KI NOTHEK ASTANIELSEN
Hätte ich das Kino!* Die Kinothek Asta Nielsen wurde im Jahr 2000 gegründet: eine Initiative von Kurator_innen, Historiker_innen und Theoretiker_innen, Filmemacher_innen, Kritiker_innen, Studierenden und Kinogänger_innen: Filmliebhaber_innen jedweden Geschlechts. Was heute im Kino zu sehen ist, gibt lange nicht den Reichtum des Films wieder, schon gar nicht der Filmgeschichte und ihrer mannigfaltigen Genres. Immer mehr schränkt sich deren Präsenz auf Festivals und „Events“ ein. Filme sehen verliert die Selbstverständlichkeit der Alltagserfahrung. Daran ändert auch eine digitale Verfügbarkeit nichts, im Gegenteil. Eine CD ersetzt nicht die Musikaufführung, eine Postkarte nicht das Gemälde. Zur Vorgeschichte unserer Arbeit gehört die neue Horizonte eröffnende internationale feministische Filmarbeit in der Theorie und Praxis der 1970er und 1980er Jahre. Im Archiv der Kinothek sind Dokumente dieser Zeit – Graue Literatur, * Ein Wunsch, den erstmals Carlo Mierendorff 1920 äußerte.
Fotos, Stills, Plakate u.a. – gesammelt. Doch wir betreiben keinesfalls nur Archäologie. Die feministischen Positionen haben durch Begriffe wie gender und queerness Aktualisierungen erfahren, die auch wir in unserer Programmarbeit aufnehmen und mit Filmen kommentieren. Geschichte, Filmgeschichte ist nicht Vergangenheit, sondern Gegenwart. Die Kinothek, schrieben wir in unserem Gründungsprogramm, „betreibt Filmgeschichte als Rezeptionsgeschichte, die ihr Zentrum in der augenblicklichen Wahrnehmung des Films hat. Und keine Filmgeschichte glückt, wenn sie nicht zugleich eine Lektion in Geschichte ist – eine Lektion, die sich nicht über die Disziplin des Bewusstseins vermittelt, sondern über die Disziplinlosigkeit des Fühlens, Wünschens und Träumens, der Phantasien, der Süchte und Sehnsüchte.“
Film im Handtaschenformat – ein living archive des Schmalfilms Seit einigen Jahren findet der Amateurfilm wieder Ăśffentliche Aufmerksamkeit. Seit 2002 gibt es den International Home Movie Day, der jedes Jahr im Herbst rund um den Globus stattfindet. Auch die Filmwissenschaft hat dieses lange vernachlässigte Feld entdeckt und die Geschichtswissenschaft schickt sich an, es als Quelle historischer Forschung zu erschlieĂ&#x;en. Im Kino findet man diese Filme nicht.
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Unter den Liebhabern der Super 8-Kamera gab es viele Frauen, die Eindrßcke alltäglicher Umgebung oder ferner Länder auf dem Celluloidstreifen festhielten, zu Filmen verarbeiteten und vorfßhrten. Diese Dokumente wollen wir sammeln und wieder auf die Leinwand bringen. In den letzten Jahren haben wir viele Super 8und Schmalfilmprogramme realisiert und auch international gezeigt. Fßr den Amateurfilm wollen wir neue Formen der Präsentation entwickeln, die in einer Verbindung von Film und Gespräch Entdeckungsreisen in die Geschichte des privaten Lebens bilden. Film im Handtaschenformat ist ein interaktives Projekt. Nehmen Sie teil, indem Sie Ihre alten Reise-, Familien- oder ähnliche Filme zu uns bringen. Dann werden wir mit Ihnen gemeinsam ßberlegen, wie diese geschichtlichen Dokumente gesichert werden kÜnnen. In neuem Kontext wahrgenommen, werden sie neue Wertschätzung erfahren. Die Kinothek ist mit diesem Vorhaben Teil eines europaweiten Netzwerkes zur Rettung und Sicherung des Amateurfilms. Zu diesem Netzwerk gehÜren u.a. Home Movies – Archivio Nazionale del Film di Famiglia, Bologna, Lichtspiel, Bern, und Ludwig-Boltzmann-Institut fßr Geschichte und Gesellschaft, Wien.
