Human Resources Manager 01 2010

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MAGAZIN FÜR HUMAN RESOURCES MANAGEMENT • FEBRUAR / MÄRZ 2010 • WWW.HUMANRESOURCESMANAGER.DE • ISSN 1869-5116 • EUR 12,40

Überschätzt Viele haben sich vom HPI einiges erwartet. Kaum erprobt, steht der Index, der Personalarbeit messbar machen soll, stark in der Kritik.

Überfordert Der Druck am Arbeitsplatz nimmt zu. Bei immer mehr Arbeitnehmern führt dies zu psychischen Problemen.

Überheblich Mit riskanten Geschäften haben einige Banken die Welt in die Krise geführt. Nun sind sie bemüht, ihr Image zu verbessern.

PHÄNOMEN

VON DER LEYEN EISERNE LADY UND SOZIALES GEWISSEN



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EDITORIAL

EIN EINFLUSS VON ATMOSPHÄRISCHER NATUR S

teigende Arbeitslosenzahlen, JobcenterReform, Hartz-IV-Urteil – es gibt derzeit angenehmere Tätigkeiten, als die Leitung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Ursula von der Leyen – die erste Frau in diesem Amt – ist nicht zu beneiden. Keine Woche vergeht, in der nicht irgendwo ein neuer Brandherd zu bekämpfen ist. Konnte von der Leyen als Familienministerin noch ihre Überzeugen von einer modernen Gesellschaft – beispielsweise in Form des Ausbaus der Kinderbetreuung – weitegehend umsetzen, scheint es nun, als mache sie der akute Reformdruck zur Getriebenen. Die 51-Jährige wird die nächste Zeit damit beschäftigt sein, sich mit den Hinterlassenschaften ihrer Vorgänger auseinanderzusetzen, statt selbst eigene Akzente zu setzen. Hinzu kommt, dass die Ausgaben des Arbeitsministeriums weitgehend verplant sind. Der Einfluss eines Arbeitsministers sei eher atmosphärischer Natur, sagt Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit in unserer aktuellen Titelgeschichte (Seite 14). Was wird von der Leyen also leisten können? Sie wird alles daran setzen, der Arbeitspolitik trotz allem ihren persönlichen Stempel aufzudrücken. Diese Frau ist ehrgeizig, entschlossen und ein Phänomen. Die Mutter von sieben Kindern ist promovierte Medizinerin und eine Politikerin, die auf eine Karriere im Rekordtempo blicken kann. Sich dieses Phänomen genau

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anzuschauen, ist in jedem Fall spannend. Große Erwartungen an sie hegt auch der Bundesverband der Personalmanager (BPM), der sich seit seiner Gründung im vergangenen Jahr über eine sehr gute Entwicklung der Mitgliederzahlen freuen kann. Die derzeit mehr als 1100 BPM-Mitglieder wollen von von der Leyen klare Perspektiven. Auf dem Personalmanagementkongress, den der Verband und das Magazin Human Resources Manager am 1. und 2. Juli veranstalten, wird genau darüber zu reden sein. Die Fachtagung mit namhaften Referenten widmet sich aktuellen Themen und Trends aus dem Bereich Human Resources – eine optimale Plattform für HR-Experten, um sich auszutauschen. Eine der vielen Baustellen in der Arbeitspolitik ist zum Beispiel ein einheitliches Arbeistvertragsgesetz. Die Professoren Martin Henssler und Ulrich Preis haben vier Jahre daran gearbeitet. Obwohl von vielen Experten gelobt, ist die Umsetzung des Entwurfs – für viele unverständlich – bislang gescheitert. Im Interview (Seite 25) erzählen Henssler und Preis warum ein Arbeitsvertragsgesetz so notwendig ist. Es ist die zweite Ausgabe unseres Magazins. Wir wissen, man kann sich immer noch weiter verbessern. Deshalb freuen wir uns auf Ihr Feedback. Torben Werner Herausgeber

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GEDULD Seit langem warten Arbeitgeber auf ein neues Arbeitsvertragsgesetz. Die Rechtsprofessoren Dr. Martin Henssler und Dr. Ulrich Preis im Interview Seite 24

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Best of Presseschau

IM FOKUS 28

Meldungen von Dezember 2009 bis Anfang Februar 2010 8

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Außenspiegel

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Arbeitsvertragsgesetz Interview mit den Professoren Martin Henssler und Ulrich Preis

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ARBEITSPROBE 54

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Das gewisse Extra Mit passenden Zusatzleistungen wichtige Mitarbeiter halten

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Teamplay und Leidenschaft Der F.C. Real als Prototyp eines erfolgreichen Modells der Mitarbeitermotivation

Positiv denken Wie ein mecklenburgischer Maschinenzulieferer Kurzarbeit zur Weiterbildung nutzt

A N A LY S E

Attraktive Ausflüge Wie Personalmanager mit kleinen Events die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter fördern

Ursulas Welt Die Unterstützer und Widersacher der Ursula von der Leyen

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Der politisch-mediale Überfall Was will von der Leyen? Deutschlands erste Arbeitsministerin

Dienst nach Vorschrift

Druck und Seelenschmerz Psychische Probleme am Arbeitsplatz – neue Herausforderungen

Marco Nink, verantwortlich für den „Engagement Index“ bei Gallup, über die Beziehung zwischen Chef und Angestellten

Hans-Olaf Henkel über die Aufgaben eines Personalchefs

TITEL

Lückenhaftes Wissen Studentenproteste gegen die Bologna-Reform. So denken Personaler über den Streik

Kritik am HPI Was wird aus dem HumanPotential-Index?

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Personalentwicklung 2020: Prognosen eines Expertendelphis

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Botschafter des Wandels Essay über die Rolle von Personalern in Change-Prozessen

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Lesezeichen Neu im Bücherregal

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Cover: Illustration Marcel Franke

AKTUELL


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GEWINN

GELEGENHEIT

Das Unternehmen buw nutzt den Fußball zur Mitarbeitermotivation Seite 36

Kurzarbeit kann für Arbeitnehmer auch positive Aspekte haben. Ein Maschinenzulieferer macht es vor Seite 54

BRANCHENCHECK 68

Bemühte Banken

RECHT 82

Viele Banken verbuchen nach der Finanzkrise schon wieder Gewinne. Doch das Image der Institute ist lädiert

LAUFBAHN

Fotos: Universität Köln; FC Real Madrid; Fertigungstechnik Nord / Arne Weychardt

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Background-Check Melanie Jaklin, Executive Vice President Human Resources bei Jenoptik

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Aktuelle Urteile

PRAXIS 86

Software

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Umfragen

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BPM-Forum

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Neumitglieder

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Elf Thesen Die Zukunft der Kurzarbeit

LETZTE SEITE 104

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Geordnetes Chaos Wie „Tatort“-Regisseurin Christiane Balthasar ein komplettes Fernsehteam dirigiert

Erfahrungen mit älteren Beschäftigten und die beliebtesten Arbeitgeber

RUBRIKEN

Termine März bis April

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Kultur-Kompass

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BPM-Regionalgruppen Fragen an die Leiter der neuen regionalen Gruppen des BPM

Russland

Hire & Fire Die wichtigsten Wechsel im Bereich Human Resources

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Margret Mönig-Raane, stellvertretende Verdi-Vorsitzende und Rainer Huke von der BDA zum Thema Leiharbeit

Vergütungslehre Die Diskussion um Bonuszahlungen hat das Interesse von Wirtschaftsstudenten an variablen Vergütungssystemen geweckt

Pro + Contra

VERBAND

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Editorial Impressum

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AKTUELL

BEST OF HR-PRESSESCHAU Die HR-Presseschau bietet auf www.humanresourcesmanager.de den täglich aktuellen Nachrichtenüberblick zu relevanten Personalmanagement-Themen.

NEWS 2010 Die wichtigsten Meldungen von Januar bis Anfang Februar 1 08.01.2010 Die Bundesregierung kündigt nach heftiger Kritik seitens der Datenschützer Nachbesserungen beim umstrittenen Elektronischen Entgeltnachweis (ELENA) an. 2 13.01.2010 In Potsdam starten die Tarifverhandlungen für Angestellte im öffentlichen Dienst. Innenminister Thomas de Maizière fordert von den Gewerkschaften eine „maßvolle Lohnpolitik“. Ver.di-Chef Frank Bsirske weiß: „Das werden schwierige Verhandlungen“.

Schlecker: Der Skandal Anfang Januar wird der Drogeriekette Schlecker Lohndumping und Ausbeutung der Mitarbeiter vorgeworfen. Schlecker kündigte den eigenen Mitarbeitern, um sie anschließend zu stark vergünstigten Konditionen wieder über die Zeitarbeitsfirma Meniar zu beschäftigen.

3 20.01.2010 Eine Jury aus Sprachwissenschaftlern und Journalisten erklärt „betriebsratsverseucht“ zum Unwort des Jahres 2009. Die Wahrnehmung von Arbeitnehmerinteressen als Seuche zu bezeichnen, sei „ein sprachlicher Tiefpunkt im Umgang mit Lohnabhängigen“, erklärte Sprachwissenschaftler und Juryvorsitzender Horst Schlosser. 4 29.01.2010 Das Bundesverfassungsgericht kippt den Post-Mindestlohn von 9,80 Euro für private Briefzusteller wie PIN und TNT aufgrund eines Verfahrensfehlers des Bundesarbeitsministeriums. 5 12.02.2009 Auch die dritte Runde der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst sind gescheitert. Nun sollen der ehemalige sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt (CDU) und Hannovers Ex-Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) als Schlichter agieren.

NEWS 2009 Die wichtigsten Meldungen im Dezember 1 02.12.2009 Arbeitsmarktentspannung: Die Erwerbslosenzahlen in Deutschland sinken den dritten Monat in Folge aufgrund einer Statistikumstellung bei der Agentur für Arbeit. BA-Vorstandschef Frank-Jürgen Weise erwartet für 2010 unter 4,1 Millionen Arbeitslose.

Daimler: Die Jobgarantie Daimler-Vorstand Dieter Zetsche gab den – wegen der Auslagerung der C-Klasse-Produktion verunsicherten – 37.000 Angestellten in Sindelfingen eine Jobgarantie bis zum Jahr 2020. Der Autobauer koppelt diese aber an die „wirtschaftlichen Rahmenbedingungen.

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3 16.12.2009 Die Gewerkschaft Ver.di und der Beamtenbund fordern für Angestellte im öffentlichen Dienst fünf Prozent mehr Gehalt und propagieren erstmals den Slogan: „Sozial ist, was Kaufkraft schafft“. 4 17.12.2009 Es wird bekannt, dass die Verwaltung des EU-Parlaments beim Arbeitnehmerdatenschutz kein gutes Vorbild abgibt. Blut- und Urinproben gehörten dort ebenso zum Einstellungstest wie die Frage nach Hämorrhoiden. 5 18.12.2009 Der Opel-Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz sagt, der Restrukturierungsplan von GM muss bis Mitte Februar stehen. „Ansonsten wird es in jeglicher Beziehung fatal“, so Franz.

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Fotos: Moritz Vennemann; Mercedes Benz AG

2 09.12.2009 Die Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) fordert, dass sich Banken – als Mitverantwortliche für die Wirtschaftskrise – an den Restkosten der Kurzarbeit beteiligen.


AKTUELL

PREISVERLEIHUNG

INTERVIEW

„Ich kann nicht nachvollziehen, weshalb dieser Begriff gewählt wurde“

Top Job – Die besten Arbeitgeber des Jahres

Christian Vetter, Personalmanager der DOW Deutschland Anlagengesellschaft mbH, über Betriebsräte und das Unwort 2009 Herr Vetter, was halten Sie von dem Begriff „betriebsratsverseucht“, dem Unwort des Jahres 2009?

zeitigen wirtschaftlichen Lage nicht immer einfach. Denn bestimmte Entscheidungen fallen nun einmal nicht in Deutschland. Hinzu kommt, dass die Geschwindigkeit von Veränderungen häufig Anlass zu Diskussionen gibt. Wir haben in Deutschland aber bislang immer Wege gefunden, um die wichtigen globalen Initiativen in angemessener Zeit umzusetzen.

Überhaupt nichts. Ich kann aus Sicht der deutschen Dow-Unternehmen und aus den vielen Kontakten mit Vertretern anderer Unternehmen insbesondere in der Chemischen Industrie nicht nachvollziehen, weshalb dieser Begriff überhaupt auserwählt Wann wird ein Betriebsrat wurde. Meiner Meinung für ein Unternehmen zur nach wurde hier ein EinBereicherung, wann zur zelfall hochstilisiert. Das Gefahr? halte ich für falsch. Denn Zur Bereicherung wird der es wird denjenigen, die Betriebsrat dann, wenn er mit diesem Teil der Ardie mitbestimmungspflichtibeitswelt nicht so viel zu gen Sachverhalte konstruktun haben, ein unzutreftiv mitgestaltet, auch die fender Eindruck von der Ansichten und StimmungsAkzeptanz der Betriebslagen der Belegschaften räte in den Unternehmen vermittelt. In vermittelt und es dem Unternehmen so der deutschen Dow-Welt ist dieses Wort ermöglicht, gezielt Akzeptanzen zu fördern. jedenfalls völlig fehl am Platz. Dann kann Dow einerseits das Prinzip Wie funktioniert bei Ihnen in den der direkten Partnerschaft zwischen Unternehmen die Zusammenarbeit mit Unternehmen und Mitarbeiter und zugleich dem Betriebsrat? die Mitbestimmung des Betriebsrats ideal Insgesamt gesehen gut. Es gibt natürlich umsetzen. Zur Gefahr würde der Betriebsschon einmal unterschiedliche Ansichten rat dann, wenn er sich gegenüber dem zwischen den Sozial-Partnern im Unterinneren und äußeren Umfeld verschlösse. nehmen. Aber letztlich sehen bei Dow alle Auch unsere Welt unterliegt globalen Betriebsräte, dass ein Unternehmen nur Betrachtungen und Einflüssen und eine dann funktionieren kann, wenn auch seine unkonstruktive Haltung eines Betriebsrats Interessen berücksichtigt werden. Das ist kann Entscheidungen, zum Beispiel über für die Betriebsräte in einem globalen Ver- Investitionen, schnell zu Lasten des betrofbund wie unserem und auch bei der derfenen Unternehmens beeinflussen. Fotos: DOW Deutschland Anlagengesellschaft mbH; Compamedia GmbH

»Meiner Meinung nach wurde hier ein Einzelfall hochstilisiert.«

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Theophil Graband (3. v. l.), Geschäftsführer der Teambank AG

Silke Burger und Thomas Burger (mitte) von KBS-Spritztechnik

Jürgen Wiesmaier (3. v. l.), Vorstand der compeople AG

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat am 28. Januar in Duisburg die begehrte Auszeichnung „Top Job“ an die diesjährigen Preisträger verliehen. Gewürdigt wurden mittelständische Unternehmen, die sich durch vorbildliche Personalarbeit ausgezeichnet haben. Ausschlaggebende Kriterien waren in erster Linie Arbeitgebermarketing und Organisationsentwicklung. Es ist inzwischen das achte Jahr, in dem die compamedia GmbH zusammen mit Clement als Mentor und der Universität Sankt Gallen herausragende Arbeitgeber honoriert. In der kleinsten Klasse A für Betriebe mit bis zu hundert Mitarbeitern erhielt die KBS-Spritztechnik aus Schonach den diesjährigen Hauptpreis. In der Kategorie B wurde das IT-Unternehmen compeople AG aus Frankfurt am Main ausgezeichnet. Den diesjährigen Hauptpreis in der Großenklasse C von 501 bis 5000 Mitarbeitern konnte die Teambank aus Nürnberg für sich beanspruchen. 7


AKTUELL

HUMANKAPITAL-RATING UNTER BESCHUSS Ein Bündnis aus Wirtschaft, Wissenschaft und Bundesarbeitsministerium wollte mit dem Human-Potential-Index (HPI) die Qualität des Personalmanagements von Firmen messbar machen. Doch der HPI ist in die Kritik geraten, das Ministerium zog sich zurück. Nun ist offen, wie es weiter geht.

Kooperationspartner: In der Psychonomics-Zentrale wurde der Human-Potential-Index entwickelt

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or drei Jahren bekam die Idee noch Beifall von allen Seiten: Eine Initiative des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) wollte Personalarbeit in Firmen messbar machen. Mit einem neuartigen Benchmark- und Ratingverfahren sollten Unternehmen die Möglichkeit erhalten, ihr Personalmanagement zu bewerten, es mit anderen Firmen zu vergleichen und ihr Humanvermögen gegenüber Kreditgebern zu belegen. Das vorgeschlagene Messinstrument, der Human-Potential-Index (HPI), sollte nicht nur zur internen Kontrolle dienen, sondern auch Basis für ein Firmenaudit werden und in Risikoanalysen von Banken eingehen. Doch noch bevor das Instrument richtig geeicht war, geriet es unter Beschuss. Erst kritisierten Wissenschaftler die Methodik, dann wandten sich auch Wirtschaftsverbände ab. Der HPI sei „Etikettenschwindel“, sagt Christian Scholz, Leiter des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre an der Universität des Saarlandes. „Das Ganze war als Gelddruckmaschine für einige beteiligte Beratungsunternehmen geplant.“ Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) äu8

Kritiker des neuen Indexes warnen vor Etikettenschwindel.

ßert Kritik. Der HPI sei „in seiner heutigen Form kein taugliches Instrument für die betriebliche Personalarbeit“, sagt Jürgen Wuttke, Abteilungsleiter Arbeitsmarkt, „schon gar nicht für ein Audit.“ Dabei vermissen viele Personalmanager seit langem ein allseits anerkanntes Maß für die Qualität von Personalarbeit. Denn Studien zufolge hängt der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen stark davon ab, wie gut sie ihr Personal managen. „Die Zukunft gehört Unternehmen, denen es gelingt, qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, zu motivieren, weiterzuentwickeln und an sich zu binden“, sagt André Große-Jäger, zuständiger Referatsleiter im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Der HPI sei ein „erstaunlich trennscharfes Instrument“, mit dem Firmen ihr Personalmanagement vermessen und besser steuern könnten.

Klagen über pauschale Kritik Doch inzwischen steht auch das Bundesarbeitsministerium nicht mehr hinter dem Projekt. Nachdem im Herbst der BDA seine weitere Mitwirkung an der Initiative absagte, gab das

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Fotos: Moritz Vennemann; Psychonomics

Auftraggeber: das Bundesministerium für Arbeit und Soziales


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Organisationen durch Menschen entwickeln!

Ministerium im November bekannt, seine Moderatorenrolle bei der Einführung des HPI abzugeben. Zwar stoße das Vorhaben auf große Resonanz, aber auch auf „teils sehr pauschale Kritik“. „Wissenschaftlich unhaltbar“, „aussagenlogisch falsch“, „ordnungspolitisch fehlgeleitet“ und „gewerkschaftsnah“ lauten die Vorwürfe, die Christian Scholz und Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom, dem HPI machen. „Der Index misst weder Humanpotenzial noch Humankapital, sondern nur Intensität und Mitarbeiterfreundlichkeit einzelner Personalmaßnahmen“, sagt Scholz, der selbst mit der „Saarbrücker Formel“ ein umstrittenes Instrument erdacht hat, das den Wert des Humankapitals in Unternehmen messen soll. Jürgen Wuttke vom BDA kritisiert, der HPI arbeite methodisch falsch, weil er aus bloßen Zusammenhängen auf

Der Human-Potential-Index Was ist der HPI? Der Human-Potential-Index (HPI) ist ein Rating-Instrument zum Messen und Steuern des Humankapital-Managements in Organisationen. Das Instrument soll laut Psychonomics mittels ausgewählter Indikatoren prüfen, ob in Unternehmen Strukturen und Prozesse implementiert sind, die ein „wertschöpfendes Humankapital“ fördern und sicherstellen. Arbeitgeber sollen zudem ihre HR-Instrumente mit einem Branchen-Benchmark vergleichen können.

Mitarbeiter. Passgenau. Integrieren.

Wie entstand der HPI? Auf Initiative des Bundesarbeitsministeriums befragte die Kölner Psychonomics AG zusammen mit dem Human Capital-Club Deutschland 113 deutsche Unternehmen. Anhand der Antworten wurde ein Fragenkatalog entwickelt und das Ratinginstrument geeicht.

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Welche Berechnungen stecken dahinter? Aus den Daten der Testphase wurden mittels statistischer Verfahren jene Instrumente des Personalmanagements ermittelt, die mit dem wirtschaftlichen Erfolg der untersuchten Unternehmen eng zusammenhingen. Für die Bildung des HPI wurden die Indikatoren, die signifikant mit dem wirtschaftlichen Erfolg im Zusammenhang stehen, einbezogen und gewichtet.

Was sagt der HPI genau aus? Der HPI gibt Firmen Aufschluss darüber, wie ihr Personalmanagement in einzelnen Bereichen im Vergleich zu anderen Unternehmen und zu ihrer Branche aufgestellt ist. Der HPI wird in Prozentwerten angegeben, die aussagen, wie weit die Performance des eigenen Unternehmens von der des besten entfernt ist.

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Wie sollen Firmen den HPI nutzen? Im ersten Schritt sollen Unternehmen einen Online-Fragebogen ausfüllen, der automatisch ein HPI-Rating erstellt. Dieses Angebot soll möglichst unkompliziert und preiswert sein. Im zweiten Schritt soll ein Audit-Verfahren eingeführt werden, das den HPI zum Ausweis des Humankapitalvermögens macht.

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INTERVIEW

„Ich plädiere für die interne Nutzung des HPI“ Rudolf Kast, Geschäftsleiter Human Resources des Sensorherstellers Sick, über Sinn und Nutzen des Human-Potential-Index

Herr Kast, ist der Human-Potential-Index (HPI) ein nützliches Instrument für ihr Unternehmen?

Der HPI weist mit den personellen Werttreibern alle einschlägigen Arbeitsfelder der Personalarbeit aus, von der Unternehmenskultur über die Personalstrategie bis zur Führungspolitik und der Vergütungspolitik, um nur einige zu nennen. Mit Hilfe dieser Werttreiber ist es möglich, die strategische und operative Umsetzung dieser Themen im Unternehmen zu steuern und zu messen. Der Personalbereich hat damit nun verbesserte Möglichkeiten, die Umsetzung der Personalarbeit entlang der strategischen Unternehmenspolitik zu orientieren.

Die HPI-Ergebnisse bestätigen ebenfalls die Auswertungen aus der „Great Place To Work“-Mitarbeiterbefragung im Rahmen des Wettbewerbs „Deutschlands Beste Arbeitgeber“. Gelernt haben wir unter anderem, dass wir unsere Systeme und Instrumente der Mitarbeiterinformation deutlich verändern müssen, was wir seit Anfang 2009 auch gemacht haben.

»Methodik weiter proben und ergänzen.«

Ist es sinnvoll, ein HPIAudit einzuführen, dessen Daten veröffentlicht werden und auch als Grundlage des Kredit-Ratings von Banken verwendet werden?

Die Veröffentlichung eines HPI-Audits macht derzeit noch keinen Sinn. Die Bewertungsmethodik muss erst noch Wie sind Ihre Erfahrungen in der von vielen Unternehmen weiter erprobt Probe-Phase? Was haben Sie aus Ihrer und auch sicherlich noch ergänzt oder HPI-Bewertung lernen können? verändert werden. Ich plädiere im jetzigen SICK hatte sich an der ersten Benchmark- Stadium sehr dafür, dass die Unternehmen Studie des Bundesarbeitsministeriums die Ergebnisse ausschließlich für die neben mehr als hundert anderen Unterinterne Nutzung weiterverwenden. Ob ein nehmen beteiligt. Zu allen personellen Unternehmen dies dann unter anderem Werttreibern haben wir ein Ergebnis erhal- im Sinne von Basel II im Falle einer Kreten, aus dem wir ablesen konnten, wo wir ditvergabe zur positiven Darstellung der im Vergleich der Gesamtergebnisse aller Geschäftslage aufnehmen soll, muss die Unternehmen stehen. Das Ergebnis ist Entscheidung des Unternehmens sein. Für auch deshalb für mich glaubwürdig, weil ein allgemeines Kreditrating der Banken es unsere Balanced-Scorecard-Analysen inklusive der personellen Werttreiber ist unterstützt, die ich schon vor Jahren bei aufgrund des jetzigen EntwicklungsstadiSICK im Personalbereich eingeführt habe. ums des HPI die Zeit noch nicht reif. 10

zwingende Kausalität schließe. „Der Index ist fast ausschließlich quantitativ ausgerichtet und vernachlässigt die Qualität, Angemessenheit und vor allem die Wirkung der eingesetzten Instrumente”, sagt Wuttke. „Deshalb gelangt er zum Beispiel zu dem unsinnigen Schluss, dass ein Unternehmen, das im Rahmen seiner Personalpolitik viel Geld ausgibt, automatisch damit auch viel bewirkt.“ Beim Kölner Marktforschungsinstitut Psychonomics, das maßgeblich an der Entwicklung des Indexes beteiligt war, herrscht Unverständnis gegenüber den harschen Reaktionen. Der Vorwurf, der HPI setze mehr Personalarbeit mit besserer Personalarbeit gleich, sei „purer Unfug“, sagt Vorstandsvorsitzender Andreas Schubert. 41 Prozent des wirtschaftlichen Erfolgs der bisher untersuchten Unternehmen könnten dank des HPI mit Faktoren erklärt werden, die mit der Humankapitalstruktur der Unternehmen einhergehen, sagt Schubert. Der Index habe wichtige Werttreiber wie die Mitarbeiterentwicklung oder das Veränderungsmanagement aufgedeckt. „Das Instrument kann vor allem mittelständischen Unternehmen helfen, sich wirtschaftlich besser aufzustellen und sich gegenüber Investoren und dem Personalmarkt zu beweisen.“ Scholz und Sattelberger stellen das in Frage. Der HPI könne keine Aussage darüber treffen, ob Unternehmen, die gute Personalarbeit machen, wirtschaftlich erfolgreicher seien. Die Kausalität sei genau andersherum: Nur die Unternehmen, die viel Geld hätten, weil sie wirtschaftlich erfolgreich seien, könnten sich auch umfangreiche Personalarbeit leisten. „Das ist Unsinn“, kontert Andreas Schubert. „Es gibt eine ganze Menge Personalarbeit, die nicht von der Ertragskraft eines Unternehmens abhängig ist. Zum Beispiel sind Personaldiagnostik, Zielvereinbarungsgespräche und variable Vergütungsstrukturen kein großes Investment.“ Zustimmung bekommt Schubert unter anderem vom Handelsunternehmen Metro, das den HPI bei sich im Frühjahr 2009 eingesetzt hat. Der Index sei „ein gutes Tool, das Aussagen darüber trifft, wie nachhaltig ein Unternehmen mit der Ressource Personal umgeht im Vergleich zum Benchmark“, sagt Paul Kittel, Leiter der Abteilung HR-Management-Informations-Systeme. „Nur die Datenbasis ist noch nicht groß genug.“ Ein „neutraler Makler“ solle das Thema nun am besten übernehmen. „Falls es eine politisch neutrale und freiwillige Lösung gibt, sind wir mit im Boot.“ Psychonomics will die Entwicklung des HPI trotz des Gegenwinds weitertreiben. Es gebe derzeit verschiedene Gespräche, wie der HPI platziert werden könne, sagt Schubert. „Das Instrument ist auf dem Markt nachgefragt worden, nun wollen wir es zur Marktreife bringen.“ Andreas Menn

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Foto: SICK AG

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konnte sich bei der Unternehmensspitze über seinen Chef beschweren. Mitarbeiter, die sich wegen solcher Dinge mit ihrem Unternehmen identifizieren können, machen bei dem zunehmenden Wettbewerbsdruck den entscheiAUSSENSPIEGEL denden Unterschied. Wie sehen Sie deutsche Personalmanager im internationalen Vergleich? Was Nicht-Personaler Da hat sich einiges getan. Unternehmen agieren über HR-Verantwortja zunehmend auf einem gemeinsamen Markt und liche denken lernen voneinander. In den USA gab es zum Beispiel schon vor vielen Jahren eine gesetzliche Quote für Frauen in Top-Positionen. Die Idee haben viele Unternehmen außerhalb der USA übernommen. Nicht weil es gesetzliche Regelungen gibt, sondern weil die Förderung von Frauen mit Potenzial eine gute Idee ist. Es ist ja kein Zufall, dass auch viele deutsche Unternehmen heute unter dem Stichwort Diversity Management auf freiwilliger Basis Ähnliches machen. Darüber hinaus haben deutsche Personalmanager vor allem mit dem Sonderfall der betrieblichen Mitbestimmung hierzulande zu kämpfen, die ist sicherlich kein Exportschlager. Ich kenne jedenfalls kein Land, dass sich von den Vorteilen hätte überzeugen lassen. Sie halten die betriebliche Mitbestimmung für nachteilig? Mit der betrieblichen Mitbestimmung ist hierzulande eine zweite Säule der Personalverantwortung installiert, die immer mächtiger wird. In vielen UnHans-Olaf Henkel, ehemaliger Präsident des ternehmen bestimmt längst der Betriebsrat, wer welchen Posten bekommt. Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) Nehmen Sie nur die Auswahl des Personalchefs: Hier ist es doch häufig so, dass die Geschäftsleitung in vorauseilendem Gehorsam nur solche Kandidaten vorschlägt, die dem Arbeitnehmerflügel genehm sind. In der Folge sehen sich einige Personalmanager dann auch eher dem Betriebsrat als der Geschäftsleitung verbunden. Was bedeutet das für die Arbeit von Personalmanagern in deutschen Unternehmen? Dass sie sich mit dem System der Mitbestimmung arrangieren müssen, in dem sie sich bewegen. Sie bringen eine Menge Zeit dafür auf, um mit den Herr Henkel, als BDI-Chef haben sie Einblick in viele deutsche GroßBetriebsräten zu verhandeln. Ich würde mir wünschen, dass sie mehr Zeit für unternehmen bekommen, heute sitzen Sie in mehreren Aufsichtsräihren eigentlichen Job hätten. ten. Was hat sich in den vergangenen Jahren im PersonalmanageBetriebsräte sollen Rechte der Arbeitnehmer durchsetzen. Ist ein ment verändert? solches Instrument nicht wichtig, wenn Sie die Bedeutung der MitPersonalmanager übernehmen heute mehr Aufgaben als früher. Das zeigt arbeiter hoch einschätzen? sich an ganz einfachen Beispielen: Immer mehr Unternehmen führen etwa Unternehmen, die wirklich begriffen haben, dass Mitarbeiterbefragungen ein, um herauszufinMitarbeiter eine wichtige Ressource sind, brauden, wie gut die Manager führen. Denn die richchen keinen Betriebsrat mehr. Wenn sich jeder tige Führungskultur zählt mittlerweile ganz klar Mitarbeiter bei Problemen an oberster Stelle zum Wesen eines erfolgreichen Unternehmens. über seinen Chef beschweren kann, bringt das Wenn es hier hakt, müssen Personalmanager beiden Seiten wesentlich mehr als der Weg über Verbesserungsvorschläge machen, um den Linieinen Betriebsrat. Wer eine solche Open-Doorenmanagern zu helfen. Policy ernsthaft umsetzt, hilft dem Unternehmen Personalmanager sind bemüht, sich vom und den Beschäftigten gleichermaßen. reinen Lohnverwalter zum Manager zu Derzeit müssen viele Unternehmen Mitarentwickeln, der Mehrwert schafft. Halten beiter entlassen, oder sie bemühen sich Sie das für richtig? darum, das zu vermeiden. In jedem Fall ist das Personal in der Krise Das ist sicherlich sinnvoll. Die eigentlichen Entscheidungen zum Beispiel über ein großes Thema. Profitieren Personalmanager davon? Einstellungen sollte zwar immer der Linienvorgesetzte übernehmen. Aber Es ist sicherlich eine gute Zeit für Personalchefs, um sich im Unternehmen zu Personalmanager können einen wichtigen Beitrag leisten, um ihre Kollegen profilieren. Sie müssen in schwierigen Zeiten die Voraussetzungen schaffen, zu unterstützen. Zum Beispiel wenn der Personalmanager eine Strategie entdamit das Management seinen Job machen kann. Zum Beispiel wichtige Mitwirft, um das Untenehmen am Arbeitsmarkt optimal zu positionieren. Damit arbeiter auch während der Krise im Unternehmen zu halten. vergrößert er das Angebot an Bewerbern, aus dem das Unternehmen wählen Welche Erfahrung haben Sie denn in Ihrer aktiven Zeit als Chef mit kann. Personalmanagern gemacht? Es ist schwierig, den Nutzen des Personalmanagements zu messen. Ich erinnere mich noch an eine Geschichte Anfang der 1990er Jahre. Damals Woran würden Sie ihn festmachen? bekam ich als hiesiger Chef von IBM einen Innovationspreis verliehen, weil Es überleben doch vor allem solche Unternehmen langfristig, die sich intensiv wir als erstes deutsches Unternehmen Heimarbeitsplätze eingerichtet hatGedanken um ihre Mitarbeiter machen. Als ich bei IBM Deutschland gearbeiten. Von der neuen Regelung hatte ich zuvor allerdings gar nichts gewusst tet habe, hat das Unternehmen zum Beispiel als eines der ersten Arbeiter und – der Personalchef hatte sie mit dem Betriebsrat ausgehandelt. asc Angestellte gleichgestellt; es gab eine Open-Door-Policy, jeder Mitarbeiter

„ES IST EINE GUTE ZEIT FÜR PERSONALCHEFS, UM SICH ZU PROFILIEREN“

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Foto: Wolfgang Maria Weber

»Langfristig überleben die Unternehmen, die sich intensiv Gedanken um ihre Mitarbeiter machen.«


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IM STIL EINES POLITISCHEN ÜBERFALLS Mit Verve und Entschlossenheit führte sie das Familienministerium. Doch als Arbeitsministerin gibt es weniger Wohltaten zu verteilen. Hartz IV, Jobcenter oder das Arbeitsvertragsgesetz sind schwierige Themen. Was will von der Leyen?

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bgebrochenes Volkswirtschaftsstudium, Medizinstudium mit abgebrochener Facharztausbildung. 51 Jahre alt. Streitbar, aufmüpfig, stur. Sieben Kinder. Ist von so einer Bewerberin Großes zu erwarten? So ein Lebenslauf lässt sich natürlich noch ganz anders lesen. Zu erwähnen wäre hier eine wissenschaftliche Laufbahn samt Promotion (über „C-reaktives Protein als diagnostischer Parameter zur Erfassung eines Amnioninfektionssyndroms bei vorzeitigem Blasensprung und therapeutischem Entspannungsbad in der Geburtsvorbereitung“), mehrjähriger Auslandsaufenthalt (USA) und eine politische Laufbahn (Lokalpolitik, niedersächsische Sozialministerin, Bundesfamilien- und zuletzt Arbeitsministerin). Klingt schon besser. Aber sieben Kinder? Offen gefragt: Wer stellt so jemanden ein? Einen Job zu finden war bisher nicht Ursula von der Leyens Problem, aber damit geht es ihr anders als vielen Frauen, die Mutter sein und trotzdem ihren Beruf ausüben wollen. Die Biografie der neuen Arbeitsministerin ist ein Ausdruck von Durchsetzungskraft und persönlicher Energie. Die Wucht, mit der sie eine beeindruckende Karriere und eine beeindruckende Familie nebeneinander in ihr Leben presst, allem Anschein nach bei bester Laune, mit dieser Wucht ist sie auch als Familienministerin aufgetreten – durchaus erfolgreich, doch das Arbeitsministerium zu führen ist eine Aufgabe von größerer Dimension. Der Eindruck, den sie als Familienministerin vermittelt hat, nämlich alles im Griff zu haben, ist etwas verblasst.

Ursula von der Leyen weiß sich vor Kameras zu verhalten, wie zum Beispiel beim Berliner Gespräch 2009 zum Thema bürgerschaftlichen Engagement (Foto oben).

Rückschlag für die Ministerin „Niederlage“, „Rückschlag“, „unter Druck“ titelten die Zeitungen Anfang Februar im Zuge ihres ersten großen Projekts der Jobcenter-Reform. Von der Leyens Wucht war zwar im Gesetzesentwurf zu sehen, doch begeistert waren davon nicht alle. Hessens Ministerpräsident Roland Koch, auf dessen Zustimmung sie angewiesen gewesen wäre, zeigte der Ministerin die Rote Karte. Er sagte, er wolle weiter eine Mischverwaltung, die das Bundesverfassungsgericht moniert hatte, und er strebe deshalb eine Grundgesetzänderung an – ein Stoppschild für von der Leyen. Das ist für sie etwas Neues gewesen. Nun wird es zu der Änderung des Grundgesetzes wohl kommen. Nichtsdestotrotz: Es gibt Grund genug für Deutschlands Personalmanager, sich die Dame genauer anzuschauen, die seit ein paar Wochen für alles zuständig ist, was Arbeit und Soziales in diesem Land politisch beeinflusst, denn es könnte sie schon bald sehr konkret betreffen. Was hat von der Leyen vor? Die Hartz-IV-Reform steht ganz oben auf der Agenda. Das Bundesverfassungsgericht hat eine Revision verlangt. Die 16

»Sie sieht sich durchaus auch mal als soziales Gewissen.«

Berechnungen der Regelsätze seien verfassungswidrig, sagten die Richter im Februar. Im Zuge der nötigen Reform könnten auch die Zuverdienstmöglichkeiten für Erwerbslose angehoben werden – was ebenfalls die Arbeitgeber fordern. Von der Leyen sieht sich durchaus auch mal als soziales Gewissen, wie man im Fall Schlecker sehen konnte, als sie die Drogerie-Kette wegen deren Beschäftigungspraktiken frontal angriff. Doch nicht nur bei Hartz IV oder der Leiharbeit ist der Reformdruck groß. Es gibt zahlreiche andere Projekte die in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik angegangen werden müssen. Wenn der Staat irgendwann aufhört, Kurzarbeit zu finanzieren, was kommt dann? Was tut die Regierung, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen? Lockert sie den Kündigungsschutz entgegen aller Beteuerungen? Was tut die Politik gegen den Fachkräftemangel? Wird es vielleicht sogar endlich ein Arbeitsvertragsgesetz geben? „Wir wünschen uns von der neuen Ministerin klare Perspektiven, wie es in der Arbeitsmarktpolitik weitergeht“, sagt Joachim Sauer, Arbeitsdirektor von Airbus Operations und Präsident des Bundesverbands der Personalmanager. Wer nach Antwort im schwarz-gelben Koalitionsvertrag sucht, wird überrascht sein. Dort steht zu diesen drängenden Fragen: nichts – abgesehen von der vagen Zusage an die FDP, ein Bürgergeld zu „prüfen“. Die neue bürgerliche

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die Überzeugungspolitikerin, die allerdings auch überall auf offene Ohren stößt: Die Wirtschaft sehnt sich nach Initiativen, die ihr Zugriff auf das Heer an besten qualifizierten Fachkräften ermöglicht, das immer noch an Deutschlands Mittagessens-Herden versauert. Auch die Gewerkschaften haben nichts gegen die staatliche Förderung. Nachdenklich sah man bei „Anne Will“ im Januar die Funktionäre zu vielem den Kopf nicken, was die zierliche Ministerin zu sagen hatte – auch wenn es am Ende nichts Konkretes war. Die Ministerin blieb vorsichtig – wohl, weil sich ihre Mannschaft erst sortieren musste. Mittlerweile steht die Mannschaft. Um einen riesigen, schwer bewegliInterviews, Talkshow-Auftritte chen Dampfer wie das Bundesmiund in früheren Tagen auch nisterium für Arbeit und Soziales mal eine Homestory – Ursula (BMAS) zu lenken, braucht von der von der Leyen weiß die MediLeyen Unterstützung. Darum brachte en zu nutzen und die Medien sie enge Vertraute aus dem Familienministerium mit. Neben dem Staatsberichten gerne über sie. Die sekretär Gerd Hoofe, der ihr schon 51-Jährige ist eloquent und in Niedersachsen diente, waren das steht gerne mal im Mittelpunkt. auch zwei wichtige Abteilungsleiter Während Kanzlerin Merkel imaus dem Ministerium: Malte Ristaumer noch jeden Auftritt abwägt, Winkler, Leiter der Abteilung Famiwirkt von der Leyen auch nach lienpolitik und noch dazu – schockvier Jahren immer noch unbeschwere Not! – ein Sozialdemokrat, ist der geistige Vater des Elterngeldes kümmert. und des Ausbaus der Kindergrippen. Annette Niederfranke, Leiterin der Abteilung Kinder und Jugend, konzipierte für von Regierung wollte verhindern, dass ihr in einer Zeit, der Leyen das Kinderschutzgesetz, das jedoch letztin der viele Leute um ihren Job bangen, soziale Källich scheiterte. Beide Beamte sind enge Vertraute der te vorgeworfen wird. Angela Merkel konnte es sich Ministerin, besitzen politische Köpfe und den Willen nicht leisten, mit Unpopulärem wie einem flexiblezur Veränderung. ren Kündigungsschutz Sympathien zu verscherzen. Kristina Schröder, die neue Familienministerin, Mit der Verwaltung des Nichts beauftragte die soll nicht begeistert gewesen sein über den BrainKanzlerin daher ihren blassen und dazu glücklosen Drain aus ihrem Haus und auch nicht darüber, dass Verteidigungsminister Franz-Josef Jung, der bevon der Leyen sich weiterhin für wichtige familikanntlich nur ein paar Tage hinter seinem neuen enpolitische Themen zuständig fühlt. Denn für die Schreibtisch zu halten war. Die Verwaltung der Fol32-jährige Nachfolgerin bleibt nun nicht viel übrig. gen der Wirtschaftskrise übertrug sie deshalb einer Und gerade diese weichen Themen – Frauen, Alte, der schillernden Figuren in ihrem Kabinett. Kinder – könnten es sein, mit denen von der Leyen plant, aus dem großen Nichts ein politisches ProSehnsucht nach Initiativen gramm zu machen. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, mit welDen Dezember verbrachte Ursula von der Leyen chen Verhandlungspartnern sie es zu tun hat. Der noch zurückgezogen mit Papieren, aber schon im Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mag geJanuar ließ sie ein Interview dem nächsten folgen. schwächt sein – eingeklemmt zwischen Ver.di und Sie verkündete viel Einerseits-Andererseits, ließ IG Metall, die sich nicht über die richtige Tarifaber auch erkennen, welche Themen der Neuen Strategie einigen können. Das macht den Gewerkwichtig sind. Die Ministerin verlangte einerseits, schaftsbund aber keineswegs zum leichten Gegner. dass jeder Hartz-IV-Empfänger auch etwas für Die Gewerkschaftsbosse sind wild entschlossen, staatliche Leistungen tun müsse, widersprach anSchwarz-Gelb in allem zu bekämpfen, was Ardererseits Roland Koch, der eine Arbeitspflicht beitnehmerrechte beschränken könnte. Auch die gefordert hatte. Sie warb einerseits für die BerufsBundesvereinigung der Deutschen Arbeitgebertätigkeit von Müttern, sagte andererseits nicht, welverbände (BDA) ist bestens vernetzt und wird der che Maßnahmen diese fördern sollen. Immer wieMinisterin keine Hauruck-Reformen auf Kosten der kam sie aber darauf zurück, dass Alte, Junge und der Arbeitsgeber durchgehen lassen. Denn ArbeitFrauen mit Kindern einen besseren Zugang zum geber und Arbeitnehmer fahren seit Jahrzehnten Arbeitsmarkt brauchen. Hier sprach wieder ganz gut damit, die „Politik“ in „Arbeitsmarktpolitik“

Fotos: www.marco-urban.de; BR/Kohr; www.marco-urban.de; Frank Ossenbrink

Das mediale Talent

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möglichst klein zu halten. Das zeigt sich an einem Dauerthema, das gerade Personalmanagern besonders am Herzen liegt: die Debatte über ein Arbeitsvertragsgesetz. Eigentlich ist es ein Nachteil, dass im Verhältnis von Arbeitgebern und Arbeitnehmer so gut wie nichts gesetzlich geregelt ist. Entscheidungen, die eigentlich von der Politik gefällt werden müssten, sind dem Richterrecht überlassen. Die Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG) haben im Lauf der Jahrzehnte den Charakter von Gesetzen angenommen. Und da die Verbände viele der ehrenamtlichen Richter am BAG stellen, haben sie geringes Interesse an mehr Politik in diesem Bereich. Seit Jahren kommt darum dieses Mammut-Projekt, das für mehr Klarheit in vielen Personalabteilungen sorgen würde, nicht voran. Von der Leyens Hauruck-, Kampagnen- und Überfallmethode wird in der Arbeitsmarktpolitik also keineswegs so funktionieren wie beim Elterngeld. Denn zum einen hat sie heute weniger politischen Rückhalt als noch vor vier Jahren. Der Einbruch der CDU bei ihrer traditionellen, konservativen Stammwählerschaft, vor allem im katholischen Süden der Republik, wird den Modernisierern der Partei angelastet, Leuten wie Merkel und von der Leyen. Die Basis ist unzufrieden und sie wird nicht mehr alles mitmachen, nur weil es ihre Ministerin im Fernsehen so überzeugend vorschlägt. Zum andern sind den meisten deutschen Firmen entgegen aller öffentlichen Beteuerungen die traditionellen, einfachen Arbeitsverträge am liebsten. Die bunte Vielfalt an Ideen, wie Frauen mit Kindern oder alte Mitarbeiter weiter ihrem Job nachgehen können, ist bei Chefs unpopulär. Das ist nicht per Gesetz zu ändern – die Methode von der Leyen gelangt da wohl an ihre Grenzen. Für sie wird es darauf ankommen, Druck auf die Tarifpartner auszuüben, damit diese die Tarifverträge für modernere Vertragformen wie Jobsharing, Heimarbeit oder Sabbaticals öffnen.

Die Zielstrebige Die siebenfache Mutter hat zwei Hochschulabschlüsse und eine erstaunliche politische Karriere hingelegt. Ehrgeiz und Selbstdisziplin zeichnen sie aus. Wenn es sein muss, übernachtet sie im Ministerium. Ursula von der Leyen hatte auf ihrem Weg nach oben auch Unterstützung, vor allem von Ministerpräsident Christian Wulff (Foto unten). Foto oben: Vereidigung als Familienministerin.

