Infosantésuisse Nummer 6 2014 deutsch

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info santĂŠsuisse

Sie fragen? Wir antworten!

Das Magazin der Schweizer Krankenversicherer


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31 Fragen an die Branche zum Jahresabschluss, gestellt an einige CEOs der Krankenversicherer und ans System.

Warum steigen die Prämien kontinuierlich weiter? Welchen Effekt hat die neue Spitalfinanzierung auf die Prämien?

Warum bezahlt die Grundversicherung nur einen kleinen Teil der Komplementärmedizin? Welche Rolle spielen dabei die WZW-Kriterien?

Inhalt 4 Wie weiter mit dem Gesundheitswesen? Umfrage bei Krankenversicherern 10 Wieso müssen Versicherte Selbstbehalt zahlen? 11 Wie viele Versicherte wählen eine höhere Franchise oder ein Hausarztmodell? 12 Warum steigen meine Prämien stärker als die Teuerung? 13 Badekur auf Rezept: Was bezahlt die Krankenkasse? 14 Ambulant oder stationär? 15 Gibt es einen Versicherungsschutz für meine Brille? 16 Warum wird die Mammografie nicht in allen Kantonen bezahlt? 17 Komplementärmedizin: Warum vergütet die Grundversicherung nicht alles? 17 Osteopathie liegt im Trend – wer bezahlt? 18 Warum ist die Krankenversicherung obligatorisch? 19 Wie viele Personen wechseln jährlich ihre Krankenkasse? 20 Wie viel tragen die Verwaltungskosten der Versicherer zum Prämienanstieg bei? 21 Wer hat Anspruch auf Prämienverbilligung? 22 Wie berechnen die Versicherer meine Prämie?

NR. 6, DEZEMBER 2014. Erscheint sechsmal jährlich ABONNEMENTSPREIS Fr. 54.− pro Jahr, Einzelnummer Fr. 10.− HERAUSGEBER UND ADMINISTRATION santésuisse, Die Schweizer Krankenversicherer, Römerstrasse 20, 4502 Solothurn VERANTWORTLICHE REDAKTION Silvia Schütz, Ressort Kommunikation, Postfach, 4502 Solothurn, Tel. 032 625 41 53, Fax 032 625 41 51, E-Mail: redaktion@santesuisse.ch HERSTELLUNG: Rub Media AG, Seftigenstrasse 310, 3084 Wabern/Bern GESTALTUNGSKONZEPT: Pomcany’s LAYOUT: Henriette Lux, Thomas Dillier, Basel (Grafiken) ANZEIGENVERWALTUNG: Alle Inserate − auch Stelleninserate − sind zu richten an: «infosantésuisse», Römerstrasse 20, Postfach, 4502 Solothurn E-Mail: redaktion@santesuisse.ch ABONNEMENTSVERWALTUNG Tel. 032 625 42 74, Fax 032 625 41 51 Homepage: www.santesuisse.ch Titelbild: Prisma ISSN 1660-7228


Danke, Christoffel Brändli Die wohl berühmteste Frage lautet: «Sein oder nicht sein?». Auch scheinbar einfachere Fragen können von grosser Tragweite sein – und die Antwort darauf kann die schönste Frage verderben. Doch Chris­ toffel Brändli gab die richtige Antwort, als er 2011 von santésuisse angefragt wurde, ob er zum zweiten Mal VRP von santésuisse werden möchte – ein positives Ja. Es gibt aber auch positive Neins – und drei wichtige von ihnen fielen in die zwei Ären, in denen Christoffel Brändli als Verwaltungsratspräsident von santésuisse amtete. Die zwei ersten während seiner Amtszeit 2000 bis 2008, das dritte in seine auf eigenen Wunsch aus Altersgründen frühzeitig beendete Amtszeit 2012 bis Ende 2014. Dreimal wurde die Branche während seiner Präsidentschaften in Frage gestellt, dreimal wurde das Anliegen vom Stimmvolk mit über 60 Prozent klar mit Nein beantwortet. Hinter diesen für die Branche schicksalhaften Abstimmungen rückten andere wichtige Herausforderungen während seiner letzten Präsidentschaft in der Wahrnehmung in den Hintergrund: die nochmalige Verfeinerung des Risikoausgleichs oder das vom Parlament beschlossene Aufsichtsgesetz (KVAG) und die Einführung der neuen Spitalfinanzierung, um nur drei zu nennen. Dazu kamen die Ausgliederungen der Töchter tarifsuisse und SASIS als eigene AGs und die Gründung von curafutura. Rund um diese Ereignisse tauchten immer wieder Fragen auf. Diese beantwortete Christoffel Brändli klar, gradlinig und mit Charme. Die Frage, ob er seinen Ruhestand verdient hat, ist eine rhetorische. Die Krankenversicherer wünschen ihm viel Freude und danken ihm gleichzeitig dafür, dass er stets mit vollem Einsatz für die Branche da war, wenn es brannte. Fragen und Antworten – sie gehören auch zum Jahreswechsel und bilden den Inhalt dieses Heftes. Im ersten Teil geben einige CEOs von den Krankenversicherern Antworten auf Fragen aus der Politik und aus den Medien, im zweiten Teil erhalten Versicherte Antworten auf ihre Fragen. Die 31 Fragen trafen direkt bei santésuisse oder im santésuisse-Blog ein. Es gibt keine dummen Fragen, weiss der Volksmund. Gibt es dumme Antworten? Wir hoffen, dass die Leserschaft nach der Lektüre dieses Heftes diese Frage klar mit Nein beantworten wird. Was bleibt? Der Wunsch für alle Leserinnen und Leser, dass sie eine unterhaltsame, interessante Lektüre und ein erfolgreiches 2015 erleben werden!

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Verena Nold Direktorin santésuisse


Umfrage bei einigen CEOs der Krankenversicherer

Wie weiter mit dem Patienten Gesundheitswesen? santésuisse setzt sich für ein freiheitliches Gesundheitssystem ein. Welche drei KVG-Artikel müssten vornehmlich geändert werden, um diesem Ziel näher zu kommen?

zur Qualitätssicherung, der verfeinert werden sollte. Es müssen repräsentativere Möglichkeiten zur Qualitätsmessung erarbeitet und die Resultate den Versicherten zugänglich gemacht werden.

Christof Zürcher, Atupri: Aktuell wird die Nachfrage im Schweizer Gesundheitssystem durch das Angebot bestimmt. Bei gleichzeitig fixen Preisen, einem Versicherungsobligatorium und einem Fremdfinanzierungssystem führt dies zu unerwünschtem Wachstum. Um diese Spirale zu durchbrechen, braucht es im Sinne eines freiheitlichen Gesundheitssystems drei Gesetzesanpassungen: Erstens: Aufhebung des Kontrahierungszwangs aus KVG 35: Qualitätsmerkmale und Kosten werden pro Leistungserbringer öffentlich gemacht. Nur die besten und günstigsten Leistungserbringer werden zulasten der Grundversicherung zugelassen. Die Gesamtanzahl richtet sich nach einem kalkulatorischen Bedarf pro 100 000 Einwohner. Kantonsgrenzen spielen dafür keine Rolle. Zweitens: Limitierung der Leistungen: Ausweitung von KVG 32. Definition der Qualität des wissenschaftlichen Nachweises. Nur Methoden, Behandlungen, Medikamente usw., welche diesen Nachweis erbringen, sind zulasten der Grundversicherung zugelassen. Die Kosten werden konsequent in Relation zum Nutzen limitiert. Dritttens: Stärkung der Selbstverantwortung: Erhöhung der Selbstbehalte bis hin zur Aufhebung des Obligatoriums (z.B. mit einer steuerfinanzierten Notfallversorgung und einer freiwilligen Grossrisikoversicherung).

Philippe Signer, Kolping: Ich würde das Territorialprinzip lockern und Behandlungen im Ausland vermehrt zahlen und fördern. Grundsätzlich muss man das KVG auf das Wesentliche abspecken; dazu gehört auch, nicht laufend neue Methoden und Medikamente zuzulassen, deren Mehrwert für den Patienten im Vergleich mit den bereits vorhandenen nicht bewiesen ist. Auch die stetige Zunahme der Leistungserbringer, die alle durch Prämiengelder bezahlt werden müssen und keiner Qualitätskontrolle unterliegen, kann so nicht weitergehen. Ein heikles Thema, das aber aufkommen kann, wenn die Kosten nicht gedämpft werden, ist die Rationierung von Leistungen, etwa bestimmte Operationen ab einem bestimmten Alter nicht mehr der Kassenpflicht zu unterstellen.

Foto: Dominik Labhardt

Reto Flury, EGK: Art. 64 KVG, der den Selbstbehalt regelt. Es wäre sinnvoll, diesen auf 20 Prozent bis maximal 900 Franken anzuheben. Und zweitens ist es ganz wichtig, dass die Krankenversicherer endlich mehr Verhandlungsspielraum bekommen, wenn es um die Weitergabe von Rabatten an die Versicherten geht, die Leistungserbringer beim Einkauf von Medikamenten erhalten. Hier müsste Art. 52 KVG angepasst werden. Drittens: Nicht zu vergessen ist auch Art. 58

Christof Zürcher, Vorsitzender Geschäftsleitung, Atupri Krankenkasse.

Welches ist Ihrer Ansicht nach die nächste grösste Herausforderung der Krankenversicherungsbranche? Verena Nold, santésuisse: Es muss gelingen, die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen, damit die Prämienerhöhungen gedämpft werden können. Gelingt das nicht, droht die Gefahr von radikalen Massnahmen wie zum Beispiel die Rationierung von medizinischen Behandlungen. Thomas Grichting, Groupe Mutuel: Nach der gewonnenen Abstimmung über die Einheitskasse, ist es Pflicht jedes Krankenversicherers, den unterschiedlichsten Erwartungen der Versicherten möglichst gerecht zu werden. Wir wollen eine hohe Servicequalität bieten und innovative und preiswerte Angebote lancieren. Mittels einer effizienten Kostenkontrolle sorgen wir dafür, dass die Prämiengelder wirtschaftlich und effizient eingesetzt werden. Die Branche ist nun gefordert, das Gesundheitswesen zu verbessern, indem Inkohärenzen beseitigt und das System insbesondere mit folgenden Massnahmen verbessert wird: Stärkung des Wettbewerbs unter den Krankenversicherern, Ausdehnung des Wettbewerbs auf die Leistungserbringer, Liberalisierung der Tarifsysteme zur Vergütung von medizinischen Leistungen und Förderung der Vertragsfreiheit. Daniel Herzog, RVK: Die Gesundheitskosten steigen auch in Zukunft. Die Gründe dafür sind bekannt. Die Branche steht vor der Herausforderung, mit zunehmend äusserst hohen Kosten für Therapien – vor allem im Medikamentenbereich – konfrontiert zu sein. Gleichzeitig nimmt die Anzahl dieser Fälle zu. Ab einem gewissen Punkt kann die Krankenversicherungsbranche diese Kostenlawine möglicherweise nicht mehr bewältigen, ohne das Solidaritätsprinzip in Frage zu stellen.

