Human Resources Manager 05 2011

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MAGAZIN FÜR HUMAN RESOURCES MANAGEMENT • OKTOBER/NOVEMBER 2011 • WWW.HUMANRESOURCESMANAGER.DE • ISSN 1869-5116 • EUR 11,40

Was sehen Sie?

20 Fragen zum Thema Wandel



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EDITORIAL

EINE SACHE DER EINSTELLUNG W

olken haben etwas Beeindruckendes. Sie entstehen, lösen sich wieder auf, verändern sich, nehmen – vom Wind getragen – immer wieder neue Formen an. Es lohnt sich, ein solches Naturschauspiel in Ruhe zu beobachten. Es gibt Menschen, die die Veränderung selbst als erstrebenswert erachten, für sie ist das Ziel des Wandels sekundär. Für die meisten jedoch gilt das nicht. Wenn Wandel, dann bitte mit einem klar definierten Ergebnis. Mit einer Veränderung verbindet sich in der Regel die Erwartung, dass es besser wird. Manchmal ist es aber nicht mehr als eine vage Hoffnung auf Besserung. Die allein kann jedoch schon ausreichen, um einen Wandel zu initiieren, auch wenn dieser Risiken in sich birgt. Ab und an ist der gegenwärtige Zustand so inakzeptabel, dass nur ein Neuanfang bleibt. „Ich weiß nicht, ob es besser wird, wenn es anders wird. Aber es muss anders werden, wenn es besser werden soll“, sagte einst der Schriftsteller und Mathematiker Georg Christoph Lichtenberg. Durch gute Planung und Vorbereitung lässt sich freilich das Ungewisse auf ein Minimum reduzieren. Dies trifft nicht nur auf die Lebensveränderung eines Menschen zu, sondern auch auf den Wandel von Unternehmen. Gleichzeitig werden Vorbereitungen generell schwieriger, da die Taktzahl der Veränderungen doch spürbar zunimmt. Dennoch: Es geht immer weiter. „In meinem Arbeitsumfeld ist das einzig Beständige die Veränderung“, sagt beispielsweise Brigitte Hirl-Höfer, Personalchefin bei Microsoft

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Deutschland. Wenn die Veränderung an der Tagesordnung ist, dann ist wohl entscheidend, wie wir grundsätzlich zu Veränderungen stehen, welche Einstellungen wir haben und von welcher Perspektive aus wir die Veränderung betrachten. Es lässt sich leichter leben, wenn wir akzeptieren können, dass nichts so bleibt, wie es ist. Es sind dynamischen Zeiten: Unternehmen verändern sich immer schneller und öfter – neue Geschäftsfelder, andere Strukturen, neues IT-System oder gar eine neue Kultur. Im Grunde genommen geht es heutzutage darum, flexibel zu bleiben. Eine Unternehmenskultur, die dem Wandel grundsätzlich offen, ja vielleicht sogar positiv gegenüber steht – dazu kann das HR-Management einen wichtigen Beitrag leisten. Und Personaler sollten mitgestalten, wenn es um die Fragen geht: Wie stellen wir uns zukünftig auf? Was muss getan werden, dass die Mitarbeiter die Veränderung als transparent wahrnehmen? Der beschleunigte Wandel betrifft nicht nur Beschäftigte und Unternehmen. Auch ganze Branchen sind tiefgreifenden Veränderungen ausgesetzt, Berufsbilder ändern sich, Führungsverhalten oder Werte. Und all diese verschiedenen Entwicklungen müssen Manager antizipieren. Das kann in einer komplexen Welt kein einzelner Leader machen, dafür braucht es ein Team – inklusive HR. Jan C. Weilbacher Chefredakteur jan.weilbacher@humanresourcesmanager.de

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I N H A LT

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AKTUELL 8

WA N D E L 16

Überblick

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Prolog

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Alles neu Unternehmen stehen unter Druck, sich ständig wandeln zu müssen

Geniale Systeme Heiko Roehl, Experte für Organisationen, im Interview

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Hektische Zeiten

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Im Gespräch mit Richard Pott, Personal- und Strategievorstand der Bayer AG 33

Gelungener Wandel

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Diplomatisch Personaler können Veränderungen im Unternehmen als Vermittler unterstützen

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42

47

Ganz anders

Eine Frage der Macht Change-Projekte scheitern oft nicht an der Belegschaft, sondern am Widerstand des Managements

55

Was sind die Erfolgsfaktoren bei Change-Projekten?

Pro + Contra Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführerin Gabriele Sons und Martina Perreng, DGB-Referatsleiterin, über befristete Arbeitsverträge

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30

Personalführung? Wie viel Herzensangelegenheit gute Führung wirklich ist

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Warum mögen Menschen keine Veränderungen und welche neuen Entwicklungen faszinieren? Wir haben verschiedene Personen einmal gefragt Seite 16

Verzweifelt gesucht Nachfolger für Unternehmen in den neuen Bundesländern sind schwer zu finden

10

PERSPEKTIVEN

Unter die Haut Der Neurobiologe Gerald Hüther im Interview über Möglichkeiten und Begeisterung

58

Schnelles Geschäft Die Energieversorger müssen sich immer wieder neu aufstellen – eine Herausforderung auch für HR

Die Profession des Personalers hat sich über die Jahre völlig gewandelt

62

In eigener Sache

65

Es geht zusammen Im Gespräch mit CommerzbankPersonalvorstand Ulrich Sieber

Umsatteln

Mitarbeiter müssen mehr Verantwortung für die eigenen Kompetenzen übernehmen

Warum es sich lohnt, beruflich auch mal neue Wege zu gehen

Aus und vorbei

IM FOKUS

Warum Quelle letztendlich untergehen musste

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Teamwork HR rückt mehr in den Fokus der Öffentlichkeit – hilfreich ist da die eigene Presseabteilung

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POTENZIALE

PERSÖNLICHKEIT

Der Neurobiologe Gerald Hüther zu den Entwicklungsmöglichkeiten, die in uns stecken Seite 55

Jürgen Holeksa, Personalvorstand der ZF Friedrichshafen AG, über die Zukunft des Automobils und seine ersten Berufsjahre Seite 110

74

Immer und überall Die Personalarbeit wird dank Smartphones und Tablets mobiler

Eine neue Rolle

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Von den Vorteilen der Professionalisierung der Personalarbeit 80

Fotos: www.simon-katzer.de; Robert Haas; Privat

Medienforum

107

Coaching Days

Termine

Die nächsten Workshops 108

Neumitglieder

FRAGEBOGEN 110

Bescheidenheit

Erfolgsmessung

94

Aktuelle Urteile

Highlights des ersten Recruiting Controlling Reports 2011

96

Wichtiger Baustein

Jürgen Holeksa, Personalvorstand der ZF Friedrichshafen AG

Das Arbeitsrecht spielt beim Employer Branding eine bedeutende Rolle

RUBRIKEN

Backgroundcheck Sandra Kuisl, Leiterin Personal Deutschland bei der Performance Fibers GmbH

86

Regionalgruppen

RECHT

LAUFBAHN 84

104

Lesenswertes rund ums Personalmanagement

A N A LY S E 78

90

PRAXIS

VERBAND 100

Quoten

3 6 14 88

Editorial Kolumne: Home Office Kolumne: Change Impressum

BPM-Präsidiumsmitglied Malte Hansen über die Arbeitsgruppe „Women up!“

Hire & Fire Die wichtigsten Wechsel im Bereich HR-Management 102

Nachgefragt Inwieweit können und müssen HR-Manager heutzutage auch Change Manager sein?

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KOLUMNE

B

in ich schön? Diese Frage ist Ob das auch die ehemalige Citigroupfür Ihre Karriere und Ihre Bankerin Debrahlee Lorenzana so Zufriedenheit durchaus sieht? Sie behauptete im vergangevon Bedeutung. Also nicht, nen Jahr, dass sie entlassen worob ich schön bin, sondern ob Sie den sei, weil sie zu gut aussehe. es sind. Genauer gesagt, geht es Die Chefs konnten sich bei ihdarum, ob die anderen Sie schön rem Anblick nicht mehr auf die finden. Arbeit konzentrieren, weshalb Glaubt man einer Studie, die sie aufgefordert wurde, keine vor Kurzem beim Institut zur enge Kleidung mehr zu tragen. Zukunft der Arbeit (IZA) erSie gab sich Mühe, möglichst HOME OFFICE unscheinbar zu erscheinen. schienen ist, lässt sich ein ZuDoch, so sagte die junge Frau sammenhang von Schönheit einer Zeitung, hätte sie auch und Karriere nicht leugnen. in einer Papiertüte kommen Die Wissenschaftler kommen können, „es hätte keinen Unzu dem Ergebnis, dass gutes terschied gemacht“. Aussehen den wirtschaftliDem Fall der amerikanichen Erfolg steigert und sich schen Bankerin zum Trotz: Die damit positiv auf die indiviMehrheit wissenschaftlicher duelle Lebenszufriedenheit Studien sagt klar, dass es schöauswirkt. „Schöne Menschen ne Menschen grundsätzlich erzielen materielle Vorteile vor leichter haben im Leben. Sie allem dadurch, dass ihr Aussekriegen früh Bestätigung und zeigen sich dadurch selbstbehen auf dem Arbeitsmarkt honoriert wird.“ wusster, ihnen wird mehr zugetraut. „Wir leben in einer Welt Schöne Menschen sind also erfolgreicher – und damit der Bilder“, sagt die Hamburger BWL-Professorin Sonja Biglücklicher. Bei der Vorstellung des Glücksatlas 2011 im Sepschoff. Und der FAZ erzählte sie einst von einem Fall aus eitember hieß es, Glück bestehe aus vier Gs: „Gesundheit, Gener großen Bank, die ein neues Vorstandsmitglied suchte. Eine selligkeit, Geld und Genetik.“ Hinter diesem letzten G könnte Frau, die für den Job qualifiziert gewesen wäre, hatte man. Die sich unter anderem die Schönheit verbergen. Ansonsten dürfEntscheider der Bank befanden sie allerdings für zu dick. te es wenig überraschen, dass sich Gesundheit, ein Partner, Mann – und auch Frau – darf sich nichts vormachen: SchöFreunde und ein guter Job positiv auf die Zufriedenheit ausne Menschen sind erfolgreicher und zufriedener. Umgekehrt wirken. Kinder haben allerdings keinen großen Einfluss auf geht es jedoch vermutlich ebenfalls – ein bisschen. Menschen, das persönliche Glück. Die Forscher vermuten, dass sich die die mit sich selbst im Reinen sind, strahlen das aus und wirken Freude über Kinder durch die finanzielle Belastung und die so auf ihre Umgebung attraktiv. Schwierigkeit, Kinder und Beruf zu vereinbaren, neutralisiert. Demzufolge ist Deutschland schön. Denn, so hieß es bei der Zudem – und das kann ich aus eigener Erfahrung sagen – maPräsentation des Glücksatlas 2011, die Grundstimmung der chen Kinder durch die vielen schlaflosen Nächte hässlicher. Deutschen sei erstaunlich gut. Ein Grund womöglich, warum ich beruflich nicht mehr weiter Doch die Zufriedenheit ist in Deutschland sehr unteraufsteige.Vielleicht sollte ich aber auch mehr mein erotisches schiedlich verteilt. So leben laut Studie in Hamburg die glückKapital einsetzen. lichsten Menschen und in Thüringen die unglücklichsten. ErDazu rät die Soziologie-Professorin Catherine Hakim schrocken fragte die Thüringische Landeszeitung deshalb: – also sie rät es den Frauen. Sie sollen ihr erotisches Kapital „Was ist nur mit den Thüringern los?“ Na ja, die Arbeitsloseneinsetzen, um beruflich voranzukommen. Schließlich, so sagt quote ist halt wesentlich höher als in Hamburg. Zudem sind die Londonerin, setze man doch ebenfalls die eigenen Qualifidie Einkommen niedrig und die Vermögensrücklagen gering. kationen sowie die sozialen Kontakte ein für die Karriere.WarDoch trotz aller Unzufriedenheit können sich die Thürinum nicht ebenfalls die eigene Attraktivität? Frauen schrecken ger damit trösten, dass die Männer und Frauen in dem kleidavor zurück, obgleich sie charmanter sind und eine höhere nen Bundesland als die schönsten in Deutschland gelten. Ich soziale Intelligenz als Männer haben – sagt Catherine Hakim. nenne nur mal: Eva Padberg (Fotomodel), Yvonne Catterfeld Ihrer Ansicht nach bringt physische Schönheit enorme Vortei(Schauspielerin), Thomas Hübner alias Clueso (Sänger), Jule. Sie macht die Personen überzeugender, fördert die Koopedith Hesse (Eisschnellläuferin) und – meine Freundin. ration unter Kollegen, zieht Kunden an und verkauft leichter Jan C. Weilbacher Produkte. 6

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AKTUELL

IST DA JEMAND? In den neuen Bundesländern gehen in den nächsten Jahren ungewöhnlich viele Firmenchefs in den Ruhestand. Nachfolger sind schwer zu finden.

D

ie Firma von Bernd Körber läuft gut, sehr gut sogar. Zehn Angestellte hat der 53-Jährige und einen Jahresumsatz von knapp einer Million Euro. 1993 wurde das Unternehmen im sachsen-anhaltinischen Bad Lauchstädt gegründet, ein Baustoffhandel. 2002 kam ein zweiter Standort im nahegelegenen Merseburg hinzu. Körber plagen nun seit zwei Jahren gesundheitliche Probleme, „der Rücken macht nicht mehr mit“. Er sucht einen Nachfolger – und das bereitet ihm mehr Probleme als der Rücken. In zwei Jahren haben sich insgesamt vier Bewerber gemeldet, keiner kam als Nachfolger in Frage, entweder fehlte das Geld oder das Fachwissen. Körbers Problem ist nicht seine Firmenbilanz, sondern der Sitz des Unternehmens: Ostdeutschland. Hier haben tausende Unternehmer ähnliche Probleme wie Körber, und sie sind weit stärker betroffen als Firmenchefs im Westen. In den neuen Bundesländern beginnt in der Wirtschaft eine Zeit der Übergaben. Da in den Jahren nach 1990 viele Menschen die neue Möglichkeit nutzten, ein Unternehmen zu gründen, meist im Alter zwischen 30 und 50, gehen in naher Zukunft außergewöhnlich viele Unternehmer in den Ruhestand. Fast alle brauchen sie Nachfolger für die Unternehmensführung. Dem erhöhten Angebot stehen weniger potenzielle Nachfrager entgegen, da aus den meisten ostdeutschen Städten junge, gut ausgebildete Leute wegziehen. 8

»Die volkswirtschaftlichen Risiken sind beträchtlich.« Isabel Siebert, Wirtschaftsministerium Sachsen

Auch Bernd Körber kennt die Zahlen. Lebten in Merseburg zur Wende noch 43.000 Einwohner, sind es heute knapp ein Viertel weniger. „Das macht sich bemerkbar bei der Suche nach einem Nachfolger.“ Laut Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK) ist „in durchweg allen neuen Bundesländern der Trend zu beobachten, dass der Bedarf an Unternehmensnachfolgern im Bundesvergleich überdurchschnittlich steigt“, erklärt Referent Sebastian Schütz. In den vergangenen eineinhalb Jahren habe es in den ostdeutschen Kammern bis zu 30 Prozent mehr Beratungsgespräche zum Thema gegeben. 2007 wurde von der DIHK ein zusätzliches Beratungsbüro in Potsdam gegründet. Schütz verweist außerdem auf weitere Initiativen in den neuen Bundesländern. So hat sich in Thüringen das Beratungsnetzwerk „Gründen und Wachsen“ dem Ziel verschrieben, Unternehmensnachfolger zu finden. In Sachsen-Anhalt gibt es einen „Nachfolger-Club“. Auch in Sachsen ist man alarmiert, dort will jetzt das Wirtschaftsministerium gegensteuern. Es geht „um sehr viel“, erklärt Ministeriumssprecherin Isabel Siebert. „Die volkswirtschaftlichen Risiken sind beträchtlich.“ Laut Berechnungen des ifo-Instituts werden in den kommenden neun Jahren voraussichtlich 25.000 sächsische Unternehmen einen Nachfolger brauchen, 330.000 Arbeitsplätze sind betroffen,

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es geht um 16 Milliarden Euro Umsätze. „Bis 2020 schrumpft zudem in Sachsen die Altersgruppe der 26- bis 46-Jährigen überproportional stark, um etwa 25 Prozent“, so Siebert. „Gerade diese Personen kommen aber aufgrund ihres Alters als Nachfolger vorrangig in Betracht. Es ist also mit einem zunehmenden Wettbewerb um geeignete Nachfolger zu rechnen.“ Im Ministerium geht man davon aus, dass in den kommenden neun Jahren mehr als 4.000 sächsische Unternehmen schließen müssen, da Nachfolger fehlen. Für Bernd Körber wäre es eine Katastrophe, müsste er seine Firma dicht machen. Seit 1993 hat er nicht mehr in die Rentenversicherung eingezahlt, „die Firma ist ja meine Altersvorsorge“, sagt er. 320 Euro, das wäre die staatliche Rente, die er bekommen würde. Das Geld aus dem Firmenverkauf gehört also zum Lebenskonzept. „Aber das Geld hat ja hier niemand, und wenn doch, kann er das in anderen Regionen besser anlegen.“ Körber meint damit Regionen mit mehr Kaufkraft, sprich westliche Bundesländer.

Foto: www.dreamstime.com

Arbeitsplätze massiv gefährdet

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Für den sächsischen Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP) ist „das Thema Unternehmensnachfolge gerade besonders virulent“. In seinem Bundesland gilt dasselbe, was die DIHK als spezifisch für alle neuen Ländern beschreibt. „In der Region gibt es viel mehr inhabergeführte Firmen als in Westdeutschland.“ Das habe seine Ursache in der 40-jährigen Pause des Unternehmertums in der DDR. Die heute in Sachsen ansässigen Unternehmer hätten wegen der kurzen Zeitspanne überschaubare Größen, Teilhabermodelle und angestellte Geschäftsführer seien eher die Ausnahmen. Laut Statistik des sächsischen Ministeriums machen kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter einer Million Euro in Sachsen mehr als ein Fünftel der Betriebe aus, doppelt soviel wie im Bundesschnitt. Zusammen mit der Bürgschaftsbank Sachsen hat Morloks Ministerium nun den „Sächsischen Meilenstein“ ausgerufen, ein Preis für gelungene Unternehmensnachfolgen. Das beste Übergabekonzept soll mit 10.000 Euro belohnt werden. Außerdem werden vom Land ab sofort Beratungen zu Firmen-Übergaben gefördert. „Wir müssen unbedingt das Bewusstsein für die Problematik stärken“, sagt der gebürtige Stuttgarter Morlok. „Im Gegensatz zu Westdeutschland, wo Firmen oft schon seit Generationen in Familienhand sind, gibt es im Osten in diesem Bereich kaum Erfahrungen, auf die Unternehmer zurückgreifen können.“ Der Merseburger Bernd Körber will sein Geschäft in den kommenden fünf Jahren übergeben haben. Ein Nachfolger soll dabei zunächst als Geschäftsführer eingearbeitet werden, bevor er dann den Baustoffhandel übernimmt. Körber ist damit besser vorbereitet als viele andere Unternehmer. So wurde bei einer Umfrage für den sächsischen Mittelstandsbericht bereits 2006 festgestellt, dass nur knapp jeder dritte Unternehmer im Land, der bis 2020 sein Unternehmen altersbedingt übergeben will, sich überhaupt Gedanken über die Nachfolgeregelung gemacht hat. In der Altersklasse der 60- bis 64-Jährigen hatten im Untersuchungsjahr sogar 60 Prozent der Unternehmer noch keine Schritte zur Unternehmensnachfolge unternommen. „Hier besteht eine massive Gefahr, dass die Unternehmen unvorbereitet in eine Nachfolgesituation geraten und den Fortbestand des Unternehmens, ihr Vermögen und die Arbeitsplätze massiv gefährden“, hieß es in dem Bericht. Bernd Körber ist zuversichtlich, dass er noch einen Nachfolger finden wird, auch wenn es sich schwierig gestalte. „Es braucht eben eine Menge Herzblut, wenn man hier einsteigen will“, sagt er. Thomas Trappe O K T O B E R / N O V E M B E R

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AKTUELL

FÜHRUNG INTERESSIERT NICHT Gute Führung ist deutschen Unternehmen eine Herzensangelegenheit. So schien es bislang. Eine Studie der Fachhochschule Osnabrück widerspricht dem. Gute Personalführung steht zwar bei den meisten Unternehmen fest auf der Agenda, konsequent gelebt wird sie jedoch selten. Was zählt ist das operative Ergebnis.

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s kommt doch ein wenig überraschend, was Carsten Steinert und Dominik Halstrup von der Hochschule Osnabrück mit ihrer Studie belegen. Schließlich ist Personalführung eines der Top-Themen auf beinahe jedem Kongress und jeder Tagung rund um das HR-Management. Kaum ein Unternehmen, das nicht auf seiner Webseite verkündet, man lege sehr viel Wert auf Führungsstärke, am besten auf allen Ebenen. Dementsprechend sollte Führungskultur in einer Zeit, in der „weiche Faktoren“ wie das Arbeitsklima oder die Mitarbeiterwertschätzung immer entscheidender für die Arbeitgeberattraktivität werden, zu den Kernanliegen von Unternehmensführungen gehören. Steinert, Professor für Personalmanagement, und Halstrup, Professor für Strategisches Management, sind der Frage nachgegangen und haben HR-Vorstände, Personalleiter und Mitarbeiter aus 118 zufällig ausgewählten Unternehmen mit mehr als 400 Beschäftigten zum Stellenwert der Personalführung in ihrem Unternehmen befragt. Zunächst bestätigt die Studie, dass Führung durchaus von vielen Unternehmen als wichtig propagiert wird. So ist bei 85 Prozent der befragten Unternehmen das Führungsverhalten der Mitarbeiter expliziter Bestandteil von Personalbeurteilungen. Doch scheint es in den meisten Fällen dabei zu bleiben. Denn wenn das operative Ergebnis stimmt, zeigen sich mehr als zwei Drittel der Befragten tolerant gegenüber vorhandenen Schwächen im Führungsverhalten der entsprechenden Führungskraft. Deutlicher 10

»Gute Führung ist mit guten Ergebnissen gekoppelt.« Ursula Schütze-Kreilkamp, Rewe Gruppe

wird dies noch mit Blick auf den Stellenwert der Personalführung in Zielvereinbarungen. Dass das operative Ergebnis bei über 90 Prozent der Befragten hier einen hohen bis sehr hohen Stellenwert besitzt, liegt in der Natur der Sache. Dass aber das Führungsverhalten mit 45 Prozent und die Mitarbeiterfluktuation mit sogar nur 17 Prozent deutlich dahinter zurückfallen, lässt aufhorchen. Auf den Punkt gebracht folgt aus der Studie, dass schlechtes Führungsverhalten in der Mehrheit toleriert wird, wenn die Führungskraft ihre operativen Zielvorgaben erreicht. Gutes Führungsverhalten wird Steinert und Halstrup zufolge hingegen nicht belohnt, worauf die geringe Präsenz der Führungskultur in den Zielvorgaben hindeutet. Es hat also den Anschein, als habe es das Thema gute Personalführung zwar in die Hochglanzbroschüren der Unternehmen geschafft, jedoch nicht in den Arbeitsalltag vieler Manager.

Elfenbeinturm-Mentalität Es ist nicht so, dass Führungskultur überhaupt keine Rolle spielt. Wie Carsten Steinert erklärt, werden die Mechanismen wie beispielsweise das Führungskräfte-Coaching durchaus angenommen, allerdings oft nur bis zur mittleren Managementebene. Darüber hinaus scheint die Bedeutung, die der Personalführung beigemessen wird, immer mehr abzunehmen. Wird jedoch die Führungskultur von oben herab nicht gelebt, so ist den Managementebenen darunter nur schwer zu vermitteln, warum sie es dann tun sollten. „Wenn Vorstände und die Geschäftsführung das Thema Führung ausklammern, dann ist es eigentlich nicht verwunderlich, warum die oft vorhandenen Angebote, die Führungskompetenz weiter zu entwickeln, umso seltener wahrgenommen werden, je höher die Führungskräfte kommen“, so Steinert. Begründet liegt dies, dem Professor zufolge, zum einen in einer gewissen ElfenbeinturmMentalität in vielen Unternehmensführungen. Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung sind in den letzten Jahren, in denen krisenbedingt eher entlassen als eingestellt wurde, bis auf wenige Berufsfelder noch nicht angekommen. Daher ist die Sensibilität für die Folgen schlechter Personalführung für die Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen noch nicht so ausgeprägt. Zum anderen wird die Führungskompetenz in höheren Managementebenen zu selten hinterfragt – sowohl bei den Stellenbesetzungen, als auch von den Führungskräften selbst. So führt Steinert an, dass, wie er sagt, auf höheren Ebenen schnell ein Haken hinter das Thema gemacht wird. „Man geht davon aus, dass, wenn die Leute mehrere Jahre Führungserfahrung besitzen, man sich nicht mehr um dieses Thema kümmern muss und sich auf die fachlichen Kompetenzen konzentrieren

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4%

16 %

wenig tolerant

sehr tolerant

28 %

überwiegend tolerant

19 %

eher nicht tolerant

33 %

relativ tolerant

kann.“ Dass viele Jahre Erfahrung nicht automatisch auch ein gutes Führungsvermögen bedeuten, wird selten thematisiert. Dies betrifft auch die Führungskraft selbst, vor allem dann, wenn sie operativ sehr erfolgreich ist. Teil dieses Problems ist auch, dass Mitarbeiter Führungskräfte werden, weil sie gute Fachspezialisten sind. Die folgerichtigen Karrieresprünge bringen dann ebenfalls Führungsverantwortung mit sich. Oft gleicht dies einem Sprung ins kalte Wasser. Fehlt dann die Unterstützung durch entsprechende Programme, fühlen sich die Mitarbeiter allein gelassen und orientieren sich häufig an dem, was sie selbst an Führungsvorbildern erlebt haben. Diesen Zusammenhang sieht auch Ursula Schütze-Kreilkamp, die bei der Rewe Gruppe die Führungskräfteentwicklung leitet. Ihrer Erfahrung nach ist mangelnde Motivation nicht das Problem, sondern die Unsicherheit und ab einer gewissen Karrierestufe auch der Erfolgsdruck. „Sie stehen unter so hohem Druck auf hohen Ebenen, da ist wirklich jede Minute ausgefüllt.“ Hinzu kommt, dass es schwierig für viele Manager ist, ihre Defizite einzugestehen, da dies als Zeichen von Schwäche in der Riege der Alphatiere gewertet werden könnte, so Ursula Schütze-Kreilkamp.

Illustration: www.dreamstime.com/ Fotos: Privat

Was fehlt ist Zeit Für bloße Lippenbekenntnisse hält sie die propagierte Führungskultur jedoch nicht. „Was ich mitbekomme, auch im Austausch mit Kollegen aus anderen Großunternehmen, ist, dass Führung wirklich ein Top-Thema ist. Wenn sie damit um die Ecke biegen, wird ihnen der rote Teppich ausgerollt. Wir wissen alle, gute Führung ist in der Regel mit guten Ergebnissen gekoppelt. Das belegen viele Studien.“ Was die Personalmanagerin allerdings bestätigen kann, ist, dass die obersten Führungskräfte selten wirklich gelernt O K T O B E R / N O V E M B E R

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SCHLECHTE FÜHRUNG WIRD TOLERIERT Toleranz gegenüber Führungskräften der oberen Führungsebene, die bei sehr guten operativen Ergebnissen Schwächen im Führungsverhalten aufweisen (n = 115) Quelle: Hochschule Osnabrück

»Führungskompetenz wird zu selten hinterfragt.« Carsten Steinert, Hochschule Osnabrück

haben, was gute Führung bedeutet. Sie sind Autodidakten. Auf den unteren Ebenen greifen die Nachwuchsförderprogramme recht gut. Ab der mittleren Ebene steigt die Beanspruchung durch das Alltagsgeschäft so stark, dass das Unternehmen schon sehr viel Wert auf die Führungskräfteentwicklung legen muss, damit das Thema nicht untergeht. Dementsprechend ist es wichtig, dass aus den Führungsbeurteilungen auch Konsequenzen gezogen werden. Jedoch lässt sich das Führungsverhalten selten so exakt bewerten, wie es beim operativen Ergebnis der Fall ist. „Bei der Beurteilung der Entwicklung von Führungskräften gibt es viele Fehlerquellen und Verwässerungsgefahren“, sagt beispielweise Johannes Skibowski, Leiter der Führungskräfteentwicklung und Personalgewinnung im Vertrieb bei der Schwäbisch Hall AG. Seiner Erfahrung nach stoßen die Personaler oft trotz fundierten Wissens zur Beurteilung von Führungskompetenzen im betrieblichen Umfeld an Grenzen. „Wenn eine Bewertung von Führungsleistung nicht entlang strategischer Herausforderungen erfolgt, kann jegliches Ergebnis im Vergleich zum wirtschaftlichen Erfolg an Gewicht verlieren“, so Skibowski, der das Ergebnis der Studie nicht überraschend findet. So sollte die Bewertung der Führungskompetenz separat vom operativen Ergebnis an nominell überprüfbare Kennzahlen gebunden werden aus denen sich betriebswirtschaftliche Auswirkungen ableiten lassen. Sven Pauleweit 11


AKTUELL

PRO

BEFRISTUNG

Gabriele Sons Hauptgeschäftsführerin Arbeitgeberverband Gesamtmetall

»Im Gegenzug brauchen die Betriebe auch Flexibilität bei der Einstellung.«

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i Gabriele Sons ist seit November 2010 Hauptgeschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Vor ihrem Wechsel zu dem Arbeitgeberverband war die 50-Jährige Geschäftsführerin und Arbeitsdirektorin der ThyssenKrupp Industrial Services Holding GmbH. Gabriele Sons ist Juristin.

wenn ein Unternehmen sich erst einmal für sie entschieden hat. Im Gegenzug brauchen die Betriebe auch Flexibilität bei der Einstellung. Befristete Verträge unterliegen klaren gesetzlichen Einschränkungen, die in der Regel wirkungsvoll verhindern, dass damit Schindluder betrieben wird. Vor diesem Hintergrund muss man auch die derzeitige Forderung nach der unbefristeten Übernahme von Auszubildenden sehen. Wichtig ist doch, dass möglichst viele junge Menschen in Ausbildung kommen. Und zwar auch solche, die aufgrund ihrer Vorbildung schlechtere Einstiegsvoraussetzungen mitbringen. Zwingen wir die Unternehmen, beim 16-Jährigen gleich „auf immer und ewig” zu sagen, dann wird die Bereitschaft zur Ausbildung über Bedarf und zur Qualifizierung Schwächerer rapide sinken. Obwohl die Metall- und Elektro-Industrie von Auftragsschwankungen geprägt ist, ist in neun von zehn Fällen das unbefristete Vollzeitarbeitsverhältnis die Regel. Trotzdem werden auch die befristeten Verträge ein wichtiges Mittel bleiben, um den Unternehmen ein Mindestmaß flexibler Personalplanung nach Auftragslage und Auslastung zu ermöglichen.

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Foto: Privat

Die Zahl befristeter Arbeitsverhältnisse nimmt zu – und mit ihr die Kritik daran. Vor allem Berufseinsteiger sind betroffen, obgleich viele sich eine Daueranstellung wünschen. Zuletzt hat die Opposition die befristeten Arbeitsverträge ins Visier genommen. Sie wollen die Möglichkeiten der Befristung eingrenzen. Für die Arbeitgeber ist jedoch eine flexible Personalplanung wichtig. Die Frage ist also: Sind befristete Arbeitsverträge wirklich ein notwendiges Flexibilitätsinstrument?

G

erne wird in manchen, meist politisch und nicht wirtschaftlich geführten Debatten behauptet, befristete Arbeitsverhältnisse seien „prekär“, beinahe willkürlich und mit einem moralischen Makel behaftet. Ich halte diese Einschätzung für falsch. Natürlich gibt es auch Arbeitgeber, die das Instrument der Befristung ausnutzen und damit Anlass für Kritik liefern. Doch sie sind die Ausnahme. Und: Arbeit ist nicht prinzipiell schlecht, nur weil sie zeitlich befristet ausgeübt wird. Befristete Arbeitsverhältnisse sind nicht nur für Unternehmen wichtig, häufig helfen sie auch den Mitarbeitern, zum Beispiel im Rahmen der Mutterschaftsvertretung. Hier muss man befristet einstellen, sonst könnte die vertretene Mitarbeiterin später nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehren. Auch in der industriellen Produktion und den daran angeschlossenen Dienstleistungen sind Befristungen in einem gewissen Maß üblich und erforderlich. Etwa wenn ein Unternehmen einen Großauftrag erhält, den es in kurzer Zeit erfüllen muss, bevor die Produktion wieder auf ein Normalmaß zurückgeht. Ebenso gibt es Arbeitsplätze, die unmittelbar an Projekte gekoppelt sind. Sie erinnern sich sicherlich noch an die Krise 2008/2009 – für die Metall- und Elektroindustrie der tiefste Einbruch in der Nachkriegszeit.Als im Frühjahr 2010 wieder Licht am Ende des Tunnels zu sehen war, wusste man noch nicht, ob das zarte Pflänzchen Aufschwung wachsen würde. Vor diesem Hintergrund haben Unternehmen zunächst befristete Stammarbeitsplätze aufgebaut. Der Aufschwung ging weiter und viele dieser Mitarbeiter haben längst einen unbefristeten Vertrag. Für Unternehmen kann es ein entscheidendes Einstellungskriterium sein, ob man einem Bewerber, über dessen Qualifikationen man sich noch nicht ganz sicher ist, und bei dem man auch noch nicht weiß, ob menschlich die Chemie stimmt, zunächst eine befristete Stelle anbieten kann. Das deutsche Arbeitsrecht gibt Mitarbeitern ein hohes Maß an Kündigungsschutz,


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kann, ist es angemessen, dass in § 14 Abs. 1 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) konkrete Gründe vorgesehen sind, in denen die Befristung eines Arbeitsverhältnisses gerechtfertigt ist. Damit ist aber dem berechtigten Flexibilitätsinteresse der Unternehmen in ausreichendem Maße Rechnung getragen. Völlig überflüssig ist es, darüber hinaus die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses, also die Befristung ohne jeden Anlass, zuzulassen. Diese Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung ist inzwischen dazu verkommen, dass sie die grundsätzliche Form der Ersteinstellung von Beschäftigten ist. Vor allem junge Menschen erleben kaum mehr ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Sie wechseln oft jahrelang von einem befristeten Arbeitsverhältnis zum nächsten. Dies ist gesellschaftspolitisch und personalpolitisch vollkommen verfehlt. Wer befristet beschäftigt ist, wird weder größere Investitionen tätigen noch ist er in der Lage, seine Zukunft zu planen und sich zum Beispiel für Familie und Kinder zu entscheiden. Eben sowenig wird er sich um den Erwerb von unternehmensspezifischen Qualifikationen oder um Weiterbildung bemühen. Dem wachsenden Fachkräftemangel wird so kaum abzuhelfen sein. Verstärkt wird dies durch die weitverbreitete Praxis der Unternehmen, nicht einmal nach dem ersten befristeten Arbeitsverhältnis ein unbefristetes Arbeitsverhältnis einzugehen, sondern die bislang befristet Beschäftigten gegen neue befristet Beschäftigte auszutauschen. Mit notwendiger Flexibilität hat das nichts zu tun. Mit dem Abschluss befristeter Verträge als Regelfall wird vielmehr das unternehmerische Risiko auf die Beschäftigten verlagert. Statt für Aufgaben, die auf Dauer anfallen, auch Dauerarbeitsplätze zu schaffen, werden die Beschäftigten dem Druck ausgesetzt, nach Ablauf der Befristung nicht weiterbeschäftigt zu werden. Damit stehen alle Rechte aus dem Arbeitsverhältnis auf dem Prüfstand. Denn wer erstreitet schon Lohnzuschläge oder Urlaubstage, wenn er Angst um seinen Arbeitsplatz hat? Dass nun auch noch das Bundesarbeitsgericht die Möglichkeit der sachgrundlosen Befristung durch seine Entscheidung, eine Wartezeit einzuführen, nach der erneut sachgrundlos befristet werden kann, weiter ausdehnt, ist vollkommen inakzeptabel.

»Es ist darüber hinaus völlig überflüssig, die sachgrundlose Befristung zuzulassen.«

CONTRA Martina Perreng Referatsleiterin Arbeitsrecht DGB-Bundesvorstand

Fotos: www.flickr.com; Privat

B

ei der Beantwortung der Frage muss man zwischen Befristungen mit Sachgrund und solchen ohne Sachgrund unterscheiden. Es ist sicher berechtigt, dass es für Unternehmen möglich sein muss, befristet einzustellen, wenn Aufgaben abgedeckt werden sollen, für die es nur einen vorübergehenden Arbeitskräftebedarf gibt. Wenn es zum Beispiel um die Vertretung bei Elternzeit oder bei längerer Krankheit geht oder jemand für ein zeitlich befristetes Projektes eingestellt werden soll, ist es ein legitimes Anliegen der Arbeitgeber, die entsprechenden Arbeitsverhältnisse zu befristen. Auch wenn man über die Sinnhaftigkeit des einen oder anderen Sachgrundes streiten O K T O B E R / N O V E M B E R

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i Martina Perreng ist seit 2000 beim Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) Referatsleiterin für Individualarbeitsrecht. Die 50-jährige Juristin arbeitet bereits seit 1990 für die Gewerkschaft und begann zunächst in der Prozessvertretung vor den Arbeitsgerichten erste und zweite Instanz.

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KOLUMNE

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ÄLTER, VIELFÄLTIGER, FLEXIBLER H

and aufs Herz: Würden Sie einen Auszubildenden über Ruhemöglichkeiten bis hin zu Leselupen. Viel gekoseinstellen, der über 50 ist? Sie glauben, das würde tet hat das nicht, aber Effizienz und Qualität konnten deutkein Unternehmen? Da täuschen Sie sich. Genau lich gesteigert werden. das passiert. Und dafür gibt es gute Gründe. Der Der Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf hat auf die Personalmarkt in Deutschland verändert sich dramatisch. unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebensphasen seiner Im Jahr 2025, so eine Studie der Unternehmensberatung Mitarbeiter reagiert. Beschäftigte können ihre BasisarMcKinsey, könnten bis zu 6,5 Millionen Arbeitsbeitszeit zwischen 15 und 40 Stunden festlegen kräfte fehlen. Die Ursache scheint rasch ausund alle zwei Jahre neu anpassen. Wer Zeit gemacht: Der demografische Wandel. Aber für Kinder oder die Pflege von Angehöstimmt das wirklich? Laut Statistischem rigen braucht, kann sich diese nehmen. Bundesamt ist rund 20 Prozent des ErWer lieber mehr arbeitet, um den werbspersonenpotenzials in DeutschHausbau zu finanzieren, hat dazu die land ungenutzt. Das betrifft vor allem Möglichkeit. die Generation 50plus, Menschen mit Die Beispiele zeigen: Es funktiWie die Arbeitswelt Migrationshintergrund und Frauen. oniert! Mit ungewöhnlichen MaßAm demografischen Wandel lässt nahmen sichern Unternehmen ihren sich ändert: sich so rasch nichts ändern. Aber das Fachkräftebedarf und motivieren Demografischer Wandel brachliegende Potenzial könnte rasch zusätzlich die ganze Belegschaft. Dargehoben werden. über hinaus positionieren sie sich als Damit das gelingt, müssen wir uns von attraktive Arbeitgeber im Wettbewerb um alten Vorstellungen verabschieden: Davon, die besten Köpfe. Denn der Personalmarkt ist dass Arbeitszeiten starr, Nachwuchs jung, Ältere längst ein Arbeitnehmermarkt. Talente und erineffizient und Karriereverläufe linear sind. Entscheidend fahrene Fachkräfte schauen ganz genau hin, wenn sie sich ist allein die Frage: Welche Kompetenzen brauche ich für ihre Arbeitgeber aussuchen. Sie wissen, dass sie länger bis mein Unternehmen und wo bekomme ich sie her? Die Antzum Renteneintritt arbeiten müssen. Und sie wissen, dass wort darauf führt zu Maßnahmen, die heute vielleicht noch sie irgendwann im Leben Zeit für die Kinder oder die Pfleals ungewöhnlich angesehen werden, in wenigen Jahren ge von Angehörigen brauchen. Wer ihnen als Arbeitgeber aber zum Alltag gehören dürften. Sie führt zum Beispiel dabei hilft, die längere Lebensarbeitszeit mit ihren ganz dazu, dass über 50-Jährige noch einmal eine Ausbildung unterschiedlichen Lebensphasen zu vereinbaren, punkmachen und als Azubis ganz von vorne anfangen. tet auf dem Personalmarkt. So geschehen im südbadischen Neuenburg, in der K&U Dass sie etwas ändern müssen, ist den meisten UnterBäckerei. Die stand vor dem Problem, nicht genügend nehmen bewusst. Aber wie das gehen soll, ist vielen noch Bäckerlehrlinge zu finden. Warum also nicht Älteren eine unklar. Denn nicht nur der Wettbewerb um die besten Chance geben, wenn sie motiviert und engagiert sind? So Köpfe, auch der um die Märkte wird immer härter. Wir rehat das Unternehmen die Seniorenausbildung initiiert den über Neuland ohne Patentrezepte. Da sind Kreativität, und erstmals in Deutschland einen eigenen Berufsschuleine Portion Mut und echtes Unternehmertum gefragt. lehrgang mit insgesamt 22 Erwachsenen erfolgreich auf Und der Erfahrungsaustausch mit Dritten, wie ihn das den Weg gebracht. Vorreiter der Seniorenausbildung war Demographie Netzwerk ddn bietet. Die Belegschaft der übrigens die Ing-Diba, die bereits seit 2006 Mitarbeiter Zukunft wird älter, vielfältiger und flexibler. Die Arbeitsund Mitarbeiterinnen zur Servicefachkraft für Dialogmarwelt muss sich dem anpassen. keting ausbildet. Beispiel BMW. In einem Pilotprojekt hat der Autobauer Jürgen Pfister seine älteren Mitarbeiter gefragt, wie Arbeitsplätze gestalVorsitzender des Vereins ddn – tet sein müssen, damit sie effizient arbeiten können. Im das Demographie Netzwerk Ergebnis wurden circa 70 Maßnahmen umgesetzt, um den (www.demographie-netzwerk.de) Arbeitsplatz den Menschen anzupassen, von Holzböden

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Foto: Privat

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TITEL

Tun wir uns wirklich schwer mit Veränderungen? Und sind sie nicht auch faszinierend? Wir haben dazu Manager, Wissenschaftler und Politiker befragt. Wir haben überhaupt viele Fragen gestellt. Zum Beispiel: Wie gehen Firmen und Beschäftigte erfolgreich mit Umbrüchen um?

20 Fragen zum Thema

Wandel 1

Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen?

2

Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt?

3

Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

4

Warum tun wir uns so schwer mit Umbrüchen? (Prolog)

19

5

Wie verändern sich Unternehmen in einer Welt , die immer dynamischer wird?

21

6

Was sind die Voraussetzungen für Zukunftsfähigkeit? Heiko Roehl, Experte für Organisationen, im Gespräch

27

7

Warum sind die Zeiten hektischer geworden? Interview mit Bayer-Personalvorstand Richard Pott

30

8

Was sind die grundlegenden Erfolgsfaktoren bei einem Change-Projekt?

33

9

Was sind die Aufgaben der HR-Manager bei Veränderungsprozessen?

36

10 Wie hat das Personalwesen sich in den letzten Jahren gewandelt?

39

11 Wie können Beschäftigte bestehen, wenn Wissen immer schneller veraltet?

42

12 Warum ist die Restrukturierung des Handelshauses Quelle gescheitert?

47

13 Wie wichtig ist Macht, wenn es um Veränderungen im Unternehmen geht?

51

14 Welche Voraussetzungen sind wichtig, damit man seine Potenziale entfalten kann? Hirnforscher Gerald Hüther im Gespräch 55 15 Wie begleiten Personalmanager den Wandel bei den regionalen Energieversorgern ?

58

16 Wie ist die Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank abgelaufen? Personalvorstand Ulrich Sieber im Gespräch

62

17 Wie schafft man einen beruflichen Neuanfang?

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18 Wie reagieren Sie?

68

19 Was tun Sie?

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20 Wie verhalten Sie sich?

68


1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

Drei Fragen an

Andreas Donate

Gründer von Deep Blue Divers und Managing Director bei Rawai Garden Bungalows, Phuket (Thailand)

»Die Menschen sehen zuerst das Risiko.«

1 Ich glaube, dass die meisten Menschen in jeglicher Veränderung, sei es privat oder geschäftlich, in erster Linie ein unbekanntes Risiko sehen und erst an zweiter Stelle Veränderungen als Möglichkeit einer Verbesserung ihrer persönlichen Situation begreifen. Das Unbekannte, nicht Greifbare was in einer Veränderung steckt, macht wohl den meisten Menschen eher Angst und es ist viel bequemer und sicherer, die momentane Situation beizubehalten, egal wie gut oder schlecht diese auch sein mag. Als ich vor zwölf Jahren Deutschland verlassen habe und nach Thailand gegangen bin, war es diese Angst vor dem Unbekannten und Fremden was bei den meisten meiner Mitmenschen Unverständnis hervorgerufen hat. Ich hingegen habe es als neue Chance gesehen. Heute beneiden mich die meisten derjenigen, die mich seinerzeit für verrückt gehalten haben.

2 Ich habe aus den genannten Gründen vor zwei Jahren lange gezögert mein damaliges Geschäft, eine Tauchbasis in Thailand, zu verkaufen. Obwohl abzusehen war, dass die geschäftliche Lage aufgrund von Gründen, welche von mir nicht mehr zu beeinflussen waren, eher schwieriger werden würde, habe ich lange an diesem, über zehn Jahre erfolgreichen, Geschäft festgehalten. Zu guter Letzt, und aus heutiger Sicht zum Glück, konnte ich mich doch noch für den Verkauf entschließen und habe anschließend in einen Bereich, den ich bis dato nur nebenbei kannte, nämlich die Betreuung einer Ferienanlage, investiert und bin nun dabei dieses neue Business aufzubauen.

3 Über diese Frage muss ich etwas länger nachdenken, da es eine Vielzahl von Dingen gibt, die hier angesprochen gehören. Ich glaube aber, dass es die in immensem Tempo fortschreitende Technisierung unserer Gesellschaft ist, welche mich persönlich am meisten fasziniert, gerade auch deshalb, weil ich davon selbst in großem Maß betroffen bin. Speziell die modernen Kommunikationsmöglichkeiten machen heutzutage Dinge erst möglich, die vor einigen Jahren noch nicht denkbar gewesen wären. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie schwierig es hier auf Phuket vor zehn Jahren war, auch nur eine kleine Email herunter zu laden. Heute liegen unsere Gäste mit dem Smartphone am Strand und verschicken Bilder in Echtzeit oder regeln ihre geschäftlichen Dinge aus dem Liegestuhl, Tausende von Kilometer entfernt von ihrem eigentlichen Arbeitsplatz. Es ist Fluch und Segen gleichermaßen und meiner Meinung nach steht die Entwicklung hier erst am Anfang.


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TITEL

Wandel ist ein beliebtes Thema. Viele kluge Menschen haben schon viel Schlaues darüber gesagt, wie wichtig er zum Beispiel ist – gerade im Leben jedes Einzelnen. Warum tun wir uns trotzdem so schwer mit der Veränderung?

