Seiten wird eine freie Übertragung der unterschiedlichen Urban Gardening-Nutzungen auf bestimmte räumliche Bereiche skizziert. Dabei dürfen die Beispiele nicht als 1:1-Schblone verstanden werden, sondern sollten als freie „Nutzungsvorlage“ im Sinnes eines „Lernen von...“ gedeutet werden. Urban Gardening unterliegt keinen starren Funktions- und Nutzungsmustern. Die Projekte werden bestimmt durch die individuelle Ausprägung ihrer jeweiligen Akteure, inspiriert und beeinflusst von den lokalen Gegebenheiten und der urbanen Umwelt. Die neuen Nutzungen können also oft nur nach dem Prinzip von „Trial and Error“ – und im Sinne einer „situativen Planung“ – gemeinsam als öffentlichzivile Freiraum-Komplizenschaft erprobt werden. Hierbei ist nicht nur das Interesse und eine hohe Bereitschaft auf Seiten der zivilen Akteure notwendig, sondern auch Mut für neue Wege auf Seiten der öffentlichen Planung und Verwaltung gefragt.
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Foto: PARK(ing) Day 2010 (c) Rebar
Straßenräume aktivieren Übergeordnetes Ziel Rückgewinnung von weiterem Straßenraum und Qualifizierung zu multifunktionalem Freiraum.
Bestimmte Straßenräume belebter Wohn- und Geschäftsstraßen bilden weit mehr als nur eine Mobilitätsinfrastruktur des städtischen Verkehrs. Die Räume leisten nicht nur einen Beitrag zur Freiraumversorgung, sondern tragen darüber hinaus als „öffentliches Wohnzimmer“ zur urbanen Qualität und dem Image des gesamten Stadtquartiers bei (vgl. siehe S. 87). Einen Beitrag zur Qualifizierung des monofunktionalen Straßenraumes zu Freiraum leisten dabei u.a. die untersuchten Urban GardeningNutzungen. Die gastronomischen Nutzungen und anwohnergetragenen Klein(st)gärter erobern Straßenraum zurück und transformieren ihn in freizeitorientierte Nutzfläche.
denen Nutzungen kontrolliert expandieren und neue etabliert werden.
Strategie
So lassen sich bereits jetzt multifunktional genutzte und durch Straßenverkehr nicht so stark belastete Straßen durch die Verdichtung neuer Nutzungen längerfristig zu „Freiraum-Street Scapes“ ausbauen. Bereits bestehende Ansätze solcher Freiraum-Streep-Scapes lassen sich u.a. in der Wohlwillstraße und Clemens-von-Schulz-Straße erkennen. Dort wird der Straßenraum bereits jetzt nicht nur punktuell um kleine „Freirauminseln“ bereichert, sondern das neue Nutzungsbild bestimmt bereits Teilbereiche der Straßenzüge maßgeblich mit und trägt zur urbanen Qualität des öffentlichen Raumes bei. Durch die Neuansiedelung und Verdichtung neuer Nutzungen kann so sukzessive weiterer Straßenraum (zurück)erobert werden.
Durch eine gezielte Ansiedelung von Urban Gardening auf geeigneten Flächen des Straßenbegleitgrün und sich andersweitig anbietenden Verkehrsflächen können weitere Nutzungen u.a. nach freiem Vorbild der bereits bestehenden etabliert werden. Gleichzeitig kann durch einen partiellen Rückbau von Verkehrsflächen in Wohnstraßen an geeigneten Stellen weiterer Raum für neue Freiraum-Nutzungen gewonnen werden. Dies kann z.B. durch den Rückbau von öffentlichen Stellplätzen oder durch bereichsweise Fahrbahnverjüngungen zu Gunsten des Fußgängerbereichs geschehen. So können die vorhan-
Gleichzeitig sollte versucht werden das vorhandene Nutzungsspektrum um weitere kleinteilige Grün und Freizeitnutzungen zu ergänzen. Nationale wie Internationale Beispiele liefern umfangreiche Anregungen für die „effiziente Verwertbarkeit“ verkehrlicher Klein(st)flächen. Experimentelle Ansätze liefert u.a. der seit 2005 jährlich international durchgeführte Aktionstag „Park(ing) Day“, bei dem innerstädtische Parkplatzflächen durch Anwohner temporär in öffentliche Kleinstparks und Grünflächen verwandelt werden (vgl. Internetangebot: Park(ing) Day) (siehe Foto im Hintergrund).