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Foto: ZVG

führen; jede Kasse arbeitet mit Leistungserbringern ihrer Wahl. 3. Die Mehrfachverantwortung der Kantone eliminieren. Heute sind sie unter anderem Spitalbetreiber, Tarifgenehmiger und Spitalbauer in Personalunion. Christof Zürcher, Atupri: Die Politik muss endlich Massnahmen gegen die Leistungserbringer ergreifen (und nicht immer prämienseitig), damit die Kosten, sprich die Mengenausweitung, gestoppt werden kann, damit Ärzte im freien Wettbewerb stehen, damit Spitäler nur und ausschliesslich ihre Leistungen vergütet bekommen und nicht ihre Kosten, um nur einige Vorschläge zu erwähnen.

Wie beurteilen Sie die Zukunft der Branche? Bruno Ehrler, Assura: Das Schweizer Volk hat bei der Abstimmung zur Einheitskasse gezeigt, dass es Vertrauen ins bestehende System hat. Trotzdem müssen die Krankenversicherer die Unzufriedenheit, die in einigen Westschweizer Kantonen geäussert wurde, ernst nehmen. Während der Kampagne wurden viele Klischees und Unwahrheiten verbreitet, daher muss sich die Branche nun offen und transparent zeigen und den Versicherten detailliert die Arbeit erläutern, die sie leistet, um ihnen einen guten administrativen Service zu bieten.

Bruno Ehrler, Assura: Assura-Basis SA ist stolz darauf, dass sie seit mehr als 35 Jahren eine Pionierrolle gespielt hat und dauerhaft niedrige Prämien anbieten konnte. Dadurch, dass sie zum Beispiel die Versicherten mittels hoher Selbstbehalte mit in die Verantwortung genommen hat, konnte sie einen mässigenden Einfluss auf den Arzneimittelbezug ausüben. Angesichts dieses Erfolgs würde ich das Kostenerstattungsprinzip (Tiers garant) für Apotheken flächendeckend einführen, da so die Verschwendung von Arzneimitteln eingedämmt würde. Des Weiteren sollten auch die Prävention gefördert und den Versicherten mehr Eigenverantwortung abverlangt werden.

Foto: Walter Imhof

Daniel Lauper, Geschäftsführer, kmu-Krankenversicherung.

Stefan Schena, ÖKK: Es gilt, integrierte Versicherungsmodelle künftig noch konsequenter zu fördern und alle beteiligten Partner in die Verantwortung zu ziehen: mit Hausarztmodellen, HMO- oder Telemedizinmodellen. Zudem: Obergrenzen der ordentlichen Franchisen und Wahlfranchisen möglichst hoch ansetzen, um die Selbstverantwortung der Versicherten zu erhöhen; Rekursrecht einführen gegen die Preisfestsetzungen des BAG für kassenpflichtige Medikamente; Vertragszwang aufheben; Leistungsangebot durch differenzierte Tarife steuern.

Die Höhe der Prämien ist eine grosse Sorge vieler Versicherten. Wenn Sie entscheiden könnten, was würden Sie tun? Wo würden Sie optimieren? Verena Nold, santésuisse: Ich würde zunächst einmal unnötige und unwirksame medizinische Behandlungen aus der obligatorischen Krankenpflegeversicherung nicht mehr bezahlen. Dann muss man die Finanzierung der Gesundheitskosten neu regeln. Heute bezahlen die Kantone nur einen kleinen Teil der medizinischen Behandlungen, bestimmen aber alleine, welche Spitäler und Ärzte mit dem Prämiengeld der obligatorischen Krankenpflegeversicherung bezahlt werden. Philippe Signer, Kolping: 1. Die Höhe der Franchise von 300 auf 1000 Franken erhöhen. 2. Die Vertragsfreiheit ein-

Verena Nold, Direktorin santésuisse.

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Foto: ZVG

Den Krankenversicherern wird oft der «Schwarze Peter» zugeschoben (z.B. rund um den Off-Label-Use von Medikamenten, jährlich bei der Bekanntgabe der neuen Prämien usw.) Was sollte Ihrer Meinung nach getan werden, um dies zu ändern? Christof Zürcher, Atupri: Der Fokus müsste endlich von der Finanzierungs- auf die Kostenverursacherseite gelegt werden. Die Krankenversicherer haben heute die Rolle als Überbringer der schlechten Nachricht, weil die Prämien jedes Jahr wegen der Zunahme der Kosten (Mengenausweitung und Preissteigerungen) erhöht werden müssen. Es muss den Leuten klar gemacht werden, dass nicht zuletzt das Gesundheitsverhalten jedes Einzelnen zur Kosten- und damit auch zur Prämienerhöhung beiträgt.

Angenommen Sie hätten drei Wünsche an Bundesrat Alain Berset: Was würden Sie sich wünschen? Christof Zürcher, Atupri: Aufhebung des Kontrahierungszwanges sowie Einführung einer Praxisgebühr: in keinem anderen Wirtschaftsbereich kann ich Leistungen beziehen, ohne direkt zu bezahlen; so kann ich z.B. um drei Uhr nachts in den nächsten Notfall marschieren und werde behandelt. Die Spitalplanung auf eidgenössischer Ebene realisieren (grosser Effizienzgewinn durch Aufhebung des Föderalismus), Managed Care für Versicherte mit Prämienverbilligungen zwingend vorschreiben (Sicherstellen der Behandlungssteuerung).

Wie sehen Sie die Entwicklung des Krankenversicherungsmarkts bezüglich Anzahl Player: eher mehr, eher weniger oder gleich viel wie heute?

Nikolai Dittli, CEO CONCORDIA.

Christof Zürcher, Atupri: Ich sehe eher weniger Player. Krankenversicherer mit einer Versichertenzahl mit weniger als 50 000 Versicherten müssen sich – einerseits wegen der kleinen Risikoverteilung und andererseits wegen immer grösser werdenden regulatorischen Auflagen – überlegen, ob sich die Selbstständigkeit noch lohnt. So wird es grosse globale Player und weniger grosse Nischenplayer geben. Daniel Lauper, kmu-Krankenversicherung: Die Einheitskassenabstimmung hat gezeigt, dass die Bevölkerung die Vielfalt der Krankenversicherer befürwortet, da sie sich positiv auf die Dienstleistungs- und Servicequalität auswirkt. Doch die Herausforderungen – wie zum Beispiel die regulatorischen Anforderungen – nehmen zu und machen es gerade für uns Nischenanbieter schwierig. Unser kontinuierliches Wachstum zeigt aber, dass unsere Kunden die persönliche Beratung und den individuellen Service schätzen. Deshalb bin ich überzeugt, dass in Zukunft nicht nur grosse Versicherer, sondern auch gut positionierte Nischenanbieter erfolgreich agieren werden.

Foto: ZVG

Wo glauben Sie könnten ohne Qualitätseinbusse weitere Optimierungen vorgenommen werden? Philippe Signer, Kolping: Die Hälfte der Spitäler schliesst (dann hätten wir die gleiche Dichte wie im Ausland). Die Spitäler spezialisieren (nicht jeder macht mehr alles, sondern nur noch je nach Qualifikation, Erfahrung und Erfolg). Bonus für Versicherte für gesundes Verhalten (Nichtraucher, Sport usw.).

Was machen Sie gegen die lästigen Telefonanrufe durch Makler? Daniel Herzog, Direktor RVK.

Thomas Grichting, Groupe Mutuel: Wir setzen auf höhere Qualität und Professionalität bei den Vermittlertätigkei-

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Foto: ZVG

ten. Unseren Vermittlern und Maklern bieten wir verschiedene Schulungen an und akkreditieren sie nur, wenn sie den Qualitätsanforderungen entsprechen. Die Groupe Mutuel verurteilt die unseriösen und unprofessionellen Praktiken gewisser Makler und Vermittler scharf. Zum Schutz der Versicherten wehren wir uns konsequent gegen Betrugsfälle von Versicherungsvermittlern, indem wir konkret gegen sie vorgehen. Auch die Versicherungsbranche sollte diesen Weg konsequent gehen. Verena Nold, santésuisse: Wenn ich als Privatperson einen Anruf von einer Nummer erhalte, die ich nicht kenne, antworte ich nicht oder ich lege den Hörer auf und rufe zurück. Die Branche muss Lösungen finden, um die unseriösen, schwarzen Schafe unter den Maklern auszuschalten. Ausserdem gilt es, Qualitätsstandards auch bei seriösen Vermittlern einzufordern. Reto Dahinden, Generaldirektor SWICA.

Daniel Lauper, kmu-Krankenversicherung: Ich persönliche verurteile diese lästigen Telefonanrufe und verstehe, dass sie die Bevölkerung nerven. Sie schaden der Branche. Deshalb arbeitet die kmu-Krankenversicherung nicht mit Maklern zusammen, der persönliche Kontakt steht im Vordergrund – auch ich berate Kunden zu Hause. Wir alle sollen durch guten Service zu attraktiven Prämien überzeugen, so dass die lästigen Telefonanrufe bald Vergangenheit sind. Reto Flury, EGK: Es gibt tatsächlich kaum etwas Lästigeres, als ungefragt beim Abendessen von einem Makler angerufen zu werden, der einem eine Versicherung andrehen will. In unserem liberalen Rechtsstaat ist im Zweifelsfall der Schutz der Privatsphäre stärker zu gewichten als die Handels- und Gewerbefreiheit. Die EGK-Gesundheitskasse macht deshalb aus Prinzip keine Kaltakquise am Telefon. Das sagen wir unseren Versicherten auch immer wieder und fordern sie dazu auf, uns ungebetene Makleranrufe zu melden. Wenn wir Namen und Telefonnummer des Anrufers haben, können wir diesem nachgehen und Konsequenzen ergreifen. Schwierig wird es aber, wenn fiktive Firmen aus dem

Ausland anrufen, deren Telefonnummer bereits nach wenigen Stunden wieder gewechselt hat. Deshalb müsste generell aktiv gegen solche unlauteren Werbe- und Verkaufsmethoden vorgegangen werden.