(Prolog)

Foto: Privat

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lles wandelt sich: Die Demografie, die Familie, das Klima, die Arbeitswelt, die Werte, die Zeit, die Welt sowieso, das Personalmanagement – klar. Die Erwerbsformen, das Weltbild, die Religionen, die Machtverhältnisse, die deutsche Sprache, die Technik, die Geschlechterrollen, das Berufsbild, die Erziehung, der Sozialstaat, die Beziehungen und die katholische Kirche sollte sich ebenfalls wandeln (wenngleich der Papst einer Anpassung an die Gegenwart eine Absage erteilte). Veränderungen gab es schon immer. Nur scheint es heute so, als passierten sie wesentlich schneller als früher. „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Dieser Ausspruch von Heraklit scheint heute mehr denn je zu stimmen. Über Wandel und Veränderungen gibt es ohnehin die schönsten Aphorismen. Zum Beispiel dieser hier: „Du musst selbst zur Veränderung werden, die du in der Welt sehen willst.“ Das soll Mahatma Gandhi gesagt haben. Oder: „Wenn wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist, dann müssen wir alles verändern.“ Das stammt von Giuseppe Tomasi di Lampedusa. Und noch einer: „Ich glaube, man kann sich in jedem Alter ändern, aber es ist besser, es jetzt zu tun“ (Rita Mae Brown). In dieselbe Richtung geht auch das, was Steve Jobs mal in einer Rede vor Uni-Absolventen in Stanford gesagt hat: „… der Tod ist höchstwahrscheinlich die beste Erfindung des Lebens. Er ist die Kraft, die für Veränderung im Leben sorgt.“ Den Wandel zu steuern, das ist jedoch nicht so einfach. Zum einen verbreitet sich bei vielen vermehrt das Gefühl des Getriebenseins. Es ist ein Leichtes an dieser Stelle auf die Politik zu zeigen, die allem Anschein nach mit ihren Maßnahmen den Finanzmärkten hinterher hechelt. Zum anderen tun wir uns in der Regel deshalb schwer mit Veränderungen, weil sie mit Unwägbarkeiten behaftet sind. Wir wissen nicht genau, wie es danach sein wird. Ob das andere besser ist, ob es nicht doch gut ist, wie es ist. Sicherheit ist eben ein biologisch verankertes Grundbedürfnis. Einsichten und Planungen zu Veränderungen gehen schnell. Einen Wandel zu initiieren, neu zu starten: mit einem Geschäftsmodell, O K T O B E R / N O V E M B E R

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mit einem Job, einer Beziehung – gedacht haben die meisten schon daran. Woran es hapert, ist die Umsetzung, die vielleicht auf Widerstände trifft oder die das Risiko des Scheiterns in sich birgt. Da zeigen sich im Übrigen viele Gemeinsamkeiten zwischen Individuen und Unternehmen. Nicht zuletzt deshalb suchen sich beide Rat und Unterstützung von externer Seite, wenn es um Veränderung geht. Diese Experten bringen einen unverstellten Blick mit, geben Feedback hinsichtlich der Stärken und Schwächen, sagen, was ihrer Meinung nach geht und was nicht. Nie schien die Zahl der Change Management-Berater und Karriere-Coaches größer zu sein. Veränderungen fallen natürlich leichter, wenn man sie selbst gestalten kann, wenn man das Heft des Handels in der Hand hält, oder zumindest Einfluss auf die Veränderung ausüben kann. Leute, die beruflich erfolgreich sind, zeichnen sich nicht zuletzt durch eine hohe Flexibilität aus: Berufs-, Orts-, Branchenwechsel sind Alltag geworden. Den eigenen Job effizienter und effektiver zu gestalten, ist ein Muss. Und dann kommt der Blick auf das eigene Profil: Wo muss ich noch Hand anlegen, um weiter Karriere zu machen? Gelassenheit darf da trotzdem nicht verloren gehen. Gelassenheit zu behalten, ist jedoch schwer, wenn man verändert wird. Das muss nicht nur ein Changeprozess im Unternehmen sein, der die Mitarbeiter ohne jegliches Einbeziehen vor vollendete Tatsachen stellt. Das Gefühl des Ausgeliefertseins kann sich auch in anderen Lebensbereichen einstellen. Im Unternehmen gibt es im Zweifelsfall wenigstens einen Vorgesetzten, der den Optimierungsdruck abfedert. Dieser sollte jedoch selbst die Veränderung nicht ablehnen. Die Bereitschaft zum Wandel wird allerdings schwieriger, wenn sich dieser immer schneller vollzieht und es keine Verschnaufpausen, kein Innehalten mehr gibt. Spitzenmanager sind da nicht selten in der Zwickmühle, denn der Markt verlangt nunmal schnelles Handeln und Reorganisationen in immer kürzeren Abständen – ein Balanceakt. Jan C. Weilbacher 19


1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

Drei Fragen an

Oliver Skopec

ist Geschäftsführer von Oliver Skopec Investment & Consulting UG und des Berliner Instituts für Innovationsforschung

»Brauchen wir nicht eigentlich ständig etwas Neues?«

1 Ich bin mir nicht sicher, ob das so ist. Sind wir nicht eigentlich so unersättlich geworden, dass wir ständig etwas Neues brauchen? Wir etikettieren Politiker mit Verfallsdaten, wir sind enttäuscht, wenn nicht alle sechs Monate ein neues iPhone auf den Markt kommt und die meisten neuen Firmen schaffen es nicht länger als zwei Jahre zu überleben – ich glaube, es gibt genug Veränderung, und wir scheinen das zu mögen. Obwohl ich in meiner Generation auch eine gewisse Rückbesinnung auf alte Tugenden wie zum Beispiel Familienbewusstsein wahrnehme, gehört es mittlerweile doch zum guten Ton ein Veränderer zu sein. Denn wer kann sich in Hinblick auf die großen globalen und die etwas weniger großen nationalen Probleme zwischen Wasserunterversorgung, Sozialer Schere oder religionsgetriebenem Terrorismus heute schon erlauben, Veränderungen nicht zu mögen? Worin sonst sollen die Problemlösungen denn stecken und wie stehe ich da, wenn ich nichts zu deren Findung beitrage?

2 Collaborative Consumption. Transparenz. Nachhaltigkeit. Wir sind nach der großen Wirtschaftskrise eine Generation von Gutmenschen geworden. Zwar werden die weltverbessernden Konzepte der neuen Köpfe gerne im elitären SOHO-House diskutiert, aber irgendwie sind die Gedanken überraschend lieb geworden, und dabei nicht minder intelligent. Zum Beispiel haben wir (an)erkannt, dass man seine Wohnung auch mal Fremden zur Verfügung stellen kann und dass nicht jeder Mensch ein eigenes Auto benötigt, sondern dieses “geshared” werden kann. Auf www.rent-n-roll. de beispielsweise können PKW-Besitzer ihr Fahrzeug an Nachbarn, Kollegen etc. stunden- oder tageweise vollversichert vermieten und dieses so refinanzieren. Ich bin mir sicher, dass Rent’n’Roll damit nicht nur die Verkehrssituation entschlackt, sondern auch die deutsche Statusmentalität stark verändert. 3 Dass nun doch alle mitmachen sollen und wollen. Partizipation – sei das in der Politik oder beim Entwurf des nächsten VW-Modells – ist im Rahmen unzähliger Online-Portale, Crowdsourcing-Ansätze und KundenIntegrationsprogramme endlich als Mehrwert bei den großen Playern angekommen. Mit unserem Berliner Institut für Innovationsforschung (BIFI) arbeiten wir permanent daran, das dabei gewonnene Kunden- oder Mitarbeiter-Feedback noch besser verwertbar zu machen – was immer mehr Nachfrage erfährt. Küchengerätehersteller hätten schon längst auf meine Mutter und ihre Ideen hören müssen. Blöd nur, dass sie sich hierfür durch das Internet kämpfen muss. Aber das wird ja zum Glück auch immer intuitiver – ebenfalls eine faszinierende Entwicklung…


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TITEL

Unternehmen müssen sich wandeln, um erfolgreich zu sein. Manchmal steht auch schlicht die Existenz auf dem Spiel. Und der Veränderungsdruck nimmt zu. Wie aber verändern sich Unternehmen in einer Welt, die immer dynamischer und komplexer wird?

Foto: K. Mummert

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as Hebezeug-Museum in Witten zeigt nicht nur als wohl einziges Museum der Welt die Geschichte vom Hebel zu den heutigen modernen Geräten, die für das Heben und Bewegen von Lasten eingesetzt werden. Es dokumentiert gleichzeitig eine mehr als 260 Jahre alte Firmentradition. J.D. Neuhaus, gegründet 1745, befindet sich in direkter Nachbarschaft zum Museum. Das kleine Familienunternehmen, das am Stammsitz etwa 140 und weltweit 180 Mitarbeiter beschäftigt, ist Weltmarktführer bei pneumatischen und hydraulischen Hebezeugen. 2010 betrug der Jahresumsatz circa 30 Millionen Euro. Bei J.D. Neuhaus kann man wahrlich von einer Symbiose aus Tradition und Innovation sprechen. Schließlich ist man Mitglied in einem exklusiven Club, dem Verein „Les Hénokiens“. Die 38 Mitgliedsunternehmen existieren alle mehr als 200 Jahre und befinden sich von Beginn an ohne Unterbrechung in Familienbesitz. Das Wittener Unternehmen wird in siebter Generation familiengeführt. Wenn ein Unternehmen so lange existiert, kann man ohne weiteres behaupten, dass es eine große Lern- und Veränderungsfähigkeit besitzt. Die durchschnittliche Lebensdauer der Unternehmen im S&P 500 beträgt mittlerweile gerade mal 15 Jahre. Tendenz sinkend. Organisationen müssen sich wandeln und sich anpassungsfähig zeigen, sonst gehen sie irgendwann unter. Das wirtschaftliche Überleben in der Moderne hängt vor allem vom Potenzial der Erneuerung ab. Wettbewerber, technologische Veränderungen, Innovationen, gesellschaftlicher Wandel – ein Unternehmen und sein Management sind dazu gezwungen, derartige Verschiebungen zu antizipieren. Bei J.D. Neuhaus war der Niedergang des Bergbaus in Deutschland die größte Herausforderung der letzten 25 Jahre – aber er bedeutete nicht das Ende des Familienunternehmens. „Durch unsere Zusammenarbeit mit dem Bergbau haben wir O K T O B E R / N O V E M B E R

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über 50 Jahre hinweg Know-how in Bezug auf das Antriebsmedium Druckluft aufbauen können“, erzählt der Geschäftsführende Gesellschafter Wilfried Neuhaus-Galladé. Dieses Know-how wurde schließlich in anderen Bereichen eingesetzt. J.D. Neuhaus eroberte neue Märkte für die Nischentechnologie. Heute werden in 70 verschiedenen Branchen in mehr als 90 Ländern rund um den Globus Hebezeuge des Unternehmens eingesetzt: zum Beispiel im Onshore- und Offshore-Bereich, in der chemischen Industrie und beim Schiffs- und Großanlagenbau. „Mit dem Bergbau selbst erlösen wir heute nur noch fünf Prozent“, so der Firmenchef. Ein solch enormer Strukturwandel kann einem Unternehmen schwer zusetzen. Überhaupt ist der Veränderungsdruck für die Unternehmen in den vergangenen Jahren größer geworden – die Unsicherheiten ebenfalls. „Es gibt häufigeren Wandel und die Ausschläge sind in jede Richtung extremer geworden“, sagt Ulrich Lichtenthaler, Inhaber des Lehrstuhls für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Organisation an der Universität Mannheim. So sind die Konjunkturzyklen kürzer geworden und damit schwanken die Nachfragemengen. Nach der Krise 2008 steht jetzt die nächste vor der Tür. Kürzer geworden sind auch die Innovationszyklen. Vor allem in hochtechnologisierten Branchen kann ein zu spätes Reagieren auf Neuerungen einstige Innovationsführer ganz schnell altmodisch und schwerfällig aussehen lassen. Bei Nokia erleben die Mitarbeiter gerade, wie es sich anfühlt, plötzlich nur noch hinterher zu rennen. Der Handyhersteller galt lange Zeit als Paradebeispiel dafür, wie man den Zeitenwandel gelungen meistert. Vom Produzenten für Gebrauchsgegenstände wie Gummistiefel wurde der Konzern zum größten Mobiltelefonproduzenten der Welt. Der größte Handykonzern ist Nokia immer noch, doch das finnische Vorzeigeunternehmen verschlief die Smartphone21


TITEL

Erfolgsfaktoren des Unternehmenswandel Entwicklung. Im Markt der intelligenten und forderten mehr Handlungsfreiraum Handys ist Apple vorn. Mit dem Aktiein, sagt er. Diese Entwicklung verstärke Erinnert sich noch jemand an Preussag? So hieß bis 2002 der heutige Touristikkonzern enkurs ging es zuletzt stark nach unten. den Trend zu flacheren Hierarchien. „Es TUI. Vor seiner Ausrichtung auf Tourismus Nokia spielt gegen den Abstieg und hofft spricht sich herum, dass Eigenverantmit seinen neuen Smartphones, einem wortung sich auszahlt.“ Einen Trend in agierte das Unternehmen als Mischkonzern neuen Vorstandsvorsitzenden und der genau entgegengesetzter Richtung sieht – das Unternehmen hat sich neu erfunden. Aber was sind die Erfolgsfaktoren für Software von Microsoft aufzuholen. Glasl jedoch in den Bereichen, wo Miterfolgreichen Wandel? Dieter Kern von Die Welt, sie ist turbulenter geworden. arbeiter weniger qualifiziert sind und Und der Wandel hat vor allem mit dem Niedriglöhne verdienen. Hier gelte es für Mercer nennt neben der VeränderungsfäEnde des Kalten Krieges an Dynamik Mitarbeiter immer häufiger eher nicht higkeit und notwendigen Innovationen das Vorhandensein von Kernwerten. Das Untergewonnen. Dabei lassen sich – bei aller aufzufallen, so der Konflikt-Experte. nehmen müsse für etwas stehen und eine Unübersichtlichkeit – einzelne Bereiche Nicht zuletzt ist es das, was man Glolangfristige Orientierung besitzen, so Kern. ausmachen, die seit Jahren die Unterbalisierung nennt, was die Unternehnehmen beständig unter Druck setzen. men verstärkt unter Zugzwang setzt. Das wird eher Familienunternehmen als Für Dieter Kern, Berater und Eine Globalisierung, die durch die Libörsennotierten Unternehmen zugesprochen. Für Organisationsberater Friedrich Change Management-Experte bei beralisierung der Märkte und durch die Glasl ist das Management entscheidend. Mercer Deutschland gehört neben dem Möglichkeiten der modernen Kommunitechnischen Wandel und seinem hohen kationstechnologien angetrieben wird, Beispielsweise nennt er die Fähigkeit, Veränderungs- und Beschleunigungsist für Thomas Hutzschenreuter, Proalte Denkmuster und Gewohnheiten loszulassen als wichtigen Faktor. Neben der potenzial unter anderem der demografessor für Unternehmensentwicklung Konfliktfestigkeit der Organisation und der fische Wandel dazu, der Unternehmen an der WHU – Otto Beisheim School vor neue Herausforderungen stellt: in Vallendar, die stärkste Kraft. Die KaKonfliktfähigkeit der Menschen gehört für Andere Produkte, andere Arbeitsbepitalmärkte und neue Konkurrenten, Glasl unter anderem auch die sogenannte Ambiguitätstoleranz dazu. Eine Organidingungen, eine andere Personalentzum Beispiel aus den Schwellenländern, sation müsse fähig sein, unterschiedliche wicklung sind nötig. Hinzu kommt der setzen die Firmen unter Zugzwang. Die steigende Anteil an Wissensarbeitern Wettbewerbsfähigkeit werde noch wichIdeen zu Problemen auszuhalten, sagt der in den Unternehmen. „Je mehr der Untiger, sagt Hutzschenreuter. „Es geht zuBerater, sowie das Beste aus diesen Ideen herausfinden und zusammenfügen. ternehmenserfolg von Wissen abhängig nehmend darum, neue Märkte zu besetist, desto unsicherer wird der Blick in die zen, wenn man nicht ins Hintertreffen Zukunft“, sagt Dieter Kern. „Wir wissen geraten will.“ Die Unternehmen müssheute noch nicht, was wir künftig wissen werden.“ ten vor Ort sein. „Exporte alleine reichen nicht mehr.“ Ein steigender Anteil von Wissensarbeitern sorgt für einen Die Internationalisierung, sie ist ein Trend, wie die UnterVeränderungsdruck von innen. Der Organisations- und Konnehmen auf den dynamischen Wandel ihrer Umgebung reafliktberater und Mitbegründer der Trigon-Entwicklungsgieren. Organisationen werden multinational, um spezifische beratung, Friedrich Glasl, spricht vom emanzipatorischen Produkte für spezifische Märkte zu produzieren – vor Ort. Die Trend. Im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen Internationalisierung ist allerdings nur ein Grund von vielen, entwickelten Mitarbeiter tendenziell mehr Selbstbewusstsein warum Unternehmen sich reorganisieren. Generell müssten

Gründe für die Reorganisation Angaben in Prozent (Max. drei Antworten möglich); Quelle: HR-Barometer 2011, Capgemini Consulting (98 Studienteilnehmer)

Veränderung im Geschäftsmodell

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Strategiewechsel

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Wachstum

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Merger

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Veränderung in Kundenerwartung und/oder -verhalten

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Gesetzliche Vorgaben

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Andere Gründe

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Signifikante Reorganisationen in den letzten zwei Jahren Angaben in Prozent; Quelle: HR-Barometer 2011, Capgemini Consulting (98 Studienteilnehmer); Signifikant: Mehr als 10 Prozent der Organisation/Mitarbeiter von Veränderungen betroffen

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sich Unternehmen heutzutage öfter und stärker verändern als in den vergangenen Jahren, sagt Ulrich Lichtenthaler. Nach der Studie HR-Barometer 2011 der Beratung Capgemini haben alle der knapp hundert an der Studie teilnehmenden Unternehmen innerhalb von 24 Monaten mindestens eine signifikante Reorganisation vorgenommen. Bei 40 Prozent waren es sogar zwei. Signifikant meint dabei, dass mehr als zehn Prozent der Mitarbeiter von strukturellen Veränderungen betroffen waren. Reorganisation ist also mittlerweile der Standard. Als wichtigste Gründe wurden genannt: Veränderung des Geschäftsmodells, ein Strategiewechsel sowie das Ziel Wachstum.

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Siemens-Chef Peter Löscher hat gerade seinem Konzern innerhalb von vier Jahren zum zweiten Mal einen umfassenden Umbau verordnet. Zunächst wurden die drei Sektoren Industrie, Energie und Medizintechnik neu geschaffen, denen alle Geschäftsbereiche in 15 Divisionen untergeordnet wurden. Nun gibt es seit dem 1. Oktober mit Infrastructure & Cities einen vierten Sektor. Darin bündelt der Konzern Kompetenzen und Geschäfte, um Städten Lösungen für Mobilität, Umweltschutz und Energieeinsparung zu bieten. Für diesen neuen Sektor mit rund 87.000 Mitarbeitern mussten der Industrie-Sektor und der Energie-Sektor jeweils zwei Divisionen abgeben. Siemens, das auf eine über 160 Jahre alte Geschichte zurückblickt und einst als „Telegraphen-Bauanstalt“ gegründet wurde, verändert sich also weiter und setzt verstärkt auf umweltfreundliche Technologien – der Weltkonzern will grüner werden. Dazu passt die Ankündigung von Löscher im September, sich aus dem Atomgeschäft zurückziehen zu wollen. Siemens verfolgt konsequent die Megatrends, zu denen man zum Beispiel die Entwicklung von Megastädten rechnet. Und Siemens ist auch ein gutes Beispiel für einen anderen Trend: Diversifikation. Aufgrund der immer schwieriger werdenden Vorhersehbarkeit von Umweltveränderungen versuchen viele Unternehmen Risiken zu streuen. Sei vor einigen Jahren noch die Fokussierung, also das Beschränken auf wenige Produktbereiche, das Maß aller Dinge gewesen, werde nun eine Hinwendung zur Diversifikation sichtbar, sagt Thomas Hutzschenreuter von der WHU Vallendar. Neben der Internationalisierung sei das einer der Haupttrends in der Unternehmensentwicklung. Sein Lehrstuhl hat im Rahmen einer langjährigen Untersuchung bei 49 Prozent der 110 größten börsennotierten Unternehmen zuletzt sowohl eine regionale Ausweitung als auch eine Produktdiversifikation festgestellt. Wobei diese Beobachtung natürlich nicht allgemeingültig ist. Denn der zweitgrößte Trend ist die globale Fokussierung: weniger Produkte, dafür aber Präsenz in mehr Ländern. Eindeutiger ist der Wunsch der Unternehmen aufgrund der Volatilität der Märkte, die Strukturen und Prozesse möglichst flexibel zu halten, um schnell Anpassungen vornehmen zu können. Hier wird immer wieder der Begriff der „atmenden Organisation“ genannt. Aus diesem Grund hat die Zeitarbeit eine O K T O B E R / N O V E M B E R

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Unternehmen versuchen Risiken zu streuen


enorme Bedeutung bekommen und auch die Kurzarbeit wurde von den Firmen als Flexibilitätsinstrument vor allem bei der letzten Krise sehr geschätzt. BMW ist so ein Unternehmen, das einen hohen Anteil an Zeitarbeitern beschäftigt. Und der Konzern hat seine Werksproduktion so variabel gestaltet, dass er in der Lage ist, schnell auf Nachfrage-Schwankungen zu reagieren. In Dingolfing beispielsweise können auf einem Fließband verschiedene Modelle produziert werden. Welche Strukturen muss aber ein Unternehmen aufweisen, damit es auf der einen Seite schnell und flexibel und auf der anderen Seite noch innovativ agieren kann? Laut der Studie „Organisation 2015“ der Boston Consulting Group ist die divisionale Organisation, die Unternehmen in kleinere und weitgehend unabhängige Geschäftsbereiche aufteilt, auf dem Siegeszug. Typischerweise seien Divisionen nach Geschäftseinheiten wie Produkt- oder Kundensegmenten geschnitten und steuerten ergebnisverantwortlich die wesentliche Wertschaffung in ihrem Segment, heißt es von Seiten der Verfasser. Dadurch sinkt die Komplexität der Organisationsstruktur. Außerdem seien divisionale Organisationen besser als andere Organisationsformen in der Lage, „weiche“ Kompetenzen wie Führung, Motivation, Kooperationsverhalten und Veränderungsbereitschaft zu fördern. Zumindest was die Wissensarbeit angeht, wird zudem immer mehr und häufiger über Funktionen und manchmal auch über Hierarchien und Länder hinweg zusammengearbeitet

– bei Projekten zum Beispiel. Und „Unternehmen versuchen zunehmend Organisationsstrukturen zu schaffen, die an Veränderungen gewohnt sind“, sagt Ulrich Lichtenthaler. Es gehe dabei auch darum, dass Mitarbeiter Wandel als Chance begreifen. Im Zuge dessen sieht er einen Trend zu partizipativer Führung, zu „Shared Leadership“. Flache Hierarchien und lockere Strukturen auf der einen und starre Funktionen auf der anderen Seite – in großen Unternehmen ist nicht selten beides anzutreffen. „Auch in einigen, gerade technologiegetriebenen DAX-30-Konzernen findet man hochgradig innovative Organisationsformen“, erzählt Dieter Kern. Das gelte zum Beispiel für Entwickler und Designer-Teams, die mit viel Freiheit netzwerkartig zusammenarbeiten. Und daneben gibt es die jeweilige Konzernzentrale: viele Hierarchieebenen, klare Funktionsaufteilungen – klassisch und schwerfällig. „Das muss kein Nachteil sein“, sagt Kern. „Solche Strukturen können organisatorisch notwendige Verlässlichkeit und Zurechenbarkeit bieten.“ In Zeiten, in denen Flexibilität und Schnelligkeit mehr denn je gefragt sind und Produkteinführunsgzeiten kürzer werden, arbeiten Unternehmen immer wieder daran, Prozesse zu optimieren. Die Steigerung der Innovationskraft und der Wettbewerbsfähigkeit sind dabei stets aufs Neue ein Augenmerk. Wenn es um die Organisation von Abläufen geht, ist die Orientierung an den Prozessen seit Jahren ein Megatrend. Das sagt auch Dieter Kern von Mercer. Lean Management, Six Sigma, Customer Relationship Management, Kaizen – zahlrei-

Bewegte Tradition – Die Siemens Geschichte

Unternehmensgründung und erste Expansion (1847–1865) Für die Herstellung seines Zeigertelegrafen gründet der 31-jährige Werner von Siemens mit Johann Georg Halske die „Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske“. Der Zehn-Mann-Betrieb befindet sich in einem Berliner Hinterhaus. Über Jahrzehnte wird mit der Produktion elektrischer Telegrafen ein Großteil des Umsatzes erzielt.

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Siegeszug der Starkstromtechnik und internationale Großprojekte (1865–1890) Das Berliner Unternehmen entwickelt sich innerhalb weniger Jahrzehnte von einer kleinen Werkstatt, die neben Telegrafen vor allem Eisenbahnläutwerke, Drahtisolierungen und Wassermesser herstellt, zu einem der weltweit größten Elektrounternehmen. 1866 entdeckt Werner von Siemens das dynamoelektrische Prinzip und legt so die Basis für den Einsatz der Starkstromtechnik.

Wachstum, Verlust und Rückkehr auf den Weltmarkt (1890–1933) Der erste Straßenbahn-Omnibus wird gebaut. 1897 wird Siemens & Halske eine Aktiengesellschaft. Durch die Fusion mit Schluckert & Co. nimmt der Elektrokonzern erstmals auch im Bereich der Nachrichten- und der Energietechnik eine führende Position ein. Nach dem 1. Weltkrieg büßt Siemens knapp 40 Prozent seiner Substanz ein. Schon Mitte der 20er Jahre gehört Siemens wieder zu den fünf weltweit führenden Elektrokonzernen. Einzelne Produktbereiche werden in spezialisierte Tochterund Beteiligungsgesellschaften ausgegliedert, so entsteht unter anderem die Siemens-Reiniger-Veifa Gesellschaft für medizinische Technik mbH (ab 1932 Siemens-Reiniger-Werke AG). 1924 treibt Siemens die Standardisierung und Reorganisation der Prozesse in Richtung Fließfertigung voran.

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Fotos: Siemens AG

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che Management-Methoden mit kreativen Namen eroberten die Managementwelt in den letzten Jahren und hatten alle das Ziel der Prozessverbesserung und rückten dabei den Kunden in den Mittelpunkt. Klassische Funktionen würden allerdings auch bei einer Prozessorientierung nicht überflüssig“, erklärt Kern. Im Grunde ginge es immer wieder um die Frage: Wie organisiere ich eine effiziente und effektive Aufbau- und Ablauforganisation.

Streben nach ständiger Verbesserung Bei J.D. Neuhaus ist es die japanische Philosophie Kaizen, die Einzug gehalten hat. „Seit 2003 befassen wir uns mit der japanischen Lebens- und Arbeitsphilosophie Kaizen, dem Streben nach ständiger Verbesserung“, erzählt Wilfried Neuhaus-Galladé. Gemäß dieser Philosophie weise nicht die sprunghafte Verbesserung durch Innovation, sondern die schrittweise Perfektionierung des bewährten Produkts und der Prozesse den Weg zum Erfolg. „Unsere Fertigung haben wir sukzessive nach dem Prinzip des Kanban, dem japanischen Wort für Karte, von einer schiebenden auf eine ziehende Fertigung umgestellt“, so der Unternehmenschef. „Der gesamte Fertigungsprozess wird ausschließlich vom Kundenauftrag her gesteuert. Durch Kanban konnten wir komplett auf Lagerhaltung verzichten, zuvor mussten wir in Flaute-Jahren Millionenwerte verschrotten, wenn Lagerbestände nicht abgerufen wurden.“ Das Streben nach ständiger Verbesserung wird von vielen Unternehmen

Kriegswirtschaft, Wiederaufbau und Aufstieg zum Weltkonzern (1933–1966) 1938 ist das Elektronenmikroskop reif für die Serienfertigung. Mit dem Ende des 2. Weltkriegs steht die Existenz von Siemens in Frage. Die Vermögenswerte weltweit werden konfisziert, Patentrechte werden freigegeben. Eine Zerschlagung kann aber nach dem Krieg abgewendet werden. Die Produktpalette wird ausgebaut. Siemens steigt in die Datenverarbeitung ein. Großprojekte gewinnen an Bedeutung.

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heute verlangt – unabhängig von Begrifflichkeiten. Neben großen Organisations- und Strukturveränderungen, wollen Unternehmensleitungen eine kontinuierliche Weiterentwicklung sehen – der evolutionäre Wandel als Normalität mit dem beständigen Ziel, das Lern- und Wissenspotenzial zu vergrößern. Hier geht es nicht darum, eine Veränderung anzukündigen oder auszuhandeln und dann umzusetzen. Der Einzelne gestaltet sein Arbeitsfeld eigenverantwortlich, denkt unternehmerisch und sieht, wo, was zu verbessern ist. Die Führungskraft hört nicht auf, Change Manager zu sein. Nie wurde Führungskräften mehr abverlangt als heute. J.D. Neuhaus hat sich erfolgreich gewandelt und wird sich weiter wandeln müssen. Wohin geht es aber für die Unternehmen im Allgemeinen? Egal wohin, IT wird dabei sicherlich eine große Rolle spielen. Nicht wenige Experten erwarten die zunehmende Integration der IT als Business Partner und eine frühzeitige Einbindung der IT in Managementprozesse. Ein anderer Trend ist die weitere Öffnung der Unternehmen nach außen. Einige Firmen experimentieren beispielsweise damit, das Wissen der Außenwelt zur Vergrößerung des eigenen Innovationspotenzials zu nutzen. Open Innovation und Crowdsourcing sind hier beispielhafte Schlagwörter, die im Innovationsmanagement bereits Anwendung finden. Man kann das ruhig als Revolution bezeichnen, wenn sich abgeschottete Systeme wie Unternehmen derart öffnen – gravierende Veränderungen sind das. Sie sind nötig, um erfolgreich zu sein.

Neue Märkte und Geschäftsfelder (1966–1989) Siemens & Halske, die Siemens-Schuckertwerke und die Siemens-Reiniger-Werke werden vereinigt. 1966 wird die Siemens AG gegründet. Die Neuordnung wird zwei Jahre später mit der Bildung von sechs Unternehmensbereichen abgeschlossen. 1967 entsteht die Bosch-Siemens Hausgeräte GmbH. Spätere Erfolge der Siemens AG sind unter anderem der Bau des größten Wasserkraftwerks der Welt an der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien 1978 sowie 1980 die weltweit erste digitale Telekommunikationsanlage. Ende 1987 werden die ersten 1-Mbit-Chips produziert.

Jan C. Weilbacher

Deregulierung und Globalisierung (bis heute) 1989 werden die sieben Unternehmensbereiche in 15 geschäftsführende Einheiten gegliedert. 1990 übernimmt Siemens die Nixdorf Computer AG. Es entsteht die Siemens Nixdorf Informationssysteme AG, die 1999 wieder ausgegliedert wird. In diesem Jahr wird auch der Bereich der passiven Bauelemente und Röhren unter dem Namen Epcos AG und der Halbleiterbereich unter dem Namen Infineon Technologies AG outgesourct. Rund 70 Jahre nach der ersten Patentanmeldung fährt in Shanghai 2002 erstmals der Transrapid. 2005 wird Siemens Mobile verkauft. Nach Ausrichtung des Portfolios auf Demografie, Urbanisierung, Klimawandel und Globalisierung wird das Geschäft 2008 in drei Sektoren geteilt: Industrie, Energie und Medizintechnik. 2011 kommt der Sektor Infrastructure & Cities dazu.

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1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

Drei Fragen an

Brigitte Hirl-Höfer

Director Human Resources und Mitglied der Geschäftsführung, Microsoft Deutschland GmbH

»Die Fortschritte der Technologie sind rasant. Man muss sich nur die sozialen Netzwerke ansehen!«

1 Die Mehrheit der Menschen mag die Beständigkeit und die Kontinuität, denn das ist planbar und kalkulierbar und bringt weniger Risiken mit sich. Je nach den individuellen Lebensumständen variiert die Bereitschaft zur Veränderung. Weniger Bereitschaft zur Veränderung macht die Menschen weniger flexibel. Damit verschließt man sich neuer Möglichkeiten und neuer Lernfelder, die sehr bereichernd sein könnten. Ich finde es wichtig in jeder Veränderung primär die positiven Aspekte zu beleuchten.

2 In meinem Arbeitsumfeld ist das einzig Beständige die Veränderung. Gerade deswegen macht es den Job so herausfordernd und bereichernd. Eine wirklich große Veränderung war kürzlich ein komplett neues Beurteilungssystem, das war extrem spannend, da wir als Team die Aufgabe hatten innerhalb eines kurzen Zeitraums die Veränderungen umzusetzen.

3 Die Fortschritte der Technologie sind rasant und vernetzen die Menschen auf der ganzen Welt. Vor allem faszinieren mich die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklungen und wie schnell sich die Menschen darauf einstellen können. Man muss sich nur die sozialen Netzwerke ansehen!


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TITEL

Fotos: www.simon-katzer.de; Privat

Wir sind bestimmt von Organisationen, die sich fortlaufend verändern. Diese Tatsache fasziniert Heiko Roehl. Welche Trends sieht er in der Organisationsentwicklung und: Was ist die Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit?

Herr Roehl, bei Ihnen spielen Organisationen eine große Rolle. Sie sind bei der GIZ Leiter Unternehmensorganisation, Sie sind Lehrbeauftragter für Organization Studies an zwei Hochschulen sowie Redakteur der Zeitschrift für Organisationsentwicklung und Buchautor zum Thema. Was fasziniert Sie an Organisationen und ihrem Wandel? Ich bin seit 15 Jahren mit dem Thema beschäftigt und noch immer zutiefst fasziniert davon – und je mehr ich mich damit beschäftige, desto interessanter finde ich es. Sehen Sie: Wir alle verbringen einen guten Teil unseres Lebens in Organisationen. Wir arbeiten in Organisationen, kaufen in Organisationen ein, erhalten von Organisationen unsere Personalausweise, machen in Organisationen Sport und gehen abends in einer Organisation Bier trinken. Wir sind jeden Tag bestimmt von Organisationen, selbst wenn wir nicht innerhalb der Systemgrenze von Organisationen wirken, so sind wir doch betroffen von dem, was in Organisationen vor sich geht: Ist das Betriebsklima im Supermarkt miserabel, dann ist die Kassiererin wahrscheinlich missmutig. Was mich an dem Thema bewegt ist, dass wir meist nur auf die Person schauen und selten auf die Organisation, die mit ihren Eigenheiten hinter ihr steht und ihr Verhalten maßgeblich beeinflusst. Und das fasziniert Sie? Absolut. Interessant ist, dass Mitglieder häufig das, was in Organisationen geschieht, als gegeben hinnehmen. Es wird meist wenig hinterfragt, warum die Spielregeln der Organisation so sind, wie sie sind, und warum man diese Regeln nicht veränO K T O B E R / N O V E M B E R

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dern kann. Das ist doch äußerst faszinierend. Die Antwort auf diese Frage ist nämlich meist eine personelle: Statt die Regeln zu ändern, wird der Mensch als Ressource der Organisation angepasst. Kommt der Mitarbeiter nicht mit seiner Führungskraft klar, dann wird der Grund im Mitarbeiter oder in der interpersonellen Beziehung gesucht. Nicht aber in dem möglicherweise chaotischen Kontext der Personen, also etwa im ungeklärten Mandat der Organisationseinheit oder in der widersprüchlichen strategischen Orientierung der Gesamtorganisation – die ja möglicherweise Grundlage des Konflikts ist. Gibt es branchenübergreifende Trends, wie sich Organisationen – vornehmlich Unternehmen – in den letzten Jahren und Jahrzehnten geändert haben? Es gibt eine Reihe von Trends, die etwa bedingt sind durch Umfeldfaktoren wie Konjunktur- und Produktzyklen. Die zunehmende Dynamik und Turbulenz im Umfeld von Organisationen üben Veränderungsdruck aus, die Welt wird immer weniger berechenbar, das erleben wir jeden Tag. Es gibt bestimmte Organisationstypen und -formen, die mit dieser Situation besser umgehen können als andere. Nehmen sie die Globalisierung, die in vielen Märkten einen gewaltigen Druck erzeugt hat. Das zwingt Organisationen in die Notwendigkeit sich anzupassen, umzubauen, sich neu zu erfinden, nicht nur aufbau- und ablauforganisatorisch, sondern vor allem in den Geschäftsmodellen. Lassen Sie mich als Beispiel die Dezentralisierung von Verantwortung anführen – beispielsweise durch Geschäftsfeldorganisationsmodelle. Hier wird nicht 27


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mehr rein funktional agiert, sondern in radikaler Ausrichtung mung der Organisation, die in strategische Signale umgeauf den Kunden. Ein weiteres Beispiel ist die grundlegende münzt werden kann: Wo sind welche Akteure in meinem Flexibilisierung von organisationalen Strukturen. OrgaUmfeld, wie handeln diese heute und wie werden sie morgen nigramme waren vor 30 Jahren vielerorts noch wie in Stein gehandeln? Welche Faktoren bergen für mich Chancen, welche meißelt, Grundpfeiler und Referenzpunkt der Organisation. Risiken? Diese strategische Radarfunktion wird immer wichHeute werden Organisationseinheiten rasch auf- und wieder tiger, weil zum Beispiel die Interessensgruppen von Organisaabgebaut, flexible Geschäftseinheiten entstehen und gehen tionen immer differenzierter und unberechenbarer werden. wieder unter. Je nachdem, welche Funktionalitäten der OrKunden wollen heute wissen, woher die Produkte kommen, ganisation gerade wichtig sind. Ein weiterer Trend ist sicher die sie kaufen. Bleiben Unternehmen diese Antworten schulauch die zunehmende Virtualisierung von organisierter Wertdig, dann können diese Kunden schnell zu Aktivisten werden, schöpfung. die weltweit zum Boykott der Produkte aufrufen. Was heißt Virtualisierung von Organisationen? Zukunftsfähigkeit bedeutet also einerseits, sich regelmäßig Früher fand die Organisation nur hinter dem Werkstor statt, ernsthaft und systematisch Fragen zu stellen wie: Wo passiert das hat sich relativiert. Organisationen transzendieren inzwiauf der Welt gerade etwas, das uns gefährden oder weiterhelschen Zeit und Raum, ihre Grenzen weichen auf, ihre Wertfen könnte? Wie verändert sich der regulatorische Rahmen schöpfung ist nur noch bedingt auf Zeiten und Orte festgelegt. meines Geschäfts? Andererseits bedeutet es, diese BeobachDas gilt insbesondere für die wissensintensive Wertschöptungen in vorausschauendes strategisches Handeln umzuforfung, die heute global entgrenzt und fortwährend stattfindet. men, also Strukturen, Prozesse, Geschäftsmodelle und ProAuch die eigenständige, monolithische Organisation gehört dukte diesen Entwicklungen entsprechend auszurichten. Das der Vergangenheit an. Netzwerkorganisationen spielen heute kann nicht von einzelnen Personen gelöst werden. Hier geht eine wichtige Rolle, laterale Wertschöpfungsnetzwerke weres um organisatorische Systeme, die Menschen zusammenden immer wichtiger. Märkte werden nicht mehr von einzelbringen, um Umfeldbeobachtung zu leisten und strategische nen, eigenständigen Unternehmen bedient, sondern von ganImplikationen abzuleiten. zen Schwärmen von Organisationen, von integrierten WertHeißt das, dass die Zeit des großen Leaders an der Unterschöpfungsnetzen. Die klassische Wertschöpfungskette ist in nehmensspitze vorbei ist und Hierarchien obsolet werden? vielen Märkten längst dekonstruiert. Das kann man pauschal nicht sagen. Hierarchien sind nicht Was ist denn heute der prägende Trend? per se gut oder schlecht. Sie sind erst einmal OrdnungssysIch bin nicht sicher, ob es sinnvoll ist, aus der Vielzahl von Entteme, genauso wie funktionale Differenzierungen. Dass eine wicklungen eine einzelne herauszugreifen. Es ist oft erst die Aufgabe A von dem Bereich B übernommen wird, das gehört Kombination von Veränderungstrends, zur Natur der Organisation, genau wie die es den handelnden Akteuren so Hierarchien. Sie orientieren und steuern schwer macht, sich darauf einzustellen. Handlung. Nehmen Sie etwa die Herausforderung, Und Hierarchien wird es immer in irdie sich für die Steuerung von Organisagendeiner Form geben? tionen aus der Kombination von DezentSeit 2007 leitet Heiko Roehl die UnternehHierarchien sollte es immer geben, weil ralisierung und Virtualisierung ergeben: mensorganisation der Deutschen Gesellsie geniale Systeme sind, um KomplexNicht nur herrscht in den entfernten Geschaft für internationale Zusammenarbeit itäten zu reduzieren und folgenreiche schäftseinheiten hohe Eigenständigkeit, (GIZ) in Eschborn. Das Bundesunternehmen Entscheidungen zu ermöglichen. Orgadie gemeinsames, zielorientiertes Hanist in mehr als 130 Ländern weltweit aktiv nisationen leben durch Entscheidungen. deln und Standardisierung erschweren, und hat mehr als 17.000 Mitarbeiter. Die Sind Netzwerke – gerade im Web-2.0sondern ich interagiere auch mit MenGIZ entstand im Januar aus der VerschmelZeitalter – nicht der genaue Gegenentschen, die ich kaum jemals als Personen zung der Gesellschaft für Technische wurf? Zeigen die nicht, dass es auch anzu Gesicht bekomme. Schwierig. Zusammenarbeit (GTZ), der Internationalen ders geht? Einzelne tun sich zusammen, Wenn Sie mich fragen, welches TheWeiterbildung und Entwicklung gGmbH um ein Problem zu lösen. ma sich im Veränderungsmanagement (Inwent) und dem Deutschen EntwickDiese Netzwerke stoßen aber spätestens wie ein roter Faden durch die letzten lungsdienst (DED). dann an eine Grenze, wo sie konzertiert Jahre zieht, dann lässt sich das am besHeiko Roehl ist Autor zahlreicher Publikaeine komplexe Wertschöpfung gestalten unter dem Begriff Zukunftsfähigkeit tionen zu Organisation und Veränderungsten und damit entscheiden müssen. Das zusammenfassen. Damit ist die Fähigmanagement. Er ist Mitherausgeber der Modell Wikipedia ist deshalb nur sehr keit der Organisation gemeint, nicht nur Zeitschrift für Organisationsentwicklung. begrenzt als Vorbild für Organisationen schneller anpassungsfähig zu werden, Zudem ist er unter anderem Honorarprotauglich. Es steckt aber auch viel Wahsondern Veränderungsnotwendigkeiten fessor der Albert-Ludwigs-Universität Freires, in dem was Sie sagen. Führung hat vorauszuahnen und in kluges strategiburg. Im Bereich Forschung, Gesellschaft sich mit den eben beschriebenen Entsches Handeln zu übersetzen. Es wird und Technik der DaimlerBenz AG leitete wicklungen doch recht grundlegend immer spürbarer, dass Anpassung nicht er von 1996 bis 2001 Forschungs- und Beragewandelt. Führung durch Besserwismehr reicht, um zu überleben. tungsprojekte zu Aspekten organisierter sen und Ansage, durch reine Autorität, Was ist die wichtigste Voraussetzung Wertschöpfung. Von 2002 bis 2007 unterFührungsmodelle also, durch die die für die Zukunftsfähigkeit? Ein Managestützte er im Auftrag der Bundesregierung Hierarchieidee in Misskredit geraten ist, ment, das Entwicklungen antizipieren die Organisationsentwicklung der Nelson werden langsam aber sicher der Verkann? Mandela Foundation in Johannesburg/ gangenheit angehören. Heute wird Die erste und wichtigste Voraussetzung Südafrika im Kampf gegen HIV/AIDS. kontextuell geführt. Wissensintensidafür ist eine breite Umfeldwahrnehve Organisationen zu führen bedeutet,

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»Führung durch Ansage wird der Vergangenheit angehören.«

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Rahmenbedingungen herzustellen, in denen Menschen Lösungen entwickeln, kommunizieren und entscheiden können. Wie steht es mit der Vernetzung von Wissen in den Organisationen? Wie weit sind da die Unternehmen und wie kann der bestmögliche Austausch von Wissen unterstützt werden? Das ist zurzeit eine der zentralen Fragen. Wenn wir feststellen, dass Unternehmen auf der einen Seite immer wissensintensiver werden, dann müssen wir auf der anderen Seite konstatieren, dass der Umgang mit Wissen in Organisationen vielerorts noch in den Kinderschuhen steckt. Denn eigentlich sind unsere Wissensorganisationen heute ja noch immer so strukturiert wie Verwaltungen von Stahlwerken vor hundert Jahren strukturiert waren. Die offene, atmende kollektiv denkende Wissensorganisation ist ein absoluter Einzelfall. Die Schwierigkeit besteht eben darin, Organisationen zu schaffen, die der Tatsache Rechnung tragen, dass Wissen ja nicht einfach ausgetauscht werden kann. Interpersonales Wissen entsteht erst durch Kommunikation, durch soziale Bewertungsprozesse. Wissensorganisationen zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie nicht nur das Wissen der Individuen vernetzen und in Bewegung bringen und Menschen dazu bringen, produktive Kommunikation zusammen zu betreiben und kreativ nach alternativen Lösungen zu schauen. Sondern Wissensorganisationen haben einen guten Teil ihres Wissens in der Organisation verbaut, in Geschäftsmodellen, Prozessen, IT-Lösungen, Handbüchern, oft auch in der Kultur, in Bräuchen und Ritualen, die das Verhalten des einzelnen im Arbeitsalltag bestimmen. Können Sie ein Beispiel nennen? Die Art wie Dell beispielsweise Produkte vertreibt oder wie bestimmte Organisationen Kundenmanagement betreiben: Da spricht das kristallisierte, kollektive Wissen der Organisation. Ich kenne eine Modefirma, die im Wesentlichen deshalb erfolgreich ist, weil sie ihre Wissensprozesse so genial organisiert haben: Wenn der Kunde etwas im Laden kauft, landet diese Information über kluge, sinnstiftende Aggregierungen sofort auf dem Schreibtisch der Designer, die dieses Wissen dann als Grundlage für neue, ähnliche Produkte nehmen. So sind die Produkte in Echtzeit immer extrem nah an der Kundenpräferenz. Sie selbst sind zurzeit in der Mitverantwortung für ein großes Veränderungsprojekt. Im Januar ist die GIZ aus GTZ, DED und InWent hervorgegangen. Was ist der Hintergrund der Fusion von gleich drei Organisationen? Das erklärte Ziel dieser Fusion ist es, die drei Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit schlagkräftiger zu machen und sie geschlossen auftreten zu lassen, indem man sie zusammenfasst. Das führt zu einer wirkungsvolleren Entwicklungszusammenarbeit. Die GTZ ist viel größer gewesen als die beiden anderen Organisationen. Prallen da auch verschiedene Kulturen aufeinander? Ich stelle im Moment fest, dass wir in allen drei Organisationen einen sehr ähnlichen Wertekompass haben. Wir haben ein gemeinsames Ziel, und das ist eine wirkungsvolle und integrierte Entwicklungszusammenarbeit. Dieses gemeinsame Ziel hat eine sehr starke Zugkraft, das kulturübergreifend wirkt. Aber es gibt doch bei einer Fusion immer auch Leute, die Nachteile aufgrund einer Fusion haben? Eine Führungsposition kann nur einmal besetzt werden. So wie es gegenwärtig aussieht, finden wir für diese Fragen gemeinsam produktive Lösungen. Wann wird eine Fusion zum Erfolg? Was ist der entscheidende Faktor? Das ist eine spannende Frage. Es gibt gute Beispiele für nicht erfolgreiche Fusionen, von denen Sie jeden Tag in der Zeitung lesen können. Ich würde den Erfolg einer Fusion im Wesentlichen am langfristigen Geschäftserfolg messen. Wenn nach einer gewissen Zeit die Firma erfolgreich am Markt positioniert ist und in der neuen integrierten Form zukunftsfähig ist, dann, würde ich sagen, war die Fusion erfolgreich. Das Interview führte Jan C. Weilbacher

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Richard Pott ist seit 2002 Personalvorstand bei Bayer. Er hat bereits einige große Veränderungen im Konzern mitgemacht. Und der Wandel geht immer weiter. Sind die Zeiten in der Pharmabranche hektischer geworden?