Anmerkung Es ist intensiv auf den Grad der Kommerzialisierung des öffentlichen Raumes zu achten. Die gewerblich gastronomische Nutzung darf nicht überhand nehmen. Während ein gewisser Grad gewerblicher Nutzung zu Gunsten der urbanen Qualität beiträgt, so kann ein zu hoher Grad zu Lasten der Lebensqualität des Quartiers führen. Diesbezügliche Erfahrungen wurden durch die Stadt in Schanzpauli bereits im nördlichen Bereich des Schulterblatt gemacht. Durch den teilweisen Rückbau der Straße zu Gunsten des Gehwegbereiches im Jahr 2001 / 02 zur sogenannten „Schulterblatt-Piazza“ (vgl. Hamburger Abendblatt: Ausgabe vom 26.08.2002), ist es zu einer massiven gastronomischen Nutzung des öffentlichen Raumes gekommen. Bereits seit etlichen Jahren gibt es in diesem Bereich von Schanzpauli Proteste der Anwohner gegen diese Entwicklung (vgl. Anwohnerini Schanzenviertel: 2009). Somit sollte eine gesunde Durchmischung von gastronomischgewerblicher und anwonhergestütze Nutzungen angestrebt werden.
Ein zukünftiges Nutzungsbild Hamburger Straßenräume?
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Potentielle Freiraum-Street Scapes
Das Bild zeigt einen temporären Klein(st)park in New York.
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Foto: Eigene Aufnahme
Unterforderte Grünflächen durch neue Nutzungen anreichern Übergeordnetes Ziel Nutzungsanreicherung von derzeit „unterforderten“ Frei- und Grünflächen und Qualifizierung zu nachbarschaftlich mitbestimmten Freiräumen. Auch in stark verdichteten Stadtquartieren mit einem überschaubauren Grün- und Freiflächenangebot gibt es es Flächen die in ihrer jetzigen Konfiguration wenig Qualitäten im Sinne der durch die Freiraumplanung vorgesehenen Freizeit- und Erholungsfunktion aufweisen und an die derzeit wenig erkennbare Nutzungsansprüche bestehen. Urban Gardening kann unter der Voraussetzung der teilweisen Regieabgabe von öffentlichen Zuständigkeiten und der Bereitschaft der Anwohnerschaft, zu einer qualitativen Nutzungsanreicherung von vorhandenen Freiflächen führen. Das Prinzip von nachbarschaftlich getragenen Gartenprojekten in Form von öffentlichen Nutzgärten lässt sich dabei nach freiem Vorbild der Keimzelle auch auf andere Frei- und Grünflächen übertragen, an die derzeit geringe oder keine Nutzungsansprüche gestellt werden. So kann eine Qualifizierung von derzeit unterforderten öffentlichtlichen Flächen ermöglicht werden. Der Öffentlichkeitsgrad der Flächen bleibt dadurch erhalten oder wird durch die neue Nutzung sogar erhöht. Strategie Teilbereiche von öffentlichen Frei- und Grünflächen können auf bestimmte Zeit gezielt an bereits bestehende oder neuzugründende Anwohnerinitiativen übergeben werden. So können bestehende öffentliche Grünflächen um eine neue, gemeinschaftliche Gartennutzung bereichert und die Versorgung der Quartiere mit bedarfsgerechtem Freiraum erhöht werden. Was mit der Keimzelle als „zartes Pflänzchen“ derzeit noch ein erster experimenteller und durch die Anwohner erkämpfter Anfang ist, kann probeweise auf größere Teilbereiche öffentlicher Flächen übertragen werden.