Welche Aspekte sind für Ihre Kunden wichtig? Was erwarten diese von Ihnen als Versicherer? A) Gesunde? B) Patienten? Christof Zürcher, Atupri: Gesunde wollen ihre Ruhe und keine Belästigung durch den Versicherer. Sie sind ausschliesslich an einer günstigen Prämie interessiert. Patienten erwarten volle Kostenübernahme und auch eine hohe Kulanz. Sie wollen gut aufgehoben sein und eine gute Dienstleistung!

Foto: Dominik Labhardt

Wieso ist Ihre Versicherung im Grundversicherungsgeschäft tätig, wenn nur im Zusatzversicherungsbereich Gewinne erwirtschaftet werden dürfen? Reto Dahinden, SWICA: Jedes Unternehmen ist auf Gewinn angewiesen, der Innovationen ermöglicht. Unser primäres Ziel ist aber, unsere Versicherten darin zu unterstützten, gesund zu bleiben oder wieder gesund zu werden und dies gelingt besser, wenn wir bereits in der Grundversicherung ansetzen können.

Bruno Ehrler, Generaldirektor Assura-Basis SA.

Thomas Grichting, Groupe Mutuel: Die Groupe Mutuel existiert seit 1852 mit der Gründung des ersten gemeinnützigen Hilfsvereins im Kanton Wallis und kennt daher eine sehr lange Tradition der sozialen Krankenversicherung. Heute bildet das Grundversicherungsgeschäft für die Groupe Mutuel

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Foto: Dominik Labhardt

als umfassender Personenversicherer (Kranken- und Unfallversicherung, Lebensversicherung, berufliche Vorsorge u.a.m.) einen soliden und wichtigen Bestandteil unseres Unternehmens, dem wir uns verpflichtet fühlen. Im Grundversicherungsgeschäft tätig zu sein, erlaubt uns, den Versicherten eine «Dienstleistung aus einer Hand» zu präsentieren, indem sie die obligatorische Grundversicherung nach KVG und auch weitere Personenversicherungen angeboten erhalten und daraus für unsere Kunden Synergieeffekte entstehen. Nikolai Dittli, CONCORDIA: Weil die Krankenversicherer Sozialversicherer sind. Dies ist unsere Herkunft, und dies ist in unsere DNA eingeprägt! Die CONCORDIA ist als Verein sowieso nicht profitorientiert und gibt alle Gewinne auf lange Frist den Versicherten zurück, auch in den Zusatzversicherungen.

Nur rund der Hälfte der Patienten gelingt die konsequente Umsetzung des mit dem Arzt abgemachten Therapieplans. Was könnten Krankenversicherer beitragen, um dies zu ändern? Reto Dahinden, SWICA: Wir setzen auf Managed Care. Ob Hausarztmodell, Gruppenpraxis oder Telemedizin. Alle Varianten stärken die Beziehung zwischen Patient und Arzt. Je besser der Arzt seinen Patienten kennt, desto feiner kann er den Therapieplan abstimmen und desto eher wird der Patient diesen, im Vertrauen darauf, dass sein Arzt das Richtige macht, umsetzen.

Wie definieren Sie die Aufgabe Ihrer Versicherung im Hinblick auf die Versicherten?

Foto: Dominik Labhardt

Reto Dahinden, SWICA: Wir verstehen uns als Gesundheitsorganisation mit drei Kernkompetenzen, die wir mit

Stefan Schena, Vorsitzende der Geschäftsleitung der ÖKK

einem ausgezeichneten Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten wollen: Wir versichern unsere Kunden, wir setzen alles daran, damit sie gesund bleiben und wir begleiten sie, wenn sie krank werden oder verunfallen. Stefan Schena, ÖKK: Wir verstehen uns als Treuhänderin bzw. Anwältin der Versicherten. Wir wollen, dass sie gesundheitlich optimal versorgt sind – je nach ihren Bedürfnissen – gleichzeitig aber so wenig Prämien wie möglich bezahlen. Wir bieten einen Service an, den ein Monopolanbieter in dieser Qualität nicht bieten kann. Dazu gehört nicht nur die persönliche Beratung; wir übernehmen beispielsweise auch die Rechnungskontrolle – und achten damit darauf, dass die Versicherten nicht ungerechtfertigt zu viel bezahlen. Daniel Lauper, kmu-Krankenversicherung: Wir wollen für unsere Versicherten ein guter und fairer Partner sein – ihr Ansprechpartner in Gesundheitsfragen. Wir setzen uns für sie ein, vertreten ihre Interessen gegenüber den anderen Playern und handeln entsprechend. Einfache Abläufe und Transparenz im Kundenkontakt sind wichtig. Obwohl die kmu-Krankenversicherung schon mehr als hundert Jahre auf dem Buckel hat, überprüfen wir unsere Prozesse regelmässig, um innovativ zu sein. Nikolai Dittli, CONCORDIA: Unsere Kundinnen und Kunden sind die Besitzer der gesamten CONCORDIA-Gruppe. Es ist unser Auftrag, ihnen für die Prämien, die sie bezahlen, erstklassige Versicherungsleistungen, einen persönlichen, hochstehenden Service und finanzielle Sicherheit zu bieten. Wir wollen sie lebenslang begleiten und sie vor allem auch im Krankheitsfall optimal betreuen.

Die Branche setzt sich für die Interessen der Versicherten ein. Wie bringen Sie die Interessen der Prämienzahler und diejenigen der Patienten unter einen Hut?

Reto Flury, Geschäftsleiter EGK.

Bruno Ehrler, Assura: Die Krankenversicherung ist eine Sozialversicherung. Für die Assura-Basis SA ist dieser Aspekt sehr wichtig. Es ist wichtig, dass alle Versicherten gleich behandelt werden. Das Einhalten gesetzlicher Rahmenbedingungen ist daher keine Schikane, sondern garantiert, dass jeder die ihm zustehenden Leistungen erhält und dass niemand bevorzugt wird. Den Versicherern fällt die wichtige Rolle zu, für die zu erbringenden Leistungen einen gerech-

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Foto: ZVG

ten Preis auszuhandeln und die Rechnungen genau zu prüfen, damit diese nur tatsächlich erbrachte Pflegeleistungen ausweisen. Denn die daraus resultierenden Ausgaben bestimmen die Höhe der Prämien. Prämienzahler und Patienten haben deshalb auch dieselben Interessen.

Muss die Branche etwas unternehmen, um eine weitere Abstimmung zur Einheitskasse zu verhindern? Was? Daniel Herzog, RVK: In drei bis fünf Jahren wird es wohl erneut zur Abstimmung kommen. Es sei denn, die Branche zeigt den Betroffenen – den Versicherten, aber auch den Leistungserbringern – dass sie ernsthafte Anstrengungen unternimmt, die bestehenden Mängel im Krankenversicherungssystem wirksam zu beseitigen. Wir müssen einerseits gegen die lästigen Werbeanrufe vorgehen, andererseits dürfen schlechte Risiken nicht mehr diskriminiert werden: beim Kassenwechsel, bei der Rückvergütung von Rechnungen oder bei den Kostengutsprachen. Stefan Schena, ÖKK: So lange wir nur als «Geldeintreiber» wahrgenommen werden, werden wir der Buhmann bleiben. Es braucht generell mehr Mut, vermehrt nicht nur reaktiv, sondern auch aus Eigeninitiative heraus öffentlich zu kommunizieren und dabei Systemwissen zu vermitteln. Zudem ist es wichtig, eine «saubere Weste» zu behalten und Skandale zu vermeiden – durch qualitativ bessere Arbeit.

Foto: Dominik Labhardt

Nikolai Dittli, CONCORDIA: Sicher muss sie etwas unternehmen. Die Krankenversicherer müssen ihren Kernauftrag noch konsequenter wahrnehmen, sich resolut für bezahlbare Prämien einsetzen und einen tadellosen Service erbringen. Sie müssen die Vorteile des Wettbewerbs für die Kundinnen und Kunden sichtbar und spürbar machen. Weiter müssen sie die Versicherten transparent und umfassend informieren. Gerade im Vorfeld der Abstimmung zur Einheitskasse ist es

Thomas Grichting, Direktor Groupe Mutuel.

Philippe Signer, CEO Kolping Krankenkasse.

wieder aufgefallen, dass die Versicherten über unser Versicherungssystem und unser Gesundheitswesen ungenügend Bescheid wissen. Man muss ihnen also immer wieder aufzeigen, wie unser System funktioniert, welches die Gründe für die Kostenentwicklung sind und vor allem auch, was die Krankenversicherer leisten und was die Versicherten und die Patienten an Leistungen erhalten. Dr. Reto Flury, EGK: Es besteht durchaus Handlungsbedarf. Wir müssen Lösungen erarbeiten, welche zu einer möglichst stabilen, besser vorhersehbaren Entwicklung der Prämien führen. Dazu gibt es verschiedene Strategien. Managed Care-Modelle sind sicher ein Weg, um Behandlungen zielgerichtet zu planen und durchzuführen. Auch höhere Franchisen sind ein Mittel, um die Kosten zu bremsen, indem die Versicherten mehr Eigenverantwortung übernehmen. Eine weitere Möglichkeit, die Prämienentwicklung für die Bevölkerung berechenbarer zu machen, wären auch Mehrjahresverträge im KVG oder neue Finanzierungsmodelle. Aber wahrscheinlich führt auch kein Weg daran vorbei, den Leistungskatalog zu überarbeiten und unter WZW-Gesichtspunkten schlanker zu machen.

Wie beurteilen Sie das Image der Branche? Falls verbesserungswürdig: Was sollte die Branche unternehmen, um ihr Image zu verbessern? Und wie gut stehen die Chancen, dies zu erreichen? Daniel Herzog, RVK: Das Image wird – systembedingt – nie sehr gut sein können. Ein Versicherer, der eine Leistung aufgrund des gesetzlichen Auftrags ablehnen muss, wird beim Betroffenen stets eine negative Wahrnehmung auslösen. Deshalb müssen wir den Service und vor allem die Art und Weise, wie wir diese Ablehnungen erklären, wesentlich verbessern. Und endlich die lästigen Werbeanrufe einstellen! Schliesslich muss die Branche ihre Aufgaben und ihre Verantwortung im Gesundheitssystem besser erklären. Schon allein das Wissen, welche Aufgaben die Versicherer haben, erhöht das Verständnis – auch für die unangenehmen Botschaften, die ein Versicherer im Fall einer Ablehnung übermitteln muss. UMFRAGE: SILVIA SCHÜTZ

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Wir zahlen Prämien. Trotzdem müssen wir auch noch an jede Behandlung etwas zahlen. Warum zahlt die Krankenversicherung nicht alles?