Herr Pott, wohl nur wenige Branchen wie die Pharma- und Chemiebranche sind seit Jahren kontinuierlich einem permanenten Veränderungsdruck ausgesetzt. Fühlt man sich da als Spitzenmanager eigentlich manchmal gehetzt? Keine Frage – die Zeiten sind hektischer geworden. Aber man kann sich frühzeitig durch Planungen und Betrachten unterschiedlicher Szenarien auf Entwicklungen vorbereiten, um rechtzeitig Entscheidungen treffen und Handlungen beschließen zu können. Ende 2010 hat Bayer ein Sparprogramm und den Abbau von weltweit 4.500 Stellen angekündigt. Warum ist das nötig und wie kommen Sie mit dem Programm voran? Wir wollen unsere Ressourcen noch konsequenter in das Wachstum und die Innovationskraft investieren – also in Forschung, Entwicklung und Vermarktung neuer Produkte sowie in den Ausbau der Aktivitäten in den Schwellenländern. Dadurch entsteht ein hoher Investitionsbedarf, dem Umsatz- und Ergebnisdruck, steigende Entwicklungskosten und Belastungen aus der Gesundheitsreform entgegenstehen. Die erforderlichen finanziellen Mittel müssen durch Effizienz- und Sparmaßnahmen freigemacht werden. Im Rahmen dieses Programms, mit dem wir übrigens gut vorankommen und das von unseren Betriebsräten konstruktiv begleitet wird, werden weltweit 4.500 Stellen entfallen und gleichzeitig rund 2.500 Arbeitsplätze in den Schwellenländern aufgebaut. Wir sprechen aktuell mit den Arbeitnehmervertretern darüber, den bestehenden Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen in Deutschland bis Ende 2015 zu verlängern. Der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers hat davon gesprochen, Führungsstrukturen effizienter zu gestalten. Das heißt, die Entscheidungswege bei Bayer sind zu schwerfällig? Wir wollen insbesondere administrative Strukturen straffen. So sollen in allen Bereichen klare Verantwortlichkeiten de30

finiert und somit schnellere Entscheidungswege geschaffen werden. Wir haben mit der konzernweiten Einführung unserer neuen Werte unter dem Begriff LIFE zudem die Basis für ein gemeinsames Verständnis gelegt. Wofür steht LIFE? LIFE steht für Leadership – also Führung –, Integrität, Flexibilität und Effizienz. Darunter wollen wir die weitere Entwicklung des Konzerns vorantreiben. Bayer hat schon viele Veränderungen erlebt. Im Jahr 2002 gab es den größten Umbau in der Firmengeschichte. Es wurde eine strategische Holding mit den drei rechtlich selbstständigen operativen Einheiten für HealthCare, CropScience und MaterialScience eingeführt. Lanxess ging als eigenständiges Unternehmen an die Börse. Was hat man sich von dem Umbau erhofft? Die Umstrukturierung des Bayer-Konzerns in eine strategische Holding mit je drei Teilkonzernen und Servicegesellschaften ermöglichen den einzelnen Gesellschaften eine stärkere Fokussierung auf ihre Kernkompetenzen. Bayer ist immer ein Unternehmen gewesen, das durch Innovationen und wegweisende Produkte erfolgreich neue Märkte und Wachstumspotenziale erschlossen hat. Wir haben daher damals unsere Geschäftsaktivitäten auf die stärker wachstumsund innovationsgetriebenen Geschäfte fokussiert. Diese Strategie hat sich als richtig erwiesen. 2006 wurde dann Schering von Bayer übernommen. Den Mitarbeitern werden seit Jahren eine Menge Veränderungen zugemutet… Mit dem Erwerb von Schering konnten wir das Pharmageschäft deutlich ausbauen. Die Integration von Schering war für die Mitarbeiter sicherlich ein einschneidender Schritt. Wir hatten seinerzeit bereits sehr früh festgelegt, dass die notwendigen Synergiemaßnahmen bei Bayer und Schering und die

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damit einhergehenden Personalanpassungen fair und ausgeragende Kompetenzen in bestimmten Indikationsgebieten wogen erfolgen und alle Instrumente zur Beschäftigungssi– darauf bauen wir auch in Zukunft. cherung angewandt werden. Sie dürften kein Freund der letzten Gesundheitsreform sein. Müssen sich Menschen in der PharmaWas bedeutet denn zum Beispiel das zu und Chemiebranche damit abfinden, Jahresbeginn in Kraft getretene Arzdass der Wandel zum Business gehört? neimittelmarktneuordnungsgesetz für Ohne den Wandel und die Anpassung an den Konzern und die Mitarbeiter? das weltwirtschaftliche Umfeld und seiWir gehen derzeit von finanziellen ne Erfordernisse würde es Bayer heute Belastungen in Deutschland in einer sehr wahrscheinlich so nicht mehr geGrößenordnung von 25 Millionen Euro ben. Deshalb haben wir uns stets auf jährlich aus. Dabei ist noch unklar, wie neue Herausforderungen ausgerichtet sich im Einzelfall die Nutzenbewertung und uns mit unserer Mission Science for neuer Medikamente auf die Preisfina better Life eine langfristig gültige Oridung auswirken wird. Wie in Deutschentierung gegeben. Mit der Konzentraland werden aber auch in anderen Läntion auf die innovativen Kerngeschäfte dern Kostendämpfungsmaßnahmen haben wir die Basis für eine nachhaltige umgesetzt. Weltweit machen sich diese Stärkung der Ertragskraft von Bayer geEffekte voraussichtlich mit 250 bis 300 schaffen. Millionen Euro pro Jahr in unserem ErWenn sich Unternehmenswandel gebnis bemerkbar. grundsätzlich immer häufiger vollWir versuchen, mit Effizienzsteigezieht, welche Aufgaben sehen Sie da rungen, schlankerer Organisation und für den HR-Bereich vor allem? Flexibilität diese Belastungen aufzufanHR hat sich bei Bayer in den vergangen – denn die Kosten für Erforschung genen Jahren immer stärker von einer und Entwicklung neuer Medikamente vorwiegend administrativen zu einer steigen weiter. Auch das Risiko, dass die strategisch arbeitenden Funktion entProjekte scheitern, bleibt hoch: Nur ein wickelt. Ein wichtiges Element dieser Bruchteil der geprüften Substanzen erneuen Ausrichtung ist es, Verändereicht den Markt. rungsprozesse im Unternehmen proWird sich deshalb der Trend zu stratefessionell zu begleiten und zu steuern. Richard Pott könnte im nächsten Jahr ein gischen Partnerschaften und KooperaAnderen im Unternehmen dabei helfen, Jubiläum feiern. Im Mai 2012 wären es tionen in der Pharmabranche weiter sich zu verändern, betrachten wir als zehn Jahre, die er bereits im Bayer-Vorverstärken? eine der Hauptaufgaben von HR – sei stand sitzt – keine Selbstverständlichkeit Eindeutig ja. Je teurer die Entwicklung es durch individuelles Feedback, ein heutzutage. Er ist das mit Abstand dienstneuer Medikamente wird, umso wichtiumfangreiches Trainingsangebot oder älteste Vorstandsmitglied. ger wird die Kalkulation des damit verganzheitliches Change Management bei Richard Pott ist verantwortlich für Stratebundenen Risikos. Kooperationen wird komplexeren Veränderungen in der Orgie und Personal. Zudem ist der 58-Jähes bei der Erforschung, Entwicklung ganisation. Die Strukturen und Prozesrige Arbeitsdirektor des Unternehmens. und Vermarktung neuer Substanzen se von HR müssen heute so schlank und Darüber hinaus ist er zuständig für die auch künftig geben. Netzwerke sind im flexibel sein, dass sie schnell an veränBetreuung der Regionen Amerika, Afrika wissenschaftlichen Bereich grundsätzderte Anforderungen angepasst werden und Naher Osten. lich unverzichtbar – das liegt schon an können. Auch in dieser Hinsicht haben Richard Pott hat sich im Bayer-Konzern der üblichen Komplexität der Fragewir in den vergangenen Jahren durch hochgearbeitet. Nach Physik-Studium und stellungen. eine Neuausrichtung unserer PersonalPromotion begann er 1984 seinen berufInwieweit wird dieser Trend wohl die funktion viel erreicht. lichen Werdegang im Bereich Zentrale Arbeit der HR-Manager in Zukunft änWenn wir mal auf das Pharmageschäft Forschung im Werk Uerdingen. 1987 war dern? blicken: Wovon geht der größte Veräner als Organisationsberater im Bereich Ob Sie mit internen oder externen Partderungsdruck aus für Bayer: Die starUnternehmensorganisation und ab 1989 nern in einem Projekt kooperieren, so ke Konkurrenz, die steigenden Entals Strategie-Berater in der Strategischen müssen doch in beiden Fällen die beteiwicklungskosten oder Regulierungen Planung tätig. Drei Jahre später übernahm ligten Mitarbeiter teamfähig und komdurch die Politik? er die Leitung dieser Abteilung. 1997 munikationsstark sein und eine vertrauKonkurrenz ist selbstverständlich – wir wurde Richard Pott zum Leiter des Konzernensvolle Arbeitsatmosphäre schaffen können nur bestehen, wenn wir uns mit bereichs Konzernplanung und Controlling können. Gefordert sind zudem häufig innovativen Produkten im Wettbewerb ernannt, bevor ihm 1999 die Leitung des interkulturelle Kompetenzen, die auch behaupten. Die steigenden EntwickGeschäftsbereichs Spezialprodukte im internen Umgang bei Bayer immer lungskosten für neue Produkte, die wir übertragen wurde. wichtiger werden. Die Beschäftigten natürlich verdienen müssen, und die Richard Pott ist verheiratet und hat drei mit diesen Fähigkeiten auszustatten, ist zunehmenden Regulierungen sind siKinder. eine Kernaufgabe von HR, die wir bei cher nicht einfach zu bewältigen. Aber Bayer mit zahlreichen Angeboten und Bayer ist ein forschungsorientiertes Instrumenten wahrnehmen. Unternehmen und verfügt über hervorInterview: Jan C. Weilbacher

Foto: Privat

Richard Pott

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1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

Drei Fragen an

Dieter Frey

Professor für Sozialpsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München

1 Veränderungen werden dann natürlich gemocht, wenn sie Verbesserungen darstellen, wenn sie Verbesserungen für den Einzelnen oder das Team bringen. Jedermann ist offen für Veränderungen, wenn das beispielsweise verbunden ist mit einer Beförderung, Gehaltserhöhung, mit einer interessanteren Aufgabe, einem höheren Status oder mehr Prestige. Das ist aber sehr oft nicht der Fall. Veränderungen sind häufig verbunden mit Verschlechterungen. Weniger Leute müssen mehr arbeiten. Es geht um Veränderung von Ablaufprozessen, mit denen man noch nicht vertraut ist und wo zunächst erhöhter Aufwand und Energieeinsatz notwendig sind. Und oft ist es auch mit Verlusten verbunden: der Verlust von Kollegen, von Status, von Macht oder Geld. Also, auf den Punkt gebracht: So lange Veränderungen mit irgendwelchen Verlusterlebnissen oder erhöhtem Aufwand verbunden sind oder gar als ungerecht, nicht sinnvoll, nicht notwendig betrachtet werden, dann werden sie negativ gesehen. Aber, um es klar zu sagen: Veränderungen können auch positiv betrachtet werden, wen man sie in einen positiven Kontext setzt, wenn sie in überzeugender Weise als sinnvoll und notwendig dargestellt werden. 2 Im Rahmen der Exzellenz-Initiative habe ich an der LMU München das neu gegründete Center für Leadership und People Management übernommen. Unser Team arbeitet daran, alle Dozenten und Professoren der Uni im Bereich Mitarbeiterführung auszubilden. Wissenschaftler sind ja sehr häufig gute Fachleute, aber sie haben oft keine Ahnung, wie man zum Beispiel mit Menschen umgeht, wie man sie motiviert oder wie man Ziele vereinbart. Es war eine Herausforderung ein Team auszuwählen von Leuten,

»Die wollen Gesellschaft verändern. Leider fragen wir diese Ideen viel zu wenig ab.« die einerseits schon Erfahrung hatten in Führungskräftetrainings, die aber andererseits auch ambitioniert sind, das wissenschaftlich zu begleiten und sich gleichzeitig wissenschaftlich weiter zu qualifizieren. Gott sei Dank war diese Veränderung deshalb positiv, weil man täglich neue Erfahrungen machen konnte, weil man permanent improvisieren musste, da die Bedürfnisse der Professoren je nach Fachgebiet total unterschiedlich waren. 3 Also im Moment machen mir eher viele Entwicklungen in der Wirtschaft und Gesellschaft Sorgen. Wenn ich jetzt nur die Finanz- und Schuldenkrise sehe. Da kann ich nun gar nicht optimistisch und fasziniert sein. Aber Sie haben ja jetzt nach dem Positiven gefragt. Ich bin immer wieder erstaunt von den guten

Ideen der hoch motivierten Studierenden. Da habe ich schon das Gefühl, die wollen etwas bewegen, die wollen Gesellschaft verändern. Leider fragen wir diese Ideen viel zu wenig ab. Aber ich merke nun, dass auch die Firmen erkannt haben, dass wir diese jungen Menschen in den Firmen besser behandeln müssen – durch bessere Führung. Der Punkt ist ja, dass die jungen Leute nicht nur Karriere machen wollen. Sondern sie wollen mehr denn je ein vernünftiges Privat- und manchmal auch Familienleben haben. Und eben im Beruf erfolgreich sein. Was mich ebenfalls besonders fasziniert, ist die Schnelligkeit des Umdenkens in unserer Gesellschaft – wohl wissend, dass eben dies von vielen auch negativ gesehen wird: Wie sehr zum Beispiel eine Katastrophe, wie sie in Japan passiert ist, letztlich das gesamte Denken hinsichtlich erneuerbarer Energien verändert.


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Einen Veränderungsprozess anzustoßen und umzusetzen ist nicht leicht. Auf vieles muss geachtet werden. Was sind die grundlegenden Erfolgsfaktoren bei einem Change-Projekt?

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s ist eine der schwierigsten Aufgaben ihres Arbeitslebens: Wenn die Führungskräfte eines Unternehmens einen Change-Prozess anstoßen wollen, haben sie zwar zumindest eine grobe Vorstellung davon, welches Ziel sie erreichen möchten. Doch der Weg dorthin ist nur selten auf Anhieb klar zu erkennen. Sicher ist dagegen, dass sich in jedem Change-Projekt Fallstricke verbergen. Nur wer sie umgeht, wird am Ende erfolgreich sein. Dabei können sich Führungskräfte von Erfolgsfaktoren leiten lassen, die Change-Projekte gelingen lassen – unabhängig davon, welchem Zweck die Veränderung dient, wie groß das betreffende Unternehmen ist und zu welcher Branche es gehört.

Foto: Privat

Entwickeln Sie zunächst eine Vision. Erstellen Sie dann einen detaillierten Plan, wie Sie die Vision erreichen wollen. Bevor ein Change-Projekt beginnen kann, müssen Führungskräfte zunächst einmal die Frage beantworten, welches Fernziel sie verfolgen – und welchen Nutzen es für das Unternehmen sowie dessen Mitarbeiter und Kunden hat. Dieses Ziel müssen Führungskräfte klar und unmissverständlich formulieren können, denn sonst fehlt ihnen selbst und ihrer Organisation während des Change-Prozesses der Kompass. Danach entwickeln die Manager einen detaillierten Plan, wie sie ihre Vision erreichen wollen. Wunschdenken ist dabei fatal. „Man muss hinterfragen, ob der Plan realistisch ist und die Organisation wirklich in der Lage, ihn umzusetzen“, sagt Carolin Oelschlegel, Change-Expertin der Unternehmensberatung Booz & Company. „Sonst werden zwangsläufig Frust und Enttäuschung die Folge sein.“ O K T O B E R / N O V E M B E R

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Sorgen Sie dafür, dass die oberste Führungsebene geschlossen hinter dem Change-Vorhaben steht und ein authentisches Vorbild abgibt. Die Führungskräfte des Unternehmens müssen Einheit demonstrieren. Nur wenn sie durch Worte wie Taten zeigen, dass sie alle gleichermaßen hinter dem Change-Vorhaben stehen, können sie Mitarbeiter überzeugen, die gewünschten Veränderungen mitzutragen. In der Praxis werden zwar selten alle Führungskräfte in sämtlichen Details gleicher Meinung sein, dennoch müssen sie sich auf eine einheitliche Sprachregelung verständigen, an die sich alle halten. „Schert eine Führungskraft offen aus, erzeugt das bei Mitarbeitern Verunsicherung“, warnt Beraterin Oelschlegel. Der Erfolg des Change-Projekts ist damit in Gefahr.

Betrachten Sie das Unternehmen nicht als Einheit, sondern denken sie an die Eigenheiten verschiedener Gruppen. In großen Organisationen ist nicht jeder Mitarbeiter gleichermaßen von den anstehenden Veränderungen betroffen. Manche profitieren direkt davon und werden schon deshalb zu den Unterstützern des Projekts zählen. Andere dagegen gehören eher zu den Verlierern – etwa weil sie Besitzstände abgeben müssen – und werden sich gegen die Veränderungen sträuben. Und auch alle anderen Stakeholder wie Anteilseigner oder Kunden haben oft sehr verschiedene Interessen. Darauf müssen sich Führungskräfte schon beim Planen des 33


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Change-Projekts einstellen. „Indem sie vorausahnen, wie verschiedene Gruppen reagieren werden, können sie ihren Plan und ihre Kommunikationsstrategie darauf abstimmen – zum Beispiel mit gezielten Informationen für verschiedene Zielgruppen“, sagt Oelschlegel.

Geben Sie Mitarbeitern Werkzeuge an die Hand, die sie brauchen, um die gewünschten Veränderungen zu meistern.

Nehmen Sie sich viel Zeit für die Kommunikation und sprechen Sie so oft wie möglich persönlich mit Mitarbeitern.

Soll sich ein Unternehmen grundsätzlich wandeln, stehen einzelne Mitarbeiter im Verlauf des Projekts vor vielerlei Herausforderungen und unbekannten Situationen. Um die zu bewältigen, brauchen sie die richtigen Werkzeuge – passende Software etwa genauso wie persönliche Fähigkeiten und Kenntnisse. Vieles davon können Manager vorausahnen und entsprechend vorsorgen. „Generell muss das Unternehmen schnell handeln und dem betreffenden Mitarbeiter die benötigten Werkzeuge zur Verfügung stellen“, sagt Berater Strack. Lässt die Unterstützung zu lange auf sich warten, fühlen sich Mitarbeiter allein gelassen.

Zu Beginn des Change-Projekts sollte der CEO möglichst viele Mitarbeiter direkt auf die anstehenden Veränderungen einschwören. Dazu kann das Unternehmen zum Beispiel ein sogenanntes Town Hall Meeting einberufen, bei dem der Firmenlenker persönlich zu vielen hundert Mitarbeitern spricht. Dort kann der Manager seine Vision darlegen und erklären, warum Veränderung notwendig ist und was sie dem Unternehmen, seinen Mitarbeitern und den Kunden bringt. Weitere Informationen kann das Unternehmen über das mittlere Management oder das Intranet verbreiten. „Bei der reinen Information der Mitarbeiter sollte man es aber nicht bewenden lassen“, sagt Beraterin Oelschlegel. „Danach muss ein Dialog folgen, bei dem die Manager Fragen der Mitarbeiter beantworten und sich deren Bedenken stellen.“

Begeistern Sie Manager der mittleren Führungsebenen für das Change-Projekt und machen Sie sie zu Ihren Unterstützern. Wenn ein Unternehmen einen fundamentalen Wandel anstoßen möchte, muss es die Masse der Mitarbeiter dazu bewegen, bei den anstehenden Veränderungen mitzuarbeiten. Der obersten Führungsriege gelingt es allein kaum, eine solche Massenbewegung auszulösen. Sie ist auf die Hilfe der Manager der mittleren Führungsebene angewiesen. „Sie sind nah dran an den einzelnen Mitarbeitern und können für die Umsetzung des Change-Projekts in den einzelnen Abteilungen und Teams sorgen“, sagt Rainer Strack, Partner der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG). Deshalb sollten die Unternehmenslenker viel Energie darauf verwenden, die mittleren Manager zu ihren Mitstreitern und Unterstützern zu machen, sogenannte Change Agents.

Motivieren Sie Mitarbeiter, indem Sie Ziele setzen, die kurzfristig erreichbar sind und für Erfolgserlebnisse sorgen. Bekommen Mitarbeiter im Verlauf eines Change-Projekts das Gefühl, dass sie den Veränderungen nicht gewachsen sind und die Erwartungen nicht erfüllen können, sind Angst und Panik die Folge. Dem können Führungskräfte vorbeugen, indem sie kurzfristige Ziele setzen, die die Mitarbeiter erreichen können. Auf diesem Weg entstehen Erfolgserlebnisse, die den Glauben der Mitarbeiter an sich selbst und an den Sinn des Change-Projekts stärken. Sind die Zwischenziele erreicht, sollten Manager darauf reagieren. Sie können Mitarbeiter mit einem ausdrücklichen Lob bestärken und gemeinsam mit dem Team den Erfolg feiern, rät Strack.

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Sorgen Sie für ein professionelles Projektmanagement und ein Controlling, das Fehler und Abweichungen vom Change-Plan frühzeitig erkennt. Damit ein Change-Projekt erfolgreich endet, brauchen Führungskräfte Durchhaltevermögen. Selbst mit einer gewissenhaften Planung drohen während der Umsetzung immer wieder Rückschläge – oder es wird deutlich, dass der Plan an einzelnen Stellen nicht funktioniert. Deshalb sollten Manager mit einem Controlling vorbeugen, das rechtzeitig erkennt, wo Handlungsbedarf entsteht. Dabei sollte man sich nicht darauf beschränken, quantitative Faktoren wie etwa Kennzahlen zu erheben, rät BCG-Partner Strack. „Ähnlich wichtig sind qualitative Informationen – etwa die Frage, wie Mitarbeiter die Stimmung in ihrer Abteilung und den Projektfortschritt bewerten.“ Solche Informationen lassen sich zum Beispiel sammeln, indem das Unternehmen alle Mitarbeiter einmal monatlich mit einem kurzen Fragebogen im Intranet befragt.

Verankern Sie die neuen Verhaltensweisen im Unternehmen und sorgen Sie so für einen nachhaltigen Wandel. Verläuft ein Change-Projekt erfolgreich, kann sich verfrüht Euphorie einstellen. Führungskräfte laufen dann Gefahr, das Projekt übereilt als erledigt zu betrachten. Häufig erweisen sich die Veränderungen in solchen Fällen aber nicht als nachhaltig. Mitarbeiter fallen zurück in alte Verhaltensweisen – und das Unternehmen arbeitet nach kurzer Zeit wieder so wie vor dem Beginn des Change-Projekts. „Um das zu verhindern, müssen Führungskräfte von vornherein eine Phase einplanen, in der sie die Veränderungen in ihrer Organisation verankern“, sagt Strack. Experten sprechen auch vom „Einfrieren“ des Neuen, das zum Beispiel durch laufende Kontrolle der neuen Verhaltensweisen funktioniert. Erst wenn diese Phase zu Ende geht, ist ein Change-Projekt erfolgreich abgeschlossen. Christoph Hus

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Personaler können ihrem Unternehmen in Veränderungsprozessen wichtige Hilfe leisten – wenn sie Einfluss haben. Was aber sind die Aufgaben von HR-Managern bei einem Umbau?

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strukturellen Veränderungen nicht, wenn die Botschaften der Führungsebene tatsächlich ankommen sollen.“ Die Führungskräfte müssten vielmehr persönlich mit den Leuten reden, Mitarbeiterversammlungen abhalten, sich bei Beschäftigten am Arbeitsplatz blicken zu lassen. „Die Rolle des Personalmanagers liegt darin, solche Aktionen anzuregen und die Führungsetage dazu zu drängen, sie auch umzusetzen“, sagt Claßen. Und allen klar zu machen, dass Änderungen nur funktionieren, wenn die Mitarbeiter mitziehen. „Die Martin Claßen, People Consulting Manager haben in Changeprozessen oft selbst mehr als genug zu tun. Der Blick für die Mitarbeiter geht im Stress häufig verloren.“ Allerdings können Personalchefs den Führungskräften ihren Job nicht abnehmen. „Die Ansprachen müssen vom Chef und den leitenden Managern kommen“, sagt Claßen. „Die Mitarbeiter wollen Informationen aus erster Hand, und nicht über einen Mittler.“ Der Personalleiter kann dem Management aber Tipps geben, denn häufig kennt er die Stimmung in der Belegschaft besser als das Führungspersonal. Und kann einschätzen, bei welchen Mitarbeitern besondere

»Manager haben oft mehr als genug zu tun. Der Blick für Mitarbeiter geht häufig verloren.«

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iele Unternehmen kennen die Probleme: ChangeProjekte sind auf den Tag genau geplant und umgesetzt, alles könnte reibungslos laufen. Wenn die Mitarbeiter denn mitspielen würden. Grundsätzlich besteht in den Führungsetagen Einigkeit darüber, dass die persönliche Ebene für den Erfolg von Veränderungen wichtig ist. Zu demselben Ergebnis kommt auch eine Umfrage der Change-Beratung Mutaree und dem Fraunhofer Institut IPT unter Managern aus dem mittleren und obersten Management. In der praktischen Umsetzung aber hapert es: „Häufig begleiten Manager ihre Mitarbeiter bei Veränderungen nicht so intensiv, wie es nötig wäre“, sagt MutareeGeschäftsführerin Claudia Schmidt. „Vor allem einer verständlichen Kommunikation wird dabei oftmals zu wenig Bedeutung beigemessen.“ Genau dabei könnten Personalchefs helfen: „Indem sie die Rolle als Mittler zwischen Management und Mitarbeitern übernehmen“, sagt Schmidt. Jedenfalls theoretisch. Für die tatsächliche Rolle von Personalmanagern in Change-Prozessen ist entscheidend, welchen Stand sie im Unternehmen haben, sofern sie nicht selbst in der Geschäftsführung sitzen. „Wer die Führungsetage beim Umbau auf Augenhöhe begleiten will, muss sich diesen Einfluss vorher erarbeitet haben“, sagt Martin Claßen, Personalberater und Fachbuchautor für Change-Management. „Wer schon im Alltagsgeschäft keinen Termin beim Vorstand bekommt, wird das auch in einer wichtigen Umbruchphase nicht hinkriegen.“ Ist der HR-Manager in der Chefetage anerkannt, kann er vor allem bei der Kommunikation der Veränderungen an die Mitarbeiter helfen. „Häufig unterschätzen Manager die Bedeutung der Mitarbeiteransprache in einem solchen Prozess“, sagt Claßen. „Emails und Intranet reichen bei grundlegenden


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Vorsicht geboten ist, in welchem Werk zum Beispiel ein Manager aus der Führungsriege in seiner Ansprache auf den geplanten Erhalt von Arbeitsplätzen eingehen sollte, weil es dort besonders große Ängste gibt. Im Extremfall sollte der Personaler auch mal gegen einen Change-Prozess argumentieren, wenn er davon überzeugt ist, dass Mitarbeiter damit überfordert sind. Etwa wenn ein Unternehmen ohnehin schnell wächst und die Geschäftsführung einen Konkurrenten günstig übernehmen könnte. „Wenn die Mitarbeiter damit überfordert sind, ist eine solche Übernahme sinnlos“, sagt Claßen. Für die Einbindung des HR-Managers in den Planungsprozess spricht auch, dass er Übersicht über das im Unternehmen vorhandene Know-how hat. Wenn Mitarbeiter andere Posten und Aufgaben übernehmen sollen und ganze Standorte zusammengelegt werden, kann der Personaler am besten einschätzen, welche Fähigkeiten wo im Unternehmen vorhanden sind. Und was es gegebenenfalls kosten wird, solche Fähigkeiten am Markt einzukaufen. „Außerdem haben Personaler häufig ein besseres Gespür dafür, welche Veränderungen für Mitarbeiter verkraftbar sind und welche nicht“, sagt Change-Beraterin Schmidt. Wenn etwa Banker plötzlich vor allem verkaufen statt beraten sollen,

ist die Frage, wie viele Mitarbeiter diesen Schwenk mitmachen. „Personaler haben oft den besten Überblick über die Unternehmenskultur“, sagt Schmidt. „Sie werden jedoch in vielen Veränderungsprozessen zu spät ins Boot geholt.“ Auch dann bleibt für Personaler genug zu tun. Neue IT, neue Produkte, neue Strukturen im Unternehmen werden nicht funktionieren, wenn Mitarbeiter damit nicht umgehen können. „Das passende Training für die Mitarbeiter durchzusetzen und zu organisieren, ist in jedem Fall Aufgabe der Personalabteilung“, sagt Claßen. Hinzu kommen klassische Verwaltungsaufgaben, wenn Standorte verlegt werden, neue Führungsinstrumente etwa beim Gehalt eingeführt werden oder bei einer Fusion die Gehaltsdatenbanken der beteiligten Unternehmen auf einen Nenner gebracht werden müssen. Schließlich können Personaler beim Controlling des Umbaus wertvolle Dienste leisten. Die Organisation komme bei den Veränderungen häufig gar nicht mit und die Führungsriege merke es nicht, sagt Matthias Meifert von der Personalberatung Kienbaum. Personaler könnten dann zum Beispiel Mitarbeiter in Abständen von einigen Monaten nach den Veränderungen an ihrem Arbeitsplatz befragen. André Schmidt-Carré

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»Einer verständlichen Kommunikation wird oft zu wenig Bedeutung beigemessen.«

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Wer sich weiterentwickelt, kann Großes erreichen.

duw-berlin.de/HR


1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

Drei Fragen an

Martin Wehrle

Journalist, Autor und Karriereberater. Jüngstes Buch: „Ich arbeite in einem Irrenhaus“

1 Weil Veränderungen Energie kosten. Jeder Weg, den wir einmal einschlagen, bildet eine Fußspur im Gehirn, einen neuronalen Pfad. Es ist immer einfacher, die Gedanken erneut auf diesem Weg gehen zu lassen, als davon abzuweichen. Probieren Sie mal, Ihre Zähne mit der anderen Hand zu putzen! Das erfordert Konzentration, Energie und scheint umständlich. Allerdings ist das Festhalten am Althergebrachten oft deutlich riskanter als eine Veränderung. Wenn eine Firma in der globalisierten Welt vorangehen möchte, muss sie ständig die Impulse des Marktes und der Mitarbeiter aufnehmen. Wer dagegen nach dem Motto agiert: „Das machen wir schon immer so, das muss auch so bleiben!“, der hebt sich mit dem Spaten seiner Gewohnheit das eigene Grab aus. Besonders ärgerlich finde ich es, dass Anregungen der Mitarbeiter oft an den Türen des gehobenen Managements abprallen. Denn das Tastorgan des Unternehmens, das nötige Veränderungen zuerst erspürt, sind all diejenigen, die direkten Kontakt mit den Kunden haben – zum Beispiel Vertriebsmitarbeiter. 2 Mein aktuelles Buch hat sich seit Februar in 13 Auflagen verkauft. Es ist der größte Erfolg eines Buches aus der Berufswelt im letzten Jahrzehnt. Ich stand vor der Frage, ob ich weitere Referenten einstelle und mit meinem Thema auf Tour schicke (was wirtschaftlich die lukrativere Lösung wäre) – oder ob ich weiterhin als „One-Man-Show“ agiere (was mir meine Glaubwürdigkeit bewahrt). Meine Entscheidung: Ich führe nach wie vor alle Veranstaltungen selbst durch, nun aber mit ausgewählten Firmen. Kriterium ist nicht das höchste Honorar, sondern eine (angestrebte) Unternehmensphilosophie und auch eine selbstkritischhumorvolle Haltung, die sich mit meinen Ansätzen deckt. Wenn ein Manager mein Buch gelesen hat und mich danach noch anfragt, sind die Voraussetzungen gut.

»Technische Entwicklungen finde ich langweilig. Spannend ist, was Menschen daraus machen.«

3 Ich bin da altmodisch: Technische Entwicklungen finde ich langweilig – spannend ist für mich, was Menschen daraus machen. Die wichtigste Herausforderung der Unternehmen besteht darin, die eigenen Mitarbeiter als Unternehmensberater der Zukunft zu entdecken. Nach wie vor vertreten viele Firmen die Überzeugung, die Weisheit wohne auf einem anderen Kontinent, nur nicht im eigenen Firmengebäude. Das ist angesichts der fantastischen Ausbildung vieler Fach- und Führungskräfte ein fataler Irrtum. Das Motto der

Industrialisierung: „Oben wird gedacht, unten wird gemacht!“, ist überholt. Erst wenn die Gedanken in beide Richtungen fließen, wenn es zu einem funktionierenden Austausch zwischen „oben“ und „unten“ kommt, ja wenn diese Kategorien ausgetilgt werden, kann es einer Firma gelingen, auf alle Entwicklungen wie ein lebender Organismus zu reagieren. Wenn ein Unternehmen das schafft, sind Veränderungen keine Stolpersteine mehr, sondern Sprungbretter, die es zu neuen Erfolgshöhen tragen können.


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Die Anforderungen an das Personalmanagement sind enorm und sie nehmen weiter zu. Man muss sich aber mal klarmachen, wie die Profession angefangen hat. Und man muss die Frage stellen: Wie hat sie sich bereits in den letzten Jahren gewandelt?

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reitags hatten die Angestellten in Deutschlands Personalabteilungen immer am meisten zu tun: Dann war Zahltag in den Unternehmen der 50er Jahre. Die Mitarbeiter erhielten ihren Lohn in bräunlichen Papiertüten mit der handschriftlichen Abrechnung vorn drauf: Bruttolohn, Abzüge, Nettolohn. Für Firmen wie Siemens, Volkswagen oder die großen Zechen bedeutete dies, Tausende von Tüten mit passendem Bargeld zu bestücken und diese persönlich an die Kollegen auszuhändigen. Woche für Woche, manchmal auch nur zweimal im Monat. Vor dem Lohnbüro bildeten sich lange Schlangen. Trotzdem konnten die Lohnbuchhalter manchmal beobachten, wie die Männer mit dem Salär in der Hand in die nächsten Kneipen gingen, um ihre Trinkschulden zu begleichen und zur Feier des Tages ein Bierchen zu genießen – Lohntütenball hieß diese Sause. Oder sie erlebten, wie deren Ehefrauen ihnen das Geld am Werkstor direkt abnahmen – und dem Spaß schon im Vorwege ein Ende bereiteten.

Fotos: Privat; www.bundesarchiv.de

Administrative Tätigkeiten Mit den Tätigkeiten der 50er Jahre haben die Stellenbeschreibungen eines Personalmitarbeiters heute so gut wie gar nichts mehr gemein. Seit der Zahltag 1958 allmählich abgeschafft und Überweisungen eingeführt wurden, sind nicht nur die Lohntüten aus ihrem Arbeitsalltag verschwunden. „In den 50er und 60er Jahren fungierten die Personalmitarbeiter als Erfüllungsgehilfen für die überaus eigenständig agierenden Führungskräfte“, sagt Thomas Bartscher, Professor für Human Resources Management an der Hochschule Deggendorf. Der Grund: Administrative Tätigkeiten standen im Vordergrund – allen voran die Lohnbuchhaltung, die Vertragsgestaltung und gelegentlich die Austrittsabwicklung. Schließlich ging es in den Nachkriegsjahren um den Aufbau, also Einstellungen. Hiesige Kräfte wurden unter Vertrag genommen, zudem wurden O K T O B E R / N O V E M B E R

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Eine der Aufgaben der Personalarbeit in den frühen 50ern: Löhne auszahlen

Gastarbeiter Anfang der 60er Jahre zu Tausenden aus Italien, Spanien, Griechenland oder der Türkei angeworben. Über Jahrzehnte standen diese administrativen Aufgaben im Vordergrund. Die Bezahlung der Gehälter musste sichergestellt und organisiert werden, hinzu kamen Planungs- und Budgetfragen. Fachleute, in der Regel Sachbearbeiter, kümmerten 39


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Budgethoheit im HR-Bereich sich um die rechtlichen Rahmenbedingungen: Die Anmeldung der Mitarbeiter bei der Sozialversicherung oder die Berichte für die Finanzämter und Versicherungsanstalten. Im Laufe der 70er Jahre gab es erste Ansätze zur Professionalisierung und Spezialisierung. Der Einstellungshype war beendet, 1973 wurde ein Anwerbestopp für ausländische Aushilfen erlassen, die deutsche Wirtschaft litt unter der Ölkrise. In den Folgejahren begannen gut aufgestellte Firmen daher, sich um die Professionalisierung und Spezialisierung ihrer Personalarbeit zu kümmern. Es war die Rede von der Humanisierung ihrer Arbeit: Beschäftigte sollten keine bloßen Nummern mehr sein, sondern Individuen mit Stärken und Schwächen, mit Potenzial. Eine vernünftige Qualität der Ausund Weiterbildung war ihr Anliegen. Das Berufsbildungsgesetz (BBiG), das diese Themen regelt, war 1969 in Kraft getreten. Auch das Mitbestimmungsgesetz von 1976, das die Aufnahme von Arbeitnehmervertretern in den Aufsichtsrat regelte, beeinflusste den Aufgabenbereich der Personaler. Viele Mitarbeiter nutzten Fortbildungen und wurden selbstbewusster. Dennoch herrschte häufig noch ein autoritärer Führungsstil. Die Meinung der Angestellten war selten gefragt, auch die der führenden nicht. Mitarbeiter kamen in die Firma, um ihre Arbeit zu erledigen; nicht mehr und nicht weniger. „In den 70er Jahren herrschte die Einstellung, dass Beschäftigte ihre Befindlichkeiten zu Hause lassen sollen“, sagt Bartscher. Krankheiten oder persönliche Schicksale, die die Arbeitskraft beeinträchtigen, wurden nicht thematisiert. Auch in den 80er Jahren – die Weltwirtschaft und mit ihr Deutschland erlebte 1982 die schwerste Rezession seit Ende des Zweiten Weltkrieges – war Mitarbeitermotivation ein Fremdwort. „Seid doch froh, dass Ihr Arbeit habt‘, dachten viele Führungskräfte“, sagt Bartscher.

Nicht in den entscheidenden Gremien Ab den 80er Jahren spricht man von der Phase der Ökonomisierung, die durch Flexibilisierung und Rationalisierung geprägt wurde. Während sich im Jahrzehnt zuvor die Organisation an die Mitarbeiter anpasste, folgte nun die Anpassung an veränderte Umweltbedingungen. In den 90er Jahren schloss sich dann das sogenannte Intrapreneuring an: Dahinter steht die Vision, dass Mitarbeiter sich zunehmend so verhalten, als wären sie selbst Unternehmer. Die wachsende Wertschätzung des Humankapitals führte jedoch nicht zwangsläufig dazu, dass die Bedeutung des Personalwesens weiterzunahm. In vielen Unternehmen blieb es noch unmündig. Natürlich ist der Entwicklungsprozess des Personalmanagements in jedem Unternehmen anders verlaufen. Als beispielsweise Joachim Sauer, Jahrgang 1960, nach seinem Ingenieur-Studium in den Job einstieg, waren seine Kontakte zur Personalabteilung über Jahre bei unterschiedlichen Arbeitgebern auf ein Mindestmaß reduziert: „Einmal im Jahr habe ich meine Lohnsteuerkarte abgegeben. Mehr Berührungspunkte gab es nicht“, sagt der Ingenieur, der heute Geschäftsführer Personal bei Airbus Deutschland und Präsident des Bundesverbandes der Personalmanager ist. „Noch heute ist es das wesentliche Problem, dass Personalleiter nicht in den entscheidenden Gremien eines Unternehmens vertreten sind“, sagt Sauer. So dass HRler, wie er sie nennt, noch immer eher Dienstleister denn Manager auf Augenhöhe sind. Einen Wandel in der Zusammenarbeit hat Sauer erst Anfang dieses Jahr40

Nur 64 Prozent der HR-Leiter dürfen allein über die Ausgaben in ihrem Bereich entscheiden Frage: Wer hat die Budgethoheit für HR? (Angaben in Prozent); Quelle: HR Benchmarking Report 2010/2011, Otto Henning & Company, Rat.Haus Personalberatung

Leiter HR-Bereich

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Personalvorstand/Chief Human Resources Officer/Arbeitsdirektor

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Vorsitzender des Vorstands bzw. der Geschäftsleitung

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Chief Financial Officer und andere

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Grundhaltung innerhalb des HR-Bereichs Die geringe Risikofreude bei HR-Verantwortlichen attestiert wenig unternehmerisches Denken Frage: Wie würden Sie die Grundhaltung (Kultur) Ihres HR-Bereichs beschreiben? (Angaben in Prozent) Quelle: HR Benchmarking Report 2010/2011, Otto Henning & Company, Rat.Haus Personalberatung

Dienstleistungsorientiert

86

Teamorientiert

83

Partnerschaftlich

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Effektivitätsorientiert

73

Am Kerngeschäft ausgerichtet

72

Effizienzorientiert

67

Intuitiv

43

Innovativ

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Kreativ

38

Verwaltend

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Hierarchisch

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Risikofreudig

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tausends ausgemacht: 2002, als er beim international tätigen Automobilzulieferer Faurecia mit 60.000 Beschäftigten tätig war. „Hier habe ich es erstmals erlebt, dass wir als HR-Abteilung in unternehmensstrategische Überlegungen, die direkte oder indirekte Auswirkungen auf die HR-Abteilung haben, mit einbezogen wurden“, sagt Sauer. Zum Beispiel bei Standortverlagerungen: Sauer und seine Kollegen konnten Entscheidungsvorlagen erarbeiten und auf das Für und Wider der Optionen hinweisen: Wie hoch ist das Lohnkostenniveau am geplanten Standort, sind ausreichend qualifizierte Fachkräfte vor Ort, gibt es dort Weiterbildungsinstitute, bestehen eventuell Risiken durch ansässige Gewerkschaften? Dieses Beispiel macht deutlich, wie die Anforderungen an Personaler durch die Internationalisierung – aber auch durch die Digitalisierung und andere Einflüsse – sprunghaft gestiegen sind. Beispielsweise bei der Personalplanung und -beschaffung: „Mein Onkel war sein ganzes Berufsleben bei ABB beschäftigt, so wie die meisten seiner Generation bei einem Arbeitgeber blieben“, sagt Annette Nellore vom RecruitingDienstleister Passport Business Engineering. Heute, da viele Arbeitnehmer alle fünf Jahre ihren Job wechseln, ist es für die Personalabteilungen aufwendiger, ihre Stellen konstant mit den richtigen Leuten zu besetzen und sich als Arbeitgeber attraktiv zu halten. „Als ich 1988 bei den Hamburger Stahlwerken begann, war ich die Einzige von vier Azubis, die ohne Beziehungen an die Stelle gekommen ist.“ Heißt: Wenn Vater, Onkel oder Nachbar die jungen Leute nicht mehr nebenbei an die Firmen vermitteln, brauchen diese eine professionelle

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Beschaffung und vor allem auch ein gutes Personalmarketing. Inzwischen sind Unternehmen an einem Punkt angekommen, an dem sie Mitarbeiter als wichtigste Ressource ansehen. Personalentwicklung, Personalbeurteilung und -führung sowie Motivation sind Themen, mit denen sich HR-Teams auseinandersetzen müssen – und das häufig in einem internationalen Umfeld, im harten Konkurrenzkampf.

Es gibt großes Potenzial zu heben Angesichts des zu erwartenden Fachkräftemangels und der demografischen Entwicklung kommen außerdem Fragen auf sie zu, mit denen viele sich noch nicht beschäftigt haben: „Wie schafft man es, 58-Jährige für die nächsten zehn Jahre zu motivieren?“, fragt Dieter Wagner, Professor für Betriebswirtschaft an der Universität Potsdam. „Damit hat doch bislang niemand Erfahrung.“ Und wie gelingt es, künftig mehr Frauen oder Migranten für sich zu gewinnen? Und wie gestaltet man eine Unternehmenskultur, in der sich 60-jährige Sekretärinnen oder 55-jährige Personalchefs mit 32-jährigen Geschäftsführern wohl fühlen und gute Leistungen erbringen? „Das sind strategische Fragen, mit denen Personalmanager sich beschäftigen sollten – jenseits der operativen und administrativen Aufgaben“, sagt Wagner. So etwas funktioniert allerdings nur, wenn Personalleiter als gleichwertige Partner der Geschäftsführer anerkannt sind. Dass dies nun durchweg der Fall ist, bezweifelt der Wissenschaftler Wagner genauso wie der Praktiker Joachim Sau-

er von Airbus – oder der Buchautor Peter Körner: „Weniger als die Hälfte der Personalmanager sehen sich in einer unternehmerisch gestaltenden HR-Rolle.“ Körner bezieht sich auf zweieinhalb Jahre Recherche für sein Buch „Auf Augenhöhe“, zudem ist er bei der Telekom Leiter der Personalentwicklung. Es mangele an innovativen Lösungen. Nicht einmal zwei von drei Personalleitern (64 Prozent) verfügen über Budgethoheit, wie die HR-Benchmark-Studie von Otto Henning & Company 2010 ergeben hat. Sie sind faktisch also machtlos. Zugleich heißt es in einer Forsa-Umfrage, dass 22 Prozent aller Menschen am Arbeitsplatz entweder über- oder unterfordert sind. Es gibt also enormes Potenzial im HR-Bereich zu heben. „Personaler müssen lernen, ihre Themen stärker nach innen zu verkaufen“, sagt Körner und nennt damit die neuen Anforderungen an HRler. Idealerweise sollten sie vor ihrer Zeit im Personalwesen in anderen Bereichen gearbeitet haben, etwa im Controlling oder im Marketing. Denn betriebswirtschaftlich argumentieren sollten alle Personaler können: „Ohne ein entsprechendes Kennzahlen-System kann man heute nicht erfolgreich arbeiten“, sagt Körner. Für ihn ist die Kernaufgabe seines Berufsstandes eindeutig: „Wir müssen die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens stärken“, sagt er selbstbewusst. Dies bedeute, eine entsprechende Leistungskultur zu etablieren. Seine Kollegen möchte er ermuntern, sich eher heute als morgen der Professionalisierung ihrer Abteilungen anzunehmen: „Der Druck auf unseren Berufsstand wird steigen, wenn die Auswirkungen der demografischen Entwicklung in ein paar Jahren richtig sichtbar werden.“ Stefanie Bilen

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Die Umfeldveränderungen betreffen nicht nur Unternehmen, sondern auch die Mitarbeiter. Für sie gilt es, beschäftigungsfähig zu bleiben. Denn den sicheren Job bis zur Rente kann niemand mehr versprechen. Was muss also getan werden, damit Beschäftigte auch in der Wissensgesellschaft bestehen können?

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n Zeiten, die geprägt sind von starkem Wandel und Unsicherheit, sind Jobgarantien eine beliebte Beruhigungspille. Der mehrjährige Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen wird vor allem gerne von DAX-Konzernen ausgesprochen, nach dem Motto: Bei uns gibt es die Sicherheit, wie man sie noch aus Zeiten des rheinischen Kapitalismus kennt. Bei VW sollen beispielsweise die Jobs bis Ende 2014 sicher sein. Siemens hat eine unbefristete Beschäftigungsgarantie gegeben. Nicht selten werden Garantien nach Umstrukturierungen vereinbart. Wenn Unruhe durch Reorganisationen reinkommt oder Mitarbeiter Gehaltseinbußen hinnehmen müssen, sollen sie im Gegenzug wenigstens eine gewisse Planungssicherheit erhalten. Allerdings bedeuten Jobgarantien heutzutage eher ein Vorgaukeln von Sicherheit. Zumindest sind sie in den dynamischen Zeiten der Globalisierung und kürzer werdenden Konjunkturzyklen ein Wagnis. Nach dem Aufschwung kann es schnell wieder in die andere Richtung gehen, auch weil sich bestimmte Ereignisse schlecht vorhersehen lassen. „Es ist wichtig, andere Formen von Sicherheiten für die Arbeitnehmer in den Fokus zu rücken“, sagt Klaus Beißel. Er ist bei der Generali Deutschland Holding AG Leiter des Bereichs HR-Konzernprojekte und verantwortlich für eine besondere Initiative in der Unternehmensgruppe. „Heute für morgen: Ich unternehme Zukunft“ zielt vor dem Hintergrund einer hohen Veränderungsgeschwindigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft auf den Erhalt bzw. die Erhöhung der sogenannten Job-Fitness der Mitarbeiter, indem die individuellen Kompetenzen und Soft Skills gestärkt werden. In der Wissenschaft spricht man von der Verbesserung der Beschäftigungsfähigkeit oder Employability. Kern der Initiative sei es, so Beißel, einen Paradigmenwechsel einzuleiten. Bei allen Mitarbeitern soll das Bewusstsein geschaffen werden, sich als 42

Flexibel: Auch Mechatroniker müssen sich heute schnell neues Wissen aneignen.

Unternehmer in eigener Sache zu begreifen. „Wir wollen durch die Stärkung von Eigenverantwortung und Selbstinitiative die Jobfitness der Mitarbeiter und damit ihre Attraktivität am Markt erhöhen.“ Bei der Generali nennen sie das kurz und knapp: „able to go, but ready to stay“. Klingt erstmal verrückt. Die Mitarbeiter fit halten für andere Arbeitgeber? Diese Angst dürfe bei den Führungskräften nicht entstehen, sagt Klaus Beißel. Letztendlich ist man bei dem Versicherungsunternehmen überzeugt, mit Alternativen zur Beschäftigungsgarantie die Attraktivität als Arbeitgeber zu erhöhen und die Arbeitnehmer im Konzern zu halten. Generali verfolgt dabei einen integrativen sowie partizipativen Ansatz. So gab es im November 2009 eine Sensibilisierungskampagne, wodurch alle etwa 15.000 Mitarbeiter der

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Unternehmensgruppe mit „Heute für morgen“ in Berührung kamen. Später wurde unter anderem die Teilnahme an einer Ideenwerkstatt verlost. Dies verdeutlicht den Bottom-upAnsatz. In der Ideenwerkstatt debattierten 30 Mitarbeiter aus unterschiedlichen Konzernunternehmen und Fachbereichen drei Tage über Megatrends und deren Auswirkungen auf die Generali Deutschland Gruppe. Sie erarbeiteten eine Reihe von Handlungsfeldern und konkrete Maßnahmevorschläge, mit deren Hilfe die Job- und Unternehmensfitness im Konzern unterstützt werden kann. Bisher sei die Personalentwicklung sehr stark von der Entwicklung der Potenzialträger geprägt gewesen, berichtet Klaus Beißel. Die ist immer noch wichtig, doch nun zielt man verstärkt auf die Jobfitness aller Mitarbeiter. Die Betonung der Eigenverantwortung des Einzelnen, der sich um seine Beschäftigungsfähigkeit kümmern muss – diese Idee wird wohl in der Arbeitswelt an Bedeutung gewinnen. Der Beschäftigte soll sich mit den eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen auseinandersetzen und entsprechend nachbessern. Arbeitgeber schaffen die notwendigen Rahmenbedingungen und geben Unterstützung.