Bekräftigung für ein solches Experiment liefern u.a. ähnliche Vorhaben anderer Städte. Die Senatsverwaltung Berlin hat im Rahmen der Öffnung des ehemaligen Flugplatzes Tempelhof bereits größere öffentliche Flächen als zeitlich befristete „Pioniernutzung“ (Tempelhof Projekt GmbH: 2012) an zivilgeselschaftliche Verantwortungsgemeinschaften („Allmende-Kontor e.V. “ u.a.) aus Neukölln übergeben. Dort werden seit 2010 durch Anwohner öffentliche Nutzgärten nach ähnlichem Prinzip der Keimzelle betrieben. Die Fläche hat sich über die letzten zwei Jahre zu einer regelrechten Gartenparklandschaft entwickelt, an deren Betrieb mehre hundert Anwohner beteiligt sind (vgl. (Müller: 2011b). Im Freiraum-Atlas wurden bereits erste mögliche Grünflächen identifiziert, die sich aufgrund ihrer jetzigen Konfiguration und der derzeitigen Unterforderung für eine teilweise Flächenvergabe an urbane Gartenprojekte eignen. Die neuen Nutzungen können dabei als ein „Schlüssel“ zum Aktivieren und der längerfristigen Qualifizierung der Flächen fungieren. Gleichzeitig bildet die Gartennutzung einen offenen Anknüpfungspunkt für mögliche weitere Nutzungen und Initiativen. Für eine mögliche Vergabe bieten sich u.a. der Bertha-von-SuttnerPark und der Gählerpark an. In beiden Grünanlagen gibt es vor Ort bereits bestehende Nachbarschaftsinitiativen, die sich mit „ihrem“ Park identifizieren und bereits informell Verantwortung übernommen haben. Im Bertha-von-Suttner-Park ist dies der nachbarschaftliche Zusammenschluss „Freundeskreis Suttnerpark“ (vgl. siehe S. 77), im Gähler-Park handelt es sich um den „Nachbarschaftstreff Gählerhaus“ (vgl. siehe S. 79). Die bestehenden Initiativen bieten hierbei mögliche erste Kontaktadressen bei der Suche nach potentiellen Verantwortungsträgern und liefern gleichzeitig eine bereits bestehende organisatorische Basis. Im Suttnerpark wird durch die Initiative bereits über die bessere Nutzbarmachung des öffentlichen Parks in Form von Urban Gardening nachgedacht (vgl. siehe S. 77).
Bertha-vonSuttner-Park
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Ein zukünftiges Nutzungsbild unterforderter Hamburger Grünflächen?
unterforderte Grünflächen
Das Bild zeigt öffentliche Nutzgärten des „Allmende Kontor e.V.“ auf dem Tempelhofer Feld in Berlin. 147
Foto: Eigene Aufnahme
Zusätzliche (private) Flächen erschließen Übergeordnetes Ziel Weitere (private) Flächen erschließen und ein zusätzliches (temporäres) Freiraumangebot schaffen.
Auch wenn die Anzahl unbebauter innerstädtischer Grundstücke aufgrund von baulicher Nachverdichtung allgemein abnimmt, gibt es in stark verdichteten Stadtquartieren brachliegende Grundstücke und private Flächen, die derzeit keiner bestimmten Nutzung unterliegen und im „Warten auf eine städtebauliche Verwertung“ verharren. Urban Gardening kann als nachbarschaftlich getragener Gemeinschaftsgarten auf derzeit ungenutzten Flächen ein zusätzliches, halböffentliches Freiraumangebot schaffen. Das in Hamburg noch wenig etablierte Konzept des Gemeinschaftsgarten hat sich international (vgl. siehe S. 21 ), sowie in etlichen deutschen Großstädten als erfolgreiche Zwischennutzung innerstädtischer „Leerstellen“ erwiesen und gewinnt zunehmend auch als Freiraum(alternative) an Bedeutung. Das Nutzungskonzept des Gemeinschaftsgarten kann verhältnismäßig einfach auf bestehende Flächen übertragen und an die jeweils lokalen und räumlichen Gegebenheiten angepasst werden. Grundvoraussetzung ist eine Brachfläche in einer verdichteten Umgebung sowie das Interesse und die Mitmachbereitschaft der Nachbarschaft. Strategie Durch die Identifizierung privater und städtischer Flächen, können weitere halböffentliche Gemeinschaftsgärten derzeitige städtische Leerstellen
(temporär) als zusätzlichen Freiraum aktivieren. Etwaige bestehende Planungen und Verwertungsabsichten potentieller Flächen durch Investoren sollten dabei kein zu vorschnelles Ausschlusskriterium einer möglichen Freiraumnutzung sein. Für nahezu jede innerstädtische Brachfläche existieren bereits Planungen einer „städtebaulichen Verwertung“ durch Wohnungs- oder Gewerbebau. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass eine konkrete Umsetzung von Bauvorhaben oft erst Jahre später erfolgt. Somit sollten gerade auch die derzeitig (noch) existierenden „Leerstellen in die Flächensuche mit einbezogen werden und eine – wenn auch zeitlich befristete – Verwertbarkeit als Ergänzung des Freiraumangebots geprüft werden. Als mögliche Flächen hierfür bieten sich in Schanzpauli u.a. die Brachflächen zwischen der Bahntrasse und der Max-Brauer-Alle, die ehemalige PestalozziSchule St. Pauli oder aber das Areal der Alten Rindermarkthalle an. Auch andere private Freiflächen sollten in die Betrachtung für mögliche neue Urban GardeningNutzungen mit einbezogen werden. Der Zeilenwohnungsbau der 60er und 70er Jahre ist zum Teil mit umfangreichen Flächen von Abstands- und Zwischengrün ausgestattet (vgl. siehe S. 91). Auch hier können sich Teilbereiche des Grüns anbieten, die in Kooperation mit dem städtischen Wohnungsbauunternehmen SAGA / GWG und den Mietern als gemeinschaftliche Gartenfläche entwickelt werden können.