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Film in Handbag Format – a living archive of the Super 8 film For some years now, the amateur film has been attracting attention again. The International Home Movie Day has been taking place around the globe every year in autumn since 2002. Film theory too has discovered this long neglected field, and the humanities are about to explore it as a source in historical research. Yet you are unlikely to see these films in cinemas. There are many women among the fans of the Super 8 camera. They tended to capture impressions of their everyday surroundings or foreign countries on the celluloid film which they edited and showed. Our aim is to collect these documents and screen them. In recent
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years we have organised many Super 8 and substandard film programmes and have also shown them internationally. We hope to develop new presentation forms for the amateur film which, by combining film and discussion, will be veritable expeditions to the history of private life. “Film im Handtaschenformatâ€? is an interactive project. You can take part by bringing us your old travel, family or other such films. Together we will then consider how these historical documents can be secured. Seen in a new context, they will undergo a whole new assessment. With this project the Kinothek is part of a European network devoted to saving and securing the amateur film. Also in this network are, among others, Home Movies – Archivio Nazionale del Film di Famiglia, Bologna, Lichtspiel, Berne, and Ludwig-Boltzmann-Institut fĂźr Geschichte und Gesellschaft, Vienna.
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Die Programmarbeit der Kinothek in Auswahl 1 L’ Invitation au Voyage – Germaine Dulac, Filmretrospektive und internationales Symposion (2002) 2 Und wenn Du eine Rose siehst, RosenFilmFest und Ausstellung zusammen mit der Kßnstlerin Sabine Hartung (2003) 3 Dark Room – Liebe im Kino, Filmreihe (2004 / 2005) 4 Die Filmdiva – Versuche einer Annäherung, Filmsymposion (2005) 5 wetterfest° – Internationales Wetterfilmfestival (2005 und 2007) 6 Feuer | Wasser | Luft | Erde. Die Elemente im Film, Filmreihe (2005 / 2006) 7 Kino-Liebe, zweiteiliges Jahresprogramm (2007 / 2008) 8 Sprache der Liebe. Asta Nielsen, ihre Filme, ihr Kino 1910 - 1933, umfassende Retrospektive und internationales Symposion Krise und Aufbruch. Asta Nielsen als Protagonistin der Moderne (2007). Zweibändige Publikation Asta Nielsen: Band 1 UnmÜgliche Liebe. Ihr Kino, Band 2 Nachtfalter. Ihre Filme, herausgegeben von Kinothek Asta Nielsen und Filmarchiv Austria
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Programmes realized by Kinothek (selection) 9 Adjektiv Frau, Film ´68 und die Neue Frauenbewegung, Filmprogramm und Gespräche (2008) 10 GroĂ&#x;e Freiheit Super 8, Filmreihe (2009) 11 Reflexionen aus dem beschädigten Leben, Filmreihe (2010) 12 Film im Handtaschenformat, Workshops zum Amateurfilm und Filmreihe (2010) 13 Kick it! Internationales FrauenfuĂ&#x;ball-Filmfestival (2011)
In Vorbereitung Coming soon Live Film – Queer Life. Jack Smith, Filmfestival und Symposion 2012 Die Pionierin. Alice Guy, 2012 Aufbau eines Amateurfilmarchivs mit dem Schwerpunkt der Filme von Frauen
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Die Kinothek auf Reisen Unsere Programmarbeit findet in Frankfurt und der Rhein-Main-Region statt. Hier ist unser Publikum. Manchmal gehen wir aber auch mit unseren Programmen auf Reisen. Nach der glanzvollen Retrospektive der Filme Germaine Dulacs – L’Invitation au Voyage –, die wir in Zusammenarbeit mit dem Schauspiel Frankfurt und dem Deutschen Filminstitut, DIF, als erste groĂ&#x;e Veranstaltung 2002 realisierten, Ăźbernahm das Kino Arsenal am Potsdamer Platz in Berlin alle 28 Programme. Internationales RenommĂŠe hat die Kinothek vor allem durch unsere Arbeit zu Asta Nielsen gewonnen. Wir präsentierten die legendäre Frankfurter Nielsen-Retrospektive beim Festival Il Cinema Ritrovato in Bologna (2007), im Filmpodium in ZĂźrich (2008), in einer Zusammenarbeit mit dem Arsenal und HAU, Hebbeltheater am Ufer in Berlin (2008), im Filmmuseum Amsterdam (2009) und im Metro-Kino, dem Kino des Filmarchiv Austria, Wien (2010). Wir haben uns fĂźr den Erhalt des Karusels, Asta Nielsens Sommerhaus auf der Insel Hiddensee, eingesetzt und in den Jahren 2007 – 2010 im September Asta-Nielsen-Wochen veranstaltet. Es gab FilmauffĂźhrungen mit Live-Musik im Zeltkino, Vorträge und Ausstellungen. Die Ausstellung Asta Nielsen – Leben und Werk sahen Ăźber 11.000 Besucher.