Modernisierung der CDU Ursula von der Leyen ist eine Entdeckung des Niedersachsen Christian Wulff, der 2005 seine Sozialministerin, Tochter seines Vorvorgängers Ernst Albrecht, der Kanzlerin für eine Bundeskarriere empfahl. Merkels und von der Leyens Projekt war die ideologische Abrüstung und familienpolitische Modernisierung der CDU: Die Partei sollte für Frauen und Großstädter wählbar werden. Das war eine Art Tarnmission, denn von der Leyen schien von außen betrachtet stramm konservativ. Kinderreich und Trägerin einer ziemlich biederen Höhere-Tochter-Frisur (lange Haaren nach oben gewölbt und mit einer Klammer am Hinterkopf montiert) war sie den Unions-Traditionalisten gut zu vermitteln. Die sollten sich umgucken, nicht nur, was die Fri18

»Ursula von der Leyen trifft den richtigen Ton. Sie hat ein mediales Talent.« Michael Spreng, Kommunikations- und Medienberater

sur anging. Es darf bezweifelt werden, dass der Kanzlerin klar war, auf welch brutale Art und Weise die neue Familienministerin ihre Aufgabe angehen würde. Von der Leyens Stil ist der eines politisch-medialen Überfalls. Mit Hilfe eines Bündnisses aus Medien und Minderheiten setzte sie Kita-Ausbau, Vätermonate und Elterngeld durch, alles in Zeiten knapper Kassen. Sie kombinierte Frauen, Wirtschaft und Medien und organisierte so in kurzer Zeit eine Mehrheit. „Die Wucht einer solchen Kampagne durchschlägt den Stillstand, der in der Familienpolitik zuvor jahrlang herrschte“, sagt Robin Alexander, der von der Leyens Karriere als politischer Reporter für die „Welt“ verfolgt. Das Durchbrechen des Stillstands geht bei ihr so: Die Ministerin schmiedet mit Hilfe vieler Interviews und Fernsehauftritten Allianzen mit mehreren Minderheiten, die sie zu einer Mehrheit bündelt. Kommunikations- und Medienberater Michael Spreng bescheinigt ihr gar ein „mediales Talent“. Sie treffe den richtigen Ton und werde deshalb als Ministerin erfolgreich sein, sagt er. Von der Leyen schert sich nicht um Verantwortlichkeiten – welches Ministerium, ob Bund, Länder oder Kommunen zuständig sind, ist ihr egal. Gegen heftigste Widerstände lässt sie nicht locker, bis innerhalb kürzester Zeit auch unter erheblichen Belastungen der Steuerkasse Reformen in ihrem Sinne beschlossen sind. Bevor sich die Partei besinnt, hat sie Dingen zugestimmt, die noch vor Kurzem in der CDU unvorstellbar waren. „Ihr Projekt enthielt eine große Portion politischen Wahnsinn“, findet der „Spiegel“. Sie argumentiert hart an der Sache, aber gerne unterfüttert mit

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Beispielen aus der Familie, mit Geschichten von ihrem Mann, ihren sieben Kindern, ihrem Vater, der an Demenz erkrankt ist und den sie pflegen hilft. Wohl noch nie zuvor hat eine Politikerin ihr Privatleben so eng mit ihrer Politik verknüpft – solange es hilft, die Öffentlichkeit auf ihre Seite zu ziehen und so Mehrheiten jenseits des Mainstreams zu organisieren. Sie ließ sich zu ihrer Zeit in Niedersachsen im Kreis ihrer vielen Kinder ablichten, oder später, als ihr das dann doch zu problematisch vorkam, barfuß auf einem Baum sitzend. Sie spricht gern über ihre persönlichen politischen Überzeugungen – das soll heißen: Hier spricht eine Überzeugungstäterin, keine der üblichen Opportunisten. Von der Leyens Politikstil verbindet sie mehr mit dem Niedersachsen Gerhard Schröder als mit ihrer vorsichtigen und analytischen Chefin Angela Merkel. Sie ist ganz Instinktpolitikerin. Für sie ist Politik auch das Management öffentlicher Emotionen, und das Schüren und Kanalisieren solcher kollektiver Gefühlsaufwallungen. Die Diskussion über Kinderbetreuung in Deutschland hat sie im Alleingang gehörig in Fahrt gebracht. Nicht immer stellen sich die versprochenen Erfolge ein. Das letzte Jahr als Familienministerin war für von der Leyen eines der Niederlagen. Obwohl sie zunächst das Gegenteil verkündete, stieg die Geburtenrate nicht – und gerade das war das große Ziel des Elterngelds gewesen. Wissenschaftler waren sich einig, dass die frühkindliche Bildung erst ab dem Alter von zwei Jahren beginnt, die Zeit davor ist die der elterlichen Bindung. Das spricht nicht gegen Krippenbetreuung – aber auch nicht in der Art für sie, wie von der Ministerin propagiert. Außerdem scheiterte ihre Initiative, Kinderpornografie im Internet staatlich mit einem Stoppschild zu versehen, grandios. Von der Großen Koalition beschlossen, ist nun keine Rede mehr davon. „Sie arbeitet mit viel Energie, macht aber auch viel Wind“, sagt Alexander. Nach vier Jahren Familienministerin wissen auch viele politische Beobachter nicht, wofür Ursula von der Leyen steht. Ihrem konservativen Auftreten steht ein recht offensives Eintreten für progressive, eher groß-

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städtische Lebensformen entgegen. Ist sie in der Gesundheitspolitik für eine Kopfpauschale und wird deswegen ins Lager der Wirtschaftsliberalen gerechnet, hat sie kein Problem damit, die Rolle des Staates erheblich auszudehnen, auch wenn das mit Belastungen für die Staatskasse einhergeht. Links, rechts, liberal, sozial gehen bei ihr bunt durcheinander. „Konservativen Feminismus“ halte sie für einen spannenden Begriff, sagte sie vor Jahren der FAZ. „Mir ist immer wichtig gewesen in der Politik, in den Werten konservativ zu sein – wie zum Beispiel dem Wert des Zusammenhalts -, aber ich will dabei nach neuen Wegen suchen, wie diese Werte in einer modernen globalisierten Welt gelebt werden können“, in einem anderen Interview. Was heißt das konkret? Was heißt das für ihre Arbeitsmarktpolitik? Was will von der Leyen?

Ein Amt mit wenig Glanz Zunächst einmal wollte sie etwas Neues. Der Wechsel von der Großen zu einer „bürgerlichen“ Koalition sollte auch für Ursula von der Leyen ein Wechsel sein. Sie wollte raus aus dem Familienministerium, und sie wollte ein hartes Ressort. Die promovierte Medizinerin wäre gerne Gesundheitsministerin geworden und führte für die Union die Verhandlungen in den Koalitionsgesprächen. Nach Jungs Rücktritt wurde sie immerhin Arbeitsministerin, die erste Frau in diesem wichtigen Amt. Das BMAS ist ein Schlüsselressort. Es ist das deutsche Ministerium, wo am meisten Geld ausgegeben wird. Der vom Kabinett Mitte Dezember verabschiedete Haushaltsentwurf sieht für Einzelplan 11, Arbeit und Soziales, Ausgaben von knapp 147 Milliarden Euro vor. Damit ist das BMAS mit einigem Abstand wieder das Ministerium mit dem höchsten Anteil am Gesamtetat von 325,4 Milliarden Euro. Gut 45 Prozent, fast die Hälfte aller Ausgaben der Bundesregierung, gehen über Ursula von der Leyens Schreibtisch. Das viele Geld sollte jedoch nicht zu Rückschlüssen auf die Macht des Arbeitsministers verleiten. „Die Ausgaben sind verplant. Das Umschichten oder Umwidmen großer Posten ist dem Arbeitsminister nicht möglich. Sein Einfluss ist hauptsächlich atmosphärischer Natur“, sagt Hilmar Schneider, Direktor für Arbeitsmarktpolitik am Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit in Bonn. Aber atmosphärische Veränderungen, das lässt sich mit Sicherheit sagen, sind von der Leyens Stärken. Zunächst einmal wirft das Arbeitsministerium nicht viel Glanz auf seine Minister. Arbeitsmarktpolitik – das hört sich an, als ob Ursula von der Leyen einmal im Monat die neuesten Zahlen aus Wiesbaden kommentiert. Hier geht es um Gesetze, Systeme und Behörden, denen Bürokratie und Fachsimpelei in den Namen ge20

Die Instinktpolitikerin Sie ist eine der beliebtesten Politiker, auch weil sie als Familienministerin ihre Überzeugungen gegen Widerstände durchgesetzt hat. Ursula von der Leyen hat ein Gespür für gesellschaftliche Entwicklungen. Sie weiß, was im Volk ankommt. Von der Leyen kann sich behaupten, Foto unten: Diskussion mit Kanzlerin Angela Merkel. Foto oben: Mit FranzJosef Jung, ihrem Vorgänger im Arbeitsministerium

»Das Budget ist groß, der Einfluss eher gering.«

schrieben ist: Bundesversicherungsamt, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Bundesagentur für Arbeit, Rentenversicherung Bund, Rentenversicherung Knappschaft-BahnSee, Unfallkasse des Bundes und so weiter. Sozialpolitik wird von Fachpolitikern gemacht, zum Beispiel im zuständigen Bundestagsausschuss, die sich über Parteigrenzen hinweg recht einig sind, „das Soziale“ zu schützen. Mitreden darf nur, wer sich bis in die engsten Fjorde der eigentlich uferlosen deutschen Sozialbürokratie vorgewagt hat. Einer der beiden parlamentarischen Staatssekretäre, Hans-Joachim Fuchtel, verdankt sein Amt nach eigener Überzeugung einer „Tiefenkenntnis bis zum letzten Dienstwagen“ – auch wenn der „Spiegel“ böse fragte, womit ein Hinterbänkler wie er einen solchen Job verdient habe. Umgesetzt wird solche Politik von einem Ministerium, das traditionell-sozialdemokratisch durchwirkt ist. Es gebe ein gewisses Beharrungsvermögen in den Referaten, sagen frustrierte Lobbyisten. Mancher Beamte mache dort heute immer noch, was unter Norbert Blüm richtig war. Dabei gilt das Haus im Vergleich mit anderen Ministerien als gut geführt. Die Arbeitsminister der vergangenen Jahre waren oft politische Schwergewichte: Walter Riester stemmte für Kanzler Schröder eine grundlegende Rentenreform, dessen Kern-Projekt, die staatsgeförderte Privatversicherung, nun seinen Namen trägt. Wolfgang Clement nannte

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sich Superminister und zimmerte aus den Vorschlägen einer überparteilichen Regierungskommission harte Sozialeinschnitte. Die Hartz-Gesetze waren – so meinen viele – ein wichtiger Grund für den Aufschwung in Deutschland und einen unerwartet schnellen Fall der Arbeitslosenzahlen – aber auch der Anfang des frühen Endes der rot-grünen Regierung. Franz Müntefering befolgte als Vizekanzler der Großen Koalition die alte Regel, die Grausamkeiten am Anfang zu begehen. Der Sozialdemokrat setzte handstreichartig die Rente mit 67 durch. Er baute das Ministerium zum Schatten-Kanzleramt aus, das für die linkere Hälfte der Großen Koalition alles misstrauisch beäugte, was die rechtere vorhatte. Nach Münteferings erstem Rückzug als SPD-Chef übernahm Olaf Scholz und überraschte das Haus und die Fachleute mit fundiertem Wissen, machte aber traditionelle SPD-Sozialpolitik ganz wie vor Clement. Und Ursula von der Leyen? Sie wird sicherlich das ein oder andere Mal eine Politik machen, die einigen CDU-Konservativen und Liberalen der FDP nicht gefallen wird. Dennoch wird sie sich in keine Schublade stecken lassen. Egal, was sie tut, sie wird es mit Vehemenz tun. Sebastian Esser

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Ursula von der Leyen Vergleichsweise spät entschied sie sich für die politische Karriere. Die begann 2001 im Alter von knapp 40 im niedersächsischen Sehnder Stadtrat, wo sie den Fraktionsvorsitz der CDU inne hatte. Mittels einer Kampfkandidatur sicherte sie sich später den ehemaligen Wahlkreis ihres Vaters, dem früheren Ministerpräsidenten Ernst Albrecht, und zog 2003 in den Landtag ein. Christian Wulff machte sie zur Ministerin für Soziales, Familie und Gesundheit. Schon zwei Jahre später wechselte sie nach Berlin in das Kabinett Angela Merkels, vier Jahre danach der vorläufige Höhepunkt: Sie wird Arbeitsministerin. Geboren wurde „Röschen“, so ihr früherer Kosename, als drittältestes von sieben Kindern in Brüssel, wo ihr Vater für die entstehende Europäische Gemeinschaft tätig war. Wie ihr Vater studierte von der Leyen nach dem Abitur zunächst Volkswirtschaft, brach jedoch nach sechs Semestern ab, um 1980 zur Medizin zu wechseln. 1987, ein Jahr nach ihrer Heirat mit Heiko von der Leyen, wurde sie zur Ärztin approbiert. In diesem Jahr bekam sie auch ihr erstes Kind. 1991 legte sie ihre Promotion ab. Ab 1988 hatte sie die Stelle einer Assistenzärztin in der Abteilung Frauenheilkunde der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Ihre Facharzt-Ausbildung brach sie aber 1992 ab und ging mit ihrer Familie für vier Jahre nach Kalifornien – wegen des Berufs ihres Mannes, ebenfalls ein Mediziner. Nach der Rückkehr studierte und arbeitete sie von 1998 bis 2002 als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der MHH. Ein zweiter akademischer Abschluss folgte 2001: Magister Public Health.

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Medien Die Spinger-Presse Als Familienministerin konnte sie oft auf die Unterstützung der Bild-Zeitung zählen. Nun muss sie auch mal in der Überschrift „Arbeitsministerin knallhart“ lesen. „Die Welt“ gab ihr aber als einzige nach hundert Tagen des neuen Kabinetts die Note 1. Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) Schaut man sich Porträts der neuen Arbeitsministerin in den Medien an, fällt auf, dass die FAZ am kritischsten mit ihr umgeht. So manche schreibende Journalistin präsentiere sich als glühende Anhängerin der Ministerin, heißt es in einem Artikel. Der Spiegel, Spiegel-Online Immer wieder wurden Porträts über sie geschrieben. Auch „Der Spiegel“ und „Spiegel-Online“ scheinen vor allem von ihrem Privatleben fasziniert zu sein. „Supermutterpowertochter“ oder „Ein Job für Super-Mom“ lauteten u.a. die Überschriften.

URSULAS WELT Wichtige Entscheidungen hat Ursula von der Leyen in dieser Legislaturperiode zu treffen. Wer unterstützt sie und wer sieht ihre Arbeit eher kritisch?

Wirtschaft / Verbände Ludwig Georg Braun, Vors. der B. Braun Melsungen AG Der ehemalige DIHK-Präsident sei ein Unternehmer „mit Ethik“, heißt es. Von der Leyen und er können sich gut leiden. Braun hat sie als Familienministerin, zum Beispiel in Bezug auf den Ausbau der Kinderbetreuung, von Anfang an unterstützt. Dieter Hundt, Arbeitgeberpräsident In der Jobcenter-Diskussion stellte Hundt sich hinter Roland Koch und verlangte für Kommunen mehr Eigenverantwortung. Reibungspunkte zwischen beiden gab es früher weniger. Beim Thema Familie und Beruf z.B. zogen sie an einem Strang. Martin Wansleben, DIHK-Hauptgeschäftsführer Eine Lockerung des Kündigungsschutzes, wie Wansleben fordert, wird mit von der Leyen sicherlich schwierig. Dennoch: Ihre Arbeit zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat er gelobt. „Das war großartig“, sagte er Ende des vergangenen Jahres.

Gewerkschaften Michael Sommer, DGB-Vorsitzender Viele Gewerkschafter waren mit von der Leyen als Familienministerin zufrieden. Sommer und sie schätzen sich. „Sie hat die CDU modernisiert und ein Stück geöffnet“, sagte er im Dezember. Zum Mindestlohn hat sie außerdem keine starre Haltung. Klaus Wiesehügel, IG-Bau-Vorsitzender In der Sendung „Anne Will“ im Januar konnte man sehen, dass der 56-Jährige und die Ministerin nicht viel gemeinsam haben. Ihr Reformeifer könnte für ihn in jedem Fall größer sein. Wiesehügel sprach von „gnadenlosem Populismus“.

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Politische Unterstützer Angela Merkel, Kanzlerin Als Familienministerin hatte Ursula von der Leyen stets die Rückendeckung der Kanzlerin. Beide stehen für die Modernisierung und eine Öffnung der Partei und befremden damit die CDU-Alphatiere.

Michael Hüther, Direktor des IW Auf seine Meinung legt sie Wert. Michael Hüther, Direktor des Instituts der Deutschen Wirtschaft, berät von der Leyen in wichtigen wirtschafts- und sozialpolitischen Fragen.

Christian Wulff, Ministerpräs. Niedersachsen Der 50-Jährige hat von der Leyen stets unterstützt. 2003 holte er sie als Sozialministerin in sein Kabinett. Er war es auch, der sie der Kanzlerin für eine Karriere auf Bundesebene empfahl.

Hans Bertram, Soziologe Auch seine Meinung ist ihr wichtig. Der 73-jährige Soziologe lehrt seit 1992 an der Berliner HumboldtUniversität. U.a. ist er Mitglied der Impulsgruppe „Allianz für Familien“ des Familienministeriums.

Wolfgang Schäuble, Finanzminister Die Mehrheit der Bundesminister macht derzeit keine gute Figur. Schäuble und von der Leyen sind eine Ausnahme. Wie es heißt, sollen die beiden sich gegenseitig sehr schätzen.

Renate Köcher, Meinungsforscherin Die Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach hat schon für das Familienministerium Studien und Umfragen erstellt. Sie ist eine Art Frühwarnsystem von der Leyens.

Politische Gegenspieler

Fotos: www.marco-urban.de; B. Braun Melsungen AG; www.marcourban.de; DIHK; DGB; IG-Bau; CDU/CSU (3); IW; privat (2); CDU/CSU (3); BMAS (4); EKD; Bertelsmann Stiftung

Wissenschaftliche Berater

Wichtigste Mitarbeiter im Ministerium

Roland Koch, Ministerpräsident Hessen Die beiden werden wohl keine Freunde mehr. Zunächst widersprach von der Leyen Koch, der eine Arbeitspflicht für Arbeitslose gefordert hat. Dann hat dieser ihre geplante Jobcenter-Reform torpediert.

Gerd Hoofe, beamteter Staatssekretär Er ist von allen am längsten an von der Leyens Seite Seite. Der Jurist war bereits Staatssekretär im Niedersächsichen Sozialministerium. Er gilt als kluger Kopf mit profunden Kenntnissen in der Arbeitsmarktpolitik.

Volker Kauder, CDU-Fraktionschef „Der Spiegel“ nannte ihn mal „den wichtigsten Gegenspieler“ von der Leyens. Das selbstbewusste Auftreten von ihr provoziere ihn, er glaube, dass sie Herz und Seele der Partei verletzte, so das Magazin.

Andreas Storm, beamteter Staatssekretär In der Großen Koalition arbeitete der 45-Jährige als parlamentarischer Staatssekretär im Forschungsministerium. Der Volkswirt ist u.a. ein Experte für Konjunktur und Demografischen Wandel.

Kristina Schröder, Familienministerin Die 32-Jährige war nicht begeistert, dass von der Leyen Mitarbeiter mitgenommen hat. Von der Leyen will sich auch weiter um bestimmte Familienthemen kümmern; Kompetenzgerangel nicht ausgeschlossen.

Ralf Brauksiepe, parl. Staatssekretär Der 42-Jährige hat ein Ohr für die Sorgen der Arbeitnehmer, schließlich ist er stellv. Bundesvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), ein Experte auf dem Gebiet Arbeit und Soziales.

Schwestern im Geiste Margot Käßmann, Ratsvorsitzende der EKD Die Bischöfin und die Ministerin haben viel gemeinsam, sie verstehen sich gut – beide protestantisch, beide starke Persönlichkeiten. Sie verbindet zudem die gemeinsame Zeit in Hannover.

Hans-Joachim Fuchtel, parl. Staatssekretär Bis zu seiner Berufung arbeitete Fuchtel (58) als Rechtsanwalt und er war einer von vielen Hinterbänklern im Bundestag. Er kennt sich vor allem im Familienund Sozialversicherungsrecht aus. Malte Ristau-Winkler, Abteilungsleiter Den SPD-Mann, von dem das Konzept des Elterngeldes stammt, hat Ursula von der Leyen mit ins Arbeitsministerium genommen. Für viele CDU-Konservative gilt er als Symbol der Sozialdemokratisierung der Partei.

Liz Mohn, Vorstand Bertelsmann Stiftung Die Witwe des Bertelsmann-Patriarchen Reinhard Mohn hat mit von der Leyen 2007 das Buch „Familie gewinnt“ herausgegeben. Darin machen sie sich zusammen mit anderen Autoren für eine familienfreundliche Arbeitswelt stark.

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artin Henssler und Ulrich Preis, Geschäftsführende Direktoren der Institute für Arbeits- und Wirtschaftsrecht beziehungsweise deutsches und europäisches Arbeits- und Sozialrecht an der Kölner Universität, sind anerkannte Experten ihres Fachs. Als sie vor vier Jahren den ersten Entwurf für ein einheitliches Arbeitsvertragsgesetz zur Diskussion stellten, ernteten die Juristen viel Lob. Politiker und Berufskollegen unterschiedlicher Couleur sprachen sich für das Gesetz aus, 2007 bekamen sie im Bundestag den 1. Preis für gute Gesetzgebung überreicht, und 2008 lobte Bundespräsident Horst Köhler auf dem

Deutschen Juristentag das Reformkonzept als „Segen für die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber“. Schon Willy Brandt wollte einst das Arbeitsrecht aufräumen. Und im Vertrag zur Deutschen Einheit vor 20 Jahren kündigte der Gesetzgeber zuletzt vollmundig an, er werde „möglichst bald“ etwas in diesem Sinne tun. Stattdessen taten dies nun vor viereinhalb Jahren Henssler und Preis auf Initiative der Bertelsmann-Stiftung. Sie brauchten genau 62 Seiten und 149 Paragrafen, um sämtliche privatrechtliche Fragen zu regeln, die für normale Arbeitsverhältnisse nötig sind. Demgegenüber steht die anerkannte Textsammlung

„VIEL APPLAUS, WENIG FOLGEN“ Die Professoren Martin Henssler und Ulrich Preis erläutern im Interview, warum ein einheitliches Arbeitsvertragsgesetz für Unternehmen notwendig wäre und weshalb der Bundestag sich schwer tut, dieses zu verabschieden.

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Foto: Universität Köln

zum derzeit gültigen Arbeitsrecht mit Verweisen auf 90 unterschiedliche Gesetze; Verstöße gegen EU-Recht inklusive. Die Neufassung würde nach Angabe der Autoren sieben Sondergesetze überflüssig machen und den Deutschen rund 175 Einzelreglungen ersparen. Nach ausführlicher Debatte mit Wissenschaftlern und Praktikern haben Henssler und Preis kürzlich ihren endgültigen Gesetzesentwurf in Buchform vorgelegt. Damit betrachten sie ihr Projekt als abgeschlossen. Nun sei die Politik am Zug. Zu mehr als einer wohlwollenden Kenntnisnahme hat es allerdings bislang nicht gereicht. Im Gespräch mit Olaf Wittrock erklären sie, warum Ihr Vorstoß in der Praxis bisher gescheitert ist.

Meine Herren, wozu ist ein Arbeitsvertragsgesetz eigentlich gut? Preis: Unsere langjährigen Kontakte mit der Praxis haben uns gezeigt, dass die meisten Personalmanager für ihre alltägliche Arbeit einen sicheren Boden unter den Füßen wünschen. Im gegenwärtigen Zustand des Arbeitsrechts müssen sie sich dagegen selbst bei einfachen Fragen mühsam die Regeln aus dicken Handbüchern zusammensuchen. Dadurch fehlt selbst für den Normalfall Verlässlichkeit und Rechtssicherheit. Henssler: Dazu kommt der Mangel an Transparenz. Im Moment können Personalmanager ohne juristischen Rat viele arbeitsrechtliche Fragen überhaupt nicht beantworten. Es fehlt also an klaren Regelungen, an einem Werk, das systematisch und gut aufbereitet Antworten auf die Fragen des Alltags gibt.

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»Verbände gehen zur massiven Gegenwehr über.«

Warum gibt es dann bis heute kein solches Gesetz? Preis: Weil hier wirtschaftliche und soziale Interessen aufeinanderprallen und sich am Arbeitsvertragsrecht Systemfragen entscheiden. Deshalb versetzen jegliche Änderungsvorschläge die Sozialpartner in helle Aufregung. Bei einer Kodifikation dieses Rechtsbereichs wird notwendigerweise eine Vielzahl von Fragestellungen berührt. Reflexartig gehen die Verbände dann zur massiven Gegenwehr über, weil potenziell eingerichtete Interessen berührt sein können. Und da Politiker Diskussionen fürchten, die sie inhaltlich überfordern und nicht steuern können, sagen sie: Dann lassen wir lieber die Finger davon. Henssler: Uns fehlt schlicht ein funktionierender sozialer Dialog zwischen den beiden Sozialpartnern. Diese Unfähigkeit sich zu verständigen ist gepaart mit einer ohnmächtigen Politik, der schlicht der Mut fehlt, notwendige Entscheidungen gegebenenfalls auch ohne Einigung der Sozialpartner durchzusetzen. Mit einer solchen Einstellung wird man die Blockade auf dem Gebiet des Arbeitsrechts freilich nie aufbrechen können. Wenn die Fronten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern derart verhärtet sind. Ist dieser Konflikt dann überhaupt auflösbar? Henssler: Die Politik sollte den Sozialpartnern noch einmal eine letzte Frist setzen, also sagen: Ihr habt jetzt ein Jahr Zeit, euch auf Grundstrukturen zu einigen – geschieht das nicht, dann muss die Politik selbst handeln. Preis: Unser Vorschlag dazu wäre, unter der Moderation der Ministeriumsspitze oder einer kompetenten Persönlichkeit aus der Politik wenige, kompetente Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern mit Vertretern der Wissenschaft zusammenzubringen. Ich bin überzeugt: Wenn man uns eine Woche einschlösse, würde man den Konsens hinbekommen. Sie klingen aber nicht gerade so, als hätten Sie große Hoffung, dass das wirklich passiert. Preis: (lacht) Jedenfalls ist es dazu bisher nicht gekommen. Was haben Sie dann eigentlich erreicht, nach viereinhalb Jahren Arbeit an dem Gesetzentwurf? Henssler: Unser größter Erfolg dürfte sein, dass die Fachwelt nahezu uneingeschränkt hinter uns steht. Die Anwaltsverbände haben sich dafür ausgesprochen, sowohl Bundesrechtsanwaltskammer als auch der Deutsche Anwaltverein, Vertreter der Arbeitsgerichtsbarkeit, an ihrer Spitze die Präsidentin des Bundesarbeitsgerichts, der Bundespräsident – sie alle begrüßen diesen Entwurf. Die Blockade kommt ausschließlich von Seiten der Sozialpartner. Preis: Übrigens sagen auch alle politischen Parteien: Im Grunde genommen brauchen wir das Gesetz. Dennoch findet dieses merkwürdi25


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ge Zurückweichen statt, sobald es um die konkrete Umsetzung geht. Hier klaffen Zivilgesellschaft und politische Gesellschaft auseinander. Die Fachebene empfindet das Gesetz als Segen, aber Verbände und politische Klasse schaffen es nicht, es zu beschließen. War der Entwurf vielleicht zu ambitioniert? Immerhin enthält er ja, und das kritisieren die Sozialpartner am stärksten, keineswegs nur eine Zusammenfassung des gegenwärtigen Rechts. Sondern auch substanzielle Neuerungen. Henssler: Die Politik hat die Wahl, ob sie auf der Grundlage unseres Entwurfs das Arbeitsrecht inhaltlich modernisiert oder ob sie sich erst einmal mit einem reinen Restatement begnügt, also einer bloßen Neuformulierung des geltenden Rechtszustandes. In den Niederlanden hat man es in den Neunzigerjahren übrigens genau so gemacht. Mit einem reinen Restatement begonnen und dann in einem zweiten Schritt das berühmte FlexicurityGesetz angeschlossen. Preis: In jedem Fall müsste man allerdings Normen und Widersprüchlichkeiten beseitigen, die evident rechtswidrig sind. Zum Beispiel klar altersdiskriminierende Normen abschaffen sowie auch die Regeln über Massenentlassungen. Das deutsche Arbeitsvertragsrecht ist heute nicht auf einem europarechtskonformen Stand. Henssler: Andererseits ist es uns auch ein Anliegen, die Flucht in die prekären Arbeitsverhältnisse – wie Befristung, Leiharbeit und Minijobs – zu stoppen. Das wiederum wird sich nur verwirklichen lassen, wenn man das Normalarbeitsverhältnis wieder attraktiver gestaltet. Die Stärkung des Normalarbeitsverhältnisses würde zugleich die Situation der Arbeitnehmer deutlich verbessern. Wo bieten Sie denn solch attraktive Neuerungen? Henssler: Bei der Weiterbildung haben wir zum Beispiel Regeln aufgenommen, für die es im geltenden Recht kein Vorbild gibt. Ein weiteres Anliegen ist die Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch zahlreiche Neuerungen. Eine Innovation ist schließlich auch unsere sogenannte Ballack-Klausel. Wir haben zwar den breiten Arbeitnehmerbegriff beibehalten, auf der anderen Seite aber gesagt, dass ab einer bestimmten Einkommenssituation die Schutzbedürftigkeit nicht mehr derart ausgeprägt ist, dass wir zwingende Regeln vorschreiben müssen. Warum soll nicht etwa eine Führungskraft mit Spitzeneinkommen die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall abweichend vom gesetzlichen Modell durch eine Versicherungslösung regeln können? Und wo haben Sie Ihren Reformeifer bewusst gebremst? Henssler: Unter anderem beim Recht der Befristung. Das haben wir nicht angefasst, obwohl es offensichtliche Systemwidrigkeiten enthält. Arbeitge-

»Eine Innovation ist schließlich auch unsere sogenannte BallackKlausel.«

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ber dürfen heute in den ersten zwei Jahren ihre Arbeitnehmer sogar mit Kettenbefristungen beschäftigen. Der Arbeitgeber kann also beispielsweise zunächst für sechs Monate einstellen und nach Ablauf dieser Frist mehrfach das Arbeitsverhältnis wiederum befristet verlängern. Ohne Verlängerung endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedürfte. Faktisch wird damit in den ersten beiden Jahren der Kündigungsschutz außer Kraft gesetzt. Der Arbeitnehmer befindet sich in einer Situation ständiger Unsicherheit und muss vor jedem Fristablauf bangen, ob der Vertrag verlängert wird. Hätte er stattdessen von Vornherein ein unbefristetes Arbeitsverhältnis, wenn auch zunächst ohne Kündigungsschutz, wäre dies für ihn sicher weniger belastend. Die notwendige Begradigung dieser offensichtlichen Widersprüchlichkeit ist in unserer politischen Situation leider nicht umsetzbar. Das traurige Ergebnis ist: Man erklärt den Kündigungsschutz für unantastbar und erlaubt den Arbeitgebern stattdessen, den Kündigungsschutz ganz legal zu unterlaufen. Ein überzeugendes rechtspolitisches Konzept sieht anders aus. Preis: Von dem gleichen Geist getragen ist ja das Arbeitnehmerüberlassungsrecht. Auf der einen Seite steht da die heilige Kuh des Kündigungsschutzes. Und dann hat die rot-grüne Regierung ein Recht auf dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung möglich gemacht... Henssler: ...bei dem es um nichts anderes geht, als um eine Möglichkeit das Kündigungsschutzrecht auszuhebeln. Trotzdem haben wir auch dieses Rechtsgebiet vorerst nicht angefasst. Das Thema ist politisch einfach zu heikel. Und wir wollten unser Projekt nicht dadurch gefährden, dass wir von vornherein als die Oberreformer dastehen. Sie sagen, Sie hätten das Recht auf Befristungen unangetastet gelassen, weil das politisch ohnehin nicht durchsetzbar wäre. Kritiker Ihres Entwurfs behaupten aber, sie wollten Befristungen erleichtern. Henssler: Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben lediglich eine Änderung vorweggenommen, die jetzt auch in der politischen Debatte ist, nämlich das sogenannte Vorbefristungsverbot eingeschränkt. Momentan steht die betriebliche Praxis häufig vor dem Problem, dass man einen Arbeitnehmer, den man gern einstellen möchte, nicht befristet einstellen kann, weil er in der Vergangenheit in irgendeiner Form schon einmal beschäftigt war. Wir sagen nun: Wenn diese Vorbeschäftigung zwei Jahre oder länger zurückliegt, soll sie nicht mehr berücksichtigt werden. Das ist eine sachgerechte Einschränkung. Denn ein überzogener Arbeitnehmerschutz wendet sich hier letztlich gegen die Geschützten. Es geht also nicht um eine arbeitnehmerfeindliche

»Das Recht der Befristung haben wir nicht angefasst – zu heikel.«

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Fotos: Universität Köln

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Verschlechterung des geltenden Rechtszustands, sondern darum, den betroffenen Arbeitnehmern überhaupt erst die Chance auf ein Arbeitsverhältnis zu eröffnen. Preis: Das ist übrigens auch die einzige neue Regelung, die in den Koalitionsvertrag aufgenommen wurde. Und man hat die Frist zur Vorbeschäftigung sogar auf neun Monate verkürzt. Über solche Details kann sich die Politik offenbar gerade noch verständigen. An anderer Stelle stellen Sie den Kündigungsschutz zur Disposition, man soll also freiwillig darauf verzichten können. Das klingt politisch ebenfalls brisant. Henssler: Aber auch hier geht es allenfalls um eine Nuance, die man hochstilisiert. Nach unserem Vorschlag bleibt der Kündigungsschutz im Kern unangetastet. Nur bei sehr gut verdienenden Arbeitnehmern gibt es die Möglichkeit, das Arbeitsverhältnis gegen eine Abfindung aufzulösen. Wir sprechen über ein Wahlrecht bei Personen mit einem Spitzeneinkommen, bei denen man darauf vertrauen kann, dass sie bei der Ausgestaltung ihres ohnehin individuell gestalteten Arbeitsvertrages auf Augenhöhe mit dem Arbeitgeber verhandeln können. Schaffen Sie damit kein EinfallsProf. Martin Henssler, tor für das Ende des KündigungsInstitut für Arbeits- und schutzes? Die Voraussetzungen, Wirtschaftsrecht, unter denen Arbeitgeber kündiUni Köln gen können, haben Sie ja auch umformuliert, und aus den heute nötigen „dringenden betrieblichen • seit 1998 Geschäftsführender Direktor des Instituts für Arbeits- und Erfordernissen“ die Dringlichkeit Wirtschaftsrecht, Universität Köln einfach gestrichen. • 1991 - 1998 Lehrstuhl für BürgerliPreis: Aber das Merkmal „drinches Recht, Arbeits- und Wirtgend“ hat in der Rechtsprechung schaftsrecht an der Uni Köln derzeit keine eigenständige Bedeutung. Was haben wir also ge- • 1983 - 1986 Staatsanwalt, dann Richter in Überlingen und Konstanz macht? Wir haben den betriebsbedingten Kündigungsgrund genauer • Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Konstanz beschrieben und zwar unter Beto• 1953 in Stuttgart geboren nung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Die Kündigung soll weiterhin ultima ratio sein. DesProf. Ulrich Preis, Inshalb konnten wir auch das Wort titut für deutsches und „dringend“ streichen, weil in der europäisches ArbeitsKonkretisierung des Verhältnismä& Sozialrecht, Uni Köln ßigkeitsprinzips das Erfordernis der Dringlichkeit schon deutlich wurde. Wenn man nun hergeht und • seit 2002 Geschäftsführender Direktor des Instituts für deutsches sagt, der Entwurf verschlechtere und europäisches Arbeits- und den Kündigungsschutz, dann hat Sozialrecht, Universität Köln das nichts mit sachlicher Kritik zu • 1993 - 2001 Lehrstuhl für Bürtun. Das ist pure Demagogie. gerliches Recht, Arbeitsrecht, Henssler: (schüttelt den Kopf) Handelsrecht und Sozialrecht an der Wie absurd dieser Vorwurf ist, seUniversität Düsseldorf hen Sie übrigens auch daran, dass • Studium der Rechtswissenschaften identische Änderungen von der nach einer Banklehre in Regensburg einen Seite als arbeitgeberfreundund Köln lich eingestuft werden – und von der anderen Seite als extrem ar- • geboren 1956 in Wuppertal beitnehmerfreundlich. Bei unseren Änderungen geht es aus der Sicht der Praxis um Selbstverständlichkeiten, die bewusst missinterpretiert werden, um aus grundsätzlichen Erwägungen eine Kodifikation des Arbeitsrechts zu blockieren. F E B R U A R / M Ä R Z

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Foto: www.flickr.com

Tausende Studenten haben 2009 gegen das neue Bachelor- und MasterStudium gestreikt. Personalmanager sind vielfach auf ihrer Seite. Sie klagen, dass Absolventen weniger Fachwissen und Praxiserfahrung mitbringen. Spezielle Bachelor-Trainee-Programme und duale Studiengänge sollen Abhilfe schaffen. M A N A G E R


IM FOKUS

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weieinhalb Jahre Büffeln, den Bachelor endlich in der Tasche. Und dann das: Wer mit dem neuen Kompakt-Zertifikat beim Stahlkonzern Thyssen-Krupp in Duisburg anfängt, muss erst einmal eine Ehrenrunde drehen. Bachelor-Absolventen bleiben hier grundsätzlich 15 Monate lang Trainees, bevor es mit der Arbeit richtig losgeht – das Anlernen von Absolventen mit Diplom dauert dagegen nur 12 Monate. „Bachelor-Studenten haben weniger praktische Erfahrung als Diplom-Studierende“, begründet Rudolf Carl Meiler, Leiter Personalentwicklung der Thyssen-Krupp Steel Europe AG. „Sie kennen sich mit dem Alltag in Unternehmen weniger aus, weil sie kaum Möglichkeiten hatten, Praktika zu machen.“ Also verordnet Meiler den Bachelors Extra-Aufenthalte im Betrieb, lässt sie außerdem in drei Zusatzmodulen nachsitzen, unter anderem zum Thema „Präsentationstechniken“ und „methodisches Arbeiten“. Bachelor-Absolventen, sagt Thyssen-HRManager Meiler, hätten in der kurzen Zeit ihres Studiums, zwischen Pflichtkursen und Mindestpunktzahlen, einfach weniger Wissen aufnehmen können als ihre Vorgänger mit Diplom. Damit gibt Meiler Wasser auf die Mühlen der Studenten, die im vergangenen Jahr Deutschlands Hochschulen mit einem wochenlangen Streik in Atem hielten. Bundesweit demonstrierten Hunderttausende Schüler und Studenten auf den Straßen und besetzten Hörsäle, weil sie die Bologna-Reform für gescheitert halten. Im Juni 1999 hatten sich die europäischen Bildungsminister in der italienischen Stadt geeinigt, bis 2010 flächendeckend ein gestuftes Studiensystem einzuführen. Nach angelsächsischem Vorbild wurden Magister und Diplom vom Bachelor-Abschluss (BA) abgelöst, auf den zur wissenschaftlichen Vertiefung ein zweijähriges Aufbaustudium für das „Master“-Zertifikat (MA) folgt. So sollten deutsche Studien-Abschlüsse international vergleichbarer werden, die Studenten schneller fertig und besser auf den Beruf vorbereitet sein.

Plan-Pensum kaum zu schaffen Die Praxis erwies sich indes als komplizierter. Studenten klagen, dass ihre Studiengänge extrem verschult wurden. Teilweise sind so viele Prüfungen auf einmal vorgesehen, dass Studenten das Pensum nicht mehr schaffen. Und auf der Jagd nach den Leistungspunkten des neuen „European Credit Transfer and Accumulation System“ (ECTS) ackern sich angehende Bachelors durch bis zu 40 Wochenstunden – Zeit für Praktika oder gar Nebenjobs bleibe da nicht. Viele Universitätsprofessoren sehen Bologna ebenfalls kritisch. Bernhard Kempen, Präsident des Hochschulverbandes und JuraProfessor an der Universität Köln, sprang den Streikenden zur Seite. In einem Interview rief

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i Praktische Hilfstruppen Eine Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) zeigt: Unternehmen bevorzugen für ihre Forschungsabteilungen MasterAbsolventen sowie Akademiker mit Diplom oder Promotion. Bachelor dagegen landen eher in Fertigung und Montage.

Forschung

40,4% 2,6% 34,5% 22,5%

„Eher Master“ „Eher Bachelor“ „Beide“ „Keinen“

Entwicklung/ Konstruktion

35,8% 10,7% 38,5% 15,0%

„Eher Master“ „Eher Bachelor“ „Beide“ „Keinen“

Montage/ Fertigungsnahe Dienste

1,8% 34,7% 47,7% 16,1%

„Eher Master“ „Eher Bachelor“ „Beide“ „Keinen“

er gar zum Boykott der Bachelor-Bürokratie auf. Er fordert: „Weniger Arbeitsbelastung und insgesamt zwei Semester mehr Zeit.“ Ins Ausland, sagt Kempen, gingen Bachelor-Studenten zum Beispiel fast gar nicht mehr. 2009 war aber nicht nur das Jahr des Studentenstreiks, der die Bildungsminister inzwischen dazu gebracht hat, eine Reform der Reform zu diskutieren. Es war gleichzeitig das erste Jahr, in dem sich Bachelor-Absolventen in großer Zahl auf dem Arbeitsmarkt behaupten mussten. Und bisher scheinen sie bei potenziellen Arbeitgebern gut anzukommen, wie Umfragen zeigen. „Sie suchen jedenfalls nicht länger nach einem Arbeitsplatz als Absolventen mit Diplom, und sie sind mit ihrem Job ähnlich zufrieden“, sagt Christiane Konegen-Grenier, Hochschul-Expertin des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. Eine Studie der Personalvermittlung Staufenbiel von Ende 2009 zeigt, dass schon vier von fünf Unternehmen Absolventen mit Bachelor-Abschluss akzeptieren, am beliebtesten sind Wirtschaftswissenschaftler mit BA, bislang noch weniger gefragt sind Naturwissenschaftler. Absolventen mit dem langsam aussterbenden Universitätsabschluss Diplom werden dagegen bei praktisch allen Firmen eingestellt. Beim Gehalt müssen Bachelors allerdings Abstriche machen. Nach einer Untersuchung des IW zu Ingenieursstudiengängen verdienen mehr als die Hälfte der Uni-Absolventen mit BA zunächst weniger als ihre Konkurrenten mit Diplom, allerdings gleicht sich das Gefälle in den ersten Berufsjahren aus. Ursache der Unterschiede: HR-Manager stellen immer wieder fest, dass ein Bachelor, der mit 23 Jahren ins Assessment Center kommt, eben nicht so viel Wissen und persönliche Reife mitbringt wie ein 26-jähriger Diplomand. Und so baut etwa die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC) im Sommer 2010 ähnlich wie Thyssen Krupp ein BachelorZusatzprogramm in seine Weiterbildung ein. Damit will das Unternehmen bei seinem Bologna-Nachwuchs Wissenslücken in Bilanzierung und Rechnungsprüfung, aber auch fehlende Softskills „nachschulen“, sagt PWC-Partnerin Christine Henschel. Der Elektronikkonzern Bosch bietet Einsteigern mit BA einen Platz im „Pre-Master-Program“. Sie arbeiten ein Jahr im Unternehmen und absolvieren dann ein MasterStudium ihrer Wahl – währenddessen bleiben sie Werkstudenten bei Bosch. Die Idee: BA-Absolventen mit Potenzial bekommen die fehlende berufliche Praxis plus theoretische Vertiefung. Als vollwertige Wissenschaftler gelten BAAbsolventen bei den Arbeitgebern nämlich in der Regel nicht. Stahlproduzent Thyssen-Krupp etwa setzt sie in seiner Forschungs- und Entwicklungsabteilung, in der Metallurgen mit neuen Legierungen experimentieren, „eher für operative Tätigkeiten“ ein. „Ein Bachelor kann 29


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natürlich einen Stahl auf seine Materialeigenschaften testen“, sagt Personalentwickler Meiler. „Aber selbst eine neue Stahl-Rezeptur entwickeln – das ist eher eine Aufgabe für Doktoranden oder Mitarbeiter mit Promotion. Häufig bringen nicht einmal Master-Absolventen von Beginn an das nötige Rüstzeug dafür mit.“ Meiler ist besonders von vielen technischen Universitäten enttäuscht. „Dort hat man versucht, den Bachelor klein zu halten, viele Professoren waren von Anfang an der Meinung, dass er nicht mehr ist als das Vordiplom.“ Die Folge: Die Fachhochschulen, bei denen die Lehrpläne seit jeher stärker verschult sind und die sich traditionell mit Pflichtpraktika und Auslandssemestern auskennen, haben weniger Probleme mit der Umsetzung der Bologna-Reform als manche Uni. „Das hat FH-Abschlüsse im Vergleich zu Uni-Abschlüssen sehr stark aufgewertet“, sagt HR-Manager Meiler. Ein BAFachhochschulstudium könne inzwischen den gleichen Stellenwert haben wie eines an der Universität – wenn nicht gar einen höheren. Zwischen den Hochschulen gibt es derweil enorme Unterschiede bei der Vermittlung „überfachlicher Qualifikationen“, wie Problemlösungsstrategien, Präsentation, Teamfähigkeit, Projektmanagement. Markus Lecke, Leiter des Teams Bildungspolitik der Deutschen Telekom in Bonn, schaut sich regelmäßig die Modulhandbücher verschiedener Studiengänge an, in denen die Bachelor- Studieninhalte aufgeführt sind. „Ich habe Beispiele gesehen, die dazu nahezu nichts enthielten“, sagt Lecke. „Andere sehen dagegen fast aus wie ein Personalentwicklungshandbuch.“ Dennoch versucht die Telekom bei der Einstellung von Hochschulabsolventen keine Unterschiede zwischen Bachelor, Master, Diplom oder Magister zu machen. „Entscheidend ist das Profil der jeweils zu besetzenden Stelle“, sagt Lecke. Allen eingestellten Absolventen bietet das Unternehmen dieselben Einstiegsprogramme namens „Jump In“ und „Start Up“ an. Allerdings sind es bevorzugt Kandidaten mit dem höherstufigen Master, die Lecke und seine Kollegen ins Top-Traineeprogramm „Start up“ aufnehmen. Hier rekrutiert die Telekom jedes Jahr 50 Einsteiger für strategische Funktionen und vorstandsnahe Posten. Wie hoch der Master-Anteil bei „Start up“ ist, verrät Lecke nicht.

Kandidaten selbst heranziehen Wie bei immer mehr Unternehmen kommen bei der Telekom aber längst nicht alle Bewerber von der Hochschule. Fast 400 Nachwuchskräfte haben 2009 ein duales Studium bei der Telekom begonnen, das Angebot gibt es in variierter Form schon seit Ende der 90er Jahre. Auch ThyssenKrupp versucht, sich seine Bachelor-Kandidaten selbst heranzuziehen. Ehemalige Auszubildende oder junge Bewerber mit Hochschulreife 30

»Bewerber mit BachelorAbschluss sind stark verunsichert.« Christoph Anz, BMW

können neben dem Job 15 verschiedene Fächer studieren. Den Studiengang „Angewandte Materialwissenschaften“ an der Fachhochschule Bochum hat der Konzern sogar mit entwickelt. Auch der bayerische Autobauer BMW setzt ab dem Wintersemester 2010 auf ein duales BAStudium. Im ersten Jahrgang sollen erstmal nur 40 Teilnehmer dabei sein, in Zukunft mehr. Das Programm sieht 3,5 Jahre BA-Studium vor, davon insgesamt 13 Monate an verschiedenen Stationen bei BMW im In- und Ausland. Christoph Anz, im Personalbereich von BMW zuständig für Personalentwicklung und Nachwuchssicherung, spricht von einem Studium mit „vertiefter Praxis“. Auf die Theorie haben die Münchener ebenfalls großen Wert gelegt. Das zeigt schon die schwierige Suche nach geeigneten Partnerhochschulen. Zunächst fahndete BMW nach Fachhochschulen, an denen die passenden Studiengänge angeboten werden – wie Elektrotechnik oder „alternative Antriebe“. „Dabei blieben zwölf Fachhochschulen bundesweit übrig“, sagt Anz. „Die konnten aber eben oft nicht garantieren, dass Studenten ein Auslandssemester einlegen können, ohne dass sich die Studienzeit verlängert. Und dann hat uns häufig nicht genügt, wie überfachliche Kompetenzen vermittelt werden.“ Am Ende waren gerade einmal drei Hochschulen gut genug: Esslingen, Ingolstadt und Deggendorf.

Die Bologna-Reform 1999 einigten sich die europäischen Bildungsminister im norditalienischen Bologna auf eine große Hochschulreform: Sie beschlossen ein zweistufiges System von Studienabschlüssen nach angelsächsischem Vorbild: Ein „Bachelor“ als erster akademischer Grad (in sechs bis acht Semestern), gefolgt von einem Aufbaustudium mit „Master“-Abschluss (zwei bis vier Semester). Die Reform sollte bis 2010 abgeschlossen sein und einen einheitlichen europäischen Hochschulraum schaffen. Abschlüsse sollten international vergleichbar werden und ein Wechsel auf ausländische Hochschulen problemlos möglich. Neben Deutschland sind 45 weitere Staaten am BolognaProzess beteiligt. Der Bachelor (BA) ist praktischer und berufsqualifizierend ausgelegt – und soll dem alten Diplom der Fachhochschulen entsprechen. Der Master (MA) ist theoretisch ausgerichtet und gleicht dem bisherigen Uni-Diplom bzw. Magister. Hochschulen und Studenten kritisieren die Umsetzung: Die neuen Curricula seien zu starr und die Arbeitslast zu groß. Das Bologna-Studium sei zu stark verschult, außerdem fehlten Freiräume, um Praktika oder Auslandsaufenthalte einzuschieben.