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1998

1999

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2008

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2010

2011

2012

3895

27 926

3705

25 901

3575

24 932

3409

24 292

3382

23 656

3290

22 722

3155

21 579

3039

20 603

20 348

2995

19 140

2832

17 924

2588

17 096

16 386

2400

15 478

2288

2190

14 621

2097

14 024

1778

13 138

1679

12 459

1996

2503

Bruttokosten OKP und Selbstbehalt

Bruttoleistungen* in Mio. Fr. Kostenbeteiligung in Mio. Fr.

2013

* Bruttoleistungen = Gesamtkosten, davon zahlen die Versicherten Selbstbehalt und Franchise (rot) selbst. Dieser Betrag ist die Kostenbeteiligung der Versicherten.

Die Bruttokosten der obligatorischen Krankenversicherung sind seit 1996 kontinuierlich gestiegen. Parallel dazu hat sich auch der Betrag erhöht, den die Versicherten aus der eigenen Tasche zahlen. Über die Jahre bewegt er sich zwischen 13,5 und 14,8 Prozent.

Die Grafik zeigt, wie die Kosten über die Jahre stetig gestiegen sind – und mit ihnen der Anteil, den die Versicherten aus der eigenen Tasche bezahlen müssen. Die Beteiligung beträgt über die gesamte Dauer zwischen 13,5 und 14,8 Prozent der Gesamtkosten im Gesundheitswesen. Nun zur Frage: Warum überhaupt eine Kostenbeteiligung?

Nebst der Kopfprämie bezahlt ein Versicherter eine Kostenbeteiligung für seine konsumierten Leistungen. Ausnahme: Auf den Leistungen bei Mutterschaft wird keine Kostenbeteiligung erhoben. Diese verursachergerechte Beteiligung stärkt die Eigenverantwortung der Versicherten und verhindert gleichzeitig, dass sich Patienten unnötigerweise in medizinische Behandlung begeben. Man spricht im Zusammenhang mit diesem Phänomen auch etwas salopp vom «Selbstbedienungsladen KVG». Deshalb dürfen Kostenbeteiligungen nicht versichert werden. Die Kostenbeteiligung besteht aus zwei Hauptelementen: der Franchise und dem Selbstbehalt.

Der Selbstbehalt bildet das zweite Element der Kostenbeteiligung. Sobald die Franchise ausgeschöpft ist, vergütet die Krankenkasse die Kosten zu 90 Prozent. Der Patient trägt die verbleibenden 10 Prozent der Abrechnung, allerdings nur bis zu dem vom Bundesrat festgesetzten Höchstbeitrag von 700 Franken pro Jahr. Für Kinder liegt diese Obergrenze bei 350 Franken. Ungeachtet der Franchise und des Selbstbehalts ist von den Patienten unter Umständen auch ein Beitrag an die Kosten des Spitalaufenthalts zu entrichten. Der Bundesrat hat diesen auf 15 Franken

pro Tag beschränkt. Keinen Beitrag zu entrichten haben Kinder bis 18 Jahre, junge Erwachsene bis 25 Jahre, die in Ausbildung sind, und Frauen für Leistungen bei Mutterschaft. Im Jahr 2013 übernahmen die Versicherten 14,8 Prozent aller Kosten der OKP in Form von Selbstbehalten und Franchisen. Haushalte und Personen mit wenig Einkommen erhalten Prämienverbilligungen. Dadurch werden sie finanziell entlastet während der Anreiz, «nicht wegen jedem Bobo zum Arzt zu rennen», bleibt. (sis)

Wie viel zahlt man in anderen Ländern? Laut einer Umfrage bei Schweizerinnen und Schweizer über 55 Jahre, zahlen 37,9 Prozent mehr als 900 Franken im Jahr aus der eigenen Tasche. Bei den über 65-Jährigen zahlten 22 Prozent über 1800 Franken. Damit steht die Schweiz im Vergleich mit 11 Ländern (siehe Seite 11) auf Rang 1.* Ähnlich viele über 65-Jährige (21 Prozent) bezahlen in den USA mehr als 1800 Franken (2000 Dollar) selbst, danach folgen Australien (13 Prozent), Kanada (9 Prozent) und Deutschland (7 Prozent). Keinen Selbstbehalt zahlen die Franzosen. * Obsan, Auswertungsbericht «Commonwealth Fund’s 2014 International Survey of Older Adults», 2014.

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Wie viele Versicherte wählen eine höhere Franchise oder ein Hausarztmodell?

2

Befragt wurden die über 55-Jährigen. «International Survey of Older Adults», Erhebung 2014. Deutschland, Schweden, Norwegen, USA, Frankreich, Australien, Kanada, Holland, Neuseeland und Grossbritannien.

Eingeschränkte Wahl

3 671 372

Eingeschränkte Wahl z.B. HMO

595 939

557 035

603 504

2001

2003

577 841

2002

541 890

1999

2000

494 040

Versicherte mit HMO-Modell

121 598

22.3%

383 093

7.5%

906 113

2 858 422

2 300 471

1 841 047

Versicherte mit Hausarztmodell

747 766

Versicherte mit wählbarer Franchise

1 356 806

34.4%

4 902 792

Alternative Modelle und Franchisen 2013

1

4 608 184

Die Entwicklung der Hausarzt- und HMO-Modelle ist eine kleine Erfolgsgeschichte. Im Jahr 1996, als das KVG eingeführt wurde, entschieden sich gut 100 000 Versicherte für ein solches Modell. Knapp 20 Jahre später ist ihr Anteil auf rund fünf Millionen gestiegen – also ein Anstieg um den Faktor 50. Anders als bei der Franchise tragen nicht nur monetäre Gründe zur Wahl eines HMO- oder Hausarztmodelles bei. Auch die bessere Betreuung der Patienten auf dem Behandlungspfad (z.B. Hausarzt – Spezialist – Spital – Reha) und die bessere Koordination zwischen den Akteuren spielen eine Rolle. Dass in diesem Bereich Mängel bestehen, zeigt der jüngste Bericht des Commonwealth

37.2%

oder mehrere chronische Erkrankungen haben. Am häufigsten bieten die Versicherer so genannte Hausarztmodelle und Health Maintenance Organizations (HMO) an. Stetigen Zuwachs verzeichnen auch die so genannten Managed Care-Modelle, die Ärztenetze und Krankenversicherer anbieten. Das gleiche gilt für die Telemedizin-Modelle, bei welchen sich der Versicherte vor einer Behandlung telefonisch beraten lassen muss. Seltener sind Versicherungsmodelle mit Ärztelisten, von denen Ärzte aufgrund verschiedenster Kriterien ausgeschlossen werden können (Preferred-Provider-Organization/PPO). (sis)

Funds vom November 2014. Er stützt sich auf eine breite internationale Bevölkerungsbefragung in elf Ländern – darunter die Schweiz.1 Die Befragten in der Schweiz sind zwar mit ihrem Gesundheitssystem im Vergleich mit zehn anderen Ländern am zufriedensten;2 doch sehen sie unter anderem Verbesserungspotenzial im Bereich des Informationsflusses zwischen Arzt und Patient, aber auch zwischen Hausarzt, Spezialist und Spital. So stehen bei Arztterminen etwa die Ergebnisse der gemachten Tests nicht zur Verfügung oder die Tests werden doppelt ausgeführt. Auch der Austausch von Krankheitsgeschichten und anderen Unterlagen zwischen Arzt und Spezialist klappt nicht immer. Besser funktioniert der Informationsfluss bereits heute dort, wo ein Arzt oder Gesundheitszentrum die medizinische Behandlung koordiniert. Von einer solchen umfassenden Grundversorgung profitieren vor allem jene Personen, die eine

4 206 342

Im Jahr 2013 wählte gut jeder zweite Erwachsene eine Wahlfranchise. Und noch mehr Versicherte – nämlich 59,5 Prozent – vertrauten einem alternativen Versicherungsmodell.

2013

2011

2012

2010

2009

2008

2007

2006

2005

2004

1997

1996

1998

17.6%

Versicherte mit ordentlicher Franchise übrige Modelle

Innerhalb von knapp 20 Jahren verzeichnen die Versicherungsmodelle mit eingeschränkter Arztwahl einen Zuwachs von 100 000 Versicherten auf knapp fünf Millionen Versicherte (siehe Grafik rechts). Von den 59,5 Prozent, die 2013 einem Modell mit eingeschränkter Arztwahl (inkl. Telemedizin und Managed Care) den Vorzug gaben, wählten 37,2 Prozent eine höhere Franchise als die Standardsumme von 300 Franken. Am beliebtesten waren die Hausarztmodelle (34,4 Prozent), auf HMO-Varianten griffen laut BAG 7,5 Prozent zurück (andere Quellen weisen 11 Prozent aus) und die übrigen Modelle wie Telemedizin und Managed Care fanden bei 17,6 Prozent der Versicherten Anklang.

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Warum steigen meine Prämien stärker als die Teuerung?

Krankenversicherungskosten steigen weit stärker als die durchschnittliche Teuerung in der Schweiz. Zwischen 1997, einem Jahr nach der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) und 2013 sind die Gesamtkosten in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) von 12,9 auf 27,9 Milliarden Franken oder um 116 Prozent gestiegen, was pro Jahr einem mittleren Kostenwachstum von knapp fünf Prozent entspricht.

Verantwortlich für das rasche Kostenwachstum in der Krankenversicherung ist der starke Anstieg der Leistungsausgaben, vor allem bei den Spitalbehand-

Kosten 2013

lungen, den Ärzten und bei den Medikamenten. Dieser Anstieg ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen: • Faktoren, die man nicht beeinflussen will oder kann. Dazu gehören die Fortschritte in der Medizin, der Medizinaltechnik, der Pharmakologie und die demografische Entwicklung. • Faktoren, die allenfalls langfristig beeinflussbar sind, wie das Gesundheitsverhalten der Bevölkerung. • Faktoren, die nur teilweise beeinflussbar sind, wie die wachsenden Ansprüche an die Medizin und an das Gesundheitswesen («Wenn ich schon Prämien zahle, will ich dafür das Maximum»).