Fotos: Studio Stöh Grünig; Privat

Blick über den Tellerrand Denn es ist ein Dilemma, das so ziemlich jedes Unternehmen betrifft. Der demografische Wandel bereitet Nachwuchssorgen, gleichzeitig verändern sich die Arbeitsplätze immer schneller – Wissen veraltet mit hohem Tempo, Technologien ändern sich rasant. Der Fachkräftemangel auf dem Arbeitsmarkt schließt Arbeitslosigkeit nicht aus. Die Anforderungen an die Beschäftigten sind groß. Sie müssen flexibel und fähig sein, sich schnell neues Wissen anzueignen. Da muss der Mechatroniker nun die Dialog-Reparatur-Annahme machen, der Optiker in den Vertrieb oder der Handwerker in die Verwaltung. Oder die Mitarbeiter sind gezwungen bei anderen Arbeitgebern oder als Selbstständige gänzlich neue Wege einzuschlagen. Auch auf die Veränderungsbereitschaft der Generali-Mitarbeiter zielt die Initiative „Heute für morgen“. So wurden unter anderem schon zwei Mal eintägige Hospitationen verlost. Zuletzt durften knapp 120 Mitarbeiter innerhalb der Unternehmensgruppe in einem anderen Bereich hospitieren, um so einen Blick über den Tellerrand zu gewinnen. Es geht darum, ein Bewusstsein für berufliche Perspektiven zu schaffen. Diese besondere Hervorhebung der Eigeninitiative sowie der Blick über die eigenen Firmengrenzen unterscheiden einen solchen Employability-Ansatz von vielen anderen Konzepten der Personalentwicklung. Vielleicht kann man sogar sagen: Diese Unterstützung durch den Arbeitgeber ist eine neue Art der Fürsorge. Bei der Deutschen Bank, Klaus Beißel, Generali einem Vorreiter bei der Em-

»Es ist wichtig, andere Formen der Sicherheit in den Fokus zu rücken.«

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ployability-Förderung, gibt es im Rahmen des Konzeptes sogar eine Beratungseinheit mit dem Namen „FitnessCenter Job“. Hier stehen den Mitarbeitern des Konzerns professionelle Coaches für Fragen rund um berufliche Orientierung, Zielfindung, Kompetenzentwicklung und Positionierung zur Verfügung. Es wird ein neutraler Beratungsansatz verfolgt und die Mitarbeiter bekommen die Garantie absoluter Vertraulichkeit. Bei Strukturmaßnahmen wird so die frühzeitige AuseinanLutz Bellmann, IAB dersetzung mit alternativen Szenarien ermöglicht. Der Gedanke dahinter ist klar: Die Sicherheit des Arbeitsplatzes leitet sich eher durch das Vorhandensein bestimmter Kompetenzen und Fähigkeiten ab als durch das Versprechen des lebenslangen Arbeitsplatzes. Es gehe nicht mehr nur darum, sich spezielles firmeninternes Wissen anzueignen, sondern vielmehr darum, fachübergreifendes Wissen zu erwerben, um die eigene Beschäftigungsfähigkeit zu steigern, sagt Katrin Böttcher, Professorin für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalmanagement, an der Fachhochschule Brandenburg. Die neue Welt der Employability bedeutet für den Einzelnen ein Mehr an Verantwortung für sich selbst. „Mitarbeiter nehmen den Erhalt ihres Marktwertes selbst in die Hand und versuchen ihn nach Möglichkeit zu steigern“, sagt Böttcher. „Beschäftigte beurteilen Aufgaben und Arbeitsumfeld zunehmend hinsichtlich des Einflusses auf den zukünftigen Marktwert.“

»Weiterbildung findet zunehmend am Arbeitsplatz statt.«

Vielen fehlt die Grundmotivation Doch was macht den Marktwert aus? Auf welche Kompetenzen kommt es vermehrt an? Einig sind sich Experten, dass neben den nötigen Fachkompetenzen die sogenannten Soft Skills schon jetzt an Bedeutung gewonnen haben. Dazu gehören beispielsweise Team- und Kommunikationsfähigkeit sowie Methodenkompetenz. Doch hinzu kommen auch persönliche Qualitäten wie Reflexionsfähigkeit und unternehmerisches Denken. Thomas Sattelberger, Personalvorstand der Deutschen Telekom, schreibt in dem Sammelband Employability Management 2.0, dass der Begriff der individuellen Employability weit über die neumodischen Kompetenzforderungen nach Teamfähigkeit und internationalem Mindset hinausgeht. „Neben der Vermarktungsfähigkeit geht es ebenso um die eigene Identität und das Selbstverständnis.“ Mitherausgeberin Jutta Rump, Leiterin des Instituts für Beschäftigung und Employability in Ludwigshafen, schätzt, dass momentan etwa ein Drittel der Beschäftigten beschäftigungsfähig sind, ein weiteres Drittel könnte es werden. Und beim dritten Drittel seien sehr große Anstrengungen sowohl auf Seiten der Arbeitgeber als auch auf Seiten des Arbeitnehmers nötig. „Ihnen fehlt vor allem die Einstellung und Grundmotivation“, sagt sie. Nicht zuletzt deshalb sei bei 43


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Bewusstsein für die eigenen Stärken Unternehmen setzen dennoch in Sachen Weiterbildung vor allem auf arbeitsbezogenes Lernen, sagt Lutz Bellmann. Weiterbildung finde zunehmend am Arbeitsplatz und weniger in der Freizeit statt. Das ließe sich aufgrund einer Befragung von 16.000 Betrieben sagen. Trotzdem passiere von Unternehmensseite zu wenig, sagt Bellmann. Insbesondere die Firmen mit weniger als 250 Mitarbeitern würden die Älteren zu wenig in die Weiterbildungsprogramme einbeziehen. Auf Seiten der Beschäftigten ist die Sensibilisierung für das lebenslange Lernen aber ebenfalls noch zu wenig ausgeprägt. Es gebe bei vielen ein zu geringes Bewusstsein hinsichtlich der eigenen Stärken und Schwächen, sagt Anna Hoberg vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation. Und bei den Organisationen findet die Reflexion eigener Lernprozesse in zu geringem Umfang statt. Die Weiterbildung sei oft ausschließlich fachspezifisch, so Anna Hoberg. Der gleichen Meinung ist Lutz Bellmann. Er nimmt allerdings ein zunehmendes Interesse der Arbeitgeber an der Lernfähigkeit der Mitarbeiter wahr. Es würden insbesondere diejenigen interessant, die sich weiterentwickeln können und die unterschiedlichen Ansprüchen gewachsen sind. Entscheidendes Kriterium, um sich in der Arbeitswelt zurechtzufinden und be44

schäftigungsfähig zu werden bzw. zu bleiben, ist also die Fähigkeit zu lernen. Und der derzeit stattfindende Übergang der Verantwortung für das Lernen – von Arbeitgeber in Richtung Arbeitnehmer –, werde weiter zunehmen, sagt Anna Hoberg. „Der Arbeitnehmer wird zum Unternehmer.“ Gleichzeitig gibt es allerdings schon Stimmen, die vor der Gefahr des Optimierungswahns warnen. Autoren wie Klaus Werle raten zu mehr Gelassenheit. Die mag einigen fehlen, die sich permanent Anna Hoberg, Fraunhofer-Institut IAO mit ihrem Lebenslauf beschäftigen. Viele müssen jedoch erstmal anfangen, sich überhaupt mit ihm auseinanderzusetzen. Und wer dann Lernbedarf sieht, dem könnte zugute kommen, dass das Lernen selbst sich ändert. Denn es findet zunehmend selbstorganisiert statt, sagen die Experten. Zumindest wenn man den Blick auf die Wissensarbeiter lenkt. Dabei wird der eigene Gestaltungsraum größer. Der Einzelne diagnostiziert den eigenen Lernbedarf und definiert seine Ziele, so die Wissenschaftlerin des Fraunhofer-Instituts. Danach werden die entsprechenden Aufgaben erarbeitet.Wichtig ist vor allem, dass der Beschäftigte sich darüber klar wird, ob er seine Lern-Ziele erreicht hat. Anna Hoberg nennt als Beispiel für selbstorganisiertes Lernen den Fall eines Unternehmens, in dem Disponenten ein technisches Grundverständnis für neue Produkte vermittelt werden sollte. „Externe Lehrangebote waren für das Unternehmen da nicht relevant.“ So hat man sich entschlossen, dass jeweils ein Disponent sich einen Themenbereich erarbeitet und den anderen sein Wissen vermittelt. Der Lernende wird so zum Lehrenden. Anna Hoberg ist sich sicher, dass die modernen Kommunikationstechnologien, wie das Web 2.0, ein Schub für das selbstorganisierte Lernen bedeuten. „Hier gibt es enorme Potenziale.“ Dazu forscht derzeit das Fraunhofer-Institut IAO. Ziel des Projektes ist es, ein Lernkonzept zu entwickeln und zu erproben, in dessen Mittelpunkt die gemeinsame Erarbeitung und Nutzung von Web 2.0-gestützten Lernmedien stehen. Auch die Beratung Detecon International sieht einen enormen Einfluss der Wissensverbreitung im Web 2.0 auf die klassischen Lernmethoden. „Wo bisher nach dem Sender-/ Empfänger-Prinzip der zentrale Dozent vorherrschte, rücken nun der interaktive Austausch und kollaboratives Lernen in den Mittelpunkt“, heißt es im Opinion Paper „Learning Enterprise 2.0“. Nur gut, dass es das Web 2.0 gibt. Es erleichtert nicht nur die Kollaboration, sondern bietet auch unendlich viel Wissen. Die Fähigkeit mit der neuen Kommunikationstechnik umzugehen sowie Methodenkompetenz im Umgang mit den Informationen – das muss gelernt sein, um als Unternehmer in eigener Sache am Markt zu bestehen. Das heißt aber auch, die Spaltung der Gesellschaft wird in Richtung Wissensgesellschaft größer – wenn nicht gegengesteuert wird, von der Politik, aber auch von den Unternehmen. Jan C. Weilbacher

»Die Weiterbildung ist oft ausschließlich fachspezifisch.«

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Foto: Privat

Führungskräften der Anteil derjenigen, die als beschäftigungsfähig gelten, höher. Und nicht selten korreliert die Beschäftigungsfähigkeit mit dem Vorhandensein einer Ausbildung. Beispielsweise sind 1,5 Millionen Menschen zwischen 20 und 29 Jahren ohne qualifizierten Berufsabschluss – 17 Prozent dieser Altersgruppe. Und ein Fünftel der Erwerbstätigen geht einer Tätigkeit nach, für die keine berufliche Ausbildung erforderlich ist. Darauf weist Lutz Bellmann hin. Er ist Professor für Volkswirtschaft an der Universität Erlangen-Nürnberg und zudem Leiter des Forschungsbereichs Betriebe und Beschäftigung am Institut für Arbeitsmarktund Berufsforschung (IAB). Auf dem Weg in die Wissensgesellschaft seien diese Beschäftigten klar im Nachteil, sagt der Wissenschaftler. Sie arbeiteten in Unternehmen, wo sie sich eine Menge betriebsspezifisches Wissen durch Erfahrung angeeignet haben. „Wenn dann der Jobverlust kommt, wird es für sie schwierig einen neuen Arbeitsplatz zu bekommen.“ Ob gut, wenig oder gar nicht ausgebildet – für alle gilt: Gelernt werden muss bis zur Rente. Das Schlagwort des lebenslangen Lernens hat es zu größerer Bekanntheit gebracht als das der Employability. Doch die Zielrichtung ist ähnlich: Wer beschäftigungsfähig sein will, muss lernen – dauerhaft. Das Fachwissen wird dabei wichtig bleiben, aber zugunsten der Soft Skills verliert es seine herausgehobene Bedeutung. Sich Wissen auf Vorrat anzueignen reicht nicht, um zukunftsfähig zu bleiben. Noch ist das lebenslange Lernen oft eine Worthülse, die sowohl von Beschäftigten als auch von Arbeitgebern mit wenig Inhalt gefühlt wird. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung bescheinigte Deutschland vor Kurzem nur Mittelmaß hinsichtlich der Voraussetzungen für das lebenslange Lernen. Bemängelt wurden vor allem zu geringe Investitionen in Schulen und Hochschulen. In der Tat fehlt es noch an ausreichend berufsbegleitenden Angeboten der staatlichen Einrichtungen. Der Bildungssektor ist aber trotzdem ein Wachstumsmarkt. Beispiel: Fernstudiengänge. Dieser Markt hat einen jährlichen Zuwachs von sieben Prozent.


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1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

Drei Fragen an

Petra Ledendecker

Präsidentin des Verbandes deutscher Unternehmerinnen und Gesellschafterin der Allegro-Möbel GmbH sowie Geschäftsführerin und Gesellschafterin der Gilde Finanz GmbH & Co. KG und der MEGA Betriebs- und Service GmbH

»Junge Menschen werden zunehmend politischer.« 1 Meines Erachtens sind Menschen Veränderungen gegenüber häufig zurückhaltend, weil die Psyche gerne am Status Quo fest hält. Gewohnheiten vermitteln Sicherheit. Veränderungen aber bringen häufig Besorgnis oder gar Ängste mit sich. Denn Bestehendes und auch Bewährtes gerät ja zunächst einmal in Unruhe. Wenn eine Veränderung erfolgreich vollzogen ist, stellt sich meistens sehr schnell Begeisterung ein und die Zurückhaltung vor Veränderungen wird weniger stark. Ich selbst habe diese Entwicklung in meiner Firma bei der Umstellung von der Schreibmaschine in den verschiedenen Entwicklungsstufen bis hin zum PC erlebt. Mit jeder technischen Neuerung und Weiterentwicklung gingen auch Ängste des Personals einher, überflüssig zu werden und den Arbeitsplatz auf lange Sicht zu verlieren. Diese Befürchtungen haben sich ja zum Glück nicht bewahrheitet.

2 Eine gravierende Veränderung in meinem Leben bedeutete die Übernahme der Präsidentschaft des Verbands deutscher Unternehmerinnen e.V. (VdU). Meine Amtzeit startete im Dezember 2007 – seitdem hat sich vieles in meinem Leben verändert. Meine Arbeitswoche hat sich zum Beispiel auf sieben Tage ausgeweitet, da ich dem VdU mindestens drei Tage pro Woche widme, aber meine eigenen Unternehmen ja auch nicht zu kurz kommen dürfen.

3 In Bezug auf wirtschaftliche Entwicklungen erfreut mich besonders, dass der Mittelstand endlich stärker im Fokus der Politik steht. Im Zuge der Finanzkrisen hat die Politik erkannt, dass der Mittelstand das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ist und auch ohne Rettungsschirme überlebensfähig ist. Das ist auch ein Grund dafür, warum die Arbeitslosenquote in Deutschland im Vergleich zu einigen europäischen Nachbarländern noch verhältnismäßig gut aussieht. Der Mittelstand ist zudem auch ein Vorreiter beim Thema Nachhaltigkeit. Es ist doch interessant zu sehen, wie ehemalige Statussymbole in den Hintergrund rücken und wir stattdessen ganz plötzlich andere nachhaltigere Bedürfnisse haben – darauf ist der Mittelstand mit seinen kleineren flexiblen Strukturen gut vorbereitet. Das ökologische Bewusstsein ist sowohl im Mittelstand als auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Gesellschaftlich beobachte ich, dass junge Menschen zunehmend wieder politischer werden. Es freut mich, dass insbesondere junge Menschen in Europa so vehement gute Bildungsmöglichkeiten einfordern. Positiv bewerte ich auch, dass überall auf der Welt die Forderungen nach demokratischen Strukturen lauter werden und die Menschen zum Teil mit einem enormen Mut für gesellschaftliche Veränderungen kämpfen. Diese Entwicklung beeindruckt mich sehr.


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Wenn der Change-Prozess in einem Unternehmen misslingt, können Personalmanager manchmal nur noch dessen Abwicklung begleiten. So war es auch im Fall Quelle. Doch warum ist die Restrukturierung des Handelshauses überhaupt gescheitert?

Fotos: Andreas Blumenthal; Christin Huskobla

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rnst Sindel erinnert sich bis heute ungerne an die Wochen und Monate nach dem 9. Juli 2009. An diesem Tag stellte der Arcandor-Konzern einen Insolvenzantrag: für die Muttergesellschaft Arcandor AG und für die beiden Tochterfirmen Karstadt und Primondo. Ernst Sindel war der Gesamtbetriebsratsvorsitzende einer dieser Tochterfirmen: der Versandhandelssparte Quelle mit ihren bundesweit bekannten Versandkatalogen. Der 9. Juli markierte für Sindel das Scheitern eines jahrelangen Kampfes um das Überleben des Nürnberger Traditionsbetriebes: Den Anfang vom Ende. Acht Monate später ging bei Quelle das Licht aus. Wer wissen will, wie es so weit kommen konnte, muss weit zurück blicken in die Geschichte des Unternehmens, sagt Sindel. Denn die Krise fing schon lange vor der Zeit an, in der das Management des Karstadt-Quelle-Konzerns den Unternehmensteilen modern klingende Kunstnamen wie Arcandor und Primondo verpasste. „Bis weit in die Achtziger Jahre hinein war Quelle ein echtes Familienunternehmen“, sagt Sindel. „War der Tod des Firmengründers Gustav Schickedanz für das Unternehmen schon kaum zu verkraften, begann mit dem Ausscheiden von Grete Schickedanz dann aber ein radikaler Kulturwandel.“ Das Familienunternehmen fusionierte mit Karstadt, ging an die Börse – und fortan war es mit einer kontinuierlichen, langfristigen Führungskultur vorbei. „Alle zwei bis drei Jahre wechselten zuletzt die Vorstände, alle paar Jahre stand ein neuer Sanierungs- oder Restrukturierungsplan, eine strategische Neuausrichtung oder Rationalisierung auf der Tagesordnung“, erinnert sich Sindel. Die Mitarbeiter und die Führungskräfte wussten kaum noch, wie ihnen geschah. „Irgendwann musste man bei jeder Entscheidung der Unternehmensführung davon ausgehen, dass sie nach spätestens zwei Jahren wieder Makulatur ist.“ Das „Tafelsilber“ wurde verscherbelt – gleichzeitig waren Stellenabbau, Ausgliederungen, Gehaltskürzungen und andere Zumutungen für die Mitarbeiter an der Tagesordnung. Spätestens seit dem Jahr 2004 befand sich der Quelle-Versand O K T O B E R / N O V E M B E R

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Endzeitstimmung: Das leere Quelle-Gebäude in Nürnberg

in einem permanenten Krisenzustand: Von einer konsequenten, nachhaltigen Sanierung konnte nicht die Rede sein. Vom Sanierungstarifvertrag 2004 über das nächste Restrukturierungsprogramm 2005, eine Neuordnung der Quelle/Neckermann-Gesellschaften im folgenden und eine erneute Konsolidierung unter dem Dach der Primondo im darauffolgenden Jahr führte der Change-Prozess geradewegs in den nächsten Sanierungstarifvertrag 2008 – und in die Insolvenz 2009. Als klar war, dass sich kein Investor für die insolvente PrimondoSparte finden würde, war es dann vorbei: Bis auf wenige Mitarbeiter, die noch für die Abwicklung benötigt wurden, standen bei Quelle alle Beschäftigten vor der sofortigen Entlassung. Auch für die Personalmanager des Unternehmens war diese Entwicklung ein Schock. Georg-Suso Sutter hatte als Personalchef von Primondo über Jahre gleich mehrfach Massenentlassungen organisiert. Er hatte Sozialpläne geschrieben, zwischen Management und Gewerkschaften vermittelt und immer wieder versucht, den verbliebenen Mitarbeitern ein Gefühl von Verlässlichkeit und Vertrauen zu vermitteln, sie zum weiterkämpfen zu motivieren. Und musste ihnen 47


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dann schließlich doch sagen: Das war‘s. Der Letzte macht das Licht aus. Wenn sich wie bei Primondo während zehn Jahren zehn Vorstandvorsitzende auf dem Chefsessel abwechselten, sei es schwierig, Vertrauen und Verlässlichkeit zu vermitteln, sagt Sutter heute. Wenn zahlreiche Strategiewechsel, Sanierungspläne und Zumutungen für die Mitarbeiter letztlich erfolglos bleiben, geraten auch die Personalmanager an die Grenzen des Erklärbaren. Es wird immer schwieriger, die Mitarbeiter zu motivieren und von der Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu überzeugen. Und wenn dann schließlich der Insolvenzverwalter das Ruder übernimmt, sind auch der Personalabteilung weitgehend die Hände gebunden.

Notfall-Mechanismen waren etabliert

Orientierung zu geben. „Wir wollten das allgemeine Gefühl der Ausweglosigkeit durch einen Glauben an die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens ersetzen“, so Sutter. Hinter diesem Konzept steht er bis heute. „Die Loyalität und das Engagement der Mitarbeiter beeindrucken mich immer noch“, sagt er. „Es entwickelte sich ein enormes Zusammengehörigkeitsgefühl.“ Es schien wieder aufwärts zu gehen. Umso größer waren allerdings die Verunsicherung und der Schock, als der Mutterkonzern schließlich die Insolvenz beantragte. „Unternehmen sind nicht immer gleich in einer existenziellen Krise, wenn ein Veränderungsprozess oder eine Restrukturierung ansteht“, sagt Ex-Gesamtbetriebsratschef Sindel. „Diese normalen Change-Prozesse sind mit einer Insolvenz so gut wie nicht vergleichbar. Das ist ein lauer Sommerwind gegenüber einer Insolvenz.“ Entscheidungen treffe dann nämlich nahezu ausschließlich der Insolvenzverwalter, der sich im Zweifelsfall immer hinter das Insolvenzrecht zurückziehe. „Und im Gläubigerschutz stehen die Mitarbeiter nun einmal nicht an erster Stelle.“ In dem Moment, als der Insolvenzverwalter ins Haus kam, herrschte auch in der Personalabteilung erst einmal Verunsicherung. „Das war sicherlich eine der schwierigsten Situationen für uns überhaupt“, erinnert sich Sutter. „Dann stellen sich plötzlich viele rechtliche Fragen. Wir mussten erst einmal herausfinden: Was können und dürfen wir jetzt noch entscheiden? Was dürfen wir den Mitarbeitern sagen?“ Gleichzeitig verlangten die Mitarbeiter Aufklärung über die weiteren Schritte.

In einer Samstagnacht im Herbst 2008 erreichte Personalchef Sutter der entscheidende „Notruf“ aus der Firmenzentrale: Bis zum nächsten Vormittag musste er ein Konzept zur Einsparung von Personalkosten vorlegen. Die Kreditgeber des Unternehmens forderten angesichts der sich entwickelnden Finanzkrise einschneidende Maßnahmen – es ging um Einsparungen in dreistelliger Millionenhöhe, ohne die es keine Verlängerung der Kreditlinien geben würde. „In dieser Nacht war für uns entscheidend, dass wir schnelles und vertrauensvolles Verhalten in Krisensituationen bereits eingeübt hatten“, erinnert sich der Personalmanager. Die vorangegangene Krisenzeit erwies sich damit zumindest einmal als Vorteil – wenigstens waren die Notfall-Mechanismen etabliert. Unter hohem Der Versandhändler Quelle kämpfte vor der Insolvenz Zeitdruck musste die Personalfühbereits seit Jahren mit massiven Problemen. Das rung mit Arbeitnehmervertretern 1927 gegründete Familienunternehmen fusionierte und Gewerkschaften verhandeln 1999 als Quelle Schickedanz AG & Co mit dem – mit dem Wissen, dass es dieses Mal Warenhauskonzern Karstadt zur KarstadtQuelle nicht mehr um eine langfristige ReAG. Schon ab dem Jahr 2000 kämpfte der Konzern strukturierung und Neuausrichtung mit einer schlechten Ertragslage. Vorstandschefs des Unternehmens ging. Sondern um kamen und gingen, aber der Konzern rutschte immer das nackte Überleben. weiter in die roten Zahlen. Ab 2007 nannte sich das Die Unternehmensführung Unternehmen unter Führung von Thomas Middelhoff schloss schließlich einen „Zukunfts„Arcandor AG“. Der Versandhändler Quelle gehörte pakt“ mit den Mitarbeitern. Primonfortan zur Dachgesellschaft Primondo, der Versanddo baute zum wiederholten Male wiehandelssparte innerhalb des Konzerns. der über 1.000 Arbeitsplätze ab, zum Quelle schrieb Verluste und galt als Problemfall zweiten Mal in nur vier Jahren stander Primondo-Holding – vor allem die sogenannten den außerdem massive GehaltskürQuelle-Technik-Center waren defizitär, auch die zungen an – auch im HR-Bereich. In Quelle-Shops in deutschen Innenstädten liefen nicht nur drei Wochen wurden diese Maßgut. Außerdem stieg der Katalogversender erst recht nahmen bei rund 12.000 Mitarbeitern spät in den Internet-Handel ein und konnte sich nicht umgesetzt. „Wir haben fest daran gevon seinem als altmodisch geltenden Katalog-Image glaubt, dass eine Rettung des Unterlösen. Im Geschäftsjahr 2007/2008 machte Arcandor nehmens möglich ist. Deshalb haben einen Verlust von 746 Millionen Euro. Das von Insolwir mit den verbleibenden Mitarvenz bedrohte Unternehmen beantragte Staatshilfen beitern gemeinsam Zukunftsbilder – als diese ausblieben, folgte die Insolvenz. Für die entwickelt, persönliche Chancen lukrativen Spezialversender der Primondo-Sparte wie aufgezeigt, den Zusammenhalt der Hess Natur fanden sich Käufer, aber den UniversalBelegschaft gefördert.“ Die Persoversender Quelle wollte schließlich kein Investor naler schwärmten ins Unternehmen übernehmen. Ein Grund: Die Anschlussfinanzierung aus und suchten das Gespräch mit für das Factoring von Primondo/Quelle wollte langden Mitarbeitern. „Change Maps“ fristig keine Bank übernehmen. ordneten die vielfältigen Veränderungsprojekte im Unternehmen, um

Quelles Weg in die Insolvenz

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Raum für Trauerarbeit Jenseits der Abwicklung der Entlassungen blieb irgendwann nicht mehr viel zu tun. „Wir versuchten nun, Raum für Trauerarbeit und Verarbeitung des Geschehenen zu schaffen“, sagt Sutter. Gemeinsam mit dem Betriebsrat ging es auch darum, die Mitarbeiter bei der Jobsuche zu unterstützen, ihnen Zukunftschancen aufzuzeigen. „Wir alle hofften bis zuletzt“, sagt Ex-Gesamtbetriebsratschef Sindel. „Und im Grunde konnte keiner von uns verstehen, dass sich kein Investor fand. Für mich ist das bis heute unerklärlich.“ Schließlich sei das Unternehmen nach den langen Krisenjahren wieder auf einem guten Weg gewesen: „Es gab wieder mehr Kontinuität im Vorstand und das Strategiekonzept begann zu greifen“, sagt Sindel. Doch in der Insolvenz gab es nicht mehr viel Spielraum, um den begonnenen ChangeProzess umzusetzen. Beobachter des jahrelangen Überlebenskampfes der Quelle AG sagen, dass dieses Ende mit Schrecken vermeidbar gewesen wäre. „Man hätte deutlich früher die Reißleine ziehen

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müssen und eine wirklich radikale, mutige Restrukturierung angehen sollen“, sagt Jörg Funder, Professor für Unternehmensführung im Handel an der Fachhochschule Worms. „Schafft man den Change nicht rechtzeitig und nachhaltig, setzt eine Abwärtsspirale ein“, erklärt Funder. Die jüngsten und besten Mitarbeiter suchen sich dann andere Arbeitgeber. Die Kunden sind verunsichert und Investoren verlieren das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. „Das führte bei Quelle dazu, dass ständig Investoren durch positive Meldungen beruhigt werden müssen. Dadurch kam auch bei den Mitarbeitern stets die Botschaft an: Wir restrukturieren erfolgreich“, so Funder. „Dabei war das Unternehmen von einer erfolgreichen Sanierung lange weit entfernt.“ Für die Mitarbeiter sei es schwierig gewesen, die Situation klar zu erkennen. „Quelle war ein sehr weit verstreutes Unternehmen, das in viele verschiedene operative Einheiten aufgeteilt war. Daher fehlte es an Transparenz.“ Viele Mitarbeiter seien deshalb von der Insolvenz überrumpelt worden.

Personalmanager als Vermittler Eine frühzeitig selbst initiierte Planinsolvenz, davon ist Funder überzeugt, wäre der klügere Schritt gewesen: „So hätte man sich Handlungsspielräume erhalten.“ Die Insolvenz hätte nach den eigenen Vorstellungen und Regeln erfolgen können – und hätte so vielleicht doch noch zum Erfolg geführt. „Dass das funktionieren kann, hat das Beispiel Sinn Leffers gezeigt.“ In einer solchen Planinsolvenz könne auch die Personalführung mehr Einfluss nehmen, zum Beispiel durch eine Analyse der

Mitarbeiterstruktur, eine qualitative Bewertung der Potenziale der einzelnen Mitarbeiter. „Die Personalmanager können dann weiter als Vermittler und als Berater des Topmanagements auftreten.“ In der ungeplanten Insolvenz aus einer ausweglosen Situation heraus allerdings ginge es nur noch um die Sicht des Insolvenzverwalters – und damit meist nur noch um kostengetriebene Personaleinsparungen ohne Rücksicht auf eine qualitative Personalentwicklung. „Der Handlungsspielraum ist in einer fremdverwalteten Insolvenz sehr gering. Den Personalabteilungen fehlt auch meist das rechtliche Know-how – sie werden zu Erfüllungsgehilfen degradiert“, sagt Funder. Die Krisenjahre bei Quelle haben sowohl Betriebsratschef Sindel als auch Personalleiter Sutter stark geprägt. Wie man Restrukturierungs-Prozesse frühzeitig begleiten und Entscheidungen über unvermeidliche Entlassungen menschlich gestalten kann, diese Frage treibt Sindel bis heute um. Als selbständiger Unternehmer bietet er in Kooperation mit einem Seminaranbieter Beratung und Qualifizierung für Unternehmen und Betriebsräte in Change- und Transfer-Prozessen an. Auch Sutter hat sich als Transformations-Berater selbstständig gemacht. In Vorträgen, Seminaren und als Berater in Change- und Führungsfragen will er die Lehren aus der Krise weitergeben. „Auch wenn der Restrukturierungs-Prozess in ein Ende mit Schrecken führte, bin ich doch stolz auf einiges, das ich und viele ehemalige Mitarbeiter während dieser Krisenjahre im Personalwesen geschafft haben“, erklärt er. „Und das ist, wie wir mit den Menschen umgegangen sind, und das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Motivation der Belegschaft des HR-Bereichs bis zum bitteren Ende.“ Sarah Sommer

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1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

»Es ist unsere Aufgabe in den Unternehmen dafür Sorge zu tragen, dass Menschen Veränderungen positiv erleben.« Drei Fragen an

Thomas Belker Managing Director Corporate Human Resources, OBI Group Holding GmbH

1 Ich glaube nicht an dieses Klischee. Menschen sind positiv, Menschen lassen sich begeistern und Menschen mögen und wollen Veränderungen in vielen Situationen. Enthusiastisch erzählen wir vom neuen Smartphone, der neuen Wohnung, der neuen Chefin oder auch der neuen Struktur am alten Arbeitsplatz. Lassen Sie uns gerade im Unternehmenskontext Veränderungsmanagement positiv angehen – wider die Nieselprieme! Veränderungen werden zu Unrecht oft nur mit negativen Entscheidungen gleichgesetzt. Doch es geht ja auch anders. In den genannten Beispielen sind Veränderungen attraktiv. Wichtig ist den Menschen, dass sie in wesentlichen Momenten nicht fremd bestimmt und mit einbezogen werden. Weitreichende Entscheidungen dürfen nicht mehr einsam vom Chef getroffen werden. Da wir Veränderungen im Unternehmenskontext nicht wirklich kontrollieren können, müssen wir eine Kultur fördern, in der wir externe wie interne Einflüsse verstehen lernen. Wir

gar nicht sein. Es ist unsere Aufgabe in den Unternehmendafür Sorge zu tragen, dass Menschen Veränderungen positiv erleben. Dann mögen sie sie. 2 Auch bei OBI befinden wir uns in einem Transformationsprozess. Beziehungen, emotionale Bindungen treten in den Vordergrund. Unternehmenskultur übertrumpft Unternehmensstruktur. Soft Skills werden zu Hard Skills. Eine spannende und positive Zeit. müssen rechtzeitig unser Denken anpassen. Unsere Mitarbeiter sind wesentlich mehr in Entscheidungen einzubeziehen, wir müssen ihnen in weit höherem Maße zuhören als je zuvor. Veränderung in der Organisation ist ein kontinuierlicher Prozess. Der ist zu gestalten. Das setzt positive Energien in Bezug auf Veränderungen frei. Zugegeben: Beim Stellenabbau werden sie kein Frohlocken hervorrufen. Doch handelt es sich dabei um die Kehrseite der positiven Veränderung. Wie oft warten wir mit notwendigen Anpassungen bis die große negative Veränderung kommt! Das müsste häufig

3 Digitalisierung hat die Welt geschrumpft und lässt sie weiter schrumpfen. Alle und alles ist jederzeit erreichbar. Organisationen sind nicht mehr nur den Aktionären und Inhabern gegenüber verantwortlich sondern den vielfältigen gesellschaftlichen Interessengruppen. Unser Denken und Handeln wird immer transparenter. Ich glaube, dass wir uns gar nicht bewusst sind, wie schnell uns der Wandel in neue Formen der Arbeitswelt katapultiert.


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Die Mehrheit der Change-Projekte scheitert. Hauptgrund ist nicht eine widerspenstige Belegschaft, sondern Widerstand im Management. Wie wichtig ist Macht eigentlich, wenn es um Veränderungsvorhaben geht?

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ach knapp 13 Monaten war schon wieder Schluss. Im Juli gab Wolfram Weimer seinen Posten als Chefredakteur bei dem Magazin Focus auf. Damit hatte er den Machtkampf mit seinem Co-Chefredakteur Uli Baur und Herausgeber Helmut Markwort verloren. Beide lehnten den Kurs Weimers ab, der den Focus politischer machen und als eine echte Konkurrenz des Spiegels etablieren wollte. Markwort und Baur wollten vor allem nutzwertigen Verbraucherjournalismus. Das Scheitern Weimers zeigt beispielhaft die große Bedeutung von Macht im Rahmen von Veränderungsprojekten. „Macht – und die Bereitschaft von ihr bei Bedarf Gebrauch zu machen – ist erforderlich, um Veränderungen voran zu treiben, die im übergeordneten Interesse notwendig sind, aber nicht den Beifall aller Betroffenen und Interessengruppen finden“, sagt der Change-Management-Berater Winfried Berner. Wer erfolgreiches Change Management bei konfliktträchtigen Themen betreiben wolle, dürfe um das Thema Macht keinen Bogen machen. „Das beginnt damit, dass er sich darüber Gedanken machen sollte, aus welchen Quellen er im Bedarfsfall wie viel Macht mobilisieren kann“, erklärt der Experte. Es geht um das Bilden von Netzwerken und darum, Widerstände im Vorfeld auszuschalten oder zu reduzieren. Schwer zu glauben, dass Wolfram Weimar das vor seinem Amtsantritt getan hat.

Fotos: Privat

Macht wird oft falsch eingesetzt Macht, verstanden als Möglichkeit den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, ist allgemein wichtiger geworden bei Change-Prozessen, sagen Experten, geht es doch heutzutage oft darum, Veränderungen vor allem möglichst schnell umzusetzen und sich zügig den UmweltverändeO K T O B E R / N O V E M B E R

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Verlor den Machtkampf beim Focus: Wolfram Weimer

rungen anzupassen. Doch Macht ist nicht nur ein Tabu-Thema, Spitzenmanager gehen mit ihr häufig schlicht falsch um: Sie wird entweder gar nicht eingesetzt, wo sie nötig ist – weil sich beispielsweise jemand als dauerhafter Querulant entpuppt –, sie wird genutzt, wo sie völlig unnötig ist oder sie wird brachial eingesetzt, wo sanfter Druck richtig wäre. „Es gibt Situationen, da ist der Einsatz von Macht plausibel. Nicht selten entsteht jedoch bei Mitarbeitern der Eindruck von Willkür“, sagt Berner. „Diese Sensibilität für Willkür ist bei Mitarbeitern und Führungskräften größer geworden.“ Der Einsatz von Macht will also gelernt sein, wenn man Widerstände überwinden will. Und diese Widerstände sind bei großen Change-Projekten in der Regel da. Nicht zuletzt deshalb scheitert die Mehrheit der Projekte, wie verschiedene Studien zeigen – trotz des allgemeinen Veränderungsoptimis51


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mus: Ziele werden nur ansatzweise erreicht, Vorhaben abgebrochen oder nur zum Teil umgesetzt. Es gebe bei Veränderungsvorhaben eine Kluft zwischen Entscheidung und Umsetzung, sagt auch Torsten Oltmanns, der zusammen mit Daniel Nemeyer das Buch „Machtfrage Change“ geschrieben hat. Er ist seit Juli Direktor für Kommunikation beim Duisburger Mischkonzern Haniel. Eine mangelnde Veränderungsfähigkeit und Veränderungsbereitschaft sind vor allem das Problem – allerdings nicht bei der Belegschaft, sondern beim Management. Insbesondere das mittlere Management stellt sich häufig quer. „Die Konflikte bei Change-Projekten haben sich inzwischen auf die Management-Ebene verlagert“, sagt Oltmanns. Als Beispiel für die neue Konfliktlinie führt er die Zahl der Arbeitsgerichtsprozesse zwischen Managern und Arbeitgebern an, die drastisch zugenommen habe. Hingegen sei es seltener geworden, dass Change Management gegen die Belegschaft durchgesetzt werden muss, sagt der 45-Jährige. Noch in den 80er Jahren war das anders. Da gab es häufig Streiks gegen Veränderungsvorhaben. Die kommen heute eher weniger vor. Oltmanns sieht einen Grund in der Professionalisierung der Betriebsräte. Man hat Erfahrungen gesammelt – mit Abfindungen, Sozialplänen, Interessensausgleich. „Es gibt eine Bereitschaft mitzudenken.“ Unter Managern zeigt sich mittlerweile ein ansteigender Zustimmungsabbruch bei Veränderungsprojekten je niedriger die Hierarchieebene ist. Bereits oberhalb der Belegschaft fühlen sich die Betroffenen in einer „skeptischen Statistenrolle“ – kritische Einstellung und geringer Einfluss. Die Change Management Studie 2010 von Capgemini macht allerdings

Die fehlende Bereitschaft zur Veränderung mag nicht zuletzt auch damit zu tun haben, dass die Verweildauer im Job bei Managern in den vergangenen Jahren stark gesunken ist. Darauf verweist Torsten Oltmanns, der vor seiner Zeit bei Haniel bei der Unternehmensberatung Roland Berger gearbeitet hat. Heute sind es im Durchschnitt weniger als fünf Jahre. Gleichzeitig finden Veränderungen häufiger statt. Da stellen sich die Manager schon mal die Frage, ob sich das nun lohnt. „Es ist immer eine rationale Entscheidung des Einzelnen. Es hat nur wenig mit der Einstellung zu tun.“ Denn die Anstrengungen sind sofort da, die Früchte werden erst später geerntet.

Viele Misserfolge zermürben

Anreize setzen, früher auf mögliche Widerständler zu gehen, offen sprechen und eventuell Alternativen anbieten sowie notfalls klarmachen, dass man ein bestimmtes Verhalten nicht toleriert. Das sind nach Meinung des ehemaligen Partners bei Roland Berger Möglichkeiten, wie man die Veränderungsbereitschaft bei Managern erhöhen kann. Zudem muss das Spitzenmanagement die Kommunikation nicht nur didaktisch einsetzen, sondern auch, um zu emotionalisieren und das eigene Weltbild zu transportieren, die eigene Interpretation der Wirklichkeit, wonach sich Führungskräfte und Mitarbeiter orientieren sollen. Nach Ansicht von Berner muss das Spitzenmanagement zunächst einmal das Problem verkaufen, bevor es die Lösung verkauft. „Das Spitzenmanagement hat einen Denkvorsprung vor der Belegschaft und den operativen Managern. Sie werden dafür bezahlt, dass sie in die Zukunft schauen.“ Bei Streitigkeiten innerhalb des Top-Managements sieht er den Einsatz der Macht durch den CEO als Ultima Ratio, wenn alles andere Wie beurteilen Sie die individuelle Veränderungsbereitschaft bei Ihren Führungskräften? (Angaben in Prozent) ausgereizt ist. Zunächst sollte es eine geQuelle: Change Management Studie 2010, Capgemini (Befragung von Change Managern) meinsame Analyse der Situation geben: Wo unterscheiden wir uns? Erste Führungsebene Zweite Führungsebene Eine abnehmende Veränderungsbereitschaft beim Management sieht der Sehr hoch 22 5 Buchautor Berner allerdings nicht. „Der Hoch 50 29 Widerstand ist nicht größer geworden bei Change-Prozessen.“ Was jedoch Mittel 23 50 zugenommen habe, sei eine Veränderungserschöpfung, die bis ins obere Gering 3 16 mittlere Management reiche. ChangeProjekte fangen dann in solchen UnterSehr gering 2 0 nehmen, wo die Erschöpfung weit verbreitet ist, schwach an und lassen später einen erheblichen Abfall der Veränderungsbereitschaft benach. Schon das Zusammenstellen eines Projekt-Teams wird reits zwischen der ersten Führungsebene (Vorstand) und der zum Problem, weil die Leute überlastet sind. Schuld an der Erzweiten Führungsebene (Senior Management) aus. „Dieser schöpfung seien aber nicht die Veränderungen, sondern die ‚obere Zustimmungsabbruch’ ist in vielen Unternehmen zu hohe Zahl an Misserfolgen vergangener Veränderungsprojekbeobachten und eine der Hauptbarrieren bei den anstehente im jeweiligen Unternehmen, sagt Berner. den Veränderungsprozessen“, heißt es in der Studie. Während Die Veränderungsbereitschaft ist da groß, wo erwartet – aus Sicht der befragten Change Management Experten der wird, dass das Projekt erfolgreich zu Ende geführt wird. Bei Unternehmen – fünf von sieben Top-Managern über eine hohe der Mehrheit der Veränderungen ist das eben nicht der Fall. oder sehr hohe Veränderungsbereitschaft verfügen, ist es eine Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Letztendlich bleibt Ebene darunter nur jeder Dritte. dem Spitzenmanagement bzw. dem CEO keine andere Wahl Als wichtigsten Grund für die mangelnde Bereitschaft als Überzeugungsarbeit zu leisten – notfalls mit dem Einsatz machen die Studienverfasser das Fehlen der Einsicht in die von Macht. Weimer hätte damit schon beginnen müssen, bevor Veränderung aus. Danach folgen die Angst vor schwierigen er bei Focus angefangen hat. Seine Chancen standen aufgrund Entscheidungen, der Verlust an Einfluss sowie die Angst vor der starken Gegner von Anfang an aber schlecht. Statusverlust. Jan C. Weilbacher

Veränderungsbereitschaft im oberen Management

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1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

Drei Fragen an

Katrin Göring-Eckardt

Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages sowie Präses der Synode der Evangelischen Kirche (EKD) in Deutschland und Mitglied im Rat der EKD

»So sehr der Mensch auch ein Gewohnheitstier ist, so gehört Veränderung eben auch zum Menschsein dazu.«

1 Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Er schätzt das Vertraute und Gewohnte, weil es das Leben einfacher macht. Außerdem erzeugt Kontinuität ein Gefühl von Sicherheit. Das ist bis zu einem gewissen Grad auch gut so, verführt aber auch dazu, notwendige Veränderungen zu verdrängen. Denn so sehr der Mensch auch ein Gewohnheitstier ist, so gehört Veränderung eben auch zum Menschsein dazu.

2 Besonders geprägt und beeindruckt, und damit auch verändert, hat mich die Erfahrung, auf dem Kirchentag in Dresden vor 120.000 Menschen live – und noch vielen Hunderttausenden von Menschen am Fernseher – zu sprechen. Das ist schon ein besonderes Gefühl, das man nicht mehr vergisst.

3 Das ist der Atomausstieg. Ich war bereits 1990 in Tschernobyl und habe mir selbst ein Bild machen können, welche Gefahr von dieser Technologie ausgeht. Lange haben wir uns von der Atomenergie abhängig gemacht, uns auch immer wieder einreden lassen, dass wir eben abhängig sind. Ich habe das nie geglaubt. Umso mehr freut mich nun, dass es hier spätestens nach Fukushima eine Änderung der öffentlichen Meinung gegeben hat, der schließlich auch Bundesregierung wie auch Atomlobby nichts mehr entgegenzusetzen hatten. So waren sie endlich gezwungen, diesen gefährlichen Weg zu verlassen.


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Fotos: Privat

Kann ein Mensch sich ändern? Auch im fortgeschrittenen Alter? Der Hirnforscher Gerald Hüther sagt „Ja“. Das ist gut, denn wir sind weit von dem entfernt, was aus uns werden könnte. Aber was braucht es, damit der Einzelne seine Potenziale entfalten kann?

Herr Professor Hüther, sind die Unternehmen in den letzten Jahren eigentlich offener geworden für die Erkenntnisse der Neurobiologie? Natürlich nicht alle, aber es ändert sich. Wenn ich Führungskräfte vor etwa fünf Jahren gefragt habe, wie es denn so läuft, war die Antwort oft: „Wir sind auf einem guten Weg, wir müssen es nur effizienter machen.“ Wenn ich sie heute frage, heißt es oft: „Na ja, es läuft schon, aber die Richtung stimmt nicht. So kann es nicht weiter gehen.“ Das heißt die schwimmen jetzt noch mit, sie wissen jedoch, dass sie in die falsche Richtung schwimmen. Und das ist neu. Offenbar wird inzwischen von immer mehr Führungskräften erkannt, dass gegenwärtig Entwicklungen im Gang sind, die fundamentale Neuausrichtungen erforderlich machen. Es hat allerdings keiner eine Idee, wie diese aussehen sollen. Es gilt wohl, was Albert Einstein mal gesagt hat: Man kann die Probleme, die mit bestimmten Denkweisen erzeugt wurden, nicht mit denselben Denkweisen lösen. In diesem Dilemma sind sie gefangen. Und die falsche Richtung liegt an der Ressourcennutzungskultur, die Sie in Ihrem jüngsten Buch kritisieren? Im Zweifelsfall fällt man in schwierigen Situationen immer auf das Bewährte zurück. Und das Bewährte ist – eigentlich über Jahrhunderte hinweg, aber ganz besonders im letzten Jahrhundert – das, was wir als Ressourcennutzungskultur entwickelt haben. Das fängt bei der Aneignung natürlicher Ressourcen an und geht bis zu der Nutzung menschlicher Ressourcen. Der Begriff der Humanressourcen ist dafür ja bezeichnend. Er offenbart eine bestimmte Haltung gegenüber den Menschen, die in einem Unternehmen arbeiten. Was ist denn ein besserer Ausdruck? Als Hirnforscher kann ich da ganz neu rangehen und sagen: Ressourcen sind das, was ich an Verschaltungen bereits im Hirn entwickelt habe, die kann man nutzen. Was aber schöner O K T O B E R / N O V E M B E R

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Der Neurobiologe Gerald Hüther

wäre, wenn ich nicht das nutze, was ich habe, sondern wenn ich neue Verschaltungsmuster ausbilde, die ich noch nicht entwickelt habe. Dann bin ich kein Ressourcennutzer, sondern ein Potenzialentfalter. Wo man das macht, entsteht eine andere Kultur. Man achtet nicht mehr auf das, was man kriegen kann und schon da ist, sondern versucht etwas herauszubilden, was es noch nicht gibt, jedoch im System angelegt ist, also zum Beispiel im Hirn. In jedem Menschen ist mehr angelegt, als das, was er von sich zeigt, was er weiß und kann. Das gilt ebenfalls für Unternehmen. Aber lässt sich eine Potenzialentfaltungskultur in ein Unternehmenssystem, das in der Regel hierarchisch geprägt ist und irgendwie funktionieren muss, überhaupt einführen? Ich glaube, die Frage muss man andersrum stellen. Wer weiter macht, wie bisher, muss wissen, dass er den Wettbewerb um Effizienz gegen Unternehmen aus anderen Teilen der 55


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Erde verlieren muss. Wir müssten etwas entwickeln, was die kein großes Interesse an der Idee, dass Menschen mehr könanderen gar nicht können, eine Kultur, in der neue Ideen genen als das, wofür sie im Augenblick benutzt werden. meistert werden. Und für die Generierung solcher neuartigen Der Mensch kann sich also ändern. Was ändert sich genau? Ansätze als auch für deren Umsetzung sind die alten hierarZunächst sind die neurobiologischen Voraussetzungen, mit chischen Strukturen eher ungeeignet. denen Kinder in die Welt gehen, viel günstiger als bisher anWas braucht es, damit sich eine Potenzialentfaltungskultur genommen. Inzwischen wissen wir, dass die genetischen Anbilden kann? lagen das Gehirn so organisieren, dass man alles lernen kann, Aus neurobiologischer Sicht braucht ein Mitarbeiter das Gewas es auf dieser Welt zu lernen gibt. Es wird am Anfang ein fühl, dass die Firma ihn braucht. Dass er da gern gesehen ist, reichhaltiges Potenzial zur Verfügung gestellt: Mehr NervenVerantwortung übernehmen kann und Bedeutung besitzt und zellen als man später braucht, mehr Vernetzungsangebote als deshalb als Einzelner zum Gelingen des Ganzen beitragen man später belegt. Das ist wie ein Goldschatz, den man da mit kann. auf den Weg kriegt. Also Wertschätzung … Leider neigen wir in unserer gegenwärtigen Gesellschaft Ja. Wenn man diese Floskel benutzen will. Wenn sie wirklich dazu, dieses Gold in Blei zu verwandeln. Denn die Kinder gelebt würde, könnte ein Mitarbeiter Wertschätzung daran erkommen mit einer unglaublichen Offenheit und Entdeckerkennen, dass ihm Verantwortung übertragen wird. Das zweite freude zur Welt und begeistern sich mehr als hundert Mal am wichtige Gefühl ist Zugehörigkeit. Ein Mensch muss spüren, Tag über irgendwelche Dinge, die sie selbst herausgefunden dass er in einer Firma nicht einfach nur bezahlt wird, sondern haben. Und dann schicken wir sie in die Schule – und dort geht dass er dazugehört. Das sind die zwei Grundbedürfnisse, die alles weg. Da läuft irgendetwas grundfalsch. Das kindliche gestillt sein müssten, damit ein Mitarbeiter seine Potenziale Gehirn entwickelt sich eben so, wie und wofür es mit Freude entfalten kann. Sobald sie ihn irgendwo hinkommandieren, benutzt, was ihm wichtig ist, wenn es in unserer Gesellschaft haben sie das Bedürfnis nach Gefühl von Verbundenheit geheranwächst. Entscheidend ist also, was den Kindern in unsenauso verletzt, wie das nach eigenen Gestaltungsmöglichkeirer Gesellschaft, im Freundeskreis, in der jeweiligen Familie, ten, also nach Autonomie. im Kulturkreis bedeutsam ist, das eignen sie sich an. TürkiHaben Sie nicht das Gefühl, dass sich in den vergangenen sche Migrantenkinder eignen sich also zwangsläufig andeJahren etwas geändert hat und Wertschätzung für Mitarbeire Dinge an und stabilisieren andere Netzwerke im Hirn als ter ernst genommen wird? deutsche Professorenkinder. Aber nicht weil sie genetisch unIch glaube, in vielen Unternehmen ist ein solcher Bewusstwerterschiedlich sind, sondern weil sie ihr Hirn in unterschiedlidungsprozess in Gang – in manchen stärker als in anderen. Ich chen Umwelten benutzen und weil es in diesen unterschiedlisehe aber auch, dass es immense Beharchen Welten auf unterschiedliche Dinge rungskräfte gibt. Das sind – auf der Ebene ankommt. der Führungskräfte – BesitzstandswahDer Weg wird so vorgegeben … rer, die ihre Bereiche festhalten. Und es Nein, denn die frohe Botschaft lautet: gibt viele junge Führungskräfte, die von Auch wenn es in der frühen Kindheit Akademien und Universitäten kommen schiefgegangen und nicht so viel hänDer Hirnforscher Gerald Hüther versteht und denen offenbar das alte Weltbild gegen geblieben ist, kann es ein Leben lang sich als Brückenbauer zwischen wissenpredigt worden ist. Und die das, was eine nachgeholt werden. Aber nicht, indem schaftlicher Forschung und gesellschaftmoderne Führungskraft bräuchte, nicht man einfach viel übt, denn das Gehirn ist licher Lebenspraxis. Seine vielfältige Öfgelernt haben: Einfühlungsvermögen, kein Muskel. Das Gehirn wird so, wie und fentlichkeitsarbeit betreibt er vor allem, um Weitsicht und so etwas wie Selbstdisziwofür man es mit Begeisterung nutzt. Erkenntnisse der modernen Hirnforschung plin und Handlungsplanung und eine zu verbreiten. Ziel seiner Aktivitäten sei Nur dann, wenn etwas unter die Haut reale Einschätzung des eigenen Wissens geht und die emotionalen Zentren anes, so sagt er, günstige Voraussetzungen und Könnens. Es ist besonders bedauerspringen wird im Mittelhirn eine Gruppe für die Entfaltung menschlicher Potenziale lich, dass der Wandel der Führungskulvon Nervenzellen angeregt. Die schütten zu schaffen, speziell im Bereich Erziehung tur, der notwendig wäre, nicht von den daraufhin an den Enden ihrer langen und Bildung sowie auf der Ebene der politiFührungsakademien getragen wird, soschen und wirtschaftlichen Führung. Fortsätze einen Cocktail neuroplastidass er sich in den Unternehmen selbst scher Botenstoffe aus. Und die fördern Gerald Hüther ist Professor für Neurobioentwickeln muss. wie Dünger die Herausbildung neuer logie und leitet die Zentralstelle für NeuWie veränderungsfähig ist der Mensch Vernetzungen. Im Routinebetrieb des robiologische Präventionsforschung der aus Sicht des Hirnforschers? Man Gehirns passiert das nicht. Man muss etPsychiatrischen Klinik der Universität Götspricht oft vom Mensch als Gewohntingen und des Instituts für Public Health was erleben, was einem unter die Haut heitstier, der sich mit Veränderungen geht, sonst ist es dem Hirn egal. der Universität Mannheim/Heidelberg. schwer tut. Ein Plädoyer für die BegeisterungsfäWissenschaftlich befasst er sich unter Die Befunde der Hirnforscher in den higkeit? anderem mit den Wirkungsmechanismen letzten Jahren zeigen ganz klar: Jeder Man kann es auch Lebendigkeit nennen von Psychopharmaka und mit dem Einfluss Mensch kann sich zu jedem Zeitpunkt oder einfach Interesse. Auf jeden Fall früher Erfahrungen auf die Hirnentwickseines Lebens verändern – auch ganz sollte es einen emotional berühren. lung. Der 60-Jährige ist Autor zahlreicher grundsätzlich. Gleichzeitig muss man Leider gibt es in der Gesellschaft eine Bücher. Zuletzt erschien von ihm „Was wir sagen: Es gab in der Vergangenheit ein Menge Arbeit, die keinen Spaß macht. sind und was wir sein könnten“. gewisses Interesse daran, das zu bestreiDas wird immer gesagt. Ich glaube das Gerald Hüther ist verheiratet und hat drei ten. In einer hierarchisch organisierten nicht. Wenn der Pförtner oder die PutzKinder. Ressourcennutzungskultur, hat man frau einfach mal gesagt bekämen und

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»Extrinsische Motivation ist nur ein Fremdwort für Abrichtung.«

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auch wüssten, dass der Chef ihre Arbeit würdigt, und sich alle einig sind, dass die ganze Firma ohne Putzfrau und Pförtner nicht funktionieren kann, dann kommt auch die Freude bei der Arbeit in solchen Bereichen wieder. Das ist aber in einer hierarchisch organisierten Ressourcennutzungskultur unmöglich. Dort ist der Befehlsempfänger unten immer der letzte Arsch. Haben Sie denn das Gefühl, dass viele Menschen mit sich hadern, weil sie unter ihren Möglichkeiten bleiben? Ja, dramatisch. Wir sind immer noch Dimensionen weit von dem entfernt, was aus uns werden könnte, was in uns an Möglichkeiten angelegt ist. Das hängt auch damit zusammen, dass man alleine seine Potenziale gar nicht entfalten kann. Das haben viele Menschen, auch Führungskräfte noch gar nicht verstanden. Oft versucht ja noch jeder seine Potenziale alleine zu entfalten. Was aber gar nicht gehen kann, weil er oder sie es dann auf Kosten der anderen machen muss. Indem man aber andere wegbeißt oder abwertet oder sich von ihnen abgrenzt, beraubt man sich der Möglichkeit, von deren Erfahrung lernen zu können. Sie erwähnen in Ihrem Buch, dass es oft starke Einschnitte im Leben sind, die zu einem kompletten Wandel führen und plötzlich gehen die Leute ein Risiko ein und stellen zum Beispiel etwas Eigenes auf die Beine. Die Menschen sprechen dann immer von einer Weiterentwicklung durch eine Krisensituation, die ihnen passiert ist. Ich würde das umdrehen. Ich würde sagen: Die finden – durch eine innere Erschütterung – etwas wieder, was sie unterwegs verloren hatten, zum Beispiel ein Bedürfnis, sich um irgendwas kümmern zu dürfen, auch nah mit Menschen verbunden zu sein, oder sich endlich mal autonom entfalten zu können. Das ist ja alles – mehr oder weniger – beim Heranwachsen in dieser Gesellschaft verletzt und verdrängt worden. Und dann werden eben Ersatzbefriedigungsstrategien gefunden, von denen man lebt. Aber glücklich wird man so nicht. „Andere motivieren zu wollen, ist hirntechnischer Unsinn“. Dieser Satz stammt von Ihnen. Was ist die Alternative? Extrinsische Motivation ist nur ein Fremdwort für Abrichtung und Dressur. Sie können keinen Menschen motivieren, sondern Sie können ihm nur Lust machen. Das Motiv kommt immer aus ihm. Führungskräfte können den Mitarbeiter aber einladen, ermutigen und inspirieren, dass er noch mal was will, dass er noch mal eine neue, eine günstigere Erfahrung macht oder noch mal Verantwortung übernimmt. Sind denn Unternehmen bzw. die Führungskräfte geeignet, bei ihren Mitarbeitern Sinn zu stiften? Sinn bezeichnet nichts anderes als: Etwas hat Bedeutung für jemanden. Und wenn eine Führungskraft es wichtig findet, dass die Firma vorankommt, dann muss das noch lange nicht heißen, dass das auch seinen Mitarbeitern wichtig ist. Sie können auch einfach nur Geld verdienen wollen. Das heißt, eine Führungskraft kann die Sinnfrage erst dann auf die Mitarbeiter übertragen, wenn es ihm gelingt, die Mitarbeiter zu inspirieren, dass sie das, was er wichtig findet, ebenfalls wichtig finden. Das dürfte viele Führungskräfte überfordern … Deshalb sind es ja auch keine Führungskräfte.Wenn sich eine Führungskraft durch autoritäres Verhalten gegenüber anderen stärken muss, ist es keine Führungskraft, sondern nur jemand, der eine bestimmte Position in einem System besetzt, die ihm aus irgendwelchen Gründen zugefallen ist. Trotzdem braucht es Hierarchie, um Dinge umzusetzen. Ja, aber eben eine andere als die, wie wir sie bisher kennen. Wir müssten so etwas wie eine individualisierte Gemeinschaft entwickeln, in der es auf jeden ankommt. Und wo jeder gemäß seiner Talente und Fähigkeiten und aufgrund seiner Erfahrungen dazu beitragen kann, dass das ganze Unternehmen gelingt. Dazu gehört auch, dass man Organisationsstrukturen entwickelt, die das ermöglichen. Das Gespräch führte Jan C. Weilbacher

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Im Zuge der Liberalisierung mussten sich die regionalen Energieversorger von ihren Gebietsmonopolen verabschieden. Der Wettbewerb hat Einzug gehalten. Das Geschäft ist schneller geworden. Wie begleiten Personalmanager die Veränderungen in den Unternehmen?