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Fotos: BMW Group; Marc Huth

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Bei BMW arbeiten inzwischen schon mehrere Hundert BA-Absolventen, vor allem aus technischen und ingenieurwissenschaftlichen Fächern. HR-Manager Anz spürt bei den Bewerbern „ein hohes Maß an Verunsicherung“. „Viele haben Zweifel, ob sie mit dem Bachelor-Abschluss allein wirklich Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben.“ Dass die BA-Studenten unter Zeitmangel leiden, bemerkt Anz ganz simpel an den Bewerbungen um Praktikumsplätze: „Vor der Reform liefen Praktika immer über sechs Monate. Inzwischen fragen Studenten alle möglichen Zeiträume an – teilweise sogar nur vier Wochen.“ Je nach Hochschule bleibt einfach nicht mehr Zeit übrig. Der BMW-Personaler rät Jung-Akademikern dringend, sich von dem Druck zu befreien: „Haltet Euch nicht so sklavisch an das, was die Universität vorschreibt.“ Schließlich fliegen Studenten, die etwa ein Jahr pausieren, um es im Ausland zu verbringen oder zu arbeiten, keineswegs von der Uni, betont Karlheinz Schwuchow, Professor für internationales Management an der Hochschule Bremen und seit 20 Jahren Herausgeber des Jahrbuchs Personalentwicklung. „Sie sind dann einfach nur ein Jahr älter.“ Anders als beispielsweise in den USA, wo Bachelor-Studiengänge durchaus vier oder fünf Jahre dauern können – und es laut einer Studie des Centrums für Hochschulentwicklung (CHE) auch üblich ist, das Studium zu unterbrechen und nebenher zu arbeiten – kämpfen sich deutsche BA-Studenten diszipliniert und in der Pflichtzeit durch die Curricula. Dabei wollen viele Unternehmen das gar nicht. „Wenn jemand ein Auslandssemester absolviert hat, dann hat er ein anderes Persönlichkeitsprofil als ein Student, der sechs Semester lang nur brav zur Vorlesung gegangen ist“, sagt Schwuchow. Die größten Probleme mit dem neuen System, glaubt Schwuchow, haben eher Geisteswissenschaftler, deren Lernen früher nicht derart verschult gewesen ist, wie es angehende Ingenieure und Betriebswirte schon im Diplom-Studium kannten. „Ihnen hat man versprochen, dass ihre Berufsaussichten besser werden mit Bologna“, sagt Schwuchow. „Das ist aber nicht der Fall.“ Im Gegenteil: Als Bachelors fühlen sie sich nicht mehr als vollwertige Geisteswissenschaftler. Und da sich vor allem die Universitäten mit berufspraktischen Modulen schwer tun, können auch Unternehmen wenig mit ihnen anfangen. Thyssen-Krupp-Personaler Meiler ist trotzdem optimistisch. Erstens würden Bildungspolitiker jetzt nachbessern. Und zweitens sei es doch kein Beinbruch, wenn Hochschulabsolventen stärker als früher beim ersten Arbeitgeber lernen müssten, wie die Berufswelt funktioniert. „Ich habe vor 30 Jahren in England studiert“, sagt Meiler. „Und da war es schon damals ganz normal, dass man vieles erst „on the job“ gelernt hat.“ David Selbach

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STREITGESPRÄCH

„Zwischen Büro und Hörsaal“ Studenten fordern mehr Zeit, Freiraum und selbstbestimmtes Lernen. Arbeitgeber halten dagegen, dass Akademiker immer noch nicht genügend aufs Berufsleben vorbereitet seien. Ein Streitgespräch zwischen Studentenstreik-Initiatorin Nadine Berger und Airbus-Ausbildungs-Stratege Uwe Neuhaus.

HR-Manager: Frau Berger, was kritisieren Sie an der Bologna-Reform?

Berger: Da gibt es zunächst einmal ganz praktische Probleme. Viele Studiengänge sind in dieser Form gar nicht mehr studierbar. Man belegt vier oder fünf Seminare pro Semester – das sind schon 20 Wochenstunden. Man muss zusätzlich arbeiten, Bücher lesen, Themen ausarbeiten. Außerdem halten wir es für fraglich, ob der BA wirklich so praktisch ausgelegt sein sollte. Bei Diplom und Magister war das noch relativ offen. Ich frage mich schon, wie Pädagogen in einem Bachelor ihr Studium so gestalten wollen, wie sie das wollen, wie sie sich mit Themen eingehender beschäftigen sollen. Wir wollen mehr mitreden bei der Gestaltung der Hochschulen und Studiengänge. Zu vieles wird nicht öffentlich entschieden, und man erfährt es erst, wenn es beschlossen ist. Bildung wird zur Dienstleistung degradiert. Bologna war die Reform, um Bildung endgültig zu einem Markt zu machen. Neuhaus: Na ja, Deutschland ist für mich immer noch ein Land, in dem Bildung in staatlicher Verantwortung liegt. Es gibt an den Rändern vor und nach Bologna ein paar privat finanzierte Studiengänge und Hochschulen, aber sie bilden nur eine kleine Minderheit. Berger: Natürlich wird die Bildung staatlich getragen. Ein Teil kommt aber längst auch von Unternehmen, die sich

an den Universitäten einkaufen. Man ist jedenfalls nicht komplett frei. Ziemlich viele Studiengänge werden inzwischen fast komplett durch Drittmittel finanziert. Professoren werden an Stiftungslehrstühlen eingestellt oder danach beurteilt, wie viele Drittmittel sie einwerben.

»Starrer Stundenplan ist hinderlich.«

HR-Manager: Herr Neuhaus, wie stehen Sie zu Bologna?

Neuhaus: Als Student sollte man vor allem das eigenverantwortliche und wissenschaftliche Lernen lernen. Und das kann man nicht, wenn man einen zu starren Stundenplan vorgegeben bekommt. Auch Auslandsaufenthalte kommen zu kurz. Theoretisch müsste ich ja Teile meiner Pflichtkurse einfach an einer ausländischen Hochschule absolvieren können. Das steht bisher aber weitgehend nur auf dem Papier. Es fehlt auch mehr Freiraum für praktische Erfahrungen. Berger: Wir sehen es natürlich nicht in erster Linie als unsere Aufgabe an, uns um Auslandssemester und Praktika zu kümmern. Im Gegenteil: Wir wollen nicht, dass die Hochschulen privatisiert werden. Die Wirtschaft nimmt doch jetzt schon massiv Einfluss. Neuhaus: Wenn Sie das mal nicht überbewerten. Auch Airbus finanziert Stiftungslehrstühle und vergibt Drittmittel, nutzt duale Studiengänge – aber nicht um Einfluss zu nehmen, sondern um Studenten die Möglichkeit zu geben, anwendungso31


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HR-Manager: Was muss ein Studium denn leisten?

Neuhaus: Wer von der Hochschule kommt, sollte gelernt haben, wissenschaftlich zu arbeiten, zu analysieren und Entscheidungen zu treffen. Schließlich nehmen Hochschulabsolventen oft Führungspositionen ein. Und im Studium sollten natürlich auch Kenntnisse vermittelt werden, die man später im Unternehmen braucht. Wenn jemand einen Flugzeugbauingenieur einstellt, dann muss klar sein, dass der auch weiß, warum ein Flugzeug fliegt und wie es konstruiert wird. Die absolute Freiheit, „ich mach jetzt was ich will“, kann es natürlich nicht geben. Berger: Einspruch. Es geht vor allem darum, Zeit und Freiraum zu haben, sich weiter

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HR-Manager: Frau Berger, wenn nicht Unternehmen oder Studenten die Hochschulen finanzieren sollen, bleibt ja nur der Steuerzahler …

Berger: Ich wäre als Steuerzahlerin jedenfalls bereit, mehr Steuern zu bezahlen für gute Bildung und eine gesunde Gesellschaft – wenn die Löhne angemessen steigen. HR-Manager: Wie sieht für Sie die ideale Hochschule aus?

Berger: Selbstbestimmt und frei von finanziellen Zwängen für die Studenten, auch interdisziplinär. Warum macht ein Ingenieur nicht auch einen Pädagogikschein? Neuhaus: Bei Letzterem könnte ich mich anschließen. Man braucht heute keine Fachidioten, sondern Leute mit Überblickswissen sowie persönlichen und Methodenqualifikationen. Aber das geht eben alles nicht ohne einen festen überprüfbaren Rahmen. Am Ende muss man einfach eine bestimmte Leistung nachweisen. Berger: Ach, wissen Sie, ich vertraue dem Menschen. Die meisten werden schon von sich aus so studieren, dass sie am Ende für die Gesellschaft tragbar sind. Von Kontrolle halte ich nicht viel.

Nadine Berger, Studentin an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik

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zu entwickeln. Deshalb muss Bildung auch für alle frei zugänglich sein und zwar in der Form, in der jeder Einzelne sich das wünscht – das ist eine Selbstverständlichkeit. So viele Langzeitstudenten gibt es ja gar nicht. Ich glaube, nach zehn Semestern hat man doch sowieso die Nase voll und will was anderes machen. Neuhaus: Für uns ist wichtig, dass die Leute an den Hochschulen vernünftig studieren und hinterher die entsprechenden Fähigkeiten und Fertigkeiten mitbringen, um in der Gesellschaft ihre Rolle spielen zu können. Wenn jemand sagt: Die Hochschule muss fantastisch ausgestattet sein, der Professorenschlüssel verbessert werden, dann muss das irgendwie finanziert werden.

Uwe Neuhaus, bei Airbus verantwortlich für die Ausbildungs-Strategie

Die 25-Jährige hat den Bildungsstreik von Schülern und Studenten im vergangenen Jahr mitinitiiert und in Hamburg Proteste und Demonstrationen geplant. Berger stammt aus Freiberg in Sachsen, hat eine Zahntechniker-Lehre gemacht und studiert seit 2006 Sozialökonomie mit Schwerpunkt Soziologie an der Hamburger Universität für Wirtschaft und Politik (HWP).

Der 57-Jährige arbeitet in Hamburg beim Flugzeugbauer Airbus als Koordinator und Stratege standortübergreifend für Berufsausbildung und duale Studiengänge. Nach einem Fachabitur und einer anschließenden Ausbildung zum Maschinenschlosser absolvierte er danach berufsbegleitend das internationale Studium „Certificate in Management“.

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Fotos: Marc Huth

Employer Branding orientiert.

rientiert zu lernen. Allein schon um nachher Fachkräfte zu haben, die ihre erworbenen Fähigkeiten auch anwenden können. Berger: Sehen Sie – das ist aber genau das, was ich meine. Bildung ist aus meiner Sicht nicht für ein Unternehmen da, sondern für mich. Und ich suche mir dann das Unternehmen aus. Neuhaus: Aber es sind doch die Steuerzahler, die Ihre Bildung finanzieren. Und dafür will die Gesellschaft eine Gegenleistung. Ich glaube schon, dass eine Berufsausbildung und auch ein Studium letztlich zu einer Berufstätigkeit befähigen und ein Individuum in die Lage versetzen müssen, seine Existenz abzusichern. Selbst wenn man sich bei einer Non-Profit-Organisation bewirbt, wird doch erwartet, dass man die erforderlichen Kenntnisse mitbringt und für das Entgelt eine Leistung liefert. Berger: Vor allem studiert man für seine persönliche Weiterentwicklung. In der Generation meiner Eltern war das auch noch so. Da hat es keine besondere Rolle gespielt, was man studiert hatte. Es reichte, dass man überhaupt studiert hatte.



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„MANCHE MANAGER VERSCHLEISSEN IHRE LEUTE IN ZWEI JAHREN “

Foto: Moritz Vennemann

Marco Nink ist seit 2001 bei Gallup in Potsdam für die Studie „Engagement Index“ zuständig. Im Gespräch mit David Selbach erklärt er, warum sich nur eine kleine Minderheit der Arbeitnehmer hierzulande mit ihrem Job identifizieren kann. Herr Nink, Ihre Zahlen sind aus Sicht eines Personalmanagers verheerend: Nur 13 Prozent der Deutschen arbeiten laut Ihrer Studie emotional engagiert, 67 Prozent machen dagegen Dienst nach Vorschrift, und 20 Prozent haben innerlich sogar schon gekündigt. Wie konnte es so weit kommen? Nink: In vielen Unternehmen ignorieren Führungskräfte ganz einfach die Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Leute. Sie fragen ihre Mitarbeiter nicht nach ihrer Meinung, geben ihnen kein Feedback, und sie interessieren sich nicht für sie als Menschen. Dass Mitarbeiter innerlich kündigen, passiert nicht über Nacht. Es ist meist ein schleichender Prozess. Die Arbeitnehmer beginnen ihren Job hoch motiviert und sind engagiert bei der Arbeit. Je häufiger sie sich aber missachtet fühlen, desto mehr distanzieren sie sich von ihrem Arbeitgeber. Zunächst absolvieren sie dann noch das Pflichtprogramm, tun also, was sie tun müssen bis sie schließlich irgendwann ihren Job satt haben und gegen das Unternehmen arbeiten. Mit der Wirtschaftskrise gingen ganze Belegschaften in Kurzarbeit, viele Angestellte mussten mit ansehen, wie ihre Kollegen den Job verloren. Das hat die emotionale Bindung ans Unternehmen doch sicher noch weiter geschwächt, oder? Nein, davon gehe ich nicht aus. Die aktuellen Zahlen haben wir noch nicht ausgewertet. Mit Blick auf die Zeitreihe des Engagement Index Deutschland, den wir seit dem Jahr 2001 jährlich erheben, wissen wir jedoch, dass die Konjunktur kaum Einfluss auf die Mitarbeiterbindung hat. In der Vergangenheit hat weder eine Verschlechterung noch eine Verbesserung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu nennenswerten Verschiebungen zwischen den drei Bindungsgruppen „hohe emotionale Bindung“,

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„geringe emotionale Bindung“ und „keine emotionale Bindung“ geführt. Eine Gallup-PanelUntersuchung, für die wir in den USA zu drei verschiedenen Zeitpunkten, nämlich im Juli 2007 und 2008 sowie im März 2009 jeweils die gleichen rund 8.200 repräsentativ ausgewählten Arbeitnehmer befragt haben, zeigt ferner: Der Engagement Index hat sich in diesem Zeitraum, obwohl die USA mit am stärksten von der Finanz- und Wirtschaftskrise gebeutelt wurden, nicht verändert – anders als die im Rahmen der Untersuchung berücksichtigten wirtschaftlichen Indikatoren, die sich deutlich eingetrübt haben. So sackte beispielsweise der Anteil derer, die der Auffassung sind, dass derzeit ein günstiger Zeitpunkt ist, eine neue Arbeitsstelle zu finden, zwischen Juli 2007 und Juli 2008 dramatisch ab. Man sollte eigentlich meinen, dass sich dies positiv auf die Mitarbeiterbindung auswirkt. Tut es aber nicht. Denn: Mitarbeiterbindung ist ein weitestgehend lokales Phänomen. Woran liegt es dann? Doch nicht nur an den Vorgesetzten … Doch, fast immer liegt es am direkten Chef und dessen Führungsverhalten. Für unsere jüngste Studie haben wir Arbeitnehmer gefragt, ob sie ihren Vorgesetzten entlassen würden, wenn sie könnten. Interessant: Die Nicht-Engagierten würden das mit großer Mehrheit tun – wahrscheinlich auch mit dem größten Vergnügen. Leider können Arbeitnehmer ihren Chef in der Regel nicht feuern. Sie können sich nur beschweren. Oder selbst kündigen … Genau. Unsere Untersuchungen zeigen aber, dass sie das selten tun, weil sie zu wenig verdienen oder beruflich nicht vorankommen. Wer kündigt, drückt damit sehr oft aus, dass er mit dem Führungsverhalten seines direkten Vorgesetzten nicht einverstanden ist. Interessant: Fast jeder zweite Arbeitnehmer, der in den letzten

»Viele Angestellte würden ihren Chef mit dem größten Vergnügen entlassen.«

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drei Jahren freiwillig den Arbeitgeber gewechselt hat, kann sich vorstellen, unter einem neuen Chef wieder für den ehemaligen Arbeitgeber zu arbeiten. In anderen Worten: Mitarbeiter verlassen in der Regel die Führungskraft unter der sie arbeiten, nicht das Unternehmen für das sie tätig sind. Man kommt nicht mit dem Chef zurecht, hat keinen Spaß an seiner Arbeit – das ist noch nicht sehr überraschend. Mal anders gefragt: Was wünschen sich Angestellte denn? Wie kann man sie für die Firma gewinnen? Mitarbeiter wollen wissen, was von ihnen erwartet wird. Und damit meine ich nicht die Stellenbeschreibung im Arbeitsvertrag – die Leute möchten, dass die Erwartungen an sie klar zum Ausdruck gebracht werden, denn sie geben Orientierung und erleichtern es, dass man sich voll und ganz auf seine Aufgabe konzentrieren kann. Und sie brauchen eine gewisse Freiheit:

Der Zuhörer Der Sozialwissenschaftler Marco Nink arbeitet seit 2001 für das Beratungsunternehmen Gallup in Deutschland, das deutsche und internationale Unternehmen in Fragen des Personal- und Kundenmanagements berät. Zu Ninks Kunden zählen Einzelhändler, Banken, Versicherungen und Industriebetriebe. Der 34-Jährige ist Co-Autor des Buches „Human Capital Management in deutschen Unternehmen“. In der zugrunde liegenden Studie befragte Gallup mehr als 200 Entscheider aus Unternehmen. Ergebnis: Eine Mehrheit der Unternehmen lässt das Potenzial ihrer Mitarbeiter größtenteils brach liegen. Das deckt sich mit den Ergebnissen des Gallup „Engagement Index“, bei dem Nink jedes Jahr eine repräsentative Stichprobe von 1.800 Angestellten anonym befragt.

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Führungskräfte sollten daher die Richtung vorgeben, aber den Bewältigungsweg zur Zielerreichung jedem Einzelnen weitestgehend freistellen. Durch definierte Freiräume entsteht auf Mitarbeiterseite das Gefühl von Verantwortung für eine Sache zu tragen, was eine motivierende Wirkung hat. Häufig fühlen sich Mitarbeiter nicht rechtzeitig und umfassend über alles Wichtige, was sie und ihre Arbeit betrifft, informiert. Darüber hinaus ist es wichtig, dass sich Arbeitnehmer unterstützt und gefördert fühlen. Sie wollen spüren, dass sie persönlich und fachlich weiter kommen können. Warum versagen so viele Führungskräfte dabei? Zunächst einmal muss ich eine Lanze für die Manager brechen. Die meisten sind ja keine schlechten Menschen und haben wirklich gute Vorsätze. Oft sind sie sich der Defizite in ihrem Führungsverhalten gar nicht bewusst, glauben alles richtig zu machen. Das Problem ist doch folgendes: In der Management-Ausbildung kommt das Führen von Menschen viel zu kurz. Leider wird meistens auch nicht mit Blick auf die Mitarbeiter befördert. Sondern der beste Entwickler oder Verkäufer wird zum Vorgesetzten seiner Kollegen gemacht. Er kann aber gleichzeitig die schlechteste Führungskraft sein. Was können Personalmanager tun? Vor allem müssen sie dran bleiben. Oft ist es doch so: Die HR-Abteilung rekrutiert einen neuen Mitarbeiter, sorgt für seine Einweisung, und übergibt ihn dann an eine Führungskraft. Und der Vorgesetzte schafft es innerhalb von zwei bis drei Jahren, die Leute in die innere Kündigung zu treiben. Um solche demotivierenden Manager zu identifizieren und sie zu unterstützen, helfen Exit-Interviews, die wir unseren Kunden dringend empfehlen. Wenn ein Mitarbeiter kündigt, sollte die Personalabteilung klären, woran es gelegen hat. Drei Viertel der Gründe für eine Kündigung können gemanagt werden. Natürlich kann der Personalmanager sich nicht in die Tagesarbeit einmischen. Aber er kann dafür sorgen, dass Führungskräfte eine entsprechende Rückmeldung bekommen, etwa durch eine anonyme Mitarbeiterbefragung. Vorgesetzte müssen sich ihrer Stärken und Schwächen bewusst werden und wissen, wie ihr Führungsverhalten von ihren Teammitgliedern wahrgenommen wird. Dabei kommt es darauf an, einerseits die richtigen Fragen zu stellen und andererseits an der richtigen Stelle anzusetzen – nämlich der Arbeitsgruppenebene. Meist erheben Firmen unternehmensweit Daten, aggregieren diese und versuchen auf dieser Basis Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln. Diese Maßnahmen – wenn sie nicht ohnehin einfach von oben angeordnet werden – fußen von vornherein auf einer ungeeigneten Informationsgrundlage. Ob die einzelnen Aspekte der Umfrage für jede Arbeitsgruppe relevant sind oder nicht, wird näm-

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Foto: Moritz Vennemann

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lich nicht berücksichtigt. Deshalb muss beim Feedback die einzelne Führungskraft mit den direkten Mitarbeitern im Vordergrund stehen. Das Gießkannen-Prinzip nach dem Motto „TopDown“ ist der falsche Weg. Und schließlich: Die Manager selbst könnten ja auch nach anderen Kriterien ausgesucht werden. Nach welchen Kriterien denn? Jedenfalls nicht nur nach der Frage: Wie lange ist jemand dabei? Oder: Wie gut ist er fachlich? Kaum einer fragt, ob eine Führungskraft mit Menschen umgehen kann. Um Mitarbeiter emotional zu binden, braucht es aber Vorgesetzte, die das können, die wirklich Feedback geben, sich hierfür individuell mit ihren Untergebenen und deren Arbeit auseinandersetzen, die erklären und einordnen, wenn es Veränderungen im Unternehmen gibt. Die ihren Mitarbeitern zuhören und sie in Entscheidungen einbinden. Gute Führungskräfte sind People-Manager. Es geht nicht nur darum den Kopf, sondern auch das Herz der Leute zu erreichen, sie mitzunehmen und zu begeistern. Es gibt aber wertvolle Spezialisten, die irgendwann kündigen, wenn man sie nicht befördert. Was, wenn so jemand derlei Führungsqualitäten nun mal nicht mitbringt? Muss man ihn als Personaler dann ziehen lassen? Nein, natürlich nicht. Eine Lösung könnte anstelle der klassischen, hierarchischen Laufbahn eine Fachkarriere sein, bei der eine Beförderung nicht unbedingt gleichbedeutend mit Personalverantwortung ist, sondern durch mehr Verantwortung für Umsatz oder ein Produkt zum Ausdruck kommt. Aufstieg kann beispielsweise bedeuten, dass ein hervorragender Vertriebsmitarbeiter genauso viel verdient wie der Verkaufschef des Unternehmens. Und zum anderen ist es die Aufgabe des Personalmanagements, den Führungskräften bei ihrer Aufgabe zu helfen. Sprich: Ihnen zu vermitteln, wie man den Bedürfnissen und Erwartungen der Mitarbeiter besser gerecht wird. Die wenigsten Führungskräfte sind Naturtalente und müssen das Handwerkszeug zum guten Führen daher lernen. Wie könnte das in einem Unternehmen konkret aussehen? Zunächst einmal müssen die Führungskräfte wissen, dass es Defizite gibt. Wenn wir in Unternehmen Mitarbeiterbefragungen durchgeführt haben und die Führungskräfte ihren individuellen Ergebnisbericht ausgehändigt bekommen, dann sind die meisten Manager durchaus froh über das Feedback, weil sie das Gefühl haben: Endlich sagt uns mal jemand, wo die Problembereiche und Stärken im eigenen Personalmanagement liegen. Die Wahrheit mag dabei manchmal hart sein, denn Fremdbild und Selbstbild weichen nicht selten erheblich von einander ab, aber die meisten Führungskräfte sind offen für konstruktive Kritik und nehmen ihr Ergebnis als Anlass zur Reflexion. In Work-

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shops stellen die Führungskräfte – nachdem sie an einem entsprechenden Training teilgenommen haben – die Ergebnisse in den Arbeitsgruppen vor. Gemeinsam im Team sprechen sie über die Bewertung, identifizieren die Knackpunkte und überlegen mit welchen Maßnahmen sich Schwachstellen beheben und Stärken noch besser einsetzen lassen. In den seltensten Fällen kommt die Lösung aus der Personalabteilung. Die HR-Abteilung sollte jedoch aktiv werden, wenn bei der späteren Auswertung der eingereichten Maßnahmenpläne deutlich wird, dass von einem Großteil der Arbeitsgruppen identische Schwachstellen ausgemacht werden, die sich aus Teamsicht, aber nicht in der Arbeitsgruppe lösen lassen. Welche Auswirkungen hat es eigentlich, wenn Mitarbeiter innerlich kündigen? Solange sie trotzdem ihren Job machen … Sie machen aber nicht weiter ihren Job, jedenfalls bleiben sie weit unter ihren Möglichkeiten. Unsere Studie zeigt: Mitarbeiter mit hoher emotionaler Bindung sind produktiver, innovativer, kundenorientierter und erhöhen auf diese Weise die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens. Umgekehrt brechen all diese Verhaltensweisen bei Mitarbeitern ohne emotionale Bindung ein. Es gibt auch ganz handfeste, direkte Kosten. In der Gruppe der Beschäftigten mit hoher emotionaler Bindung ist die Fluktuation erheblich geringer, diese Personen fehlen deutlich seltener. Außerdem gibt es weniger fehlerhafte Produkte, weniger Arbeitsunfälle – und auch weniger Diebstähle. Damit ein Mitarbeiter seinen Arbeitgeber bestiehlt, muss aber auch noch kriminelle Energie hinzukommen. Mal ketzerisch gefragt: Gibt es unter Arbeitnehmern, die innerlich gekündigt haben, nicht auch einfach welche, die keine Lust haben, sich anzustrengen? Ich weiß, dass dieser Schluss für manchen Personalmanager nahe liegt. Aber er ist als Pauschalurteil falsch. Es gibt sicherlich Ausnahmen, aber die meisten Arbeitnehmer in Deutschland sind nicht faul, sondern sie haben grundsätzlich ein sehr positives Verhältnis zur Arbeit. Das beweist ein interessantes DetailErgebnis unserer Studie: i Fragt man Arbeitnehmer, ob Gallup Deutschland gehört zum gleichnasie weiterarbeiten würden, migen Meinungsforschungsinstitut aus der wenn sie wegen einer ErbUS-Hauptstadt Washington. Weltweit arbeiten schaft finanziell ausgesorgt 2.000 Menschen für Gallup. Auf Grundlage hätten, dann antworten sieihrer Studien zur Mitarbeiterzufriedenheit ben von zehn Beschäftigten bieten die Demographen inzwischen auch eine mit Ja. Dieser Anteil ist seit Beratung zum Thema Personalmanagement Beginn der Studie im Jahr an. Die Meinungsforscher organisieren eigene 2001 stabil. Selbst kurz vor Mitarbeiterbefragungen im Unternehmen und dem Rentenalter würden in begleiten Workshops, um das Engagement der diesem Fall noch zwei DritAngestellten zu verbessern. tel der Befragten weiterarbeiten.

»Die meisten Manager sind keine schlechten Menschen und haben gute Vorsätze.«

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IM FOKUS IM FOKUS

ATTRAKTIVE AUSFLÜGE

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Herausforderung Kletterwand: Bekommen bewährte Veranstaltungen einen neuen Rahmen, sind sie für Mitarbeiter wieder interessant.

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Wer seine Belegschaft mit Veranstaltungen motivieren oder belohnen will, muss kreativ sein. Denn viele Angestellte haben fast alles schon einmal gesehen. Dennoch: Personalmanager müssen keine Wunder vollbringen, damit Mitarbeiter-Events nicht langweilig und frustrierend werden.

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ls Hans-Hermann Schaber Ende 2007 die wichtigsten Termine des folgenden Jahres plante, bereitete ihm der Oktober besonderes Kopfzerbrechen. Dann nämlich würde sein Unternehmen, der Stuttgarter Informationstechnik-Dienstleister Datagroup, 25 Jahre alt werden. Schaber war als Vorstandsvorsitzender in der Pflicht, sich um eine Jubiläumsfeier zu kümmern. Soviel war klar: Auf keinen Fall wollte er ein gewöhnliches Fest feiern. Mit Begrüßung der 650 Mitarbeiter durch die Geschäftsleitung, opulentem Essen und Tanz zu Livemusik. Das würde zwar ein schöner Abend werden, aber in der Erinnerung schnell verblassen. Der Datagroup-Chef hatte aber auch keine bessere Idee, von der er sicher war, dass sie auch alle Mitarbeiter begeistern würde. Also legte Schaber die Verantwortung für die Jubiläumsfeier in die Hände eines MitarbeiterTeams. Deren erster Beschluss: Eine klassische Feier sollte es nicht geben, in welcher Form auch immer. Stattdessen sollte das Unternehmen zwölf Monate lang feiern – mit drei verschiedenen Aktionen, an denen sich alle Mitarbeiter beteiligen konnten. Erstens: Alle Angestellten sollten eine Karte ausfüllen mit ihren persönlichen Daten und einer individuellen Antwort auf die Frage „Warum bin ich Datagroup?“ Immer neue dieser Karten wurden ein Jahr lang im Intranet veröffentlicht, so dass sich alle Kollegen besser kennen lernen konnten. Zweitens: Junge Mitarbeiter, die im Jubiläumsjahr mit 25 Jahren genauso alt waren wie das Unternehmen, wechselten für eine Woche den Standort. Von ihrem neuen Arbeitsplatz aus berichteten sie per Webblog im Intranet von ihren Erfahrungen mit den neuen Kollegen und die Eigenarten des jeweiligen Büros. Drittens: Viele Datagroup-Mitarbeiter widmeten sich im Jubiläumsjahr sozialen Projekten, richteten zum Beispiel in einer Behindertenwerkstatt einen Internetzugang ein.

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Stadtrallyes und Trommeln Die Aktionen waren ein voller Erfolg. „Wir sind alle ein wenig enger zusammen gerückt“, sagt die Datagroup-Kommunikationschefin Sabine Muth. Darauf hatten viele Mitarbeiter schon lange gewartet. Immerhin war Datagroup in den vorangegangenen drei Jahren durch Zukäufe stark gewachsen – von 100 auf 650 Mitarbeiter. So unkonventionell wie Datagroup geht kaum ein Unternehmen vor, wenn es Veranstaltungen organisieren will – ganz gleich ob es um eine Feier geht, eine Incentive-Reise, eine Teambuilding-Maßnahme oder eine Motivations-Veranstaltung. Und so kämpfen viele Personalmanager mit dem Problem, dass ihre Belegschaft von Firmen-Veranstaltungen zunehmend gelangweilt ist. Finden Kickoffs und Weihnachtsfeiern jedes Jahr in der gleichen Halle und mit einem ähnlichen Programm statt, ermüden sie eher, anstatt

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Einladungen sind wie Bordkarten gestaltet, die Hostessen tragen FlugbegleiterUniformen.

zu motivieren. Das gleiche gilt für Ausflüge: Fast alle Manager haben schon einmal eine Stadtrallye gemacht, gemeinsam getrommelt und sich von einem Podest in die Menge fallen lassen. Und so ist längst zur lästigen Pflicht geworden, was eigentlich als Belohnung und Ansporn gedacht war. „Auch die beste Idee nutzt sich mit der Zeit ab“, weiß Oliver Malat, Geschäftsführer der Kölner Eventagentur Domset. Das Problem der Personalmanager: Komplett neue Ideen sind einfach rar. „Unternehmen nutzen bereits alle erdenklichen Freizeitaktivitäten, Reiseziele und Locations“, sagt Malat. Trotzdem will niemand auf Events verzichten. „Firmen kennen die positive Wirkung solcher Veranstaltungen“, sagt der Eventmanager. „Sie sollen die Motivation steigern und die Zusammenarbeit verbessern.“ Doch spätestens seit dem Beginn der Wirtschaftskrise achten Unternehmen besonders auf die Effizienz. Eine Veranstaltung soll mit hoher Sicherheit einen ganz konkreten Nutzen haben. Wer über Mitarbeiter-Events entscheidet, muss deshalb kreativ sein.

Erkenntnisse beim Fechten Die einfachste Lösung: HR-Manager besinnen sich auf scheinbar simple Ideen. So schickt zum Beispiel der Prüfkonzern TÜV Rheinland seine Mitarbeiter zum Fechten, um die Kommunikation und den Zusammenhalt in Teams zu verbessern. Dazu engagiert das Unternehmen einen erfahrenen Trainer, der den Teilnehmern zunächst die Technik beibringt. Dann fechten die TÜV-Mitarbeiter gegeneinander – zunächst in wechselnden Zweier-Kombinationen, dann in festen Teams. „Persönliche Sympathien und Antipathien zwischen den einzelnen Teilnehmern lassen sich in dieser spielerischen Situation nicht verbergen“, berichtet Stephan Poppelreuter, Führungskräftecoach und Trainer beim TÜV Rheinland. Probleme aus dem Arbeitsalltag lassen sich dabei mit Fechtvokabular andeuten. „Am Ende des Tages sitzen alle Teilnehmer in ihrer Fechtmontur zusammen und reden über ihren Job“, sagt Poppelreuter. Damit ist das wichtigste Ziel der Veranstaltung erreicht – ganz ohne weite Reise und aufwendiges Event. Wollen Personalmanager Langeweile und Gewohnheit bei Mitarbeiter-Veranstaltungen bekämpfen, haben sie noch weitere Möglichkeiten, zum Beispiel Events einen neuen Anstrich zu geben oder für einen ungewohnten Höhepunkt zu sorgen. „Mit einer besonderen Location oder einem unerwarteten Liveact können Unternehmen ihre Mitarbeiter immer noch überraschen“, sagt Aimé Sans, Geschäftsführer der Eventagentur Business & Nature. Manchmal reicht schon eine ausgefallene Einladung oder ein besonders pfiffiges Motto. „Jede Veranstaltung sollte einen roten Faden haben“, sagt Sans. Will ein Unternehmen etwa bei seinen Mitarbeitern für anstehende Ver39


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Kletterwald war gestern Motivation ist wichtig. Doch was ist heute noch zeitgemäß, und was sagen die Experten?

Incentive-Tour in einen afrikanischen Wildpark, auf der die Teilnehmer einem Tierarzt dabei helfen, Nashörner zu markieren. Besonders großen Aufwand betrieb im vergangenen Jahr der Softwarekonzern Microsoft, als er seine besten Mitarbeiter belohnen wollte. Ein Team um Personalchefin Brigitte Hirl-Höfer ersann eine fiktive Geschichte: Rumänische Behörden hatten demnach um die Hilfe von MicrosoftMitarbeitern gebeten, um Verbrecher aufspüren. Fünf Monate lang beantworteten Angestellte des Software-Unternehmens Fragen über eine Online-Plattform und kamen der Lösung immer näher. Die 200 besten gingen dann in Transsilvanien live auf Verbrecherjagd. Dort sollten sie den Anstifter Lord Vlad Ţepeş aufspüren und überwältigen. Im rumänischen Sibiu bereiteten sie sich auf die bevorstehende Aufgabe vor. Sie trainierten das Klettern auf Bäume, das Bogenschießen und das Fahren mit Quads. Dann folgte der Höhepunkt: Mitten in der Nacht erklommen die MicrosoftMitarbeiter eine Burg und streckten den dunklen Lord nieder. Danach folgte eine Siegesfeier – in den Kerkern der Burg. Sibylle Schikora

Peter Stoll Referent Personal- und Organisationsentwicklung, Allianz Deutschland AG

Dirk Daniels Geschäftsführer, 5 Live Agentur für Live Kommunikation

Teamtrainings / Incentives

Die Idee

Der Personalreferent

Der Eventmanager

Hochseilgarten

Die Idee dahinter, eine gemeinsame Aufgabe zu bewältigen, erzeugt Zusammenhalt und schafft Vertrauen.

Gut geeignet: Zur Teamfindung ist der Besuch eines Hochseilgartens durchaus gut geeignet. Schwierig wird es aber sicherlich dann, wenn Mitarbeiter im Team Höhenangst oder körperliche Einschränkungen haben.

Ein alter Hut: Besser ist es, die Grundidee des Teambuildings in einen neuen Zusammenhang zu transportieren wie beispielsweise ein Seifenkistenrennen zu organisieren. Es wird gemeinsam gebaut, lackiert und am Schluss kommt der Wettbewerbscharakter dazu.

Kochen

Kollegen kochen gemeinsam unter Anleitung eines Profis. Der Kochabend wird ein Kontrast zum anonymen Arbeitsalltag.

Zum Kennenlernen: Eingebettet in eine Veranstaltung wie einen Workshop oder ein Teambuilding finde ich dies eine gute Maßnahme, um sich auch außerhalb des Büroumfeldes besser kennenzulernen.

Evergreen: Kombiniert mit kulturellem Austausch über die jeweiligen Herkunftsländer der Mitarbeiter oder ergänzenden Events wie Weinproben oder Mottoabenden bleibt auch ein gemeinsames Kochen in Erinnerung.

Schnitzeljagd

Die Teilnehmer suchen nach Hinweisen, lösen Aufgaben und eilen dann weiter. Nur Teamarbeit führt hier zum gemeinsamen Erfolgserlebnis.

Ideal zur Teamfindung: Aus meiner Sicht gut geeignet, um in der Gruppe Aufgaben zu lösen. Hier können auch Teamfindungsaufgaben in die Schnitzeljagd integriert werden.

Immer noch ein Klassiker: Als Geocaching-Event oder gerahmt von einer fantasievollen Geschichte erhält die klassische Schnitzeljagd ein modernes Gewand. Besonders der Wettbewerbscharakter führt hier zu erfolgreichem Teambuilding.

Städtereisen

Die Mitarbeiter machen eine Sightseeing-Tour, abends vergnügen sie sich im Theater oder gehen in die Oper.

Interessant: Städtereisen sind als Rahmenprogramm für eine Klausur durchaus schön, aber eine Frage des Budgets. In Einzelfällen kann dies sicherlich ein interessanter Anreiz sein.

Beliebt und nicht so teuer: In Zeiten der günstigen Flüge vor allem als Tagestouren in die europäischen Metropolen sehr interessant. Man trifft sich morgens am Flughafen, steuert eine europäische Metropole an und ist abends wieder daheim.

Bergtouren

Verdiente Angestellte erleben die Natur bei einer Berg- und Wandertour und entspannen sich danach in einem Wellnesshotel.

Hoher Erinnerungswert: Wandertouren können ein gemeinsames Erlebnis außerhalb des Arbeitsumfelds sein, an das man sich noch lange erinnert. Meine Empfehlung wäre, die Tour durch verschiedene Aufgaben oder eine Hüttenübernachtung zu ergänzen.

Nicht mehr gefragt: Die klassische Wandertour wird nur noch selten verlangt. Interessanter ist es für die Angestellten, eine Übernachtung in einem Ski-Gebiet mit Trendsportarten wie Wintergolf oder einem SnowmobilRennen zu kombinieren.

Inselreisen

Die Teilnehmer lernen die anderen Seiten einer Insel abseits des Massentourismus kennen, wohnen im 4-Sterne-Hotel.

Motivierend, aber kostenintensiv: Solche Reisen sind tageweise nicht möglich und sehr teuer. Als Ausschreibung für Top-Vertreter im Außendienst kann so ein Incentive aber durchaus eine motivierende Wirkung haben.

Im Trend, aber kostspielig: Inseltrips sind nach wie vor sehr beliebt, wobei es natürlich nicht zwangsläufig Mallorca sein muss. Bei diesen Reisen zählt das kulturelle Erleben der lokalen Gegebenheiten zu den entscheidenden Faktoren.

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Fotos: www.dreamstime.com; www.flickr.com; privat

änderungen werben und sie „an Bord holen“, lässt sich das Bild eines startenden Flugzeuges nutzen: Die Veranstaltung findet dann in einer Flughafenhalle statt, die Einladungen sind wie Bordkarten gestaltet, das Catering übernehmen Hostessen in Stewardessen-Uniformen. „Angestellte honorieren solchen Aufwand“, weiß Sans. „Sie haben dann das Gefühl, dass die Firma sie wertschätzt.“ Für frischen Wind können Personalmanager auch sorgen, indem sie bewährten Events einen tieferen Sinn geben. Soll ein Team zum Beispiel erkennen, dass es nur gemeinsam stark ist, muss es nicht unbedingt einen Hochseil-Parcours absolvieren. Stattdessen können die Mitarbeiter auch einen Spielplatz für einen Kindergarten anlegen. Solche Projekte bewegen die Teilnehmer persönlich, weiß Eventmanager Sans. „Der Blick in strahlende Kinderaugen ist eine Belohnung, die lange in Erinnerung bleibt.“ Manche Unternehmen haben sich entschieden, auch in der Krise auf äußerst aufwendige Mitarbeiter-Events zu setzen – und im Gegenzug die Zahl der Veranstaltungen deutlich zu reduzieren. Als letzter Schrei gilt im Moment eine


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IM FOKUS

DAS GEWISSE EXTRA

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ie Pharmabranche ist von den direkten Folgen der aktuellen Konjunkturkrise weitgehend verschont geblieben. Trotzdem will der Konzern Sanofi Aventis die Gehälter seiner Mitarbeiter im laufenden Jahr weniger stark erhöhen als zunächst geplant. „Wir sehen Wolken am Horizont aufziehen“, begründet Hanfried Stöppler, Mitglied 42

der Sanofi-Personalleitung. Der Branche macht der anhaltende Spardruck im Gesundheitssystem zu schaffen, außerdem laufen viele Patente aus, was den Umsatz schmälern dürfte. Angesichts dieser schwierigen Gemengelage will sich Sanofi möglichst nicht mit steigenden Kosten belasten – und zeigt sich bei Gehaltserhöhungen zögerlich.

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Foto: www.dreamstime.com

In der Krise streichen viele Unternehmen Gehaltserhöhungen und riskieren so, wichtige Mitarbeiter zu verlieren. Nur wer passende Zusatzleistungen bietet und Einsparungen richtig kommuniziert, kann bei seinen Angestellten auf Milde hoffen.


Fotos: Loyalty Partner; Sanofi-Aventis Deutschland GmbH

IM FOKUS

Doch die Stimmung in der Belegschaft soll unter dem Spardiktat nicht leiden. Deshalb hat der Konzern seinen Mitarbeitern jüngst in Erinnerung gerufen, welche umfangreichen Nebenleistungen ihr Arbeitgeber ihnen spendiert: Alle Führungskräfte haben im vergangenen Jahr erstmals einen persönlichen Leistungsüberblick vorgelegt bekommen. Der listet neben dem Gehalt auch weitere Leistungen wie die betriebliche Altersversorgung, den Firmenwagen und die Unfallversicherung auf. „Das Echo war sehr positiv“, freut sich Stöppler. Jetzt überlegt er, ähnliche Übersichten auch für andere Mitarbeiter zu erstellen. Sanofi Aventis ist mit seinen Sparplänen in guter Gesellschaft. Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Situation ist in vielen Unternehmen an Gehaltserhöhungen nicht zu denken (siehe „Auf der Bremse“). 64 Prozent der Firmen in Deutschland planten im vergangenen Jahr eine Kürzung des Gehaltsbudgets oder eine Nullrunde, ergab eine Umfrage der Personalberatung Hewitt Associates unter 30 Unternehmen verschiedener Branchen. Damit ergibt sich für Unternehmen ein handfestes Problem: Trotz knapper Kassen wollen sie ihre Leistungsträger an Bord halten. Gefällt es denen bei ihrem Arbeitgeber nicht mehr, finden sie schließlich auch in schwierigen Zeiten einen neuen Job. Um Abwanderungsgedanken zu zerstreuen, setzen Unternehmen verstärkt auf Nebenleistungen: Weiterbildung, Kinderbetreuung, Zusatzurlaub oder Versicherungen auf Kosten des Arbeitgebers. Oder sie erinnern ihre Angestellten, wie gut das Betriebsklima und wie aussichtsreich die Entwicklungsmöglichkeiten sind. „Da bei den Fixgehältern wenig Spielraum bleibt, um gute Mitarbeiter zu werben oder zu halten, gewinnen andere Faktoren stark an Bedeutung“, sagt Hewitt-Beraterin Nadine Moussalli. „Sie bieten Unternehmen eine gute Möglichkeit, sich auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auf dem hart umkämpften Talentmarkt zu positionieren.“ So kümmert sich der Autozulieferer Bosch verstärkt darum, den eigenen Mitarbeitern die Verlässlichkeit des Unternehmens in Erinnerung zu rufen. Das ist dringend nötig. Derzeit verhandelt das Unternehmen mit seinen Mitarbeitern über eine Gehaltssenkung. Am Stammwerk in Stuttgart-Feuerbach haben sich Betriebsrat und Standortleitung bereits Mitte Dezember darauf geeinigt, dass die Mitarbeiter im Jahr 2010 auf 1 bis 1,5 Prozent ihres Gehalts verzichten. Damit beteiligt Bosch seine Mitarbeiter an den Kosten der Kurzarbeit und reagiert auf das schwierigste Jahr der Firmengeschichte in der Nachkriegszeit. Parallel dazu bemüht sich das Unternehmen, bei seinen Mitarbeitern nicht in Ungnade zu fallen. Bosch gilt traditionell als verlässlicher Arbeitgeber, bei einer Umfrage nach den fairsten deutschen Unternehmen lan-

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dete der Zulieferer im vergangenen Jahr auf dem ersten Platz. Daran soll auch die aktuelle Krise nichts ändern. Bosch setzt auf eine offene interne Kommunikation, will den Mitarbeiten die Situation erklären. „Nichts beschönigen, früh informieren, kritische Themen beim Namen nennen, Versprechen einhalten“, lautet die Devise. „Wir tun alles, um die Stammbelegschaft an Bord zu halten“, sagt Geschäftsführer und Personalchef Wolfgang Malchow.

Mit Weiterbildung punkten

»Wir setzen auf eine Kultur wie in einer StartupFirma.« Silke Steinlein, Loyalty Partner

»Wir sehen Wolken am Horizont aufziehen.« Hanfried Stöppler, Sanofi Aventis

Bei Dienstleistern wie der Wirtschaftsprüfungsund Beratungsgesellschaft Pricewaterhouse Coopers (PWC) gelten ganz andere Voraussetzungen. Hier wollen Mitarbeiter vor allem eines: beruflich vorankommen. „Für unsere jungen Mitarbeiter ist die Weiterqualifizierung das Wichtigste“, sagt Personalchef Bernhard Riester. Daran ändert auch ein schwieriges wirtschaftliches Umfeld nichts. Zwar vermeldete PWC in Deutschland für das Geschäftsjahr 2009 ein Umsatzminus von sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch in die Ausbildung seiner Mitarbeiter investiert das Unternehmen auch in der Krise unvermindert kräftig. Mit 130 Millionen Euro flossen im Geschäftsjahr 2009 fast zehn Prozent des Jahresumsatzes in die berufliche Qualifizierung der Mitarbeiter, im Vorjahr waren es mit 139 Millionen Euro 9,5 Prozent. Das Geld fließt vor allem in die fachliche Weiterbildung, „gerade bei Absolventen mit Bachelor-Abschluss“, sagt Riester. Hinzu kommen Fortbildungen zu Themen wie Projektmanagement, Rhetorik und anderen Softskills sowie Hilfe bei der Vorbereitung auf die Steuerberater- und Wirtschaftsprüferexamina. Mit diesem Pfund kann PWC auch in der Krise wuchern, glaubt Riester. „In schwierigen Zeiten ist es besonders wichtig, die eigene Leistungsfähigkeit zu stärken.“ Betriebsbedingte Kündigun-

Auf der Bremse Die Gehälter deutscher Arbeitnehmer sind im vergangenen Jahr um 1,3 Prozent gestiegen. Das belegt eine Studie des Personalberatungsunternehmens ECA International. Im Jahr zuvor hatten die Gehälter hierzulande noch um 3,5 Prozent zugelegt. Die Unternehmen geben damit die Folgen der Finanz- und Wirtschaftskrise an ihre Mitarbeiter weiter. Für das laufende Jahr erwarten Personaler offenbar eine Besserung der Lage, denn sie rechnen mit einem durchschnittlichen Gehaltsanstieg um 2,5 Prozent. Damit liegt Deutschland knapp unter dem westeuropäischen Durchschnitt, der mit 2,6 Prozent leicht höher ausfällt.