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Auf dem Weg ins Zeltkino, Hiddensee 2009
The Kinothek on the Road Our programme work is focussed on Frankfurt and the Rhine-Main region, which is where our audience is to be found. Sometimes our programmes also travel. After the celebrated retrospective of Germaine Dulac films – L’Invitation au Voyage – the first large-scale event we organised in 2002 together with the Schauspiel Frankfurt and the Deutsche Filminstitut, DIF – all 28 programmes were taken over by the Kino Arsenal on Potsdamer Platz in Berlin. The Kinothek owes its international reputation mainly to its work on Asta Nielsen. We presented the legendary Frankfurt Nielsen Retrospective at the Il Cinema Ritrovato festival in Bologna (2007), at the Filmpodium in Zurich (2008), in collaboration with the Arsenal and HAU, Hebbeltheater am Ufer in Berlin (2008), at the Filmmuseum Amsterdam (2009) and in the Metro-Kino, the cinema of the Filmarchiv Austria, Vienna (2010). We were involved in the activities around making Nielsen’s summer house, Karusel, on the island of Hiddensee, accessible to the public, and from 2007 – 2010 we organised the Asta-Nielsen Weeks held there in September. Films were shown with live music in the local Zeltkino (cinema tent), lectures and exhibitions held. The exhibition “Asta Nielsen – Leben und Werk� was seen by 11.000 people.
On the way to the cinema tent, Hiddensee 2009
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Und ansonsten‌ Immer wieder hatten wir Gelegenheit, mit Filmprogrammen auf Themen und Ereignisse zu reagieren und uns damit in andere als cineastische Kontexte zu begeben. Einige Beispiele: Keine Angst vorm Fliegen. Kino fĂźr Mädchen und junge Frauen, Mai bis November 2007, eine Filmreihe im Rahmen der Mädchenkulturarbeit des Frauenreferates der Stadt Frankfurt am Main Filmreihe als Teil der Ausstellung Anywhere I Lay My Head. Leben in zwei Kulturen im RĂśmer 9 in Frankfurt am Main, 2008 Frauenräume – Frauenträume, vier Filmabende anlässlich des 25-jährigen Bestehens der Gleichstellungsstelle der Stadt Aschaffenburg im Casino Kino Aschaffenburg Präsentation des Avantgarde-Klassikers Marilyn Five Times (Bruce Conner) im Rahmen der MarilynMonroe-Ausstellung des Ikonenmuseums in Frankfurt am Main, 2010 Ein besonders schĂśnes Beispiel fĂźr die Ausschweifungen der Kinothek war Kick it! Internationales FrauenfuĂ&#x;ball-Filmfestival am Vorabend der FrauenfuĂ&#x;ball-WM 2011 in Frankfurt am Main. Das Festival schlug eine BrĂźcke zwischen dem populären und medienwirksamen Sportereignis und der Vorliebe der Kinothek Asta Nielsen fĂźr Blicke aus dem Abseits auf die BrĂźche der Geschlechterrollen.
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And furthermore‌ We had ample opportunity to respond to topics and events and so get involved in contexts other than just that of the cineastes. Some examples: Keine Angst vorm Fliegen. Kino fßr Mädchen und junge Frauen, May to November 2007, a film series in the framework of the cultural work for girls organised by the City of Frankfurt’s Department of Women’s Affairs A film series forming part of the exhibition Anywhere I Lay My Head. Leben in zwei Kulturen at the RÜmer 9 in Frankfurt am Main, 2008 Frauenräume – Frauenträume, four film evenings to celebrate the 25th anniversary of the inauguration of the Gender Equality Office of the City of Aschaffenburg at the Casino Kino Aschaffenburg Presentation of the avant-garde classic Marilyn Five Times (Bruce Conner) in the context of the Marilyn Monroe exhibition at the Ikonenmuseum in Frankfurt am Main, 2010 A particularly nice example of the Kinothek’s digressions was Kick it!, the international women’s football film festival in the run-up to the 2011 Women’s World Cup in Frankfurt am Main. The festival bridged the gap between the popular sports event, so well covered by the media, and the Kinothek Asta Nielsen’s particular liking for glances from the sidelines at breaches of gender etiquette.
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GROSSE FREIHEIT
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EINE VERANSTALTUNGSREIHE DER KINOTHEK ASTA NIELSEN E.V. 2009 KINOTHEK
ASTANIELSEN
Mรถchten Sie sich an der Kinothek beteiligen? Would you like to be part of the Kinothek Asta Nielsen?
