Magazin ZWEI VON DREI

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Spielzeit

2016 /17

zwei von drei Das Magazin des Schauspiel KĂśln


Auf der Suche nach dem besonderen Erlebnis?

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Foto Thomas Aurin

Theater schenken !


Liebes Publikum, traditionellerweise präsentiert ein Stadttheater seinen Spielplan im vorangehenden Frühjahr mit einem meist ziemlich dicken Spielzeitheft. Wenn die Saison dann läuft, liegt es meist schon irgendwo unter einem Stapel alter Magazine vergraben. Deswegen haben wir es in drei Teile aufgeteilt, die wir über das Jahr verteilt herausbringen. Sie halten Teil ZWEI in den Händen, mit exklusiven Interviews, mit Bildstrecken und vielen Hintergrundinformationen zu den anstehenden Premieren: zu Goethes FAUST zum Beispiel, zu Tschechows IWANOW oder zu Bölls ANSICHTEN EINES CLOWNS. Wir wollen Sie mit unserem Magazin aktueller informieren und Ihnen Lust machen, uns noch öfter zu besuchen als Sie es ohnehin schon tun. Und Sie wissen ja, für das Theater gilt im Gegensatz zu den meisten anderen Künsten: verpasst ist verpasst! Wir können unsere Aufführungen weder an eine weiße Wand hängen, noch auf eine schwarze Scheibe pressen. Sie, liebes Publikum, sind das einzige Archiv, in dem unsere Kunst aufgehoben ist. In Ihrer Erinnerung bleibt sie lebendig. Oder anders gesagt: Theater findet nicht im Netz statt, sondern vor Ort und im Moment. Es ist live! Und wenn Sie es nicht erlebt haben, fehlt Ihnen vielleicht genau das Erlebnis, das Sie zum Augenblicke sagen lässt: »Verweile doch! Du bist so schön!« Dabei ist es ja gar nicht so einfach, bei uns etwas zu verpassen, denn wir halten unsere Stücke zum Teil über Monate im Spielplan. Da tauchen dann auch ein paar Stücke wieder auf, die Sie vielleicht aus Versehen in der letzten Spielzeit verpasst haben: EIN VOLKSFEIND von Ibsen zum Beispiel, CYRANO DE BERGERAC von Rostand oder GESCHICHTEN AUS DEM WIENER WALD von Horváth. Für das Theater gilt, was immer gilt: Kennerschaft erhöht den Genuss. Kennerschaft erwerben Sie sich am besten dadurch, dass Sie einfach öfter kommen. Dieses Heft soll Sie dazu verführen. Herzlich, Ihr Stefan Bachmann Intendant Schauspiel Köln

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inhalt 04 | Der Spielplan 2016/17 Der gesamte Spielplan der Saison im aktualisierten Überblick.

20 | Rückkehr zum Offenbachplatz

06 | Die nächsten 7 von 21 Inhalte, Teams und Daten – alle Informationen zu den Premieren der kommenden Monate.

Das ganze Theater am Offenbachplatz ist eine Baustelle. Das ganze Theater? Nein! In einen Teil der Baustelle ist das Theater zurückgekehrt. Und wie!

10 | In welcher Stadt wollen wir leben? Das Schauspiel spielt im Depot, am Offenbachplatz und demnächst auch unter der Mülheimer Brücke. Ein Vorgeschmack. 12 | Droge Faust Westbam ist DJ und Experte für alle Arten von Rausch. Ein Gespräch über Goethes Faust.

18 | Iwanow Robert Borgmann inszeniert Anton Tschechows Erstling. Ein Brief des jungen Autors an seinen Verleger gewährt Einsicht in seine Gedankenwelt.

20 | Außenspielstätte am Offenbach platz mit Britney Ein Stück Theater kehrt zurück in die Innenstadt. Ein Einblick.

04 | Der Spielplan Das Spielzeitmagazin erscheint dreimal im Jahr und ersetzt damit das klassische Spielzeitheft. Dadurch sind Sie immer auf dem aktuellen Stand unserer Planungen. Sie halten die zweite Ausgabe in Händen, mit Hintergründen und Informationen zu allen Premieren der kommenden Monate. 02

18 | Iwanow Dieses Stück des jungen Anton Tschechow ist neu im Spielplan. Ein Brief vom Autor.