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NACHGEFRAGT Unternehmen kürzen Gehälter oder verschieben Gehaltserhöhungen. Manche Manager verdienen trotzdem Millionen. Wie passt das zusammen? Alexander Kritikos, Leiter „Innovation, Industrie, Dienstleistungen“ des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung Wenn Unternehmen mit der Wirtschaftskrise kämpfen und Gehälter kürzen, sollte das vor der Führungsriege nicht Halt machen. Es werden völlig falsche Anreize gesetzt, wenn Manager ausschließlich an Unternehmensgewinnen, nicht aber an den von ihnen selbst verursachten Verlusten beteiligt werden. Manager sollten dafür über einen Selbstbehalt begrenzt haften. Auch ist es für viele nicht nachvollziehbar, dass manche Manager in wirtschaftlich guten Phasen Jahresgehälter im zweistelligen Millionenbereich bekommen. Da darf es nicht verwundern, dass diese Manager eine Moraldiskussion über gerechte und ungerechtfertigte Gehälter lostreten.

Norbert Englert, Sprecher der Geschäftsführung von Mercer Deutschland Wenn Unternehmen in diesen Tagen Gehälter kürzen oder Gehaltserhöhungen aufschieben, dann geschieht dies aus einer wirtschaftlichen Notwendigkeit. Wer suggeriert, 44

dass die Einschnitte beim Gehalt allein die breite Belegschaft treffen, liegt falsch. In den letzten beiden Jahren hat das Gros der Manager aufgrund einer schlechteren Geschäftsentwicklung deutliche Gehaltseinbußen hinnehmen müssen. Im DAX zum Beispiel haben Vorstandsmitglieder 2008 durchschnittlich 20 Prozent weniger verdient als in den drei Jahren zuvor. Die Vergütungssysteme sind weitaus konsistenter, als mancher Kritiker unterstellt.

Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Im Moment kürzen viele Unternehmen die Gehälter ihrer Mitarbeiter – allerdings selten auf oberster Ebene. Stattdessen trifft es die einfachen Angestellten. Gerecht ist das nicht. Die Top-Manager können nicht von kleineren Angestellten etwas verlangen, das sie selbst nicht tun. Insbesondere Vorstandsmitglieder sollten deshalb mit gutem Beispiel vorangehen, ihre Gehälter transparent machen und auf einen Teil des Geldes verzichten. Fairerweise muss man allerdings sagen, dass viele Manager dies bereits tun. Wenn ein Unternehmen schlechte Zeiten durchlebt, sollten dafür möglichst nicht die Arbeitnehmer büßen.“

gen gab es bei dem Prüfungsunternehmen zwar ebenso wenig wie Kurzarbeit, dafür fielen die Gehaltssteigerungen zuletzt geringer aus als üblich. Riester erwartet deshalb aber keine größeren Probleme: „Für die meisten unserer Mitarbeiter ist eine gute berufliche Perspektive wichtiger, als schnelles Geld zu verdienen.“ Grund für diese Einschätzung ist das Geschäftsmodell der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, die sich vor allem als Durchlauferhitzer für High Potentials verstehen. Meist sind es Universitätsabsolventen, die dort anheuern und nach einigen Jahren mit steiler Lernkurve und absolvierten Berufsexamina in der Tasche auf einen lukrativen Posten in ein Unternehmen aus dem Kundenkreis ihres ersten Arbeitgebers wechseln. Das Münchener Unternehmen Loyalty Partner, Betreiber des Bonussystems Payback, möchte seine Angestellten gern langfristig an sich binden. Immerhin ist die Firma in den vergangenen Jahren auf rund 500 Mitarbeiter angewachsen – und setzt auf eine agenturähnliche Leistung-macht-Spaß-Atmosphäre. „Wir haben die Kultur eines Startups auf ein gut situiertes Unternehmen ausgedehnt“, sagt Personalleiterin Silke Steinlein. Damit will das Unternehmen Mitarbeiter an sich binden und gezielt Kandidaten ansprechen, die auch auf die Arbeitsumgebung Wert legen. „Wir suchen Menschen, die zu uns passen und nicht nur aufs Gehalt schauen“, sagt Steinlein. Ein wichtiges Argument beim Werben um Mitarbeiter ist zum Beispiel die Kantine im Firmengebäude im angesagten Münchener Westend. Hier kocht ein Italiener, bei dem man sich schon einmal in verlängerten Mittagspausen zur Besprechung trifft. Außerdem sitzen die Mitarbeiter in Büros in einer hellen Glas-Stahl-Konstruktion, das unternehmenseigene Fitnessstudio bietet günstig Yogastunden an, und zweimal die Woche kommt der Masseur ins Haus. „Mit unserer Unternehmenskultur schaffen wir eine Mitarbeiterloyalität, die man allein mit Geld nicht erreichen kann“, ist Steinlein überzeugt. Der Energiekonzern RWE verfolgt das gleiche Ziel, hat aber eine andere Herangehensweise gewählt. Er konzentriert sich auf Mitarbeiter, denen vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familien am Herzen liegt. Schon vor vier Jahren ließ das Unternehmen samt Tochtergesellschaften seine Bemühungen vom Audit „Beruf und Familie“ zertifizieren. Und auch in den aktuell wirtschaftlich unsicheren Zeiten hält das Unternehmen an seiner Strategie fest. Die Tochter RWE Dea zum Beispiel hat den Ausbau einer Kindertagesstätte in der Nachbarschaft des Unternehmens mit finanziert, im vergangenen Jahr wurde das Gebäude fertig. Mitarbeiter von RWE Dea kommen jetzt in den Genuss, ihre Kinder auf dem Weg zur Arbeit in der Tagesstätte abliefern zu können – ohne dafür einen Umweg machen zu müssen. André Schmidt-Carré

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Fotos: DIW; privat; Tim Wegner

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ENTSCHIEDEN WIRD AUF’M PLATZ Teamplay und Leidenschaft: Der F.C. Real als Prototyp eines erfolgreichen Modells der Mitarbeitermotivation

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er Fußboden ein Kunstrasen, an den Wänden hängen Wimpel, vom Tischkicker in der Ecke tönt Jubel – wer zum ersten Mal das lichte Gebäude an der Rheiner Landstraße 195 in Osnabrück betritt, glaubt erst einmal, sich in der Tür geirrt zu haben. Genau diesen Effekt hat Unternehmensgründer Jens Bormann gewollt, als er vor ein paar Jahren einen verwegenen Einfall in die Tat umsetzte: Wer das Unternehmen buw sucht, soll den Fußballklub F.C. Real finden. 46

Eigentlich ist buw Dienstleister für Kundenmanagement-Lösungen und betreibt mehrere Callcenter. Aber die Mitarbeiter fühlen sich als Akteure eines Fußballvereins. Was merkwürdig klingt, ist ein preisgekröntes Beispiel für moderne Unternehmenskultur und erfolgsorientierte Mitarbeiterführung in einem Gewerbe, das nicht den besten Ruf genießt. buw ist ein Callcenter und wuchs in den vergangenen Jahren wie kaum ein anderes Unternehmen seiner Branche. Mehr als 3.500 Mitarbeiter betreuen

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an sechs Standorten Kunden wie RWE, BMW, Vodafone oder Miele. buw bewegt sich in einem schwierigen Umfeld. Callcenter – das klingt nach Drückerkolonne, nach monotoner Telefoniererei für schlechten Lohn, nach McJob. Soziologen schreiben, in Callcentern würden unsozial flexible Arbeitszeiten verlangt, Raum für eigene Ideen und Entfaltung gäbe es kaum. Mitarbeiter gelten als weitgehend rechtelose Arbeitsnomaden, die von Unternehmen zu Unternehmen ziehen. Was von der Öffentlichkeit aber gerne übersehen wird: Die Callcenter-Branche gibt es eigentlich gar nicht. buw sieht sich anders als die Konkurrenz – und der F.C. Real ist sichtbares Zeichen dieses Selbstbildes. Wie viele gute Ideen entsteht auch die vom Fußballklub nicht beim Wälzen von Fachbüchern, sondern beim Bier. Ende 2005 sitzt Jens Bormann mit seinem Bruder Tim, auch ein buwler, am Kneipentisch. Große Fragen beschäftigen die Bormanns an diesem Abend: Wie bekommt man Wachstum, Mitarbeitermotivation, Image und Unternehmenskultur unter einen Hut? Und was sind die Tugenden, für die

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buw steht? Jens nimmt ein Blatt Papier, schreibt darauf vier Wörter: Leidenschaft, Teamgeist, Fairplay, Siegeswille. „Diese Tugenden haben uns erfolgreich gemacht.“ Fehlt nur noch ein treffendes Bild, das diese Tugenden veranschaulicht und als Unternehmenskultur kommuniziert: klar, ein Fußballklub. Der F.C. Real ist geboren. Das Unternehmen wird zum Fußballklub – der F.C. Real ist die buw-Unternehmensgruppe. Und so ist es bis heute. Betriebssportmannschaften findet man landauf, landab. Aber nirgendwo gibt es ein Modell, das den Vereinsgedanken so konsequent umsetzt wie buw mit dem F.C. Real. „Ich bin der Überzeugung, dass man mit dem Fußball die halbe Welt erklären kann“, sagt Jens Bormann. Fußball habe klare Regeln, Rituale, es gibt Gewinner und Verlierer, jeder auf der Welt kapiert, wie das Spiel funktioniert. Erst recht in Deutschland, der Nation der 80 Millionen Bundestrainer. „Mit dem Bild der Fußballmannschaft erreichen wir jeden im Team, egal, ob aktiver Fußballer oder nicht“, sagt er. Der F.C. Real macht den Mitarbeitern auch komplizierte Sachverhalte verständlich. Der Fußball schafft einen Rahmen, an dem sich fachliche Themen und Ziele besser erklären lassen als an Jobprofilen und Organigrammen. Menschen haben unterschiedliche Charaktere, Temperamente, Interessen, Werte. Jemand, der vor allem auf Wettbewerb ausgerichtet ist, darauf, besser zu sein als alle anderen, unterscheidet sich in seinem Antrieb von jemandem, dem Sicherheit und Nächstenliebe bedeutsame Werte sind. Das Modell F.C. Real muss diesen Bedürfnissen gerecht werden. Dass sich ein Mitarbeiter mit buw und seiner Tätigkeit identifiziert, ist Voraussetzung dafür, dass das Modell F.C. Real funktioniert; nur dann bleiben die buw-Tugenden Leidenschaft, Teamgeist, Fairplay, Siegeswille keine Lippenbekenntnisse, sondern werden zu gelebter Unternehmenskultur. Was spielen diese Tugenden aber im Arbeitsalltag für eine Rolle?

Fairplay und Teamgeist

Der Vereins-Wimpel steht als Symbol für eine Idee und die Spiele finden regelmäßig unter großem Zuschauerinteresse statt.

Der professionelle, telefonische Kundenkontakt erfordert einen hohen emotionalen Einsatz, so eine Studie der Universität Frankfurt. Mit dem F.C. Real will buw seinen Mitarbeitern die nötige emotionale Energie spenden. Leidenschaft soll Mitarbeiter dazu antreiben, etwas leisten, bewegen, gestalten zu wollen. Teamgeist ist eine Einstellung zum Miteinander. Die Ziele des Teams stehen über den eigenen, der gemeinsame Erfolg ist dem individuellen übergeordnet, Visionen werden geteilt. Auch Fairplay steht für das Miteinander, vor allem für Respekt. Wichtigste Spielregel beim F.C. Real: Die Würde des anderen wird nicht verletzt, abfällige Bemerkungen über Kollegen sind ein klares Foul. 47


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Siegeswille ist zwar ausdrücklich gewünscht, aber nur soweit, dass er nicht in Verbissenheit umschlägt und sich negativ auf Teamgeist und Fairplay auswirkt. „Mitarbeiter sollten mit Überzeugung sagen können: Ich bin hier wichtig. Die Sache, für die ich arbeite, ist wichtig. Ich bejahe die Werte, für die buw steht. Ich kann mich hier einbringen. Aus diesen Gründen arbeite ich gerne bei buw“, sagt Frank Theißen, Leiter Costumer Care bei buw.

terführung. „Alle Teamleiter sollten sich mehr als Spielmacher und Trainer verstehen und weniger als reine Projekt-Administratoren“, sagt Ordegel. Ergebnis: Das Team steuert sich nun selbst, bei wichtigen Entscheidungen werden alle Mitarbeiter miteinbezogen. Dadurch steigt das Verantwortungsgefühl der Mitarbeiter am Telefon. Sie spüren, dass ihre Meinung wichtig ist, dass „Teamgeist“ keine leere Phrase ist. Als die Bormann-Brüder den F.C. Real ins Leben rufen, bewerben sich Mitarbeiter aller buw-Niederlassungen für den Job des Standortkapitäns. Eine wichtige Rolle. Sie geben dem Klub vor Ort ein Gesicht, koordinieren die Trainingseinheiten, organisieren buw-Turniere und Spiele in der „Bunten Liga“. „Die Standortkapitäne sorgen durch ihren Einsatz vor Ort für die notwendige Motivation der Mitarbeiter, sie haben sich als Antreiber herauskristallisiert“, sagt Tim Bormann. Der F.C. Real macht buw auch für neue Mitarbeiter interessant. Auf der Branchenmesse Call Center World spielte das Unternehmen seinen Fußball-Trumpf aus. An einem Stand des F.C. Real lagen Fanartikel aus, die Schilder „Transferbörse“ und „Mitspieler gesucht“ zogen die Aufmerksamkeit der Messebesucher auf sich. „Der F.C. Real wurde zum begehrlichen Team“, erinnert sich Jens Bormann. Klar ist aber jederzeit, dass die Hierarchien gewahrt sind. Ein Einwechselspieler bringt zu Beginn naturgemäß eine deutlich geringere Leistung als ein routinierter Stammspieler. Aus diesem Grund gibt es beim F.C. Real so genannte Vertrauenspatenschaften. Ein neuer Kundenberater wird in den ersten zwölf Wochen – der heikelsten Phase für jeden Neuling – von einem erfahrenen Kollegen begleitet.

Trikots wie Juventus Turin Die Tugenden des Unternehmens sind gleichzeitig die Spielphilosophie des F.C. Real. Klublogo und Spielkleidung bilden sie nach außen hin sichtbar ab. Fußballklubs kommunizieren über Symbole. Wappen und Vereinsfarben sind Markenzeichen, die Identität nach innen und außen stiften; erst die Kluft macht einen Verein unverwechselbar. Die Trikots des F.C. Real haben schwarz-weiße Längsstreifen wie bei Juventus Turin, die Krone im Logo ist der aus dem Wappen von Real Madrid nachempfunden. Alle buwler sind als Mitarbeiter automatisch Klubmitglieder des F.C. Real – und sie identifizieren sich mit ihrem Verein. Die Mitarbeiter bilden Mannschaften, treffen sich zum Training und komponierten sogar eine Vereinshymne. „Das bestätigte, dass wir mit der Gründung des Fußballklubs einen Nerv getroffen hatten“, sagt Tim Bormann. Es ist Anfang 2006, ein eisiger Februarmorgen, als der F.C. Real zum Leben erwacht. Ein gutes Dutzend buwler stecken in Fußballtrikots und hören einem Mann zu, den sie bisher nur aus der Sportschau kannten: Thomas von Heesen, damals Bundesliga-Trainer bei Arminia Bielefeld. Dann traben die buwler über den Rasen, auf dem sonst Profis bolzen. Ziel des ungewöhnlichen Workshops auf der Wiese: Führungskräfte zu Teamplayern schulen. „Wir hatten erkannt, dass die Mannschaft zwar aus guten Einzelspielern bestand, aber auf dem Feld trotzdem kein echtes Team entstand, das gemeinsam im Sinne des Gesamterfolgs agierte“, sagt Chef Bormann. Erst der Fußball machte sichtbar, was die buw-Tugenden – Leidenschaft, Teamgeist, Fairplay und Siegeswille – für das Unternehmen wirklich bedeuten: Wer nicht für seinen Nebenmann mitläuft, gefährdet den Erfolg des gesamten Teams. Es geht um das Bewusstsein für die eigene Rolle. „Mit rhythmischer Sportgymnastik lässt sich das nicht so gut vermitteln“, sagt Bormann. Wie sollten die buwler diese Erkenntnisse nun aber praktisch anwenden? Dirk Ordegel, buw/Münster, war die erste Führungskraft, die das Modell F.C. Real in seinem Team einführte. Ziel war, durch den F.C. Real das Rollenverständnis der Teamleiter neu zu definieren, weg von administrativen Aufgaben, hin zur Mitarbei48

Emotionen sind erwünscht

Die beiden Geschäftsführer der buw Holding GmbH und Köpfe hinter dem F.C. Real Jens Bohrmann und Karsten Wulf.

In einem Fußball-Verein muss jeder wissen, welche Rolle er spielt. Das gilt auch für diejenigen, die an der Spitze stehen. Ein Uli Hoeneß weiß ganz genau, wann er welche Rolle auszufüllen hat. Mal ist er der Feuerkopf, der Tacheles redet, mal der besonnene Mentor, der sich schützend vor seine Mannschaft stellt. Bewusst setzt er auf Emotionen. Auch bei buw drücken Führungskräfte Freude und Ärger durchaus emotional aus. „Wir inspirieren und motivieren und rennen, wenn es eng wird, auch gemeinsam nach hinten, um ein Gegentor zu verhindern“, sagt Jens Bormann. Durch den F.C. Real bauen Führungskräfte eine emotionale Bindung zu ihren Mitarbeitern auf, sie delegieren wichtige Aufgaben – und zwar so, dass der Mitarbeiter gefordert, aber nicht überfordert ist und dadurch an seinen Aufgaben wächst. Auf das Timing des Steilpasses kommt es an. Weiterer positiver Effekt: Durch das Modell F.C. Real entsteht Führung von un-

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ten. Droht ein Projekt aus dem Ruder zu laufen, fordern die Kundenberater rechtzeitig die Team- und Projektleiter zum Handeln auf und machen Verbesserungsvorschläge. Die buwChefs haben in Mitarbeitergesprächen erfahren, dass die Motivation an neuen Standorten am höchsten ist, weil dort Aufbruchstimmung herrscht – die Kollegen, das Büro, die Arbeit, alles ist neu. Die Kunst besteht also darin, an allen Standorten permanent ein Gefühl von Aufbruch zu erzeugen. Das gelingt den Führungskräften, indem sie neue Projekte vergeben, die Teams neu zusammenstellen. Manchmal reicht es schon, wenn ein Projekt einen neuen Namen bekommt. Damit alle Spieler langfristig an einem Strang ziehen, hat der F.C. Real außerdem ein Provisionsmodell geschaffen. Jeder Mitarbeiter sammelt während seiner Projektarbeit Bälle, mal mehr, mal weniger, je nach Leistung. Diese Bälle zahlt er auf einer Art Sparbuch ein und tauscht sie im F.C. Real-Shop gegen Fernseher oder Staubsauger ein. „Voraussetzung ist jedoch immer, dass die Leistung des gesamten Teams stimmt“, sagt Dirk Ordegel. „Bleibt die Mannschaftsleistung unter der definierten

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26.01.2010

15:55 Uhr

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Schwelle, erhält auch der Topverkäufer nichts.“ Das Prämienmodell greift auch die buw-Tugend Teamgeist auf: Wenn ein gesamtes Team eine besonders gute Leistung zeigt, zahlt das Unternehmen Zusatzbälle in die Mannschaftkasse. Natürlich gibt es auch bei buw – wie in jedem anderen Unternehmen – nicht nur zufriedene Mitarbeiter. Und nicht jeder kann etwas mit den Fußball-Analogien und dem entsprechenden Jargon anfangen. Was der F.C. Real aber allemal zeigt: Es reicht nicht, ein paar schmissige, wissenschaftlich unterfütterte Charts an die Wand zu werfen oder das Unternehmen einmal mit einer spektakulären Aktion durchzurütteln. Langfristige Motivation hängt von täglichen Erlebnissen ab, vom Spaß und von der Sichtbarkeit des eigenen Beitrags zum großen Ganzen. Seit es den F.C. Real gibt, haben sich die Produktionsergebnisse von buw verbessert, außerdem gibt es weniger Krankmeldungen und die Mitarbeiter-Fluktuation, Schwachstelle jedes Callcenters, ist zurückgegangen. „Wir sind sehr stolz auf das, was wir gemeinsam mit der Mannschaft erreicht haben“, sagt Jens Bormann. Wendelin Hübner

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WENN DRUCK UND SEELENSCHMERZ UNERTRร GLICH WERDEN

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Immer mehr Arbeitnehmer leiden unter psychischen Problemen am Arbeitsplatz. Dies stellt Kollegen, Vorgesetzte und Personalverantwortliche vor vรถllig neue Herausforderungen.

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s ist eine letzte Anklage, der Abschiedsbrief, den ein Mitarbeiter von France Télécom hinterlässt – bevor er sich mit einer Plastiktüte erstickt. „Ich bringe mich wegen meiner Arbeit bei France Télécom um. Das ist der einzige Grund. Ständiger Zeitdruck, Arbeitsüberlastung, keine Weiterbildung, völlige Desorganisation im Unternehmen – Management durch Terror“, hatte Michel Deparis vor seinem Tod formuliert. Der Techniker des Unternehmens ist nicht der Einzige, der diesen Weg in den Tod wählte – und mit diesem Schritt die Arbeitsbedingungen in einem der größten Konzerne Frankreichs anklagte. Innerhalb von 18 Monaten brachten sich dort 23 Mitarbeiter um. Der Grund, den fast alle in irgendeiner Form vor ihrem Tod äußerten: die starken psychischen Belastungen und die schlechten Arbeitsbedingungen bei France Télécom. Mittlerweile hat die Suizidserie sogar Vorstandschef Didier Lombard das Amt gekostet. Auch wenn vergleichbare Fälle in einem deutschen Unternehmen nicht stattgefunden haben, nehmen hier dennoch die Arbeitsbelastungen in den letzten Jahren stetig zu. Laut der AOK ist der Anteil betrieblicher Fehlzeiten aufgrund psychisch bedingter Erkrankungen heute im Vergleich zu 1995 um 80 Prozent gestiegen. Jeder Vierte erkrankt im Laufe seines Lebens einmal an einer psychischen Erkrankung. Und dies sind nur die offiziellen Zahlen. Da psychische Krankheiten oft gar nicht diagnostiziert werden, ist die Dunkelziffer sehr hoch. Mit fatalen Folgen für die Unternehmen. „Die Zunahme an psychischen Erkrankungen ist dramatisch, Unternehmen müssen lernen, mit diesem Problem umzugehen“, sagt Werner Kissling, Leiter des Centrums für Disease Management an der TU München.

»Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass wir nur mit Gesunden arbeiten.« Andreas Tautz, Gesundheitsmanager bei der Deutschen Post

Viele verschließen die Augen

Fotos: Deutsche Post AG; privat

Es geht auch um Geld Wie geht man mit der anwachsenden Zahl der Mitarbeiter um, die unter psychischen Problemen wie Depressionen oder Angststörungen leiden? Wie erkennt man die ersten Anzeichen einer psychischen Erkrankung? Wie kann man verhindern, dass die eigenen Mitarbeiter unter dem Druck am Arbeitsplatz zusammenbrechen und psychisch krank werden? All diese Fragen müssen sich Personalverantwortliche und Führungskräfte in Zukunft verstärkt stellen. Hierfür sprechen auch ganz handfeste ökonomische Gründe: „Es geht um viel Geld“, sagt Kissling. „Ein Mitarbeiter, der psychisch krank ist, fehlt deutlich länger als jemand mit Grippe oder einer physischen Erkrankung.“ Gleichzeitig mache er im Schnitt häufiger Fehler während der Arbeitszeit und ist langsamer als seine Kollegen. Erschwerend komme hinzu, dass im Unterschied zu einer körperlichen Erkrankung oft das gesamte Team unter einem psychisch kranken

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Vorgesetzten oder Kollegen leidet, sie in ihrer Arbeit gebremst werden. „Wenn der Leiter einer Abteilung eine Störung im Kommunikationsverhalten hat, dann kann sich das auf die gesamte Abteilung auswirken“, sagt Kissling. In Deutschland entstehen durch psychische Erkrankungen jährliche volkswirtschaftliche Kosten in Höhe von 6,3 Milliarden Euro. Darin sind laut einer aktuellen Studie des BKK Bundesverbandes 3 Milliarden Euro direkte Kosten für die Krankheitsbehandlung und weitere 3,3 Milliarden Euro Produktionsausfallkosten enthalten. Allein Depressionen verursachten 2008 nach Angaben der Techniker Krankenkasse mit 36.000 Fällen rund 1,93 Millionen Fehltage. Das sind 5,86 Prozent aller Fehlzeiten. Diese Realität und der daraus resultierende Handlungsbedarf kommt auch langsam in den Köpfen der Führungskräfte und Personalverantwortlichen an. Psychologische Beratungsstellen und Seelsorgetelefone, Führungskräfteschulungen und Sportkurse – das Engagement der Firmen, um ihre Mitarbeiter zu stärken, ist vielfältig. Prinzipiell, so hat Kissling festgestellt, sind die meisten Personaler sehr motiviert, sich um psychisch Kranke zu kümmern. Doch was fehle, sei oft das konkrete Know-How, wie man mit einem psychisch kranken Mitarbeiter umgehen soll. Zusätzlich verbinden viele Führungskräfte eine psychische Störung mit einer verminderten Leistungsfähigkeit. Diesem Vorurteil widerspricht Kissling. „Außerhalb der akuten Krankheitsphasen sind viele von ihnen eher überdurchschnittlich leistungsmotiviert.“

»Ich möchte meinen Kunden helfen, sich auch in stressigen Situationen zu Recht zu finden.« Heinz-Michael Hartmann, Berater von Führungskräften und Managern bei der Dresdner Bank

„So eine Störung kann jeden treffen“, sagt auch Stefan Leidig. Der Psychologe berät Firmen und schult Führungskräfte beim Umgang mit Stress und psychischen Belastungen am Arbeitsplatz. Was er in seinen Seminaren erlebt, sei symptomatisch für den Umgang der Führungskräfte und Personalverantwortlichen beim Umgang mit psychischen Störungen. „Viele verschließen lieber die Augen, wenn sie bemerken, dass sich ein Mitarbeiter anders als gewöhnlich verhält, aus Angst, etwas falsch zu machen“, sagt er. Aber er bemerke auch einen Bewusstseinswandel in den Köpfen der Chefs. Noch vor ein paar Jahren hörte er häufig, wenn er seine Seminare anbot: „Psychischer Stress am Arbeitsplatz? Ach, das ist doch bei uns kein Thema.“ Aber gerade Ereignisse – so tragisch sie auch seien – wie der Selbstmord von Robert Enke oder auch die Suizidserie bei der Télécom France würden viele Personalverantwortliche wachrütteln. Wie können Führungspersönlichkeiten und Personalmanager jedoch verhindern, dass ihre Mitarbeiter irgendwann psychisch krank werden? „Respekt und Resultate“ sagt Andreas 51


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»In erster Linie müssen Unternehmen eine hohe Vertrauenskultur schaffen.« Natalie Lotzmann, Leiterin des Gesundheitswesens bei SAP

Vertrauenskultur ist wichtig Ein Grundproblem vieler Betroffener ist immer noch die Scheu, ihre Krankheit offen zu thematisieren, aus Angst, ihrer Karriere zu schaden. So führen auch all die unternehmensinternen Präventionsangebote ins Leere, wenn im Unternehmen keine Atmosphäre herrscht, in der sich die Kranken trauen, sich ihrem Chef zu offenbaren. „In erster Linie müssen Unternehmen eine hohe Vertrauenskultur schaffen“, sagt Natalie Lotzmann, Leiterin des Gesundheitswesens bei SAP. Mit einem ganzheitlichen Gesundheitsmanagement-Ansatz, der die gesamte Firmenkultur, wie Kommunikationsstrukturen oder die Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse mit einbezieht, gewann SAP den Corporate Health Award 2009. Mit dem Corporate Health Award werden Unternehmen ausgezeichnet, die sich für die physische und psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter einsetzen. Die Globalisierung, der anwachsende Konkurrenzdruck, die Beschleunigung der Kommunikationswege, die Verkürzung von der Haltbarkeit des Wissens – all diese Entwicklungen in der Arbeitswelt stelle neue Herausforderungen an die Mitarbeiter. Für Heinz-Michael Hartmann, der bei der Dresdner Bank Führungskräfte, Personalmanager und Mitarbeiter beim Umgang mit 52

psychisch kranken Kollegen berät, heißt das vor allem, ihre Ressourcen so zu stärken, dass „sie in der Lage sind, in diesen Rahmenbedingungen zu arbeiten, gute Leistung zu erbringen und dabei gesund zu bleiben.” Umstrukturierungsmaßnahmen, Fusionen oder Entlassungen sind häufig betriebliche Realität und ließen sich schließlich nicht grundsätzlich vermeiden. „Ich möchte meinen Kunden helfen, sich auch in stressigen Situationen zu Recht zu finden.” Sein Ratschlag: Entspannungsübungen und Bewegung. Auch Lotzmann sieht in den Persönlichkeiten der Mitarbeiter den Knackpunkt beim Umgang mit stressigen Situationen: „Angesichts des hohen Zeit- und Kostendrucks geht es heute nicht mehr darum alles richtig zu machen, sondern das Richtige zu tun. Besonders Menschen mit hohem Selbstanspruch müssen, wenn sie gesund bleiben wollen, auswählen und das Wesentliche erfassen lernen, damit sie sich dann darauf fokussieren können. Dafür braucht es eine reife Persönlichkeit beziehungsweise Hilfestellungen und ein Unternehmen, welches solche Hilfestellungen bietet“, sagt Lotzmann. Gesundheitsmanagement fängt für die Experten schon bei der Firmenkultur, den Kommunikationsstrukturen und dem Führungsverhalten an. Besonders den Personalverantwortlichen und Führungskräften kommt in diesem Zusammenhang eine große Bedeutung zu: „Wir begreifen Führungskräfte in einer Doppelfunktion. Als Mensch, der natürlich auch von psychischen Erkrankungen betroffen sein kann, aber auch als Führungskraft, der eine Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter hat.”

Frühwarnsysteme etablieren

»Unsicherheit und Stress entsteht häufig nur aufgrund von schlechter Kommunikation.« Werner Kissling, Leiter des Centrums für Disease Management an der TU München

Auch Tautz sieht in der allgemeinen Firmenkultur die Grundlage, um psychische Erkrankungen zu vermeiden. Erst danach kommen für ihn die „klassischen“ Präventionsprogramme der betrieblichen Gesundheitsförderung. Basiselemente seien hier regelmäßige Gesundheitsreports, Gesundheitszirkel und Gesundheitsfördermaßnahmen wie Sportangebote oder Entspannungskurse. Für diesen ganzheitlichen Ansatz des Gesundheitsmanagements wurde die Deutsche Post mit dem Unternehmerpreis 2009 der Betriebskrankenkassen ausgezeichnet. „Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass wir nur mit Gesunden arbeiten“, sagt Tautz. Deshalb sei es umso wichtiger, eine Art „Frühwarnsystem“ im eigenen Unternehmen zu etablieren und die Mitarbeiter und Personalverantwortlichen für dieses Thema zu sensibilisieren. Damit diese ein Gespür für die Gefühlslage von psychisch Kranken bekommen, besucht Tautz mit den Führungskräften auch schon mal eine Psychiatrie. Dort lernen sie die Seite der Betroffenen kennen. Linda Tutmann

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Fotos: SAP AG; TU München

Tautz, Gesundheitsmanger bei der Deutschen Post – und meint damit gleichermaßen die offizielle Firmenphilosophie als auch die wichtigste Präventionsstrategie gegen psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz. Es reiche nicht, seinen Mitarbeitern Sportkurse oder Stress-Bewältigungsseminare anzubieten. Wer grundsätzliche gesunde und zufriedene Mitarbeiter haben möchte, müsse vor allem dafür sorgen, dass diese das Gefühl haben, dass ihre Arbeit geschätzt wird. Seine Lösung: Selbstbewusste Mitarbeiter mit viel eigenem Handlungsspielraum. Diese werden nämlich seltener psychisch krank und können mit stressigen Situationen und den Herausforderungen der Arbeitswelt besser umgehen. Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass genau dieser Handlungsspielraum, die Möglichkeit zum Beispiel eigenverantwortlich zu entscheiden, zu welcher Uhrzeit welche Aufgaben ausgeführt werden, Stress abbaut. Doch fällt vielen Chefs es gerade schwer, Entscheidungen abzugeben. Prävention, da sind sich auch die Wissenschaftler einig, hat viel mit dem firmeninternen Klima, der Kommunikationskultur, dem Miteinander von Mitarbeitern und Vorgesetzten zu tun. „Unsicherheit und Stress entsteht häufig nur aufgrund von schlechter Kommunikation“, sagt Kissling. Die Atmosphäre und der Kommunikationsstil in dem Unternehmen sind oft entscheidend für das Auslösen oder Verhindern von psychischen Krankheiten.


Impressum

INTERVIEW

„Viele Vorgesetzte haben Angst“ Tanja Theresia Hahn, Unternehmenspychologin E.ON

Herausgeber Rudolf Hetzel Paul Krebs Torben Werner (V.i.S.d.P.) Redaktionsleitung Jan Christian Weilbacher Patrick Weisbrod

Frau Hahn, wie erkenne ich, ob ein Mitarbeiter psychisch krank ist? Schließlich könnte er auch nur in einem „normalen“ Stimmungstief stecken.

ten Kollegen oder Vorgesetzte denjenigen ansprechen.

Grundsätzlich müssen Kollegen oder Vorgesetzte nicht erkennen, ob es sich um eine psychische Krankheit oder ein Stimmungstief handelt. Wichtig ist, zu bemerken, dass etwas nicht stimmt. Deshalb gilt, wenn der Mitarbeiter sich ungewöhnlich verhält, sollte man immer aufmerksam werden. Das können Leistungseinbußungen sein, wenn jemand zum Beispiel plötzlich deutlich langsamer arbeitet oder immer zwei Stunden länger im Büro bleibt, ohne dass er mehr schafft. Gereiztheit oder der Rückzug gegenüber seinen Kollegen könnten auch ein Hinweis sein, dass etwas nicht stimmt. Eine psychische Krankheit kann sich auch im Erscheinungsbild zeigen: Jemand kommt ungepflegt zur Arbeit, obwohl er früher viel Wert auf sein Äußeres gelegt hat. Außerdem steht vielen Betroffenen die Niedergeschlagenheit ins Gesicht geschrieben. Da muss man als Führungspersönlichkeit oder auch als Kollege nur genau hingucken und auf seine Gefühle vertrauen. Die eigenen Gefühle sagen einem häufig ganz genau, wenn es dem Gegenüber nicht gut geht.

Als Vorgesetzter sollte ich den Mitarbeiter um ein offizielles Gespräch bitten und ihn nicht zwischen Tür und Angel ansprechen. Wichtig sind vor allem zwei Dinge: Erstens sollte man genau schildern, was einem aufgefallen ist – und gerade dies fällt vielen Führungskräften schwer. Wer thematisiert schon gerne, dass sich der Mitarbeiter äußerlich vernachlässigt oder sich zurückzieht. Zweitens sollte man vermitteln, dass man sich ernsthafte Sorgen macht. Aber auch hier gilt: Nicht den Mitarbeitern mit eigenen Diagnosen konfrontieren. Gut ist es auch, wenn man den Betroffenen auf Anlaufstellen hinweist, wie firmeninterne Beratungsstellen oder auch externe, wie die Caritas. Wenn man seine Beobachtungen einfühlsam schildert, kann man nicht viel falsch machen.

Wie mache ich das?

»Genau hinsehen und dem Gefühl vertrauen«

Foto: E.On AG

Was sind denn wirkliche Alarmsignale?

Wirklich kritisch sind zwanghafte Handlungen, wie zum Beispiel Selbstgespräche, obwohl andere mit im Büro sind. Oder wenn jemand eine ganz rigide Ordnung auf seinem Schreibtisch haben muss und permanent alles genau ordnet. Oder er hat wirkliche Ausfälle und starrt fünf Minuten lang die Wand an. Spätestens dann, sollF E B R U A R / M Ä R Z

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Aber genau davor haben viele Führungskräfte Angst.

Und aufgrund dieser Angst, finden die Gespräche überhaupt nicht statt. Das ist das eigentliche Problem. Sie haben Angst, dass sie in solchen Gesprächen in die Privatsphäre des Mitarbeiters eindringen. Gleichzeitig sind sie unsicher, wie sie mit einem psychisch Kranken umgehen sollen. Die sind aber keine tickenden Zeitbomben, die sofort aus dem Fenster springen, wenn man sie auf ihre Probleme anspricht. Hier fehlt oft das Fachwissen. Und auch das Wissen darüber, dass solche Krankheiten heilbar sind und nichts mit der grundsätzlichen Leistungsfähigkeit zu tun haben. lt

Mitarbeiter der Ausgabe Verena Brendel, Sebastian Esser Jork Herrmann, Christoph Hus Wendelin Hübner, Max Lebsanft Andreas Menn, Sebastian Naber Sven Pauleweit, Sibylle Schikora André Schmidt-Carré, Tobias Schröder David Selbach, Frank Strikker Heidrun Strikker, Linda Tutmann redaktion@ humanresourcesmanager.de Entwicklung MedienManufaktur Wortlaut & Söhne www.wortlaut-soehne.de Layout Marcel Franke Steffi Butter Sarah Schlingmeyer Fotoredaktion Moritz Vennemann Stephan Baumann Verlags-/Redaktionsanschrift Helios Media GmbH Friedrichstraße 209 10969 Berlin Telefon: 030 / 84 85 90 Fax: 030 / 84 85 92 00 info@helios-media.com Anzeigen Norman Wittig norman.wittig@helios-media.de Druck Print & Media Möllerdamm 3 18337 Dänschenburg Abonnementkonditionen Inland: 6 Ausgaben – 70 Euro Ausland: 6 Ausgaben – 90 Euro Studenten: 6 Ausgaben – 42 Euro. Studentenabonnement nur gegen Vorlage einer gültigen Bescheinigung. Alle Preise verstehen sich inkl. MwSt. und Versandkosten. Im Internet info@humanresourcesmanager.de www.humanresourcesmanager.de


ARBEITSPROBE ARBEITSPROBE

Werksleiter Timm und Mitarbeiter: Jeder muss zur Weiterbildung, die Kurse sucht der Chef persรถnlich aus.

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POSITIV DENKEN Der mecklenburgische Maschinenzulieferer Fertigungstechnik Nord nutzt die Kurzarbeit, um seine Mitarbeiter weiterzubilden. Und macht sich damit schon jetzt fit für den Aufschwung.

Foto: Fertigungstechnik Nord / Arne Weychardt

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ft müssen gerade die scheinbar unwichtigen Dinge funktionieren, damit ein Projekt gelingt. Am Ende war es ein Fahrtkostenzuschuss, der die Mitarbeiter überzeugte. Schließlich mussten viele Angestellte des Maschinenbauzulieferers Fertigungstechnik Nord aus Gadebusch in Mecklenburg-Vorpommern gleich an mehreren Tagen pro Woche zum 25 Kilometer entfernten Weiterbildungszentrum fahren, als sie während der Kurzarbeit die Schulbank drücken sollten. „Der Zuschuss war entscheidend“, sagt Werksleiter und Personalchef Steffen Timm rückblickend. In 2009 hatten deutsche Unternehmen im Jahresdurchschnitt für rund eine Million Mitarbeiter Kurzarbeit angemeldet. Doch die Arbeitgeber schickten nur einen Bruchteil der Kurzarbeiter auf Weiterbildungen, insgesamt gerade einmal 100.000. Dabei war und ist die Gelegenheit für Unternehmen gleich doppelt günstig: Sie können erstens die Zwangspause ihrer Mitarbeiter sinnvoll nutzen. Und bekommen zweitens finanzielle Hilfe. Die Bundesagentur für Arbeit zahlt umfangreiche Zuschüsse zu den Seminar- und Sozialversicherungskosten. Werkschef Timm nutzte die Gelegenheit. Die Fertigungstechnik Nord baut Getriebe für Maschinen und Anlagen, das Mutterunternehmen Getriebebau Nord aus Bargteheide in Schleswig-Holstein mit mehr als 2.500 Mitarbeitern sieht sich auf dem Gebiet weltweit als Nummer zwei. Krane, Fahrstühle und Förderbänder arbeiten mit den Getrieben, ebenso das fahrbare Fußballfeld der Arena auf Schalke. Doch seit Ausbruch der Wirtschaftskrise kommen neue Aufträge nicht im gewohnten Umfang herein. Die deutschen Standorte sind in Kurzarbeit, die Weiterbildung organisieren die Werksleiter dezentral. Werkschef Timm hat seit Anfang vergangenen Jahres Kurzarbeit angemeldet. Zunächst für sechs Monate, mittlerweile für die verlängerte gesetzliche Höchstdauer von 24 Monaten. Derzeit arbeiten 70 der insgesamt 165 Mitarbeiter kurz. Da alle Bereiche des Unternehmens phasenweise betroffen waren, hat Timm

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auch alle Angestellten auf Weiterbildungen geschickt. Dabei suchte er die Seminare gezielt nach Inhalten aus, die seine Mitarbeiter und das Unternehmen weiter bringen. „Wir buchen hier keine Kochkurse“, stellt er klar. Seine Führungskräfte zum Beispiel sollten etwas über Projektsteuerung lernen.

Lernen an der Maschine Die Weiterbildung für die FertigungstechnikNord-Mitarbeiter organisiert mit dem Schweriner Ausbildungszentrum ein externer Partner. Entweder finden die Workshops in den Räumen des Zentrums statt, oder – wenn möglich – im Betrieb selbst. Vor allem die Fertigungsmitarbeiter absolvieren einen großen Teil der Weiterbildungen an der eigenen Maschine, damit der Lerneffekt für die tägliche Arbeit möglichst groß ist. Timm ist mit der Organisation zufrieden: „Die praktische Umsetzung klappt problemlos.“ Die meisten Kurse dauern maximal vier Tage am Stück, danach gehen die Mitarbeiter zwei Wochen arbeiten, dann folgt wieder ein Ausbildungsblock. Wie lang die einzelnen Intervalle sind, hängt vor allem vom Umfang der Kurzarbeit ab. In normalen Zeiten arbeiten die Beschäftigten 40 Stunden pro Woche. Im vergangenen März war die Auftragslage besonders schwach und reichte nur für 15 Wochenstunden. Mittlerweile hat sich die Lage wieder etwas entspannt, derzeit arbeiten die Kurzarbeiter im Durchschnitt immerhin 30 bis 35 Stunden. Bei Bedarf setzt Timm seine Mitarbeiter auch einzeln auf die Schulbank. Einen Materialwirtschaftler zum Beispiel schickte er zu einer Dispositions-Schulung. Dort lernte der Mitarbeiter, wie er die optimalen Bestellmengen berechnet. Einige Mitarbeiter aus der Fertigungs-Abteilung absolvierten in Hamburg einen dreitägigen Spezialkurs zum Programmieren von Messmaschinen in der Qualitätskontrolle. Für die Angestellten sind die Maßnahmen kostenlos. Dennoch hielt sich die Begeisterung bei vielen zunächst in Grenzen, Timm musste Überzeugungsarbeit leisten: „Zu Beginn war 55


Die Weiterbildung ganzer Teams ist nur in der Kurzarbeit möglich.

die Skepsis da, wer das alles zahlt und was das überhaupt bringt.“ Außerdem war die Alternative, schlicht daheim zu bleiben, für viele Mitarbeiter auch nicht gerade unattraktiv. Motivation war Timm deshalb wichtig, auch wenn die Weiterbildungen für die Mitarbeiter Pflichtveranstaltungen sind: „Der Erfolg solcher Maßnahmen ist natürlich größer, wenn die Teilnehmer den Nutzen selbst erkennen.“

Schneller einsatzbereit

Timms Mitarbeiter Torsten Berndt hat an mehreren Weiterbildungen teilgenommen und ist von deren Nutzen überzeugt. Er arbeitet als sogenannter Rüstvorbereiter und Vorgesetzter mehrerer Arbeiter in der Dreherei. Das Ziel seiner Weiterbildung: Die Maschinen schneller einsatzbereit machen. Für jeden neuen Auftrag müssen die Maschinen nämlich neu eingestellt und mit Werkzeug und Material bestückt werden. Wenn alles glatt geht, ist das in rund zwei Stunden erledigt. Wenn nicht, kann die Vorbereitung auch mal zehn Stunden dauern. Viel Zeit, in der die Maschine nichts produziert außer Kosten. Früher war die Rüstzeit weniger bedeutend, weil die Aufträge größer und die Vorbereitungszeit weniger ausschlaggebend war. „Wenn eine Maschine wochenlang durchläuft, ist es nicht so wichtig, wie viele Stunden die Vorbereitung dauert“, sagt Berndt. Heute sind großen Stückzahlen aber selten. Grund sind die spezialisierten Wünsche der Kundschaft und deren stark reduzierte Lagerhaltung, um Kosten zu sparen. Statt vieler Tausend produzieren die Anlagen oft nur hundert Exemplare eines Werkstücks, nach vier Stunden ist solch ein Auftrag fertig. Und der nächste Rüstvorgang steht an. In den Weiterbildungen haben Berndt und seine Kollegen gelernt, wie sie ihre Arbeit optimieren können. Angefangen mit simplen, aber effektiven Verbesserungen wie dem einheitlichen und übersichtlichen Sortieren des Werkzeugs bis zur Festlegung einheitlicher Rüstprozesse. Denn häufig bereiten mehrere Mitarbeiter nacheinander eine Maschine vor. „Die Arbeitsteilung ist wesentlich effektiver, wenn in jeder Phase klar ist, welche Aufgaben der Kollege schon erledigt hat“, sagt Berndt. Wie viel schneller das Rüsten nach der Weiterbildung gelingt, kann er nicht genau sagen. Doch er ist sich sicher: „Wir Steffen Timm erreichen die theoretisch möglichen zwei Stunden wesentlich häufiger als früher.“ Neben dem reinen Zeitgewinn sind nun auch die Produktionszeiten besser planbar, weil zeitliche Ausreißer beim Rüsten von • seit 1992 Werksleiter bei FertigungsMaschinen seltener sind: „Wir köntechnik Nord in Gadebusch in Mecklennen den Kunden verlässlicher saburg-Vorpommern gen, wann ihre Aufträge fertig sind“, • geboren 1963 im sächsischen Grimma sagt Berndt. • Industriefachwirt, Maschinenschlosser 56

Er sieht während der Kurzarbeit zudem die seltene Möglichkeit, sich mit einer ganzen Gruppe von Arbeitern gemeinsam weiterzubilden: „Die Prozessoptimierung funktioniert nur, wenn alle beteiligten Mitarbeiter das Gleiche lernen.“ Im normalen Betrieb sei das schlicht nicht möglich, weil sonst die Bänder still stehen würden. Die Weiterbildung während der Kurzarbeit lohnt sich für das Unternehmen auch finanziell, weil der Staat einen großen Teil der Kosten übernimmt. Der Antrag sieht Gesamtkosten von 140.000 Euro vor, davon müsste das Unternehmen 40.000 Euro zahlen, den Rest die Bundesagentur für Arbeit. Vermutlich wird Timm den Rahmen aber nicht ganz ausschöpfen. „Bisher sind wir unter diesem Betrag geblieben, wahrscheinlich werden wir ihn auch nicht ganz ausreizen“, sagt Timm. „Es ist aber einfacher, einen größeren Betrag zu beantragen als später nachzuverhandeln.“ Am finanziellen Vorteil der Förderung ändert das aber nichts. Hinzu kommt eine weitere Finanzspritze, die sich schnell auf einige Tausend Euro summieren kann. Denn wenn Unternehmen Mitarbeiter während der Kurzarbeit weiterbilden, übernimmt der Staat die vollen Sozialversicherungsbeiträge auf das Kurzarbeitergeld. Auch den Mitarbeitern selbst bringen die Weiterbildungen Vorteile. Sie steigern ihren Marktwert und, für den Moment viel wichtiger, auch das eigene Selbstwertgefühl. „Das Signal, gebraucht zu werden, ist in der Kurzarbeit wichtig“, sagt Timm. Denn häufig ist der Zwangsaufenthalt zu Hause während der Kurzarbeit kein Spaß, sondern kann zur psychischen Belastung werden, wenn Mitarbeiter auf Abruf daheim bei ihren Familien hocken und über die unsichere Zukunft grübeln. Timms Ziel für die Kurzarbeit ist klar: Möglichst keine Mitarbeiter entlassen. Neben der zwischenmenschlichen Motivation hat der Chef auch die mittelfristige Zukunft des Unternehmens im Blick: „Wenn es wieder aufwärts geht, müssten wir uns sonst wieder neue Mitarbeiter suchen.“ Und gute Leute sind schwer zu bekommen, erst recht in einer Aufschwungphase, wenn die Konjunktur wieder angelaufen ist und überall Mitarbeiter gesucht werden. Den in der Kurzarbeit anfallenden Leerlauf will Timm mit den Weiterbildungsmaßnahmen sinnvoll nutzen. In vielen Fällen hatte der Werksleiter schon vor der Krise Ideen für lohnende Fortbildungen. „Allein die Zeit hat gefehlt“, sagt er. Die sollen die Mitarbeiter jetzt haben. Von der Möglichkeit, sie jederzeit aus einer Veranstaltung abzuziehen, wenn ein Kunde mit einer Bestellung anruft, hat Timm bislang keinen Gebrauch gemacht: „Wenn ein neuer Auftrag reinkommt, springen die Mitarbeiter ein, die gerade im Werk sind. Es bringt nichts, dafür Mitarbeiter aus der Schulung zu holen.“ André Schmidt-Carré

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DAS POTENZIAL BESSER NUTZEN Wird es gelingen, aus der Not des Fachkräftemangels eine Tugend zu machen? HR-Manager gehen davon aus, dass Unternehmen die Erfahrung älterer Mitarbeiter wiederentdecken.