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in Job bei den Stadtwerken – damit verbinden viele Berufseinsteiger und Branchenfremde noch immer die ruhige Kugel. Stromrechnungen schreiben, Leitungen instandhalten oder konventionelle Kraftwerke befeuern – viel mehr kann es dort ja nicht zu tun geben, oder? Wer so denkt, dürfte überrascht sein, was Jobportale wie Monster oder Stepstone beim Suchbegriff Stadtwerke ausspucken: Gesucht werden zum Beispiel Portfolio-Manager, Business Developer, Offshore-Ingenieure, Asset-Manager oder Projektleiter Erneuerbare Energien.Wem eher neue Medien liegen als neue Energiequellen, der hat Chancen als Community-Manager, Extranet-Redakteur oder Social Media Freak. Letztere Position haben im September die Stadtwerke Ulm ausgeschrieben, um neue Wege im Online-Marketing zu beschreiten. Und auch für IT-Profis sind vom Anwendungsentwickler bis zum SAPSpezialisten bundesweit jede Menge Stellen bei den regionalen Energielieferanten zu besetzen. An den vielfältigen Offerten lässt sich eindrucksvoll ablesen, wie sich die Branche in den letzten Jahren verändert hat. Der deutsche Energiemarkt ist traditionell geprägt von vielen regionalen Versorgern. In keinem anderen Land Europas gibt es so viele Energielieferanten wie in Deutschland, rechnet der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) vor. Rund zwei Drittel der insgesamt 1.700 Akteure im Strom-, Gas- und Wärmemarkt sind kleine und mittlere Anbieter, die sich mehrheitlich in kommunaler Hand befinden. Diese Strukturen stammen noch aus Zeiten, als jeder Versorger sein gesetzlich zugeteiltes Gebietsmonopol innehatte. Um auch auf einem liberalisierten Energiemarkt zu bestehen, wo jeder Kunde frei wählen kann, woher er Strom und Gas bezieht, mussten viele Stadtwerke in den letzten Jahren einen klaren Kurswechsel vollziehen:Weg vom kommunal geprägten monopolistischen Versorger hin zum modernen wettbewerb58

Moderne Energiedienstleister: Im Wasserwerk Käfertal (Mannheim) werden bis zu 3.000 Kubikmeter Wasser pro Stunde gewonnen.

sorientierten Energiedienstleister. Auf der Agenda stehen plötzlich Themen wie Börsengänge, Beteiligungen und Kooperationen. Kunden und Kapitalgeber müssen umworben werden. Wie in allen vom freien Wettbewerb geprägten Branchen, brauchen auch Energieunternehmen heute ein klares Profil.

Schicke Markenprodukte: Fehlanzeige Im Gegensatz zu Audi, Apple oder Adidas können Energieversorger nicht mit schicken Markenprodukten punkten – gut ausgebildete, kunden- und serviceorientierte Mitarbeiter mit innovativen Ideen sind deshalb umso wichtiger. Im Zuge von Liberalisierung und Privatisierung sind insbesondere bei größeren Stadtwerken seit der Jahrtausendwende ganz neue Auf-

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Unternehmen arbeiten, kommt es zu Spannungen“, weiß der Energiemanager. Persönlich setzt Hoffknecht auf einen möglichst direkten Draht zur Basis. Der Geschäftsführer nimmt regelmäßig an Teambesprechungen aller Bereiche bis hinunter zu den Busfahrern teil, um Entscheidungen persönlich zu erläutern und die Stimmung einzufangen. Für Führungskräfte finden regelmäßig professionell moderierte Workshops statt mit dem Ziel, eine gemeinsame Führungskultur zu entwickeln. Außerdem gibt es inzwischen jährlich eine kleinere und alle drei Jahre eine groß angelegte Mitarbeiterbefragung. Zentrale Themen aus diesen Runden wie beispielsweise der Wunsch nach verbesserter interner Kommunikation oder zielgerichteter Weiterbildung werden seitdem in Projektgruppen kontinuierlich umgesetzt. Sehr beliebt sind auch die regelmäßigen FrageStunden, bei denen monatlich einer der beiden Geschäftsführer einem Dutzend Mitarbeiter Rede und Antwort steht. „Die Protokolle kommen für alle ins Intranet und werden mit Interesse gelesen“, sagt Andreas Hoffknecht.

Prozesse werden optimiert

Fotos: Wasserkraftwerk Käfertal; Stadtwerke Münster/ Peter Leßmann

Neue Zeiten: Bis 2005 wurde Münster über ein Heizkraftwerk mit Strom und Wärme auf Kohlebasis versorgt. 2008 installierte man im Kohlebunker ein Fernwärmespeicher.

gaben und damit auch neuer Bedarf an hochqualifizierten Experten entstanden. So kümmern sich heute beispielsweise Betriebswirte als Assetmanager um den effizienten Einsatz von Betriebsmitteln, Rechtsexperten befassen sich mit komplexen Regulierungsfragen, Finanzspezialisten handeln weltweit mit Strom, Marketing-Profis entwickeln innovative Angebote oder Vertriebsstrategien und Ingenieure bauen Offshore-Windparks, Solar- oder Biomasse-Kraftwerke im In- und Ausland. Auch im IT-Bereich sind die Aufgaben wesentlich komplexer geworden und erfordern gut ausgebildete IT-Fachkräfte: „Die Akademikerquote ist in den letzten Jahren stark angestiegen“, bestätigt Andreas Hoffknecht, technischer Geschäftsführer der Stadtwerke Münster mit rund 1.350 Angestellten. Der promovierte Physiker startete selbst als Unternehmensberater und hat berufliche Stationen bei privaten und kommunalen Energieversorgern absolviert. Im operativen Bereich – also bei den klassischen Blaumännern – seien dagegen eher Stellen weggefallen oder Aufgaben an externe Dienstleister ausgelagert worden. Und auch das Arbeitsumfeld hat sich in den letzten zehn Jahren stark verändert: „Das Geschäft ist viel schneller und projektbasierter geworden, im Monopol tickten die Uhren noch anders“, so Hoffknecht. Natürlich gelingt ein umfassender Kulturwandel nicht vollkommen reibungslos: „Wenn plötzlich immer mehr Schlipsträger in einem ehemals handwerklich orientierten O K T O B E R / N O V E M B E R

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Ein Frage-Frühstück mit dem Vorstand gibt es seit einigen Jahren auch bei der MVV Energie AG in Mannheim. Der Mannheimer Versorger ging 1999 als erstes deutsches Stadtwerk an die Börse. Heute hält MVV Energie unter anderem die Mehrheit an den Stadtwerken Kiel und ist an sieben weiteren kommunalen Versorgern beteiligt. In den letzten zehn Jahren stieg das Unternehmen zudem in neue Geschäftsfelder ein, darunter den bundesweiten Vertrieb von Ökostrom, das Geschäft mit Energiedienstleistungen für Großkunden, den Betrieb eines Windparks in Ostdeutschland oder den Bau einer Müllverbrennungsanlage in England. Insgesamt beschäftigt die MVV-Gruppe heute 6.000 Mitarbeiter, rund jeden zehnten davon im Ausland. Mit einem derart rasanten Unternehmenswachstum sind auch intern intensive Auf- und Umbauarbeiten verbunden. Beispielsweise bündelt MVV Energie inzwischen interne Dienstleistungen für die ganze Gruppe wie Netzbetrieb, Energieeinkauf oder Abrechnung zentral in Mannheim. In den kommenden zehn Jahren sollen wichtige Prozesse weiter optimiert und zentralisiert und das Geschäftsportfolio ausgebaut werden. In zukunftsträchtige Geschäftsbereiche wie erneuerbare Energien, Energiedienstleistungen oder Fernwärme werden dabei bis 2020 rund 1,5 Milliarden Euro fließen. Die ehrgeizige Wachstums- und Innovationsstrategie verlangt den Mitarbeitern ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft ab. Wandel und Innovation hat die MVV Energie deshalb zu zentralen Unternehmenswerten erklärt. Gezielte Personalentwicklung wird auf allen Ebenen großgeschrieben: Die Frühstücksrunde, bei der sich jeweils zehn Mitarbeiter mit dem Vorstand treffen, ist nur einer von vielen Bausteinen. Ein Dutzend Mitarbeiter werden jährlich zum Veränderungsmanager (Change Agent) qualifiziert, um Veränderungsprozesse im Unternehmen besser begleiten zu können. Darüber hinaus gibt es maßgeschneiderte Entwicklungsangebote sowohl für die Fach- als auch die Führungslaufbahn. „80 Prozent aller Führungspositionen konnten wir in den letzten fünf Jahren aus den eigenen Reihen besetzen“, sagt Thorsten Echterhof, Leiter des Competence Centers HR. Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene durchlaufen seit 2003 ein anspruchsvolles Management-Development-Programm. An 59


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der dritten Runde nehmen derzeit 120 Manager der Standorte Mannheim, Kiel und Offenbach teil, nicht zuletzt mit dem Ziel, sie konzernübergreifend besser zu vernetzen. Auf dem Lehrplan der MVV-Manager standen neben Modulen wie Kommunikation, Konfliktmanagement, Führungskräfte führen oder Führen im Change Management anfangs auch grundlegende Management-Instrumente wie Leistungsbeurteilung und Zielvereinbarung. Als privatwirtschaftliches Unternehmen wendet der Energieversorger nämlich einen Haustarifvertrag an, der auf allen Ebenen auch variable Vergütungsanteile und Zielvereinbarungen vorsieht. Bei Einstellungsgesprächen verschafft das dem Unternehmen einen gewissen Wettbewerbsvorteil gegenüber kommunalen Betrieben, die in der Regel nach den öffentlichen Tarifen TVöD oder TVV bezahlen. Der Spartentarifvertag TVV wurde im Jahr 2000 ausgearbeitet, um kommunalen Versorgern auf dem liberalisierten Energiemarkt etwas mehr Flexibilität zu verschaffen. Im Vergleich zum TVöD orientieren sich Um den Wettbewerb zu Gehaltserhöhungen beim TVV stärker an beleben, wurde das Energieden tatsächlichen Aufgaben und Qualifiwirtschaftsgesetz EnWG in den kationen als an der bloßen Betriebszugeletzten zwölf Jahren mehrfach hörigkeit. Leistungs- und Weiterbildungsnovelliert. 1998 fielen die bereitschaft zahlen sich also eher aus. gesetzlichen Gebietsmonopole für den Strommarkt, 2003 folgte Wettbewerb um Talente die Freigabe des Gasmarktes. Seitdem können deutsche Das ist wichtig, denn in den kommenden Kunden unabhängig vom WohnJahren wird sich der Wettbewerb um tabzw. Standort ihre Energieverlentierte Fach- und Führungskräfte für sorger frei wählen. Um neuen die Stadtwerke verschärfen. Das DurchAnbietern den Marktzugang schnittsalter der Belegschaft liegt in vielen nicht nur theoretisch sondern Betrieben deutlich über 40 Jahren, schon auch praktisch weiter zu ebnen, allein demografisch bedingt besteht also wurde der Regulierungsbehörde zunehmender Ersatzbedarf. Um hochquafür Telekommunikation und Post lifizierte Spezialisten konkurrieren Betrie2005 die Zuständigkeit für die be wie die Stadtwerke Münster mit großen Energieregulierung übertragen. Energieversorgern wie Eon, RWE oder Die Behörde wurde in BundesVattenfall. „Kommunale Betriebe müssen netzagentur umbenannt und sich für die Kandidaten hübsch machen soll darüber wachen, dass neue und attraktive Pakete schnüren“, bestätigt Energielieferanten beim NetzJens Hohensee von der Personal- und zugang von ehemaligen MoManagementberatung Kienbaum. nopolisten nicht benachteiligt Um Nachteile beim Gehalt auszugleiwerden. Die Bundesnetzagentur chen, locken kreative Stadtwerke neue kontrolliert unter anderem die Mitarbeiter bereits mit verbilligtem Strom, Gebühren, die die Netzbetreiber mit einem kostenlosen Betriebskinderfür das Durchleiten von „fremgarten oder familienfreundlichen Ardem“ Strom und Gas verlangen beitsbedingungen. In Münster zählt dazu dürfen, und beseitigt technische ein Eltern-Kind-Arbeitszimmer, wo der und organisatorische AnschlussNachwuchs spielen kann, wenn keine anhindernisse. dere Betreuung verfügbar ist. Auch beim Thema Arbeitsplatzsicherheit können regionale, mittelständisch geprägte Versorger punkten. Denn der Atomausstieg hat die großen Energiekonzerne kalt erwischt, Gewinneinbußen und drastische Sparprogramme kratzen am Arbeitgeberimage. Eon hat angekündigt, bis zu 11.000 Stellen zu streichen, EnBW will rund 250 Millionen Euro an Personalkosten einsparen und auch bei RWE stehen Sparmaßnahmen an. Um diese Situation für sich zu nutzen und Bewerber für sich zu gewinnen, brauchen Stadtwerke allerdings ein professionelles Bewerbungsmanagement: „Nach jedem Gespräch müssen Sie sehr schnell Feedback geben, sonst sagt Ihr Wunschkandidat woanders zu“, mahnt Profi-Recruiter Hohensee. Kirstin von Elm

1 Zu unterstellen, dass Menschen keine Veränderungen mögen, ist wenig sinnvoll. Veränderungsbereitschaft ist eine Frage des Kontextes. Sicherlich, Veränderung erzwingt Lernen und Lernen ist anstrengend. Das Gehirn ist im Verhältnis zu seiner Größe das kostspieligste Organ in unserem Körper. Es verbraucht, obwohl es nur 2 Prozent der Körpermasse ausmacht, im Schnitt 20 Prozent des Sauerstoffs und 25 Prozent der Glukose. Kein Wunder also, dass der kluge Mensch versucht, sein Gehirn so wenig wie möglich in Anspruch zu nehmen. Aber wir würden heute noch in Höhlen hausen, wenn das Neue nicht einen unwiderstehlichen Reiz für uns hätte. Das Festhalten am Bestehenden ist weniger ein Problem individueller Trägheit als der Aufgabe von Macht und Einfluss. Es geht um das wahrgenommene Verhältnis von Risiko und Chance. Egal ob Leidensdruck oder Neugier, egal ob ‘burning platform’ oder Faszination beim Aufbruch zu unbekannten Kontinenten – wenn die Aussichten attraktiver sind als der erlebte Status Quo, wird Veränderungsbereitschaft zur intrinsisch motivierten Selbstverständlichkeit. Zur Beantwortung der Frage, warum Menschen sich bei Veränderungen schwer tun, ist es äußerst hilfreich, zu erforschen oder zu erfühlen, was sie zu verlieren haben.

Öffnung des Energiemarktes

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Foto: Moritz Vennemann

2 Die größte Veränderung, die ich zur Zeit sehe, ist eine Veränderung der Bedeutung von Veränderung. Die letzten zwei Jahrzehnte bezog sich der Begriff Change Management zumeist auf Themen wie Produktinnovation, Prozessoptimierung oder Neuordnung von Organisationsstrukturen. Heute geht es immer häufiger um die pro-aktive Überprüfung von Geschäftsmodellen und die grundlegende Anpassung von Unternehmenskulturen. Die weltweite Vernetzung konfrontiert Führung und Management mit einer neuen Dimension des Wandels. Wenn in Kalifornien eine Internetplattform programmiert wird, die die kostenlose Versendung von SMS ermöglicht, und in der Folge in Holland innerhalb weniger Wochen der Umsatz der Mobilfunkanbieter um zweistellige Prozentbeträge einbricht, dann geht es ans Eingemachte. Change Management 2.0 ist anders.


1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

»Das Neue hat einen unwiderstehlichen Reiz für uns.« Peter Kruse

Geschäftsführender Gesellschafter der nextpractice GmbH und Honorarprofessor für Allgemeine und Organisationspsychologie an der Universität Bremen

Drei Fragen an

3 Faszinierend ist eine Entwicklung besonders dann, wenn sie deutlich größere Auswirkungen hat als erwartet. Seit nunmehr 20 Jahren verblüfft das World Wide Web immer wieder mit ungewöhnlichen Effekten auf Wirtschaft und Gesellschaft. Die Emotionalität der Debatte darüber, ob das Internet nun Fluch oder Segen sei, belegt das Ausmaß der Irritation. Sicher ist, dass das Internet spätestens seit Einführung der Social Software, mehr Menschen aktiviert und involviert hat als je ein Medium zuvor. Unter Nutzung der Angebote des Web 2.0 organisieren sich Einzelpersonen in kürzester Zeit zu Interessensverbänden und synchonisieren ihr Handeln zu schlagkräftigen Massenbewegungen. In der Gegenwart der Netze ist es nicht mehr möglich, Beteiligung zu verweigern – egal ob von Kunden, Bürgern oder Mitarbeiten. Durch die Erhöhung der globalen Vernetzungsdichte ist die Komplexität so stark angestiegen, dass Manager, Experten und Politiker immer häufiger und immer offensichtlicher an die Grenzen ihrer Entscheidungskompetenz stoßen. Die Fage, die allen Entscheidern heute mehr denn je auf der Zunge brennt, lautet: What’s next?


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Ulrich Sieber musste als Personalvorstand den Zusammenschluss von Dresdner Bank und Commerzbank managen. Nach außen verlief die Fusion geräuschlos. Wie ruhig war es wirklich?

Herr Sieber, Sie sind Personalvorstand bei der Commerzbank. Bis vor wenigen Monaten waren Sie auch Integrationsvorstand. Wie weit ist die Integration nach der Fusion mit der Dresdner Bank vorangeschritten? Wir haben im Mai diesen Jahres das Integrationsprojekt offiziell abgeschlossen. Aus gutem Grund heißt das Projekt „Zusammen Wachsen“. Zu diesem „Zusammen Wachsen“ haben wir regelmäßig unsere Mitarbeiter befragt. Wir wollten wissen: Wie läuft der Integrationsprozess aus Mitarbeitersicht? In den letzten drei Jahren wurden deshalb sechs Mal wichtige Themen abgefragt. Ein Ergebnis: Der Zusammenschluss war für die Mitarbeiter vom ersten Tag an eine Erfolgsgeschichte. Woran macht sich denn Erfolg fest bei einer Fusion? Dafür gibt es keine vorgegebene Definition. Für uns ist es das subjektive Empfinden jedes einzelnen Mitarbeiters. Aber ganz entscheidend ist auch die Frage, ob der Integrationsprozess für den Einzelnen fair und transparent verläuft. Da haben wir einen klassischen Verlauf erlebt. Am Anfang gab es große Skepsis, am Schluss jedoch haben wir die besten Bewertungen bekommen. Die Mitarbeiter konnten das Versprechen des Managements, dass die Integration fair und transparent abläuft, wirklich erleben. Und was mich vor allem stolz macht: Am Anfang gab es ein unterschiedliches Antwortverhalten von Commerzbankern und ehemaligen Dresdner Bank-Kollegen. Wenn Sie sich nun die letzte Befragung ansehen, ist kein Unterschied mehr auszumachen. Das zeigt, dass zwei Häuser mit langer Tradition zusammengewachsen sind. Kann man schon von einer einzigen Bank sprechen? Wir sind technisch und im Außenauftritt eine Bank, wir haben ein IT-System und ein Branding. Aber wenn Sie sich die kulturelle Integration ansehen, dann dauert so ein Prozess mehrere Jahre. Wir haben bereits drei Jahre hinter uns und es wird vielleicht noch fünf bis sieben weitere Jahre dauern. Ich 62

habe einmal – etwas ketzerisch – gesagt, wir sind erst dann eine Bank, wenn im oberen Management junge Frauen und Männer sitzen, die in der neuen Commerzbank eingestellt worden sind. Das ist sicherlich eine sehr lange Perspektive. Aber die feinen Unterschiede, die es noch gibt, werden erst im Laufe der Zeit vollkommen verschwinden. Wo machen sich die Unterschiede denn heute noch fest? Das sind eher weiche Faktoren, sie sind nicht so leicht greifbar. Vielleicht sagt ein ehemaliger Dresdner Bank-Kollege zu einem Commerzbanker: Dieser oder jener Prozess läuft nicht so schnell wie früher. Und der ehemalige Commerzbanker sagt: Wir sind dafür stärker umsetzungsorientiert. Da geht es um Einstellungsfragen und Glaubenssätze, die jemand mitbringt. Durch die gegenseitige Wertschätzung und das Kennenlernen wird das aber immer weiter in den Hintergrund gedrängt. Die Fusion lief nach außen relativ geräuschlos ab. Wie ruhig war es wirklich? Es freut mich natürlich, dass es nach außen geräuschlos abgelaufen ist. Aber es gab schon sehr viel zu tun. 45.000 Mitarbeiter wurden in neue Organisationsstrukturen versetzt, wir mussten 3.800 Führungskräfte auswählen. Wir haben bis heute mehr als 4.000 Change-Workshops durchgeführt und circa 30.000 Mitarbeiter geschult. Das sind gewichtige Zahlen. Und was bei solchen Veränderungen in der Regel wenig beachtet wird, sind Themen wie das Umzugsmanagement. Es haben knapp 100.000 Umzüge stattgefunden. Wir mussten an 1.600 Standorten die Marke verändern und sie als neue Commerzbank ausweisen. Wir hatten in 50 Ländern Integrationsaktivitäten. Wir haben über eine Milliarde Datensätze am Osterwochenende von der ehemaligen grünen IT-Plattform in die neue gelbe Plattform geschoben und dabei 600 bis 700 IT-Systeme angepasst. Es mag also nach außen geräusch-

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Gab es am Anfang Widerstände zu überwinden, zum Beispiel bei Führungskräften, die Nachteile befürchteten? Die erste Reaktion der Mitarbeiter, auch der Führungskräfte, war sehr positiv. Aber bei einer Integration dreht die Stimmung häufig, sobald sich die Mitarbeiter fragen müssen: Was heißt das für mich persönlich? Habe ich noch einen Platz in der neuen Organisation? In dieser Phase der Orientierung, muss man Unterstützung geben und schnell Klarheit schaffen. Es gab auch Entlassungen. Wie schwierig ist es, solche Gespräche zu führen? Ein Trennungsgespräch führt man nie gerne. In so einer Situation greifen Sie hart in die Lebensplanung Ihres Gegenübers ein. Es ist wichtig, ehrlich, klar und transparent zu sein und zu erklären, wieKeiner war wohl besser geeignet als so die Trennung notwendig ist. BetriebsIntegrationsvorstand. Schließlich bedingte Beendigungskündigungen hat arbeitete Ulrich Sieber von 2001 bis 2005 es bei uns allerdings nicht gegeben. Bei bei der Dresdner Bank, bevor er 2006 zur jeder Trennung galt das Prinzip der dopCommerzbank wechselte. Dort war er bis los abgelaufen sein, im Inneren war das pelten Freiwilligkeit. Mai 2009 Konzernleiter Human Resourziemlich herausfordernd. Wie viele Mitarbeiter mussten insgeces. Danach wurde der 45-Jährige in den Außerdem darf man nicht vergessen, samt gehen? Vorstand berufen. Ulrich Sieber ist neben dass am 15. September 2008 – gerade Durch die Integration bauen wir 9.000 dem Bereich Human Resources unter mal zwei Wochen nach Bekanntgabe der Stellen ab, davon 6.000 im Inland. anderem für das Business Segment Central Übernahme – Lehman Brothers zahGibt es etwas, bei dem Sie im Nachhin& Eastern Europe zuständig. Vor seiner Zeit lungsunfähig wurde. Wir haben also vor ein sagen, das hätte man im Rahmen der bei der Dresdner Bank hießen die Karriedem Hintergrund einer weltweiten FiFusion besser machen können? restationen: JP Morgan, Credit Suisse und nanzkrise die größte Integration in der Ein solcher Integrationsprozess ist ein Bayerische Vereinsbank. Ulrich Sieber ist deutschen Bankengeschichte gestemmt. Ausnahmeereignis. Das macht man verheiratet und hat drei Kinder. Gibt es etwas, das Sie herausheben nicht jedes Jahr. Ich würde aber sagen, würden, das bei einer derartigen Fusiwir haben das meiste richtig gemacht. on eine ganz besondere Herausforderung ist? Vielleicht die Bei manchen Dingen würde ich allerdings – mit meinem jetziZusammenführung der IT-Systeme? gen Wissen – nachschärfen. Zum Beispiel haben die Kunden Die ganzen technischen Themen sind Pflicht. Ich würde safrüh in unseren regelmäßigen Befragungen signalisiert, dass gen, die kulturelle Integration, die Annäherung der vor 2008 sie sich die neue Commerzbank erlebbar wünschen. Beim im Wettbewerb stehenden beiden Banken, das war die größte nächsten Mal würde ich deshalb das Kundenerlebnis im InteHerausforderung. grationsprozess noch weiter vorn positionieren. Was ist die originäre Aufgabe der Personaler bei einer Fusion? Mit der Fusion wurde auch eine Projektorganisation ins LeDas ist vor allem der personalwirtschaftliche Integrationsben gerufen. War die an den Vorstand angegliedert? prozess: neue Organisationsstrukturen einziehen, FührungsJa. Für den fachlichen Teil hat ein Team direkt an mich bekräfteauswahl begleiten, Mitarbeiter versetzen. Das sind Aufrichtet, und für den technischen Teil ein zweites an meinen gaben, die im Pflichtenheft der Personalwirtschaft stehen. Vorstandskollegen Frank Annuscheit, Chief Operating Officer Aber die Dimensionen waren einzigartig. Die wichtigste HRdes Commerzbank-Konzerns. Dieses Projekt setzte sich aus Aufgabe bei einer Fusion ist es jedoch, der Hüter von Fairness Mitarbeitern zusammen, die mit zu den besten der beiden und Transparenz zu sein. Banken gehören. Wie verlief die Kommunikation des Ablaufs der Fusion? War Die Zusammensetzung erfolgte querbeet? das HR-Aufgabe? Es war jede Disziplin, jedes Fach-Know-how, aber auch jede Es wurde von Anfang an viel Wert auf die kommunikative BeStärke der Organisation vertreten. gleitung der Transaktion und des Integrationsprozesses geWie groß war das Team? legt. Wir haben eine sehr gute Kommunikationsabteilung, die Das fachliche Kernteam umfasste circa 40 Mitarbeiter. In der die Mitarbeiter über viele Kanäle informiert und abgeholt hat. Summe haben aber etwa 4.500 Mitarbeiter an der Integration Die Zusammenarbeit mit HR war sehr eng. mitgearbeitet. Das Gespräch führte Jan C. Weilbacher

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1. Warum mögen Menschen in der Regel keine Veränderungen? 2. Welche Veränderung haben Sie zuletzt erlebt? 3. Welche Entwicklung, die Wirtschaft und Gesellschaft stark verändert, fasziniert Sie besonders?

Drei Fragen an

Immanuel Hermreck Konzernpersonalchef, Bertelsmann AG

»Veränderungen tragen wesentlich zu unserer Zufriedenheit bei.«

1 Der Mensch ist bekanntlich ein Gewohnheitstier und Veränderungen gehen meist mit einer Anpassung der Gewohnheiten einher. Gewohnheiten bringen Vorteile mit sich, denn sie ermöglichen uns, unsere Aufgaben schnell und gut zu erledigen. Ohne Veränderungen und Innovation würden wir jedoch maßgebliche Chancen und Trends verschlafen. Gerade im beruflichen Umfeld und vor allem für Bertelsmann als Medien- und Dienstleistungsunternehmen ist es unumgänglich, kreativ und unternehmerisch auf Veränderungen zu reagieren. Ich glaube, dass Gewohnheiten deutliche Effizienzvorteile bewirken können, Veränderungen aber wesentlich zu unserer Zufriedenheit und Motivation und somit letztendlich zu steigendem Engagement beitragen. 2 Eine große Veränderung, die an uns allen sicherlich nicht spurlos vorübergegangen ist, ist die Wirtschafts- und Finanzkrise 2008/2009. Während dieser – nicht einfachen – Veränderung, haben wir bei Bertelsmann konsequent an unseren bewährten Essentials festgehalten: Das partnerschaftliche Miteinander und ein offener Dialog mit allen Mitarbeitern, Mitarbeitervertretern und Führungskräften stand jederzeit im Vordergrund. Dieses Leitbild hat uns geholfen, gestärkt aus der Krise herauszugehen.

3 Eine faszinierende Veränderung in Wirtschaft und Gesellschaft, die mir in meinem Alltag sehr häufig begegnet, ist die Entwicklung rund um die Generation Y. Für diese Generation, die sowohl bereits im Beruf steht als auch Universitäten und Hochschulen füllt, steht die Bezahlung nicht mehr unbedingt an erster Stelle. Sie legen hingegen großen Wert auf Aspekte wie eine ausgeprägte Work-Life-Balance, soziale Verantwortung, Teamwork, persönliche Weiterentwicklung und Freiheiten. Zudem ist es diesen jungen Menschen wichtig, im Beruf, im Privatleben und auch im sozialen Bereich Teil des Ganzen zu sein und ihren maßgeblichen Beitrag zu leisten. Diese Generation ist aber nicht isoliert zu betrachten: Im Zuge der demografischen Entwicklung ist es unsere Verantwortung als Arbeitgeber, alle Altersgruppen zu fördern. Vereinbarkeit von Familie und Beruf und damit verbunden die Kinderbetreuung und die Pflege Angehöriger, Förderung von Diversity oder kontinuierliche Weiterbildung sind hier die Stichworte – kurz: die Gewährleistung der Employability aller Mitarbeiter und Altersgruppen. Wir müssen auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen eingehen und individuelle Lösungen finden.


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Wer sich beruflich verändern will, steht oft vor schwierigen Entscheidungen. Das war auch bei Barbara Thiemann und Christian Lombardt der Fall. Die beiden haben immer wieder Neues probiert. Doch was braucht es, um einen Umbruch zu wagen?

Christian Lombardt: Unruhiger Geist

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es nach seinem Großvater gegangen, hätte Christian W äre Lombardt heute eine Elektro-Firma im brandenburgischen Bad Saarow. Doch es kam anders: Er übernahm den Familienbetrieb nicht. Dennoch beschäftigt sich der 41-Jährige noch heute mit Energieströmen – mit denen gestresster Manager und anderer Großstädter. Im Berliner Ortsteil Prenzlauer Berg betreibt Lombardt seit 2005 ein Gesundheits- und Wellness-Zentrum. Nun arbeitet er an einer neuen Idee. Das Schild „Die Wohlfühler“ prangt an einem prächtigen Altbau in der Kollwitzstraße. Junge Frauen kommen zu Pilates und Yoga, Geschäftsleute huschen zur Mittagsmassage hinein. Es ist ein ständiges Kommen und Gehen. Auf rund 700 Quadratmetern bieten Lombardt und seine 55 Mitarbeiter hier in 100 Kursen Bewegung, Gesundheit und Entspannung. Das Geschäft läuft. Vor dem Haus stehen Bänke. Hier wartet Stammkundin Jule Knur, HR-Managerin bei Nokia, gerade mit ihrem verletzten Bein und zwei Krückstöcken auf ihre Behandlung. Ihr gefallen die entspannte Atmosphäre und die Öffnungszeiten. „Selbst am Sonntagabend kann ich zur Physiotherapie kommen“, sagt die 33-Jährige. Gesundheit und Wellness standen zunächst ganz und gar nicht auf Lombardts Lebensplan: Nach der Ausbildung zum Elektriker, für die er „nie wirklich brannte“, sollte es Jura sein. „Anfang der 90er Jahre habe ich verschiedene Grundstücksansprüche meiner Familie durchgesetzt. Anträge und Begründungen schreiben – das hat mir sehr viel Spaß gemacht“, erklärt er. Und so schrieb er sich an der Uni ein, die er nach etwa 20 Semestern ohne Abschluss verließ. Vom Studium profitiert Christian Lombardt noch heute: „Ich habe dabei gelernt, gründlich und strukturiert zu arbeiten“, sagt er. O K T O B E R / N O V E M B E R

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Ein Grund für den Abbruch sei der Zivildienst gewesen, zu dem er mitten im Studium antreten musste. Als Zivi arbeitete er im Ökodorf Wulkow in der Nähe von Frankfurt (Oder). Das Dorf entwickelte sich damals zu einer bekannten Touristenattraktion. Täglich kümmerte Lombardt sich um Busladungen voller Besucher, organisierte das Vereinsbüro und setzte die Visionen seines Chefs um. „Da bin ich aufgeblüht und habe gemerkt, dass mir das Organisatorische liegt“, erinnert er sich. Nach dem Zividienst fiel der Wiedereinstieg in den theorielastigen Uni-Alltag schwer. „Ich hatte den Anschluss verpasst, meine ehemaligen Kommilitonen waren plötzlich alle weiter als ich.“ Schließlich kamen auch andere Interessen und Ideen hinzu, die mit Gesetzestexten nichts zu tun hatten: Christian Lombardt ließ sich zum Körpertherapeuten und Reiki-Meister ausbilden. Bei dieser aus Japan stammenden Behandlungsform soll Energie durch das Auflegen der Hände übertragen werden. Er ist außerdem Mediator und hat eine Ausbildung in Neurolinguistischer Programmierung (NLP) absolviert, weil ihn Kommunikationstechniken interessierten. Dank NLP lernte Lombardt auch verschiedene Methoden der Entscheidungsfindung, die ihm selbst immer wieder geholfen haben. Fragt man ihn nach Empfehlungen für potenzielle Berufswechsler, nennt er spontan verschiedene Techniken – unter anderem auch die Walt-Disney-Methode, bei der man sich seine Wünsche, deren Realisierbarkeit und mögliche Kritik durch Aufschreiben veranschaulicht. „Ich bin auch einfach ein unruhiger und risikofreudiger Geist“, erklärt er die vielen Wechsel, die noch durch Ausflüge in die Gastronomie ergänzt wurden. Seine Risikofreude hat ihm allerdings auch schon schlaflose Nächte beschert, etwa als in der Wirtschaftskrise ein Kredit für den Kauf der Remise 65


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im Hinterhof platzte. Am Ende ging das Geschäft doch noch glimpflich über die Bühne. Beständiger wurde Lombardts Leben 2005. Damals entschied er sich mit einem Physiotherapeuten als Geschäftspartner für die Selbstständigkeit. „Wir waren zwei Jungs mit ein bisschen Geld und einer tollen Idee“, erinnert sich Lombardt. Die Geschäftsräume und der heute stadtbekannte Firmenname „Die Wohlfühler“ waren schnell gefunden. Letzterer entstand auf einer Namensfindungs-Party. „Die Gäste waren eingeladen, ihre Ideen an präparierte Wände zu schreiben“, erzählt Lombardt. Der Unternehmer setzt nun zunehmend auf Präventionskurse in Unternehmen. Doch der Arbeitsplatz sei nicht der beste Ort zum Abschalten. Deshalb arbeitet Lombardt jetzt an einem betrieblichen Gesundheitsticket. „Die Unternehmen sollen es für ihre Mitarbeiter kaufen können, damit diese mit dem Scheck in ihrer Freizeit außerhalb der Firma Angebote von Dienstleitern wahrnehmen können“, erklärt Lombardt. Deutschlandweit will er dieses Gutscheinangebot in den kommenden Monaten anbieten. Seine Pläne für die Zukunft? „Irgendwann will ich einmal so viel Geld verdienen, dass ich mir ein Boot leisten kann, von dem aus ich meine Geschäfte erledigen kann“, erzählt der Hobbysegler. Bei der Auswahl seines Traumziels bleibt er sehr bescheiden: „Es kann ruhig der Scharmützelsee bei Bad Saarow sein.“ Immer wieder neue Ideen: 2005 hat Christian Lombardt ein Gesundheits- und Wellness-Zentrum gegründet.

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Barbara Thiemann: Umgesattelt Thiemann hat einen Arbeitsplatz, der idyllischer B arbara kaum sein kann: Entlang der östlichen Berliner Stadtgrenze erstreckt sich das Naturschutzgebiet „Erpetal“ mit seinen Feuchtwiesen und Erlenbruchwäldern. Baumfalken und Eisvögel leben hier. In der Nähe einer historischen Mühle in Hoppegarten weiden ihre Pferde Jinx und Ritschie. Seit März bietet die Expertin für tiergestützte Führungskräfteseminare Schulungen an und empfängt ihre Kunden auf der Koppel. Die studierte Wirtschaftsjuristin ist erst 31 Jahre alt, Inhaberin von verschiedenen Unternehmen und Buchautorin. Immer wieder hat sie beruflich umgesattelt, dabei aber den roten Faden nicht verloren. Um Wirtschaft und Tiere drehten sich bisher fast alle Stationen in ihrer Laufbahn. Diese fing mit einer klassischen Ausbildung zur Bürokauffrau an. „Ich habe aber schnell gemerkt, dass ich nicht die Arbeit erledigen will, die sonst niemand machen möchte“, erinnert sie sich. Sie sei vor der Ausbildung einfach zu jung gewesen, um genau zu wissen, was sie will. Deshalb holte Barbara Thiemann anschließend das Abitur nach und studierte Wirtschaftsjura. Durch einen Studentenjob kam sie in eine PersönlichkeitsBeratungsfirma, die mit Pferden arbeitet. „Ich habe dort zwar nur die Pressearbeit gemacht, aber gleich gemerkt, dass die Arbeit mit Tieren genau das Richtige für mich wäre“, erinnert sie sich. Ihre Erfahrungen aus dem Nebenjob nutzte sie für ihre Diplomarbeit, aus der das Buch „Personalmanagement

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mit tierischen Impulsen: Tiergestützte Führungskräfteseminare in Deutschland“ hervorging. „Vor etwa zehn Jahren haben sich diese Seminare in Deutschland etabliert“, erklärt Barbara Thiemann. Inzwischen gebe es etwa 100 Anbieter, die Pferde, Hunde, Lamas, Esel, Greifvögel oder Wölfe einsetzten. Direkt nach dem Studium sammelte sie erst einmal zwei Jahre lang Berufserfahrung als Produktmanagerin in einem Start-up-Unternehmen in der Medizinbranche. „Im Grunde war ich früher ein Mensch, der sehr sicherheitsorientiert war“, erklärt Barbara Thiemann. Doch diese Sicherheit stellte sie in Frage, als sich die Möglichkeit eines Stipendiums für ein Praktikum in England ergab. Ihr Arbeitgeber bot ihr zwei Möglichkeiten: Bleiben oder Kündigen. „Ich entschied mich für den unsicheren Weg und das war das Beste, was ich jemals machen konnte“, erinnert sich Thiemann. In Südengland arbeitete sie wieder in einem Beratungsunternehmen, das mit Hilfe von Pferden Manager schult. „Die Inhaberin bot Kurse an, deren Verlauf wir gemeinsam auswerteten“, erklärt Thiemann, die ihr theoretisches Wissen einbringen konnte. Der Aufenthalt habe die Weichen für die Zukunft gestellt. „Die Chefin schenkte mir zwei Pferde – unter der Bedingung, dass ich mich damit selbstständig mache“, erzählt Thiemann. So kam sie zu den beiden Wallachen und ihrem Unternehmen. „Die Tiere sind die perfekten Trainer“, weiß die 31-Jährige. „Ein Tier reagiert ganz anders auf jemanden mit krummem Rücken und wenig Selbstbewusstsein als auf selbstsichere Menschen mit aufrechter Haltung. Man muss einfach das perfekte Maß finden“, so die Beraterin, die vor allem die Soft-Skills vermitteln will. Gerade Führungskräfte seien eine schwierige Klientel. „Eigentlich denken sie, sie können sich O K T O B E R / N O V E M B E R

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Vielseitig: Barbara Thiemann blickt auf einige berufliche Stationen zurück. Die Physiotherapeutin ist Expertin für tiergestützte Führungskräfteseminare.

am besten selbst einschätzen“, weiß Thiemann. „Ein Pferd oder ein Hund geben aber ein ehrliches Feedback – sie wenden sich ab, lassen sich streicheln oder auch nicht.“ Bislang zählte sie vor allem Existenzgründer zu ihren Kunden und verhalf ihnen zu einer besseren Selbstvermarktung. Jetzt will die junge Unternehmerin auch verstärkt Manager in die Natur holen. Dass auch Arbeitslosen tierische Impulse helfen, hat die Arbeitsagentur erkannt, mit der Thiemann gerade verhandelt. Sekretärin, Produktmanagerin, Autorin und Beraterin – Barbara Thiemann kann auf viele Stationen zurückblicken. Doch das ist längst noch nicht alles: Seit zwei Jahren ist sie nach einer weiteren Ausbildung auch noch als Physiotherapeutin für Tiere auf dem Markt. Mit Massagen, Akupunktur und anderen Methoden macht sie kränkelnde Rennpferde auf der benachbarten Galopprennbahn Hoppegarten wieder fit oder gibt altersschwachen Hunden wieder ein Stück Lebensqualität. Viel Freizeit bleibt da nicht.Trotzdem sei sie zufriedener als je zuvor. „Die Arbeit mit den Tieren ist für mich wie Freizeit“, erzählt sie. Schlaflose Nächte wegen schwieriger Entscheidungen habe es immer wieder gegeben. „Ohne die finanzielle Unterstützung von Familie und Freunden wäre mir alles nicht so leicht gefallen.“ Vor allem ihre Zwillingsschwester Antonia sei beste Freundin und Beraterin zugleich. Aber auch skeptische Stimmen habe sie oft gehört, vor allem bei Freunden. „Viele können sich einfach nicht vorstellen, dass man eine sichere Stelle für etwas unsicheres Neues aufgeben kann.“ Anja Sokolow

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(Epilog)

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Sind Sie ein Typ für Veränderungen? Machen Sie den Test. Da Ihr Unternehmen neuerdings umweltbewusst erscheinen will, werden alle Firmenwagen durch Smarts ersetzt. Wie reagieren Sie? A: Mein Motto: Ich bin smart in meinem Smart.

B: Ich besorge mir passend zu meinem neuen Wagen ein Komplett-Outfit von Smart mit Kappe.

C: Ich frage meinen Chef, ob ich ein Auto in meiner Größe haben kann.

D: Ich frage meinen Chef, ob die Firma wirklich Lego-Autos braucht.

Sie bekommen plötzlich graue Haare. Was tun Sie? A: Mein Haar wird nicht grau, es reift.

B: Ich färbe alle Haare grau und entwickle einen neuen George Clooney- bzw. einen Christine Lagarde-Charme.

C: Ich geh nur noch mit Hut zur Arbeit.

D: Ich färbe sofort schwarz nach, meine Jugend soll erhalten bleiben.

Ihre Abteilung wird von der 1. in die 8. Etage verlegt, leider gibt es keinen Fahrstuhl im Gebäude. Wie verhalten Sie sich? A: Ich sehe es positiv, Sport am Morgen bringt mehr Freude bei der Arbeit.

B: Ich danke der Personalabteilung für das neue HealthProgramm, kaufe mir neue Sportschuhe und melde mich im Fitness-Studio ab.

C: Ich überlege mir nach der Arbeit vielleicht doch lieber im Büro zu bleiben, damit ich am nächsten Tag nicht wieder hoch laufen muss.

D: Ich setze mich weiterhin an meinen Schreibtisch in der ersten Etage, egal auf wessen Schoss.

A: Sie sehen immer das Positive an Veränderungen und sind ein optimistischer Mensch. B: Sie machen aus jeder Veränderung das Beste. Sie nutzen die Veränderung zu ihrem Vorteil. C: Sie sind Veränderungen gegenüber unsicher und versuchen sich davor zu drücken. D: Veränderungen gehen sie gründlich aus dem Weg. Sie sind ein sturer Esel – zumindest was Veränderungen angeht. 68

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IM FOKUS

TUE GUTES UND REDE DARÜBER Personaler gelten eher als verschwiegen. Doch seit Themen wie „Diversity“ und „Frauen in Führungspositionen“ in den Medien immer mehr Beachtung finden, müssen die HR-Verantwortlichen Farbe bekennen. Am besten gelingt dies im Tandem mit der unternehmenseigenen Presseabteilung.