Kosten im stationären Bereich

SwissDRG* Rehabilitation* Psychiatrie* Veränderung in %

Kosten 2013 in Mio. CHF Wachstum 2008–2013 in %

Spital stationär

• Die Ansprüche steigen mit den neuen Möglichkeiten der Medizin und vor allem mit dem Marketing, das diese bekannt macht sowie mit der Dichte des Angebots. • Faktoren, die durch entsprechende Massnahmen durchaus beeinflussbar sind wie überhöhte Preise und Tarife, das Überangebot an Spitälern und Spitalbetten, die grosse Dichte an Spezialärzten in Agglomerationen und/oder die Überversorgung an medizinisch-technischen Geräten. Die falschen wirtschaftlichen Anreize, die zu unnötigen Leistungen führen, kann man verändern. (sis)

8.2 (1%)

*Bruttoleistungen pro versicherte Person in CHF

647 62 90

647 65 90

2012

2013

66.1 (9%) 585 71 77

12.7 (2%) 575 68 77

2010

3338

564 70 77

549 69 75

TARMED Spital

2009

17.5 (3%)

4

9.7 (1%)

6462

7

TARMED Arzt 5644 5

Medikamente 5616 2

Pflege/Spitex 2539 2

2011

4061 4

2008

Übrige

Quelle: Datenpool der SASIS AG, nach Behandlungsdatum; eigene Berechnungen.

Grafik links: Die ambulanten Kosten sind zwischen 2008 und 2013 im Schnitt prozentual am stärksten gestiegen (TARMED Ärzte und Spital). Der Anstieg im Bereich Spital stationär beträgt prozentual vier Prozent. Da es sich mit 6,5 Milliarden (2013) um den grössten Kostenblock handelt, beeinflusst er die Prämien stark. Die Grafik rechts zeigt, wie sich die Einführung der neuen Spitalfinanzierung am 1. Januar 2012 auf den Kostenblock Spital stationär ausgewirkt hat: Es gab einen Schub um neun Prozent im Jahr der Einführung. Die Jahre davor und danach weisen ein Wachstum von zwischen einem und drei Prozent aus.

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Badekur auf Rezept: Was bezahlt die Krankenkasse?

Foto: Prisma

Damit die Krankenkassen sich an den Badekurkosten beteiligen, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Sie sind im trockenen Gesetz verankert.

Die Badekur muss von einem Arzt oder einer Ärztin verordnet sein (Art. 25 Abs. 2 Bst. c KVG) und sie muss in einem zugelassenen Heilbad durchgeführt werden (Art. 40 KVG in Verbindung mit Art. 57 und 58 KVV). Gemäss gültiger Rechtsprechung (BGE 107 V 170), muss zudem ausserhalb der eigenen vier Wänden Unterkunft bezogen werden. Sind diese Bedingungen erfüllt, vergüten die Krankenkassen zehn Franken pro Tag während höchstens 21 Tagen pro Jahr (Art. 25 KLV), sofern diese keine «wesentliche Unterbrechung» erfahren und der Patient mobil und nicht pflegebedürftig ist. Dieser Beitrag deckt einen minimalen Teil der Fahrt- und Hotelkosten. Zusätzlich anfallende Kosten für ärztliche Leistungen, Medikamente oder beispielsweise für Physiotherapie werden separat, d.h. gemäss separatem Tarif, vergütet. Für Letzteres gibt es zurzeit jedoch keine nationale (Tarif-)Regelung. Die Leistungen entsprechen der gängigen Kassenpraxis. Bevor man eine Badekur antritt, empfiehlt es sich – insbesondere, wenn man über keine Zusatzversicherung verfügt – bei seinem Krankenversicherer genau nachzufragen, ob das ausgewählte Heilbad zugelassen ist und welche Therapie-Leistungen im Rahmen des Badekuraufenthaltes übernommen werden. Badekuren im Ausland

Leistungen für Badekuren im Ausland dürfen von den Krankenversicherern im Rahmen der Grundversicherung aufgrund des im KVG verankerten «Territorialitätsprinzips» nicht ausgerichtet werden (vorbehalten sind medizinische Notfallbehandlungen während eines vorübergehenden Auslandaufenthaltes). (jpb)

Bevor das Wasser plätschert, sollte der Versicherte einige Abklärungen machen. Denn bezahlt wird das heilende Wasser nur unter gewissen Bedingungen.

Herrscht auch bei den Krankenversicherern ein Fachkräfte-Mangel?

Fachkräftemangel herrscht in allen Branchen, auch die Krankenversicherung ist da nicht ausgenommen. Erfreulich ist deshalb, dass von 2009 bis und mit 2014 pro Jahr durchschnittlich gut 50 Kandidatinnen und Kandidaten den eidgenössischen Fachausweis Krankenversicherung erlangen. Die Frage bietet die Gelegenheit, einen Fehler, der sich in

die letzte Ausgabe eingeschlichen hat, zu korrigieren: Die erfolgreichsten der 46 neuen Krankenversicherungs-Fachleute 2014 sind: Manuela Wicki, Groupe Mutuel (5,1); Marisa Ahmeti, CSS (5,1); Daniel Da Silva, Groupe Mutuel (4,9) und Selina Clalüna, Groupe Mutuel (4,9). (red)

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Ambulant oder stationär?

Foto: Prisma

Ambulant oder stationär? Diese Frage stellt sich nicht nur beim Grauen Star, sondern bei zahlreichen Eingriffen. Ihre Beantwortung hat direkten Einfluss auf das Portemonnaie.

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Krampfadern-OP

stationär mit Zusatzversicherung 20000.−

stationär 7400.−

3300.– 4100.–

3300.– 4100.– 12600.–

Zusatzversicherung Kantonsbeitrag Grundversicherung

2600.–

Ist die Sehkraft deutlich eingeschränkt, wird eine Kataraktoperation unumgänglich. Die natürliche Augenlinse wird entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt. Dank des medizinischen Fortschrittes, wird der Eingriff gewöhnlich ambulant und damit kostengünstiger durchgeführt. Stationäre Aufenthalte sind mit Zusatzkosten verbunden. Grundsätzlich handelt es sich um eine Leistung, die von den Krankenkassen im Rahmen der Grundversicherung übernommen wird. Ordnet der behandelnde Arzt einen stationären Eingriff an, muss er begründet sein.

Hier kommt auf Seiten der Krankenversicherer der Vertrauensarzt ins Spiel. Eine seiner zentralen Aufgaben besteht darin, die von den Leistungserbringern (Ärzte, Spitäler, Physiotherapeuten usw.) durchgeführten Untersuchungen und Behandlungen auf ihre Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit zu prüfen (Art. 32 KVG). Zudem muss er der Frage nachgehen, ob sich der Leistungserbringer auf diejenigen Leistungen beschränkt hat, die im Interesse des Patienten liegen und für den Behandlungszweck erforderlich sind (Art. 56 KVG). Leistungen, die über dieses Mass hinausgehen, müssen von den Krankenkassen nicht übernommen werden. Generell und insbesondere bei stationären ophtalmologischen (die Augenheilkunde betreffenden) Operationen wird die vom behandelnden Arzt angeordnete Notwendigkeit des Spitalaufenthaltes vom Vertrauensarzt beurteilt. Seine Angaben dienen den Krankenkassen, um über die Leistungspflicht zu entscheiden, die Vergütung festzusetzen oder allenfalls eine Verfügung bzw. Ablehnung der Kostenübernahme zu begründen. Die Vertrauensärzte sind in ihrem Urteil unabhängig von den Krankenkassen. Die Abgeltung der ambulant durchgeführten Kataraktoperation inklusive der Einpflanzung der künstlichen Linse, erfolgt in den meisten Kantonen in Form einer pauschalen Abgeltung. Diese Pauschale beläuft sich zurzeit auf 2300 Franken. Für Leistungen, die nicht in dieser Pauschale inbegriffen sind, werden die Bestimmungen und der Taxpunktwert des TARMED angewendet. Die Kosten des stationären Aufenthaltes unterscheiden sich je nach Kanton und Spital (Baserate). Geht man von einer Baserate von 9400 Franken aus, ergeben sich knapp 5900 Franken (DRG: C06Z). Der stationäre Aufenthalt (mit der Diagnose komplexer Eingriff) kostet also mehr als doppelt so viel wie der ambulante. Allerdings bezahlen die Kantone mehr als die Hälfte an die stationäre Behandlung. Die ambulante Behandlung hingegen geht voll zulasten der Krankenversicherung. Unter dem

ambulant 2600.−

Die Kataraktoperation (Grauer Star) ist einer der häufigsten Eingriffe in der Augenchirurgie, die heute in der Regel ambulant durchgeführt wird und von den Krankenkassen problemlos bezahlt wird. Erfolgt der Eingriff jedoch unter stationären Bedingungen, stellt sich die Frage der Wirtschaftlichkeit.

Quelle: Assura

Am konkreten Beispiel der KrampfadernOperation lässt sich zeigen, wie sich eine Behandlung im Spital stationär oder ambulant auf die Kosten in der Grundversicherung auswirken kann. Ambulant bezahlt die Grundversicherung 2600 Franken (100 Prozent der anfallenden Kosten), stationär 3300 Franken (45 Prozent der anfallenden Kosten). Stationäre Aufenthalte sind – anders als im Beispiel der Krampfadern-OP – nicht in allen Fällen teurer für die OKP als ambulante.

Strich ergibt sich bei diesem konstruierten Beispiel (Annahme Kostenteiler 55 Prozent zulasten des Kantons) eine Mehrbelastung der Krankenkassen von rund 400 Franken durch den stationären Aufenthalt. Das ist in diesem konstruierten Fall nicht viel, zeigt indes die grundsätzliche Problematik von stationär und ambulant auf. Ob bei einer Kataraktoperation ein stationärer Aufenthalt notwendig ist, beurteilen Ärzte und Krankenkassen teilweise unterschiedlich. Deshalb empfiehlt es sich, vor dem geplanten Eingriff, die Frage der Kostenübernahme zu klären. Denn liegt ein klarer medizinischer Grund für die stationäre Behandlung vor, zahlt die Krankenkasse diesen Aufenthalt. (jpb)


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Gibt es einen Versicherungsschutz für meine Brille?

Die Grundversicherung zahlt in speziellen Fällen einen Beitrag an die Brillengläser. Wer aber eine Brillenversicherung wünscht, schliesst am besten eine Zusatzversicherung ab.

Je nach Alter und Verlauf der Kurzoder Weitsichtigkeit, müssen die Gläser und allenfalls die Brillengestelle von Zeit zu Zeit und für recht viel Geld erneuert werden. Insbesondere dann, wenn gute Produktequalität und fachmännische Betreuung gefragt sind. Was bezahlt die Krankenversicherung an Sehhilfen?