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u den unpopulärsten politischen Entscheidungen der vergangenen Jahre gehört die Erhöhung des regulären Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Das erscheint zunächst merkwürdig, denn im Prinzip ist die Logik hinter dieser Entscheidung bestechend einfach: Wir leben länger, sind länger gesund und leistungsfähig. Warum also sollten Arbeitnehmer dann nicht zwei Jahre länger arbeiten? Grund für den Protest gegen die Rente mit 67: Die wahrgenommene Lebenswirklichkeit vieler Menschen sieht anders aus, als es ein nüchterner Beobachter erkennen kann. Mit 50 zum „alten Eisen“ zu gehören, dieses Gefühl ist in deutschen Unternehmen noch immer weit verbreitet – allen Diskussionen über den demografischen Wandel zum Trotz. Wie die Einschätzungen der Teilnehmer des Expertendelphis zeigen (siehe „Die Studie Personalentwicklung 2020“), hat dieses Gefühl durchaus eine reale Basis: Altersdiversität ist heute nur in sehr wenigen Unternehmen realisiert, systematische Weiterbildung Älterer existiert kaum (siehe Szenariografiken), und Neueinstellungen sind in der Altersgruppe die absolute Ausnahme. Es gibt noch nicht einmal etablierte Auswahlverfahren, die auf die besondere Situation Älterer zugeschnitten sind.

Ende des Jugendwahns Dabei sprechen die Ergebnisse unserer Delphi-Studie eine klare Sprache. 58

Die Studie „Personalentwicklung 2020“ Welches sind die wichtigsten Trends und Themen für die Zukunft der Personalentwicklung, Personalauswahl und Weiterbildung in deutschen Unternehmen?

Zu dieser Frage hat das Institut Futur an der Freien Universität Berlin die Studie „Personalentwicklung 2020“ durchgeführt, in deren Rahmen HR-Experten befragt wurden. Wie bei Delphi-Studien üblich, gab es mehrere Befragungsrunden. Das mehrstufige Vorgehen zielte darauf ab, einen Expertenkonsens zu erreichen, der erfahrungsgemäß eine hohe Zuverlässigkeit und Prognosekraft besitzt. Zunächst befragten die Studien-Autoren 17 Personalentwickler zu ihren Zukunftserwartungen und -befürchtungen. Aus den Antworten erarbeiteten sie 20 Szenarien, die mögliche und plausible zukünftige Entwicklungen beschreiben. In einer zweiten Delphi-Runde legten die Wissenschaftler die Szenarien knapp 500 Experten zur Beurteilung vor. In der dritten Runde dachten die gleichen Experten erneut über die Szenarien und die bisherigen Antworten der anderen Befragten nach. Ausgewertet wurden nur die Antworten der Teilnehmer, die alle Fragen beantwortet haben. Der Human Resources Manager berichtet in einer dreiteiligen Serie vorab über wichtige Ergebnisse der Studie. Im zweiten Teil der Serie geht es um die Frage, wie sich der demographische Wandel auf die Personalarbeit auswirkt. Weitere Infos zur Studie: www.personalentwicklung2020.de

Der Umgang mit dem demografischen Wandel und dem Fachkräftemangel gehört zu den wichtigsten Herausforderungen, vor denen das Personalmanagement von Unternehmen bis zum Jahr 2020 steht. Die zentrale Frage lautet: Wie können Unternehmen in einer modernen Wissensgesellschaft innovativ bleiben, wenn die Versorgung mit Wissen, Kenntnissen und Fähigkeiten mit der Zahl der gut qualifizierten Schul- und Universitätsabgänger geringer wird? Umdenken ist angesagt. „Weg vom Jugendwahn hin zum ganzheitlichen Karrierebild bis 67“, bringt ein Delphi-Teilnehmer den nötigen Wandel auf den Punkt. Kaum ein Unternehmen wird es sich in Zukunft mehr leisten können, auf die Erfahrungen und das Wissen der über 50-Jährigen zu verzichten. Der damit verbundene Wandel in der HR-Strategie birgt gleichzeitig große Chancen. Richtig angegangen und von der Personalentwicklung systematisch begleitet, kann eine breite Altersdurchmischung nämlich sogar eine Quelle des Erfolgs für die wissensintensiven Unternehmen der Zukunft sein. Die Innovationsforschung weist schließlich schon lange auf die positiven Effekte der sozialen Diversität hin. Und darauf, wie häufig Innovationen gerade dann gelingen, wenn nicht nur explizites Wissen in den Prozess einfließt (das junge UniAbsolventen mitbringen), sondern auch implizites Erfahrungswissen (die Stärke der „alten Hasen“).

Chance für Innovationen Viele Unternehmen haben altersgemischte Teams in der Vergangenheit eher als problematisch bewertet, weil man glaubte, dass in Teams mit unterschiedlichen Altersgruppen mehr Konflikte entstehen als in Teams, deren Mitglieder alle in einem ähnlichen Alter sind. Am ehesten wurde ein größerer Altersabstand zwischen dem Projektleiter und den restlichen Teammitgliedern toleriert. Dabei kann eine heterogene Teamzusammenstellung positive Effekte haben. Ältere und jüngere Mitarbeiten bringen unterschiedliche Wissens- und Erfahrungshintergründe in das Team ein. Dadurch stehen mehr sowie unterschiedliche Informationen und Perspektiven zur Verfügung. Aufgaben werden so mit mehr Wissen, ausge-

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Ergebnisse aus der ersten Befragungsrunde zum Szenario „Strategische Bedeutung der Personalentwicklung 2020“

Szenario: „Im Jahr 2020 ist es selbstverständlich, dass sich Fach- und Führungskräfte, die 55 Jahre alt und älter sind, regelmäßig an betrieblichen Weiterbildungen beteiligen. Unternehmen investieren bereitwillig in die Entwicklung dieser Altersgruppe. Die Personalentwicklung macht ihnen spezifische Angebote.“ Wie wünschenswert ist es, dass das Szenario verwirklicht wird? Das Häuschen zeigt den Bereich an, in welchem die mittlere Hälfte der Teilnehmer/innen geantwortet hat. Die Spitze gibt den Mittelwert wünschenswert gar nicht

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Prognose 2020: In wie viel Prozent der Unternehmen ist das Szenario verwirklicht? Die rote Linie stellt den Median der Antworten der ersten Runde dar. Der blaue Balken stellt die 0

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Ergebnisse aus der ersten Befragungsrunde zum Szenario „Personalentwicklung-Controlling und Legitimation“

Szenario: „Im Jahr 2020 wird eine breite Altersdurchmischung bei Fach- und Führungskräften die Regel sein. Teams und Projektgruppen werden systematisch so zusammengestellt, dass verschiedene Altersstufen und damit Erfahrungshintergründe vertreten sind.“ Wie wünschenswert ist es, dass das Szenario verwirklicht wird? Das Häuschen zeigt den Bereich an, in welchem die mittlere Hälfte der Teilnehmer/innen geantwortet hat. Die Spitze gibt den Mittelwert

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wogener und tiefer bearbeitet, was die Teamleistung verbessern kann. Damit sich dieser Erfolg altersgemischter Teams einstellen kann, sind aber zwei Punkte zu beachten. Erstens darf der Unterschied nicht zu extrem sein. Sind die Altersabstände und damit die Erfahrungshintergründe sehr unterschiedlich, dann ist ein großer Aufwand nötig, damit die Teammitglieder einander verstehen. Damit sich die positiven Effekte entfalten können, sind auch die Wahrnehmungen und Bewertungen der Altersdiversität entscheidend. Wird die Andersartigkeit der Mitarbeiter von den jüngeren Mitarbeitern oder den älteren Mitarbeitern negativ interpretiert und sogar mit Altersstereotypen belegt („Die Jungen sollen erst einmal etwas lernen“; „Die Alten sind so eingefahren“), so kann sich der Effekt sogar ins Negative umkehren. Es bilden sich verschiedene Blöcke im Team, und so genannte In- und Out-Group-Mechanismen entstehen – die In-Group wird positiver und ähnlicher wahrgenommen als sie tatsächlich ist, die Out-Group negativer und unähnlicher als sie tatsächlich ist. Eine solche Blockbildung vermindert die Teamidentifikation und erschwert die Zusammenarbeit erheblich. Um solche Dynamiken zu verhindern und die Wertschätzung der Diversität zu fördern, müssen insbesondere Teammitglieder, die zum ersten Mal in einem altersheterogenen Team arbeiten, adäquat durch die Personalentwicklung des Unternehmens auf die Teamarbeit vorbereitet werden.

Buntere Karrieremuster Wenn sich die Personalentwicklung der Zukunft als Katalysator der demografiebezogenen Veränderungen im Unternehmen versteht, so bedeutet das nicht zuletzt für sie selbst einen starken Wandel. In Bezug auf die Altersverteilung werden die Zielgruppen heterogener, Karrieremuster bunter und die Entwicklungsangebote stärker individualisiert. Die in der Delphi-Studie befragten Experten gehen davon aus, dass die Mehrheit der Unternehmen die Zeit der Sonntagsreden hinter sich lässt und die Demographie-Frage jetzt tatsächlich aktiv angehen wird. Auch jenseits des Alters von 50 Jahren werden Entwicklung 60

Wer hat an der Studie „Personalentwicklung 2020“ teilgenommen? • Insgesamt knapp 500 Teilnehmer; ausgewertet wurden die Antworten von 230, die alle Fragen beantwortet haben. • Im Schnitt haben sie etwa zehn Jahre Berufserfahrung im Bereich der Personalentwicklung. • Etwa die Hälfte sind Leiter Personal bzw. Personalentwicklung aus größeren Firmen (ab 10.000 Mitarbeiter). • Ein Drittel sind externe Personalentwicklungsberater, etwa zur Hälfte freiberuflich bzw. in größeren Unternehmensberatungen angestellt. • Die übrigen Teilnehmer beschäftigen sich an Universitäten oder Forschungsinstituten mit dem Thema Bildung in Unternehmen.

und Weiterbildung unserer Studie zufolge eine Selbstverständlichkeit sein (siehe Szenariografiken). Dies betrifft die Bereitschaft der Beschäftigten, solche Angebote wahrzunehmen und einzufordern, aber auch die Einsicht der Unternehmen, dass die Ausgaben für die Personalentwicklung Älterer eine gute Investition sind. Damit eine solche Kultur des lebenslangen Lernens tatsächlich in den Unternehmen Wirklichkeit werden kann, wird es wichtig sein, mit weit verbreiteten Mythen und Stereotypen über das Lernen im Alter aufzuräumen. Hirnforschung und die moderne Alterspsychologie weisen darauf hin, dass die Lernfähigkeit im Alter weit größer ist als lange angenommen. Die Unterschiede zwischen jüngeren und älteren Mitarbeitern werden häufig überschätzt. Die Abnahme von Gedächtnisleistung und Multi-TaskingFähigkeit hängt weniger vom erhöhten Lebensalter ab, sondern mehr davon, wie stark eine Person gefordert wird. Entscheidend ist also, ob jemand mit einer anspruchsvollen Beschäftigung konfrontiert wird oder nicht. Die Personalentwicklung muss sich allerdings darauf einstellen, dass die Variationsbreite der Voraussetzungen einzelner Mitarbeiter mit zunehmendem Alter erheblich größer wird. Das betrifft nicht nur psychische Variablen wie Lernfähigkeit und -motivation, die für einen Erfolg von Personalentwicklungsmaßnahmen entscheidend sind, sondern auch die Lernbiografie, also die Lernerfahrungen des Berufslebens. Unabdingbar für eine erfolgreiche Personalentwicklung Älterer sind daher vorgeschaltete sorgfältige Assessments der individuellen Ausgangsbasis, zum Beispiel in Form systematischer Lernbiografieanalysen.

Senioren-Assessments Die Entwicklung von AssessmentMethoden, die auf ältere Fach- und Führungskräfte zugeschnitten sind, gleichzeitig aber die Vergleichbarkeit zu jüngeren Mitarbeitern oder Bewerbern sicherstellen, ist in Zukunft eine Herausforderung für das Personalmanagement. Den Einschätzungen im Expertendelphi zufolge sind solche Verfahren heute so gut wie kein Thema. Das wird sich aber bis zum Jahr 2020 ändern – vor allem in der

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Personalauswahl. Alter und Erfahrung könnten hier sogar zu förderlichen Faktoren werden. Gerade in Deutschland ist es aber juristisch bedenklich, das Alter von Mitarbeitern und Kandidaten in Personalentscheidungen einzubeziehen. Schließlich dürfen nur solche Personenmerkmale im Auswahlprozess eine Rolle spielen, die eindeutig für den Berufserfolg relevant sind. Wie die Vorteile älterer Bewerber mit denen jüngerer abzuwägen sind (zum Beispiel in Bezug auf Erfahrungswissen und Flexibilität), dürfte nach dem heutigen wissenschaftlichen Stand nur schwer objektiv einzuschätzen sein. Insgesamt zeigen die Ergebnisse unseres Expertendelphis, dass das Thema Demografie von den HR-Verantwortlichen in deutschen Unternehmen ernst genommen wird. Viel deutet darauf hin, dass die älteren und erfahrenen Mitarbeiter im Jahr 2020 tatsächlich höchst gefragt sein werden.

Foto: FU Berlin

Dr. Tobias Schröder ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Freien Universität Berlin und führt dort in Kooperation mit Karl Gläs (PfO Partnerschaft), Jens Nachtwei und Carsten Schermuly (beide HumboldtUniversität) das Expertendelphi „Personalentwicklung 2020“ durch.

Ausblick auf Teil 3 dieser Serie: Teil 3 Nachdem sich Teil 1 dieser dreiteiligen Serie im letzten Heft mit der Zukunft der Personalentwicklung in Unternehmen beschäftigt hat und im aktuellen Heft ältere Mitarbeiter das Thema sind, dreht sich der dritte Teil der Serie in der nächsten Ausgabe um die Sicht der Unternehmen auf die laufenden und erwarteten Veränderungen an Schulen und Hochschulen. Bachelor- und Master-Studiengänge wurden an deutschen Hochschulen nicht zuletzt mit dem Ziel eingeführt, das Studium effizient und praxisorientiert auf die Bedürfnisse der Arbeitgeber auszurichten. Die Ergebnisse des Expertendelphis deuten aber darauf hin, dass viele Personalmanager Verbesserungspotenzial sehen. Sie erwarten, dass es vielen Hochschulabsolventen in Zukunft an Kreativität und einer breit ausgebildeten Persönlichkeit fehlen wird und dass hier neue Aufgaben auf die Personalentwicklung in Unternehmen zukommen. Auch die Ausbildung an deutschen Schulen sehen viele Arbeitgeber kritisch. Sie bereite zu wenig auf die Anforderungen vor, die Unternehmen an angehende Lehrlinge stellen, und vermittle zu wenige Schlüsselqualifikationen.

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i Die Wirtschaftskrise zwingt viele Unternehmen zu einschneidenden Veränderungen. Notwendige Change-Prozesse stürzen Mitarbeiter oft in eine tiefe Verunsicherung. Hier sind Personalmanager

gefordert: Sie müssen dafür sorgen, dass Angestellte ihr Zugehörigkeitsgefühl zum Unternehmen nicht verlieren. Gelingt das nicht, scheitern Change-Prozesse – und kosten Unternehmen viel Geld. Vor

welchen Herausforderungen Personalmanager dabei stehen, haben Heidrun und Frank Strikker untersucht, Herausgeber eines jüngst erschienenen Buches über HumanResources-Management.

ESSAY

BOTSCHAFTER DES WANDELS Veränderungen in Firmen können Arbeitnehmer verunsichern. Wie Personalmanager dies vermeiden können, erläutern die Dozenten Heidrun und Frank Strikker er Personalmanager eines Dienstleistungsun- Zentrale Kompetenzen für Personalmanaternehmens war frustriert: „Jetzt startet die Ge- ger: Zweifellos unterscheiden sich Change-Prozesse schäftsführung schon den nächsten Change- in ihrer Zielsetzung, im Umfang, der Dauer, Komplexität Prozess und wir wurden und Zahl der Beteiligten. Außerdem wieder erst zum Schluss einbezogen. sind entweder adaptive, evolutionäDie oberste Ebene stellt uns vor vollre, revolutionäre oder grundlegende endete Tatsachen und wir müssen Veränderungen das Ziel. Personaldann unter großer Zeitnot irgendmanagement hat bei Veränderungswie die Umsetzung hinbekommen“, prozessen eine entsprechende Rolle klagte er bei unserem letzten Trefeinzunehmen und entsprechende fen. Einen ganz anderen Ton schlug Aufgaben zu erfüllen. Welche Powenige Tage später der Personalmasition es in Change-Prozessen einnager eines Pharmaunternehmens nimmt und welches Selbstverständan: „Bei größeren Veränderungen in nis es hat, lässt sich daran erkennen, unserem Haus bin ich von Beginn an welche Anforderungen HR-Manager mit dem Management am Tisch. Wir erfüllen: Frustrierter HR-Manager: Viele sind ein Team, klären die Zielsetzung 1. Fachliche VeränderungskompPersonalchefs werden erst spät in gemeinsam. Wie die Umsetzung im etenz: Personalmanager benötigen Entscheidungen einbezogen, wenn in Detail geschieht, da vertraut mir unfachliches Prozess-Know-how in der ihrem Unternehmen Change-Prozesse ser Vorstand.“ Konzeption, Gestaltung, Steuerung, anstehen. Diese große Bandbreite in der Durchführung und Evaluation von Wahrnehmung und Positionierung Veränderungen. des Personalmanagements finden wir derzeit branchen2. Ökonomische Kompetenz: Sie sollen fähig sein, beübergreifend, wenn es um die Gestaltung von Verändetriebswirtschaftliche Daten einzuschätzen und Benchrungsprozessen geht. Machen die einen Personalmanamarks zu interpretieren. ger etwas grundsätzlich anders als die anderen? Liegt es 3. Netzwerkkompetenz: Sie benötigen ein breites Netzan den Personalmanagern persönlich oder an der Fühwerk im Unternehmen, sie müssen ein Gespür für rung des Unternehmens, dass so unterschiedliche BeMultiplikatoren haben, sich an Schnittstellen positiodeutungen sichtbar werden? Oder sind die spezifischen nieren und pro-aktiv einbringen. Prozesse und Zielsetzungen von Veränderungen der ent4. Kommunikative Kompetenzen zum Brückenbau: scheidende Grund für die auffällige Diskrepanz in der BeSie sind kommunikativ in verschiedenen Rollen gerücksichtigung des Personalmanagements? fordert, denn auf der einen Seite müssen sie die Ziel-

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setzung der Unternehmensleitung zu Mitarbeitern eine ruhige Hand und zugleich nüchternes, verständund Führungskräften transportieren, auf der anderen nisvolles wie engagiertes Auftreten. Trotz dieser widerSeite müssen sie Hinweise und Stimmungsbilder seisprüchlichen Anforderungen wird von Personalmanatens der Mitarbeiter aufnehmen gern eine klare Linie erwartet, die und der Unternehmensleitung nachvollziehbar und – soweit dies vermitteln. möglich ist – transparent ist. Außer5. Kommunikative Kompetenz dem soll die Personalpolitik Bindung über die Hierarchieebenen hinund Loyalität bei allen Mitarbeitern weg: Sie sollen Augenhöhe zur und Führungskräften fördern. Unternehmensleitung herstellen, was nicht nur eine gleichberechSpiegelneuronen als Bottigte Beziehungsgestaltung beschafter von Change-Prozesdeutet, sondern von ihnen fordert, sen: Die Bedeutung von Zugehörigsich in die zentralen Prozesse des keit und Bindung der Mitarbeiter und Unternehmens einzuarbeiten, die Führungskräfte in einem Unternehwichtigsten Kunden zu kennen men erhält durch die aktuellen ForMitarbeiter-Team bei einer Bespreund die Produkt- bzw. Marktsituschungen der Neurowissenschaften chung: Jeder Angestellte hat ein ation einschätzen und beurteilen eine herausragende Stellung. Verindividuell geprägtes Gefühl von zu können. schiedene Experimente zeigen auf Bindung und Zugehörigkeit zu seinem 6. Organisatorische Verändeeindringliche Weise, wie im menschUnternehmen. rungskompetenzen: Sie haben lichen Gehirn durch Erfahrungen einen eigenen Verantwortungssogenannte Spiegelneuronen entstebereich, eine Hauptabteilung, Abteilung oder Gruppe, hen, die zu einem individuell geprägten Gefühl von Bindie sie den ständig neuen Anforderungen entspredung und Zugehörigkeit zu einem gemeinsamen Ganzen chend strategisch und operativ aufstellen müssen. wie einer Familie oder einem Unternehmen führen. Die7. Persönliche Veränderungskompetenzen: Sie sollen ses Gefühl entsteht durch unbewusstes Mitfühlen und eine persönliche Bereitschaft zu Veränderung zeigen, intuitive Reaktionen auf das Umfeld und lässt ein Beum sowohl Beispiel zu geben als auch selbst nachvollwertungs- und Verhaltensrepertoire entstehen, mit dem ziehen zu können, wie andere Mitarbeiter im Untersich Menschen ihren Platz im Lebenskontext sichern. Je nehmen auf funktionale und individuelle Verändenachdem, wie stabil das Gefühl von Zugehörigkeit aufrungen reagieren. gebaut wird und wie stark es mit der Freiheit zu persön8. Psychische Veränderungskompetenz: Sie stehen licher Entwicklung gekoppelt ist, entwickeln sich Reaktiauch persönlich unter einem hohen Druck, da sie die onsmuster auf Veränderungen im jeweiligen Kontext. Sorgen und Nöte der Führungskräfte und Mitarbeiter Neurowissenschaftler wissen, dass sich Menschen in kennen und von ihnen Hilfestellung verlangt wird, sie ihrem sozialen Kontext über unbewusste, intuitiv ablauaber die Ungewissheit von Veränderungen und Belasfende Wahrnehmungssignale ununterbrochen kommutungen mittragen müssen und dennoch konstruktive nikativ „spiegeln“, sich also untereinander durch diverse Lösungen entwickeln sollen. Zeichen und Signale ihrer Zugehörigkeit versichern oder, 9. Feldkompetenz: Sie sollen zusammen mit der Organibleibt die gesuchte Bestätigung aus, mit spontaner Unsisationsentwicklung Kriterien für den Einsatz von excherheit reagieren und infrage stellen, ob und inwieweit ternen Experten und Beratern formulieren und den sie noch zu einem gemeinsamen sozialen Raum gehören. Auswahlprozess gestalten. Mit Hilfe dieser „Spiegelungen“ vergleichen sie fortlaufend die aktuelle Bindungsqualität mit ihren ErfahrunDie Bedeutung von Bindung und Zugehörig- gen und Empfindungen, die sie direkt oder indirekt mit keit: Eines der Kernthemen bei allen Veränderungspro- Führungskräften und Kollegen gesammelt haben. zessen ist die Frage nach der Zugehörigkeit: Wer bleibt Nun erscheint diese Tatsache so neu nicht, kennen bei einer Veränderung, wer muss hinzugeholt werden doch gerade Personalmanager die besondere Bedeuund wer muss die Organisation verlassen? Während sich tung des Verhaltens und Auftretens von Managern. Neu Rekrutierung und Bindung der Top-Talente für viele Unkönnten die Erkenntnisse der Neurowissenschaftler ternehmen mit dem sogenannten „war for talents“ zuallerdings in Bezug auf die Konsequenzen für Führung nehmend zu erfolgskritischen Komponenten entwickeln, sein, weil die Regeln und Werte in einem Change-Probeschäftigen sich andere Unternehmen mit der Frage von zess verändert werden und so eine starke Irritation in Kurzarbeit und Freisetzung. einem Unternehmen entsteht. Schließlich können SpieIn nicht wenigen Fällen finden wir beide Situatiogelungsprozesse bei Mitarbeitern nicht nur ein Gefühl nen zeitgleich in einer Organisation. Vergrößerung und von Zugehörigkeit auslösen, sondern auch die Erfahrung Verringerung der Mitarbeiterzahl sind ureigene Aufgagrundsätzlicher Verunsicherung. ben des Personalmanagements, die bei Veränderungen, Durch die unbewusste Vernetzung von Außenwahrdie durch Krisen induziert werden, sehr eng beieinannehmung und emotionalen Erfahrungen erleben alle, der liegen können: Vormittags Mitarbeiter einstellen dass sie irgendwie betroffen sind, ihren eigenen Platz siund Potenziale entfalten, nachmittags andere entlassen chern oder eine entsprechende Lösung finden müssen. und Weiterbildungsmaßnahmen streichen. Diese widerFür Personalmanager bedeutet das, dass sie wesentlich sprüchlichen Aktivitäten erfordern eine stabile Psyche, stärker als bisher bedenken sollten, dass der Verlust von 64

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Zugehörigkeit in Veränderungssituationen bei allen BeWenn Spiegelneuronen intuitiv im alltäglichen Umteiligten starke Reaktionen hervorruft. Zwar wird schon gang unter Menschen aktiviert werden, wie kann dann im seit Jahren von den „Survivern“, „Winnern“ und „LoKontext von Kündigung, Fluktuation, befristeter Verträge sern“ bei Veränderungen gesprochen usw. eine klare Trennung der Kern–Neurowissenschaftler legen dafür aussagen über die Zugehörigkeit und nun eine neue Beweisführung vor. die Auflösung von Bindung kommuOffenbar ist niemand davon ausniziert werden? Für Personalmanagenommen, mit „Spiegel-Resonanz“ ger und Führungskräfte bedeutet dies auf die entstandene Verunsicherung in erster Linie, sich klar darüber zu bei Veränderungen zu reagieren. werden, inwieweit es ihnen gelingt, in Solche intuitiv entstehende Resoungewissen Veränderungsprozessen nanz löst einen Kampf ums Überlezwischenmenschlich glaubwürdig ben im aktuellen Umfeld aus. Es entzu sein und nachvollziehbare, nützwickeln sich Verunsicherung, Fluchtliche Ideen zu entwickeln, die den gefühle, Ängste und Konkurrenz um üblichen Kündigungs- und Abwickimmer weniger sichere Plätze. In der lungsverfahren eine bessere Qualität Gut gelaunte Angestellte: PersonalFolge der sich auflösenden Bindunentgegensetzen. manager müssen darauf achten, dass gen und der spontanen neuronalen bei Change-Prozessen keine VerunSpiegelungen denken sich die MitarPersonalmanager im Wettbesicherung entsteht, die die Stimmung beiter: „Wenn mit anderen so verfahumschlagen lässt. werb: Je nachdem, wie Personalren wird, dann kann mir das gleiche manager ihre Veränderungsprozesse widerfahren, also muss ich mich und auf den Weg bringen und mit den meinen Bereich schützen oder möglichst rasch eine neue, Führungskräften und Betriebsräten die wirtschaftlich sicherere Zugehörigkeit finden.“ Die Folgen sind innere notwendige und zugleich psycho-soziale Verantwortung oder reale Kündigung, Burnout, egoistischer Widerstand gestalten, können sie eine neue Dimension im Umgang gegenüber weiteren Veränderungen, Vertrauensverlust in mit Krisensituationen ermöglichen. Denn Personalmanadie Entscheider und in die Organisation. ger sind nicht nur für den Bestand, sondern erst recht für

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die Entwicklung der Human Resources zuständig. Hier Gestaltung und Umsetzung von Change-Prozessen. In können sie neue Fähigkeiten und Kompetenzen im Umvielen Fällen ist dieses Wissen als bewusste Kompetenz gang mit Change-Prozessen nutzen. in Unternehmen aber nicht vorhanden und muss extern In Zeiten restriktiver Budgets eingekauft werden. stehen Personalmanager im harten Personal- und OrganisationsWettbewerb mit den Wünschen anentwicklung können wertvolle Beiderer Bereiche. Sie brauchen für eiträge zur Unternehmensentwicklung nen veränderten Umgang mit dem leisten, wenn es ihnen gelingt, ErfahThema Zugehörigkeit und Bindung rungs- und Prozesswissen nachvolleine klare, überzeugende und auf ziehbar zu gestalten, die VerantwortDaten basierende Haltung. Investilichen von Change-Prozessen gezielt tionen in Human Resources sind zusammen zu führen und mit ihnen ebenso wichtig für die Zukunft des das Geleistete reflektiert zu dokuUnternehmens wie die Beiträge anmentieren. derer Bereiche. Bei Investitionen in Beobachtbar in Unternehmen ist Human Resources erleben wir allerjedoch ein weiteres verlustbringenChef beim Präsentieren: In Krisendings oft eine eher defensive Haltung des Verhalten: Kaum ist ein Veränsituationen orientieren sich Mitarbeider Personalmanager – und auch das derungsprozess beendet, zieht die ter besonders stark am Verhalten und „falsche“ Vokabular. Mehr OffenChange-Karawane weiter, sie widmet der Haltung ihres direkten Vorgesetzsive bei diesen Diskussionen und sich neuen Aufgaben und Prozessen. ten im Unternehmen. „Augenhöhe“ mit dem Management Zurückzuschauen gilt in Unternehbedeutet allerdings, in den harten men oft als Zeitverschwendung. Die Wettkampf um die begrenzten Ressourcen einzutreten Performance fördernde und Kultur bildende Wirkung von und nicht als Dienstleister auf den Sieger zu warten, der Wissensmanagement für Change-Prozesse wird kolossal die Kämpfe um Budgets gewinnt. unterschätzt. Die Erkenntnis, dass es nicht genügt, Talente mit Geld und Machtpositionen auszustatten, sondern Führung bei Change-Prozessen: Die Bedeutung ihnen eine Welt der Zugehörigkeit und Bindungsfähigkeit der Spiegelresonanz könnte Personalmanager animieren, zu ermöglichen, um ihre Potenziale für sich selbst und sich für das große Entwicklungspotenzial der Faktoren für ihr Unternehmen freizusetzen, stellt PersonalmanaBindung und Zugehörigkeit in Change-Prozessen stark ger vor gedankliche und praktische Herausforderungen zu machen. Sie sollten politisch darauf hinwirken, dass – und beschert ihnen viele spannende neue Aufgaben. in die Führungs- und Veränderungsfähigkeit der Führungskräfte investiert wird, statt weiterhin zuzulassen, dass Mitarbeiter auf innere Kündigung schalten oder gar i das Unternehmen verlassen, weil sie mit dem Führungsverhalten ihres Vorgesetzten nicht einverstanden sind. Frank Strikker ist Herausgeber des Buchs „Human Ressource Untersuchungen haben nachgewiesen, dass gerade in im Wandel, Veränderungskompetenzen entwickeln“, Verlag W. Krisenzeiten Verhalten und Haltung der Führungskraft Bertelsmann, Bielefeld 2009 entscheidende Kriterien sind, an denen sich Mitarbeiter orientieren. Dies betrifft ebenso den Krankenstand und die Fehlzeiten wie die Gesamtstimmung und die Heidrun Strikker Leistungsfähigkeit. Die neueste Gallup-Studie nennt beProjektleiterin der Präsenzphase Coaching des denkliche Zahlen: 13 Prozent der Mitarbeiter gelten als Fernstudiums Coaching und Moderation der engagiert, 67 Prozent als Mitläufer und 20 Prozent als deUniversität Bielefeld struktiv, wobei der letzte Wert zuletzt stark gestiegen ist.

Lessons learned: Nur wenige Unternehmen beschäf-

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• 1993 bis 2001 Referentin Zentrale Weiterbildung, Bertelsmann AG, später Leiterin Personalentwicklung der Bertelsmann Buchclubs • Geschäftsführende Gesellschafterin der SHS Consult GmbH

Dr. Frank Strikker bis 2009 Vertretungsprofessor an der Uni Bielefeld, Fakultät Erziehungswissenschaft, Arbeitsgruppe Weiterbildung, Bildungsmanagement

• Studienleiter für Business Coaching und Change Management an der Europäischen Fernhochschule Hamburg • Geschäftsführender Gesellschafter der SHS Consult GmbH H U M A N

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Fotos: www.dreamstime.com; SHS Consult

tigen sich systematisch mit den Vorteilen von Wissensund Prozessmanagement. Während der Nutzen von Wissensmanagement in technischen Arbeitsfeldern relativ klar zu beschreiben ist, entpuppt sich Prozesswissen im Rahmen von Veränderungen als eine allzu flüchtige Kategorie. Was ist überhaupt Prozesswissen? Wer hat es? Wer soll es bekommen? Wie kann man es vermitteln und sichern? An dieser Stelle wollen wir Prozesswissen beschreiben als Kenntnis darüber, wie Change-Prozesse konzipiert, gestaltet, gesteuert und evaluiert werden können. Dieses Wissen sammeln Change-Verantwortliche täglich bei der Durchführung von Veränderungsprozessen. Sie entwickeln sich, sofern sie ihre Erfahrungen reflektieren und kommunizieren, Stück für Stück zu Experten für die


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NEU IM BÜCHERREGAL In jeder Ausgabe stellt Ihnen der Human Resources Manager drei interessante Neuerscheinungen oder überarbeitete Auflagen vor, die sowohl für Profis als auch für Berufsanfänger interessant sind.

Der Schlüssel zur Personalauswahl

Das Mitarbeiterpotenzial richtig nutzen

Das ABC des Personalmanagements

Der Leistungstest etabliert sich mehr und mehr als wichtiges Kriterium in der Praxis der Personalauswahl. Gut fundierte und konzipierte Testverfahren können den Auswahlprozess entscheidend beeinflussen. Anders als im Interview offenbart ein Leistungstest objektiv die Schwächen und Stärken eines Bewerbers. Das Buch von Stefan Krumm und Lothar Schmidt-Atzert „Leistungstests im Personalmanagement“ stellt nicht nur praxisnah den Nutzen dieses Instrumentes im Personalauswahlprozess dar und gibt Tipps zur Einbindung in bereits bestehende Verfahren, es informiert zudem über aktuelle Testverfahren und vermittelt wichtiges Grundlagenwissen zum Thema Personalauswahl. Damit ist dieses Werk nicht nur für die Personalentscheider interessant, die ihren Auswahlprozess optimieren wollen, sondern auch für jene, die sich erstmals mit dieser Thematik auseinandersetzen.

Es ist keine revolutionäre Erkenntnis, dass die Mitarbeiter das eigentliche Kapital des Unternehmens sind. Sie investieren ihr Potenzial und erwarten dafür adäquate Gegenleistungen. Die Bedeutung eines umsichtigen und nachhaltigen Personalmanagements für wirtschaftlichen Erfolg ist in Zeiten der Krise größer denn je. In seinem Buch „Human Capital strategisch einsetzen“ erläutert Peter Meyer-Ferreira zahlreiche Konzepte und Praxisbeispiele für strategisches Personalmanagement, die eines zum Ziel haben: Das Human Capital mit maximaler Effizienz einzusetzen. Zudem bietet das Buch sinnvolle Unterstützung bei der Mitarbeiterrekrutierung und dem Aufbau einer wirkungsvollen Personalstruktur.

Die besten Kräfte zu finden ist schwer, sie zu halten ungleich schwerer. Dieses Werk ist ein Leitfaden, um auf der Suche nach den besten Köpfe die entscheidende Nase vorn zu haben. In zwei Teilen stellen die Autoren vor, wie mittels der ABC-Strategie die Mitarbeitersuche optimiert werden kann und wie diese dann auch langfristig gebunden werden können. Zahlreiche Tools erleichtern die Umsetzung in die Praxis der Personalrekrutierung und hier liegt auch eindeutig der Schwerpunkt des Buches. Dennoch lohnt es nicht nur für Personaler einen Blick hineinzuwerfen. Auch Mitarbeiter sollten sich bewusst sein, ob sie als A-Mitarbeiter für ihr Unternehmen einstehen, oder als C-Mitarbeiter im Geiste schon längst gekündigt haben.

Leistungstests im Personalmanagement. Praxis der Personalpsychologie von Stefan Krumm und Lothar Schmidt-Atzert, 24,95 Euro, 127 Seiten, Hogrefe-Verlag, 1. Auflage (2009), ISBN-10: 3801720802, ISBN-13: 9783801720803

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Human Capital strategisch einsetzen. Modelle und Konzepte für die Unternehmenspraxis von Peter Meyer-Ferreira, 45,00 Euro, 280 Seiten, Wolters Kluwer Deutschland, 1. Auflage, ISBN-10: 3472077107, ISBN-13: 978-3472077107

LESEZEICHEN Leitfaden, Standardwerk oder Autobiografie – was Personalmanager interessiert.

Die besten Mitarbeiter finden und halten. Die ABC-Strategie nutzen von Jörg Knoblauch und Jürgen Kurz, 34,90 Euro, 235 Seiten, Campus-Verlag, 2. Auflage, ISBN-10: 3593390043, ISBN-13: 978-3593390048

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BRANCHENCHECK BRANCHENCHECK

BRANCHENCHECK BANKEN In jeder Ausgabe beleuchtet der Human Resources Manager die spezifischen Besonderheiten einer Branche aus Sicht der Personalabteilungen. Dieses Heft widmet sich den Kreditinstituten – welche die weltweite Wirtschaftskrise ausgelöst haben.

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DIE RUHE NACH DEM STURM

bei der Deutschen Postbank. „Für Themen, die nicht existentiell sind, bleibt wenig Luft.“ In diesem Jahr soll nun alles besser werden. 89 Prozent der Kreditinstitute rechnen damit, dass sich ihr Geschäft im laufenden Jahr positiv entwickelt, ergab das jüngste Bankenbarometer der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young Mitte Januar. Ein Jahr zuvor waren nur 67 Prozent der Banken so optimistisch. „Die Institute sehen deutliche Hoffnungsschimmer“, sagt Dirk Müller-Tronnier, Leiter der Bankenabteilung von Ernst & Young (siehe Interview). „Sie halten das Schlimmste für überstanden.“ Allerdings: Die Mehrzahl der Banken hält an ihrem Sparkurs fest. 73 Prozent versuchen derzeit, die Kosten zu senken.

2010 ist für Banken das Jahr der Hoffnung. Die Finanzkrise ist gebändigt. Zurück bleibt ein lädiertes Image. Umso stärker umwerben Personaler nun Talente.

Besseres Sparkassen-Image Vor allem die Landesbanken stehen vor einem radikalen Umbau. Auf Druck der EU-Kommission müssen sich schwer angeschlagene Institute einer Schrumpfkur unterziehen. So muss sich die Landesbank Baden-Württemberg von ihrer gesamten InvestmentbankingSparte trennen. Damit soll die Rentabilität der Bank gesichert werden. Auch die Commerzbank schrumpft sich nach der kostspieligen Übernahme der Dresdner Bank gesund, indem sie 9.000 Stellen abbaut. Deutlich besser stehen dagegen die Sparkassen da. Weil sie nicht in großem Stil in riskante Wertpapiere investiert haben, mussten sie kaum Abschreibungen vornehmen. Zugleich hat sich ihr Image erheblich verbessert, weil die Kunden wieder mehr auf Sicherheit und Nachhaltigkeit ihrer Wertanlagen achten. Für 2009 rechnet Werner Netzel, Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, sogar mit einem besseren Betriebsergebnis als im Vorjahr (siehe Interview, S. 73). Derweil beschäftigt das Risiko von Kreditausfällen den Sparkassen-Sektor; es ist erheb-

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as Jahr 2009 würden sich viele Banker wohl am liebsten komplett aus dem Gedächtnis radieren. Kaum eine Woche verging, ohne dass eine neue Hiobsbotschaft die Branche aufschreckte. Erst konnte die Hypo Real Estate nur durch Verstaatlichung vor der Insolvenz bewahrt werden. Dann musste sich auch die Commerzbank zumindest in die Teilverstaatlichung retten. Die Landesbanken türmten Abschreibungen in Milliardenhöhe auf. Und am Ende sah sich sogar die traditionsreiche Privatbank Sal. Oppenheim gezwungen, unter das Dach der Deutschen Bank zu schlüpfen. Inzwischen haben sich viele Banken schon wieder in die Gewinnzone hochgearbeitet. Das aber war nur mittels massiver Kostensenkungen möglich. Für tausende Mitarbeiter in der Finanzindustrie bedeutete die Krise den Verlust ihres Arbeitsplatzes, für viele Personalmanager den Ausnahmezustand. „An erster Stelle stand und steht die Krisenbewältigung“, sagt Ernst Stilla, Senior-Personalreferent für Personalmarketing

PERSONAL

Banken streichen Jobs Die Zahl der Beschäftigten im deutschen Bankgewerbe hat zuletzt kontinuierlich abgenommen. Für das Jahr 2009 sind noch keine Zahlen vorhanden, aber der Arbeitgeberverband rechnet mit einem weiteren Rückgang der Stellenanzahl. Laut Ernst & Young ist auch für das laufende Jahr ein leichtes Minus absehbar. 70

Zahl der Mitarbeiter (in 100.000)

Quelle: Arbeitgeberverband des privaten Bankgewerbes

800

400

[Prognose

200

0 1991

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lich gestiegen. 34.300 Firmen mussten im Jahr 2009 Insolvenz anmelden, 17 Prozent mehr als im Vorjahr, hat das Institut für Mittelstandsforschung in Bonn ermittelt. Laut einer Studie von Roland Berger wird die Zahl der Insolvenzen im Jahr 2010 noch einmal um mehr als zehn Prozent zunehmen. Auch Werner Netzel rechnet damit, „dass 2010 für die Wirtschaft kein leichtes Jahr wird”. Kreditinstitute müssen mehr Risikovorsorge betreiben, und das schmälert ihre Gewinne. Privatbanken sind – in unterschiedlichem Grade – von einem anderen Problem betroffen. Ihr wichtigstes Geschäft ist das Private Banking, die Verwaltung großer Privatvermögen. In der Krise haben die Vermögen erhebliche Wertverluste erlitten, die Besitzer sind auf weniger riskante Anlageklassen umgestiegen. Damit sanken auch die Provisionseinnahmen der Privatbanken, die in Deutschland die Hälfte des Private-BankingMarkts verwalten. Die deutschen Privatbanken verzeichneten 2008 laut dem European Private Banking Survey 2009 von McKinsey einen Rückgang der Nettomittelzuflüsse auf zwei Prozent nach neun Prozent im Jahr 2007. Die Gewinnmargen verringerten sich deutlich um ein Drittel. Langfristig rechnet McKinsey aber mit einer soliden Entwicklung bei den Privatbanken, wie zum Beispiel Merck Finck oder Bankhaus Metzler. Trotz der schweren hausgemachten Krise bei Sal. Oppenheim hat sich das Image des Sektors im Zuge der Krise deutlich verbessert. Das merken auch die Personalmanager. „Aufgrund unserer konservativ ausgerichteten Geschäftspolitik sind wir von der Finanzkrise nicht direkt betroffen“, sagt Elisabeth Schirra, stellvertretende Personalleiterin des Bankhauses Lampe. „Im Vergleich zu anderen Banken werden wir weiterhin sehr positiv wahrgenommen. Unsere Bewerberzahlen sind im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um 35 Prozent gestiegen.“ Von vielen Sparkassen und Privatbanken abgesehen, bekommt die Finanzbranche jetzt den Wert einer ganz speziellen Währung zu spüren: Vertrauen. Laut einer repräsentativen Umfrage des Ipsos-Instituts Mannheim im Auftrag des Bundesverbands deutscher Banken vom August 2009 sagen 52 Prozent der Bevölkerung, ihr Vertrauen in die Bankenbranche habe stark gelitten. Wachsendes Misstrauen registrieren auch die Personalverantwortlichen. „Bewerber fragen plötzlich nach Jobsicherheit“, sagt Ernst Stilla von der Postbank. „Das war bisher nicht üblich.“ Auch Elisabeth Schirra vom Bankhaus Lampe stellt in Bewerbungsgesprächen vermehrt kritische Fragen fest. „Studenten erkundigen sich nach unserem Beratungskonzept, nach der Nachhaltigkeit unseres Geschäfts und unserer Einschätzung der Bankenkrise“, sagt sie. „Die Krise hat viel Verunsicherung gestiftet.“ Wie schnell die Finanzbranche neues Vertrauen gewinnen kann, hängt stark davon ab,

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wie eine Reihe offener Regulierungsfragen im laufenden Jahr beantwortet werden. Zur Diskussion stehen unter anderem höhere Kapitalpolster für Banken, neue Leitlinien für Boni, die Einrichtung einer zentralen Clearing-Stelle für den Handel mit Derivaten und eine Verschuldungs-Obergrenze. Im ersten Halbjahr sollen weltweit hunderte Institute die Vorschläge der Finanzaufseher anhand von Modellen testen. Spätestens Ende des Jahres könnten dann neue Regeln gelten, die den Banken zum Beispiel vorschreiben, mehr Eigenkapital vorzuhalten. Trotz aller Ungewissheit über das Branchenumfeld der kommenden Monate machen sich viele Häuser inzwischen weniger Sorgen um ihr operatives Geschäft als noch vor einem Jahr. Personalmanager machen sich schon wieder auf die Suche nach neuen Mitarbeitern. Risikomanagement-Spezialisten sind derzeit besonders gefragt. „Die Nachfrage nach Risiko-Controllern, Kredit-Controllern und Spezialisten für das Meldewesen ist stark gestiegen“, sagt Ernst Stilla. „Oft werden diese Experten nur noch über Headhunter vermittelt.“ Der Wettkampf um die besten Talente wird nach Ansicht vieler Personaler zunehmen. „Wir werden uns noch detaillierter Gedanken darüber machen müssen, wie wir die richtigen Leute an die richtigen Positionen bringen“, sagt Ernst Stilla. Auch wenn die Branche im Umbruch sei, bleibe sie für Absolventen sehr attraktiv. „Wer jetzt im Banking anfängt, dem kann man garantieren, dass die nächsten Jahre extrem spannend werden.“ Andreas Menn

TREND-THEMEN

Risikomanagement im Fokus Welchen Themen deutsche Banken im Moment die größte Bedeutung beimessen Quelle: Ernst & Young Bankenbarometer Januar 2010

Große Bedeutung

Geringe Bedeutung

Keine Bedeutung 81

Risikomanagement

73

Kostensenkungen

21

67

Rating

12

Neue Auslandsmärkte/Internationalisierung 3

15

36

36

15

Abbau von Aktiva

21

41

16

Aufbau neuer Geschäftsbereiche

8

50

21

Aktuelle Änderung der Rechnungslegung

9

39

29

Entwicklung/Einführung neuer Produkte

2 6

24

53

Regulierung

Islamic-Banking-Produkte

17

48

30

56

24

64 82

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„In vielen Banken herrscht Existenzangst“ Dirk Müller-Tronnier, Leiter der Bankenabteilung von Ernst & Young und Autor des Bankenbarometers

Herr Müller-Tronnier, was erwarten die deutschen Banken vom Jahr 2010? Die Institute sehen deutliche Hoffnungsschimmer. Sie halten das Schlimmste für überstanden und schauen erheblich optimistischer in die Zukunft als noch im Juli 2009. Wo können die Banken schon wieder Geld verdienen? Bei der Kreditvergabe sind angesichts der niedrigen Leitzinsen derzeit ordentliche Margen möglich. Wenn die Wertpapierkurse steigen, werden auch die Provisionen der Vermögensverwalter und Depotführer wieder an Volumen gewinnen. Auch im Eigenhandel können die Banken jetzt langsam ihre Verluste kompensieren. Wenn dazu noch die Märkte für Firmenübernahmen und Börsengänge anziehen, werden einige Banken wieder ordentliche Gewinne erzielen. Allerdings: Wer mehr Kredite vergibt, muss auch die Risikovorsorge treffen. Hier sehen Banken für 2010 die größte Herausforderung. Die Krise in der Realwirtschaft schlägt also 2010 auf die Banken zurück?