23 | Die paranoide Vernunft Ein Interview mit Claus Leggewie. 26 | Nicht schlafen Tanz in Köln. Ein Gespräch mit dem Choreografen Alain Platel. 32 | Schule des Lebens Das Import Export Kollektiv stellt sich als besonderes Ensemble vor. 34 | Was bist du eigentlich für ein Mensch? Gedanken zu Heinrich Bölls ANSICHTEN EINES CLOWNS und zum bevorstehenden Böll-Jahr. 38 | 8 Fragen an das Schauspielstudio Antworten der jüngsten Ensemblemitglieder auf den berühmten Fragebogen von Max Frisch. 40 | Service und Impressum


Foto Chris Van der Burght

12 | Droge Faust Goethes FAUST ist der deutsche Klassiker schlechthin und ein Synonym für Sinnsuche und Lebenshunger. Der Regisseur Moritz Sostmann inszeniert am Schauspiel Köln in dieser Spielzeit beide Teile: FAUST I und FAUST II. Warum das ein wahrhaft rauschhaftes Unterfangen werden kann, wie man der Extase am besten begegnet und wie man den perfekten Augenblick erkennt, erklärt Westbam, der Philosoph unter den DJ‘s im Interview.

26 | Nicht schlafen Der Tanz gehört zu Köln. Die wichtigsten internationalen Impulsgeber des zeitgenössischen Tanzes sind regelmäßig hier zu Gast. Einer von ihnen ist der belgische Choreograf Alain Platel. In einem Werkstattgespräch gibt er Einblick in den Entstehungsprozess seiner Arbeit.

Foto Hagen Tilp

23 | Die paranoide Vernunft Der Zustand der Demokratie in Deutschland und Europa gibt durchaus Anlass zur Sorge, sagt der Soziologe und Politikwissenschaftler Claus Leggewie. Eine Analyse der Lage und Vorschläge zur Rückkehr zu einer echten Diskussionskultur. 03


Der Spielplan 2016 /17 Mit unserer Spielplanvorschau machen wir einen Plan für ein ganzes Jahr im Voraus. Im Laufe der Saison kann es aus künstlerischen oder organisatorischen Gründen zu Änderungen und Aktualisierungen kommen. So wird Robert Borgmann nun IWANOW von Anton Tschechow statt wie ursprünglich angekündigt SOMMERGÄSTE von Maxim Gorki inszenieren. Die Premiere von Rainald Grebes EFFZEH! EFFZEH! wird statt im April erst im Juni 2017 stattfinden, und Stefan Bachmann wird mit GEÄCHTET aus dem DEPOT aus- und in die neu eröffnete AUSSENSPIELSTÄTTE AM OFFENBACHPLATZ einziehen und dort mit Ayad Akthars Erfolgsstück die Innenstadt beleben. Der komplette Spielplan mit allen Terminen im aktuellen Überblick.

Iwanow von Anton Tschechow Regie Robert Borgmann Premiere 09. Dezember 2016

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Der Revisor von Nicolai Gogol Regie Linus Tunström Premiere 10. Januar 2017 Eine Produktion des Düsseldorfer Schauspielhauses im Austausch mit Geschichten aus dem Wiener Wald vom Schauspiel Köln

DEPOT 1

Faust I von Johann Wolfgang von Goethe

Hamlet

Regie Moritz Sostmann Premiere 10. Februar 2017

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von William Shakespeare Regie Stefan Bachmann Premiere 23. September 2016

Groß und klein von Botho Strauß Regie Lilja Rupprecht Premiere 14. Oktober 2016

Adams Äpfel nach dem gleichnamigen Film von Anders Thomas Jensen Regie Therese Willstedt Premiere 18. November 2016

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Tod eines Handlungsreisenden von Arthur Miller Regie Rafael Sanchez Premiere 10. März 2017

Effzeh! Effzeh! ein Fußballoratorium von Rainald Grebe Regie Rainald Grebe Uraufführung 23. Juni 2017

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AuSSenspielstätte am Offenbachplatz DEPOT 2

Karnickel von Dirk Laucke

Die Opferung von Gorge Mastromas

Regie Pınar Karabulut Uraufführung 29. September 2016

von Dennis Kelly

Mohamed Achour erzählt Casablanca

Regie Rafael Sanchez Premiere 24. September 2016

von petschinka und Rafael Sanchez Regie Rafael Sanchez Uraufführung 02. Oktober 2016

Robinson Crusoe Kinder- und Familienstück nach Daniel Defoe von und mit subbotnik Premiere am 30. Oktober 2016

Swallow

Eine Produktion von subbotnik, Theater an der Ruhr und FFT Düsseldorf

von Stef Smith Regie Matthias Köhler Deutschsprachige Erstaufführung 10. Dezember 2016