Ein zukünftiges Nutzungsbild weiterer Hamburger Brachflächen? la erb ult S ch tt
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Potentielle (Brach)Flächen zur Ansiedelung von halböffentlichen Gemeinschaftsgärten
Das Bild zeigt den halböffentlichen Gemeinschaftsgarten Gartendeck in St. Pauli.
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FAZIT
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Schlussbetrachtung Die Freiräume der zukünftigen Stadt werden zunehmend durch zivilgesellschaftliche Initiativen mitbestimmt werden. Urban Gardening leistet in seinen unterschiedlichen Ausprägungsformen und den dahinter stehenden zivilgesellschaftlichen Akteuren einen konstruktiven Beitrag zur Freiraumversorgung in stark verdichteten Quartieren. Dabei können die neuen Nutzungen nicht nur bei der weiteren Qualifizierung des vorhandenen Freiraumangebots helfen und im Sinne der „Qualitätsoffensive Freiraum“ wirken, sondern tragen darüber hinaus auch durch ein zusätzliches, nachbarschaftlich getragenes Raumangebot zur Freiraumversorgung bei.
Nur durch das gemeinsame Ausprobieren neuer Modelle der Zusammenarbeit nach dem Prinzip von „Trial and Error“ können die Spielregeln aber auch Spielräume ausgelotet werden und langfristig ein Weg zur konsistenten Einbindung von Urban Gardening (und anderer neuer Nutzungen) als Bestandteil der Freiräume für die Stadt der Zukunft beschritten werden. Dieser Prozess des Ausprobierens verlangt Kraft, Risikobereitschaft und vor allem eine „gesunde Portion Mut“ – gerade auf Seiten der Stadt, aber auch auf Seiten der privaten Akteure, die sich ihrer Rolle als Freiraumbe- und versorger mehr und mehr bewusst werden müssen.
Auch wenn es sich bei Urban Gardening um noch weitestgehend unerforschte und unerprobte „Pioniernutzungen“ handelt, so bildet Urban Gardening bereits jetzt einen konstruktiven und zeitgemäßen Nutzungsbaustein der Freiräume innerstädtischer Quartiere.
Die Bedeutung von Urban Gardening beschränkt sich nicht nur auf die Aspekte der Freiraumbewirtschaftung und -nutzung. Neue urbane Gärten wie das Gartendeck können (wie sich z.B. derzeit bei den Prinzessinnengärten am Moritzplatz in Berlin zeigt) als lokaler Konzentrationspunkt verschiedener Anwohnergruppen zum Ansatzpunkt und kommunikativem Ausgangspunkt niedrigschwelliger Beteiligungsformate werden. Von hier aus können zum Beispiel Diskussionen zur zukünftigen Nutzung der Fläche im Sinne der Quartierbewohner ausgehen.
Die vorhandenen zivilen Verantwortungsgemeinschaften in Zukunft verstärkt von öffentlicher Seite zu fördern und neue zu stimulieren erscheint nicht nur sinnvoll, sondern gewinnt gerade in Anbetracht der zunehmenden Bedeutung der vorhandenen und noch zu entwickelnden „Freiraumreserven“ innerstädtischer Quartiere verstärkt an Notwendigkeit. Somit gewinnt vor allem das Zusammenspiel ziviler und öffentlicher Akteure an Bedeutung. Das heißt aber auch: Die öffentliche Verwaltung muss bereit sein, ein Stück ihrer Verantwortung an zivile Verantwortungsträger abzutreten. Und mehr noch: In Zukunft wird es vor allem auch darum gehen, Teile der Gestaltung und Regie öffentlicher Räume in einem kontrollierten Ausmaß zivilen Verantwortungsträgern zu überlassen. Hierbei können die formulierten Empfehlungen der Diplomarbeit eine erste Ideenvorlage liefern. Die Überführung in konkrete Pilotprojekte wäre hierbei sicherlich ein zukunftsweisender Schritt in die richtige Richtung.