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Wie kann man punkten? Um diese Ziele zu erreichen, müssen zunächst folgende Fragen geklärt werden: In welchen Bereichen verhält sich das eigene Unternehmen als Arbeitgeber beispielhaft? Wie steht es um aktuell diskutierte Themen wie „Diversity“ oder „Frauen in Führungspositionen“? Und durch welche Besonderheiten lässt sich beispielsweise in der Fachpresse punkten? „Als ich in diesem Frühjahr zu Gerresheimer gewechselt bin, habe ich zunächst viele Produktionsstätten bereist“, berichtet Marion Stolzenwald, die mit einem weiteren Kollegen die Öffentlichkeitsarbeit des Mittelständlers betreut. „Dabei fiel mir auf, dass bei Gerresheimer alle Auszubildenden mit bestandener Prüfung übernommen werden.“ Eine Besonderheit unter deutschen Unternehmen und ein idealer Anlass, um sich mit einer entsprechenden Informationsoffensive an die Presse zu wenden.

»Die Anfragen laufen über uns, aber wir lassen die Experten sprechen.« Hanna Philipps, Henkel

Fotos: www.flickr.com; Privat; Coca-Cola AG

enn in Deutschland die Lokführer streiken, dann herrscht Alarmstimmung. Nicht nur auf den Bahnsteigen der Republik, sondern auch in der Pressestelle der Deutschen Bahn. „Wir stehen auch in Tarifrunden sehr im Fokus der Medien“, sagt Dagmar Kaiser, Sprecherin Personal bei der DB. Da gilt es, professionell zu reagieren, um die Position des Arbeitgebers in Tarifverhandlungen zu vermitteln. Mit unternehmenseigenen Pressemitteilungen ebenso wie mit regelmäßigen Pressekonferenzen und Hintergrundgesprächen für Medienvertreter. Eng eingebunden sind die Kollegen aus dem Personalressort. Tarifrunden, Entlassungen, Umstrukturierungen. Geht es um Personalthemen, horcht die Öffentlichkeit auf. Was Unternehmen vor wenigen Jahren noch als interne Angelegenheit betrachtet haben, ist heute von allgemeinem Interesse. Eine Entwicklung, die nach Einschätzung von Beobachtern mit dem Platzen der DotcomBlase im Jahr 2000 begann und sich seit Ausbruch der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise weiter verstärkt hat. Ein Ende dieses Trends ist nicht abzusehen. Im Gegenteil: Die große Mehrheit der Kommunikationschefs in Deutschland erwartet, dass die Relevanz von Personalthemen in der Unternehmenskommunikation in den nächsten Jahren zunehmen wird. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Mainzer Fachhochschulprofessors Lothar Rolke und der Schuhmann Personalberatung in Köln. Die Unternehmen reagieren darauf mit proaktiver Informationspolitik: Die Deutsche Bahn beschäftigt ebenso wie beispielsweise Bosch, Daimler, Bayer oder E.on einen eigenen Pressesprecher für HR-Themen. Zahlreiche andere

Arbeitgeber setzen ebenfalls verstärkt auf die Vermittlung von Personalthemen, ohne dafür explizit einen einzelnen Zuständigen zu benennen. Dabei geht es den Unternehmen weniger darum, öffentliche Konflikte mit ihren Mitarbeitern besser zu bewältigen. Sie wollen vielmehr regelmäßige Berichterstattung über die positiven Aspekte ihrer Personalpolitik erreichen und die Arbeitgebermarke dadurch stärken. Ganz nach dem Motto: Tue Gutes und rede darüber. „Krisen-PR gehört selbstverständlich dazu, ist aber nur ein Aspekt von HR-PR“, sagt BahnSprecherin Kaiser. Weitere Aspekte seien die Fachkräfte- und Nachwuchssicherung oder die Personalgewinnung.

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Um solche unternehmensspezifischen Themen zu entdecken und nach außen zu kommunizieren, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Presse- und Personalabteilung unverzichtbar. Das ist allerdings nicht immer einfach, denn die Auffassungen über die Aufgabenverteilung und die eigene Rolle im Unternehmen gehen weit auseinander. „Die HR-Verantwortlichen sehen die PR als Hilfsmittel für das Employer Branding“, sagt Manfred Böcker, ein auf Personalthemen spezialisierter PR-Berater. Dagegen würden die PR-Verantwortlichen mit aktiver Öffentlichkeitsarbeit zu Arbeitsweltthemen in erster Linie einen Beitrag zum allgemeinen Unternehmensimage leisten wollen. Diesen Aspekt externer HR-Kommunikation hätten die Personaler meist nicht auf dem Radar.

Fotos: Privat; www.dreamstime.com

Pressearbeit braucht Disziplin Die Hierarchien erschweren das Verhältnis zwischen PR und HR zusätzlich, glaubt Böcker. Während der Kommunikationsleiter oft eine Stabstelle lenke und somit direkt unter dem Vorstandschef angesiedelt sei, seien HR-Kommunikationsverantwortliche in der Personalabteilung – wie zum Beispiel der Leiter für Employer Branding – dem Personalvorstand zugeordnet. Insofern habe es das HR-Management tendenziell schwerer, eigene Kommunikationsinteressen innerhalb des Unternehmens durchzusetzen, sagt der Berater. Doch selbst wo bisher tiefe Gräben zwischen der PR- und der HR-Abteilung bestanden, gibt es die Chance auf eine gute Zusammenarbeit. Etwa, indem der Personalverantwortliche mit dem Kommunikationsverantwortlichen eine Absichtserklärung über die Publikation von Personalthemen schließt. Dazu gehören klare

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»Personalien sind immer mit Befindlichkeiten verbunden.« Marion Stolzenwald, Gerresheimer

Absprachen über die Rollenverteilung, eine gemeinsame Planung inklusive regelmäßige Treffen sowie ein langer Atem. Denn eine erfolgreiche Pressearbeit erfordert Disziplin. „Entscheidend ist, dass alle Unternehmensbereiche mit einer Stimme sprechen“, sagt der Personalberater Ulrich Schuhmann. Fast noch wichtiger aber sei eine Abstimmung darüber, was nicht kommuniziert werden soll. „Der absolute Gau wäre es, wenn ein Journalist beim HR-Chef anruft und von ihm eine Information bekommt, die den Vorstand beim Lesen der Zeitung vom Stuhl kippen lässt“, so Schuhmann. Wie die Zusammenarbeit von HR und PR konkret funktionieren kann, weiß Hanna Philipps, die als Pressesprecherin bei Henkel unter anderem für HR-Themen zuständig ist: „Alle Medienanfragen laufen über uns, aber wir lassen die Experten sprechen“, erklärt Philipps die Rollenverteilung. Der direkte Kontakt zu den Journalisten erfolgt über die Pressestelle. Hier werden die richtigen internen Ansprechpartner für das jeweilige Thema identifiziert und auf die Interviews vorbereitet – durch ein Vorgespräch oder schriftliche Informationen über Thema und Ziel des Interviews. „Und beim Gespräch selbst sind wir natürlich anwesend“, sagt Philipps. Außer inhaltlichen Absprachen gibt es im Umgang mit den Medien noch einige formelle Regeln zu beachten: „Es gibt eine gewisse HRSprache, die in Alltagssprache übersetzt werden muss“, sagt Philipps. Das gelte vor allem für

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IM FOKUS

unternehmensinterne Abkürzungen wie zum Beispiel „TM Prozesse“ (Talent Management Prozesse) oder „DRTs“ (Development Round Tables) sowie interne Abteilungsnamen oder Titel. Für Mitarbeiter, die regelmäßig Presseinterviews geben, gibt es zudem spezielle Schulungen. Das hilft zusätzlich, mögliche Missverständnisse zu vermeiden. Die größten Missverständnisse tauchen ohnehin meist nicht im Umgang mit den Journalisten auf sondern im Umgang mit den eigenen Kollegen: „Personalien sind immer mit Befindlichkeiten verbunden“, sagt Stolzenwald von Gerresheimer, die früher im Vodafone-Konzern HR-Themen betreute. Häufig gebe es Unverständnis, wenn ein Kollege in der Presse mit seinen Kenntnissen glänzen durfte und der andere nicht. Sowohl aus der Kommunikationsals auch aus der Personalabteilung müssten die betroffenen Mitarbeiter dann Rückendeckung

bekommen. Sonst könne es passieren, dass sich niemand mehr für Medienkontakte zur Verfügung stellen wolle. So lange HR und PR sich regelmäßig abstimmen, funktioniert die Zusammenarbeit gut. Das zeigt auch die Umfrage von Lothar Rolke und Personalberater Ulrich Schuhmann. Demnach bewerten 80 Prozent der befragten Kommunikationsleiter die Kooperation mit ihren HR-Kollegen als sehr gut oder gut. Ebenso viele berichten, mindestens einmal pro Woche Kontakt mit den Kollegen aus der Personalabteilung zu haben. Und wenn die HR erst einmal Gefallen am öffentlichen Auftritt gefunden hat, dann gibt es kein Halten mehr: „Mit Personalern zu arbeiten, ist ein kontinuierlicher Prozess“, sagt Stolzenwald. „Wenn sie merken, dass es in der Presseabteilung jemanden gibt, der sich um ihre Themen kümmert, dann gehen sie immer wieder gerne auf denjenigen zu.“ Birga Teske

„Großer Nachholbedarf in Sachen Kommunikation“ Lothar Rolke, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Unternehmenskommunikation an der Fachhochschule Mainz Herr Professor Rolke, wieso interessiert sich die Öffentlichkeit heutzutage so stark für Personalthemen? Durch die zurückliegenden Wirtschaftskrisen hat sich die gesellschaftliche Situation grundlegend verändert. Wenn Mitarbeiter entlassen werden, unter Burnout leiden oder in Tochtergesellschaften ausgelagert werden, dann interessiert sich die Öffentlichkeit dafür. Gleichzeitig hat sich die Geschwindigkeit erhöht, mit der sich Unternehmen der aktuellen Wirtschaftslage anpassen. Früher hatte man nach einer größeren Restrukturierung zehn Jahre Ruhe. Heute gibt es Moving Targets, die Geschäftsziele ändern sich fortlaufend. Das führt zu Unsicherheit – nicht nur bei den Mitarbeitern der betroffenen Unternehmen, sondern auch in der gesamten Gesellschaft. Welche Ziele können Unternehmen durch die Kommunikation von Personalthemen erreichen? 72

»Viele Personaler sind kommunikativ verängstigt.«

Positive Effekte gibt es sowohl nach innen als auch nach außen. Erstens kann die Kommunikation nach innen verbessert werden: Wenn ich mir immer neue Ziele setze, muss ich dies meinen Mitarbeitern vermitteln. Zweitens können die Unternehmen ihre Transparenz nach außen verbessern und sich mit interessanten Themen profilieren. Drittens besteht die Möglichkeit, eine bessere Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Unternehmen und dessen Produkten und Dienstleistungen zu erreichen. Wenn das gelingt, kann viertens ein gutes Marken- und Arbeitgeberimage nach außen transportiert werden. Stimmt die Chemie zwischen HR und PR? Die Zusammenarbeit ist sehr professionell, das Ergebnis hängt aber stark von der Persönlichkeit der Beteiligten ab. Viele Personaler sind kommunikativ verängstigt. Dagegen treten Pressesprecher deutlich forscher auf und sind bemüht, relevante Themen nach außen zu tragen. Da ist Verständnis auf beiden Seiten gefragt. Wie gut gelingt den Personalverantwortlichen das Kommunizieren nach außen? Nicht gut genug. Die meisten haben einen großen Nachholbedarf in Sachen Kommunikation. Vor allem aber sind sie völlig unvorbereitet auf den rauen Wind, der in der Presselandschaft weht. Viele Personaler sind schockiert, wenn ihnen plötzlich Kritik entgegenschlägt. Im Unternehmen selbst läuft Widerspruch normalerweise in geordneten Verfahren ab. Da wird erst einmal ein Arbeitskreis gebildet und gemeinsam beratschlagt. So funktioniert das außerhalb des Unternehmens aber nicht. Jeder kann sich kritisch äußern, erst recht Journalisten oder Blogger. Das müssen die Personaler lernen auszuhalten.

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Smartphones und Tablet-PCs erschaffen eine neue Arbeitswelt für Personalverantwortliche. Am Schreibtisch sitzen war gestern – Rekrutierung, Arbeitsorganisation und Weiterbildung lassen sich mobil erledigen.

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PERSONALMANAGEMENT MACHT MOBIL

ie haben einen Spitzenkandidaten an Land gezogen, der ideal auf die ausgeschriebene Position passt. Qualifikation, Berufserfahrung, Internationalität: Alles stimmt, aber das wissen auch Ihre Wettbewerber, die solche Fachkräfte ebenfalls verzweifelt suchen. Doch eine Einladung zum Gespräch können Sie erst verschicken, wenn der Bereichsleiter einen Blick auf den Lebenslauf geworfen hat. Die Email mit der Bewerbung ist ausgedruckt auf einem Unterlagenstapel des Fachkollegen gelandet – ungelesen, weil zwei Dienstreisen dazwischengekommen sind. Sie sitzen auf heißen Kohlen. Mühsamer Alltag in vielen Unternehmen. So empfand auch Erika Schroth, Interimsmanagerin Human Resources bei Verivox, einem Verbraucher-Internetportal für Energie und Telekommunikation, die Rekrutierungsprozesse bislang. Seit diesem Sommer haben sich die Heidelberger Internetberater jedoch neu aufgestellt. Eine mobile, internetbasierte Anwendung macht es den Personalern bei Verivox jetzt deutlich einfacher, Bewerbungen zügig von den Fachabteilungen begutachten zu lassen und den Kandidaten so schneller eine Rückmeldung zu


IM FOKUS

geben. Verivox arbeitet neuerdings mit einer Applikation für Smartphones und mobile Computer, sogenannte Tablet-PCs, mit der sich digitale Bewerbungsunterlagen einfach von unterwegs einsehen lassen. Vom Hotel oder vom Flughafen aus können Führungskräfte des Unternehmens direkt über ihr Handy auf die Daten auf einem Server zugreifen, ohne erst das Notebook auspacken und hochfahren zu müssen. „Das macht unsere Bewerbungsprozesse um bis zu 50 Prozent schneller“, freut sich Schroth, denn besonders die Suche nach Spezialisten ist meist mit bis zu sechs Monaten Suchzeit verbunden. Effizientere Abläufe können da dem Unternehmen Suchkosten und Aufwand ersparen. „Außerdem sind Unterlagen von jedem Winkel der Welt aus einsehbar.“ Ob der Bewerber einzuladen oder abzulehnen ist, vermerkt der Mitarbeiter per Smartphone direkt in der Datenbank. Das neue Zugriffssystem eigne sich auch für Mitarbeiter in Heimarbeit oder für Vertriebsmitarbeiter, die per se kaum im Büro seien. Wer dennoch mal vergesse, seine Rückmeldung zu einem Kandidaten zu geben, den können die Personalmanager jetzt auf moderne Weise erinnern: „Ist eine Unterlage noch nicht bearbeitet worden, sendet das System eine Erinnerungs-Kurznachricht auf das Handy des Betreffenden“, erklärt Schroth. Und das trägt jede Führungskraft garantiert jederzeit bei sich. Der Siegeszug der Smartphones, der Multifunktionshandys für Internetzugang und EmailBearbeitung, lässt auch das Personalmanagement mit gänzlich neuen Methoden arbeiten. Denn die elektronischen Alleskönner geben inzwischen in immer mehr Unternehmen den Takt vor: Schon ein Viertel aller 428 Millionen verkauften Handys im ersten Quartal 2011 waren Smartphones, ermittelte das US-Marktforschungsunternehmen Gartner, Tendenz stark wachsend.

»Die Nachfrage nach mobilen Lösungen im Bereich Zeiterfassung nimmt zu.« Gunda Cassens, GFOS

nutzwertige Programme auch für das Personalmanagement an. Hier wartet ein gigantischer neuer Markt auf die Entwickler intelligenter, zeitsparender Anwendungen. Die meisten Softwaredienstleister verknüpfen ihre Anwendungen mit einem zentralen SAPSystem, das viele Unternehmen nutzen. Doch auch der Firmensoftware-Riese selber wird noch in diesem Jahr Smartphone-Apps für das Personalmanagement anbieten: Führungskräfte sollen die Bewerberauswahl von unterwegs machen können oder während des Interviews mit einem Kandidaten auf Informationen zugreifen können, meldete SAP im Oktober. Neben dem Bewerbungsmanagement bieten sich mobile Lösungen besonders für alle Belange der Arbeitszeitverwaltung an. Der Softwaredienstleister HR4YOU aus dem ostfriesischen Großefehn entwickelt für Zeitarbeitsfirmen wie Randstad oder Job AG Lösungen für die Zeiterfassung – neuerdings eben auch über den UMTS-Zugang oder die WLAN-Verbindung des Mobiltelefons. „Der Mitarbeiter eines Personaldienstleisters braucht jetzt eigentlich nur noch ein Smartphone, um seine beim Kunden geleisteten Stunden zu melden und gegenzeichnen zu lassen“, erläutert Konrad Schlebusch, Geschäftsführer des Softwarehauses.

Gesucht werden nützliche Apps Da die Preise für die Alleskönner weiter fallen, wird es in Unternehmen immer üblicher, nahezu alle Mitarbeiter mit solchen Geräten auszustatten. Bei den Tablet-PCs erwarten die Marktforscher in diesem Jahr weltweit 54 Millionen verkaufte Exemplare, dafür dürfte der Absatzzuwachs bei den klassischen Notebooks deutlich geringer ausfallen. Von den diesjährigen Branchenmessen für Personalmanagement ist unisono zu hören, dass viele Unternehmen mit Hochdruck nach sinnvollen Anwendungen für die Smartphones und Touchscreen-PCs suchen. „Besonders das IPad von Apple ist ein Prestigeobjekt und eine Belohnung für leistungsstarke Mitarbeiter“, sagt ein Brancheninsider. „Aber viele Unternehmen fragen sich derzeit, was sie denn jetzt sinnvoll mit dem Gerät machen sollen außer der Wetterabfrage.“ Das haben viele Softwarehäuser erkannt und bieten seit vergangenem Winter verstärkt O K T O B E R / N O V E M B E R

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„Auf Stundenzettel können die Firmen jetzt verzichten“, so Schlebusch. „Niemand muss sich mehr durch doppelte Eingaben kämpfen oder unterschriebene Zeitnachweise einscannen.“ Der entliehene Mitarbeiter muss lediglich über eine sogenannte Web-Applikation, die er auf der Oberfläche seines Smartphones gespeichert hat, seine Arbeitsstunden eingeben. Das System erzeugt dann ein PDF, das dem Kunden per Email zugestellt wird. Im PDF-Dokument findet der Vorgesetzte zwei Funktionen, mit denen er auch per Smartphone angeben kann, ob die Zeitangaben richtig sind oder nicht. Die „Funktionsknöpfe“ schreiben dann die Ergebnisse automatisch auf der Datenbank fest, eine Unterschrift ist nicht mehr nötig. Entscheidungen können somit schon im Email-Programm getroffen werden, direkte Zugänge zu Datenbanken entfallen. Der Vorteil: Personaldienstleister können Abrechnungen wesentlich schneller abwickeln.

Überzeugungsarbeit ist gefragt Doch nicht alle Mitarbeiter in Unternehmen sind so einfach von der wohltätigen, neuen Technikwelt zu überzeugen. Zumindest sprechen viele Firmen derzeit noch nicht gerne über ihre neuesten Personalmanagement-Methoden. „Die Nachfrage nach mobilen Lösungen im Bereich Zeit- und Projektzeiterfassung nimmt immer mehr zu“, berichtet Gunda Cassens, Bereichsleiterin Zeitmanagement beim Essener Softwarehaus GFOS. „Doch den tatsächlichen, breiten Einsatz von mobilen Anwendungen werden wir wohl erst in ein bis zwei Jahren sehen.“ Denn in vielen Betrieben müssen zuerst die Arbeitnehmervertreter für das mobile Arbeiten gewonnen werden. Dabei bieten Zeitverwaltung, Urlaubsanträge und Fehlzeitenangaben mannigfache Einsatzmöglichkeiten für mobile Endgeräte und die passende Software. „Immer wieder stoßen wir auch auf Bedenken, wenn es um den Einsatz mobiler Lösungen geht“, berichtet Cassens. Besonders in Unternehmen, deren Belegschaften vorher wenige Berührungspunkte mit mobilen Kommunikationsgeräten hatten. „Manche fürchten, die auf den Servern gesammelten Daten über Arbeitszeiten oder Krankmeldungen könnten von Unbefugten eingesehen werden.“ Cassens will diese Ängste entkräften. „Alle über Smartphone eingegebenen Daten werden verschlüsselt auf die Server im Hause des Kunden übertragen und nicht im Internet gespeichert, Daten können also nicht manipuliert werden.“ Übrigens auch nicht durch die Mitarbeiter. Es kursierten keine Faxe und Papierlisten mehr, die auch von Dritten eingesehen werden könnten. Die Daten werden bei den neuen mobilen Anwendungen auch nicht auf den Geräten gespeichert – wird ein Mobiltelefon gestohlen, befinden sich die 76

»Wir stellen eine mobile, jederzeit zugängliche Form der Weiterbildung zur Verfügung.« Simone Oremovic, Telekom Austria

Daten auf dem Server und können nicht eingesehen werden. Denn alle Anbieter arbeiten mit Sicherheitszugängen wie Benutzernamen und Passwörtern, speziellen Links, die an die Mobilfunknummer geschickt werden, oder zusätzlichen Transaktionsnummern für jede Sitzung. Der Essener Softwaredienstleister bietet spezielle Branchenlösungen für den Handel oder auch öffentliche Betriebe wie Flughäfen und Stadtverwaltungen an, für Zeiterfassung und Workflows, Personaleinsatzplanung und Projektzeiterfassung. In der Praxis können Gebiets- oder Produktionsleiter direkt von unterwegs mit ihrem Smartphone Mitarbeiter einplanen und Urlaubsanträge rasch beantworten. In einem dritten, wichtigen Arbeitsbereich der Personalmanager fassen mobile Anwendungen ebenfalls Fuß: der Führungskräfteentwicklung. Fortbildungsangebote im Smartphone-Format für die Jackentasche sind im Teststadium. Telekom Austria will hier ein Zeichen setzen: Mit der sogenannten „Leadership App“ können Führungskräfte des österreichischen Kommunikationskonzerns ab November täglich neue Artikel, Podcasts und Videos zu Kategorien wie Coaching, Change Management, Strategie und Führung zielgruppengenau auf einen Blick abrufen und auch auf Reisen zwischendurch studieren. „Gerade in der Entwicklung unserer Führungskräfte wollen wir richtungsweisend sein, sowohl bei den Lerninhalten wie auch bei der Methodik, die wir einsetzen“, sagt Simone Oremovic, Director Staffing, Organization & People der Telekom Austria Group. „Wir stellen eine mobile, jederzeit zugängliche Form der Weiterbildung zur Verfügung“, erläutert die Personalmanagerin, „Führungskräfte sind somit in der Eigenverantwortung und können selbst entscheiden, welche Inhalte sie wann und wo benötigen, um der Rolle als Manager gerecht zu werden.“ In vier Sprachen stehen die Inhalte zur Verfügung, die täglich aus 800 internationalen Websites herausgesucht werden. Das Schweizer Softwarehaus Bridge2Think will seinen Kunden mit dieser neuen Anwendung „viel Zeit sparen und ein Filter für Führungskräfte im Web“ sein. Andreas Weiß, Business Development Manager International beim Rheinfeldener Softwaredienstleister, sieht bei solchen speziell auf mobile Geräte zugeschnittenen Angeboten einen entscheidenden Vorteil: „Es ist keine Hemmschwelle mehr da, auf Dienstreisen seinen PC auszupacken. IPad oder Smartphone sind handlicher. Neue Erkenntnisse können sofort an Teammitglieder weitergeleitet werden.“ Als nächstes Projekt hat Weiß nun „E-Coaching“ in der Mache: Über ein OnlineFormular können Führungskräfte von ihrem Handy oder Tablet PC aus Coaches zu einem bestimmten Themenfeld anschreiben. Die Berater reagieren im Takt der neuen Zeit – natürlich mobil per Smartphone. Petra Schäfer

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ESSAY

MEHR ALS NUR EIN TRAUM? Die Alternative zur Marginalisierung der Personalarbeit besteht in ihrer Professionalisierung. Warum sollten sich Unternehmen dafür entscheiden? Weil es eine vollständig neue Rolle für das Personalmanagement mit sich bringt.

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ersonalverantwortliche können Personalmanagement „einfach mal machen“: Es scheint dem gesunden Menschenverstand leicht zugänglich zu sein. Doch auf Dauer kann man sich nicht darauf verlassen, dass dies gut geht. Professionelle Personalakteure dagegen üben ihre „Profession“ besonders gut aus. Sie wissen, welche Fähigkeiten für ein erfolgreiches Bewältigen ihrer berufsspezifischen Herausforderungen nötig sind. Sie übernehmen dann in urteilssicherer Abschätzung ihrer Handlungsfolgen Verantwortung auf Profiniveau.

Professionalisierung im Modell Der Weg hin zu einem professionellen Personalmanagement besteht aus vier ständig einzulösenden Selbstverpflichtungen, zu verstehen als eine grundlegende Einsicht in die Notwendigkeit plus ein verbindliches UmsetzungsCommitment – also eine Kompetenzentwicklung. Differenzierung statt Standardlösung Die Professionalisierung des Personalmanagements beschreitet bewusst den Weg hin zur Berücksichtigung differenzierter Zielgruppenbedürfnisse. Es gibt nicht das eine Arbeitgeberimage, nicht den einen Motivationsfaktor, nicht das eine Bindungsinstrument für „die Mitarbeiter“, die nachdrücklich ihre Wahrnehmung als individuelle Einzelpersonen einfordern. Professionelles Personalmanagement muss die tatsächlichen Bedürfnisse seiner Kunden erfassen, kennen und sie in der Personalarbeit spiegeln. Ohne ausreichende Informationsbasis ist Differenzierung nicht möglich, die auf die situative Stärkung der Wettbewerbsposition des Unternehmens als Arbeitgeber abzielt. Wird Differenzierung vernachlässigt, läuft das Personalmanagement Gefahr, das Commitment der Mitarbeiter und ihr Engagement für das Unternehmen zu verlieren. 78

Die Mitarbeiter fühlen sich „persönlich nicht mitgenommen“. Mit einem mangelnden Commitment sackt auch die Leistungsbereitschaft ab. Um verloren gegangenes Commitment wieder aufzubauen, müsste es sich entschuldigen, sein unglückliches Verhalten erklären oder symbolisch Buße tun. Kontinuität statt Einmalaktionen Wenig ist so beziehungsschädigend wie ein nicht eingelöstes Versprechen. Geweckten Erwartungen zu entsprechen – diese Maxime muss auch einem professionellen Personalmanagement vorangestellt werden: Einmalaktionen müssen durch authentisches Langfristhandeln ersetzt werden. Dies bedeutet, dass in der Vergangenheit Versprechen bereits nachweisbar eingelöst wurden und dass glaubwürdige Signale gegeben werden, die nahe legen, dass die Ankündigungen auch in der Zukunft eingelöst werden. Kontinuität dient damit der Schaffung von Nachhaltigkeit. Wird Kontinuität vernachlässigt, läuft das Personalmanagement Gefahr, das Vertrauen der Mitarbeiter zu verlieren. Vertrauensverlust ist ein bedeutsamer Schritt hin zur inneren Kündigung. Um verloren gegangenes Vertrauen wieder zu reparieren, müssten das soziale Gleichgewicht zwischen Personalmanagement und Mitarbeitern wiederhergestellt und die vormalig geltenden Vertrauensnormen erneut bestätigt werden. Expertise statt Intuition Häufig trifft man in der Personalarbeit Verantwortungsträger, die die betriebswirtschaftlichen Systemzusammenhänge des Personalmanagements nicht wirklich gelernt haben. Obwohl sicherlich auch Juristen, Psychologen oder Quereinsteiger aus noch entfernteren Berufen gute Personaler werden können, ist die Personalarbeit

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Professionalisierung zahlt sich aus

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Expertise

Professionelles Personalmanagement

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Kontinuität

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Differenzierung

Professionalisierung im Modell Quelle: Volker Stein

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dennoch in die betriebswirtschaftliche Logik eingebettet, die gesamthaft bewältigt werden muss. Professionelles Personalmanagement erfordert, die Personalarbeit zu einer zentralen Kernkompetenz des Unternehmens zu entwickeln. Die personelle Führung muss daher durch fundiert geschulte Experten geleitet werden und selbst eine lernende Funktion sein. Wird Expertise vernachlässigt, läuft das Personalmanagement Gefahr, die Akzeptanz der Mitarbeiter im Unternehmen, also deren konstruktives Mitwirken an der Entscheidungsumsetzung, zu verlieren. Mit nachlassender Akzeptanz weicht die Kooperationsbereitschaft einer zunehmend kritischen Perspektive, die grundsätzlich alles in Frage stellt. Um verloren gegangene Akzeptanz von Mitarbeitern wieder aufzubauen, müsste es seine Kompetenz nachweisen und seine Entscheidungen neu legitimieren. Governance statt Isolation Governance, die umfassende betriebswirtschaftlichstrategische Unternehmenssteuerung, wird durch das obere Management verantwortet, basiert aber auf der Mitwirkung aller betrieblichen Funktionen. Unternehmensführung und Personalmanagement brauchen sich als strategische Verbündete. Dazu müssen sie die gleiche Sprache sprechen: Die Argumentation in „Geld“, „Kosten“ und „Wertschöpfung“ ist ein Muss. Mit ihr kommt professionelles Personalmanagement auf den Radarschirm der Unternehmensleitung und gewinnt als eigenständige Funktion Einfluss auf strategische Unternehmensentscheidungen. Mit aktiver Unterstützung „von oben“ wird es nicht von anderen Funktionen wie Kostenrechnung oder Finanzfunktion dominiert, wenn es die Personalstrategie im Einklang mit der Unternehmensstrategie umsetzt. Wird Governance vernachlässigt, läuft das Personalmanagement Gefahr, dass sich im personalwirtschaftlichen Handeln Frustration ausbreitet. So fühlen sich die Personaler nicht ernst genommen, wenn der allgemeine Rückhalt für die Belange der Mitarbeiter fehlt. Um eingetretene Frustration wieder abzubauen, müssten entsprechende strukturelle Anreize für eine einflussreiche Personalarbeit etabliert und durch kulturelle Leitbilder die Wichtigkeit des Personalmanagements unterstrichen werden.

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Die Professionalisierung des Personalmanagements führt zu vielfachem Erfolg. Entscheidungen werden haltbarer. Typische Beziehungsschäden wie Frustration, Zerstörung von Mitarbeitercommitment, Vertrauen, und Akzeptanz können vermieden werden. Dies resultiert in einer produktiveren Mitarbeiterbasis, einer effektiveren Führungsarbeit und einer präziseren Personal(kosten) steuerung. Im Idealfall bilden sich dann schließlich ein Arbeitsethos für das Personalmanagement und letztlich eine unternehmensweite Personalmanagementethik aus, die eine klare Orientierung vorgeben, was schlechtes und gutes Personalmanagement ist.

Alles nur ein Traum? So weit, so schön. Doch wer glaubt eigentlich noch ernsthaft, dass das Personalmanagement von heute zentral und unverzichtbar für Unternehmen ist? Bei all dem Outsourcing, bei all dem Verlagern der „wirklich strategischen Aufgaben“ woanders hin, bei all dem Ausweichen der Personaler auf wenig relevante Modethemen? Anders gefragt: Wie bringt man dem Unternehmen also bei, dass ein professionelles Personalmanagement tatsächlich eine Unternehmensüberlebensfunktion ist?

HR-Management, you can do better! Was Unternehmen überzeugen könnte, doch auf Professionalisierung statt auf fortgesetzte Marginalisierung des Personalmanagements zu setzen, ist die Einsicht, dass das Personalmanagement die einzige betriebliche Funktion ist, die sich systematisch „mit den Menschen im Unternehmen“ auseinandersetzt. Hier ergibt sich eine vollkommen neue Rolle, die im Grunde nur ein professionelles Personalmanagement im Unternehmen übernehmen kann: die Beziehungsreparatur. Wenn sich ein Personalmanagement professionalisiert, vermindert es bestehende negative Emotionen, erneuert Commitment, löst Beziehungsprobleme zwischen den Mitarbeitern und dem Unternehmen und stärkt die effektive Zusammenarbeit. Professionelles Personalmanagement ist damit „natürlicher Träger“ von strategischer Beziehungsentwicklungsarbeit. Demzufolge besteht hier für Unternehmen die große Chance, in einer durch Vernetzung geprägten Zeit durch die explizite Vergabe der Rolle „Beziehungsreparateur“ an das professionelle Personalmanagement einen Verantwortlichen für jegliche inner- und außerbetriebliche Beziehungspflege zu etablieren.

Volker Stein Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Personalmanagement und Organisation an der Universität Siegen

• Gründungsvorstand der Südwestfälischen Akademie für den Mittelstand (Executive MBA-Studiengang der Universität Siegen) • Beiratsvorsitzender der Gesellschaft für Organisation (gfo) • Department Editor der „Zeitschrift für Management“ 79


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ZWISCHEN WUNSCH UND WIRKLICHKEIT Die Erfolgsmessung im Recruiting wird von den meisten Unternehmen zwar als wichtig eingeschätzt, doch mehr als die Hälfte setzen sie gar nicht um. Das zeigt eine aktuelle Studie.

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ehr als 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen halten die Erfolgsmessung im Recruiting und Employer Branding für wichtig oder sehr wichtig. Fast 55 Prozent nutzen jedoch keine Key Performance Indikatoren (KPI) in der Erfolgsmessung von Recruiting und Employer Branding. Nur etwas über 45 Prozent geben an, dass sie Erfolge im Recruitment mit Key Performance Indikatoren messen und steuern. Für profitable Unternehmen ist die Erfolgsmessung überdurchschnittlich wichtig. Es herrscht eine große Diskrepanz zwischen angegebener Wichtigkeit und tatsächlicher Umsetzung vor. Dies sind einige der Highlights des ersten Recruiting Controlling Reports 2011, durchgeführt unter über 8.000 Personalern durch das ICR, Institute for Competitive Recruiting, Heidelberg.

Benchmarking im Recruiting Ein Recruitmentverantwortlicher, der proaktiv und strategisch agieren will, und seine Zukunft und die seiner Abteilung gestalten möchte, ist gut beraten, rechtzeitig benchmarkfähige Erfolgsmessgrößen festzulegen, zu implementieren, zu monitoren und zu managen. Statt zu warten, bis der Vorstand, aufgeschreckt durch die neue Komponente in Ratingverfahren, zu ihm oder ihr kommt und nach Zahlen über die Wettbewerbsfähigkeit der Talentpipeline verlangt (...und zwar gestern!), sollte der Prozess und die Qualität des Outputs so schnell wie möglich aktiv gestaltet werden. Nur so können Erfolge rechtzeitig auch in der internen Kommunikation nachweisbar und glaubwürdig „verkauft“ werden. Der Vorstand kann diesen Punkt beruhigt abhaken und sich wieder anderen Herausforderungen zuwenden. Die Recruitmentverantwortlichen stehen also vor ganz besonderen Herausforderungen. Da ist es an der Zeit, den aktuellen Status des Controllings im Recrui80

ting einmal anzuschauen, um zu beurteilen, ob die Recruiting-Funktion bereits benchmarkfähig ist.

Ratingagenturen bewerten Recruiting Qualität Controlling oder Erfolgsmessung im Recruiting, bisher auch schon auf Platz 2 der wichtiger gewordenen Themen in der ICR Studie „Quo Vadis Recruiting 2010?“, erfährt eine Aufmerksamkeit von unerwarteter Seite. Ratingagenturen haben den Zusammenhang zwischen einer effektiven Talentpipeline und dem Unternehmenserfolg entdeckt und berücksichtigen dies in ihren Ratings. Nicht erst seit dem Fall Griechenland ist die Macht der Ratingagenturen bekannt. Was passiert bei einem Rating? Die Bonität eines Schuldners (Staat oder Unternehmen) wird anhand von verschiedenen Kriterien überprüft. Ist die Bonität gut, muss der Schuldner weniger Zinsen für seine Kredite zahlen als wenn die Bonitätsprüfung schlechter ausfällt. Unternehmenschefs sind daher sehr an einer guten Bonität interessiert und fürchten vielleicht sogar das Urteil von Ratingagenturen. Bisher fehlte dem Zugang zum Markt der Talente neben den grundsätzlichen Bekenntnissen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels und einiger vorausdenkenden Aktivitäten noch der Ausdruck der finanziellen Bedeutung einer funktionierenden Talentpipeline. Wenn Unternehmen in Zukunft weniger Zinsen für ihre Kredite zahlen müssen, weil sie nachweislich einen guten Zugang zu Talenten haben, dann ist diese Herausforderung gelöst. Moody‘s, eine der weltweit führenden Ratingagenturen, veröffentlicht Ratings, Research und Risikoanalysen zu festverzinslichen Wertpapieren und deren Emittenten. Insgesamt werden von Moody‘s Verbindlichkeiten mit einem Volumen von über 35 Billionen US-Dollar

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bewertet. In einer kürzlich erschienen Studie für den Gesundheitssektor zu den Treibern für Profitabilität hat Moody‘s auf die direkte Verbindung zwischen Profitabilität und dem Erfolg in den Bereichen Recruitment und Retention hingewiesen. Lisa Goldstein, die Autorin der Studie, schrieb, dass eine effektive Fokussierung auf die Qualität in diesen beiden Bereichen „den Marktanteil erhöhen, die Fähigkeit, neue Mitarbeiter zu finden und zu halten, verbessern, die Fluktuation verringern und das finanzielle Ergebnis verbessern kann“. Diese Aussage unterstreicht die klare Verbindung zwischen Recruiting und Profitabiliät und hebt die Bedeutung für zukünftige Ratings hervor. Diese Entwicklung ist einerseits gut, da Recruiting stärker ins Rampenlicht gerückt wird, andererseits steigen auch die Anforderungen an die Transparenz und die Erfolgsnachweise im Recruitment.

Fünf Tipps zum Recruiting Controlling 1. Setzen Sie die Erfolgsmessung im Controlling ganz nach oben auf Ihre Agenda Stellen Sie eine Projektgruppe zusammen – unter Einbeziehung von Controllern –, damit Sie für neuen erforderlichen Transparenz- und Controllingbedarf vorbereitet sind. 2. Zeigen Sie, dass Ihr Unternehmen Zugang zum Talentmarkt hat, um den zukünftigen Erfolg des Unternehmens zu unterstützen Entwickeln Sie benchmarkfähige Erfolgsgrößen, die nicht nur die Produktivität sondern auch die Qualität Ihrer Recruitingaktivitäten messen. 3. Zeigen Sie den Zusammenhang zwischen einer Verbesserung des Recruitments und der Ergebnisse im Business auf Entwickeln Sie Korrelationen (noch nicht Kausalitäten) zwischen Verbesserungen Ihrer Key Performance Indikatoren mit Verbesserungen zum Beispiel im Vertrieb oder der Kundenzufriedenheit. 4. Zeigen Sie den Einfluss des Recruitments auf die Gewinn- und Verlustrechnung Ihres Unternehmens Lernen Sie die „Controller-Sprache“! Beschäftigen Sie sich damit, wie die Ergebnisse Ihrer Recruitingaktivitäten die Kosten oder den Umsatz Ihres Unternehmens beeinflussen. Wie wäre es zum Beispiel mit Aussagen wie: „Unser gutes Employer Branding hat uns letztes Jahr 3,2 Mio Euro durch vergleichsweise geringere Wechselprämien eingespart“. Oder: „Der Return on Investment von jedem neu eingestelltem Mitarbeiter betrug 42 Prozent letztes Jahr.“ 5. Kommunizieren Sie intern Erfolge im Recruitment Positionieren Sie Ihre Aktivitäten intern als kompetenten und qualitativ hochwertigen Beitrag zum Unternehmenserfolg. Arbeiten Sie mit Testimonials zufriedener Kunden, berichten Sie regelmäßig über Ihre Fortschritte hinsichtlich gesetzter Ziele, zum Beispiel in einem regelmäßigen Newsletter oder in Meetings mit Ihren Kunden. Bringen Sie Ihre Themen ins Intranet oder in die Unternehmenszeitung.

Die wichtigsten Zielparameter Bei der Herausforderung, die Wichtigkeit der drei Ziele, Zeit, Kosten und Qualität in eine Rangfolge zu bringen, haben die Teilnehmer der ICR Studie eine eindeutige Antwort gegeben. Qualität ist die wichtigste Zielgröße vor Zeit und Kosten. Bei dem wichtiger werdenden Thema Reporting und Controlling im Recruiting sollte dies eine Widerspiegelung finden. Eine eventuell zu starke Fokussierung auf die Indikatoren Besetzungszeit (Time to fill) bzw. Kosten (Cost per Hire) wären nicht zielführend bzw. nicht ausreichend. Idealerweise sollten vielmehr, zum Zweck der Vergleichbarkeit – möglichst über Unternehmensgrenzen hinweg – vergleichbare Messgrößen gefunden werden, die dem Kriterium Qualität (zum Beispiel: Wann kann man von einer guten Einstellung, wann von einem qua-

Wichtigkeit und Nutzung von Key Performance Indikatoren Bitte beurteilen Sie die folgenden Key Performance Indikatoren nach ihrer Wichtigkeit für Ihr Unternehmen.

Falls Sie Key Performance Indikatoren in Ihrem Unternehmen für Recruiting und Employer Branding nutzen, welche nutzen Sie?

Qualität der Bewerber

Anzahl der Bewerbungen insgesamt

Zufriedenheit der Fachvorgesetzen

Anzahl der Bewerbungen pro Stelle

Zufriedenheit der neu eingestellten Mitarbeiter

Anzahl der Initiativbewerbungen

Zeit bis zur Einstellung

Anzahl Visits auf der Karriereseite

Zufriedenheit der Bewerber

Zeit bis zur Einstellung

Zufriedenheit des Managements

Qualität der Bewerber

Anzahl der Bewerbungen pro Stelle

Herkunft der Bewerber

Anteil derjenigen, die das Unternehmen innerhalb von 6 Monaten wieder verlassen

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Anteil der angenommenen Angebote an allen Angeboten

Anteil der angenommenen Angebote an allen Angeboten

Ranking in Employer Branding Umfragen

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Grafik: Wichtigkeit von KPI, (Skala: 0= sehr wichtig, 4=unwichtig) Quelle: ICR Recruiting Controlling Report 2011

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Grafik: Nutzung von KPI, (Skala: 0=sehr häufig, 4=gar nicht) Quelle: ICR Recruiting Controlling Report 2011

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Umsetzung der Erfolgsmessung Mehr als 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen halten die Erfolgsmessung im Recruiting und Employer Branding für wichtig (50,5 Prozent) oder sehr wichtig (41,3 Prozent). Nur etwas über 8 Prozent gehen davon aus, dass es weniger wichtig oder gar unwichtig ist, Erfolge im Recruitment zu messen und zu steuern. Fast 55 Prozent der teilnehmenden Unternehmen nutzen allerdings keine Key Performance Indikatoren in der Erfolgsmessung im Recruiting und Employer Branding. Nur etwas über 45 Prozent geben an, dass sie Erfolge im Recruitment mit Key Performance Indikatoren messen und steuern. Bei einem Blick auf die Unterschiede in den Branchen zeigt sich, dass insbesondere die Automobilbranche mit 60 Prozent, noch vor der verarbeitenden Industrie mit 52 Prozent und der Beratung mit 50 Prozent, besonders aktiv die Erfolge im Recruiting misst.

Die wichtigsten Messgrößen Anhand des Recruiting Controlling Reports 2011 lassen sich die aus Sicht der Unternehmen wichtigsten Messgrößen gut herausarbeiten. Die ersten drei Plätze werden von qualitativen KPI dominiert. 1. Qualität der Bewerber 2. Zufriedenheit der Fachvorgesetzten 3. Zufriedenheit der neu eingestellten Mitarbeiter Dies sind die ersten drei Plätze. Erst dann wird die Qualitätsdominanz vom KPI „Zeit bis zur Einstellung“ kurz unterbrochen, um dann mit weiteren qualitativen KPI fortzufahren. Qualität steht also absolut an erster Stelle bei der Wichtigkeit. Soviel zum Wunsch, zur hehren Absicht, zu Planung und Konzept. Ein Blick auf die tatsächlich gelebte Praxis zeigt leider eine von den Zielen stark abweichende Realität. Die Rangliste der tatsächlichen Nutzung sieht nämlich ganz anders aus als die Wunschliste: 1. Anzahl der Bewerbungen insgesamt 2. Anzahl der Bewerbungen pro Stelle 3. Anzahl der Initiativbewerbungen Qualität der Bewerber taucht erst auf Platz 6 der Rangliste auf, alle Plätze davor werden von quantitativen KPI beherrscht. Qualitative KPI werden für wichtig gehalten, 82

Teil des Erfolgs Für wie wichtig halten Sie die Erfolgsmessung im Recruiting und Employer Branding? (Unternehmen gruppiert nach Profitabilität) Unternehmen in einem Allzeittief deutlich schlechter als die letzten 5 Jahre in etwa gleich geblieben deutlich besser als die letzten 5 Jahre Unternehmen in einem Allzeithoch

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Grafik: Zusammenhang von Wichtigkeit der Erfolgsmessung und Profitabilität des Unternehmens Quelle: ICR Recruiting Controlling Report 2011

quantitative werden gemessen. Es besteht eine große Lücke zwischen dem Anspruch, Qualität messen zu wollen, und der tatsächlichen Messung von Quantität.

Für erfolgreiche Unternehmen ist Recruiting Controlling wichtiger Während fast 100 Prozent der Unternehmen, deren Profitabilität sich in einem Allzeittief befindet, die Erfolgsmessung für unwichtig halten, sagen über 90 Prozent der Unternehmen, deren Profitabilität sich auf einem Allzeithoch befindet, dass die Erfolgsmessung im Recruiting für sie sehr wichtig oder wichtig sei (siehe Grafik oben).

Schon benchmarkfähig? Auf Basis des aktuellen Stands scheint es noch ein weiter Weg zu einem effektiven Benchmark im Recruiting zu sein. Erst wenn nicht nur prozessbezogene, sondern auch vermehrt qualitative Erfolgsgrößen gemessen werden, besteht Hoffnung. Der Wille ist da. Eine weitere Voraussetzung ist ein einheitlicher Standard zur Erhebung der Kennzahlen und die Einigung auf eine einheitliche Definition der Messgrößen, damit nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden.

Wolfgang Brickwedde Director, Institute for Competitive Recruiting, Heidelberg (www.competitiverecruiting.de)

• Seit 2010 Leiter des ICR. Das Institut unterstützt Unternehmen bei der Verbesserung der Ergebnisse ihrer Recruitingprozesse • Bis 2009 verantwortete er bei SAP die Personalbeschaffung und das operative Personalmarketing in der Region EMEA • Davor war er bei Royal Philips Electronics in unterschiedlichen Management Funktionen unter anderem in den Bereichen Employer Branding und Recruitment für verschiedene Länder verantwortlich H U M A N

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litativ hochwertigem Recruitment reden und wie kann man es messen) gerecht werden. Gefragt, wie denn der Status der erfolgskritischen Recruitingprozesse im jeweiligen Unternehmen sei, sehen die an der ICR Studie teilnehmenden Unternehmen die höchste Qualität im Verständnis des Geschäftes ihrer Kunden. Danach verweisen die Teilnehmer auf einen guten Interviewprozess und eine gute Selektion der Kandidaten. Eine erfolgreiche Employer Brand und präzise Stellenausschreibungen folgen auf den Plätzen. Bei Mitarbeiterempfehlungsprogrammen sehen die Unternehmen den größten Bedarf für eine Verbesserung noch vor dem Controlling der Recruiting-Aktivitäten, das den letzten Platz in der aktuellen Performance Rangliste belegt.


Frösche küssen? Die Suche und Auswahl der passenden Mitarbeiter erfordert ein umfassendes Know-how. Die Personalberater von personal total beschäftigen sich schon seit mehr als 15 Jahren mit der Rekrutierung von Fach- und Führungskräften aller Branchen. Und das an mehr als 30 Standorten in Deutschland.