Diese Frage ruft bei Leidgeplagten womöglich eine Begebenheit aus der Schulzeit in Erinnerung. Zum Beispiel folgende: Anfangs Schuljahr sitzt man, zwölfjährig, in der hintersten Bank des Klassenraums. Der Lehrer schreibt ein paar Wörter an die Wandtafel und fragt: «Kannst du mir das vorlesen?» Das gelingt leider nicht – oder nur mit starkem Blinzeln. Etliche Jahre später bekundet man Mühe, die Zeitung zu lesen. Und da sich die Arme nicht unendlich strecken lassen, muss man mit der Zeit zu einer Lesebrille greifen… Unter Sehhilfen versteht man Brillengläser und Kontaktlinsen bzw. optische Vorrichtungen, «die zur Korrektur von Brechungsfehlern oder dem Ausgleich, der Verbesserung oder Behandlung eines anderen Krankheitszustandes des Auges dienen». Die anteilsmässige Be-

teiligung an Sehhilfen im Rahmen der Grundversicherung ist im Anhang 2 der KLV, in der Liste der Mittel- und Gegenstände (MiGeL), wie folgt geregelt (siehe Positionen 25.01 und 25.02): Bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

180 Franken pro Jahr auf (augen-)ärztliches Rezept. Eventuelle unterjährige Folgeanpassungen können durch Augenoptiker erfolgen. Diese Regelung ist jedoch vorläufig nur gültig bis zum 31. Dezember 2014. Alle Altersgruppen

• 180 Franken pro Jahr und Seite an Brillengläser und Kontaktlinsen (inkl. Anpassung) oder Schutzgläser. Diese Beteiligung der Krankenversicherer erfolgt jedoch nur in Spezialfällen, d.h. bei krankheitsbedingten Refraktionsänderungen, wie beispielsweise bei Katarakt (Grauer Star), Diabetes, Makulaerkrankungen usw. oder nach Katarakt- oder Glaukom(Grüner Star)-Operationen. • 270 Franken alle zwei Jahre und pro Seite an Spezialfälle für Kontaktlinsen (inbegriffen Kontaktlinsen und Anpassung durch den Optiker), sofern die Sehschärfe mit Kontaktlinsen

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gegenüber der Brille merklich verbessert wird. Die genauen Voraussetzungen sind in der MiGel unter der Positions-Nummer 25.02 zu finden. • 630 Franken ohne zeitliche Limitierung und pro Seite an Spezialfälle für Kontaktlinsen (inbegriffen Kontaktlinsen und Anpassung durch den Optiker), bei irregulärem Astigmatismus (unregelmässige Krümmung der Hornhaut), Keratokonus (fortschreitende Ausdünnung und kegelförmige Verformung der Hornhaut), Status nach Hornhaut-Operation usw. Bei den Spezialfällen für Kontaktlinsen können die Brillengläser zusätzlich vergütet werden. Zusatzversicherung für Brillenversicherung

Eigentliche Brillenversicherungen werden von den Krankenversicherern in Form von entsprechenden Zusatzversicherungen angeboten. In der Regel in Form eines Maximalbetrages innerhalb eines bestimmten Zeitraumes für das Brillengestell und die Gläser. Dieser «Zustupf» weicht jedoch von Krankenversicherer zu Krankenversicherer teilweise stark ab. (jpb)


Warum wird die Mammografie nicht in allen Kantonen bezahlt? BEZAHLTE MAMMOGRAFIE-SCREENING-PAUSCHALEN IN CHF

0−1

1 − 175

Bisher wird die systematische Screening-Mammografie nicht flächendeckend angeboten; die rechtlichen Grundlagen dafür sind allerdings vorhanden. Zurzeit gibt es in den Kantonen Bern, Freiburg, Genf, Graubünden, Jura, Neuenburg, St. Gallen, Thurgau, Waadt und Wallis ein Screening-Programm.

Die Kantone Basel-Stadt, Solothurn, Luzern und Tessin haben die Einführung von Programmen beschlossen, jedoch noch nicht umgesetzt oder es haben noch keine Tarifverhandlungen mit den Krankenversicherern stattgefunden (Kanton Tessin). In weiteren Kantonen sind politische Vorstösse hängig.1 Warum die kantonalen Unterschiede?

Der Bericht des Swiss Medical Board hat – primär in Bezug auf die Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmässigkeit (Art. 32 KVG) der systematischen Screening-Mammografie – eine

175 − 190

Das MammografieScreening ist umstritten und wird deshalb nicht in allen Kantonen durch die Grundversicherung bezahlt.

190 − 200

breite und zum Teil heftige Diskussion in der Öffentlichkeit und in Fachgremien ausgelöst sowie letztendlich für eine gewisse Verunsicherung gesorgt. Aus den Erkenntnissen seiner Analyse empfiehlt das Swiss Medical Board, auf die Einführung von systematischen Screening-Mammografie-Programmen zu verzichten und die bestehenden zu befristen. Dass sowohl die Frauen selbst, als auch die Wissenschaftler seither vermehrt hin- und hergerissen sind, zeigen die zahlreichen in Print- und digitalen Medien publizierten Beiträge zum Thema. Die Gegner zweifeln daran, dass die Mammografie die «WZW»-Kriterien erfüllt: Zum einen werden damit nicht mit 100-prozentiger Sicherheit alle Tumoren in der Brust erkannt, andererseits gibt es auch «falschen Alarm». Die Befürworter stellen die Erfolge der Mammografie über die Bedenken. Die Einführung eines Programms zur Früherkennung des Brustkrebs liegt in der Kompetenz der Kantone.

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Vertraglich vereinbarte Preise

Seit 1996 wird die Mammografie aufgrund des vom EDI deklarierten Pflichtleistungscharakters als Massnahme zur frühzeitigen Erkennung des Brustkrebs in diversen Kantonen (siehe Grafik) im Rahmen von Programmen durchgeführt und von der Grundversicherung in Form von Pauschalen bezahlt (zur Erinnerung: ab dem 50. Altersjahr alle zwei Jahre und von der Franchise befreit). Dies aber nur, sofern die Screening-Mammografie im Rahmen eines kantonalen Programms zur Früherkennung des Brustkrebses angeboten wird, das die Qualitätssicherung berücksichtigt (Verordnung vom 23. Juni 1999).2 (jpb) 1 2

Quelle: Krebsliga Verordnung über die Qualitätssicherung bei Programmen zur Früherkennung von Brustkrebs durch Mammografie vom 23. Juni 1999 (Stand am 31. August 1999)


Warum vergütet die Grundversicherung nur einen kleinen Teil der Komplementärmedizin? Die Komplementärmedizin umfasst eine Vielzahl von Methoden zur Feststellung, Behandlung oder Vorbeugung von Krankheiten und Störungen sowie zur Gesundheitsförderung.

Komplementärmedizinische Methoden nehmen für sich in Anspruch, eine Ergänzung oder eine Alternative zur Schulmedizin anzubieten. Über eine private Zusatzversicherung haben schätzungsweise 70 Prozent der Versicherten Zugang zu komplementärmedizinischen Leistungen. Im Rahmen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung sind seit dem 1. Juli 2005 die ärztliche Akupunktur und zahl-

reiche komplementärmedizinische Arzneimittel versichert. Damals wurden fünf weitere komplementärmedizinische Methoden vom Eidgenössischen Departement des Innern (EDI) aus dem Grundleistungskatalog entfernt, da sie die gesetzlichen Kriterien der Wirksamkeit, der Zweckmässigkeit und der Wirtschaftlichkeit nicht erfüllten. Es handelte sich dabei um die anthroposophische Medizin, die Homöopathie, die Neuraltherapie, die Phytotherapie und die traditionelle chinesische Medizin. Dieser Entscheid des EDI entfachte eine öffentliche Diskussion rund um den Einbezug komplementärmedizinischer Methoden in die Grundversicherung. Das Volk hat mit seinem Ja zum Ge-

genvorschlag zur Volksinitiative « Ja zur Komplementärmedizin» im Jahr 2009 das vorläufig letzte Wort gesprochen. Vom 1. Januar 2012 bis Ende 2017 werden die fünf Methoden deshalb wieder provisorisch unter bestimmten Voraussetzungen, die im Leistungskatalog aufgeführt sind, von der Grundversicherung bezahlt. Diese Übergangsperiode wird dazu genutzt, um die kontroversen Aspekte zu klären. Bis heute fehlt der Nachweis, dass diese fünf Behandlungsmethoden die WZW-Kriterien vollumfänglich erfüllen. Das gilt auch für andere komplementärmedizinischen Behandlungen und Arzneimittel. Deshalb werden nur wenige von der Grundversicherung bezahlt. (sis)

Osteopathie liegt im Trend – Wer bezahlt? Um die Frage gleich vorweg zu beantworten: Osteopathie ist nicht kassenpflichtig. Bei dieser Therapiemethode handelt es sich um eine nichtkassenpflichtige komplementärmedizinische bzw. alternative Therapiemassnahme.

Die Kosten der Behandlungen werden nicht von der Grundversicherung, sondern im Rahmen der Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) einer allfällig bestehenden Zusatzversicherung erstattet. In der Regel werden 70 bis 90 Prozent der Kosten vergütet. Der Beruf des Osteopathen bzw. der Osteopathin ist in der Schweiz inzwischen als unabhängiger Heilberuf anerkannt. Für die Ausübung der Osteopathie benötigen die Therapeuten eine kantonale Berufsausübungsbewilligung. Diese wird allerdings nur dann erteilt, wenn das interkantonale Diplom der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) vorliegt. Sobald die Bewilligung vorliegt, kann

der Osteopath direkt und ohne vorherige ärztliche Konsultation aufgesucht werden. Besondere Versicherungsmodelle mit eingeschränkter Wahl der Leistungserbringer spielen in diesem Bereich keine Rolle, da es sich vorliegend nicht um Leistungen der Grundversicherung handelt. Sowohl die Schweizerische Stiftung für Komplementärmedizin ASCA (Rubrik «Therapeuten»), als auch das ErfahrungsMedizinische Register EMR (Rubrik «EMR Public») führen eine Methodenliste und eine Liste der von den Krankenversicherern anerkannten Therapeuten. Auch für die Mitarbeitenden der Krankenversicherungen gibt es eine praktische Neuerung: Ab 2015 haben die VVG-Therapeuten einheitliche, neue ZSR-Nummern – pro Komplementärtherapeut eine – mit den Zertifikaten der verschiedenen Registrierungsstellen wie EMR, ASCA, NVS, APTN, OdA KT, QualiKAM und weiteren. (jpb)

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Warum ist die Krankenversicherung obligatorisch?

Die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) fusst auf der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999. Darin wird dem Bund die Aufgabe übertragen, Vorschriften über die Kranken- und Unfallversicherung zu erlassen.