Die Frage des Einsparpotentials öffentlicher Mittel konnte innerhalb der Arbeit nicht abschließend geklärt werden. Unter einem konsequenten Einbezug ziviler Initiativen zeichnet sich jedoch ein möglicher Einspareffekt ab. Dabei darf Urban Gardening – und ziviles Engagement im Generellen – jedoch nicht als Werkzeug zur Kompensation desolater öffentlicher Haushalte und politischer Schieflagen dienen. Ziviles Freiraum-Engagement darf nur als on top-Leistung der öffentlichen Versorgungsaufgabe verstanden werden. Der Spareffekt kann und darf dabei lediglich ein positiver Zusatz sein. Die Versorgung der Städte mit qualitativem Freiraum muss auch in Zukunft als zentrales Aufgabenfeld in öffentlichen Händen verbleiben. Das heißt jedoch nicht, dass zivilgesellschaftliche Initiativen keine tragende Rolle bei der Entwicklung und Mitbestimmung zukünftiger Freiräume haben können – sie sollten sogar!
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Foto: Eigene Aufnahme
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ANHANG
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SpriAG: www.sprinkenhof.de > Unternehmen Wikipedia Deutschland: www.de.wikipedia.org Wriezener Freiraumlabor: www.freiraumlabor.org -----------------------------------------------------------------------------------
Gesetze und Verordnungen Bundeskleingartengesetz (BKleingG), Ausfertigungsjahr: 1983. Hamburgisches Gebührengesetz (HmbGVBl), Ausfertigungsjahr: 1994. ----------------------------------------------------------------------------------Dokumente und Planwerke der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH) FHH, Senat der Freien und Hansestadt Hamburg (o.J): Globalrichtlinie zu den Grundzügen von Planung, Bau und Unterhalt im Öffentlichen Grün. FHH, Behörde für Bau und Verkehr Fachamt für Landschaftsplanung (1997): Landschaftsprogramm einschließlich Arten- und Biotopschutzprogramm, Erläuterungsbericht.
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Verwendete Einzelbestandteile:
I:
System der Freiraumtypen in Hamburg
II: Richtwerte für die Planung von Grün- und Freiflächen in Hamburg III: Versorgungsanalyse für wohnungsnahe, siedlungsnahe und übergeordnete Freiräume
FHH, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (2007a): Räumliches Leitbild (Entwurf). FHH, Hamburg Marketing GmbH (2007b): Kommunikationsmuster für die Marke Hamburg. Stand vom 15.06.2007. FHH, Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg (2009a): Schriftliche Kleine Anfrage und Antwort des Senats, Betr.: Grünpatenschaften in Hamburg. Drucksache 19/3091.
----------------------------------------------------------------------------------Vorträge und Diskussionsveranstaltungen bdla – Bund Deutscher Landschaftsarchitekten Hamburg e.V. (2010): Statuskonferenz zur Quartiers- und Freiraumentwicklung anlässlich der Zwischenpräsentation der IBA Hamburg 2010: Zuhause in der Stadt – Urbane Perspektiven. Podiumsdiskussion vom 17. / 18.06.2010, Hamburg. Havemann, Antje; Schild, Margot (2007): Leerstand als Chance? – Der Nylonstrumpf als Provisorium – oder: Was können Provisorien? Vortrag (Dokumentation) im Rahmen des Kultursommers Hessen. Zugriff über: www. altstadt-neu. de. Müller, Christa (2011b): Soziale und politische Dimensionen Urbaner Landwirtschaft. Vortrag (Dokumentation) zur Ausstellungseröffnung „Carrot City – Die Produktive Stadt“ am 08.11.2011, München.