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IMMER WEITER

Sandra Kuisl Leiterin Personal Deutschland bei der Performance Fibers GmbH

BACKGROUNDCHECK Wie HR-Manager wurden, was sie sind

eine ganz andere Welt als die Konzerne, wo ich vorher gearbeitet habe; der Personalbereich musste erst mal modernisiert und neu strukturiert werden. Der Wandel des Unternehmens ist noch im Prozess, aber es tut sich was.“ In dieser Zeit habe sich eine Gemeinschaft aufgebaut und es werde darum gekämpft, den Großteil der Stellen zu erhalten. Damit sieht es im Moment gut aus. Geschäftsleitung und Gewerkschaft haben sich auf einen Zukunftskonsens geeinigt. Betriebsbedingte Kündigungen soll es bis Mitte 2012 keine mehr geben. Die Mitarbeiter seien größtenteils auf ihre Jobs angewiesen, da das Unternehmen in der Region einer der größten Arbeitgeber sei, berichtet die Personalleiterin, die an der Firma hängt. „Wir kämpfen dafür, dass wir das zukunftsorientiert hinkriegen. Wir wollen, dass es weitergeht.“ Sandra Kuisl hat bereits viele Stationen in ihrer Laufbahn gemeistert. Durch gute Ergebnisse machte sie früh auf sich aufmerksam. „Bei dem jährlichen Projekt der Konzern-Trainees von der Telekom sowie beim jährlichen Netzwerktreffen übernahm ich die Leitung, dabei ist man in der Zentrale in Bonn auf mich aufmerksam geworden“, erinnert sie sich an einen großen Karriereschritt in ihrem Leben. Der Vorstand holte sie dann in die Konzernzentrale nach Bonn. Dies war der Schritt in Richtung HR, ihre Aufgaben in Bonn lagen bei Personal- und Kulturentwicklung. Mehr durch Zufall kam sie also zum Personalwesen. Beruflich wollte sie noch weiter vorankommen und erhielt auch die Chance dazu. „Neben meinem Job bei der Telekom bekam ich die Möglichkeit noch den Executive Master in Human Resources zu machen.“ Mal eben noch einen Master neben dem Job zu machen, ist nicht für jeden etwas, doch „wenn man die Möglichkeit bekommt, nutzt man sie“, sagt Sandra Kuisl. Roman Knapp

Sandra Kuisl • Seit 2010: Leiter Personal, Performance Fibers GmbH • 2010: Corporate HR Development & HR Business Partner, Nordzucker AG • 2010: Manager Internal Projects & Chief Integration Officer Finance, Nordzucker AG

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hrgeiz und Zielstrebigkeit machten sie zu einer Führungsperson, Vielseitigkeit und Veränderungen prägen ihr Leben. Ihre Freizeit verbringt Sandra Kuisl beispielsweise damit, sich um Schwerstkranke, Sterbende und deren Angehörige zu kümmern. Keine Freizeitbeschäftigung, die jeder ausüben kann. Der Umgang mit dem Tod prägte bereits ihre Jugend. Schon früh verlor sie einen Teil ihrer Familie. „Als es in meinem beruflichen Umfeld einen Krankheits- und innerhalb kürzester Zeit einen Trauerfall eines sehr jungen Menschen gab, merkte ich, dass ich anderen Menschen in dieser schweren Zeit beistehen und meine Erfahrungen weitergeben konnte.“ Um wirklich qualifiziert helfen zu können, entschloss Sandra Kuisl sich, eine Ausbildung zur Trauerbegleitung zu machen und konnte dadurch in Hospizvereinen ehrenamtlich arbeiten. Im Berufsleben ist die 31-Jährige Leiterin Personal Deutschland bei Performance Fibers in Bad Hersfeld, dem größten Standort des Unternehmens in Deutschland. Als Frau in ihrem Alter in der Geschäftsleitung zu sitzen, ist sicherlich eine enorme Leistung. Sie trägt Verantwortung für derzeit 460 Mitarbeiter, fühlt sich dieser großen Aufgabe jedoch gewachsen. „Relativ früh übernahm ich schon Führungsrollen und lernte, in eine Verantwortungsposition reinzuwachsen und damit umzugehen.“ Das US-Unternehmen Performance Fibers ist der weltweit führende Hersteller von Polyesterfasern, -geweben und –materialien mit Standorten in Nordamerika, Europa und Asien. Momentan erlebt dieses Unternehmen in Deutschland jedoch schwierige Zeiten. Um aus den roten Zahlen rauszukommen, müssen Kosten gespart werden, was bereits betriebsbedingte Entlassungen zur Folge hatte. „Das Unternehmen muss wieder auf Kurs gebracht werden, da bin ich momentan mitten drin“, sagt die Personalerin. Restrukturierung, Personalabbau und Kosteneinsparungen zählen daher im Moment zu ihren Hauptaufgaben. Durch die stetigen lokalen Verhandlungen mit Betriebsrat und Gewerkschaft ist sie mittlerweile auch Teil der Tarifkommission des Arbeitgeberverbandes HessenChemie. An den Anfang bei Performance Fibers erinnert sie sich noch gut: „Es war


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Peter Sticksel

Kathrin Menges

Michael Prochaska

Kathrin Menges wird Personalvorstand bei Henkel

Prochaska geht, Sticksel wird Nachfolger

Michael Prochaska, seit 2007 Direktor Personal der Franz Haniel & Cie. GmbH, verlässt zum Jahresende das Unternehmen. In der Unternehmenszentrale in Duisburg ist der 48-Jährige seit 2007 für konzernrelevante Personalthemen sowie für die Neuausrichtung des Personalmanagements verantwortlich. Ab Januar wird Prochaska für die Stihl AG in Waiblingen tätig sein und dort auf Vorstandsebene die Bereiche Personal und Recht verantworten. Bei Haniel wird & FIRE Peter Sticksel als Personalchef Prochaska nachfolgen. Sticksel leitet seit 2007 in der Haniel-Gruppe die Führungskräfteentwicklung. Vor Wichtige Wechsel seinem Wechsel zu Haniel war der 46-Jährige im Bereich Human Resources als Personalleiter im Vertrieb der Hilti Deutschland GmbH und davor als Leiter Führungskräfte Management Training und Entwicklung bei der Hilti AG tätig.

Georg Müller

Bayer bekommt einen Personalleiter Deutschland Georg Müller (50) wird im Corporate Center der Bayer AG zum Jahreswechsel Personalleiter für den Standort Deutschland. Die Position ist neu geschaffen worden. Er berichtet an Horst Uwe Groh, der bei der Bayer AG den Bereich Corporate Human Resources and Organization verantwortet. Georg Müller ist derzeit Mitglied der Unternehmensleitung der Vorwerk & Co. KG in Wuppertal, wo er für die weltweite Personalarbeit zuständig ist. Von 1991 bis 2010 war Müller in verschiedenen Positionen im Personalbereich der Henkel AG tätig. So führte er ein Personalreferat für Tarifbeschäftigte und verantwortete die Management-Entwicklung in der Region Asien/Pazifik in der Henkel-Niederlassung in Hongkong. Zudem war er Leiter des Personalbereiches Deutschland und danach Personalleiter für die Region Zentral- und Osteuropa bei Henkel in Wien. 86

Elke Strathmann

Elke Strathmann wechselt von Nestlé zu Continental Elke Strathmann, derzeit Personalvorstand der Nestlé Deutschland AG, wird im ersten Quartal 2012 Personalvorstand und Arbeitsdirektorin der Continental AG. Die 53-Jährige übernimmt diese Funktion von Vorstand Heinz-Gerhard Wente, der sich dann auf die Leitung der Division ContiTech und die Vorstandsposition Konzerneinkauf konzentrieren wird. Die Vertragslaufzeit von Elke Strathmann beträgt nach Unternehmensangaben drei Jahre. H U M A N

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Fotos: Andreas Fechner; Franz Haniel & Cie GmbH; Bettina Engel-Albustin / Foto Ag; Peter Svec; Stefan Wildhirt

Kathrin Menges ist im Oktober Vorstandsmitglied der Henkel AG geworden und übernimmt in dem Gremium das Ressort Personal. Zuvor wurde der Personalbereich auf Vorstandsebene von Kasper Rorsted, dem Vorstandsvorsitzenden von Henkel, verantwortet. Die 46-jährige Menges ist seit 1999 für Henkel tätig. Seit 2009 war sie bis zu ihrer Berufung in den Vorstand Corporate Senior Vice President und Personalchefin des Düsseldorfer HIRE Konsumgüterherstellers. Henkel beschäftigt rund 48.000 Mitarbeiter.


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Michael Picard

Picard wechselt zu Metro Cash & Carry Michael Picard (48) wird zum Jahreswechsel neuer Personalchef bei Metro Cash & Carry Deutschland. Er folgt Kai-Uwe Weitz nach, der die Metro-Tochter verlassen und bei der Karstadt Warenhaus AG die Funktion des Geschäftsführers Personal übernommen hat. Picard kommt von der Otto Group, wo er zuletzt als Direktor IT-Steuerung und Change Management tätig war. Davor hatte er unter anderem die Position des Direktors Personal der Otto GmbH & Co KG inne. Picard wird bei Metro Cash & Carry für rund 17.000 Mitarbeiter verantwortlich sein.

Barbara Graf-Detert

Graf-Detert geht zu Sumitomo Electric Bordnetze Barbara Graf-Detert hat zum Oktober die Position des General Managers Human Resources bei Sumitomo Electric Bordnetze in Wolfsburg übernommen. Die Funktion war in den letzten zwei Jahren vakant und wurde interim besetzt. Die 41-Jährige berichtet an den Geschäftsführer von Sumitomo, Rainer Bogner, und trägt für rund 25.000 Mitarbeiter weltweit die Verantwortung. Zuletzt war Barbara Graf-Detert Director Human Resources bei der Leoni Bordnetz-Systeme GmbH.

Wolfgang Kaiser

Ulrich Jordan

Wolfgang Kaiser wird Personalchef der Targobank Wolfgang Kaiser (57) ist seit Kurzem Leiter des Ressorts Personal bei der Targobank. Die Funktion ersetzt die Vorstandsposition Personal, die Ulrich Jordan zuletzt inne hatte. Die Position der stellvertretenden Ressortleiterin Personal hat Claudia Gutscher zusätzlich zu ihrer Verantwortung als Bereichsleiterin Training und Personalentwicklung übernommen. Wolfgang Kaiser berichtet an den Vorstandsvorsitzenden der Targobank, Franz Josef Nick. Zuletzt war Kaiser Director HR Arbeitsrecht & Mitbestimmung bei der Targobank.

Fotos: Privat (2); Targo Bank AG; Fraunhofer-Gesellschaft; E.on Energie AG

Hartmut Geldmacher

Personalvorstand der E.on Energie AG geht Hartmut Geldmacher, Personalvorstand und Arbeitsdirektor der E.on Energie AG, hat sein Mandat zum 30. September niedergelegt. Auch den Geschäftsführungsvorsitz der E.on Kraftwerke GmbH hat er abgegeben. Unternehmensangaben zufolge geschah dies mit Blick auf die veränderte personalpolitische Ausrichtung des Mutterkonzerns E.on. Das Amt des Arbeitsdirektors übernimmt der Vorstandsvorsitzende der E.on Energie, Ingo Luge. O K T O B E R / N O V E M B E R

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Alexander Kurz

Fraunhofer-Gesellschaft hat neuen Personalvorstand Seit Kurzem hat die Fraunhofer-Gesellschaft mit Alexander Kurz einen neuen Vorstand für die Bereiche Personal und Recht. Kurz war zuletzt Vizepräsident des Karlsruher Instituts für Technologie KIT. Er folgt im Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft nach längerer Vakanz Marion Schick nach, die im Februar 2010 zur Kultusministerin von BadenWürttemberg berufen wurde. Die Fraunhofer-Gesellschaft beschäftigt rund 18.000 Mitarbeiter.

3 Millionen Deutsche arbeiten regelmäßig nachts, jeder achte davon ausschließlich.

Quelle: FAZ

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Impressum

Frank Brüggestrat

Herausgeber Rudolf Hetzel Paul Krebs Torben Werner

Mitarbeiter der Ausgabe Stefanie Bilen, Wolfgang Brickwedde, Kirstin von Elm, Sarah Erben, Nina Göllinger, Christoph Hus, Mathias Kaufmann, Annabel Lehnen, Jürgen Pfister, Petra Schäfer, André Schmidt-Carré, Anja Sokolow, Sarah Sommer, Volker Stein, Birga Teske, Thomas Trappe redaktion@ humanresourcesmanager.de Layout Marcel Franke Steffi Butter Sarah Schlingmeyer Fotoredaktion Stephan Baumann Anna Heyse Verlags-/Redaktionsanschrift Helios Media GmbH Werderscher Markt 13 10117 Berlin Telefon: 030 / 84 85 90 Fax: 030 / 84 85 92 00 info@helios-media.com Anzeigen Norman Wittig norman.wittig@helios-media.de Druck Wende Druck Meeraner Straße 19 12681 Berlin Abonnementkonditionen Inland: 6 Ausgaben – 64 Euro Ausland: 6 Ausgaben – 90 Euro Studenten: 6 Ausgaben – 42 Euro. Studentenabonnement nur gegen Vorlage einer gültigen Bescheinigung. Alle Preise inkl. MwSt. und Versandkosten. Im Internet www.humanresourcesmanager.de

Frank Brüggestrat (48) ist zum Personalvorstand bei Inoxum berufen worden. Inoxum ist die Edelstahl-Tochter von ThyssenKrupp, die aus der Business Area Stainless Global hervor-

Annette Grams

gegangen ist. Inoxum ist seit Oktober rechtlich eigenständig. Die ThyssenKrupp AG will sich von der Tochter trennen. Momentan beschäftigt das Unternehmen rund 11.400 Mitarbeiter.

Claude Olinger

Neue Arbeitsdirektorin bei Goodyear Dunlop Annette Grams (42) ist seit Kurzem neue Arbeitsdirektorin bei Goodyear Dunlop Tires und ist damit auch Mitglied der Geschäftsführung des Reifenherstellers mit Sitz in Hanau. Sie folgt Claude Olinger nach, der sich

auf seine Aufgaben als Personaldirektor für die Region EMEA konzentrieren wird. Annette Grams berichtet an Rainer Landwehr, Vorsitzender der Geschäftsführung, und Vice President HR Rajita D’Souza.

40 Prozent der deutschen Arbeitnehmer suchen zurzeit einen neuen Job — mehr als in fast allen anderen europäischen Staaten.

Quelle: Studie der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK)

Klaus Hofer

Hofer wird Personalgeschäftsführer bei Kion Die Kion Group GmbH in Wiesbaden hat seit Oktober mit Klaus Hofer erstmals einen Personalgeschäftsführer. Der Anbieter von Material Handling Solutions hat rund 20.000 Mitarbeiter. Die Verantwortung der Bereiche

HR, Legal und Internal Audit übernimmt der 53-jährige Hofer von Harald Pinger, CFO der Kion Group. Hofer ist zudem Arbeitsdirektor. Zuletzt war er Leiter HR bei der Heidelberger Druckmaschinen AG.

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Fotos: Privat; Goodyear Dunlop Tires Germany GmbH; Foto-Purkart GmbH

Redaktion Jan C. Weilbacher (Chefredakteur, V.i.S.d.P.) jan.weilbacher@ humanresourcesmanager.de Sven Pauleweit sven.pauleweit@ humanresourcesmanager.de Roman Knapp roman.knapp@ humanresourcesmanager.de

Frank Brüggestrat ist Personalvorstand bei Inoxum


LAUFBAHN

Susan Bor

Susan Bor wechselt nach Walldorf zu SAP Susan Bor hat im September bei SAP als Senior Vice President Global Talent Acquisition die Nachfolge von Mark Steinke übernommen. Der Bereich wurde allerdings in den letzten neun Monaten übergangsweise von Roger Bellis, Senior Vice President Global Talent, Leadership and Organizational Development, verantwortet. Susan Bor berichtet in ihrer neuen Funktion an SAP-Finanz- und Personalvorstand Werner Brandt. Zurzeit beschäftigt das Softwareunternehmen aus Walldorf etwa 54.000 Mitarbeiter.

Burkhard Hartmann

Peter Schweda

Deutsche Edelstahlwerke mit neuem Arbeitsdirektor Burkhard Hartmann (57) ist seit Kurzem neuer Arbeitsdirektor der Deutschen Edelstahlwerke GmbH. Damit trat er die Nachfolge von Peter Schweda an, der im April zur Saarstahl AG und zur Dillinger Hüttenwerke AG gewechselt ist. Zudem übernahm Hartmann zusammen mit Ute Dreher die Geschäftsführung der Deutschen Edelstahlwerke Karrierewerkstatt GmbH. Derzeit beschäftigt die Deutsche Edelstahlwerke GmbH 4.000 Mitarbeiter.

37 Prozent Roland Baier

Wolfgang Stahl

der befragten Deutschen haben Angst vor Arbeitslosigkeit. Quelle: Langzeitstudie der R+V Versicherungen

Baier folgt als Personaldirektor auf Stahl

Fotos: SAP AG; Privat (2); Gottfried Stoppel; RKH Holding GmbH; Carglass GmbH

Seit September ist Roland Baier (51) als Personalchef für die Regionale Kliniken Holding RKH tätig. Er folgt damit Wolfgang Stahl nach, der neben seiner Funktion als Personalleiter auch den Geschäftsbereich Personal als Personaldirektor kommissarisch betreut hatte. Roland Baier war zuletzt als Personaldezernent am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg tätig. Die RKH mit Hauptsitz in Ludwigsburg beschäftigt rund 7.500 Mitarbeiter.

Lucio Paolo Torroni

Torroni ist neuer HR Director bei Carglass Lucio Paolo Torroni ist seit September Human Resources Director bei der Carglass GmbH. Er berichtet direkt an Jean-Pierre Filippini, General Manager bei Carglass. Der 40-Jährige kommt von der Zürich Beteiligung AG, wo er das Personalmanagement leitete. Von 2006 bis 2010 war Torroni als Director Human Resources Germany für die Fiat Group Automobiles Germany AG in Frankfurt tätig. Carglass beschäftigt derzeit rund 1.800 Mitarbeiter. O K T O B E R / N O V E M B E R

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PRAXIS

MEDIENFORUM Neue Möglichkeiten, Ideensammlungen, Gesprächsunterstützung sowie der Blick auf die eigene Persönlichkeit – vier Bücher und ein Blog, die Spannendes und Unterhaltsames rund um das Personalmanagement bieten. Buch

Die nächste Generation „Es geht um eine kritische Bestandsaufnahme zur Situation der Personalentwicklung in Deutschland, die in die ,2.0-Welt’ vorstößt, ohne die ,1.0-Welt’ wirklich erreicht zu haben“, schreibt Albrecht Kresse, Geschäftsführer der edutrainment company, in seinem Beitrag in dem Buch „Personalentwicklung 2.0“ und attestiert diesem Feld des Personalmanagements sicherlich zu recht einen deutlichen Nachholbedarf. Personalentwicklung 2.0 das klingt nach Zukunft, nach einer neuen Generation der Personalentwicklung, die die Möglichkeiten des Web 2.0 und die Social Media nutzt. Die meisten HR-Abteilungen stehen hier vor einem enormen Wandel – wenn sie wollen. Armin Trost, Professor für Human Resources Management an der Hochschule Furtwangen sowie Partner der Beratung Promerit, und Thomas Jenewein, der bei der SAP AG im Produktmanagement des Bereichs SAP Education tätig 90

ist, haben als Herausgeber zahlreiche Autoren zusammengeführt, die jeweils einen unterschiedlichen Hintergrund aufweisen. Es sind Praktiker, Wissenschaftler, Freigeister. Während Kresse über das Paradoxon der Personalentwicklung schreibt, erläutert beispielsweise Jenewein die Integration von Social Media in das formelle und informelle Lernen. Johannes Müller und Alexander Stocker von Siemens wiederum bringen zum Thema Wissensaustausch mit dem Web 2.0 dem Leser einen Best Practice näher. Und Jens Trompeter von der itemis AG beschreibt den Ansatz 4+1, vier Tage arbeiten, einen Tag lernen. Hier zeigt sich, welche Rolle Freiräume spielen können und wie Lernen und Wissensmanagement Hand in Hand gehen. Bei der Lektüre des Buches wird schnell klar, dass es nicht nur um den Einsatz von Social Media, Blogs, Wikis oder Podcasts in der Personalentwicklung geht, sondern auch dass die Personalentwicklung an sich ihr Wesen verändert. Das Lernen wird kollaborativer und informeller, die Personalentwicklung bewegt sich weiter auf das Wissensmanagement zu und die Talententwicklung wird dezentraler. Der einführende Text von Armin Trost skizziert sehr klar diesen Wandel. Die Aufteilung des Buches erscheint deshalb mehr als sinnvoll: Neues Lernen, Wissensaustausch und Talentförderung – und alles mit Blick auf die Möglichkeiten, die sich durch die mediale Evolution bieten. Das Buch macht neugierig und gibt wichtige Anregungen.

Personalentwicklung 2.0. Lernen, Wissensaustausch und Talentförderung der nächsten Generation von Armin Trost und Thomas Jenewein (Hrsg.), 39 Euro, 324 Seiten, Luchterhand, ISBN: 9783472078784

Buch

Open Innovation Mal ein etwas anderes Buch ist der „Bewerbermagnet“. Das Besondere an diesem Werk ist seine Entstehung. Der „Macher“, wie sich Axel Haitzer in Ermangelung eines Begriffes zwischen Autor und Herausgeber selbst bezeichnet, hat nämlich in einer Open Innovation Community im Netz die Frage gestellt, was getan werden müsse, um effizient qualifizierte und motivierte Bewerber anzuziehen. 1.207 Ideen ergab das virtuelle Brainstorming. Mit Hilfe einer zwölfköpfigen Jury, der HRExperten wie Martin Poreda (kununu) oder Marc-Stefan Brodbeck (Deutsche Telekom) angehörten, hat Haitzer 365 Ideen ausgewählt und in dieses Buch gebracht. Verteilt auf zehn Themengebiete bietet es viele Impulse zu aktuellen Themen des Personalmarketings. Aber es bleiben Denkanstöße. Wer ein Fachbuch oder Ausführungen zur Umsetzung der Ideen sucht, geht mit der falschen Erwartungshaltung an dieses Buch. Vielmehr ähnelt es einer Anhäufung von Post-its, aus denen man selber auswählen kann, was für einen von Bedeutung ist – als Inspirationsquelle.

Bewerbermagnet. 365 inspirierende Ideen, wie Ihr Unternehmen Top-Bewerber magnetisch anzieht von Axel Haitzer, 29,90 Euro, 276 Seiten, Quergeist Verlag, ISBN: 978-3863080006

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PRAXIS

Buch

Buch

Blog

Gesprächsführung

Im Namen der Marke

Die innere Stimme

Authentizität, sich der eigenen Ziele bewusst werden und mit seinen Gefühlen im Einklang sein. Glaubt man Udo Kreggenfeld, bilden diese Grundbausteine das Fundament, mit denen eine effiziente Gesprächsführung gemeistert werden kann. In seinem Buch „Direkt im Dialog“ werden praxisnah Werkzeuge vermittelt, um sich in einer Dialogsituation zurecht zu finden. Natürlichkeit und Professionalität sind dabei die Erfolgsfaktoren. Der Autor schöpft aus der Erfahrung seiner Seminare und erklärt detailliert, wie der Leser vorgehen muss, um diese Faktoren auf sich selbst zu übertragen und umzusetzen. Das Buch ist aufgeteilt in die Abschnitte „Die innere Einstellung“ und „Kommunikative Kompetenzen“. Im ersten Teil soll der Leser eine Selbstreflexion durchführen und sich seiner partnerschaftlichen Einstellungen und Ziele bewusst werden. Unterstützende Checklisten und Rollenbeispiele machen eine individuelle Übertragung sehr einfach. Der zweite Teil vermittelt Methoden, mit deren Hilfe man kompetent auftritt, Stellung bezieht und seine Standpunkte deutlich macht. Dabei ist bereits die richtige Fragestellung wichtig. Schon durch die Reduzierung von Antwortmöglichkeiten kommt man laut Kreggenfeld schneller zum Ziel. Insgesamt bietet das Buch für Führungskräfte, Personaler, Mitarbeiter und Berater gute Lernmodule, um sich kommunikativ zu stärken und zu verbessern.

Auch Katja Nagel bemüht den 1998 geprägten Begriff „War for Talent“ in der Einleitung ihres Buches über Employer Branding. Zwar wird der Begriff inzwischen beinahe gebetsmühlenartig wiederholt, wenn in Publikationen und Vorträgen über Fachkräftemangel und die Arbeitgebermarke gesprochen wird, doch hier ist er sicher nicht fehl am Platze, geht es doch beim Employer Branding genau darum – sich den hoffnungsvollen Talenten als Arbeitgeber von seiner besten Seite zu präsentieren. Katja Nagel liefert dazu ein fundiertes und erstaunlich leicht verständliches Grundlagenwerk. Für Leser, die sich das erste Mal mit dem Thema beschäftigen, ist das zweite Kapitel dieses Buches, die Grundlagendiskussion zum Employer Branding, ein guter Einstieg. Doch die eigentliche Stärke des Buches liegt im dritten Kapitel, den sieben Erfolgsfaktoren für die Umsetzung einer Employer Branding-Strategie eines Unternehmens. Titelüberschriften wie „Hausaufgaben zuerst“ und „Authentizität ist Trumpf“ mögen profan wirken, doch kombiniert die Autorin ihre Diskussion zu diesen Tipps jeweils mit einem Praxisbeispiel aus erfolgreichen Strategien verschiedener Unternehmen wie Siemens, Unilever oder auch SAP. Katja Nagel illustriert ihre Ausführungen sehr praxisnah und überzeugend. Dies macht ihre Tipps noch nicht zu todsicheren Erfolgsgaranten für die Arbeitgebermarke, doch die Lektüre dieses Buches in jedem Fall empfehlenswert.

„Psychologen haben doch keine Ahnung vom richtigen Leben.“ Dies ist ein Satz des Psychologen und Autors Roland Kopp-Wichmann. In seinem Blog „Der Persönlichkeits-Blog. Intelligenter arbeiten. Bewusster leben“ sollen keine Theorien betrachtet werden, vielmehr geben praktische Tipps dem Leser die Möglichkeit, sich weiterführende Gedanken zu machen. Selbst noch nicht wahrgenommene Probleme sollen so ins Bewusstsein gerufen werden. Die Themen des Blogs decken die Vielfalt der Persönlichkeitsentwicklung sehr gut ab. Der Leser bekommt dabei Eindrücke, wie er seine Persönlichkeit in Beruf und Privatleben mehr ausdrücken und eventuell verändern kann. Immer wieder stehen interessante Themen im Fokus wie „Ihr Burnout ist nicht das Problem. Er ist die Lösung“ oder „Unternehmen brauchen sanfte Rebellen. Haben Sie das Zeug dazu?“. Was den Blog besonders macht, sind die Erfahrungen des Autors als Seminarleiter. Nach der Beschreibung des Themas, werden Fragestellungen aufgeworfen, die der Leser auf sich selbst beziehen kann. Dadurch bekommt das jeweilige Thema einen ganz individuellen Charakter für den Leser. Ebenso faszinierend ist das Aufgreifen von alltäglichen Situationen, die auf Personalthemen übertragen werden. Eine klare Empfehlung für Personaler und Mitarbeiter, die mal über den Tellerrand blicken wollen. Über den Blog hinaus ist das aktuelle E-Book von Kopp-Wichmann „Persönlichkeit verändern“ lesenswert.

Direkt im Dialog. Professionelle Gesprächsführung in Unternehmen und Organisationen von Udo Kreggenfeld, 24,90 Euro, 254 Seiten, Managerseminare Verlag, ISBN: 978-3936075663

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Employer Branding. Starke Arbeitgebermarken jenseits von Marketingphrasen und Werbetechniken von Katja Nagel, 24,90 Euro, 192 Seiten, Linde Verlag, ISBN: 978-3709303368

www.persoenlichkeits-blog.de von Roland Kopp-Wichmann. Die E-Books sind über die Homepage erhältlich. 91


PRAXIS

TERMINE NOVEMBER BIS DEZEMBER Die wichtigsten Kongresse, Tagungen und Events für HR-Verantwortliche 14. und 15. November 2011 – Pullman Berlin Schweizer Hof, Berlin

Handelsblatt HR-Forum

23. bis 25. November 2011

30. November 2011

30. November 2011

HRM-Forum: Tagung Talentmanagement

Quartera Kongress 2011

Haward-FürstenbergSymposium

HR Innovation Slam

Quadriga Forum, Berlin

NH Berlin Alexanderplatz

Hotel Grand Elysée Hamburg

Online

Am 17. November startet in Berlin die Tagung Talentmanagement. Der Fokus der Veranstaltung wird mit Blick auf den „War for Talents“ auf Themen wie Employer Branding, Recruiting und Retention liegen. Als Referenten werden unter anderem Gero Hesse von der medienfabrik Gütersloh und die Arbeitsdirektorin von Bombardier Transportation, Susanne Kortendick, erwartet. www.hrm-forum.eu

Dieser Kongress bietet seinen Teilnehmern in erster Linie ein Forum, um sich über Innovationen, aber auch über Erfolgs- und Misserfolgsbeispiele aus der berufsbegleitenden akademischen Weiterbildung auszutauschen. Der Quartera Kongress richtet sich an Personalleiter und -entwickler ebenso wie an Hochschulleiter, Lehrende und Dienstleister. www.swop-exchange.de

Auf dem Symposium, das in diesem Jahr erstmalig stattfindet, wird die Frage im Vordergrund stehen, wie ein betriebliches Gesundheitsmanagement die Wettbewerbsfähigkeit im Mittelstand sichert. www.haward.de

Der Innovation Slam ist ein Vortragswettbewerb, bei dem es um die Präsentation von innovativen Ideen, Projekten und Produkten rund um das Personalwesen geht. Das Finale findet am 30. November um 15 Uhr statt. Zuschauer sollten sich spätestens 24 Stunden vor der Veranstaltung formlos anmelden. Vonnöten sind ein internetfähiger PC und Lautsprecher bzw. Kopfhörer. www.hrinnovationslam.de

17. und 18. November 2011

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Fotos: Archiv; Grand Elysée Hotel

Am 14. November startet in Berlin das Handelsblatt HR-Forum „HR im Fokus“. An den zwei Veranstaltungstagen werden Themen wie „Die Arbeitswelt der Zukunft“, „Leistungsfähigkeit und Kompetenzmanagement“ und „Change-Prozesse gestalten“ im Fokus stehen. So referiert beispielsweise Wilhelm Bauer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO), über die „Vision Morgenstadt – das Leben und Arbeiten in der Stadt der Zukunft“. Eine nachhaltige HR-Strategie als Basis für den Unternehmenserfolg wird das Thema des Vortrages von Christian Scholz von der Universität des Saarlandes sein, während am zweiten Tag Claudia Schlossberger, Chief Human Resources Officer der Metro Group, über „Leadership & Transformation Management“ sprechen wird. Insgesamt werden 15 Referenten in verschiedenen Vorträgen und anschließenden Diskussionen dem Publikum ihre Expertise zur Verfügung stellen. Das Handelsblatt HR-Forum richtet sich in erster Linie an Personalleiter aber auch an Geschäftsführungen, Personalentwickler und Weiterbilder. www.handelsblatt-personal.de


PRAXIS

29. bis 30. November 2011 – Maternushaus Köln

30. November 2011 – Fachhochschule Ludwigshafen am Rhein

Ziel der zentralen Tagung der Betrieblichen Krankenversicherungen zum betrieblichen Gesundheitsmanagement, die vom BKK Bundesverband veranstaltet wird, ist es, Konzepte und Methoden sowie Handlungsansätze und Erfahrungen zu vermitteln, mit denen Unternehmen, Organisationen und Sozialversicherungsträger die Arbeitswelt gemeinsam aktiv gestalten können. So soll geklärt werden, wie die einzelnen Aktivitäten der Partner zu einer gemeinsamen Gesundheitskultur verbunden und diese in den Unternehmen und Organisationen gefördert werden können. Die Tagung „Wettbewerbsvorteil Gesundheit“ richtet sich an Experten aus den Bereichen Prävention, betriebliche Gesundheitsförderung, Medizin, Personalentwicklung sowie dem Arbeits- und Gesundheitsschutz. www.bkk.de

Nachdem im letzten Jahr die Personalpolitik nach der Krise im Fokus der Ludwigshafener Personalgespräche stand, wird die fünfte Auflage dieser Veranstaltung des Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) am 30. November das Leitthema haben: „Lebens- und Arbeitswelt 2010: Wie wir in Zukunft leben und arbeiten werden.“ Nach der Begrüßung durch Peter Mudra, dem Präsident der Fachhochschule Ludwigshafen, und IBE-Leiterin Jutta Rump werden sich Margret Suckale (Foto), Arbeitsdirektorin der BASF SE, und der Personalvorstand der Deutschen Telekom, Thomas Sattelberger, an der Podiumsdiskussion zu diesem Thema teilnehmen. Zudem wird es eine Keynote von Andreas Kruse, dem Direktor des Instituts für Gerontologie der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, geben. www.ibe-ludwigshafen.de

2. und 3. Dezember 2011

5. Dezember 2011

8. Dezember 2011

15. Dezember 2011

Viadrina Kulturmanagement Symposium

Präventionskongress 2011

TDS-Personaltagung

Pesonalmarketing 2015

Europa-Universität Viadrina

Deutsches Hygiene Museum, Dresden

Holiday Inn München-Unterhaching

Pullman Cologne Hotel, Köln

„Gesunde Arbeit, erfolgreiche Betriebe“ lautet das Motto des vierten Präventionskongresses, der vom Bundesministerium für Gesundheit und der Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. ausgerichtet wird. Im Fokus wird die betriebliche Gesundheitsförderung vor allem mit Blick auf kleine und mittlere Betriebe stehen. www.bvpraevention.de

Auch auf der letzten TDS-Personaltagung in diesem Jahr können sich die Besucher über Veränderungen rund um Sozialversicherungen, dem Lohnsteuer-, Tarif- und Arbeitsrecht, aber auch über Neuheiten bei der Personalsoftware informieren. Ein arbeitsrechtliches Thema werden beispielsweise Fragen rund um den Umgang mit Abmahnungen sein. www.tds-personaltagung.de

Fotos: www.flickr.com; BASF - The Chemical Company

Tagung „Wettbewerbsvorteil Gesundheit“

„Wirksames Personalmanagement für Kulturbetriebe“ lautet das Thema des diesjährigen Symposiums, das von der Professur für Kulturmanagement der Viadrina und den Berliner Philharmonikern ausgerichtet wird. Die Besucher erwarten Vorträge und Gesprächsrunden aber auch Praxisforen, in denen konkrete Handlungsoptionen erarbeitet werden sollen. www.kuwi.europa-uni.de

5. Ludwigshafener Personalgespräche

Nach der Auftaktveranstaltung in Leipzig im letzten Jahr wird die Konferenz „Personalmarketing 2015“ in diesem Jahr in Köln stattfinden. Wie der Titel erahnen lässt, wird der Fokus auf aktuellen und zukünftigen Recruitingkanälen liegen. So werden beispielsweise Serious Gaming aber auch Google+ als mögliche Personalmarketing-Instrumente thematisiert. www.personalinform.de

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RECHT

Altersabhängige Vergütung kann diskriminierend sein Nach dem BAT war die Grundvergütung im öffentlichen Dienst gestaffelt nach dem Lebensalter der Beschäftigten. Mit Urteil vom 8.9.2011 – C-297/10 – stellte der EuGH die Europarechtswidrigkeit dieses Vergütungssystems fest. Die altersabhängige Staffelung der Vergütung sei nicht geeignet, das an sich legitime Ziel einer Honorierung von Berufserfahrung zu erreichen, und diskriminiere deshalb jüngere Arbeitnehmer. Für zulässig hielt der EuGH dagegen in einer Parallelentscheidung vom selben Tag – C-298/10 – die Übergangsregelung des TVÜ-Bund, mit der das altersabhängige Vergütungssystem des BAT auf das von den Kriterien Tätigkeit, Berufserfahrung und Leistung abhängige Vergütungssystem des TVöD umgestellt wurde. Zwar knüpft die Übergangsregelung auch an das Alter der Beschäftigten an, die Differenzierung sei insoweit aber durch das legitime Ziel einer Besitzstandswahrung gerechtfertigt. Keine Stellung nahm der EuGH zu der für die Praxis bedeutsamen Frage, ob Rechtsfolge einer Unwirksamkeit eines altersabhängigen Vergütungssystems eine Anpassung nach „oben“ ist, das heißt alle Beschäftigten unabhängig von ihrem Alter Anspruch auf Vergütung nach der höchsten Lebensaltersstufe haben. 2 Zustellung einer Kündigung an den Ehegatten Am 9.6.2011 – 6 AZR 687/09 – urteilte das BAG über den Zeitpunkt des Zugangs einer Kündigung. Die Arbeitgeberin hatte das Kündigungsschreiben am 31.1.2008 dem Ehegatten der Arbeitnehmerin an dessen Arbeitsplatz in einem anderen Unternehmen übergeben, nachdem die Arbeitnehmerin ihren Arbeitsplatz im Streit verlassen hatte. Der Ehemann gab das Schreiben erst am Folgetag an seine Frau weiter. Das BAG sah den Ehegatten als Empfangsboten an. Dies gelte auch, wenn die Übergabe außerhalb der Wohnung erfolgt. Damit lag ein Zugang schon mit Übergabe an den 94

URTEILE ARBEITSRECHT Gerichtsentscheidungen, die Arbeitsrechtler kennen sollten

Ehemann am 31.1.2008 und nicht erst mit Weitergabe des Schreibens am nächsten Tag vor. 3 Zurückweisung einer Kündigung Wird die Kündigung nicht vom Arbeitgeber selbst ausgesprochen, muss der Kündigende seine Vollmacht grundsätzlich durch Vorlage einer entsprechenden Vollmachtsurkunde gegenüber dem Arbeitnehmer nachweisen. Dies gilt nicht für Organmitglieder und Prokuristen, deren Vertretungsberechtigung sich aus dem Handelsregister ergibt, und nach der Rechtsprechung des BAG auch nicht für Personalleiter, mit deren Stellung im Allgemeinen eine Kündigungsbefugnis einhergeht. Ist die Kündigung aber von einem anderen Mitarbeiter unterzeichnet, kann der Arbeitnehmer die Kündigungserklärung nach § 174 BGB unverzüglich zurückweisen, wenn ihr kein Vollmachtsnachweis beigefügt ist. Der Arbeitgeber hatte im Arbeitsvertrag festgehalten, dass der jeweilige Niederlassungsleiter berechtigt sei, Kündigungen auszusprechen. Gleichwohl billigte das BAG in seinem Urteil vom 14.4.2011 – 6 AZR 727/09 – die Zurückweisung der Kündigung durch den Arbeitnehmer. Da der Arbeitgeber die Bekanntgabe der Bevollmächtigung nicht auf eine namentlich benannte Person bezogen hat, hätte er zusätzlich dem Arbeitnehmer mitteilen müssen, wie der Name des jeweils kündigungsberechtigten Niederlassungsleiters zu ermitteln ist. Ausreichend wäre insoweit etwa ein Hinweis auf eine entsprechende Seite im Intranet oder einen Aushang am Schwarzen Brett gewesen, der dann allerdings

auch immer entsprechend aktualisiert werden müsste. 4

Verdachtskündigung: Recht zur Vertretung durch einen Rechtsanwalt

Das Hessische LAG befasste sich in seinem Urteil vom 1.8.2011 – 16 Sa 202/11 – mit der Wirksamkeit einer Verdachtskündigung. Diese setzt unter anderem voraus, dass der betroffene Arbeitnehmer vorher zu den Vorwürfen angehört wird. Der Arbeitnehmer bat darum, für ein zweites Anhörungsgespräch einen Rechtsanwalt hinzuziehen zu dürfen. Dies lehnte die Arbeitgeberin ab. Nach Ansicht des LAG habe der Arbeitnehmer das Recht, sich bei der Anhörung zu einer Verdachtskündigung durch einen Rechtsanwalt vertreten zu lassen. Vorliegend führte die Verletzung dieses Rechts nur deshalb nicht zur Unwirksamkeit der Verdachtskündigung, weil zuvor bereits eine erste Anhörung stattgefunden hatte, zu der der Arbeitnehmer freiwillig ohne Rechtsanwalt erschienen war. 5 Umgang mit Daten und fristlose Kündigung Mit der Frage, ob ein sorgloser Umgang mit Daten zur fristlosen Kündigung berechtigt, setzte sich das BAG in seinem Urteil vom 24.3.2011 – 2 AZR 282/10 – auseinander. Der Kläger speicherte entgegen einer entsprechenden Anweisung der Arbeitgeberin private Daten auf dem Firmenlaptop und Unternehmensdaten auf einer privaten Festplatte. Gleichwohl hielt das BAG die außerordentliche Kündigung für unwirksam. Durch die Speicherung privater Daten auf dem Firmenlaptop habe der Kläger seine Arbeitspflichten nicht schwerwiegend verletzt, weil der Laptop dadurch nicht beeinträchtigt worden sei und es sich nicht um strafrechtlich relevantes oder anrüchiges Material gehandelt habe. Die Speicherung unternehmensbezogener Daten auf einer privaten Festplatte verletze zwar die arbeitsvertragliche

Rücksichtnahmepflicht. Zusätzlich komme auch ein Verstoß gegen das Datengeheimnis aus § 5 BDSG in Betracht, falls es sich dabei um personenbezogene Daten handelt. Da aber keine erschwerenden Umstände wie das bewusste Unterdrücken von Firmendaten vorlagen, hätte die Arbeitgeberin zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen. 6

Kündigung trotz Schuldunfähigkeit Im Grundsatz kann nur schuldhaftes, das heißt vorwerfbares Verhalten eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen. Das LAG SchleswigHolstein machte in seinem Urteil vom 9.6.2011 – 5 Sa 509/10 – hiervon eine Ausnahme für den Fall, dass der gekündigte Arbeitnehmer durch wiederholtes Fehlverhalten die betriebliche Ordnung erheblich und nachhaltig verletzt. Der Kläger war wegen mehrfacher anzüglicher Bemerkungen gegenüber Kolleginnen abgemahnt. Im Beisein mehrerer Mitarbeiter behauptete er, seine Vorgesetzte habe eine Affäre mit einem Kollegen. Daraufhin kündigte ihm die Arbeitgeberin. Der Kläger machte geltend, er sei manischdepressiv und habe daher schuldlos gehandelt. Das LAG erklärte die Kündigung selbst im Falle unterstellter Schuldlosigkeit für wirksam und verwies auf die Schwere der Pflichtverletzungen. Die Arbeitgeberin könne es nicht hinnehmen, dass der Kläger das Betriebsklima nachhaltig beeinträchtigt und die Autorität der Vorgesetzten untergräbt. 7 Kündigung eines Chefarztes einer katholischen Klinik Mit Urteil vom 8.9.2011 – 2 AZR 543/10 – erklärte das BAG die Kündigung eines Chefarztes einer katholischen Klinik für unwirksam. Die Kündigung wurde ausgesprochen, weil sich der Kläger von seiner ersten Frau hatte scheiden lassen und seine zweite Frau standesamtlich heiratete. Das BAG erkannte an, dass kirchlichen Einrichtungen im Falle eines schwerwiegenden Verstoßes gegen Loyalitätspflichten ein Kündigungsrecht

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zustehen kann. Welche Gründe danach geeignet sind, eine Kündigung zu rechtfertigen, bestimme sich auch unter Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts. Dennoch sah es die Kündigung in diesem Einzelfall als sozial ungerechtfertigt an. Es berücksichtigte dabei, dass der Kläger zuvor zwei Jahre unverheiratet mit seiner aktuellen Frau zusammengelebt hatte, was der Arbeitgeberin bekannt war und von ihr nicht beanstandet wurde. Ferner beschäftigte die Arbeitgeberin auch nicht-katholische wiederverheiratete Chefärzte. 8

Abberufung eines Datenschutzbeauftragten Das Urteil des BAG vom 23.3.2011 – 10 AZR 562/09 – konkretisiert die Anforderungen an die Abberufung eines Datenschutzbeauftragten. Nach § 4f Abs. 3 S. 4 BDSG kann ein Datenschutzbeauftragter

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nur bei Vorliegen eines wichtigen Grunds abberufen werden. Das BAG stellte klar, dass eine bloße organisatorische Änderung, wonach die Aufgabe auf einen externen Datenschutzbeauftragten übertragen werden soll, ebenso wenig einen wichtigen Grund darstellt wie ein Betriebsratsmandat des Beauftragten. 9

Staffelung von Sozialplanabfindungen nach dem Lebensalter Nach dem Urteil des BAG vom 12.4.2011 – 1 AZR 743/09 – können die Betriebsparteien in einem Sozialplan zulässigerweise vereinbaren, dass Arbeitnehmer ab dem 45. bzw. 50. Lebensjahr höhere Abfindungen erhalten. Geklagt hatte ein jüngerer Mitarbeiter und begehrte den höchsten Alterszuschlag. Das BAG sah die Ungleichbehandlung als gemäß § 10 S. 3 Nr. 6 AGG gerechtfertigt an. Danach dürften Sozialplanabfin-

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dungen nach Alter und Betriebszugehörigkeit gestaffelt werden, wenn sie die altersbedingten Chancen auf dem Arbeitsmarkt widerspiegeln. Dabei räumte das BAG den Betriebsparteien einen Gestaltungsspielraum ein. 10 Tarifbindung trotz Verbandsaustritt Tritt der Arbeitgeber aus dem Arbeitgeberverband aus, bleibt er nach § 3 Abs. 3 TVG an die vom Arbeitgeberverband und der zuständigen Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifverträge gebunden bis diese enden. Während dieser sogenannten Nachbindungsphase trat der Arbeitnehmer der zuständigen Gewerkschaft bei und klagte unter anderem auf Feststellung der Geltung der zwischen dem ehemaligen Verband seiner Arbeitgeberin und der Gewerkschaft abgeschlossenen Tarifverträge. Im

Verlauf des Rechtsstreits schloss die Arbeitgeberin mit der Gewerkschaft einen Haustarifvertrag. Das BAG stellte mit Urteil vom 6.7.2011 – 4 AZR 424/09 – die Tarifgeltung für den Zeitraum zwischen Gewerkschaftsbeitritt und Abschluss des Haustarifvertrags fest. Tritt ein Arbeitnehmer während der Nachbindungsphase in die Gewerkschaft ein, die die Tarifverträge geschlossen hat, gelten diese Tarifverträge nach § 4 Abs. 1 TVG unmittelbar und zwingend. Das heißt, die Arbeitgeberin war trotz Verbandsaustritt gezwungen, dem Arbeitnehmer die tarifvertraglich festgelegten Leistungen zu gewähren. Übersicht zusammengestellt von: Steffen Krieger Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner im Düsseldorfer Büro von Gleiss Lutz www.gleisslutz.com

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Wenn es um die Entwicklung einer attraktiven Arbeitgebermarke geht, spielt auch die Anwendung des Arbeitsrechts eine wichtige Rolle. Nur wer hier die aktuellen Gesetze und Rechtsprechungen kennt, punktet im Wettbewerb um Talente.

Sorgfalt ist Pflicht: Auch die Gestaltung sowie das Erscheinungsbild von Arbeitsverträgen können sich auf die Attraktivität eines Arbeitgebers auswirken. 96

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mployer Branding wird im Allgemeinen insbesondere mit den Prozessen der Markenentwicklung zur Ermittlung von Werten der Unternehmen sowie zur Erarbeitung von Kernbotschaften in Zusammenhang gebracht. Auf diese Weise werden Unternehmen auf ihrem Weg zum „First Choice Arbeitgeber“ im Bereich des Personalmarketings unterstützt. Im Mittelpunkt des Prozesses der Markenentwicklung steht dabei die Mitarbeiterbindung. Denn zufriedene Mitarbeiter sind motivierte Mitarbeiter, die die besten Botschafter der Arbeitgebermarke sind. Wie aber gelingt es Unternehmen, ihre Mitarbeiter zu motivieren und diese Motivation auch auf Dauer beizubehalten? An erster Stelle wird hierbei in der Praxis an interne und externe Maßnahmen zum Halten und zur Gewinnung der gewünschten Mitarbeiter gedacht. Mitarbeitermotivations-, Entwicklungs-, Bewertungs-, Führungs- und Vergütungsmaßnahmen sollen dieses gewünschte Ergebnis erzielen. Ist dies der einzige Schlüssel zum Erfolgsrezept einer Arbeitgebermarke oder kann nicht vielmehr auch die Anwendung des Arbeitsrechts ein Unternehmen attraktiver machen? Die Antwort lautet: ja. Denn ein Arbeitgeber ist nur dann attraktiv, wenn er modern ist und dabei auch die jeweils aktuellen Gesetze und Vorgaben der Rechtsprechung hinreichend berücksichtigt und professionell in der mündlichen und schriftlichen Kommunikation mit den Mitarbeitern anwendet. Beispielhaft soll dies hier an der Gestaltung von Arbeitsverträgen gezeigt werden, die der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entsprechen sollten, will sich ein Unternehmen als attraktiver Arbeitgeber positionieren.

Erscheinungsbild von Verträgen Das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankerte Transparenzgebot verlangt von den Arbeitgebern, dass sie ihre Arbeitsverträge in klarer und verständlicher Sprache formulieren. Zu dieser Transparenz gehört auch die Gestaltung der einzelnen Arbeitsvertragsklauseln mit Hilfe von Überschriften. Dabei muss gewährleistet sein, dass die gewählten Klauseln vollumfänglich mit der entsprechenden Überschrift übereinstimmen. Das äußere professionelle Erscheinungsbild des Arbeitsvertrages gehört zu den ersten bedeutsamen Eindrücken, die ein neuer motivierter Mitarbeiter gewinnt und die ihn überzeugen werden. Zudem gilt zu bedenken, dass die Arbeitsgerichte strenge Inhaltskontrollen im Hinblick auf arbeitsvertragliche Klauseln durchzuführen haben. Wird dabei festgestellt, dass einzelne Klauseln überraschend oder intransparent sind oder den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen, sind solche Klauseln grundsätzlich unwirksam.

Schriftlichkeit von Arbeitsverträgen Manche deutsche Arbeitgeber neigen im Ausnahmefall dazu, zunächst einmal lediglich mündliche Arbeitsverträge abzuschließen. Internationale Arbeitgeber erachten des Öfteren einen sogenannten Offer Letter mit unvollständigen Angaben über wesentliche Vertragsbestandteile wie Arbeitsort, Arbeitszeit und Kündigungsfristen als ausreichend. Zwar ist auch ein mündlich abgeschlossener Arbeitsvertrag oder ein unvollständiger O K T O B E R / N O V E M B E R

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Arbeitsvertrag grundsätzlich wirksam, jedoch bestimmt das sogenannte Nachweisgesetz (NachwG), dass der Arbeitgeber die wesentlichen Vertragsbedingungen innerhalb eines Monats nach Arbeitsantritt schriftlich niederzulegen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen hat. Gleiches gilt für Vertragsänderungen. Der Arbeitnehmer wird hierdurch besser vor etwaiger Unkenntnis seiner Rechte geschützt und Rechtssicherheit und -klarheit für beide Parteien wird geschaffen. Eine unterbliebene schriftliche Niederlegung schadet dem Arbeitgeber zudem dreifach: • Er muss sich den Vorwurf der Intransparenz gefallen lassen, was seine Attraktivität als Arbeitgeber senkt. • Er hat Beweisschwierigkeiten falls er sich auf eine für ihn günstige mündliche Absprache berufen möchte. • Er kann sich Schadensersatzansprüchen des Arbeitnehmers wegen der unterbliebenen Niederlegung ausgesetzt sehen. Eine rechtzeitige schriftliche Niederlegung der Arbeitsbedingungen sollte daher in jedem Fall gewährleistet sein.