VERTRAUEN

Kritische Kunden Quelle: Ipos-Institut im Auftrag des Bundesverbands deutscher Banken

Ja, und zwar zeitversetzt. Die Banken werden bis zum Jahresende mit vermehrten Kreditausfällen zu kämpfen haben. Die kritischen Branchen sind die Autoindustrie, der Maschinenbau und der Bau – genau in dieser Reihenfolge. Welche Institute sind von der Krise besonders betroffen? Bereits durch die allgemeine Finanzkrise geschwächte Institute sind natürlich anfällig, wenn weitere Belastungen entstehen. Wer in diesem Kreis also zusätzlich ein großes Kreditbuch in den voraussichtlich kritischen Branchen hat, muss mit weiteren Belastungen rechnen. Umso wichtiger ist dann, dass kompensierende Geschäfte, also beispielsweise im Provisionsgeschäft, vorhanden sind. Gehen die Sparkassen und Genossenschaftsbanken als Profiteure aus der Krise? In der Tat war der überwiegende Teil der Sparkassen und Genossenschaftsbanken nicht direkt betroffen von den Turbulenzen der Finanzmärkte. Statt in riskante strukturierte Finanzierungen zu investieren, haben sie hauptsächlich Kredite an Privatpersonen und Mittelständler vergeben. Entsprechend stabil war 2009 ihr Geschäft. Das hat sich auch in einem positiven Imageeffekt niedergeschlagen. Der Stellenabbau bei den Banken hat im vergangenen Jahr stark zugenommen. Was wird das laufende Jahr für die Beschäftigten bringen? Kostensenkung gehört immer noch zu den wichtigsten Themen der Banken. Mit weiterem Stellenabbau ist darum definitiv zu rechnen. Nur rund 15 Prozent der Banken wollen netto ihr Personal aufstocken, die meisten Häuser wollen die Zahl ihrer Stellen reduzieren. Mehrere tausend Stellen werden definitiv gestrichen. Drohen die Banken unter diesen Bedingungen ihre TopLeute zu verlieren – zumal auch Boni-Zahlungen nicht mehr so üppig ausfallen dürften? Eine Gefahr, dass Top-Leute durch veränderte Boni-Regeln abwandern, sehe ich nicht. Die Millionengehälter, von denen in den Medien ständig gesprochen wird, verdienen in Deutschland nur wenige. Müssen Banken jetzt härter um den Nachwuchs kämpfen? Die Branche hat an Renomee eingebüßt. Aber kurzfristig fehlen den Absolventen auch Alternativen. Denn bei Beratungen und in der Versicherungsbranche gibt es auch nicht viel mehr neue Stellen. Vor allem an den wichtigsten Bankenstandorten zählen die Banken darum immer noch zu den größten und beliebtesten Arbeitgebern. Für Absolventen ist der Arbeitsmarkt nicht mehr so groß. Die Banken haben deshalb keine großen Probleme, Stellen zu besetzen.

„Mein Vertrauen in die Banken in Deutschland hat angesichts der Finanzmarktkrise... 4% 16% 52%

...stark gelitten.“ ...kaum gelitten.“ ...nicht gelitten.“ keine Angabe

„Mein Vertrauen in meine eigene Bank hat angesichts der Finanzmarktkrise 5% 7%

28% 60%

...stark gelitten.“ ...kaum gelitten.“ ...nicht gelitten.“ keine Angabe

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Foto: Ernst & Young GmbH

INTERVIEW


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RANKING

GESCHÄFTSENTWICKLUNG

Top 5 der deutschen Kreditinstitute nach Bilanzsumme in Mio. Euro Quelle: Die Bank, Zeitschrift für Bankpolitik und Praxis

Entwicklung der Bilanzsumme deutscher Banken Quelle: Deutsche Bundesbank

Gesund geschrumpft

Deutsche Bank weit vorn Institut

Bilanzsumme

Mitarbeiter

1

Deutsche Bank

2.202.423

80.456

2

Commerzbank*

912.000

57.464

3

HypoVereinsbank

458.602

24.638

4

LBBW

447.932

13.366

5

DZ Bank

427.090

26.642

8000

* Ohne Dresdner Bank

Bilanzsumme in Milliarden Euro

7000 6000 5000 4000 3000 2000 1000 0

1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010

INTERVIEW

„Vertrauen in die Sparkassen ist gestiegen“

Foto: DSGV

Werner Netzel, Geschäftsführender Vorstand des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV)

Herr Netzel, sind die Sparkassen die Gewinner der Finanzkrise? Von den direkten Folgen der Subprime-Krise sind die Sparkassen weitestgehend verschont geblieben. Nicht zuletzt aufgrund einer umsichtigen Risikopolitik rechnen wir für die Sparkassen in 2009 mit einem besseren Betriebsergebnis als 2008. Es zahlt sich aus, dass die Sparkassen nicht in riskante Finanzprodukte, sondern in die regionale Wirtschaft investiert haben. Noch vor kurzem galt der Sparkassen-Sektor damit als rückständig. Die Top-Banker gingen lieber zu privaten Banken. Vor der Finanzkrise stand der Investmentbanker ganz oben auf der Liste der beliebtesten Banken-Jobs. Aber das hat sich gewaltig geändert. Junge Leute legen zunehmend Wert darauf, eine Tätigkeit zu verrichten, die ihnen Sinn

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spendet. Wir übernehmen Verantwortung für die Region und wir engagieren uns kulturell und gesellschaftspolitisch. Darum haben wir auf dem Arbeitsmarkt ein sehr gutes Image. Trotzdem geraten auch Sparkassen immer wieder in die Schlagzeilen, zum Beispiel durch die Milliardenverluste bei den Landesbanken. Wie passt das zu Ihrem Nachhaltigkeits-Anspruch? Bei den Landesbanken herrscht Veränderungsbedarf, ohne Wenn und Aber. Das trifft die Sparkassen aber nur indirekt; ihre Geschäftstätigkeit ist davon in keiner Weise berührt. Was bieten Sie denn Ihren Kunden? Bei einer Untersuchung der Stiftung Warentest haben auch die Kundenberater der Sparkassen kein gutes Ergebnis erzielt. Seit Jahren gilt bei uns: Nicht das Produkt steht im Vordergrund, sondern die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden. Mit unserem Sparkassen-Finanzkonzept haben wir für alle Kundengruppen eine ganzheitliche Beratung. Am wichtigsten ist dafür die Qualifikation unserer Mitarbeiter. Das nehmen wir seit Jahren sehr ernst. Viele Sparkassen haben zum Beispiel ein ständiges Coaching-Angebot für ihre Mitarbeiter eingerichtet. Außerdem legen wir großen Wert darauf, qualifizierten Nachwuchs zu bekommen, um auch in Zukunft die Zufriedenheit unserer Kunden sicherzustellen. Wie gewinnen Sie talentierte Nachwuchskräfte? Zum einen stellen wir unvermindert Ausbildungsplätze zur Verfügung. Unsere Ausbildungsquote beträgt 9 Prozent, der Branchendurchschnitt liegt bei nur 5,9 Prozent. Zum anderen werben wir an Hochschulen und auf Absolventenmessen um junge Talente. Wir haben viel zu bieten: Ein hervorragendes internes Weiterbildungsangebot, eine Kaderschmiede für die oberste Managementebene und auch die Möglichkeit, international tätig zu sein. 2010 wird das Jahr der Insolvenzen. Kommen da noch böse Überraschungen auf Sie zu? Bisher waren die Überraschungen eher positiv: Den steigenden Firmeninsolvenzen stehen deutlich sinkende Abschreibungen im Wertpapiergeschäft gegenüber. Natürlich wissen wir, dass 2010 für die Wirtschaft kein leichtes Jahr wird. Aber wir kennen unsere Kunden sehr genau, und wir sind auf mögliche Ausfälle sehr gut vorbereitet. 73


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DIE NEUE VERGÜTUNGS-LEHRE Finanzkrise und Diskussionen um Bonuszahlungen haben das Interesse von Studenten an variablen Vergütungssystemen geweckt. Hochschulen reagieren mit zusätzlichen Veranstaltungen und setzen auf Kooperationen mit Unternehmen.

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urz vor Weihnachten hatte Ingo Weller, Professor am Institut für Personalwirtschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität in München, eine Ringvorlesung angesetzt. Als Thema hatte er aus aktuellem Anlass die Vergütungs- und Bonussysteme in Unternehmen ausgesucht. Und traf damit den Nerv seiner Studenten. „Es sind 150 Teilnehmer gekommen“, berichtet Weller erstaunt. „Dabei war das keine Pflichtveranstaltung, sondern die Teilnahme war freiwillig.“ Ähnliche Erfahrungen wie Weller haben auch Professoren an anderen deutschen Hochschulen gemacht. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise sind variable Vergütungssysteme von Unternehmen nicht nur in der Öffentlichkeit ins Gerede gekommen, gelten sie doch als ein Auslöser der Krise (siehe „Öffentliche Bonus-Diskussion“). Auch bei Hochschullehrern und ihren Studenten steht das Thema ganz oben auf der Agenda. Viele Universitäten bieten neue Lehrveranstaltungen an – und setzen bei dem Thema verstärkt auf die Kooperation mit Unternehmen. In seiner Lehre will Wissenschaftler Weller keine normativen Aussagen treffen, also keine Lanze für ein bestimmtes Vergütungssystem brechen. „Ich will Studenten vielmehr erklären, wann ein Anreizsystem funktioniert, welche Chancen und Risiken es hat“, sagt der Münchener Professor. „Dabei bewegen wir uns in der Uni fast immer auf einer abstrakten Ebene. Denn detaillierte Informationen zu den einzelnen Vergütungsmodellen der Unternehmen liegen selten vor.“ 74

Studenten sollen grundlegende ökonomische Mechanismen verstehen.

In Zukunft soll die Praxis an Wellers Lehrstuhl ein größeres Gewicht bekommen. Der Münchener Wissenschaftler will in den kommenden Monaten Seminare zur variablen Vergütung anbieten, bei denen externe Referenten auftreten. Diese sollen aus Unternehmen kommen und davon berichten, wie ihr Arbeitgeber bei der Konzeption von Vergütungsmodellen vorgeht – und woran das Unternehmen gerade in diesem Zusammenhang arbeitet. Die Wirtschaft habe an einer Zusammenarbeit mit Hochschulen bei diesem Thema großes Interesse, meint Weller. Immerhin sitzt er auf einem Stiftungslehrstuhl des Verbands der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie. „Wir haben also sehr viele Möglichkeiten, mit der Wirtschaft zu kooperieren.“ Auch Dirk Sliwka, Professor am Seminar für Allgemeine Betriebs- und Personalwirtschaftslehre an der Universität Köln, hat einen deutlich gestiegenen Wissensdurst von Studenten beim Thema variable Vergütung festgestellt. Das kommt Sliwka gelegen. Er verfolgt in Bezug auf das Thema Vergütung schon lange das Ziel, dass seine Studenten „ein grundlegendes Verständnis der ökonomischen Mechanismen aufbauen und lernen, empirische Studien zum Thema kritisch zu lesen.“ Da die Kölner Lehrpläne jüngst auf Bachelor- und Masterabschlüsse umgestellt wurden, konnte Sliwka solchen Themen mehr Gewicht verleihen. Joachim Schwalbach, Professor am Institut für Management an der Berliner HumboldtUniversität, verfolgt ähnliche Ziele wie sein Kölner Kollege. Er will seinen Studenten bei-

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In den vergangenen Jahren sei das Thema variable Vergütung an Universitäten auch deshalb zu kurz gekommen, weil viele Lehrbücher sich nicht tief genug mit dem Thema beschäftigten, bemängelt der Berliner Wissenschaftler. So würden in der Vergütungstheorie oft alle Management-Ebenen in einen Topf geworfen, obwohl sich die Effekte von Leistungsanreizen je nach Hierarchiestufe eines Mitarbeiters deutlich unterschieden.

Modelle empirisch untersucht

Öffentliche Bonus-Diskussion

Foto: www.dreamstime.com

Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise sind Bonuszahlungen von Unternehmen an ihre Mitarbeiter in die Kritik geraten. Weil sich die leistungsabhängige Vergütung vor allem an kurzfristigen Erfolgen orientierte, gingen zum Beispiel Banker hohe Risiken ein, sagen Kritiker. So habe das Streben nach hohen Bonuszahlungen maßgeblich zum Kollaps der Immobilienmärkte beigetragen. Beobachter sprechen sich für transparentere Bonussysteme aus, die sich stärker am langfristigen Erfolg eines Unternehmens orientieren. Auch Politiker überlegen, in den Markt einzugreifen. In der Wirtschaftswissenschaft spielt die sogenannte Principal-Agent-Theorie eine entscheidende Rolle für die variable Vergütung: Ein Auftraggeber, der Principal, betraut einen Agenten damit, für ihn eine Aufgabe zu erledigen. In der Beziehung der beiden „Geschäftspartner“ existiert allerdings eine Informationsasymmetrie – der Agent verfügt über mehr Informationen als sein Auftraggeber. Wenn der Agent nun in erster Linie im eigenen Interesse agiert, besteht die Gefahr, dass sein Handeln den Zielen des Auftraggebers entgegen läuft. In der Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollen Vergütungs-Anreize Abhilfe schaffen. bringen zu erkennen, was eigentlich die Quelle der Motivation eines Mitarbeiters in einem Unternehmen ist. Ein Jahreseinkommen von mehreren Millionen Euro führe schließlich nicht per se zu einer Top-Leistung, ist Schwalbach überzeugt. Entscheidend sei allein das Wissen, dass andere Manager noch mehr verdienten. So hätten Überlegungen hinter vielen Vergütungsmodellen keine wissenschaftlich belastbare Grundlage, kritisiert der Professor. „Berufseinsteiger zum Beispiel lassen sich mit Geld nicht motivieren“, argumentiert Schwalbach. „Sie sind intrinsisch motiviert, haben also einfach Lust auf den Job.“

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Schwalbach versucht deshalb, seine Studenten abseits der Lehrbücher für das Thema zu sensibilisieren, zum Beispiel mit Experimenten. „Dabei werden Verhaltensmuster sichtbar, die eindeutig zeigen, dass auch weiche Faktoren wie Fairness einen Einfluss auf die Motivation der Mitarbeiter haben, also nicht nur finanzielle Anreize“, berichtet der Hochschullehrer. Angesichts solcher Erfahrungen werden seine Studenten in Zukunft anders mit dem Thema umgehen als jetzige Personalmanager, hofft Schwalbach. Er hat den Eindruck gewonnen, dass viele alt gediente HR-Manager bei diesem Thema beratungsresistent seien. Immerhin haben viele Manager aus Unternehmen offenbar ein Interesse daran, zum Thema variable Vergütung den Dialog mit Studenten und Professoren zu suchen. So untersucht Jürgen Deters, Professor am Institut für strategisches Personalmanagement der Leuphana Universität Lüneburg, mit seinen Studenten immer wieder Vergütungs-Fälle aus der Praxis. „In meinen Veranstaltungen beschäftigen wir uns regelmäßig mit konkreten Beispielen“, berichtet er. „Schon im Jahr 2008, als sich die Krise bereits abzeichnete, haben wir mit den Studenten Modelle der variablen Vergütung empirisch untersucht und dann eine Best-Practice-Version vorgestellt.“ Studenten, die am Lehrstuhl von Deters ihre Bachelor- oder Masterarbeit zum Thema variable Vergütung schreiben, kooperieren dabei oft mit Unternehmen. Solche Arbeiten erhalten dann einen Sperrvermerk, sind also zum Beispiel in Universitätsbibliotheken nicht zugänglich. „Unter diesen Umständen scheuen sich Unternehmen nicht, Studenten Einblick in ihre individuellen Vergütungs-Regelungen zu geben“, berichtet Deters. Vielmehr erwarteten sich Firmen sogar Anregungen, wie sie ihr Vergütungsmodell verbessern können. Neben der Effizienz von Vergütungsmodellen will sich Deters aber auch der gesellschaftlichen Bedeutung des Themas widmen. Zu Veranstaltungen lädt er deshalb regelmäßig auch Arbeitsrechtler und Psychologen ein – damit auch wirtschaftsethische und damit normative Fragen in der Ausbildung der Studenten ihren Platz haben. Jork Herrmann 75


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DIE KUNST DER KARRIERE

Melanie Jaklin, Executive Vice President Human Resources beim Optikund Elektronik-Konzern Jenoptik in Jena

BACKGROUNDCHECK Wie HR Manager wurden, was sie sind

Doch das Durchhalten zahlte sich aus. Noch bevor Jaklin das Vordiplom ablegte, war sie in das Führungskräftenachwuchsprogramm aufgenommen worden und Abteilungsleiterin geworden. Als sie die Hochschule verließ, war sie bei dem Logistiker unter anderem für Personalmarketing und Personalentwicklung verantwortlich. Dort fühlte sie sich gut aufgehoben. Schon Jahre zuvor bemerkte sie, dass sie sich für die Personalarbeit begeistern kann. Großen Anteil daran hatte eine Personalentwicklerin des Logistikers DHL, der Danzas zwischenzeitlich gekauft hatte. „Diese Kollegin hatte eine Mentorenaufgabe gesucht und mich in viele spannende Projekte einbezogen“, sagt Jaklin. So war auch die nächste Position ein Personaler-Job. Im Herbst 2003 wechselte sie als Referentin in den Zentralbereich Personalentwicklung der Konzernzentrale der Deutschen Post in Bonn. Hier organisierte sie knapp vier Jahre lang Nachwuchsförderprogramme und Integrationsprogramme für neue Mitarbeiter. 2007 wurde Jaklin Director Human Resources bei Jenoptik. Der Jenaer Konzern produziert mit rund 3400 Mitarbeitern nicht nur optische Systeme, sondern auch Mess- und Verkehrssicherheitstechnik sowie Lasersysteme. „Die neue Position habe ich als große Herausforderung gesehen“, sagt Jaklin. „Ich konnte zum Beispiel ein neues Team für Recruiting, Personalmarketing und Personalentwicklung aufbauen.“ Der Umzug nach Thüringen störte sie nicht – immerhin war sie schon als Kind alle paar Jahre mit ihren Eltern in eine neue Stadt gezogen. Seit März 2009 ist Jaklin Personalleiterin und Executive Vice President bei Jenoptik. Sie gehört zum Executive Management Board, dem obersten Entscheidungsgremium des Konzerns. Und obwohl die Personalmanagerin in Jena in ihrem Traumjob angekommen zu sein scheint, kennt sie keinen Stillstand. In ihrer Freizeit ackert sie seit Neuestem für einen MBA an der Handelshochschule Leipzig. chu

Melanie Jaklin • Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Fachhochschule Mainz, Schwerpunkt General Management • Interne Ausbildung zur Moderatorin und Change-Trainerin bei der Deutschen Post H U M A N

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Foto: Jenoptik AG

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ls Melanie Jaklin 1989 im Städtchen Beverungen an der Weser ihr Abitur machte, wusste sie schon ganz genau, was sie mit ihrem Leben anfangen würde. Regisseurin und Schriftstellerin wollte sie werden, soviel war klar. Auch Jaklins Vater hatte gegen diesen Plan grundsätzlich nichts einzuwenden. Doch vorher sollte die Tochter erst einmal etwas Ordentliches lernen. Und weil Vater Jaklin in der Logistikbranche tätig war, landete die Tochter bei der Spedition Terranaut in Kassel, wo sie sich zwei Jahre lang zur Speditionskauffrau ausbilden ließ. Die Pläne von der Künstler-Karriere überlebten die Ausbildung nicht. Der Grund war weniger, dass Jaklin plötzlich ein solides Leben zu schätzen gelernt hätte. Vielmehr bemerkte sie, wie spannend die Arbeit in einem Unternehmen sein kann. „Ich habe unheimlich viel gelernt und viele neue Eindrücke gesammelt“, erinnert sie sich. „Das hat großen Spaß gemacht, auch wenn die Zeit anstrengend war.“ Bei ihren Chefs kam die junge Auszubildende offenbar gut an. Immerhin übernahm sie nach der Lehre die Verkehrsleitung für Österreich und Südost-Europa. Zwei Jahre später folgte der nächste Karriereschritt. Jaklin wechselte an den Standort im ostwestfälischen Herford, wo sie sich um Buchhaltung, Controlling und Personalwesen kümmerte. Nach einer zweieinhalbjährigen Tätigkeit für eine weitere Spedition ging sie 1997 ins Key Account Management des Logistikers Danzas nach Frankfurt. Einen Plan für die weitere Karriere hatte Jaklin damals nicht im Kopf, sagt sie. Nur eines wusste sie genau: Sie wollte weiterkommen – und dafür musste sie studieren. „Das hatte ich ohnehin schon immer im Kopf gehabt, und nun war der richtige Zeitpunkt dafür gekommen“, berichtet sie rückblickend. Die Arbeit und damit ihre Selbständigkeit aufzugeben, konnte sie sich aber nicht vorstellen. So schrieb sie sich für ein Betriebswirtschaftsstudium an der Fachhochschule Mainz ein – und studierte berufsbegleitend. Die Doppelbelastung ging an die Substanz. „Manchmal, wenn ich abends noch spät im Büro saß, habe ich mich schon gefragt, warum ich mir das eigentlich antue“, sagt sie heute.


LAUFBAHN

Pamela Thomas-Graham

ThomasGraham leitet Personal von Credit Suisse Pamela Thomas-Graham wurde beim Finanzdienstleister Credit Suisse zur Leiterin Chief Talent, Branding and Communications ernannt. In der neu geschaffenen Position verantwortet sie seit Mitte Januar weltweit das Personalwesen, Unternehmens-

kommunikation, Markenführung und Werbung. Thomas-Graham berichtet direkt an CEO Brady Dougan. Zuletzt arbeitete die ExMcKinsey-Partnerin als Managing Director der Private-Equity-Gruppe Angelo, Gordon & Co.

Thomas König

Armin Geiß

König folgt bei E.ON Ruhrgas auf Geiß

Thomas König folgt zum 1. Juli 2010 als Personalvorstand und Arbeitsdirektor der E.ON Ruhrgas AG auf den in Ruhestand gehenden Armin Geiß. Bis zum Wechsel wird König seine Aufgaben als Leiter des konzernweiten Programms „Perform HIRE & FIRE to Win“ fortführen und anschließend das kaufmännische Ressort und das Personalwesen übernehmen. König ist seit 1995 beim EnergieDie wichtigsten nationalen versorger tätig und arbeitete unter anderem Wechsel der Human von 2002 bis 2005 als Bereichsleiter Controlling und Unternehmensplanung bei der E.ON Resources Branche AG. Von 2006 bis 2008 war er Vorstandsvorsitzender des Regionalversorgers E.ON Avacon.

Stefan Conzelmann

Fotos: Credit Suisse; E.On Ruhrgas AG (2); HP Schweiz; Bernd Ducke (2); Petra A. Killick

Conzelmann wird neuer Personalchef bei HP Schweiz Stefan Conzelmann (43) übernimmt zum 1. März bei Hewlett-Packard (HP) Schweiz die Leitung des Personalwesens und wird außerdem Mitglied der Erweiterten Geschäftsleitung.

Der 43-Jährige folgt auf Martin Ghisletti. Conzelmann, der seit 2000 für HP Schweiz im Personalbereich tätig ist, berichtet direkt an Hauke Stars, den Country General Manager.

Christoph Piotrowski

Von Woolworth zur Kanzlei Christoph Piotrowski (49) verabschiedete sich als Personalleiter und Chefsyndikus von der insolventen Warenhauskette Woolworth und wechselt zu einer Frankfurter F E B R U A R / M Ä R Z

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Kanzlei. Piotrowski verantwortete zuletzt die mit der Neuausrichtung verbundenen Personalmaßnahmen der Kaufhauskette. Er steht ihr weiter beratend zur Seite.

Angela Höpfler

Claudia van der Biesen

Höpfler wird Personalchefin im Kempinski Hotel München Angela Höpfler ist seit Februar Personalleiterin im Kempinski Hotel Airport München und tritt damit die Nachfolge von Claudia van der Biesen an. Die 29jährige Angela Höpfler berichtet direkt an die geschäftsführende Direktorin Susanne Meinhard und ist zudem Mitglied der Hoteldirektion. Die gelernte

Hotelfachfrau ist seit mehr als einem Jahr für das Kempinski Hotel tätig und hatte zuletzt die Position der Direktionsassistentin inne. Ihre Karriere begann Angela Höpfler im Jahr 2000 im Mövenpick Hotel München-Airport. Anschließend wechselte sie im September 2006 in die Personalabteilung der BMW AG München. 77


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Peter-Michael Preusker

Ulrich Weber

Preusker neuer Arbeitsdirektor der RAG-Stiftung

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Peter-Michael Preusker (66) ist seit 1. Dezember neuer Arbeitsdirektor bei der RAGStiftung in Essen und Mitglied des Vorstands. Das Kuratorium der Stiftung wählte ihn zum Nachfolger von Ulrich Weber, der als Vorstand zur Deutschen Bahn wechselte. Preusker ist Diplom-Ökonom und leitete beim Hauptvorstand der Industriegewerkschaft Chemie-PapierKeramik – der heutigen IG BCE – von 1984 bis 1996 die Abteilung Wirtschaftspolitik.

59 % der Personalentscheider in Deutschland suchen online Informationen über

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Susanne Schiffel

Ulrich Brode

Schiffel neue HRChefin bei Uniplan

Brode ist neuer Personalchef bei Manpower

Susanne Schiffel ist bei der Kölner Kommunikations- und Eventagentur Uniplan neu als Director Human Resources. Sie folgt in dieser Funktion auf Ilka Dichant, die bereits im vergangenen Jahr als Personalchefin zur Düsseldorfer Agentur BBDO wechselte. Schiffel berichtet direkt an CFO Petra Henke. Zuvor arbeitete Sie als Personalleiterin und Prokuristin für AWD.pharma und bis 2007 als Geschäftsbereichleiterin Personal am Flughafen Köln/Bonn.

Ulrich Brode (45) ist seit November letzten Jahres neuer Personalchef und Mitglied der Geschäftsleitung beim Personaldienstleister Manpower in Frankfurt am Main. Damit ist Brode für die Belegschaft an mehr als 200 Standorten in Deutschland und für mehrere tausend Mitarbeiter im Kundeneinsatz verantwortlich. Davor arbeitete er im internationalen Personalbereich für die Avis Autovermietung.

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H U M A N

R E S O U R C E S

M A N A G E R

Fotos: RAG-Stiftung (2); Uniplan; MANPOWER

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LAUFBAHN

Peter Hoffmann

Hoffmann übernimmt bei Erlus Peter Hoffmann (47) verantwortet bei der Erlus AG neben Controlling, IT und Einkauf nun auch das Ressort Personal. Er übernimmt damit die Nachfolge von Dominik Brunner, der im September letzten Jahres Opfer

eines Gewaltverbrechens wurde. Erlus produziert in Neufahrn bei München unter anderem Dachziegel und Kaminbaustoffe. Hoffmann war vor seiner Berufung in den Vorstand als Finanzprokurist für das Unternehmen tätig.

Stefan Leinesser

Stefan Leinesser geht zu Brands4friends Stefan Leinesser (46) ist seit Januar neuer Head of Human Resources des Online-ShoppingClubs Brands4friends. Die Position wurde neu geschaffen. Leinesser war zuletzt Head of Human Resources beim Online-Netzwerk

90 %

Elisabeth Keßeböhmer

Keßeböhmer neu bei der Hamburger Sparkasse Elisabeth Keßeböhmer (44) ist seit 1. Januar Leiterin Personalstrategie bei der Hamburger Sparkasse. Die promovierte Juristin berichtet direkt an die Bereichsleitung und wird voraussichtlich zum Jahresende 2010 die Nachfolge des

Fotos: Erlus; Brands4friends; Sparkasse Hamburg; Haufe Mediengruppe; SWISS

StudiVZ. Davor arbeitete er bei Pixelpark als Personalmanager. Wie es von Unternehmenseite heißt, soll Leinesser sich im Unternehmen insbesondere um die Besetzung von bis zu Hundert neuen Stellen kümmern.

der Unternehmen setzen beim Thema Personalentwicklung auf externe und interne Schulungen. Quelle: Studie der Deutschen Gesellschaft für Qualität (DGQ)

derzeitigen Personalleiters Jürgen Rodewald (61) antreten. Keßeböhmer war zuvor 13 Jahre in verschiedenen Funktionen für die HSH Nordbank tätig. Die letzten sechs Jahre davon als stellvertretende Personalleiterin.

Ulrich Klose

Klose leitet HR der Haufe Mediengruppe Ulrich Klose hat am 1. Januar die Leitung des Bereichs Human Resources bei der Haufe Mediengruppe übernommen und trägt damit die Gesamtverantwortung für den Geschäftsbereich Personal. Ulrich Klose arbeitete zuletzt als Regional F E B R U A R / M Ä R Z

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Director Human Resources bei der Glaston Corporation. Nach seinem Studium an der Fachhochschule in Osnabrück warUlrich Klose als Human Resource-Manager und Human Resource-Director bei der Kelly Services GmbH und für die Microlog Logistics AG tätig.

Reto Schmidt

Antonio Schulthess

Schmid neuer Head of HR bei Swiss Reto Schmidt (43), Head of External Affairs & General Counsel bei der Fluggesellschaft SWISS, tauschte Ende letzten Jahres mit dem ehemaligen Personalchef Antonio Schulthess (44) Teile

der Aufgabenbereiche. Künftig leitet Schmid als Head of Human Resources die Personalabteilung der Airline, behält aber seine Funktion als General Counsel und Leiter der Rechtsabteilung bei. 79


LAUFBAHN

Georg Pachta-Reyhofen

Neuer Arbeitsdirektor bei MAN Nutzfahrzeuge Georg Pachta-Reyhofen (54) ist seit Januar neuer Vorstandssprecher von MAN SE sowie Arbeitsdirektor der Tochter MAN Nutzfahrzeuge Gruppe. Der promovierte Maschinenbau-Ingenieur ist seit über zehn Jahren in verschiedenen Leitungsfunktionen und

Michael Kurtenbach

an unterschiedlichen Standorten für das Unternehmen MAN tätig. Bereits seit 1986 arbeitet er für die Gruppe. Bereits im Jahr 2001 wurde Georg Pachta-Reyhofen Mitglied des Vorstands und ist seit Juli 2006 Vorstandsvorsitzender der MAN Diesel SE.

Gitta Blatt

Gitta Blatt ist bei Bigpoint neu als Head of Human Resources Gitta Blatt (45) hat beim Hamburger Onlinespiele-Publisher und Entwickler Bigpoint die neu geschaffene Position Head of Human Resources übernommen. Blatt ist damit für die strategische Personal- und Organisationsentwicklung, die internationale Rekrutierung (auch auf Führungskräfte-Ebene), Karriere- und Gehaltsmanagement sowie den Bereich Compensation & Benefit

verantwortlich. Sie berichtet in ihrer neuen Funktion direkt an CFO Michael Gutsmann. Zuletzt war Gitta Blatt Partnerin der Unternehmens- und Personalberatung kwp. Von 2004 bis 2007 hat die diplomierte Wirtschafts- und Kommunikationswissenschaftlerin in verschiedenen Leitungsfunktionen im Bereich Human Resources für den Onlinedienstleister AOL gearbeitet.

Ralf Hühnerfeld

Siegfried Baumeister

Herbert Schmitz

Kurtenbach übernimmt das Ressort Personal Michael Kurtenbach (46) löst im März den in Ruhestand tretenden Chief Operating Officer (COO) und Personalvorstand Herbert Schmitz (59) beim Versicherungskonzern Gothaer ab.

Kurtenbach wird Arbeitsdirektor der Gruppe. Seine bisherige Funktion als Vorstandsvorsitzender der Gothaer Krankenversicherung behält er bei. Er ist bereits seit 1999 im Konzern tätig.

Walter ist neuer Arbeitsdirektor der Stadtwerke Halle René Walter (33) ist seit Dezember neuer Arbeitsdirektor und Mitglied der Geschäftsführung der Stadtwerke Halle. Dazu wählte ihn der Aufsichtsrat. Er verantwortet damit die Personal- und Sozialan80

gelegenheiten für mehr als 2.500 Mitarbeiter. René Walter war von 2004 an bis zu seinem jetzigen Wechsel als Personalleiter der Halleschen Wasser und Stadtwirtschaft GmbH tätig.

Hühnerfeld verantwortet Personal der Voss-Gruppe Ralf Hühnerfeld ist seit Januar Bereichsleiter Personal und Organisation bei der Voss-Gruppe in Wipperfürth. Hühnerfeld folgt beim Fahrzeug- und Maschinenbauer auf Siegfried Baumeister, der in H U M A N

Ruhestand gehen wird. DiplomKaufmann Hühnerfeld kam im Mai 2007 vom Daimler-Konzern. Er arbeitete bislang als Personalleiter Deutschland für Teile der Voss -Gruppe. R E S O U R C E S

M A N A G E R

Fotos: MAN AG; Bigpoint; MAN AG; Bigpoint (2); Stadtwerke Halle

René Walter


LAUFBAHN

Melanie Eisinger

Annette Grams

Thomas Schreiber

Eisinger ist neue Arbeitsdirektorin der Compass Group

Grams folgt bei Goodyear Dunlop auf Schreiber

Melanie Eisinger (37) hat im November letzten Jahres die Gesamtverantwortung für den Personalbereich der Compass Group Deutschland übernommen. Sie ist Mitglied der Geschäftsführung und Arbeitsdirektorin des Anbieters für Catering und Support Services sowie für deren Tochtergesellschaft Eurest. Eisinger berichtet an Jürgen Thamm, Vorsitzender der Geschäftsführung. Zuletzt war sie bei McDonald’s Deutschland als Director Human Resources tätig.

Annette Grams (40) ist seit 1. Dezember neue Leiterin des Personalbereichs bei Goodyear Dunlop in Deutschland. Sie folgt als Director Human Resources auf Thomas Schreiber (50), der künftig strategische Personalinitiativen für die Unternehmensorganisation entwickelt. Grams berichtet in ihrer Funktion an den Vorsitzenden der Geschäftsführung Rainer Landwehr sowie an Darryl Milburn, Vice President Human Resources EMEA von Goodyear Dunlop.

1 Milliarde

Rainer Sauser

Überstunden machten die Deutschen im Krisenjahr 2009. Ein Minusrekord.

Sauser verantwortet HR bei AZ Medien

Fotos: Compass Group; Goodyear Dunlop; AZ Medien; Gundlach-Gruppe; Gerresheimer

Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)

Rainer Sauser (52) wurde vom Verwaltungsrat der Schweizer AZ Medien AG im Januar zum Mitglied der Unternehmensleitung ernannt und verantwortet damit den Bereich Human Resources für die Regionen

Aarau und Solothurn. Sauser ist diplomierter Werbeleiter und betreut bei AZ bereits seit Mai 2009 das Projekt „Eigenregie“ und übernimmt nun die neu geschaffene Position im Medienhaus.

Jörg Hesse

Hesse wechselt von Hettichzur Gundlach-Gruppe Jörg Hesse (41) wechselt zum 1. März als Leiter Personal und Organisation zur Gundlach-Gruppe nach Oerlinghausen. In der neu geschaffenen Position verantwortet er dann sämtliche Personalangelegenheiten des mittelständischen Druck- und Verlagshauses. Hesse F E B R U A R / M Ä R Z

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ist seit 2003 Leiter Corporate Human Resources bei der HettichGruppe, einem Zulieferer für die Möbelindustrie und arbeitete davor in unterschiedlichen Funktionen im Bereich Personal und Organisationsentwicklung beim Lebensmittelproduzenten Danone.

Thomas Perlitz

Neuer Personaldirektor bei Gerresheimer Thomas Perlitz (43) folgte im Januar als neuer Personaldirektor des Glas- und Kunststoffspezialisten Gerresheimer AG aus Düsseldorf auf Jürgen Gieseke, der dieses Ressort fünf

Jahre lang verantwortete. Perlitz arbeitete zuletzt für die Henkel AG als globaler Personalleiter. Dorthin wechselte der Diplom-Betriebswirt im Jahr 2007 von der Ingram Micro Distribution GmbH. 81


RECHT

CONTRA

LEIHARBEIT

Margret Mönig-Raane, stellvertretende Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di)

Die Kritik ist groß. Der Drogeriekette Schlecker wird vorgeworfen das Modell der Leiharbeit zu nutzen, um den Tarifvertrag im Handel zu umgehen und Niedriglöhne zahlen zu können. Schlecker hat zwar mittlerweile eingelenkt und will keine weiteren Zeitarbeiter mehr einstellen. Dennoch: Der Ruf der Leiharbeit in Deutschland ist schlecht. Die OECD spricht von einer Zweiklassengesellschaft am Arbeitsmarkt. Halten Sie das Modell Leiharbeit in seinem momentanen gesetzlichen Rahmen für sinnvoll?

D

ie Leiharbeit aus der Schmuddelecke heraus zu holen war erklärtes Ziel der Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) unter der rotgrünen Bundesregierung. Es sollte der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ gelten, also „equal pay“, wenn es keinen abweichenden Tarifvertrag für die Leiharbeitsbranche gibt. So lautete der Kompromiss, den der damalige Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) mit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden aushandelte. Was wir damals nicht „auf dem Zettel“ hatten und was es 2003 in der Form, wie wir es heute erleben, noch nicht gab, waren die Gefälligkeitstarifverträge der sogenannten Christlichen Gewerkschaften, die jeden noch so niedrigen Lohn tarifieren, ohne Mitglieder in betroffenen Betrieben zu haben und dadurch zur Erosion des Einkommensniveaus in diversen Branchen beitragen. Tatsächlich gab es sehr schnell vom Einkommensniveau der jeweiligen entleihenden Branche ganz erheblich abweichende Tarifverträge. Damit einher ging eine Funktionsverschiebung der Zeitarbeit. Es wurden nicht länger Beschäftigte „ausgeliehen“, um zeitlich befristet personelle Engpässe auszugleichen. Die Liberalisierung des AÜG bereitete stattdessen einem Geschäftsmodell den Boden, das den zeitlich unbegrenzten Einsatz von Leiharbeitern zu günstigeren Bedingungen als für die Stammbelegschaft ermöglichte. Jedes Unternehmen kann also legal Beschäftigten betriebsbedingt kündigen, eine Leiharbeitsfirma gründen und dieselben Leute, die gerade gefeuert wurden, zu Leiharbeitsbedingungen wieder einstellen. Sie machen dann dieselbe Arbeit wie vorher, bekommen dafür aber zum Teil nur noch einen Bruchteil ihres ehemaligen Einkommens, von Urlaubs- und Weihnachtsgeld ganz zu schweigen. Der „Fall Schlecker“ ist dabei nur die Spitze des Eisbergs. Uns sind 1800 Fälle bekannt, wo Beschäftigten von Schlecker AS, die einen Stundenlohn von durchschnittlich rund 13 Euro bekommen, gekündigt wurde. Diese Kolleginnen

»Der Fall Schlecker ist nur die Spitze des Eisbergs.«

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i Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Ver.di) zählt rund 2,1 Millionen Mitglieder und betreut Beschäftigte in mehr als tausend Berufen. Damit ist Verdi eine der größten freien Einzelgewerkschaften der Welt.

suchen jetzt neue Arbeit. Tausend Schlecker AS-Beschäftigten wurde nach der Kündigung ein Job bei der Zeitarbeitsfirma Meniar angeboten – für einen Stundenlohn von nicht einmal sieben Euro. Meniar scheint durch einen Schlecker-Strohmann gegründet, allein um dem Unternehmen Personalkosten zu ersparen. Der Fall sorgt für Empörung - zu Recht, aber er ist kein Einzelfall. Schon seit Jahren dokumentieren Zeitarbeitsquoten von 25-50 Prozent in größeren Unternehmen, wie die Zeitarbeit pervertiert wird, um Stammbelegschaften zu verdrängen und Löhne zu drücken. Wir wollen, dass diese Form von prekärer Beschäftigung verschwindet. Dafür brauchen wir allerdings eine weitere Reform des AÜG. Es muss dem missbräuchlichen Einsatz von Leiharbeit ganz klare Grenzen setzen. Dazu sollte in der Regel „equal pay“ gelten und die Gründung konzerninterner Leiharbeitsunternehmen zum Zwecke des Lohndumpings schlicht verboten werden. Auch der in Frankreich übliche Prekariatszuschlag in Höhe von zehn Prozent und die Einführung eines Zeitarbeitsmindestlohns wären sicherlich geeignet, die Zeitarbeit wieder zu ihrem ursprünglichen Zweck zurückzuführen.“

H U M A N

R E S O U R C E S

M A N A G E R


RECHT

in jedem Fall viel stärker spürbar gewesen. Dies führt die betroffenen Zeitarbeitnehmer keinesfalls automatisch in die Arbeitslosigkeit. Sie stehen nämlich unabhängig von ihrem Einsatz in einem vollwertigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis beim Zeitarbeitsunternehmen, das auch zur Vergütung seiner Angestellten in einsatzfreien Zeiten verpflichtet ist. Und Zeitarbeitsunternehmen sind immer bestrebt, für ihre Arbeitnehmer so schnell wie möglich Beschäftigung zu finden. Denn dies ist ihr Geschäft. Allerdings war durch den Auftragseinbruch über viele Branchen hinweg auch für die Zeitarbeit irgendwann eine Grenze erreicht. Nicht alle Arbeitnehmer konnten immer gleich anderweitig eingesetzt werden. Zur Überbrückung von Beschäftigungslücken ist es sicherlich hilfreich, dass mittlerweile auch die Zeitarbeit beim Kurzarbeitergeld anderen Branchen gleichgestellt worden ist. Inzwischen ist eine wirtschaftliche Erholung eingetreten. Der Jobmotor Zeitarbeit springt wieder an. Damit zeigt sich die Branche einmal mehr als Frühindikator der konjunkturellen Wirtschaftsentwicklung. Nach dem Durchschreiten der Talsohle wächst der Bedarf an Beschäftigten. Wegen der Unsicherheit über die Nachhaltigkeit dieser Entwicklung schrecken viele Unternehmen jedoch zunächst vor Festanstellungen zurück. Ohne Zeitarbeit blieben diese Beschäftigungsmöglichkeiten ungenutzt. Zeitarbeit ist somit unverzichtbar, damit Wachstum schnell wieder in einen spürbaren Beschäftigungsaufbau mündet. Für viele Menschen ist Zeitarbeit eine Brücke aus der Arbeitslosigkeit in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Über ein Drittel der Zeitarbeitnehmer war vorher ohne Arbeit. Die Erwartungen des Gesetzgebers in die Reform der Zeitarbeit im Jahr 2002 wurden nach einem aktuellen Bericht der Bundesregierung erfüllt. Es wurde in erheblichem Umfang zusätzliche Beschäftigung geschaffen. Häufig werden Zeitarbeitnehmer vom Einsatzbetrieb oder von einem anderen Unternehmen außerhalb der Zeitarbeit übernommen. Mehr als die Hälfte der Zeitarbeitnehmer befindet sich auch mittelfristig in Beschäftigung. Mit der Qualifizierung durch Beschäftigung leisten Zeitarbeitsunternehmen zugleich einen wichtigen Beitrag gegen den drohenden Fachkräftemangel in Deutschland und zur besseren Beschäftigungsfähigkeit („Employability“) ihrer Mitarbeiter.

» Der Jobmotor Zeitarbeit springt wieder an.«

PRO Rainer Huke, Leiter Lohnund Tarifpolitik der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände i

Fotos: ver.di; Moritz Vennemann; BDA

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eitarbeit ist zu einer Schlüsselbranche für den deutschen Arbeitsmarkt geworden. In Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs war sie der Initialzünder dafür, dass der Job-Motor angesprungen ist. Die meisten neuen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnisse sind zunächst in der Zeitarbeit entstanden, bevor auch in anderen Branchen neue Jobs geschaffen wurden. In den wirtschaftlich schwierigen Zeiten trägt die Zeitarbeit einen erheblichen Anteil daran, dass sich die Krise nicht in gleicher Härte auf den deutschen Arbeitsmarkt niedergeschlagen hat. Ohne die Möglichkeit der Unternehmen, Kapazitäten durch die Reduzierung von Zeitarbeit kurzfristig zu verringern, wäre der wirtschaftliche Einbruch auf dem Arbeitsmarkt

F E B R U A R / M Ä R Z

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Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände vertritt aktiv unternehmerische Interessen in der Sozialpolitik. Die BDA ist damit der zentrale Ansprechpartner für ihre Mitglieder, die Öffentlichkeit, Bundesregierung sowie für den Bundestag.

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RECHT

EuGH: Deutsches Recht verstößt gegen Verbot der Altersdiskriminierung Aufgepasst bei der Berechnung von Kündigungsfristen: Die Regelung in § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegende Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt werden, verstößt gegen das europäische Gemeinschaftsrecht. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) liegt hierin eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters (Az.: C-555/07). Deutsche Gerichte haben § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB daher unangewendet zu lassen; nichts anderes gilt für vergleichbare Regelungen, die sich in Tarifoder Einzelarbeitsverträgen finden. 2

Diskriminierung kann teuer werden! Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat kürzlich entschieden, dass ein Bewerber auch dann nicht benachteiligt werden darf, wenn der Arbeitgeber eine Behinderung lediglich annimmt. Auch Fragen nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die auf eine Behinderung schließen lassen, können einen Entschädigungsanspruch auslösen. Weil der Arbeitgeber im konkreten Fall eine chronische Rheumaerkrankung befürchtete, sollte ein Bewerber bestätigen, dass er nicht psychiatrisch oder physiotherapeutisch behandelt wird (Az: 8 AZR 670/08). Werden Arbeitnehmer von Dritten diskriminiert, sollte der Arbeitgeber hiergegen aktiv vorgehen. In einem weiteren Fall wurden auf einer Betriebstoilette türkischstämmige 84

URTEILE ARBEITSRECHT Gerichtsentscheidungen, die Arbeitsrechtler kennen sollten

Arbeiter mit ausländerfeindlichen Parolen konfrontiert. Der Arbeitgeber unternahm zunächst nichts, weil „die Leute eben so denken würden“. Erst mit erheblicher Verzögerung ließ der Arbeitgeber die verhetzenden Schriftzüge beseitigen. Laut BAG kann auch ein solches Zögern einen Entschädigungsanspruch auslösen (Az.: 8 AZR 705/08). Fordert der Arbeitgeber dagegen Arbeitnehmer mit mangelnden Sprachkenntnissen zu einem Deutschkurs auf, liegt darin keine entschädigungspflichtige Belästigung. Dies hat das LAG SchleswigHolstein zu Recht entschieden (Az.: 6 Sa 158/09). Denn Auslöser einer solchen Aufforderung ist regelmäßig nicht die Herkunft/Rasse, sondern die mangelnde Sprachkompetenz. So auch hier: Die Klägerin war mehrmals erfolglos aufgefordert worden, einen Deutschkurs zu besuchen, weil es immer wieder zu Verständigungsproblemen mit Kollegen, Vorgesetzten und Kunden gekommen war. 3

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Beschwerdestelle Richtet der Arbeitgeber eine Beschwerdestelle gem. § 13 AGG ein, hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht bezüglich des Ortes der Errichtung und der personellen Besetzung der Beschwerdestelle. Wohl aber ist es ihm erlaubt die Einführung und Ausgestaltung des Beschwerdeverfahrens mitzubestimmen. Um dieses Ziel zu errei-

chen, kann der Betriebsrat auch von seinem Initiativrecht Gebrauch machen (Az.: 1 ABR 42/08). 4

Wege aus der Krise? Betriebsrentenanpassung im Konzern In Zeiten der Wirtschaftskrise ist so mancher Arbeitgeber gehalten, intensiv nach Einsparungsmöglichkeiten zu suchen – und wird auch nach Möglichkeiten fahnden, die Belastungen durch Betriebsrenten zu verringern. Das BAG hat in diesem Zusammenhang den Spielraum eingeschränkt und entschieden, dass es bei der Anpassung der Betriebsrenten allein auf die wirtschaftliche Lage des versorgungspflichtigen Arbeitgebers ankommen soll. Die Einbindung in einen Konzern ändert daran grundsätzlich nichts – insbesondere kann es auf eine schlechte wirtschaftliche Lage der Konzernobergesellschaft oder des gesamten Konzerns nur dann ankommen, wenn am Anpassungsstichtag ausreichend konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese Schwierigkeiten in den nächsten drei Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit auf das Tochterunternehmen „durchschlagen“ werden (Az.: 3 AZR 727/07). 5

„Flash-Mob“ – ein zulässiges Arbeitskampfmittel? Kreativer Einsatz für verbesserte Arbeitsbedingungen: Ein sogenannter „Flash-Mob“, durch den die betrieblichen Abläufe gestört werden, hält das BAG im Grundsatz für ein zulässiges Arbeitskampfmittel. In dem zu entscheidenden Fall hatte die Gewerkschaft unter anderem zum koordinierten Kauf von „Pfennigartikeln“ in Einzelhandelsgeschäften aufgerufen, um Warteschlangen an den Kassen zu erzeugen. Ein solcher „Flash-Mob“ könne gerechtfertigt sein, wenn er nicht offensichtlich ungeeignet oder nicht erforderlich oder unangemessen ist (Az: 1 AZR 972/08). Gegen dieses Urteil hat der Arbeitgeberverband HDE mittlerweile Verfassungsbeschwerde eingelegt.