FHH, Rechnungshof (2009b): Jahresbericht 2009. -----------------------------------------------------------------------------------
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Studien, Gutachten und Forschungsberichte BMVBS – Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2009): Neue Freiräume für den urbanen Alltag – Modellprojekte im ExWoSt-Forschungsfeld „Innovationen für familien- und altengerechte Stadtquartiere“. Hrsg.: BMVBS. Bearb.: BBSR. Berlin. Hoffmann, Anne; Gruehn, Dietwald (2010): LLP-report – Bedeutung von Freiräumen und Grünflächen in deutschen Groß- und Mittelstädten für den Wert von Grundstücken und Immobilien. Technische Universität Dortmund (Lehrstuhl Landschaftsökologie und Landschaftsplanung). Koch, Michael; Kohler, Martin (2012): Neue, andere Freiräume. Forschungsstudie in 3 Bänden. Im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg, Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. (Zur Fertigstellung der Diplomarbeit noch unveröffentlicht). -----------------------------------------------------------------------------------
Die Linke (2011): Bezirk Mitte kündigt Verwahrlosung von Grünanlagen und Spielplätzen an. Pressmitteilung vom 19.04.2011. Hamburg. steg Hamburg (2006): Quartiersnachrichten St. Pauli. Ausgabe Nummer 33/April 2006. Hamburg. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Berlin (2010): Urban Intervention Award Berlin 2010. Dokumentation der Preisträger und Nominierungen. Berlin. ----------------------------------------------------------------------------------Interviews und Gespräche Haarmann, Anke, Dr. (Keimzelle, Initiatorin) Gespräch vom: 09.02.2012 Lemke, Harald, Dr. (Keimzelle, Initiator) Gespräch vom: 09.02.2012
Filmmaterial Carcanade, Pascal ; Guillon, Alain; Cibien, Laurent (2010): Detroit: Gemüse statt Autos (Dokumentation). ARTE. Frankreich, Deutschland Schneider, Jürgen (1981): Grüne Therapie – Gärten in den Slums von New York (Dokumentation). Phoenix. Austrahlung am 06.03.2011 im Rahmen der Reihe „Vor 30 Jahren“. -----------------------------------------------------------------------------------
Mayer, Alexander (Gartendeck St. Pauli, Projektkoordinator) Gespräch vom: 17.08.2011 R., Sebastian (Grünpate und Kümmerer einer öffentlichen Fläche in der Hein-Hoyer-Straße) Gespräch vom: 21.09.2011 Schoenfeld, Helmut (Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e.V., Vorsitzender und Gründungsmitglied) Gespräch vom: 20.12.2011
Sonstige Anwohnerini Schanzenviertel (2009): Kein Ballermann in der Schanze! Ausweitung der Außengastronomie stoppen! Flugblatt, verteilt Sommer 2009.
Steinke, Werner (Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Amt für Landesplanung, Abteilung für Freiraum- und Landschaftsplanung) Gespräch vom: 06.09.2011
BAT Stiftung für Zukunftsfragen (2008): Hier lässt es sich leben! – Deutsche Städte aus der Sicht der Bevölkerung (Zusammenfassung der Ergebnisse). Zugriff über: www. stiftungfuerzukunftsfragen.de.
Plöchinger, Claudia (Gartendeck St. Pauli / Kampnagel Internationale Kulturfabrik GmbH, Projektkoordinatorin) Gespräch vom: 14.01.2012
GiardinaZÜRICH (2011): Frühlingsausstellung „urban gardening“ im Einkaufszentrum Seedamm-Center. Pressemitteilung. Februar 2011. Zürich.
Die geführten „Spontan-Interviews“ im Rahmen der Gebietserkundung und Bestandserhebung, sind nicht aufgeführt.
Bund deutscher Baumschulen – Landesverbände Hamburg und Schleswig-Holstein (2011): Was ist uns(er) Grün wirklich wert? In: Dokumentation des 2. Norddeutschen Baumschultags (31.08.2011).
Hinweis zu den Abbildungen Die Quellenangaben zu den Abbildungen sind an den jeweiligen Fotos und Grafiken zu finden. Alle nicht anders gekennzeichneten Grafiken sind eigene Darstellungen und stammen somit vom Autor selbst.
Danksagung Mein besonderer Dank richtet sich an meine beiden Betreuer und Gutachter Prof. Dr. Michael Koch und Dipl.-Ing. Martin Kohler, die mir während der Arbeit stets mit konstruktivem Rat zur Seite standen und diese Diplomarbeit an der HafenCity Universität ermöglicht haben. Des weiteren möchte ich mich bei allen Interviewpartnern bedanken, die sich die Zeit für die intensiven Gespräche genommen haben – insbesondere Werner Steinke von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Danke an dieser Stelle auch an Claudia und Alex für die schönen Stunden auf dem Gartendeck in St. Pauli. Ein herzliches Dankeschön geht zudem an Danny für die Unterstützung bei der Bestandsaufnahme und das spacedepartment für den geschätzten inhaltlichen Austausch und die stützende Motivation. Nicht zuletzt danke ich Laura und Roland für den großartigen Support während der gesamten Diplomzeit.
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