Der Bund hat die Kompetenz, die Kranken- und die Unfallversicherung allgemein oder für einzelne Bevölkerungsgruppen obligatorisch zu erklären. Vor dem Hintergrund dieses Verfassungsauftrages erliess die Bundesversammlung das aktuelle Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) vom 18. März 1994. Dieses Gesetz trat am 1. Januar 1996 in Kraft und regelt seither die soziale Krankenversicherung, welche die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) und die freiwillige Taggeldversicherung umfasst. Beide gehören zu den zehn Bundessozialversicherungen. Auch der allgemeine Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG), der anfangs 2003 in Kraft getreten ist, enthält verschiedene, massgebende Bestimmungen für die Krankenversicherung. Der Bundesrat regelt die Umsetzung des KVG in diversen Verordnungen.

Wie funktioniert das heutige System?

Die Organisation der Krankenpflegeversicherung (OKP) beruht auf vier elementaren Grundsätzen: • Versicherungspflicht: Die Krankenpflegeversicherung ist für die gesamte Bevölkerung obligatorisch. Gleichzeitig sind alle Krankenversicherer dazu verpflichtet, Personen unabhängig von ihrem Gesundheitszustand oder ihrem Alter in die Grundversicherung aufzunehmen. Der Grundgedanke für das Obligatorium ist, dass die Versicherten vor den finanziellen Folgen einer (schweren) Erkrankung geschützt werden sollen. • Solidarität: Die Ausgestaltung der OKP gewährleistet die Solidarität zwischen Gesunden und Kranken, zwischen Jung und Alt, zwischen Mann und Frau sowie bis zu einem gewissen Grad zwischen Personen in unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen. • Garantierter Zugang zu den Leistungen: Die OKP stellt im Krankheitsfall den Zugang aller Versicherter zum Grundleistungskatalog sicher. • Wahlfreiheit: In der OKP können die Versicherten den Krankenversicherer frei wählen und bei Bedarf wechseln.

Die Finanzierung der im Krankenversicherungsgesetz (KVG) definierten Leistungen erfolgt aus drei unterschiedlichen Quellen: Versicherte entrichten eine Prämie, Patientinnen und Patienten eine Kostenbeteiligung und Bürgerinnen und Bürger einen Steuerbeitrag. Das Zusammenspiel dieser drei Elemente ermöglicht eine soziale Finanzierung und stärkt gleichzeitig das eigenverantwortliche Verhalten. Die Kopfprämie enthält im Verbund mit der Kostenbeteiligung Anreize für ein kostenbewusstes und eigenverantwortliches Verhalten. Die steuerfinanzierte Prämienverbilligung als soziales Element federt die Prämienlast für Personen in wirtschaftlich bescheidenen Verhältnissen ab. Neben der Prämienverbilligung finanzieren die Steuerzahler aber auch einen Teil der KVG-Leistungen. So werden etwa ab dem Jahr 2017 neu 55 Prozent der stationären Spitalkosten über einkommensabhängige Steuerbeiträge gedeckt. Zusammen mit Beiträgen an die ambulante Pflege (z.B. Spitex) und den Prämienverbilligungen deckt der Steueranteil rund 40 Prozent der heutigen Grundversicherungskosten. (avi)

Was war vor 1996? Das Krankenversicherungsgesetz (KVG), wie wir es heute kennen, gilt in der Schweiz erst seit 1996. Davor prägte das Krankenund Unfallversicherungsgesetz (KUVG) während rund 85 Jahren die Krankenversicherung. Das KUVG trat 1911 in Kraft, nachdem am 20. Mai 1900 die sogenannte Lex Forrer vom Volk abgelehnt worden war. Die abgelehnte Lex Forrer sah die gesamtschweizerische Einführung einer obligatorischen Kranken- und Unfallversicherung vor, die von den Versicherten mit Sozialbeiträgen und mit Steuergeldern bezahlt werden sollte. Anders als die verworfene Lex Forrer schuf das KUVG eine Krankenversicherung auf freiwilliger Basis und verzichtete auf das Obligatorium. Es erlaubte privaten und öffentlichen Krankenkassen, in diesem Be-

reich tätig zu werden. Das KUVG liess abgestufte Prämien nach dem Eintrittsalter zu: Je älter eine Person beim Eintritt in die Versicherung war, desto höher fiel die Prämie aus. Nicht gewährleistet waren die Aufnahmepflicht und die Freizügigkeit. So durften die Krankenkassen Vorbehalte wegen bestehenden Erkrankungen anbringen und konnten den Versicherten ab einem bestimmten Lebensalter die Aufnahme verweigern. Wechselte ein Versicherter seine Versicherung, wurden seine bisher bezahlten Prämien nicht an den neuen Versicherer überwiesen; er war an seine Versicherung gebunden. Vor Inkrafttreten des KVG war praktisch bereits die gesamte Bevölkerung freiwillig versichert. (sis)

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Wie viele Personen wechseln jährlich ihre Krankenkasse?

11.5 10.5 8.6

8.58

9.8

9.9

10.1 9.3

9.13

7.2

5.5

6.03 -1.01

0.96

1.19

2.32 2.35

2.36

2.67

3.71 1.01

1.87

1.14

3.54

3.83

4.58

5.39

6.05 4.56

5.43 3.62

3.21

1998

3.62

4.13

1997

2.22

4.34

5.40

5.85

7.03

8.12

9.05

11.5

Prämienwachstum, Kostenanstieg und Kassenwechsel

Prämienwachstum in % Kostenwachstum in % Wechselquote in % auf Jahresende

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

Die Grafik zeigt, wie das Prämienwachstum (blau) dem Kostenwachstum (rot) folgt. Liegen die Prämien unter den Kosten (wie 1999 bis 2002 und 2007 bis 2009), reagieren sie in den Folgejahren mit einer sprunghaften Erhöhung. Die Erwartung, dass die Versicherten bei massiven Prämienerhöhungen vermehrt die Kasse wechseln, bestätigt diese Grafik nur teilweise. Das liegt daran, dass (moderate) schweizweite Durchschnittswerte starke Prämienerhöhungen in Einzelfällen nicht abbilden.

Umfragen von Markt- und Meinungsforschungsinstituten sowie die Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit zeigen, dass die Wechselquote in den letzten zwei Jahren in etwa gleich geblieben ist.

Im 2011 (auf das Jahr 2012) betrug sie 7,2 Prozent, Ende 2012 (auf 2013) wollten 5,5 Prozent wechseln und 2013 (auf das Jahr 2014) machten laut einer Umfrage 7,5 Prozent von der freien Wahl ihres Krankenversicherers Gebrauch – das entspricht knapp 600 000 Personen. Die Grafik setzt die Wechselquote mit dem Kostenanstieg und dem Prämienanstieg in Beziehung. Grundlage ist der vom BAG kommunizierte Durchschnittswert (Prämienerhöhung für Erwachsene mit Franchise 300). Ein Blick auf die Grafik zeigt, dass 2010 (Ankündigung der Prämien für das Jahr 2011) und 2009 (Ankündigung der Prämien fürs das Jahr 2010)

die Rekordjahre der Wechsler sind: 11,5 Prozent zog es zu einer neuen Kasse – was rund 730 000 Menschen entspricht. Da die Wechsler – zum Beispiel im Jahr 2009 – aufgrund der Prämienankündigung für das Folgejahr 2010 reagierten, sind die hohen Prämiensprünge der Grund für den Wechsel in diesen Jahren. In den Jahren zuvor wurden die Prämien durch die Politik künstlich tief gehalten, wie die Grafik zeigt: Im Jahr 2008 stiegen die Kosten um 4,9 Prozent, während die Prämien im Vergleich mit dem Vorjahr um ein Prozent sanken. Das gleiche Muster zeigte sich 2009: Die Kosten stiegen um 2,67 Prozent, die Prämien nur um 0,96 Prozent. Danach folgte der Prämiensprung, weil die Krankenversicherer das verordnete Minus kompensieren mussten. Trotzdem wechselten auch in den Jahren, in denen die Prämien künstlich tief gehalten wurden, zwischen 9,8 und 10,5 Prozent die Kasse. Warum?

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Entscheidend für die Wechselquote ist die Anzahl der Versicherten mit einer Prämienerhöhung von über fünf Prozent. Denn grundsätzlich wechseln die Versicherten, welche mit hohen Prämienaufschlägen konfrontiert werden. Auch in Jahren mit einer durchschnittlich geringen Prämienerhöhung resultieren für einzelne Versicherte grössere Anstiege. Diese bildet die Durchschnittszahl der Grafik nicht ab. Dass die Wechselquote nicht grundsätzlich höher ausfällt, hat verschiedene Gründe: Tradition, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, Zufriedenheit mit den Dienstleistungen des Versicherers – und Bequemlichkeit. Laut Umfragen von comparis spielt die Kundenzufriedenheit eine zunehmend wichtigere Rolle. Das stärkt die Kundenbindung auch bei Prämienerhöhungen. (sis) Quelle: BAG-Statistik, Tabellen T1.49; T11.17; T11.19 und www.comparis.ch


Wie viel tragen die Verwaltungskosten der Versicherer zum Prämienanstieg bei? Neben den Leistungen für medizinische Behandlungen entstehen auch Kosten für den administrativen Aufwand der Krankenversicherer, die so genannten Verwaltungskosten. Die Versicherer behalten einen kleinen Teil der von den Versicherten einbezahlten Prämien zurück, um ihren öffentlichen Auftrag im Rahmen der OKP erfüllen zu können.

der Einführung des KVG ist der Verwaltungskostenanteil in der Grundversicherung von 8,9 Prozent im Jahr 1996 auf 5,3 Prozent im Jahr 2013 kontinuierlich gesunken. Im gleichen Zeitraum nahm der Umfang der Zahlungen der Krankenversicherer an die Leistungserbringer zu: von 1996 bis 2013 um 1748 Franken pro versicherte Person. Dagegen stiegen die Verwaltungskosten in der gleichen Zeitperiode lediglich um 24 Franken pro Kopf. Wozu verwenden die Krankenversicherer dieses Geld? Rund die Hälfte des Verwaltungsaufwandes entfällt auf die Rechnungsabwicklung. Unter Rechnungsabwicklung versteht man die Erfassung, die Kontrolle und die Auszahlung von medizinischen Rechnungen. Dies ist die Kernaufgabe der Krankenversicherer. Durch die Kostenkontrolle werden pro Jahr rund eine Milliarde Franken eingespart. In diesem Wert nicht eingeschlossen ist die präventive Wirkung. Die Kosten für Werbung und Provisionen betragen 6,6 Prozent der Verwaltungskosten. Zählt man dazu noch die Akquisitionskosten, Mutatio-