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Betriebsratswahlen stehen an In vielen Betrieben stehen 2010 die regulären Betriebsratswahlen an. Hierbei gibt es vieles zu beachten. Ein Beispiel dafür: Die Einladung zur Betriebsversammlung zur Wahl eines Wahlvorstands ist rechtzeitig bekannt zu machen. Das LAG Stuttgart etwa hält die Einladung nur dann für rechtzeitig, wenn sichergestellt ist, dass nicht eine maßgebliche Anzahl von Arbeitnehmern davon keine Kenntnis nehmen konnte, zum Beispiel weil wegen des Schichtplans, Urlaubszeit oder aufgrund von Krankheiten zum Zeitpunkt des Aushangs, der auf die Betriebsversammlung hinweist, viele Arbeitnehmer gar nicht im Betrieb waren (Az.: 5 TaBVGa 1/09). 7

Betreten verboten: Der ausgesperrte Betriebsrat Wenn es um das Verhältnis zum Betriebsrat nicht zum Besten bestellt ist, neigen Arbeitgeber mitunter zu drastischen Sanktionen. Allzu drakonisch dürfen diese aber nicht sein: Der Arbeitgeber kann nämlich durch einstweilige Verfügung verpflichtet werden, dem Vorsitzenden des Betriebsrats ungehinderten Zutritt zum Betrieb zur Ausübung von Betriebsratstätigkeiten zu gewähren. Der Arbeitgeber darf dieses Recht auch nicht zeitlich beschränken – indem er etwa bestimmte Zeiten festlegt, in denen ein gegen den Betriebsratsvorsitzenden verhängtes Hausverbot nicht gelten soll. Dies hat das LAG Berlin-Brandenburg entschieden (Az.: 17 TaBvGa 1372/09).

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Fotos: www.aboutpixel.de; www.flickr.com

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RECHT

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Fotos: www.dreamstime.com

Internetzugang für Betriebsrat Auch Betriebsräte halten sich im Internet auf dem Laufenden. Der Arbeitgeber muss sie dabei unterstützen: Der Betriebsrat kann vom Arbeitgeber die Bereitstellung eines Internetanschlusses verlangen. Laut BAG gilt das jedenfalls dann, wenn der Betriebsrat bereits über einen Computer verfügt, wenn im Betrieb ein Internetanschluss vorhanden ist, wenn die Freischaltung des Internetzugangs für den Betriebsrat keine zusätzlichen Kosten verursacht und wenn der Internetnutzung durch den Betriebsrat schließlich keine

sonstigen berechtigten Belange des Arbeitgebers entgegenstehen (Az.: 7 ABR 79/08). 9

Keine Lust auf Personalgespräch: Abmahnung? Die Verweigerung zur Teilnahme an einem Personalgespräch berechtigt den Arbeitgeber nach der Rechtsprechung des BAG nur dann zu einer Abmahnung, wenn es darin um die Arbeitsleistung oder um das Verhalten des Arbeitnehmers gehen soll. Gemäß § 106 Gewerbeordnung kann der Arbeitgeber lediglich Weisungen hinsichtlich Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung oder zu Ordnung und dem Verhalten der Arbeit-

210x144_4c_didacta_Anz_Weiterbildung_E-Learning

08.02.2010

nehmer im Betrieb erteilen. Zu einem Gespräch über die Änderung der Arbeitsvergütung – wie im Beispielsfall – kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jedoch nicht zwingen (Az.: 2 AZR 606/08). 10

Kündigung nach 40 Jahren unrechtmäßig? Auch eine 40-jährige Betriebszugehörigkeit schützt nicht vor einer Kündigung. Einem 55-jährigen Arbeitnehmer war in einem Betrieb, der nicht dem

Kündigungsschutzgesetz unterliegt, aus wirtschaftlichen Gründen gekündigt worden. Diese Kündigung war rechtmäßig. Das hat das LAG Schleswig-Holstein entschieden (Az.: 3 Sa 153/09). Ein Verstoß gegen Treu und Glauben scheide aus, wenn ein irgendwie einleuchtender Grund für eine Kündigung gegeben sei, so die Richter. Die Betriebszugehörigkeit – und sei sie noch so lang – steht der Rechtmäßigkeit der Kündigung nicht grundsätzlich entgegen. Anders wäre der Fall natürlich zu beurteilen gewesen, wenn auf den Betrieb das Kündigungsschutzgesetz Anwendung gefunden hätte.

Übersicht zusammengestellt von : Rechtsanwalt Dr. Sebastian Naber, LL.B. Freshfields Bruckhaus Deringer LLP www.freshfields.com

11:39 Uhr

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Aus- und Weiterbildung � Aktuelle Themen zur Personalentwicklung und zur Fachqualität in der Weiterbildung auf Foren � 5. Fachtagung „Professional E-Learning“

Ze

Koelnmesse GmbH • Messeplatz 1 • 50679 Köln Telefon +49 180 510 3101 (0,14 €/Min. aus dem dt. Festnetz, max. 0,42 €/Min. aus dem Mobilfunknetz) Telefax +49 221 821-991370 didacta@visitor.koelnmesse.de • www.didacta-koeln.de

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Ideelle Träger: Didacta Verband e.V. Verband der Bildungswirtschaft www.didacta.de

Medienpartner: VdS Bildungsmedien e.V. www.vds-bildungsmedien.de


PRAXIS

KULTUR KOMPASS Die globalisierte Welt bietet Fettnäpfchen: Tipps für erste Schritte in fernen Ländern

FOLGE 2: RUSSLAND Mentalität „Ohne Grund lacht nur ein Dorftrottel“, heißt es in Russland – im beruflichen Verkehr wird deshalb nur sehr selten die Miene verzogen. Besonders zu Beginn der Geschäftsbeziehungen oder des Arbeitsverhältnisses sind die Russen in der Regel recht distanziert, dies ändert sich meistens aber mit der Zeit. Nicht umsonst ist die russische Gastfreundschaft weltbekannt.

Personalsuche Deutsche Unternehmen finden immer schwerer geeignetes Personal für ihre Geschäfte in Russland. Der Arbeitsmarkt ist vor allem in den großen Metropolen leergefegt. Beim Gehalt können ausländische Firmen längst nicht mehr mit den Angeboten der großen russischen Konzerne mithalten. Nun müssen sie andere Anreize schaffen, um Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden. Angesichts der geringen Erwerbslosenquote in Moskau und anderen Millionenstädten ist es nicht leicht, die Mitarbeiter zu halten. Das so genannte Job-Hopping, also das häufige Wechseln des Arbeitgebers, ist gang und gäbe. Wie russische Mitarbeiter gehalten und angeworben werden können, müsse man von Fall zu Fall ganz individuell besprechen, sagt 86

also auch für Tochtergesellschaften oder Niederlassungen deutscher Firmen. Arbeitsverträge können befristet sein, allerdings muss dies im Arbeitsvertrag schriftlich begründet werden. Ein Arbeitsvertrag, der ohne hinreichende Gründe befristet wurde, gilt als unbefristet. Länger als auf fünf Jahre darf der Vertrag nicht befristet werden.

Probezeit Bei Abschluss eines Arbeitsvertrages gilt in der Regel eine Probezeit von drei Monaten. Bei Arbeitnehmern in leitender Funktion kann sich diese auf sechs Monate verlängern. Während dieser Zeit kann ihm innerhalb von drei Tagen gekündigt werden. Von der Probezeit ausgeschlossen sind spezielle Personengruppen wie Minderjährige oder Frauen mit Kleinkindern.

Arbeitszeit Naira Kreher, die Russland-Expertin der IHK Düsseldorf. „Für den einen ist der Dienstwagen entscheidend oder ein Darlehen für die Wohnung, jemand anderem sind Aufstiegsmöglichkeiten sehr wichtig oder auch ein Kindergartenplatz.“

Gesetzlicher Rahmen Im Unterschied zu Deutschland gibt es in Russland ein eigenes Arbeitsgesetzbuch. Seit 2002 regelt es die wichtigsten Fragen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Unabhängig von Staatsangehörigkeit der Beschäftigten oder Sitz des Arbeitnehmers gilt dieses Recht

Die wöchentliche Regelarbeitszeit beträgt 40 Stunden. Ähnlich wie in Deutschland findet sie von Montag bis Freitag (9 bis 18 Uhr) statt. Die Mittagspause ist in dieser Arbeitszeit mit eingerechnet. Die Anzahl der Überstunden ist auf 120 Stunden jährlich festgelegt. Grundsätzlich gilt hier aber auch: Ist das Gehalt oder die Bonuszahlungen entsprechend, leisten gerade hochqualifizierte Arbeitnehmer häufig einige Stunden mehr.

Urlaub Insgesamt 28 Kalendertage pro Jahr stehen dem Arbeitnehmer zu – die

Hälfte der Zeit muss an einem Stück genommen werden. Zusätzlich gibt es in Russland zwölf gesetzliche Feiertage – am Tag davor verkürzt sich die Arbeitszeit um eine Stunde. Und: Fällt einer dieser Tage auf das Wochenende ist der darauffolgende Tag frei.

Gehalt Auch hier gilt: Das Gehalt wird zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausgehandelt – in Anlehnung an das konzerninterne Lohnniveau. Zu niedrig darf es aber nicht ausfallen: Der gesetzliche Mindestlohn liegt zurzeit bei 8700 Rubel pro Monat (etwa 206 Euro) in Moskau (variiert von Region zu Region).

Kündigung Will der Arbeitnehmer einem Angestellten kündigen, kann er dies aus drei Gründen tun: Aufgrund eines Fehlverhaltens des Mitarbeiters (verhaltensbedingte Kündigung), einer unzureichenden Qualifizierung (personenbedingte Kündigung) und aufgrund einer wirtschaftlichen Situation des Unternehmens (betriebsbedingte Kündigung).

Sauna und Wodka Geschäftsverhandlungen, die mit reichlich Wodka versüßt werden oder ungestörte Unterhaltungen während der Saunagänge? Diese Vorstellungen von Russland und seinen Managern kursieren immer noch sehr hartnäckig in den deutschen Köpfen. Dennoch gilt: In Deutschland wird im Schnitt weit mehr getrunken. Und auch in die Sauna wird – jedenfalls mit Geschäftspartner – nur noch sehr selten gegangen. Weiterführende Quellen Russland Kompetenzzentrum Düsseldorf, Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf: www.duesseldorf.ihk.de Deutsch-Russische Auslandshandelskammer: http://www.russland.ahk.de/ 100 wichtige Fragen für Personalmanger in Russland: http://www.stic-deru.de/pdf/STICPersonalmanagement.pdf

Foto: www.flickr.com

ANDERE LÄNDER, ANDERE SITTEN


PRAXIS

DIGITALE HELFER Zeiterfassung per Mausklick, automatische Meldungen an das Finanzamt, professionelle Personalkostenplanung. Neue Software für Personalmanager.

SOFTWARE Diese Tools könnten Ihre Arbeit erleichtern und beschleunigen.

ELENA-Meldungen automatisch übermitteln Der Anbieter „Hamburg Software“ hat sein Programm HS Personalwesen weiterentwickelt und gesetzlichen Neuerungen angepasst. Während der politische Streit über den „elektronischen Entgeltnachweis“ (ELENA) weiter tobt, hat die Firma mit HS Personalwesen

Personalkosten unter Kontrolle

Rechnungsbeträge immer im Blick

Mit dem Programm Personalkostenplanung der Leipziger Firma S+P sollen Unternehmer leichter entscheiden können, ob sie bloß umstrukturieren oder Personal entlassen sollten. Das Programm erstellt unter anderem Szenarien, wie sich die künftigen Personalkosten entwickeln. Laut Hersteller schöpft die Software nicht nur aus unternehmensinternen Datenquellen, sondern kalkuliert außerdem mit externen Faktoren wie arbeitsrechtlichen Anforderungen und Tarifänderungen. Personalmanager können auf diese Weise unterschiedliche Kostenszenarien vergleichen und die Personalausgaben vorhersagen. Sie können entscheiden, welche Fachkräfte sie im Unternehmen halten möchten und welche sie besser entlassen sollten. Überdies unterstützt ein integriertes Frühwarnsystem die Personaler bei ihrer Arbeit. Laut Hersteller informiert das System schnell und zuverlässig, wenn die Personalkosten die geplante Höhe übersteigen. S+P Personalkostenplanung basiert auf der Technologie „.Net“ von Microsoft und lässt sich in die S+P-Personalwirtschaft integrieren.

1.10 ein Programm vorgelegt, das Elena-Meldungen automatisch übermitteln kann. Die Vorgängersoftware bot bereits eine Lohn- und Gehaltsabrechnung. Mit der neuen Version können Arbeitgeber nun auch ELENA-Meldungen schnell und sicher erstellen und die erforderlichen Personaldaten an die Zentrale Speicherstelle (ZSS) der Deutschen Rentenversicherung weiterleiten. Laut Hersteller übermittelt das Modul „Elektronisches Bescheinigungswesen“ die erforderlichen Daten weitgehend von selbst. „Je nachdem, wie sorgfältig die Stammdaten gepflegt sind, müssen vielfach nur wenige Daten, die nicht in der Lohnabrechnung verfügbar sind, erfasst werden“, sagt Kai Eickhof, Produktmanager von HS Personalwesen. Firmen hätten dadurch einen geringeren Aufwand, als wenn sie die ELENAMeldungen von Hand erstellen.

Das Zeiterfassungssystem TimePanic des gleichnamigen Münchner Softwarehauses arbeitet jetzt auch mit Stundensätzen und erstellt daraus automatisch Netto-Rechnungsbeträge. Schon die Vorgängerversion nutzen Unternehmen als Werkzeug, um Projekt-Arbeitszeiten exakt zu registrieren. Anwender können mit dem Programm die Zeit protokollieren, die sie für Arbeiten am Computer aufgewendet haben. Arbeiten, die sie nicht am Rechner erledigen, können sie nachträglich in das Programm eintragen. Bei TimePanic 4.2 kommen nun neue Funktionen dazu. Laut Hersteller können Nutzer mit Hilfe dieser Funktionen leichter ihre Projekte abrechnen. Die Software ordnet unterschiedlichen Projekten verschiedene Stundensätze zu und kalkuliert dann die Rechnungskosten des Projekts. Selbstständige und Unternehmer können auf diese Weise stets überprüfen, welche Beträge voraussichtlich auf der Rechnung des Kunden stehen. „Gerade das Arbeiten mit Stundensätzen haben sich viele Anwender von uns gewünscht“, sagt Lionel Spohr, der das Programm entwickelt hat. „Diese Funktion wertet das Programm deutlich auf.“

Zielgruppe: Mittelständische und große Unternehmen Preis: Je nach Anzahl der Mitarbeiter ab 650 Euro

Zielgruppe: Mittelständische Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern Preis: Je nach Anzahl der Mitarbeiter ab 3400 Euro (Kauf) oder 100 Euro pro Monat (Miete)

F E B R U A R / M Ä R Z

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Zielgruppe: Kleine Unternehmen und Freiberufler Preis: 39 Euro pro Arbeitsplatz 87


PRAXIS

FIRMEN HABEN ÄLTERE IM FOKUS

Das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW) ist ein arbeitgebernahes Wirtschaftsforschungsinstitut. Das IW beschäftigt sich unter anderem mit der Arbeitsmarkt- und Konjunkturforschung.

Angesichts des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels werden ältere Mitarbeiter für Unternehmen in den kommenden Jahren immer wichtiger. Doch viele Manager haben Vorbehalte gegen Senioren – und pflegen Vorurteile. Andere fördern Ältere gezielt. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat Personalleiter und Geschäftsführer nach ihren Erfahrungen mit älteren Arbeitnehmern befragt.

Methode Studienteilnehmer: Befragung von Personalleitern und Geschäftsführern deutscher Unternehmen

Beteiligung Teilnehmende Unternehmen: 1350 Firmen aus den Branchen Bau, Logistik und unternehmensnahe Dienstleistungen

Krankheit, Produktivität und Innovationsfreude

W

keine älteren

mehr als die Hälfte

ausschließlich

Mitarbeiter

ältere Mitarbeiter

ältere Mitarbeiter

36%

36%

67,8%

42,5%

42,5%

52,1%

…, weil sie zu wenig aus ihrer Erfahrung machen.

13,6%

13,6%

1,1%

…, weil sie sich kaum noch einsetzen.

8,8%

8,8%

3,1%

…, weil sie wenig interessiert sind.

12,9%

12,9%

0%

…, weil sie beim Arbeitstempo nicht mehr mithalten.

30,3%

30,3%

25,9%

Weiterbildung für Ältere lohnt sich für die Beschäftigten nicht.

24,2%

24,2%

17,6%

Weiterbildung für Ältere lohnt sich für das Unternehmen nicht.

29,3%

29,3%

33,4%

30,3%

30,3%

5,4%

40%

40%

34,7%

…, weil sie ihr Wissen nicht erneuern.

31,5%

31,5%

12,8%

…, weil wir ihr Wissen nicht erneuern.

39,4%

39,4%

27,6%

Ältere Beschäftigte sind seltener krank als jüngere. Ältere Beschäftigte sind, wenn sie krank sind, länger krank. Ältere Beschäftigte sind weniger produktiv, …

Ältere Beschäftigte verabschieden sich innerlich, … …, weil sie selbst nicht mehr richtig wollen. …, weil sie nicht mehr richtig gefördert werden. Ältere Beschäftigte sind weniger innovativ, …

Arbeitsrecht und mangelndes Interesse

Was Unternehmen daran hindert, stärker auf ältere Mitarbeiter zu setzen (Zustimmung zu den Aussagen in Prozent)

„Wenn Ältere nicht so stark durch das Arbeitsrecht abgesichert wären, würden wir weit mehr Ältere einstellen.“

88

42,4%

30,09%

„Wenn Ältere flexibler und interessierter wären, könnten wir sie in weit mehr Bereichen und/oder an verschiedenen Standorten einsetzen.”

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PRAXIS

INTERVIEW

„Negative Altersbilder von Arbeitgebern beruhen auf Vorurteilen“ Oliver Stettes, Wirtschaftsforscher am Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln

Herr Stettes, die meisten Geschäftsführer und Personalleiter sind nach eigenem Bekunden nicht der Meinung, dass ältere Arbeitnehmer leistungsschwächer sind als junge. Dennoch beschäftigt ein Großteil der Betriebe keine Mitarbeiter über 50. Woran liegt das? Auf den ersten Blick klingt das paradox, es gibt aber mögliche Erklärungen: So haben wir herausgefunden, dass Personalleiter und Geschäftsführer zwischen den eigenen älteren Beschäftigten und anderen Älteren unterscheiden. Gegenüber den eigenen Mitarbeitern sind sie positiv eingestellt. Diese sind oft eng in das Unternehmen eingebunden und fest in Arbeitsprozesse integriert. Anders bei älteren Arbeitsuchenden: Denen haftet ein Stigma an. Personalmanager fragen sich, warum jemand arbeitslos geworden ist. Bei Menschen über 50 liegt oft der Schluss nahe, dass altersbedingte Leistungsschwäche der Hintergrund sein könnte. Ist das der einzige Grund, weshalb so viele Unternehmen auf ältere Mitarbeiter verzichten?

»Manche Personalmanager verzichten bewusst auf ältere Mitarbeiter.«

Auch die sogenannte Senioritätsentlohnung ist ein Grund. In vielen Firmen gilt das Prinzip: Je länger ein Arbeitnehmer im Unternehmen beschäftigt ist, desto mehr Gehalt bekommt er. Das hat den Vorteil, dass erfahrene Mitarbeiter an das Unternehmen gebunden werden. Aber es hat auch einen Nachteil. Oft ist das Verhältnis von Produktivität und Arbeitskosten durch die höheren Gehälter bei älteren Arbeitnehmern ungünstiger als bei jüngeren. Wenn dann noch der Staat das frühe Ausscheiden aus dem Erwerbsleben subventioniert, ist es für Unternehmen oft rentabler, Mitarbeiter verhältnismäßig jung gehen zu lassen. Laut Ihrer Studie ist das Image der über 50Jährigen bei Managern besser, je größer der Anteil älterer Personen in der Belegschaft ist. Was schließen Sie aus dieser Beobachtung? Negative Altersbilder kommen häufiger in Unternehmen mit jungen Belegschaften vor. Solche Firmen haben meist keine oder nur sehr wenig Erfahrung mit älteren Mitarbeitern. Deshalb spricht viel dafür, dass die Altersbilder auf Vorurteilen beruhen. Nichtsdestotrotz haben wir auch Hinweise gefunden, dass Personalmanager bewusst auf ältere Mitarbeiter verzichten, weil sie in der Vergangenheit Schwierigkeiten mit ihnen hatten. Ein gängiges Vorurteil lautet, ältere Mitarbeiter seien öfter krank als jüngere. Wie wirkt sich das auf das Verhalten von Unternehmen aus? Es ist mittlerweile empirisch belegt, dass ältere Mitarbeiter sogar seltener krank werden als jüngere, aber länger ausfallen, wenn sie krank werden. Viele Personalleiter bilden deshalb altersgemischte Teams. Die Älteren sollen ihr Erfahrungswissen auf die Jüngeren übertragen – und zwar bevor sie das wegen einer Krankheit für längere Zeit nicht mehr können. Außerdem bringen die älteren Mitarbeiter aufgrund ihrer geringen Ausfallquoten Stabilität ins Team.

Beraterdienst, Gesundheitsvorsorge und Altersteilzeit Wie Unternehmen ältere Mitarbeiter einsetzen und fördern

Ja, praktizieren wir. Wollen wir einführen. Altersgemischte Teams

56,3%

5,3%

Gezielter Einsatz von Älteren als Trainer, Ausbilder, Berater

35,1%

10,4%

28%

15,1%

Regelmäßige Befragung Älterer zur Motivation, Arbeitszufriedenheit, Unternehmensbindung

24,5%

12,9%

Gesundheitsvorsorge

20,6%

17,6%

Geringere Anforderungen an Ältere

17,3%

11,1%

Innerbetrieblicher Stellenwechsel

16,7%

6,3%

Spezielle Weiterbildung für Ältere

16,6%

12,8%

Gezielter Einsatz von Älteren bei Entwicklungsprojekten und Verbesserungsprozessen

13,1%

2,9%

Foto: Institut der deutschen Wirtschaft

Gezielter Einsatz von Älteren bei Projekten an wechselnden Standorten oder im Ausland

Beförderung nach Alter und Dauer der Betriebszugehörigkeit Altersteilzeit

F E B R U A R / M Ä R Z

2 0 1 0

13%

6,7%

12,3%

13,9%

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PRAXIS

DIE WÜNSCHE DER JUNG-PERSONALER

Das Personalmarketinginstitut trendence schafft mit seinen regelmäßigen Erhebungen, unter anderem dem Absolventenbarometer für Wirtschaftsstudenten, einen Überblick über den Bewerbermarkt in Europa.

Trotz der Wirtschaftskrise liefern sich Arbeitgeber einen Kampf um die talentiertesten Hochschulabsolventen. Junge Akademiker, die sich im Studium auf die Personalwirtschaft spezialisiert haben, unterscheiden sich in ihren Wünschen deutlich vom Durchschnitt junger Wirtschaftswissenschaftler. Wie und wo angehende Personalmanager arbeiten wollen, hat das Trendence-Institut in seinem Absolventenbarometer untersucht. Methode Feldphase: Februar bis Juni 2009 Studienteilnehmer: Studenten der Wirtschaftswissenschaften kurz vor dem Examen Befragungsort: Deutschland

Beteiligung Anzahl teilnehmender Hochschulen: 89 Anzahl der Antworten insgesamt: 9159 Anzahl der Antworten von Studenten mit Studienschwerpunkt Personalwirtschaft: 1159

Männer lieben Autos, Frauen auch Möbel und Kosmetik Top-Arbeitgeber weiblicher Wirtschaftsstudenten mit Schwerpunkt Personal

ArbeitgeberBeliebtheit*

Top-Arbeitgeber männlicher Wirtschaftsstudenten mit Schwerpunkt Personal

ArbeitgeberBeliebtheit*

1

Deutsche Lufthansa

10,5%

1

BMW

13,6%

2

IKEA Deutschland

10,3%

2

Audi

11,3%

3

BMW

8,1%

3

Porsche

11,3%

4

Audi

7,9%

4

Deutsche Lufthansa

10,1%

5

L‘Oréal Deutschland

7,8%

5

Adidas

9,8%

6

Porsche

7,1%

6

Google

7,4%

7

Siemens

6,8%

7

Daimler

6,2%

8

Coca-Cola

5,9%

8

Robert Bosch

5,9%

9

Robert Bosch

5,8%

9

Volkswagen

5,6%

10

Auswärtiges Amt

5,2%

10

Deutsche Bank

5,0%

11

Beiersdorf AG

5,2%

11

Siemens

4,7%

12

ProSiebenSat.1 Media

5,2%

12

Aldi Süd

4,5%

13

Daimler

5,1%

13

Auswärtiges Amt

4,5%

14

TUI

5,1%

14

EADS

4,2%

15

Adidas

4,8%

15

The Boston Consulting Group

3,9%

16

Procter & Gamble

4,4%

16

IBM Deutschland

3,9%

17

SAP

4,4%

17

Eon

3,6%

* Prozentsatz aller genannten Unternehmen, jeder Befragte darf drei Unternehmen nennen

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PRAXIS

HR-Experten sind treuer als andere Hochschulabsolventen

Lufthansa und Autokonzerne sind Top-Arbeitgeber bei jungen Personalern

Wie lange junge Personaler im ersten Job arbeiten wollen

Dauer

Angehende Personaler

Wirtschaftsstudenten insgesamt

Bis zu 2 Jahre

17,9%

16,5%

2,1 bis 3 Jahre

27,0%

26,4%

3,1 bis 4 Jahre

8,2%

8,9%

4,1 bis 5 Jahre

31,7%

30,5%

mehr als 5 Jahre

15,1%

17,7%

Personaler suchen länger als andere Absolventen nach dem ersten Job Dauer des Bewerbungsprozesses (in Monaten)

4,3

Anzahl der verschickten Bewerbungen

31,9

4,2

29,6

Wirtschaftsstudenten mit Schwerpunkt Personal Wirtschaftsstudenten insgesamt

Angehende Personaler

ArbeitgeberBeliebtheit*

Wirtschaftsstudenten insgesamt

10,3%

1

1

Deutsche Lufthansa

2

BMW

9,9%

4

3

Audi

9,0%

2

4

Porsche

8,4%

2

5

IKEA Deutschland

7,7%

21

6

Adidas

6,4%

9

7

Siemens

6,1%

13

8

Robert Bosch

5,8%

20

9

Daimler

5,5%

14

10

L‘Oréal Deutschland

5,4%

12

11

Google

5,3%

17

12

Auswärtiges Amt

5,0%

7

12

Coca-Cola

5,0%

19

14

Volkswagen

4,5%

17

* Prozentsatz aller genannten Unternehmen, jeder Befragte darf drei Unternehmen nennen

HR-Nachwuchs will spannende Aufgaben und Kollegialität Was sich Berufseinsteiger von ihrem Arbeitgeber wünschen

Konzerne nur zweite Wahl

Wirtschaftsstudenten mit Schwerpunkt Personal Wirtschaftsstudenten insgesamt

Mittelständler sind attraktivste Arbeitgeber für Personaler-Nachwuchs Attraktivität der Arbeitsaufgaben Kollegialität

5,5

Aufstiegschancen Weiterbildungsmöglichkeiten Work-Life-Balance Sicherheit der Anstellung

36,2 58,5

Eigenverantwortung Führungsstil der Vorgesetzten Einstiegsgehalt Standort des Unternehmens Markterfolg des Unternehmens

mittelgroßes Unternehmen (51-1.000 Mitarbeiter): 58,5% großes Unternehmen (mehr als 1.000 Mitarbeiter): 36,2% kleines Unternehmen (höchstens 50 Mitarbeiter): 5,5%

Attraktivität der Produkte/Dienstleistungen Innovationskraft des Unternehmens Gesellschaftliche Verantwortungsübernahme Internationale Arbeitsmöglichkeiten

neutral

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2 0 1 0

wichtig

sehr wichtig

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PRAXIS

TERMINE MÄRZ – APRIL Die wichtigsten Kongresse, Seminare und Events für HR-Verantwortliche

02. und 03. März 2010 - Berlin

GDA Kongress Arbeitsrecht 2010 Es ist mittlerweile der fünfte Kongress, den die Gesellschaft für Marketing und Service der Deutschen Arbeitgeber (GDA) in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift „Arbeit und Arbeitsrecht“ in Berlin ausrichtet. Der Kongress richtet sich an Geschäftsführer, Personalleiter und Verbandsjuristen und bietet diesen ein Kommunikationsforum. Themen des zweitägigen Kongresses sind unter anderem die aktuellen Entwicklungen in der Gesetzgebung, der Rechtssprechung und des Personalmanagements sowie Beispiele aus Theorie und Praxis. Vorträge zum Arbeitsrecht, dem Arbeitnehmerdatenschutz oder Diskussionsrunden mit renommierten Referenten zu Themen wie „Sozialpartnerschaft vor neuen Herausforderungen“ wird es ebenfalls geben. Die Eröffnungsrede des Arbeitsrecht-Kongresses hält Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt.

01. und 02. März 2010

02. März 2010

05. März 2010

09. bis 10. März 2010

16. und 17. März 2010

experta – BDVT Expertentage für Personalentwicklung

Personalforum

MILK Diversity Kongress

MBA Konferenz 2010 – Nachhaltigkeit in der Management-Entwicklung

MMK – 17. Münchener Management Kolloquium

Hilton Hotel City, München

Hotelresidenzschloss Bamberg

Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V., Berlin

Der Berufsverband für Trainer, Berater und Coaches (BDTV) startet dieses Jahr mit der „experta“ ein Forum für Verantwortliche im Bereich Human Resource Management, das Vorträge und Workshops mit professionellem Coaching verbindet.

„Strategie und Change Management“ lautet das Thema des Diskussionsabends zu dem die ESCP Wirtschaftshochschule Berlin zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Personalführung einlädt.

Der Milk Kongress 2010 bietet Managern und Personalern ein Forum, sich im Bereich Diversity, Integration und Mitarbeiterförderung mittels Workshops und Seminaren weiterzubilden und sich auszutauschen.

Die Konferenz ist das Forum für Unternehmen und Hochschulen der MBA- und Executive-Education-Szene und bietet eine Plattform, um die Qualität und Nachhaltigkeit von Ausbildung und Management zu verbessern und zu sichern.

TCW Transfer-Centrum GmbH & Co. KG, München

Das Münchener Management Kolloquium ist Treffpunkt für nationale wie internationale Führungskräfte. In diesem Jahr steht der Kongress im Zeichen der professionellen Krisenbewältigung. Diskutanten sind u. a. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer und TelekomChef René Obermann.

März 1

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Fotos: www.marco-urban.de; ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin; Archiv

ESCP Europe Wirtschaftshochschule Berlin


PRAXIS

16. bis 20. März 2010 – Messe Köln

27. und 28. April 2010 – Landesmesse Stuttgart

Mit annähernd 800 Ausstellern aus den Bereichen Schule, Hochschule, Ausbildung, Qualifikation, Weiterbildung und Beratung aus insgesamt 15 Ländern, gehört die Didacta auf dem Messegelände in Köln zu den größten europäischen Bildungsmessen ihrer Art. Da der dynamische Wandel in einer globalisierten Welt dem Schlagwort vom „lebenslangen Lernen” eine neue, besondere Brisanz verleiht, befasst sich die Messe neben schulischer Erziehung und Hochschulthemen, im steigenden Maße auch mit der betrieblichen Aus- und Weiterbildung. Des Weiteren ist die Didacta nicht allein für Lernende gedacht, sondern schafft ebenfalls für Lehrer, Erzieher sowie Ausbilder einen Rahmen, sich über die anstehenden Entwicklungen auf dem Bildungssektor zu informieren.

Wenn die Personal 2010 dieses Jahr in Stuttgart ihre Tore öffnet, wird es bereits die elfte Veranstaltung dieser Art sein. Mit ihren annähernd eintausend Fachbesuchern und rund 250 Ausstellern hat sich die Personal 2010 inzwischen zu einem der wichtigsten Termine der Human-Resources-Branche entwickelt. Erklärtes Ziel der diesjährigen Auflage ist es, eine Verbindung von Messe und Praxisforen zu schaffen. Auf der einen Seite wird es den Besuchern ermöglicht, ein breites Spektrum an Vorträgen und Diskussionen zu verfolgen und andererseits bietet der Veranstalter den Ausstellern eine Plattform um deren Produkte und Innovationen praxisnah zu präsentieren. Zu den Keynote-Speakern gehören unter anderem der Psychologe, Autor und Entertainer Wolfgang Riebe sowie der Gedächtnistrainer und Conga-AwardPreisträger Oliver Geisselhart.

Personal 2010 – 11. Fachmesse für Personalmanagement

Didacta: Knapp 800 Aussteller bei Bildungsmesse

13. bis 14. April 2010

19. und 20. April 2010

20. bis 22. April 2010

27. bis. 29. April 2010

29. und 30. April 2010

Personal Swiss – 9. Fachmesse für Personalmanagement

MUWIT 2010 – 14. Konferenz für Personalentwicklung und Weiterbildung

FFD Datenschutztage 2010

Connecticum 2010 – 8. Internationale Firmenkontaktmesse

Personaltagung PERSONAL | inform 2010

Dorint Hotel Pallas, Wiesbaden

Die 8. Jahreskonferenz des Forums für Datenschutz setzt sich mit der aktuellen Datenschutzsituation in Deutschland auseinander. Vor allem der betriebliche Datenschutz und der gesetzliche Rahmen für die Mitarbeiterüberwachung stehen im Fokus der Tagung. Keynote-Speaker ist u. a. Hessens Justizminister Jörg-Uwe Hahn.

Fotos: Didacta; Personal 2010/Franz Pfluegl; www.flickr.com

Messezentrum, Zürich

NH Hotel, Frankfurt/Möhrenfelden

Ziel der 14. Auflage der MUWIT ist es, die Zukunft des Personalwesens aufzuzeigen, Trends zu vermitteln und dem Austausch führender Experten des Human Resource Managements ein geeignetes und nachhaltiges Forum zu bieten.

Die Fachmesse für Personalmanagement vereint mit der parallel stattfindenden Swiss Professional Learning im Messezentrum Zürich rund 250 Aussteller und über 3.000 Fachbesucher.

The Westin, Leipzig

Gründergelände der AEG, Berlin

Das Connecticum in Berlin ist eine von Deutschlands größten Karriere- und Recruitingmessen. Sie richtet sich an Studenten und Hochschulabsolventen und ist damit auch eine bedeutende Repräsentationsplattform für Arbeitgeber aller Bereiche.

Die Mitteldeutsche Personaltagung Personal | inform in Leipzig wird wieder adäquate Möglichkeiten zur Information über die neuesten Entwicklungen im Personalmanagement bieten.

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BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

Die Entwicklung könnte rasanter kaum sein. Erst im September gegründet, zählt der Bundesverband der Personalmanager nun schon mehr als 1100 Mitglieder – Tendenz steigend. Immer mehr deutsche HRManager sehen damit den notwendigen Bedarf an einem Netzwerk, das durch die personengebundene Mitgliedschaft ausschließlich die Personalverantwortlichen vertritt. Der BPM bündelt diese Interessen und gibt ihnen im öffentlichen Diskurs eine Stimme. Innerhalb des Verbandes können die Mitglieder von einem branchenübergreifenden Austausch profitieren, wie es die neu gegründeten Regionalgruppen ermöglichen. Die Gruppen BadenWürttemberg, Nordrhein-Westfalen, Bremen/Niedersachsen, Hessen/ Rheinland-Pfalz/Saarland und Berlin/Brandenburg wurden unter reger Teilnahme bereits ins Leben gerufen. Bei Redaktionsschluss noch nicht beendet waren die Treffen der Gruppen Sachsen/Sachsen-Anhalt/ Thüringen, Bayern sowie Hamburg/ Schleswig-Holstein/MecklenburgVorpommern. Der direkte Dialog soll den Personalverantwortlichen Unterstützung und neue Perspektiven auf die kommenden (regionalspezifischen) Herausforderungen bieten. Die kontroverse Diskussion ist dem Verband wichtig – besonders auch mit Vertretern aus Politik, Medien und Wirtschaft. Mit ihnen will sich der BPM immer wieder über aktuelle Themen auseinandersetzen. Hierzu bietet die Veranstaltungsreihe BPM-Forum eine Möglichkeit. Das nächste findet am 4. März in Berlin statt. Es wird dabei um eine erste Bilanz zur Arbeit der Bundesregierung gehen. Der BPM mischt sich ein in politische Debatten. Kurzarbeit, Gleichstellung, Kündigungsrecht – Themen gibt es viele.

REGIONALGRUPPEN – EIN ANFANG IST GEMACHT Mit Enthusiasmus wurden die Regionalgruppen des BPM gegründet. Zu den Treffen waren insgesamt über 1.000 Teilnehmer angemeldet. Die ersten fünf Gruppen werden hier vorgestellt. Drei weitere in Sachsen, Bayern und Hamburg waren bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. Die Mitglieder haben nun die Möglichkeit sich aktiv ins Verbandsleben einzubringen. Kontakt zu den Regionalgruppen kann über die Verbandsseite (www.bpm.de/ueber/ regionalgruppen) aufgenommen werden.

DONNERSTAG, 28.01.2010

Bremen / Niedersachsen Die Regionalgruppe Bremen / Niedersachsen gründete sich in der Bremer Jacobs University nach einleitenden Worten von BPM-Präsidiumsmitglied Dr. Thomas Fiebig. Die Mitglieder wählten Niels Remme von der Nehlsen GmbH & Co. KG zum Leiter. Im öffentlichen Teil, den rund 50 Teilnehmer besuchten, sprach Prof. Dr. Wilhelm Friedmann über die „Verantwortung von Führungskräften für die Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeiter“.

Nächstes Regionaltreffen am 2. März 2010, Nehlsen GmbH in Bremen 94

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Foto: Moritz Vennemann

Der BPM – aktuell


BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

„Aktive Netzwerkförderung“ Niels Remme, stellvertretender Konzernpersonalleiter, Nehlsen GmbH & Co. KG Herr Remme, wie haben Sie das Gründungstreffen in Bremen und Ihre Wahl zum Regionalgruppenleiter erlebt? Das Gründungstreffen in den Räumlichkeiten war sehr nett, kommunikativ und informativ und die Stimmung würde ich als durchweg positiv bezeichnen. Die Planung der Veranstaltung war sehr gut vorbereitet. Überrascht war ich nur über die niedrige Mitgliederzahl für die Region Bremen/Niedersachsen. Was die Wahl angeht, nochmals herzlichen Dank an alle anwesenden Mitglieder für die einstimmige Wahl, auch wenn es nur einen Kandidaten gegeben hat. Sicherlich wird es bei der nächsten Wahl in zwei Jahren mehr Interessenten für den Regionalleiter geben, wenn der BPM erstmal besser bekannt geworden ist und bis dahin gezeigt hat, was er alles leisten kann. Aller Anfang ist schwer und ich freue mich in den Anfangsstunden des BPM mit dabei zu sein und hier etwas mit gestalten zu können.

DONNERSTAG, 04.02.2010

Hessen / Rheinland-Pfalz / Saarland BPM-Vize-Präsidentin Sabine Gleiß eröffnete das Regionalgruppentreffen im Frankfurter Kolpinghaus. Zum Leiter wählten die Mitglieder Dr. Frank Kreuzer von der Stadtwerke Frankfurt am Main Holding. Dipl.-Kfm. Andreas Eckhardt stellte anschließend vor rund hundert Teilnehmern die Ergebnisse der Studie „Recruiting Trends 2010“ vor.

Fotos: Moritz Vennemann; Stadtwerke Frankfurt a. Main; BPM

Nächstes Regionaltreffen: 13. April 2010, Stadtwerke Frankfurt a. M.

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Welche konkreten Erwartungen haben Sie an den BPM? Der BPM sollte neben der aktiven Netzwerkförderung unter Personalmanagern und deren Unterstützung in HR-Themen, ebenfalls Einfluss auf politischer Ebene nehmen, hier insbesondere auf die Bildungspolitik. Zusätzlich sollte der BPM aktiv die HR-Themenschwerpunkte der Regionalgruppe unterstützen. Mir persönlich ist aber auch wichtig, dass der BPM die zehn Gründe für eine Mitgliedschaft auch wirklich umsetzt. Was sind aktuell die wichtigsten Themen, denen sich die Regionalgruppe annehmen muss? Aktuell sollte die Etabilierung des BPM auf Regionalebene eine der wichtigsten Themen der Regionalgruppe sein. Dies könnte unterstützt werden durch Themen wie: – Konkurrenzfähige Beschäftigung - Mitgestaltung des Bildungs- & Ausbildungssystems (inkl. Hochschule/Universität) an die Bedürfnisse der Unternehmen – Chancengleichheit in der Arbeitswelt – Mitarbeiterentwicklung in wirtschaftlich schlechten Zeiten und in Zeiten von Struktur- und Organisationsveränderungen in Unternehmen Primär sollten aber die Themen der Mitglieder der Region Bremen/Niedersachsen von der Regionalgruppe angenommen werden. Diese Themen wollen wir erstmals auf der nächsten Regionalveranstaltung Anfang März zusammenstellen.

„Vielfalt bewegt!“ Dr. Frank Kreuzer, Bereichsleiter Personal, Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH Herr Dr. Kreuzer, wie haben Sie das Gründungstreffen in Frankfurt und Ihre Wahl zum Regionalgruppenleiter erlebt? Das Gründungstreffen verlief in entspannter, lockerer Atmosphäre. Neugierde, Aufgeschlossenheit und der Wille, den BPM zu einem Erfolgsmodell werden zu lassen, war überall zu spüren. Welche konkreten Erwartungen haben Sie an die Mitglieder der Regionalgruppe? Vielfalt bewegt! Jetzt geht es darum, die positive Grundstimmung aufzunehmen und den Gedankenaustausch zu forcieren. Ich hoffe auf eine rege Kommunikation, sei es per Telefon, per E-Mail oder während unserer Treffen, zu Themen, die auch mal jenseits des Tagesgeschäfts liegen. Was glauben Sie, sind die größten Herausforderungen, denen sich Personalmanager in ihrer Region stellen müssen? Die größten Herausforderungen resultieren alle aus dem demografischen Wandel. Sei es Gesundheitsmanagement, sei es Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen, um auch den Kolleginnen und Kollegen bis zum gesetzlichen Renteneintritt anspruchsvolle Beschäftigung bieten zu können. Das Thema Personal finden und halten wird ein Großteil unserer Kapazitäten binden. Und schließlich insbesondere im Rhein-Main Gebiet die Themen Internationalisierung und Diversity. 95


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DIENSTAG, 26.01.2010

Nordrhein-Westfalen In Nordrhein-Westfalen wählten die Mitglieder im Beisein von BPM-Vize-Präsident Dr. Immanuel Hermreck, Anne Hellermann, Director Human Resources der systaic AG, zur Regionalgruppenleiterin. Anschließend hielt PD Dr. Stefan Süß, stellvertretender Professor für Betriebswirtschaft an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität vor hundert Teilnehmern einen Vortrag über „Herausforderungen für das Personalmanagement durch Diversity-Management“.

Nächstes Regionaltreffen: 9. März 2010, Altana AG in Wesel

„Konstruktiv und praxisbezogen austauschen“ Anne Hellermann, Director Human Resources, systaic AG Wie haben Sie das Gründungstreffen und Ihre Wahl zur Regionalgruppenleiterin erlebt? Das erste Treffen hat mir klar gezeigt, wie stark der Wunsch nach praxisbezogenem Austausch hinsichtlich vieler Sach- und Fachthemen bei den Personalmanagern in Nordrhein-Westfalen ist. Mich persönlich hat es sehr gefreut, dass so viele Fachkolleginnen und Fachkollegen der Einladung gefolgt sind. Schon in der ersten Stunde wurde eine Gemeinschaftlichkeit unserer NRW-Gruppe sehr deutlich. Die Wahl selbst habe ich als vollkommen unkompliziert erlebt. Es ehrt mich, als Regionalgruppenleiterin gemeinsam mit einer so motivierten und starken NRW-Gruppe etwas bewegen und erreichen zu können.

Was wünschen Sie sich als Frau vom immer noch stark männlich geprägten Berufsstand? Ich wünsche mir einen stets fairen und sachlichen Austausch auf Augenhöhe, dabei sollte die Frage des Geschlechts keine Rolle spielen. Bereits heute haben sich viele Frauen in wichtigen HR-Positionen gleichberechtigt neben den männlichen Kollegen etabliert und dieser Trend wird sich sicher noch fortsetzen. Wo werden Sie in NRW die Schwerpunkte Ihrer Arbeit setzen? Folgende (Wunsch)-Schwerpunkte sind bereits bei dem Gründungstreffen von den Mitgliedern genannt worden. Diesen möchte ich mich mit der Gruppe verstärkt widmen: – wir werden uns sehr konstruktiv und praxisbezogen zu vielen Fachthemen austauschen (z. B. Internationalität, Vergütungsmodelle, Diversity, Compliance, Gesundheitsmanagement, Employability) – wir werden uns zur Vertiefung verschiedener wichtiger Themengebiete gezielt Experten suchen, um im Rahmen von Vorträgen mehr über die aktuellen Trends und/oder wissenschaftliche Erkenntnisse zu erfahren – wir werden in gemeinsamen – womöglich auch kleineren Fachgruppen – „best practice“-Modelle ausarbeiten – wir werden ein gutes Netzwerk aufbauen

DIENSTAG, 19.01.2010

Baden-Württemberg

Fotos: Thomas Kuntze; Systaic AG; BPM

Die erste BPM-Regionalgruppe gründete sich am 19. Januar in der Stuttgarter Hochschule für Technik. Silke Jensen vom BPM-Präsidium eröffnete die Veranstaltung mit einem Vortrag zur Verbandsarbeit. Die anwesenden Mitglieder wählten anschließend Dr. Herbert Schlotter, Leiter Konzernpersonal bei Wüstenrot & Württembergische AG, zum Leiter. Im öffentlichen Teil verfolgten rund 120 Teilnehmer einem Podiumsvortrag von Prof. Dr. Hans Peter Kempkes zum Thema „Potentialanalyse von Mitarbeitern“.