Die Kinothek lebt vom Interesse ihres Publikums. Wir freuen uns Ăźber Anregungen und Vorschläge zu gemeinsamen Projekten, Ăźber Teilnahme an unserer Arbeit. Wenn Sie Mitglied der Kinothek Asta Nielsen e.V. werden, unterstĂźtzen Sie langfristig unsere Initiative. Der Mitgliedsbeitrag beträgt 65 Euro im Jahr (ermäĂ&#x;igt 30 Euro: Student_innen, Erwerbslose u.ä.). FĂśrdermitgliedschaft ab 100 Euro jährlich Schicken Sie uns eine e-Mail mit Ihrer Adresse an info@kinothek-asta-nielsen.de Sie erhalten umgehend die Mitgliedsunterlagen. Wollen Sie unseren Rundbrief erhalten oder haben WĂźnsche und Anfragen, schreiben Sie ebenfalls an info@kinothek-asta-nielsen.de
The Kinothek thrives on the interest of its audience and supporters. We welcome suggestions for joint projects and offers to collaborate. If you become a member of the Kinothek Asta Nielsen e.V. you support our association long-term. Membership dues 65 Euro per year (reduced rate 30 Euro; for students, the unemployed, etc.) Sustaining membership as of 100 Euro per year. Send us an email with your address to info@kinothek-asta-nielsen.de We will send you the membership documents without delay. If you would like to receive our newsletter or if you have requests or inquiries, please write to info@kinothek-asta-nielsen.de
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Vorstand Board Lilo Mangelsdorff, Filmemacherin Dagmar Priepke, Geschäfstfßhrerin der Heussenstamm-Stiftung Heide Schlßpmann, Professorin em. fßr Filmwissenschaft Beirat Advisory board Ruth Fßhner, Kulturjournalistin Ulrike Gauderer, Projektmanagerin NATURpur Institut, HSE AG Vinzenz Hediger, Professor fßr Filmwissenschaft der Goethe-Universität Frankfurt am Main Matthias Mßller, Professor fßr Experimentellen Film der Kunsthochschule fßr Medien KÜln Silke J. Räbiger, Festivalleiterin des Internationalen Frauenfilmfestivals Dortmund | KÜln Ernst Szebedits, Vorstand der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung Christiane von Wahlert, Geschäftsfßhrerin der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft e.V. SPIO in Wiesbaden Ulla Wischermann, Geschäftsfßhrende Direktorin des Cornelia Goethe Centrums der Goethe-Universität Frankfurt am Main Kßnstlerische Leitung Artistic Director Karola Gramann Gestaltung Design Sabine Hartung
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If only I owned the cinema* The Kinothek Asta Nielsen was set up in the year 2000 at the initiative of curators, historians and theorists, film directors, critics, students and cinemagoers – film fans of all genders. What is shown in cinemas these days in no way reflects the diversity of cinema, to say nothing of film history and its many and varied genres. These are increasingly only to be seen at festivals and “events�. Watching films is losing the naturalness of an everyday experience. And the digital availability of films does not alter this fact, on the contrary, a music CD cannot replace a live performance, no more than a postcard can replace a painting. One aspect of the pre-history of our work are the new horizons opened up by international feminist studies on the theory and praxis of film in the 1970s and 80s.
* A wish first expressed by Carlo Mierendorff in 1920.
The archive of the Kinothek contains documents from that period – grey literature, photographs, stills, posters, etc. But engaging in such archaeology is not all we do. The feminist positions have undergone a certain update thanks to concepts such as ‘gender’ and ‘queerness’, which we also include in our programme work and comment on by means of films. History, film history, is not past but present. As we write in our founders’ programme, the Kinothek “will write film history as the history of reception, focused on the momentary perception of the film. And a film history is a failure, if it is not also a history lesson – a lesson that teaches not via the discipline of consciousness, but the non-discipline of feeling, desiring and dreaming, fantasy, addiction and longing.”
Kinothek Asta Nielsen e.V. Stiftstraße 2 D-60313 Frankfurt am Main
Die Kinothek Asta Nielsen e.V. wird gefördert von
Tel.++49 69 92039634 Fax ++49 69 92039635 info@kinothek-asta-nielsen.de www.kinothek-asta-nielsen.de Bankverbindung Postbank Frankfurt am Main Konto 270063605 Blz 50010060 IBAN DE70 5001 0060 0270 0636 05 BIC PBNKDEFF © Kinothek Asta Nielsen 2011
Bildnachweis Cover Quelle: Deutsche Kinmathek - Museum für Film und Fernsehen, Berlin, Asta Nielsen in Die Filmprimadonna, Regie Urban Gad, 1913 Seite 10, 11 Mona Lisa, Helga Fanderl, Super 8, 2000