Im Jahr 2013 machten die Verwaltungskosten 5,3 Prozent der Aufwendungen der Krankenversicherer für die OKP aus, was rund einer Milliarde Franken entspricht. Die übrigen knapp 95 Prozent der Kosten der Grundversicherung entstehen aufgrund von medizinischen Behandlungen in Spitälern, Arzt- und anderen Praxen, durch Medikamente und Arzneimittel, Rehaaufenthalte und weitere Leistungen. Zu den Verwaltungskosten gehören Personalkosten inkl. Sozialleistungen, die Kosten für Immobilien und Einrichtungen, die elektronische Datenverarbeitung (EDV), Versicherungen, Werbeaufwendungen und Abschreibungen. Seit

nen von Neukunden (Dossier erstellen, Versichertenausweis), sowie die Löhne der internen und externen Kundenbetreuer und Makler dazu, erhält man rund 20 Prozent. Ein letzter grosser Anteil der Verwaltungskosten geht mit 15 Prozent in die Information der Versicherten. Die Sozialversicherer haben den gesetzlichen Auftrag, im Rahmen ihres Zuständigkeitsbereichs die interessierten Personen unentgeltlich über ihre Rechte und Pflichten aufzuklären (Art. 27 Bundesgesetz über den allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts ATSG). Diese Aufklärungs- und Beratungspflicht umfasst in erster Linie die telefonische sowie die schriftliche Beantwortung von Kundenanfragen. Bei gesetzlichen Änderungen, von denen ein grosser Personenkreis betroffen ist, muss eine umfassende Information erfolgen. Aus all diesen Aufgaben der Krankenversicherer lässt sich schliessen, dass die Verwaltungskosten nicht beliebig gesenkt werden können und mit rund fünf Prozent ein wohl relativ stabiles Niveau erreicht haben. (sis)

Verwaltungsaufwand der Krankenversicherer

2010

2011

2012

Seit 1996 sind die Verwaltungskosten der Krankenversicherer von 8,9 auf 5,3 Prozent der bezahlten Leistungen gesunken.

24 031 5.3

22 196

2009

*Nettoleistungen: Durch die Versicherer bezahlte Leistungen ohne Franchise und Selbstbehalt

20 | 6/14

21 356

20 884

20 274

5.6

2008

5.8

2007

5.8

2006

19 431

18 424

17 564 6.1

17 353

2005

5.6

2004

5.7

16 308

6.0

15 336

2003

6.0

2002

6.1

6.3

6.5

2001

5.8

2000

14 593

1999

13 986

6.5

1998

13 190

6.9 12 431

1997

11 927

1996

11 360

10 780

7.1

7.9

8.9

Verwaltungsaufwand in % der Nettoleistungen Nettoleistungen* in Mio. Fr.

2013


Wer hat Anspruch auf Prämienverbilligung?

Prämienverbilligung

2892.0

3065.5

3169.8

3201.8

3308.7

3420.5

3398.3

3542.4

3979.8

4070.3

3967.7

4014.7

2657.2

2446.5

1998

2545.3

1997

2689.7

1996

1994.2

1467.2

Ausbezahlte Beträge nach KVG1 in Mio. Franken

1999

2000

2001

2002

2003

2004

2005

2006

2007

2008

2009

2010

2011

2012

2013

32.1

32.2

32.5

33.1

32.9

32.0

30.4

29.1

30.2

29.6

29.3

29.8

28.9

29.0

28.0

Bezügerquote2 in %

22.9

27.0

30.9

1 Effektiv im Berichtsjahr an die Haushalte/Bezüger ausbezahlte Prämienverbilligungen nach KVG. Ab 2011 ohne Zahlungen der Kantone für ausstehende Forderungen aus der OKP. Zu den Zahlungsausständen vgl. T 4.10 und T 4.11. Die Werte für 2004 wurden revidiert. 2 Anzahl Bezüger in Prozent des durchschnittlichen Versichertenbestandes (2001->2008: revidierte Zahlen).

Seit 1998 bis heute beansprucht jährlich knapp jeder dritte Bewohner der Schweiz Prämienverbilligungen.

Das Kopfprämiensystem nimmt keine Rücksicht auf die Einkommensunterschiede in der Bevölkerung. Deshalb gewähren Bund und Kantone den Versicherten in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen Prämienverbilligungen.

Prämien von Kindern und jungen Erwachsenen in Ausbildung werden um mindestens 50 Prozent vergünstigt, sofern die Eltern über ein kleines oder mittleres Einkommen verfügen. Die Prämienverbilligungen sichern die Solidarität zwischen Arm und Reich. Sie werden von Bund und Kantonen gemeinsam finanziert. Seit der Neugestaltung des Finanzausgleichs (NFA) beteiligt sich der Bund bei rund 30 Prozent der Versicherten an rund einem Viertel der Bruttokos-

ten der OKP. Die Anteile der einzelnen Kantone am Bundesbeitrag werden aufgrund der Wohnbevölkerung und der Anzahl der Grenzgängerinnen und Grenzgänger festgesetzt. Die Kantone steuern im Schnitt 50 Prozent an die Prämienverbilligung bei. Der Bund zahlt die Anteile voll aus. Es bleibt den Kantonen überlassen, den Bundesbeitrag soweit zu ergänzen, dass die individuelle Prämienverbilligung nach KVG gewährleistet ist. Die Kantone bestimmen, wie und in welcher Höhe die Verbilligung den Versicherten ausgerichtet wird. Die Grundlage für die Verteilung bildet überall das Steuersystem. Bei der konkreten Bemessung gibt es aber grosse Unterschiede. Die Auszahlung der Prämienverbilligung erfolgt seit dem 1. Januar 2014 in allen Kantonen als Prämienabzug via Versicherer.

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Im Jahr 2012 wurden insgesamt rund 4,17 Milliarden Franken Prämienverbilligung (rund ein Sechstel des gesamten Prämienvolumens) an 29 Prozent der Versicherten ausgezahlt. Der Bundesanteil belief sich dabei auf rund die Hälfte (2,15 Milliarden Franken, 51,6 Prozent). Pro Bezüger wurden 1719 Franken ausbezahlt. Im Jahr 2013 erhielten 28 Prozent (1,3 Millionen Haushalte) der Versicherten eine Unterstützung von je 1782 Franken. Knapp 82 000 Personen wurde die gesamte Prämie bezahlt. Kinder, Jugendliche und sehr alte Personen erhalten am meisten Prämienverbilligung. Im Kanton Nidwalden erhielten 49,6 Prozent der Einwohner Prämienverbilligungen. Am unteren Ende der Statistik liegt Baselland mit gut 20 Prozent. (sis)


Wie berechnen die Versicherer meine Prämie? Die Krankenversicherer legen die Prämientarife ihrer Versicherten für das folgende Jahr bereits in der ersten Hälfte des Vorjahres fest. Also in der ersten Hälfte des Jahres 2014 für das Jahr 2015.

Durchschnitt rund ein Viertel der Erwachsenenprämie. Auch für junge Erwachsene, die das 25. Altersjahr noch nicht vollendet haben, können tiefere Prämien festgelegt werden. Über die Jahre betrachtet, steigen Prämien und Kosten parallel. Die Prämien decken die Kosten. Deshalb haben Kantone, in denen die Kosten tief sind, auch tiefere Prämien als Kantone mit hohen Kosten. Stadtkantone wie Basel und Genf, in denen das medizinische Angebot dicht ist, führen deshalb die Rangliste der Kosten pro Versicherten an. Diese Städte haben auch die höchsten Prämien pro Kopf. Die Prämien der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) bedürfen der Genehmigung durch das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Es überprüft die vom Versicherer geschätzte Kostenentwicklung sowie die Kostenentwicklung pro Kanton. Vor der Genehmigung können auch die Kantone zu den Prämien Stellung nehmen. (sis)

rung kommen. Entsprechend können die Prämien zu tief oder zu hoch liegen. Die Versicherer können die Prämien nach Kostenunterschieden kantonal und innerhalb der Kantone regional abstufen. Es sind maximal drei Prämienregionen pro Kanton möglich, wobei das Bundesamt für Gesundheit die Anzahl und den Umfang der Prämienregionen festsetzt. Dabei darf der Unterschied zwischen der teuersten und billigsten Region laut Gesetz maximal 25 Prozent betragen. Anbieter von besonderen Versicherungsmodellen wie HMO oder Hausarztmodelle müssen mindestens die Hälfte der Normalprämien der gleichen Altersgruppe und Prämienregion einfordern. Die Details sind in den Verordnungen (KVV) zum Gesetz geregelt. Innerhalb einer Region entrichten alle erwachsenen Personen die gleichen Prämien. Massgebend ist der Wohnort der versicherten Person. Für Kinder bis 18 Jahre hat der Versicherer eine tiefere Prämie festzusetzen. Sie beträgt im

Bei der Berechnung der Prämien stützen sich die Versicherer insbesondere auf folgende Grundlagen: Die Kosten des laufenden und des vergangenen Jahres, die Reserven und Rückstellungen, die Zahlungen für den Risikoausgleich, die Verwaltungsauslagen, die geschätzte Versichertenfluktuation und das Betriebsergebnis. Hinzu kommen die Schätzung der Kostenentwicklung für das folgende Jahr und der Vergleich mit den Prämien der Konkurrenz. Da die Einschätzung der künftigen Kostenentwicklung ein schwieriges Unterfangen ist und auch auf Annahmen und Hochrechnungen beruht, kann es zu Unterschieden des angenommenen Wachstums der Kosten durch den Versicherer und der realen Kostensteige-

4562

4311

3848

3547

3819

3539

3699

3509

BE NE

3469

JU

3410

SH SO CH ZH

3339

3301

3251

3166

3144

3025

3024

3022

3019

2974

2966

2946

2926

2901

2487

CHF 3000

2893

CHF 4000

3550

Kosten pro Kanton

Kosten pro Versicherten in der Grundversicherung 2013

CHF 2000

CHF 1000

CHF 0

AI

UR ZG NW OW GR AR TG SG SZ

LU GL VS AG FR

TI

VD BL GE BS

Quelle: SASIS-Datenpool Monatsdaten, Mandantenkreis SASIS AG, Datenabzug 28.1.2014

Die Kosten pro Versicherten sind kantonal sehr unterschiedlich. Der günstigste Kanton, Appenzell-Innerhoden, wies im Jahr 2013 mit 2487 Franken pro Versicherten halb so hohe Kosten aus wie der Kanton Basel-Stadt (4562 Franken). Die schweizerischen Durchschnittskosten pro Versicherten betrugen 3469 Franken. Die beiden Stadtkantone Basel und Genf, die Rang eins und zwei der Kostenliste belegen, stehen auch bei der Prämienhöhe auf den obersten Stufen des Podestes, da die Prämien die Kosten decken.

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