Nächstes Regionaltreffen: 16. März 2010, Liebherr-Hausgeräte Ochsenhausen GmbH 96

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„Wir Personalmanager müssen unsere Rolle neu definieren“ Dr. Herbert Schlotter, Leiter Konzernpersonal, Wüstenrot & Württembergische AG Herr Dr. Schlotter, wie haben Sie das Gründungstreffen in Stuttgart und Ihre Wahl zum Gruppenleiter erlebt? Das Gründungstreffen war eine interessante Veranstaltung, weil es ein Zusammentreffen engagierter und interessierter Kolleginnen und Kollegen war. Die branchenübergreifende Zusammensetzung eröffnet die Möglichkeit zur Entwicklung übergreifender Ansätze und Positionierungen. Als Regionalgruppenleiter werde ich versuchen, diese positiven Voraus-

DIENSTAG, 09.02.2010

Berlin / Brandenburg Die Berliner Regionalgruppe gründete sich im Beisein der BPM-Präsidiumsmitglieder Cornelia Hulla und Malte Hansen in den Räumen des ESCP Europe Campus. Zur Leiterin wählten die Mitglieder Manuela Piehl, Bereichsleiterin Personal bei der PIN Mail AG. Im darauffolgenden öffentlichen Teil sprach Prof. Dr. Marion Festing, Inhaberin des Lehrstuhls für Human Recource Management und interkulturelle Führung der ESCP Europe, vor etwa hundert Teilnehmern zum Thema „Globalisierung und die damit verbundenen Herausforderungen für das Personalmanagement“.

Fotos: Wüstenrot & Württembergische AG; Moritz Vennemann

Nächstes Treffen: 09. März 2010, NH Hoteles Berlin-Friedrichstraße

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setzungen für die Entwicklung in der Regionalgruppe zu nutzen und zu fördern. Welche konkreten Erwartungen haben Sie an Ihre Regionalgruppe und deren Mitglieder? Konkret erwarte ich von den Mitgliedern möglichst rege Beteiligung an den Regionalgruppentreffen sowie an der inhaltlichen Arbeit in den noch zu gründenden themenbezogenen Ausschüssen. Was sind die größten Herausforderungen, denen sich Personalmanager in Baden-Württemberg stellen müssen? Die Herausforderungen beziehen sich wahrscheinlich nicht nur auf Personalmanager in Baden-Württemberg: Ich glaube, wir Personalmanager müssen unsere Rolle teilweise neu definieren und noch deutlicher aufzeigen, dass die Personalarbeit tatsächlich und nachhaltig zum Unternehmenserfolg beiträgt. Außerdem werden wir uns auf den Wertewandel im Zusammenhang mit jüngeren Generationen an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einstellen müssen. Des Weiteren stehen die Themen „Werteorientierte Führung“ und „Change Management“ ganz oben auf der Agenda.

„Ein Fundament an Dynamik“ Manuela Piehl, Bereichsleiterin Personal mit Prokura, PIN Mail AG Frau Piehl, wie haben Sie das Gründungstreffen in Berlin und Ihre Wahl zur Regionalgruppenleiterin erlebt? Die Sitzung habe ich so erlebt, wie es hoffentlich die anderen Teilnehmer auch erlebt haben: Wir können auf ein Fundament an Dynamik und Engagement setzen und müssen nicht erst ein Gemeinschaftsgefühl schaffen – es herrschte unverkennbar. Die eigene Wahl hat mir gespiegelt, dass es richtig ist, sich für den BPM zu engagieren und dass es richtig ist, sich in Regionalgruppen zu organisieren. Welche konkreten Erwartungen haben Sie an die Mitglieder der Berliner Regionalgruppe? Wir wollen etwas bewegen, den Berufsstand attraktiv machen, für die Wertschätzung von Personalern und für die Annerkennung ihrer Fachlichkeit eintreten. Diese Ziele sollten durch unsere Mitglieder, orientiert an den Chancen, die in dieser Region stecken, anerkannt und aktiv unterstützt werden. Was sind für Sie die größten Herausforderungen, denen sich Personalmanager in der Hauptstadtregion stellen müssen? Die Hauptstadt und ihr Umland leben von den Impulsen des Dienstleistungssektors, des Handels und der Kultur, was gleichzeitig auch ein interessantes Lebensumfeld ausmacht und wir Personalmanager können diese Karte spielen. Allerdings müssen wir das auch, da gerade Positionen in Zukunftsfeldern wie Fotovoltaik, Bionik oder Pharma nur unter Ausnutzung des bundesweiten Potenzials besetzbar sind. 97


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Terminankündigung: März 2010

BPM FORUM Die Veranstaltungsreihe BPM-Forum greift aktuelle und kontroverse Themen aus Politik, Wirtschaft und Medien auf, die für das Personalmanagement von Bedeutung sind. Am 4. März geht es, rund sechs Monate nach der letzten Bundestagswahl, um eine erste Bilanz zur neuen Regierung aus Sicht des Human Resource Managements.

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Erste Bilanz der Bundesregierung Die neue Bundesregierung hat zahlreiche Änderungen in Bereichen angekündigt, die HR-

i am 4. März 2010 Beginn 18:00 Uhr in der Repräsentanz der Bertelsmann AG, Unter den Linden 1, 10117 Berlin. Mitglieder können sich kostenfrei anmelden unter www.bpm.de

Verantwortliche ganz direkt betreffen – sei es im Bereich Familienförderung, Steuergesetzgebung, Bildung, Gesundheitsmanagement oder Datenschutz. Was wurde hier in den ersten sechs Monaten schwarz-gelber Regierungsverantwortung umgesetzt und wohin geht die Reise in den nächsten Jahren? Wie wirksam sind Konjunkturpakete und Kurzarbeit in der Krise wirklich? Ist der deutsche Arbeitsmarkt flexibel genug für die aktuellen Herausforderungen? Wie effektiv wurde bisher die Aus- und Weiterbildung gefördert? Über diese und andere Fragen werden namhafte Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Medien kontrovers diskutieren. Das BPM-Forum bietet somit eine erste Bilanz der Arbeit der neuen Bundesregierung und gibt Antworten auf die wichtigsten politischen Fragen, die Personalmanager und ihre Arbeit direkt betreffen.

Diskutanten:

Dr. Ralf Brauksiepe Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales 98

Cornelia Hulla Mitglied des Vorstandes, Chief Human Resources Officer, Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG

Henrik Müller Moderation: stellvertretender Chefredakteur, mana- Henning Krumrey ger magazin stellvertretender Chefredakteur, WirtschaftsWoche H U M A N

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Fotos: Archiv; BMAS; Moritz Vennemann; Manager Magazin; WiWO

er BPM bietet mit seiner Veranstaltungsreihe „BPM Forum“ eine Plattform, um Debatten über aktuelle, das Personalwesen betreffende Themen zu diskutieren, Ideen auszutauschen und Strategien zu entwickeln – um so konstruktive und innovative Lösungen für das Human Resource Management zu entwerfen und diesen Gehör zu verschaffen. Im ersten Teil unserer Veranstaltungsreihe steht die Bilanz der neuen Bundesregierung nach sechs Monaten Amtszeit im Fokus der Diskussion.


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NEUMITGLIEDER Seit der Gründung im September 2009 zählt der BPM knapp 1200 Mitglieder. Der Verband begrüßt herzlich die im Zeitraum vom 4. 1. bis 8. 2. neu eingetretenen Mitglieder: Nuran Aktas, ppa. Senior HR Consultant Central & Eastern Europe, CHUBB Insurance Company of Europe SE Hermann-Josef Arens, Leiter Personalentwicklung, Stadtwerke Hannover AG Thorsten Ashoff, Head of HR Continental Europe, Lovells LLP Kapt. Thomas Awiszus, Director HR Sea, Beluga Fleet Management GmbH & Co. KG Thomas Baaske, Director Human Resources, QVC Deutschland Inc. & Co. KG Mike Bartmann, Leiter Personal, Sparkasse Mecklenburg-Strelitz Anstalt des öffentlichen Rechts Jörg Bauer, Vice President Human Resources, Altana AG Ulrike Baum, Leiterin Personalentwicklung, Röhlig & Co. Holding GmbH & Co. KG Sylvia Baumann, Head of Humann Resources Europe, E.M. Group Holding AG Susanne Baumgartl, Leiterin Zentrale Steuerung Personal, Stadt Ulm Zentrale Steuerung / Personal Thomas Becke, Leiter Personal und Recht, NWZ-Servicegesellschaft mbH & Co. KG Michael Beecken, Personalleiter, GEA TDS GmbH Thomas Belker, Managing Director Corporate Human Resources, OBI Group Holding GmbH Frank Bender, HR Shared Services Manager, Cargill Deutschland GmbH Katja Benninghaus, Recruiter / HR-Specialist, Cerner Deutschland GmbH Frank Bensch, Leiter Personal, Wellergruppe GmbH & Co. KG Katharina Benson, Personalleitung, Globetrotter Ausrüstung Denart & Lechhart GmbH Dr. Silvia Bentzinger, Personalleiterin, Textilkontor Walter Seidensticker GmbH & Co. KG Nicole Benzler, HR Manager Western Europa, AMWAY GmbH Claudia Beul-Boykin, Leiterin Recruiting / Head of Human Resources, Rücker AG Wulf Bezold, Human Resources Manager, Spirit Link GmbH Markus Blaeser, Leiter Konzernverwaltung und Recht (Chief Administrative Officer), Colonia Real Estate AG Dirk Blesius, Mitglied der Geschäftsleitung Personal und QSHE, Kühne & Nagel AG & Co. KG Kerstin Bliedung, Personalkauffrau, AVL DiTEST GMBH Marie-Rose Boffin, Geschäftsleiterin Personalwesen , dodenhof Posthausen KG Daniela Bosse, HR Manager, PAS Deutschland GmbH Michael Bothe, HAL Personal Recht Haustechnik, Bausparkasse Mainz AG Ingrid Brakels, Geschäftsleitung Personal /

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Organisation, LeasePlan Deutschland GmbH Torsten Brand, Prokurist, Steuerfachwirt, Personalleiter, Zimmer & Schulz Treuhand mbH Thomas Brandt, Vice President Human Resources EMEA, Orica Europe GmbH & Co KG Cornelia Braun-Becker, Bereichsleiterin Personal/Verwaltung/Rechnungswesen/IT, Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands e.V. Alfred Bredthauer, European Human Resources Director, Cofresco Frischhalteprodukte GmbH & Co. K Michael Breig, Director HR& Training, Merck Serono GmbH Ulrich Breimann, Director Human Resources, EMC Deutschland GmbH Matthias Breuhauer, Geschäftsführer, Hotel Prinzregent Daniela Brockmeyer, Leiterin Human Resources, DENIOS AG Christoph Burkhardt, Manager Human Resources, Rudolf Wild GmbH & Co. KG Alfred Burkhart, Abteilungsleiter Personalmanagement, Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken Friedhelm Busch, Leiter Personal, Garz & Fricke GmbH Marc Busch, Personalentwickler, Scania Deutschland GmbH Astrid Buschbacher, Human Resources Manager, BB Promotion GmbH - The Art of Entertainment Ute Buscher, Executive Director Human Resources, TUI Deutschland GmbH Marc Büser, Leiter Personalmanagement, Essener Verkehrs-AG Christian Campe, Leiter Personal und Recht, Stadtwerke Osnabrück AG Annette Coburger, Unternehmensbereichsleiterin Personal, IKK classic Philipp von Cossel, Senior Personalreferent Personalbetreuung und Personalvergütung / -controlling, KfW IPEX-Bank Christine Debellis, Human Resources Generalist, CSL Plasma GmbH Stefanie Diehl, Personalreferentin / HR Manager, Q-Cells International GmbH Cordula Döring, Head HR Oncology, Novartis Pharma GmbH Dirk Dreesen, Personalleiter, team AG Dörthe Drieschner, Human Resources Manager, Olympus Europa Holding GmbH Dirk-Stefan Droste, Senior HR Generalist, Digital River GmbH Clarissa Dubiel, Bereichsleiterin Personal, secunet Security Networks AG Michael Ecker, Director Corporate HR Management, DORMA Holding GmbH & Co. KGaA Markus Eckstein, Head of Labour Relations & Social Policies, Airbus Operations GmbH Jürgen Ehinger, Personalleiter Frankfurt,

Chemetall GmbH Petra Eichhorn-Rau, Leiterin Mitarbeiterservice, Möbel Martin GmbH & Co. KG Daniela Einhäuser, Personalreferentin, EMSA GmbH Veronika Ellenrieder, Abteilungsleiter Verwaltung, Eigenbetrieb Abfallwirtschaft Stuttgart Dr. Christoph Fassbender, Director Human Resources EMEA, MSC.Software GmbH Brigitte Faust, HR Director Employee & Industrial Relations, Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG Norbert Feldhaus, Bereichsleiter Personalund Sozialwesen, Aesculap AG Uta Fendt, Personalmanagerin, G DATA Software AG Anja Fenner, Personalleiterin Bordservice, DB Fernverkehr AG Silke Fey, HR-Manager, SEEBURGER AG Axel Fiedler, Global HR Business Partner & Head of HR Supply Center Berlin, Bayer Schering Pharma AG Michael Fischer, Personalreferent, Viessmann Werke Berlin GmbH Kai Frings, Senior Manager Human Resources, Aareal Bank AG Konzernzentrale Wolfgang Fueter, Leiter Personal Deutschland, Volkswagen Financial Services AG Andreas Gary, Personalleiter, Schaeffler Automotive Aftermarket oHG Klaus Gaumann, Bereichsleiter Personal, KLINGSPOR Management GmbH & Co. KG Christoph Geisler, Verwaltungsleiter, Hertie School of Governance Detlef Georg, Personalleiter, LiebherrHausgeräte Ochsenhausen GmbH Yvonne Gerigk, Personalleiterin HR Service Betreuung/ Rekrutierung, KSB Aktiengesellschaft Jutta Geringhoff-Seckler, Geschäftsbereichsleiterin Personal, CURA Senioren-

wohn- und Pflegeheime Dienstleistungs GmbH MATERNUS Altenheim GmbH & Co.KG Ingo Giese, Leiter Personalentwicklung, Aus- und Weiterbildung Hochschulmarketing, Atlas Elektronik GmbH Simone Glaetzer, Projekt- und Personalmanagement, Tourex Reisen Halle GmbH Kirstin Grabis, Personalleiterin, Essex Pharma GmbH Gabriele Graff, Personalreferentin, Innnere Mission München - Diakonie in München und Oberbayern e. V. Geschäftsbereich Herzogsägmühle Valerie Grass, Personalleitung Central Europe, Scotts Celaflor GmbH / HgmbH Susanne Groß, HR-Manager Region Nord, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Alexander Großer, HR Manager, E.ON AG Stefan Grötecke, Vice President Human Resources Central Europe, Monster Worldwide Deutschland GmbH Heike Grundmann, Personalleiterin, Sparkassenbetriebswirtin, Kreissparkasse Döbeln Andreas Guenther, Director of Human Resources, Hotel Concorde Berlin Andreas Günzel, Personalverantwortlicher, IT Design GmbH Frank Guse, Leiter Personal und Organisation, Arnold Umformtechnik GmbH & Co. KG Olaf Hagen, HR Brand Manager, Accor Hotellerie Deutschland GmbH Irene Halt, Leiterin Personalwesen, WIKUS-Sägenfabrik Marco Hamacher, Personalleiter, Stute Verkehrs-GmbH Anja Hanstein, Personalleiterin, MTS Sensor Technologie GmbH & Co. KG Michael Harenbrock, Leiter Personalma-

Altersstruktur der BPM-Mitglieder Stand 8.2.2010

(ohne Angaben: 159)

449

255 151 40 20-29

8 30-39

40-49

50-59

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nagement, Prokurist, Volksbank PaderbornHöxter-Detmold eG Andreas Heckmann, Leiter Abteilung Personalwesen , EWE NETZ GmbH Anne-Katrin Heger, Vorstand Ressort Personal und Geschäftsprozesse, TELIS Financial Services Holding AG Grit Heilmann, Leiterin Abteilung Personal, Museum für Naturkunde Carsten Heimers, Bereichsleiter Personal, GBW Management GmbH Bayerische Wohnungsaktiengesellschaft Katrin Heinrich, Stellvertretende Leiterin Personal , Unister Holding GmbH Achim Heinzer, HR Director Germany und HST Europe, Sauer-Danfoss GmbH & Co. OHG Ralf Heller, Vice President Human Resources Development, ZF Friedrichshafen AG Michael Hellmold, Referent Compensation & Benefits / Employee Relations, Vodafone D2 GmbH Jana Hellwig, Personalreferentin, Ingenieurbüro Dipl.-Ing. H Vössing GmbH Sabine Hellwig, Personalentwicklung, Kommunikation, Gesellschaft für Leben und Gesundheit mbH Ole Hesse, Direktor Personal, Imtech Deutschland GmbH & Co. KG Beate Gabriele Hild, Personalleiterin, Solvadis GmbH Jens Hildebrand, HR Director North Europe, Faurecia Emission Control Technologies Uwe Hillebrand, Vorstand, OctaVIA AG Petra Hillicke, Personalleitung Berlin / Greifswald, Nokia Siemens Networks GmbH & Co. KG Jens Hoeppe, Leiter Personalmanagement, Bremer Landesbank Kreditanstalt Oldenburg-Girozentrale Dirk Hoffmann, Leiter Personal, Gerolsteiner Brunnen GmbH & Co. KG Jens Höft, Director HR, Logi-K GmbH Tochtergesellschaft der Lieken AG Frank Hollmann, Leiter Personalwesen, Blohm + Voss Shipyards GmbH Petra Hubatsch, Personalleiterin, WINGAS GmbH & Co. KG Michael Hübener, Personalleiter, Drees & Sommer AG Marius Huber, Director Human Resources, Arcadis Deutschland GmbH Jörg Hübner, Gesamtleiter Personal/Human Resources Manager, Ferdinand Bilstein GmbH & Co. KG Michael Hyllan, Leiter Zentrales Personalmanagement, CLAAS KGaA mbH Jürgen Jacob, HR-Director, Faurecia Kunst-

Verhältnis m/w:

stoffe Automobilsysteme GmbH Raphael Jacob, Leiter Human Resources, RLE INTERNATIONAL GmbH Catrin Janßen, Leiterin Zentralbereich Personal, Jungheinrich AG Dr. Sieglinde Jastroch, Head of Human Resources, Orion Pharma GmbH Sabine Jebsen, Leiterin Personalentwicklung, Dalkia GmbH Georg Jennen, General Manager Human Resources & Administration, Mitsubishi Electric Europe B.V. Christian Jenssen, Leiter Zentrales Personalmarketing, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR) Regina Jessel, HR Manager, CHUBB Insurance Company of Europe SE Sabine Jetter, Personalleiterin, Finanz Informatik Technologie Service GmbH & Co.KG Margot Jostock, Manager Human Resources, Mercer Deutschland GmbH Dr. Karl-Heinz Junior, HR-Manager, Norske Skog Walsum GmbH Manuel Justus, Personalleiter, QVC Deutschland Inc. & Co. KG Dr. Simone Kaminski, Mitarbeiterin im Vorstandsbereich Human Resources/Organisation, Dr. Sasse AG Heinz Kammerer, Leiter Personal, HOERBIGER Kompressortechnik GmbH Marko Kämmerer, Head of Human Resources, SEVEN PRINCIPLES AG Gregor Karolus, EVP Human Resources, Springer Science+Business Media Deutschland GmbH Sabina Karsten, Personalleiterin, Nordgetreide GmbH & Co. KG Jörg Kaubek, Mitarbeiterservice & -entwicklung, Iwan Budnikowsky GmbH & Co. KG Volker Kaufels, Personalleiter, RB Verwaltungsgesellschaft Ulrich Kempf, Personalleiter, Schulz Group GmbH Volker Kindler, Leiter operatives und strategisches Personalmanagement, Krones AG Angelika Kirsch, Manager Human Ressources, AEterna Zentaris GmbH Andreas Kledtke, Human Resources Manager, DIESEL Deutschland GmbH Edgar Kleffmann, Director Human Resources, Grass Valley Germany GmbH Dr. Thomas Klein, Geschäftsleitung Personalmanagement, WAREMA Renkhoff SE Melanie Klimpel, Fachmanagerin Personalentwicklung, bofrost* Dienstleistungs GmbH & Co.KG Jürgen Klingebiel, Personalleiter, TAG

Composites & Carpets GmbH Pamela Klohn, HR Development Specialist, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH Solvay Knopf, Personalleiterin, Vorstandsmitglied, Ausbildungsverbund Teltow e.V Bildungszentrum der IHK Potsdam Nina Köble, Personalentwicklerin, Sartorius Corporate Administration GmbH Gerhard Koch, Leiter Human Resources, Federal-Mogul Nürnberg GmbH Diane Koeller, Human Resources Manager Europe, Nordson Holdings S.á r.l. & Co. KG Jürgen Kohl, Leiter Personalwesen, Papierfabrik August Koehler AG Sandra Kolb, Personalmanagement, Akademie Handel e.V. Ralf König, Leiter Personal Deutschland, KAEFER Isoliertechnik GmbH & Co. KG Jörg Kösterke, Personalleiter, Dipl.-Ing. H. Weber GmbH & Co. Oliver Kothrade, General Manager Human Resources & General Affairs, Panasonic Marketing Europe GmbH Jochen Krautter, Leiter Lohnbuchhaltung, Papierfabrik Palm GmbH & Co.KG Stefan Kreh, Prokurist - Leiter Personal, IT und Verwaltung, SEAT Deutschland GmbH Dr. Frank Kreuzer, Bereichsleiter Personal, Stadtwerke Frankfurt am Main Holding GmbH Sabine Krieg, Manager, Human Resources Europe, Digi International GmbH Peter Krumsdorf, HR Business Partner/Personalreferent, Bizerba GmbH & Co. KG Robert Krywalski, Director Human Resources , CMS Hasche Sigle Dr. Christian Kugelmeier, Leiter Personalwesen, MLP AG Axel Kühn, Leiter Zentrale Personal / Führungskräfteentwicklung, Schenker Deutschland AG Sven Kura, Personalentwicklung, Sappi Alfeld GmbH Dr. Hans-Christoph Kürn, Leitung e-Recruiting, Siemens AG Andrea Kusemann, Director Human Resources Business Unit Pharmaceutical Systems, Schott AG Günter Laible, Personal- und Organisationsreferent, Landeskirchenamt der Evang.Luth. Kirche in Bayern Annette Lakas, Teamleiterin Personal, Juris GmbH Juristisches Informationssystem für die Bundesrepublik Deutschland Michael Lau, Personalbereichsleiter, Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GmbH Irina Laufenberg, Fachsbereichsleiterin

Personal, Zollernalb Klinikum gGmbH Knuth Lausen, Leiter Bereich Personal, Investitionsbank Schleswig Holstein Dirk Lehmann, Leiter Personal Zentrale und Vertrieb Deutschland, Jungheinrich AG Katja Lehmann, Leiterin Personalwesen, Friedrich Nettelhoff Kollektoren und Komponenten GmbH Claudia Lehmann-Uthe, Abteilungsleiterin Personalbetreuung / -marketing, Bauerfeind AG Thomas Lehr, Leiter Personalwesen, ECOVIS Wirtschaftstreuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Hauptniederlassung München Jan H. Leverenz, Head of Human Resources & Communication, Vattenfall Energy Trading GmbH Tanja Liese, HR Manager Germany, DLA

Piper UK LLP

Gerhard Lohkemper, HR Director, Kühne & Nagel AG & Co. KG Esther Loidl, Leiterin Personal “Brose Gruppe”, Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG Ulf Lünzmann, Head of HR Management, Dräger Medical AG & Co KG Andrea Maier, Personalreferentin, Kubota Baumaschinen GmbH Dr. Hans Christian Marenbach, Kaufmännischer Leiter und Leiter des Personalwesens, Pflitsch GmbH & Co.KG Stephan Martens, Personalreferent, Johnson Controls Interiors GmbH Manuela Mauch, Personalleitung, Alcan Kapa Beate Mayer, Leiterin Personal und Marketing, ASTORplast Klebetechnik AG Christina Meinel, Personalleiterin und Syndikusanwältin, DMG Deutsche Möbeltransport AG Dott. Giordano Mettus, HR Manager, Mitsui & Co. Deutschland GmbH Tilmann Meyer, Personalleiter Europa / Südafrika, Brose Fahrzeugteile GmbH & Co. KG Lutz Missbach, Leiter Personal, Buschjost GmbH Claudia Mittag, Human Resources, MeetingZone GmbH Svenja Mohn, Personalleitung, CDM Consult GmbH Joaquin Molina, Human Resources Director Germany, Medtronic GmbH Jessica Moryson, Personalleitung, Fahrzeug-Werke LUEG AG Claudia Moschella, Abteilungsleiterin Personalservice, Stadt Esslingen am Neckar Harald Müller, Vice President Area Human

Mitgliederentwicklung 1200 1000 800

449

583

600 400

männlich weiblich

200

Gründung September 2009

150 Oktober 2009

440 November 2009

740 Dezember 2009

1060 Januar 2010

1160 Februar 2010

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Recourses, CA Deutschland GmbH Peter Mustac, Leiter HR Germany, Bucyrus DBT Europe GmbH Siegmar Nesch, Bevollmächtigter des Vorstandes, AOK Baden-Württemberg Anja Neuhaus, Personalreferentin, MTD Products AG Geschäftsbereich WOLFGarten Britta Nienhaus, Personalreferentin, cundus AG Karl-Heinz Nigbur, Human Resources Director, Adecco Personaldienstleistungen GmbH Heike Niggeling, Personalleiterin Werk Berlin, ASSA ABLOY Sicherheitstechnik GmbH David Osterloh, Personalreferent, BVV Versicherungsverein des Bankgewerbes a.G. Alexander Otto, HR Manager , EON Ruhrgas Joachim Owczarek, Abteilungsleiter Personalbeschaffung , Dr. August Oetker KG Holding der Oetker-Gruppe Thomas Petschnig, Personalleiter, Siemens AG Ines Pfefferlen, Personalreferentin , H’Hotelbetriebsgesellschaft mbH Heidemarie Pfeiffer, Personalreferentin, Vattenfall Europe Netcom GmbH Nadine Pieper, Human Resources Manager, SUSE LINUX GmbH/Novell Michael Pinkow, HR Manager Segments/ Sales Growth EMEA, Kennametal Europe GmbH Astrid Podszun, Director Compensation & Benefits Europe/MEA, SCA Hygiene Products SE Kerstin Posselt, Personalleiterin, SwisslogTelelift GmbH Olaf Prange, Personalleiter, Ormazabal Anlagentechnik GmbH Wolfgang Preßler, Personalleiter, Krones AG Katrin Prill, Personalreferentin, Heise Medien Gruppe GmbH & Co. KG Nadja Rathgeb , Leiterin Personalentwicklung, Joachim Behrens Scheessel GmbH Holger Rathke, Head of Human Resources, BCM GmbH Jürgen Rau, Director Human Resources / Prokurist, Mattson Thermal Products GmbH Berthold Remiger, Personalleiter, Medizinisches Zentrum Eichhof Niels Remme, stellv. Konzernpersonalleiter / Leiter Personalentwicklung / Head of HR International, Nehlsen GmbH & Co. KG Rüdiger Rettberg, Geschäftsführer Personal, Arenalingua GmbH Armin von Rohrscheidt, Personalleiter, Carl Zeiss Vision GmbH Jutta Rost, Personalleiterin, Schaeffler KG Dr. Hans-Georg Rottenegger, Vice President Human Resources, Uponor GmbH Michael Röttger, Leiter Personal Deutschland, Veolia Umweltservice GmbH Dr. Frank Rütten, Leiter HR Service Center, Ford-Werke GmbH Norman Sachs, Personalreferent, bofrost* Dienstleistungs GmbH & Co.KG Britta Salinger, Leiterin Personalabteilung, EUROFORUM Deutschland SE Ananda V. Sarma, Director Human Resources & Legal Affairs, Net-Mobile AG Petra Sassenhausen, Abteilungsleiterin Personal, Volksbank Mönchengladbach eG Dieter Schade, Director Human Resources,

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Vetter Pharma-Fertigung GmbH & Co. KG Andreas Schebeler, Regionalleiter Personal, Region Süd-Ost, Kühne + Nagel (AG & Co.) KG Helga Schellenberger, Personaldirektorin, trans-o-flex Schnell-Lieferdienst GmbH & Co. KG Tanja Schilling, Personaldirektorin, buw Holding GmbH Sandra Schimak, Personalreferentin, Deutsche Postbank AG Marlies Schivelbein-Nural, Leiterin Bereich Personal, HSK Rhein-Main GmbH Andreas Schletter, Leiter Personal & EHS, HEW-KABEL Holding GmbH Dietmar Schlug, HR Director, Ineos Phenol GmbH / Ineos Oxide , Ineos Phenol GmbH & Co. KG Marlene Schmid, Leiterin Zentralabteilung Personal/Organisation, Konzern Stadtwerke Neuss Energie und Wasser GmbH Andrea Schmidt, Personalreferentin, Willy Voit GmbH & Co. KG Christine Schmidt, Manager Human Ressource, Intier Automotive Interiors (Germany) GmbH Dino Schmidt, Regional HR Manager Rexam Beverage Can Deutschland, Österreich und Niederlande, Rexam Beverage Can Recklinghausen GmbH Marco Schmidt, Personalleiter, TUI Vertrieb & Service GmbH Arne Schmitte, Geschäftsführer PersonalService Duisburg GmbH, Prokurist/Personalleiter Duisburger Versorgungs- und Verk, Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft mbH Bernhard Schmutzer, Geschäftsbereichsleiter General Business Services, ILF Beratende Ingenieure GmbH Dirk Schneemann, Direktor Personal und Einkauf, TOTAL Deutschland GmbH Annette Schnieders, Personalleiterin, EMP Merchandising HGmbH Angelika Schröder, Leiterin Personalabteilung, Bodden-Kliniken-Ribnitz-Damgarten GmbH Evelin Schulz, Personalleiterin, GDV Dienstleistungs-GmbH & Co. KG Hans-Jürgen Schulz, Leiter Personal, Organisation, Controlling, Stadtwerke Gießen AG Manuela Schulz, Personalleiterin, Johanniter-Krankenhaus im Fläming Treuenbrietzen gGmbH Thomas Schulz, Bereichsleiter Corporate Human Resources, Dachser GmbH & Co. KG Wolfgang Schulz, Leiter Seniorenresidenz, AWO Seniorenzentrum gGmbH Markus Schulzke, Director Human Resources Coherent Europe General Administration, Coherent GmbH Claus Schurr, Leiter Personal, HERMA GmbH Axel Schuster, Personalleiter, E.G.O. Elektro-Gerätebau GmbH Erwin Schwab, Leiter Personal- und Sozialwesen, Dr. R. Pfleger Chemische Fabrik GmbH Olaf Schwan, Director Human Resources, Barkawi Holding GmbH Gaby Schwermer, Personalleitung Süddeutschland, Basell Polyolefine GmbH Friederike Schwettmann, Personalreferentin, bofrost* Dienstleistungs GmbH & Co.KG

Steffen Schwind, Leiter Personalmanagement, Stadtwerke Speyer GmbH Ronald Seiz, Regionaler Personalleiter Region Süd-West, Kühne & Nagel AG & Co. KG Zweigniederlassung Gärting Volker Seubert, Personalleiter Europa Services, Sun Microsystems GmbH Dr. Wolfgang Sonnabend, Personalleiter, Bertelsmann AG Constanze Soppa, Personalreferentin Führungskräfteentwicklung, -betreuung & Veränderungsmanagement, DB Netz AG Olaf Steger, Personalleiter Prinovis Nordstandorte Ahrensburg & Itzehoe, Prinovis Ltd. & Co. KG Karl-Heinz Sternberg, Director Human Resources Continental Europe, Level 3 Communications GmbH Christa Stienen, Head of Corporate People Development, METRO Group Yasmin Stolz, Leiterin Personal & Organisation, BAE Batterien GmbH Gerlinde Ströbel, Director of Human Resources, Hotel Berlin, Berlin - Pandox Berlin GmbH Friedhelm Strucks, Leiter Geschäftsbereich Personal- und Sozialwesen (Prokurist), Kliniken Maria Hilf GmbH Tobias Stückroth, Human Resources Manager, talk2move GmbH Frauke Sturmhoebel, Personalbetreuung, Hamburger Gesundheitshilfe e.V. Veronika Tartemann, Personalleiterin, Weeke Bohrsysteme GmbH Jürgen Teske, Personalleiter, Phoenix Contact Electronics GmbH Ulrich Thalhofer, Leiter Bereich Personal, Liebherr-Aerospace Lindenberg GmbH Jan Theil, Leiter HR & Recht, science + computing ag Yves-Oliver Theisen, Leiter Personalwesen, GEBRÜDER PETERS Gebäudetechnik GmbH Ralf-Peter Thiede, Leiter Service Center Personal, Paul Gerhardt Diakonie e. V., Berlin und Wittenberg Dirk Thiemann, Bereichsvorstand Personal, BKK Gesundheit Petra Thiemann, Personalleiterin, rheingold Institut für qualitative Markt- und Medienanalysen GmbH und Co. KG Ralf Thieme, Leiter Personal, DB ProjektBau GmbH Holger Thies, Human Resources Director, Monier GmbH Frank Tietjen, Leiter Personalmanagement, MT-ENERGIE GmbH & Co. KG Patricia Titze-Fischer, Rechtsanwältin, Bereich Personalverwaltung), hww wienberg wilhelm Partnerschaft Liane Treudler, Personalleiterin, Gesellschaft für Leben und Gesundheit mbH Ina Tschischgale, Leiterin Personal, Mediengruppe Oberfranken GmbH & Co. KG Andreas Uredat, Dispositionsleiter, KURT Zeitarbeit GmbH Carmela Vaturro, Personalreferentin, HOYER GmbH Christian Vilmar, Director Human Resources, Thermo Electron (Karlsruhe) GmbH Vera Vogel, Manager Human Resources, Mitsubishi Electric Europe B.V. Ulrich von Falkenhayn, Leitung Personal, Basler Versicherungen Maja Voss, Assistenz der Geschäftsführung (inkl. aller Personalangelegenheiten), Tintometer GmbH

Stefan Waldschmidt, Gesellschafter, Geschäftsleitung Personal, Pharmaserv GmbH & Co. KG Reinhold Wege, Director Human Resources, The Nielsen Company GmbH Dr. Klaus Weigeldt, Head of HR, Skandia Retial Europe, Skandia Lebensversicherung AG Birgit Maria Weinländer, Kaufmännische Leitung + Personalleitung, ILIOTEC Solar GmbH Jörg Wendler, Leiter Vergütung und Sozialwesen, Aon Jauch & Hübener Holdings GmbH. Oliver Wenzel, Manager HR, NIKKISO Europe GmbH Elisabeth Westlin, HR Director, SCA Packaging Region Germany&Switzerland and Region Central Gregor Wetekamp, Head of Assignment Group, Uhde GmbH Christian Wetzel, Personalleiter, Trägergesellschaft der Evangelischen Stadtmission Heidelberg e.V. Sandra Widmaier, Direktorin Konzern Personal, Otto GmbH & Co. KG Angelika Wiener, Personalleiterin, CocaCola Erfrischungsgetränke AG Steffi Wieseke, Personalreferentin, Sagem Orga GmbH Dirk Wiethölter, Personalvorstand / Arbeitsdirektor, Essanelle Hair Group AG Peter Wild, ZBL Mitarbeiter, stv. Vorstandsmitglied, Sparkasse im Landkreis Schwandorf Gisela Willmes, Area Director Human Resources, Germany, The Ritz-Carlton, Berlin & Wolfsburg Frank Winter, Personalleiter, Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. Dr. Michael Winter, stellvertretender Verwaltungsdirektor,Leiter Hauptabt. Personal, Zweites Deutsches Fernsehen Holger Wisch, Leiter Personal, Delta Lloyd Deutschland AG Marcus Oliver Wittig, Geschäftsführer Personal-Service , Duisburger Versorgungsund Verkehrsgesellschaft mbH Irmgard Wölkhammer, Leiterin Zentralbereich Personal, Sparkasse Fürstenfeldbruck Matthias Wossidlo, Mitglied der Geschäftsleitung - Personal / Organisation,, PTA Programmier-Technische Arbeiten GmbH Eva Wüllner, HR Director, Lindab-Astron S.A Dirk Zangerl, Teamleiter Personalbetreuung/-entwicklung, Central Krankenversicherung AG Stefan Zapfe, Director HR Strategy and Business Transformation, Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG Markus Zeiler, Personalreferent , Harman Becker Automotive Systems GmbH Sven Zeising, Head of HR Germany / Global Business Partner HR, UCB Pharma GmbH Michael Ziegler, Leiter Zentrale Personaldienstleistungen, SIAG Schaaf Industrie AG Irina Zimmerer, Senior HR Business Partner, Atradius Collections Walter Zimmermann, Bereichsleiter Maschinenbau, IQ Intelligentes Ingenieur Management GmbH Barbara Zoet, HR Manager, Fidelity International FIL Investment Services GmbH Dr. Christine Zwinger, Leiterin Personalmanagement, agentes AG

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BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

DIE ZUKUNFT DER KURZARBEIT – ELF THESEN Der BPM fordert, die Kurzarbeit als verlässliches Instrument für Unternehmen und Arbeitsmarkt zu etablieren und will mit folgenden Thesen zur Diskussion beitragen. Vom Präsidium des Bundesverbandes der Personalmanager

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Kurzarbeit ermöglicht schnelles unternehmerisches Handeln.

Kurzarbeits-Regelungen stimulieren Neueinstellungen.

Unvorhergesehene Auftragseinbrüche, plötzliche Lieferengpässe oder akute Absatzschwierigkeiten, die voraussichtlich nicht von Dauer sein werden, können schnell und überraschend zu Personal-Überbestand führen, dem Unternehmen weder mit Entlassungen (oder gar Interessenausgleich und Sozialplan) noch „weichen“ Maßnahmen (Mehrarbeits- und Urlaubsabbau o. Ä.) adäquat begegnen können.

Die Einstellung von Stammbelegschaft stellt insbesondere bei unvorhersehbaren Wirtschaftsverläufen ein ökonomisches Risiko für Unternehmen dar. Kurzarbeit führt dazu, dass Unternehmen bereitwilliger einstellen, da sie auf unvorhersehbare Krisenzeiten flexibel, angemessen und risikoarm reagieren können.

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Die Alternative zu Kurzarbeit ist nicht Vollzeit, sondern Leiharbeit. Den Unternehmen muss das Instrument der Kurzarbeit schnell und leicht handhabbar zur Verfügung stehen. Als Alternative zum Erhalt der personalwirtschaftlichen Flexibilität müssten sie verstärkt auf Leiharbeit (und darüber hinaus Subunternehmer, freie Mitarbeiter und geringfügig Beschäftigte etc.) setzen.

Kurzarbeit ist wichtig für die Arbeitgeber-Attraktivität. Gerade in Zeiten des (heraufziehenden oder schon akuten) Fachkräftemangels ist es wichtig, für vorhandene und potenzielle Mitarbeiter attraktiv zu bleiben. Das Image eines Arbeitgebers wird in der Krise maßgeblich davon bestimmt, ob er seiner Belegschaft langfristige Arbeitssicherheit bieten kann. Aus Sicht der Belegschaften gewinnt die Arbeitssicherheit zukünftig noch an Bedeutung. Kurzarbeit kann so für den gesamten Wirtschaftsstandort Deutschland einen Imagebeitrag leisten.

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Kurzarbeit mildert die Schwächen des Kündigungsschutzrechts. Das deutsche Kündigungsschutzrecht ist komplex, bürokratisch und risikobehaftet; insbesondere die wirtschaftlichen Folgen sind meist schlecht kalkulierbar. Deshalb ist es aus Sicht der Unternehmen erstrebenswert, betriebsbedingte Kündigungen durch Kurzarbeit möglichst zu vermeiden.

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Kurzarbeit ermöglicht nachhaltige Personalarbeit.

Wir Personalmanager wollen nachhaltige Maßnahmen zur Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern mit Schlüsselqualifikationen (z. B. der Innovationsbelegschaft) weiterführen, selbst wenn die aktuelle wirtschaftliche Lage eher für einen Personalabbau sprechen würde. Der staatlichen Förderung zur Weiterbildung genutzter Kurzarbeit kommt dabei eine gewichtige Rolle zu.

H U M A N

R E S O U R C E S

M A N A G E R


BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

In jeder Ausgabe des Magazins „Human Resources Manager“ wird an dieser Stelle ein Thesenpapier des BPM zu drängenden Themen des HR-Managements veröffentlicht.

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Kurzarbeit schützt intakte Unternehmenskulturen.

Entlassungen haben verheerende Folgen für die Unternehmenskultur. Sie lösen auch bei den verbliebenen Mitarbeitern Ängste, Schuldgefühle oder gar Wut aus; Verluste in der Motivation, der Lernbereitschaft und der Bindung an das Unternehmen sind die Folgen. Hiervon erholen sich Unternehmen häufig nur sehr mühsam. Kurzarbeit, die Mitarbeiter „an Bord“ hält, vermeidet diese Effekte.

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Kurzarbeit passt systemgerecht in die soziale Sicherung. Die Regelungen der Kurzarbeit sind in die Systeme der sozialen Sicherung eingepasst und verhindern mögliche Verwerfungen mit unabsehbaren Langzeitfolgen (Stichwort „Altersarmut”). Darüber hinaus vermeiden sie plötzliche und punktuelle Belastungen dieser Systeme beispielsweise der Arbeitslosenversicherung, die den Bundeshaushalt mittelfristig weitaus schwerer belasten würden als die zur Kurzarbeit bereitgestellten Mittel.

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Kurzarbeit bedeutet Konsens statt Konflikt. Für die Einführung und Ausgestaltung der Kurzarbeit ist das Einvernehmen mit den Arbeitnehmervertretern erforderlich. In vielen Unternehmen gelten zudem tarifliche oder betriebsverfassungsrechtliche Regelungen. Auch in betriebsratslosen Unternehmen lösen Entlassungen Widerstände aus, die die einvernehmliche Einführung von Kurzarbeit umgeht.

Foto: www.marco-urban.de

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Kurzarbeit heißt Solidarität.

Neben den Mitarbeitern des Betriebes in Kurzarbeit leistet auch die Versichertengemeinschaft einen solidarischen Beitrag zur Überwindung der temporären Krisensituation. Die – zumindest bislang noch – friedliche Stimmung in Deutschland ist wesentlich darauf zurückzuführen, dass viele soziale Härten vermieden oder abgefedert werden konnten. Kurzarbeit hat Hunderttausende Arbeitsplätze in Deutschland bewahrt und den Anstieg der Arbeitslosenquote im internationalen Vergleich signifikant gedämmt. Geteiltes Leid ist eben doch halbes Leid.

F E B R U A R / M Ä R Z

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Kurzarbeit ist volkswirtschaftlich sinnvoll.

Die Bundesagentur für Arbeit und die führenden Wirtschaftsinstitute sind sich darin einig, dass die aktuellen Folgen der Weltwirtschaftskrise für den Arbeitsmarkt in Deutschland vor allem wegen der Kurzarbeit vergleichsweise milde ausgefallen sind. Die mittelbaren und langfristigen Folgen von Entlassungen sind allemal belastender für die Allgemeinheit als die vorübergehende Subventionierung von prinzipiell zukunftsträchtigen Arbeitsplätzen. Der BPM fordert deshalb die BA auf, eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Analyse zu erstellen, damit die Diskussion versachlicht wird und die monetären Wirkungen der Kurzarbeit transparent gemacht werden.

In der nächsten Ausgabe des „Human Resources Manager“ wird der ehemalige Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) im Interview zu den Thesen des BPM Stellung beziehen.

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LETZTE SEITE

GEORDNETES CHAOS

Personalführung jenseits ausgetretener Pfade

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ktober, minus zwei Grad, Regen. Fernseh-Regisseurin Christiane Balthasar steht mit ihrer Crew auf einer nassen Wiese. Die Hauptdarstellerin trotzt in einem luftigen Kleid der Kälte, denn gedreht wird ein Sommerfest. Drei Mal musste Balthasar den Drehtermin verlegen, weil Schauspieler krank geworden waren. Das Sommerfest fällt damit in den Herbst. „Der Dreh verlief ganz anders als geplant“, erzählt die Regisseurin. Sorgen macht ihr das nicht. „Wer beim Film arbeitet, muss belastbar und flexibel sein – ob als Schauspieler, Kameramann, Stuntman oder Fahrer.“ Die Regisseurin muss ein Personalmanager von ganz besonderer Qualität sein. Denn als Chefin an einem Fernseh-Set koordiniert Balthasar das scheinbare Chaos. „Personalführung ist neben der Technik entscheidend, damit ein Film trotz eines straffen Zeitplans gelingt“, weiß sie. Dabei ist sie nicht nur Recruiter, sondern auch Controller, Coach und Motivator. Kann Balthasar Teile des Teams selbst auswählen, entscheidet sie sich gern für Personen, mit denen sie bereits zusammen gearbeitet hat. So erspart sie sich während des Drehs Zeitverlust durch Diskussionen, weil sie die Stärken der Schauspieler, Techniker und Helfer schon kennt. Doch nicht immer bekommt Balthasar ihre Wunschbesetzung. „Ich muss mich natürlich an das vorgegebene Budget halten.“ Am Set müssen alle Beteiligten wie ein eingeschworenes Team funktionieren. Jeder soll sich seiner Rolle beim Dreh bewusst sein und sie eigenverantwortlich ausfüllen. Balthasar delegiert Verantwortung gern, sie kann sich nicht

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Die Regisseurin ist Recruiterin und Coach gleichzeitig

um alles gleichzeitig kümmern. Doch selbst wenn jeder sein Bestes gibt, kann viel schief gehen. Manchmal sind ganz einfache Dinge entscheidend: „Kommt das Essen zu spät, kippt die Stimmung der Crew“, sagt die Regisseurin. Zwei Drittel ihrer Arbeit erledigt Balthasar schon vor dem Beginn des Drehs. Wenn alle am Set sind, sollen so wenige Fragen wie möglich offen sein. Jeder Bereichsleiter bekommt deshalb vorab von der Regisseurin klare Anweisungen. Balthasar geht mit Drehbuchautoren das Skript durch, mit dem Kameramann jede Einstellung, mit den Schauspielern jede Szene. Wenige Tage vor Drehbeginn schwört Balthasar nochmals die Führungscrew ein. Aus der Organisationswut und Anspannung wird Vorfreude. Gute Stimmung und ein Gemeinschaftsgefühl sind wichtig für das Gelingen des Projekts. Viel tun muss die Regisseurin dafür meist nicht. Denn in der Filmbranche gehört es zum Job, sich immer wieder auf ein neues Team einzustellen – und auch Anstrengungen klaglos auszuhalten. „Die Stimmung ist meist sogar dann gut, wenn wir vier Nächte im Schneeregen drehen und körperlich vollkommen erschöpft sind“, sagt die Regisseurin. „Alle sind es gewohnt, sich regelmäßig am Filmset zu verausgaben.“ Gibt es doch einmal Probleme, geht Balthasar sie gern mit Humor an. „Kompetenz ist die Grundlage, gemeinsames Lachen führt aber zusammen“, sagt sie. Manchmal aber führt die diplomatische Art nicht zum Ziel. Dann greift Balthasar durch. „Am Ende sage ich, was zu machen ist“, stellt sie klar. „Und wer nicht mitzieht, muss gehen – wie in jedem Unternehmen.“ skr

H U M A N

R E S O U R C E S

M A N A G E R

Fotos: Christine Schroeder (2); www.dreamstime.com

Christiane Balthasar ist Regisseurin, drehte bereits Folgen von „Tatort“ und „Polizeiruf 110“. Sie ist die Chefin am Set, kümmert sich um den Drehplan, führt Schauspieler und Techniker – damit alle an einem gemeinsamen Ziel arbeiten.


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