Überstunden Unabhängig davon, dass Klauseln wie „Mit dem Gehalt ist etwaige Mehr- oder Überarbeit abgegolten“ wenig attraktiv und motivierend für den Arbeitnehmer sind, wären sie aufgrund ihrer Rechtsunwirksamkeit vom Arbeitgeber ohnehin letztlich auch nicht durchsetzbar. Die Überstunden wären vielmehr bereits ab der ersten Stunde zu vergüten, denn eine pauschale Überstundenabgeltungsklausel ist nach der Rechtsprechung des BAG nur wirksam, wenn sich aus der Klausel eindeutig ergibt, welche Arbeitsleistungen von der Vergütung abgedeckt sind. Andernfalls besteht laut BAG die Gefahr, dass der Arbeitnehmer seine Überstunden in der Annahme, dass er keinen Anspruch hat, nicht geltend macht. Bis zu welchem genauen Umfang eine Abgeltung möglich sein soll, hat die Rechtsprechung bisher offen gelassen, jedoch angedeutet, dass die Grenze bei Vollzeit-Arbeitsverhältnissen die Höchstarbeitszeit nach dem Arbeitszeitgesetz (48 Stunden/Woche) ist. Hier muss eine genaue Bezifferung der umfassten Überstunden für die Wirksamkeit der Abgeltungsklausel erfolgen, wie etwa, dass bis zu acht Überstunden pro Woche bei einer vereinbarten 40-Stunden-Woche mit dem Grundgehalt abgegolten sind.

Bonusmodelle Bonusklauseln sollten ebenfalls klar und transparent gefasst werden. Hiervon profitieren auch beide Parteien: Der Arbeitnehmer weiß genau, was er für den Zielbonus leisten muss, was seine Motivation in der Regel ebenso steigern wird wie die Vereinbarung von realistischen Zielen. Der Arbeitgeber erspart sich mögliche langwierige Bonusrechtsstreitigkeiten während oder am Ende des Arbeitsverhältnisses, die dadurch entstehen können, dass die Vereinbarung zu schwammig formuliert wurde. Die Vereinbarung von Zielen zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres räumt dem Arbeitnehmer zudem ein gewisses Mitspracherecht ein und gibt ihm das Gefühl, nicht Zielvorgaben einseitig durch den Arbeitgeber aufgezwungen zu bekommen. Jedoch sollte hierbei streng darauf geachtet werden, dass die Ziele auch tatsächlich zu Beginn 97


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Dienstfahrzeuge Ein Mittel zur Attraktivitätssteigerung kann auch das Bereitstellen eines Dienstwagens sein. Hierbei sollte sich der Arbeitgeber jedoch den Widerruf aus bestimmten Gründen vorbehalten. Soll jedoch ein Widerruf aus „wirtschaftlichen Gründen“ arbeitsvertraglich möglich sein, genügt das schlichte Abstellen auf „wirtschaftliche Gründe“ nach der jüngsten Rechtsprechung des BAG für einen sachlichen Widerrufsgrund nicht mehr. Der Arbeitgeber hat vielmehr die wirtschaftlichen Gründe zu konkretisieren, etwa durch Angabe eines bestimmten Umsatzrückgangs innerhalb eines bestimmten Bemessungszeitraums. Andernfalls hätte der Arbeitgeber jederzeit einseitig in der Hand, was er als „wirtschaftliche Gründe“ ansieht, aufgrund derer er die Herausgabe des Wagens verlangen könnte. Eine solche Regelung ist nach Ansicht des BAG intransparent und damit unwirksam mit der Folge, dass der Dienstwagen auch bei schlechter wirtschaftlicher Lage nicht herausverlangt werden kann. Auch hier geht die mangelnde Transparenz der arbeitsvertraglichen Regelung, die den Arbeitnehmer im Unklaren lässt, zu Lasten des Arbeitgebers.

Versetzungsvorbehalte Gleiches gilt für einen sogenannten Versetzungsvorbehalt, also eine Klausel, in der der Arbeitgeber sich einseitig vorbehält, den Mitarbeiter an einen anderen Arbeitsort zu versetzen. Ist ein inhaltlicher Versetzungsvorbehalt nicht wirksam formuliert und beispielsweise nicht auf „gleichwertige“ Tätigkeiten beschränkt, ist dieser nach der Rechtsprechung des BAG grundsätzlich unwirksam, weil er den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Zudem verlangt die Rechtsprechung des BAG aktuell, dass in dem Versetzungsvorbehalt ausdrücklich erwähnt wird, dass die persönlichen Belange des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt werden. Ob der Arbeitgeber im Einzelfall solche Belange tatsächlich hinreichend berücksichtigt hat, überprüfen die Gerichte objektiv im Streitfall. Auch ein örtlicher Versetzungsvorbehalt sollte im Einklang mit der Rechtsprechung verfasst werden und nicht etwa die dauerhafte Versetzung in ein anderes Konzernunternehmen vorbehalten. Der Arbeitnehmer hat sich bewusst für seinen Arbeitgeber entschieden und ihm kann nicht ohne Weiteres ein anderer Arbeitgeber als Vertragspartner aufgezwungen werden. Auch auf einen solchen weit gefassten Versetzungsvorbehalt, der Misstrauen bei jedem Arbeitnehmer erwecken dürfte – insbesondere, wenn das Unternehmen Tochterunternehmen im Ausland unterhält – kann sich der Arbeitgeber im Fall eines Rechtsstreits 98

nicht mit Erfolg berufen, so dass hiervon Abstand genommen werden sollte.

Beendigung von Arbeitsverhältnissen Da auch gekündigte Mitarbeiter bzw. solche, mit denen eine einvernehmliche Beendigungsvereinbarung abgeschlossen werden musste, Botschafter des Unternehmens bleiben, spielt auch ein professionelles und glaubwürdiges Verhalten des Unternehmens anlässlich der Beendigung eine entscheidende Rolle. Fehler im Umgang mit dem Mitarbeiter anlässlich der Beendigung sowohl in psychologischer als auch in rechtlicher Hinsicht können fatale Folgen haben. Denn die hiervon betroffenen Mitarbeiter, die gerade während der Beendigungsphase und den hierbei notwendigen Gesprächen in besonderem Maße emotionalisiert sind, achten im allgemeinen hochsensibel auf die Art des Umgangs und die Wortwahl ihnen gegenüber. Ein falscher Umgang mit ihnen hinterlässt erhebliche Schäden in Form von Reputationsschäden sowie bei den sich zumeist anschließenden Verhandlungen im Hinblick auf die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung. Von daher sind offene Gespräche anlässlich der bevorstehenden Beendigung – selbstverständlich unter Berücksichtigung der rechtlichen Notwendigkeiten – empfehlenswert, um auch auf diese Weise eine hinreichende Wertschätzung zum Ausdruck bringen zu können.

Fazit Unwirksame Arbeitsvertragsklauseln oder ein unprofessioneller Umgang mit Mitarbeitern anlässlich der Beendigung des Vertragsverhältnisses sorgen nicht nur für Missmut bei den Arbeitnehmern und damit für einen bleibenden Reputationsschaden. Sie stellen im Ergebnis den Arbeitgeber auch als einen wenig attraktiven Arbeitgeber dar. Beabsichtigen Unternehmen jedoch die Entwicklung einer starken Arbeitgebermarke, sollten sie nicht allein die Marketingabteilung mit diesem Projekt betrauen, sondern vielmehr auch die Personalabteilung mit an Bord holen, um im Projekt sicherzustellen, dass das Unternehmen auch arbeitsrechtlich modern und professionell aufgestellt wird.

Annabel Lehnen Partnerin und Fachanwältin für Arbeitsrecht im Kölner Büro der Anwaltssozietät Osborne Clarke

• Seit 2008 Partnerin und ausschließlich im Arbeitsrecht tätig • Seit 1996 als Rechtsanwältin zugelassen

Mathias Kaufmann Rechtsanwalt im Kölner Büro der Anwaltssozietät Osborne Clarke

• Seit 2008 als Rechtsanwalt zugelassen und ausschließlich im Arbeitsrecht tätig H U M A N

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Fotos: Osborne Clarke

eines jeden Geschäftsjahres vereinbart werden, da der Arbeitnehmer andernfalls wegen der unterlassenen Vereinbarung von Zielen einen Schadensersatzanspruch in Höhe des vollen Zielbonus gegen den Arbeitgeber geltend machen kann, soweit die unterbliebene Vereinbarung auf Versäumnisse des Arbeitgebers zurückzuführen ist. Zur Transparenz einer Bonusvereinbarung und gleichzeitig auch zur Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen zählt zudem die Aufnahme einer Stichtagsklausel, die im Einklang mit der Rechtsprechung zu gestalten ist.


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Der BPM – aktuell Die Mitglieder des Verbandes haben im Rahmen der ordentlichen Mitgliederversammlung im Juni 2011 beschlossen, dass es künftig möglich sein wird, förderndes Mitglied im BPM zu werden – dies gilt für all jene, die nicht hauptberuflich als Personalverantwortliche in einem Unternehmen, einer Organisation oder einem Verband tätig sind. Mit einer Fördermitgliedschaft können Unternehmen und interessierte Personen, die sich zu den Zielen des Verbandes bekennen, den BPM aktiv fördern. In einer Fördermitgliedschaft ist der Bezug des Verbandsmagazins Human Resources Manager, der Service-Publikationen sowie der Newsletter Personalszene, BPM-Brief und HR-Presseschau enthalten. Darüber hinaus haben Unternehmen, die den BPM fördern, die Möglichkeit, das BPM-Logo als Unterstützer zu nutzen. Alle weiteren Informationen zur Fördermitgliedschaft erhalten Sie unter www.bpm.de. Bei Fragen steht Ihnen zudem die Bundesgeschäftsstelle zur Seite. Sind Sie auf der Suche nach neuen Mitarbeitern? Hier hilft Ihnen die Jobbörse im BPMnet weiter. Suchen Sie einen Mitarbeiter für den Personalbereich Ihres Unternehmens oder möchten Sie sich selbst beruflich verändern? Das BPMnet bietet Ihnen die Möglichkeit, kostenfrei und unkompliziert ein Jobangebot zu erstellen oder Angebote anderer Unternehmen einzusehen. Dazu können Sie sich einfach mit Ihren Zugangsdaten im BPMnet einloggen und anschließend in der Menüleiste auf die Rubrik Jobs klicken.

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„DISTANZIERUNG VON DER STARREN QUOTE MUSS SEIN.“ Seit über einem Jahr setzt sich der BPM für einen signifikanten Anstieg des Frauenanteils im Top-Management ein. Präsidiumsmitglied Malte Hansen im Gespräch.

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m Rahmen der außerordentlichen Mitgliederversammlung am 18. September 2010 haben die Mitglieder des BPM beschlossen, dass der Verband sich zukünftig für Quotenregelungen für Frauen im Management einsetzen wird. Der Verband will sich dafür stark machen, dass der Anteil von Frauen im Top-Management signifikant gesteigert wird. Unmittelbar nach der Mitgliederversammlung wurde dazu die Arbeitsgruppe „Women up!“ gegründet, um die Beschlüsse umzusetzen und Handlungsanleitungen für die Praxis zu erarbeiten. Die Gruppe stellte den Mitgliedern ihre Ergebnisse auf der diesjährigen Mitgliederversammlung im Juni erstmalig vor. Im Interview beantwortet Malte Hansen, Mitglied der Arbeitsgruppe und des BPM-Präsidiums, einige Fragen zu den Ergebnissen und den weiteren Zielen der Gruppe. Herr Hansen, Sie haben im letzten Jahr unter anderem gemeinsam mit Ihren Präsidiumskolleginnen Dr. Ursula Schütze-Kreilkamp und Christa Stienen die Arbeitsgruppe „Women Up!“ ins Leben gerufen. Wie sah Ihre Arbeit in der Gruppe konkret aus? Eigentlich begannen die Arbeit und die inhaltliche Diskussion bereits vor dem 18. September 2010, da die Antragskommission die sehr ausführlichen und umfangreichen Diskussionsbeiträge und Anträge der Mitglieder des BPM für die Versammlung diskutierte und zusammenfasste. Die Kommission steckte somit schon tief im Thema, wur-

de jedoch durch weitere Teilnehmer auf zwölf Personen zur Arbeitsgruppe „Women up!“ ausgeweitet. Nach einer kurzen Phase der Gruppenfindung und der inhaltlichen Klarstellung über Ziele und Selbstbild der Arbeitsgruppe wurde in den Bereichen „Maßnahmen und Konzepte“ und „Quote“ gearbeitet. Der erste Bereich hatte das Ziel, den Personalmanagern einen praxisorientierten Baukasten an die Hand zu geben, um die Förderung von Frauen zielgerichtet und erfolgreich in den Organisationen umzusetzen. Der zweite Bereich hat sich mit dem quantitativen Aspekt einer Frauenquote befasst. Es wurde durchleuchtet, wie wenig nachhaltig eine starr vorgegebene Frauenquote tatsächlich ist und wie eine realistische organisations- und branchenbezogene Selbstverpflichtung aussehen kann. Schließlich hatte sich der Verband ausdrücklich gegen eine Einheitsquote und für situationsbezogene Quotenregelungen ausgesprochen. Dieser Weg ist der erfolgversprechendere und unterstützt den politischen Ansatz von Familienministerin Kristina Schröder bei der Forderung nach einer „Flexiquote“. Welches Fazit können Sie aus Ihrer Arbeit ziehen? Wir Personalmanager müssen uns stark von einer starren Einheitsquote distanzieren, dennoch unsere Hausaufgaben in der Frauenförderung zuverlässig in den Organisationen erledigen. Die Forderung nach der gesetzlichen Einheitsquote ist einfach unsachlich und wird der Realität in den Organisati-

»Die Forderung nach der gesetzlichen Quote ist unsachlich und wird der Realität nicht gerecht.«

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Fotos: www.baumannstephan.de

BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

onen absolut nicht gerecht. Insbesondere in zu erreichen. Die Frauenförderung wird 10-PUNKTE-PLAN FÜR EINE den männerdominierten Branchen wie zum eine der wesentlichen Aufgaben der ZuPRAGMATISCHE FRAUENFÖRDERUNG Beispiel der Stahl- und Automobilindustrie kunft für Personaler, ohne jedoch andere kann der Frauenanteil nicht von heute auf Interessengruppen zu vernachlässigen. 1. Allgemeine Bewusstseinsschärfung morgen verdoppelt werden. Dort wäre eine Somit wird die authentische und nach2. Vorteile für das eigene Unternehmen jährliche Erhöhung um ein bis zwei Prozent haltige Frauenförderung, ähnlich wie die 3. Aufmerksamkeit/Sensibilisierung des schon ein Riesenerfolg. Förderung von Vereinbarkeit von Beruf Top-Managements herstellen Eine solche realistische Einschätzung und Familie, ein immer wichtigeres The4. Verknüpfung mit der Unternehmenshaben wir durch die Anwendung des selbst ma unserer Personalarbeit werden. Hier und Personalstrategie herstellen entwickelten Dynamic Gender Index (DGI) werden wir als Verband einen professio5. Interne Umfeldanalyse gewonnen. Dieses Tool verschafft jeder Ornalisierenden Beitrag leisten. 6. Situationsanalyse ganisation eine realistische SituationseinWas sind die nächsten Schritte und Zie7. Die Selbstverpflichtung („Plan“) schätzung und hilft dabei, eine zielorientierle Ihrer Arbeitsgruppe? 8. Konzeptentwicklung und Zusammente Selbstverpflichtung eingehen zu können. Zunächst werden wir die Ergebnisse so stellung des Maßnahmen-Mix („Do“) Dabei berücksichtigt der Dynamic Gender aufbereiten, dass sie einer breiteren Öf9. Evaluation der Maßnahmen Index die wesentlichen Stellschrauben zur fentlichkeit zugänglich gemacht werden („Check“) Verfolgung dieser Selbstverpflichtung, die können. Dies geschieht mit dem Ziel, 10. Anpassung der Maßnahmen Fluktuation und den Anteil von Frauen bei eine möglichst große und weite Anwen(„Act“) (Wieder-)Einstellungen. Der Frauenanteil derschaft unter den Personalmanagern kann sich nur schnell nach oben entwickeln, zu erreichen. Insbesondere aus der AnDen vollständigen Plan sowie weitere wenn beide Stellschrauben entsprechend wenderschaft erhoffen wir uns in der Dokumente mit Handlungsanleitungen hoch ausfallen in einem zukünftig betrachnächsten Zeit viele und regelmäßige zur Frauenförderung finden Sie unter: teten Zeitraum. Ist dies der gegenteilige Fall, Rückmeldungen zur Weiterentwicklung www.bpm.de so ist der Zeitraum für die Erreichung eines des Dynamic Gender Index und seiner hohen Frauenanteils entsprechend langpraktischen Anwendung. fristig zu wählen. Denn ich glaube nicht daran, dass OrganiDiese Ergebnisse gilt es im Zeitverlauf regelmäßig mit der sationen gezielt Männer entlassen, um Frauen einzustellen, Politik zu diskutieren. Bereits am Beispiel der Vereinbarkeit oder dass Organisationen fast zu 100 Prozent Frauen intern von Beruf und Familie haben wir eindrucksvoll gesehen, dass befördern, um eine (unrealistische) Quote zu erreichen, und Politik und Wirtschaft sehr wohl an einem Strang ziehen damit Männer diskriminieren. Die glaubhafte Umsetzung von können. Diese Art der erfolgreichen Kooperation werden wir geeigneten Maßnahmen und Konzepten werden jedoch un(hoffentlich) im Anwendungsfeld der Frauenförderung bald verzichtbar sein, um organisationsindividuelle Zielsetzungen wiederholen können. O K T O B E R / N O V E M B E R

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NACHGEFRAGT Mit der Rubrik „Nachgefragt“ stellt der Verband zu aktuellen Themen des Human Resources Managements ein Meinungsbild der BPM-Mitglieder vor. Passend zum Titelthema äußern sieben Mitglieder ihre Ansichten zum Thema Change Management und liefern Handlungsempfehlungen und Anregungen, wie zukünftig mit dem Themenfeld umgegangen werden sollte.

»HR-Manager können und müssen auch Manager von Veränderungsprozessen sein. In der IG Metall haben wir einen umfassenden Reorganisationsprozess durchgeführt. Dieser war beim Bereich Personal und Organisation verankert. Die Herausforderung: Die IG Metall verfügt neben 2.600 Beschäftigten noch über 2,25 Millionen Mitglieder und 100.000 Funktionäre. Der demokratische Aufbau bedeutet für die Führung, dass es nur mit Strukturveränderung nicht getan ist. Gewählte Führungskräfte müssen beteiligt und gleichzeitig geführt werden. Eine Herausforderung für die HR-Arbeit, auf die wir mit verstärkter Führungskräfteentwicklung, Führungskräftenachwuchsprogrammen und „Führen mit Zielen“ reagieren. « Rainer Gröbel, Bereichsleiter Funktionsbereich Organisation und Personal, IG Metall

Inwieweit können und heutzutage auch Change »Unternehmen müssen sich ständig an Veränderungen ihrer Umwelt anpassen, um langfristig erfolgreich am Markt bestehen zu können. Die Globalisierung der Märkte, der technische Fortschritt und das Internet, die Veränderung der Geschlechterrollen, die Erwartungen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine Balance zwischen beruflichen und privaten Bedürfnissen herzustellen oder der demografische Wandel, der für einen Mangel an Fachkräften in vielen Branchen mitverantwortlich ist, um nur einige Punkte zu nennen. Ein Personalmanagement, das Veränderungen im Unternehmen nicht begleitet, unterstützt und initiiert, ist heute nicht mehr „marktfähig“. Gefragt sind längst nicht mehr Verwalter, sondern Gestalter.« Dirk Drewello, Bereichsleiter Personal/Organisation/Allgemeine Verwaltung, Kursana Residenzen GmbH Wohnstift Betriebsgesellschaft Fotos: Privat

»HR-Manager sind ein wichtiger Business Partner in Veränderungsprojekten. Ziel ist es, Mitarbeiter, die sich in einem Veränderungsprozess befinden, vom Betroffenen über den Beteiligten zum Befürworter zu entwickeln. Führungskräfte müssen dabei sowohl in strategischen Fragestellungen als auch in der operativen Umsetzung von Projekten von HR begleitet werden. Dabei geht es um Fragen der Prozessplanung, der richtigen Kommunikation mit den Mitarbeitern, eventuelle Konfliktlösungen und die Evalutation von Projekten. Zusammen mit der Organisationsentwicklung werden bei Schaeffler HR-Manager in Veränderungsprojekte aktiv eingebunden. Sie unterstützen mit bewährten Methoden und Instrumenten Projektmanager und werden dadurch selbst zum Change Manager.« Oliver Rother, Leiter Personal, Schaeffler Technologies GmbH & Co. KG

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»Unabhängig von den unternehmensindividuellen Anforderungen an Change Management gehören Veränderungsprozesse mittlerweile zum Geschäftsalltag. Unbedingt sollten daher HR-Manager über Kenntnisse im Change Management verfügen. Sind sie es doch, bei denen durch die intensive Arbeit mit Führungskräften und Mitarbeitern, als Betroffene oder Beteiligte, die ersten subtilen Anzeichen kritischer Hindernisse im Change-Prozess sichtbar werden, beispielsweise Widerstände. So ist ein HR-Manager mit ChangeKompetenz in seiner Schlüsselposition wichtiger Treiber, Mitgestalter und Botschafter der Veränderung. Aber als „Frühwarnsystem“ mit verkürzten Reaktionszeiten möglicher Interventionen ist er entscheidender Erfolgshebel.« Laura M. Lang, Referentin Change Management /Personalentwicklung, Deutsche Telekom Technischer Service GmbH

»In unserem international aufgestellten Unternehmen mit 16 dezentral agierenden Business Units (BU) verfolgen wir eine ehrgeizige Wachstumsstrategie. Unsere BU CEOs haben entsprechende lokale wachstumsorientierte Projekte entwickelt, die ein umfassendes Veränderungsmanagement in allen Bereichen erfordern. Ich sehe die verantwortlichen HR-Manager in der Rolle, diese Veränderungsprozesse nicht nur als Change Agent zu unterstützen und zu koordinieren, sondern die Führung dieser Veränderungsprozesse gemeinsam mit dem CEO in die Hand zu nehmen. Hier können wirklich am Geschäft ausgerichtete HRLeader nachvollziehbar einen Mehrwert schaffen. Inwieweit HRManager Change Manager sein müssen, hängt vom Umfeld ab, in dem sie tätig sind und vom Rollenverständnis im Führungsteam. Inwieweit sie es können (und vielleicht auch wollen), ist eine andere Frage. In unserem Unternehmen sind die HR-Manager als Change Manager gefordert. Im Rahmen eines HR-ExcellenceProzesses arbeiten wir daran, diesem Anspruch durchgängig gerecht zu werden.« Sabine Herzberg, Vice President Group HR and Organisation, MONIER Group GmbH

Fotos: Privat; Monier Group GmbH; Privat; Sparkasse Elmshorn

müssen HR-Manager Manager sein? »Kommunikation mit den Mitarbeitern und das ständige Monitoring des gesamten Veränderungsprozesses sind das A und O für einen gelungenen Change. Gerade in einer (Arbeits-) Welt, die permanent neue Anforderungen an Unternehmen und somit an die Mitarbeiter stellt, ist es absolut wichtig, Angst und das Gefühl von Überforderung ernst zu nehmen und ihnen entgegenzutreten. Dazu gehören gut aufbereitete und ausführliche Informationen ebenso, wie die Offenheit für das Feedback seitens der Mitarbeiter. Das ist Aufgabe jeder Führungskraft, unabhängig vom Titel, also auch von einem HR-Manager. Mir stellt sich eher die Frage, ob der Begriff „Manager“ heutzutage noch der richtige ist.« Silvia Bialy, HR-Manager, Pronovit AG

»Um im Markt dauerhaft erfolgreich zu sein, ist es erforderlich, in wirtschaftlich guten Zeiten die notwendigen Veränderungen für eine ebenso erfolgreiche Zukunft einzuleiten. Hierbei kommt uns HR-Managern eine besondere Verantwortung zu. Zum einen müssen wir den steigenden Kommunikationsbedarf (Geschäftsleitung, Betriebsrat, Führungskräfte und Mitarbeiter) effektiv koordinieren und unterstützen. Zum anderen selber bei der Gestaltung von Veränderungsprozessen mitwirken. Dies ist manchmal kein leichtes Unterfangen. Aus meiner Erfahrung heraus kann ich jedem Personaler empfehlen, sich frühzeitig und intensiv im Prozess der Veränderung zu engagieren, denn hier werden die Weichen für die Zukunft des Unternehmens und seiner Mitarbeiter gestellt.« Sascha Schäfer, Abteilungsleiter Personalmanagment, Sparkasse Elmshorn

TEILEN SIE UNS IHRE MEINUNG MIT Wenn auch Sie in einer der kommenden Ausgaben des Human Resources Managers mit Ihrer Meinung zu einem für das Personalwesen relevanten Thema vertreten sein möchten, freuen wir uns über Ihre Einsendungen und Vorschläge an info@bpm.de.

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NEUE NETZWERKPLATTFORMEN Die Regionalgruppen bieten den Mitgliedern weitere Möglichkeiten zum Networken: neben Nordrhein-Westfalen gründet der Verband nun auch in Hessen/Rheinland-Pfalz/ Saarland und Bayern neue Stammtische.

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Nächste Stammtisch-Termine im Überblick: 07.11.2011 Stammtisch-Treffen Dortmund Ort: Cuno-Forum, Wetterstraße 111, 58313 Herdecke 22.11.2011 Stammtisch-Treffen Bonn Ort: Schloss Eulenbroich, Zum Eulenbroicher Auel 19, 51503 Rösrath 24.11.2011 Stammtisch-Treffen Hamburg Ort: Restaurant Trude, Maurienstraße 13-15, 22305 Hamburg - Barmbek 01.12.2011 Stammtisch-Treffen Düsseldorf Ort: Restaurant zur Uel, Ratinger Straße 16, 40213 Düsseldorf

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Fotos: Stephan Baumann

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usätzlich zu den bereits etablierten Stammtischen der Regionalgruppen Bremen/Niedersachsen, Hamburg/ Schleswig-Holstein/Mecklenburg-Vorpommern und Berlin/Brandenburg folgt nun Nordrhein-Westfalen mit der Gründung von sieben weiteren Stammtischen. Mitglieder werden zukünftig an den Standorten Köln, Düsseldorf, Dortmund, Münster, Essen, Bonn und Bielefeld die Gelegenheit haben, sich zu einem lockeren Austausch in ungezwungener Atmosphäre zu treffen. Dabei stehen aktuelle Themen aus dem HR-Bereich natürlich im Vordergrund – die Stammtische laden die Teilnehmer darüber hinaus auch dazu ein, sich zu allen Themen auszutauschen, die sie gerade bewegen. Den Anfang in der Regionalgruppe NRW machte im August der Stammtisch in Münster, der am 6. Oktober bereits zum zweiten Mal veranstaltet wurde. Auch die Stammtische in Köln, Düsseldorf und Dortmund hatten bereits Premiere. In Düsseldorf wird zukünftig an jedem ersten Donnerstag alle zwei Monate ein Stammtisch-Treffen stattfinden. Der Stammtisch in Dortmund wird bei jedem Treffen unter einem anderen Motto stehen. Während des nächsten Treffens, das für den 7. November geplant ist, diskutieren die Teilnehmer Strukturen von und Workflow in Personalabteilungen und tauschen dabei ihre Erfahrungen aus. Der

Stammtisch wird zu Beginn eines jeden zweiten Monats stattfinden. Im BPMnet wurde für jeden Stammtisch eine eigene Gruppe erstellt. BPM-Mitglieder, die über die Stammtisch-Treffen in NordrheinWestfalen informiert werden möchten, sind herzlich eingeladen, den jeweiligen Gruppen beizutreten. Alle Mitglieder dieser Gruppen erhalten rechtzeitig vor den Veranstaltungen eine Einladung und können sich über den Terminbereich auf der Website und im BPMnet kostenfrei zu den aktuellen Treffen anmelden. Auch die Regionalgruppen Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland und Bayern möchten an diversen Orten in der Region Stammtische ins Leben rufen. Zeitnah werden in den Städten Frankfurt am Main, Darmstadt und Mainz Stammtische eingerichtet. Die Mitglieder der Regionalgruppe werden zu den ersten Terminen durch Dr. Frank Kreuzer, dem Regionalgruppenleiter, rechtzeitig informiert. In der Regionalgruppe Bayern wird während des nächsten Regionalgruppentreffens über die Standorte der Stammtische entschieden. Auch hier erhalten die Mitglieder eine Benachrichtigung des Regionalgruppenleiters Norbert Dronsz.


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GET TOGETHER IN DEN REGIONALGRUPPEN Themenvielfalt boten die Treffen den Verbandsmitgliedern in Hannover, Essen und Eilenburg im September: Gesundheitsmanagement, Personalmarketing und die Generation Y sowie Talent Management im Mittelstand waren Gegenstand der Diskussionen. RÜCKBLICK REGIONALGRUPPENTREFFEN

RÜCKBLICK REGIONALGRUPPENTREFFEN

Gesundheitsmanagement und seine Facetten – vom freiwilligen Gesundheitscheck über das Betriebliche Eingliederungsmanagement bis zur Durchführung von Gesundheitsberichten – war das Thema beim Regionalgruppentreffen am 13. September bei der Birkenhof Altenhilfe gGmbH in Hannover. Heidi Sagemann, Personalreferentin bei der EWE Tel GmbH, lieferte zunächst einen Einblick in diverse Projekte ihres Unternehmens. Die Teilnehmer führten das Thema Gesundheitsmanagement und seine Bedeutung für das Personalwesen in der Diskussion weiter aus und lieferten ergänzende Beispiele zu der Thematik aus ihrer beruflichen Praxis.

Was bewegt die Generation Y? Wie kommuniziert diese Alterskohorte untereinander und mit ihrer Umwelt? Diese und andere Fragen beantwortete Prof. Dr. Anja Seng, die an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management lehrt, den Teilnehmern während des Regionalgruppentreffens am 15. September in Essen bei der WAZ Mediengruppe. Neben einigen Trends im Personalmarketing machte Prof. Dr. Seng darauf aufmerksam, dass vor allem die Work-Life-Balance für die jungen Arbeitnehmer immer stärker an Bedeutung gewinnt, viele Unternehmen dies allerdings noch nicht in der nötigen Bandbreite umsetzen.

Bremen/Niedersachsen

Nordrhein-Westfalen

RÜCKBLICK REGIONALGRUPPENTREFFEN

Fotos: Stephan Baumann; Thomas Kuntze; BPM

Sachsen/Sachsen-Anhalt/Thüringen Sandra Wallmann, Beraterin der Personalberatung von Rundstedt & Partner GmbH hat den Teilnehmern des Regionalgruppentreffens am 21. September in Eilenburg das Thema Talent Management im Mittelstand näher gebracht. Dabei ist sie insbesondere auf die Globalisierung und die damit einhergehende Dynamik der Gesellschaft sowie den Demografischen Wandel eingegangen. Um den Teilnehmern Lösungsansätze an die Hand zu geben, erläuterte sie zudem das Verfahren der Management Diagnostik, das für die Identifikation und die Auswahl von Talenten empfehlenswert ist. Einen weiteren Schwerpunkt ihres Vortrages bildeten Hinweise zur Mitarbeiterbindung. O K T O B E R / N O V E M B E R

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BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

BPM-TERMINE IM HERBST In den BPM-Regionalgruppen bietet der Verband den Mitgliedern in regelmäßigen Veranstaltungen ein Forum, um ihr Wissen und ihre Erfahrung direkt ins Verbandsleben einzubringen. In sieben Regionalgruppen sind für die Monate Oktober und November Treffen geplant.

REGIONALGRUPPE BREMEN/NIEDERSACHSEN Thema: E-Recruiting Zeit: 8. November 2011 ab 18:00 Uhr Ort: NORDMILCH GmbH, Bremen Durch das Web 2.0 hat sich unsere Gesellschaft bereits nach kurzer Zeit in bestimmten Bereichen verändert. Auch die Rekrutierungsmaßnahmen haben sich gewandelt und erweitert. Thema der Veranstaltung ist daher, inwieweit das E-Recruiting die Personalarbeit verändert – dabei werden auch mögliche Probleme und Gefahren nicht außer Acht gelassen. REGIONALGRUPPE HESSEN/RHEINLAND-PFALZ/SAARLAND Thema: Unterstützung des Demografiemanagements durch Belegschaftsgeschäftversicherungen Zeit: 24. November 2011 ab 18:00 Uhr Ort: pentahotel, Wiesbaden Klaus P. Wolter, der als Leiter des Geschäftsbereiches Belegschaftsmakler bei der Albatros GmbH tätig ist, zeigt den Teilnehmern am 24. November in Wiesbaden, wie das Demografiemanagement durch Belegschaftsgeschäftsversicherungen unterstützt und optimiert werden kann. REGIONALGRUPPE NORDRHEIN-WESTFALEN Thema: Employer Branding Zeit: 10. November 2011 ab 18:00 Uhr Ort: Franz Haniel Akademie, Duisburg Das letzte Mal im Jahr 2011 kommt die Regionalgruppe NRW am 10. November in Duisburg zusammen. Gastgeber ist die CWS-boco International GmbH, die alle Mitglieder in die Räumlichkeiten der Franz Haniel Akademie einlädt. Während des Treffens tauschen sich die Mitglieder zum Thema Employer Branding aus. REGIONALGRUPPE HAMBURG/SCHLESWIG-HOLSTEIN/ MECKLENBURG-VORPOMMERN Thema: Niemand ist vollkommen – ein Team kann es sein Zeit: 10. November 2011 ab 15:00 Uhr Ort: Consensa Projektberatung GmbH & Co. KG, Hamburg Schon das Sprichwort sagt „gleich und gleich gesellt sich gern“. Aber hilft dies auch tatsächlich in den täglichen Aufgabenstellungen weiter? Ausgehend von den Grundüberlegungen des Psychiaters Carl Gustav Jung zu den unterschiedlichen Vorlieben der Menschen, werden die Teilnehmer während des Treffens, das dieses Mal als Workshop gestaltet wird, unter anderem ein besseres 106

Verständnis füreinander entwickeln und die Grundlagen des typgerechten Umgangs kennenlernen. Zudem werden den Teilnehmern während des Workshops die Grundlagen für funktionierende Teams erläutert. REGIONALGRUPPE BAYERN Thema: Optimierung des Personalwesens durch ein neues Führungswerkzeug für Führungskräfte Zeit: 17. November 2011 ab 16:00 Uhr Ort: Mercure Hotel Orbis München Perlach Führung ist ein hochkomplexes Informationsproblem: Zielorientierung beibehalten, effiziente Kapazitätsplanung, motivierende Arbeitsverteilung im Team, wirkungsvolle Weiterbildung, kooperative Führung, um nur einige der Aufgaben zu nennen. Dr. Wolfgang Schröder wird den Teilnehmern zu der Thematik im Rahmen eines Impulsvortrages sein eigens entwickeltes Führungswerkzeug vorstellen. REGIONALGRUPPE BERLIN/BRANDENBURG Thema: Employer Branding Zeit: 30. November 2011 ab 18:30 Uhr Ort: n.n., Berlin Employer Branding gewinnt immer mehr an Bedeutung und beginnt bei der Mitarbeitergewinnung – hört jedoch längst nicht mehr bei der Bindung auf. Monika Maria Lehmann ist Leiterin Corporate Communications bei der CB.e Clausecker | Bingel. Ereignisse AG und zeigt während der Veranstaltung zu der Thematik eine aktuelle Situation aus der Arbeitswelt auf. REGIONALGRUPPE SACHSEN/SACHSEN-ANHALT/THÜRINGEN Thema: Social Media Zeit: 7. Dezember 2011 ab 15:00 Uhr Ort: Victor’s Residenz-Hotel, Leipzig Im Mittelpunkt des letzten Regionalgruppentreffens in diesem Jahr wird das Thema „Social Media“ stehen. Neben einem Impulsvortrag steht der Austausch der Teilnehmer und ihre Erfahrungen, die sie in der Praxis zu dem Thema sammeln konnten, im Vordergrund der Veranstaltung. Weitere Informationen zu diesen Terminen finden Sie unter: www. bpm.de/termine/regionalgruppen

H U M A N

R E S O U R C E S

M A N A G E R


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AUSBAU DER BPM COACHING DAYS

Fotos: Jochen Keute/ Tourismus+Congress GmbH Frankfurt am Main; www.wikimedia.org/times; Jesse Benjamin; www.flickr.com; Pvrivat (7); www.flickr.com; www.wikimedia.org; www.dreamstime.com; Archiv; Privat

Die Veranstaltungsreihe wird weiter ausgedehnt: Zusätzlich zu den bisherigen Standorten finden jetzt unter anderem auch in Göttingen, Dortmund und Bielefeld Workshop-Veranstaltungen statt. Hier finden Sie eine Übersicht zu den nächsten Terminen. 18.10.2011 FRANKFURT AM MAIN

20.10.2011 GÖTTINGEN

20.10.2011 BERLIN

26.10.2011 MÜNCHEN

Präsentismus-AbsentismusManagement – ein praxisorientierter Ansatz

Mitarbeiter-MehrwertProgramm

Schlechtleistung im Arbeitsverhältnis

Aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung im Arbeitsrecht

REFERENTEN:

REFERENTINNEN:

Ernst Fissler Geschäftsführer, HDP Dr. Regina Krause verantwortlich für Schulung und Gesundheitsberatung, HDP Sascha Knospe Leiter Programmentwicklung, HDP

Caren Brockmann Partnerin CORPORATE PENSION PARTNER CPP GmbH Birte Hack Key Account Managerin CORPORATE PENSION PARTNER CPP GmbH

REFERENTIN:

REFERENTIN:

Anne Kleffmann Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK

Astrid Reich Rechtsanwältin und Fachanwältin für Arbeitsrecht HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK

17.11.2011 DÜSSELDORF

DEZEMBER 2011 BIELEFELD

8.12.2011 DORTMUND

14.12.2011 BERLIN

„Will er nicht oder kann er nicht?“ – Rechtsfragen zum Umgang mit leistungsschwachen Mitarbeitern

Moderne Mitarbeiterbefragungen

Eignungsdiagnostik im Personalmanagement

Betriebliches Eingliederungsmanagement

REFERENT:

Dr. Markus Kappenhagen Partner Baker & McKenzie

O K T O B E R / N O V E M B E R

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REFERENT:

REFERENTEN:

Christian Dicke Head of Marketing & Sales Interrogare GmbH

Stefanie Kutsch Personalberaterin PEAG Personalentwicklungs- und Arbeitsmarktagentur GmbH Christina Schaaf Personalberaterin PEAG GmbH

REFERENT:

Dr. Alexander Raif Fachanwalt für Arbeitsrecht WEITNAUER Rechtsanwälte | Wirtschaftsprüfer | Steuerberater

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BUNDESVERBAND DER PERSONALMANAGER

Der BPM begrüßt weitere Personalmanager im Verband

NEUMITGLIEDER Knapp 2.800 Mitglieder zählt der BPM mittlerweile. Einige der Neumitglieder stellen wir an dieser Stelle namentlich vor. Christian Ahle, Personalleiter, Kühne + Nagel (AG & Co.) KG Thomas Becker, Leiter Talent Development, Daimler AG Nicole Binkowski, Personalreferentin, Eggers & Franke GmbH Nadine Cunäus, Personalmanager, Carl Zeiss SMT AG Miriam Dittert, Leiterin Personal, Mediengruppe Oberfranken Ute Dreher, Geschäftsführerin, Deutsche Edelstahlwerke Karrierewerkstatt GmbH Hannelore Drüke, Sachbearbeitung HR Competence Center, HEAG Südhessische Energie AG Torben El-Eslambouly, HR Business Partner, HEAG Südhessische Energie AG Jürgen Ernst, Bereichsleiter Personal, Energieversor-

»Personalarbeit wird sich in den nächsten Jahren weiter wandeln. Auf der einen Seite wandeln sich Rollen, Aufgaben, Strukturen im Unternehmen und damit auch in HR, auf der anderen muss zunehmend individuellen Bedürfnissen und Erwartungen von Beschäftigten und Bewerbern Rechnung getragen werden. Das erfordert permanente Anpassungsund Erneuerungsbereitschaft, klare Strukturen und Prozesse sowie vernetztes Denken und Handeln. Vom BPM wünsche ich mir, dass er den Rahmen für einen breiten regionalen und überregionalen Austausch schafft und inhaltliche Diskussionen über ausgewogenen Input aus Theorie und Praxis anstößt. « Marina Münch, Leitung Personalcontrolling, Stadtwerke München GmbH

gung Mittelrhein GmbH Michael Fink, Geschäftsbereichsleiter Pesonal, EDEKA Handelsgesellschaft Nord mbH Marco Gasch, Personalreferent, Euroweb Internet GmbH Mareike Gieseking, Personalreferentin HR Competence Center, HEAG Südhessische Energie AG Claudia Gundermann, Personalleiterin, Sparkasse Bremerhaven Sabine Hauschild, Leiter HR Business-Partner, Delta Lloyd Lebensversicherung AG Simone Hawlisch, HR Director Learning & Development EMEA, PAREXEL International GmbH Franziska Heidenreich, HR Manager Germany & Austria, Interoute Germany GmbH

ENTWICKLUNG DER MITGLIEDERZAHL 3000

MITGLIEDERANTEIL

weiblich 49% männlich 51%

2500

2000

1500

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2009

Foto: Privat

1000

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Fotos: Privat

Michaela Hellmann, HR Manager, HSH Nordbank AG Stefan Hemmert, Personalleiter, DB Netz AG Antje Henning, Fachbereichsleiterin Personal, Deutsche Kreditbank AG Roland Hertwig, Director Human Resources, LEO Pharma GmbH Frederic Hivy, Personalreferent, Spiele Max AG Dennis Hoffmann, Referent Human Resources, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK Hans-Peter Hofmann, Leiter Personal und Recht, Stiftung “Medien in der Bildung” Dirk van den Hurk, Personalleiter, Carrier Kältetechnik Deutschland GmbH Michael Janinhoff, Personalmanager/Projektleiter HR-Ressourcemanagement, E.ON New Build & Technology GmbH Iris Kilian, Leiterin Personal, Bundesvereinigung Logistik e.V. Simone Klumpen, Referentin HR Global/Führungskräfte, ThyssenKrupp Nirosta GmbH Hans-Werner Krohn, Vice President Human Resources

and Corporate Communications, Havi Global Logistics GmbH Konrad Kudela, Personalbetreuer, EWR GmbH Ariane Kühn, HR Manager/Head of Human Resources, generic.de software technologies AG Stephan Kunze, Manager Legal Department, Smurfit Kappa Deutschland GmbH Andreas Claudius Kurtenbach, Geschäftsführer, Eugen Block Holding GmbH&Co.KG Joachim Landow, Direktor Organisation und Personalwesen, Hanseatic Bank GmbH & Co KG Oliver Leick, Director Business Administration, Epson Deutschland GmbH Sigrid Leitzmann, Head of CoE Compensation & Benefits, Drägerwerk AG & Co.KGaA Frank Löffler, HR Manager, ReachLocal GmbH Reinhardt Lüger, Leiter Aus- und Weiterbildung/ Prokurist, Central Krankenversicherung AG Beate Maak, Head of HR, Coutinho & Ferrostaal GmbH & Co. KG Dieter Monka, Head of Human Resources, Diehl

»Das Personalgeschäft hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Von der reinen Verwaltung hin zum Berater und Business Partner nimmt der HRBereich zunehmend strategische Aufgaben wahr. Die Vernetzung innerhalb der HR-Community hat an Bedeutung deutlich zugenommen, der Bundesverband der Personalmanager bietet dafür die geeignete Plattform.« Michael Fink, Geschäftsbereichsleiter Personal, EDEKA Handelsgesellschaft Nord mbH

Defence Holding GmbH Marina Münch, Leiterin Personalcontrolling, Stadtwerke München GmbH Thomas Münstermann, Personalleiter, Kreissparkasse Groß-Gerau Carola Münzing, HR Specialist Recruiting, TDS Informationstechnologie AG Annett Petzke, Personalreferentin, Neofonie GmbH Dr. Volker Pöpel, Personalleiter Vertrieb und Grundsatzfragen, Thomas Cook AG Peter Rausch, Direktor Personalmanagement,

»Berufliche Qualifizierung, Maßnahmen gegen den drohenden Fachkräftemangel, Verbesserung der Kommunikation – diese Themen beschäftigen den Wirtschaftsbereich Logistik. Als Leiterin Personal der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V., der größten Logistik-Organisation in Deutschland, freue ich mich auf den professionellen Austausch mit den Kollegen aus anderen Branchen – und von BPM zu BVL. « Iris Kilian, Leiterin Personal, Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. O K T O B E R / N O V E M B E R

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Volksbank Mittelhessen eG Andrea Reinecke, Personalleiterin, Bayer MaterialScience AG Claudia Rickert, Personalreferentin, ZF Friedrichshafen AG Marion Schneider, Sachbearbeitung HR Competence Center, HEAG Südhessische Energie AG Nicole Schneider, HR Business Partner, Abbott GmbH & Co. KG Judith Schroeter, Personalleiterin, Federal-Mogul Nürnberg GmbH Michelle Schubert, Recruiter & Personalassistentin, SyroCon Consulting GmbH Judith Schumacher, Referentin Human Resources, HEUKING KÜHN LÜER WOJTEK Sandra Schumacher, Standortpersonalleiterin HRBP, Airbus Operations GmbH/Buxtehude Susanne Segna, Head of Global Talent Acquisition, OSRAM AG Anja Seidel, Gruppenleiterin Personalmanagement/Personalentwicklung, Deutsche Apotheker- und Ärztebank eG Dr. Markus Staab, Teamleiter Personalmanagement und -recht, LfA Förderbank Bayern

Miriam Stein, Personalleitung, ACE European Group Limited Katrin Strohbach, Leiterin Personalentwicklung, Gruner + Jahr AG & Co. KG Olaf Thielemann, Personalreferent, MEAG Munich ERGO AssetManagement GmbH Sarah Voß, Personalreferentin Aus- und Weiterbildung, Nehlsen GmbH & Co. KG Angela Wagner, HR Business Partner,HEAG Südhessische Energie AG Hendrik Walker, Human Resources Manager Germany, Fruit of the Loom International GmbH Jens Walther, Leiter Personalentwicklung/Ausbildungssteuerung, HEAG Südhessische Energie AG Katja Wilhelm, Senior Recruiter, Amazon Brigitte Wilhelm-Nienaber, Personalreferentin, Sartorius Corporate Administration GmbH Monika Wolter, Head of Human Resources, INTERNETONE AG Heiko Zach, stv. Leiter Personalbetreuung Energie/ Verwaltung, BayWa AG Christian Werner, Head of Strategic Workforce Planning, Allianz SE 109


FRAGEBOGEN Folge 6: Jürgen Holeksa, Personalvorstand ZF Friedrichshafen AG

Jürgen Holeksa Mitglied des Vorstands der ZF Friedrichshafen AG

An meinem Beruf fasziniert mich… die Vielfalt der Möglichkeiten und Begegnungen mit unterschiedlichen Menschen in unterschiedlichen Ländern und aus unterschiedlichen Kulturkreisen. Die Zukunft des Automobils wird… maßgeblich davon abhängen, ob wir und andere Unternehmen mit klugen Köpfen und engagierten Mitarbeitern individuelle Mobilität mit nachhaltigem Ressourceneinsatz verbinden können. ZF Friedrichshafen ist ein guter Arbeitgeber, denn… die Kombination von Technologieführerschaft und globaler Präsenz mit einer starken Mitarbeiterorientierung spornt uns alle an. Wenn ich nicht Manager geworden wäre, hätte ich mir auch vorstellen können… Tierarzt zu werden. ...ist ein HR-Thema, dem bislang noch zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Personalentwicklung für HR-Mitarbeiter ...finde ich Entspannung. Im Kreise meiner Familie 110

Wenn ich an meine ersten Berufsjahre denke, … denke ich auch an Vorgesetzte und Kollegen, von denen ich persönlich viel gelernt habe. Ein guter HR-Manager zu sein, heißt… als verlässlicher Partner die unterschiedlichen Interessen von Mitarbeitern und Unternehmen in Einklang zu bringen. Eines der inspirierendsten Bücher ist für mich… die Schilderung von Ernest Shackletons gescheiterter Südpol-Expedition, auch wenn es eine eher populär wissenschaftliche Schilderung zum Thema „Führen in der Krise“ ist. ...haben für mich einen ganz besonderen Wert. Bescheidenheit und Zufriedenheit Arbeit bedeutet mir… sehr viel, aber nicht alles. Die Beziehung zwischen Autoherstellern und Zulieferern… ist stets spannend und nicht immer konfliktfrei, aber in aller Regel partnerschaftlich und fair. Ein Hauptcharakterzug von mir ist wohl… die Fähigkeit zuhören zu können.

Es ist eines der größten Abenteuer, das Jürgen Holeksa beeindruckt: Im August 1914 stechen Ernest Shackleton und seine Mannschaft auf der „Endurance“ in See, um als erste Menschen die Antarktis zu durchqueren. Das Schiff wird aber kurz vor dem Ziel vom Eis eingeschlossen. Daraufhin beginnt eine unvergleichliche Rettungsaktion.

H U M A N

R E S O U R C E S

M A N A G E R

Foto: ZF Friedrichshafen

Friedrichshafen ist nicht München, aber… landschaftlich mit See und Bergen direkt vor der Haustür herausragend schön.

Wenn er heute kein Manager wäre, hätte Jürgen Holeksa sich auch vorstellen können, Tierarzt zu werden. Vielleicht auch Offizier bei der Bundeswehr? Zumindest war der heute 46-Jährige als junger Mann vier Jahre beim Truppenvermessungsdienst der Bundeswehr tätig. Danach begann sein Berufseinstieg in der Personalverwaltung der Thyssen AG. Seit diesem Jahr ist Holeksa Personalvorstand und Arbeitsdirektor der ZF Friedrichshafen AG, einem der weltweit führenden Automobilzulieferer in der Antriebs- und Fahrwerktechnik. Der Konzern hat etwa 70.000 Mitarbeiter. Er wechselte als Personalleiter der Behr-Gruppe zu ZF Friedrichshafen.


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