Jemand wie ich

Kleines

von Charlotte Roos Regie Bruno Cathomas Uraufführung 03. Dezember 2016

von Hannah Moscovitch 06

Ansichten eines Clowns

Faust II von Johann Wolfgang von Goethe Regie Moritz Sostmann Premiere 08. April 2017

Istanbul von Nuran David Calis Regie Nuran David Calis Uraufführung 13. Mai 2017

Regie Charlotte Sprenger Deutschsprachige Erstaufführung 03. Februar 2017

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Wir wollen Plankton sein

von Heinrich Böll Theaterfassung von Thomas Jonigk Regie Thomas Jonigk Uraufführung 11. Februar 2017

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von Julian Pörksen 08

Regie Melanie Kretschmann Künstlerische Mitarbeit Carl Hegemann Uraufführung 11. März 2017

Sprengkörperballade von Magdalena Schrefel Regie Andrea Imler Uraufführung 21. April 2017

Geächtet von Ayad Akhtar Regie Stefan Bachmann Premiere 24. Mai 2017

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Uraufführung 03. Dezember 2016 | Depot 2

Jemand wie ich

Die nächsten sieben von EINUNDZWANZIG

Ein wütender Clown, ein Wissenschaftler und sein teuflischer Gehilfe, ein Familienvater, der am amerikanischen Traum zu Grunde geht, Liebende, Sinnsucher und Ausgestoßene – hier kommen die nächsten sieben Premieren unserer Spielzeit.

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von Charlotte Roos

Die Großen, die Schönen, die Toten. Es gibt Hollywoodstars, die wir nicht vergessen, Namen, Gesichter, Charaktere, die uns im Gedächtnis bleiben. Archetypische Rollen, die uns geprägt haben, manche so sehr, dass wir sie bewusst oder unbewusst imitieren. Wir wollen aussehen, reden, leben und sterben wie sie. Aber wer sind wir eigentlich selbst? Wie können wir die werden, die wir sein wollen? Wie werden wir Rollen wieder los, die andere uns zugeschrieben haben, und die uns mehr bestimmen als uns lieb ist? Und wie viele verschiedene Charaktere lassen sich überhaupt unter dem Begriff »Ich« beheimaten? Sie stellen diese Fragen: die acht Studierenden der Leipziger Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy«. [→ 8 Fragen an das Schauspielstudio | Seite 38] Gemeinsam mit ihnen machen sich Autorin Charlotte Roos und Regisseur Bruno Cathomas auf die Suche nach Antworten. Ein Stück über Spiel und Wirklichkeit, Rollentausch und Identität. Regie Bruno Cathomas Bühne Thomas Garvie Kostüme Aleksandra Pavlović Musik Philipp Pleßmann Dramaturgie Julia Fischer ∙ Thomas Laue


Deutschsprachige Erstaufführung Premiere

10. Dezember 2016 | Offenbachplatz [→ Außenspielstätte | Seite 20]

09. Dezember 2016 | Depot 1

Iwanow

Swallow von Stef Smith

Deutschsprachige Erstaufführung

von Anton Tschechow

»My body is a prison of pain.« Fünf Jahre sind seit der skandalösen Hochzeit zwischen dem Gutsbesitzer Nikolaj Alexejewitsch Iwanow [→ Iwanow | Seite 18] und der Jüdin Anna Petrowna vergangen. Während die junge Frau von ihren reichen Eltern enterbt und von ihrem neuen Umfeld niemals wirklich akzeptiert wurde, ist für Iwanow längst der ermüdende Alltag zurückgekehrt. Das Gut befindet sich in wirtschaftlicher Schieflage, sein Verwalter Borkin entwickelt immer kühnere Rettungsideen und der junge, idealistische Arzt Lwow diagnostiziert bei Anna Petrowna Schwindsucht, für die er Iwanow zur Verantwortung zu ziehen versucht. Aus der Enge des eigenen Hauses flieht dieser zu seinem Freund Lebedew. Der hat ihn nicht nur in der Vergangenheit finanziell unterstützt, sondern auch eine junge Tochter, Sascha, die dem väterlichen Freund in »tätiger Liebe« zugeneigt ist. Als Anna Petrownas Tod einen scheinbaren Neuanfang möglich werden lässt, entzieht sich Iwanow erneut und endgültig. Der Regisseur Robert Borgmann, der zuletzt in der Halle Kalk Knut Hamsuns Roman SEGEN DER ERDE dramatisierte, inszeniert Tschechows frühes Drama um die verschwimmenden Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits. Regie Robert Borgmann Bühne Rocco Peuker Kostüme Bettina Werner Musik Niklas Kraft und Sven Michelson Dramaturgie Nina Rühmeier

03. Februar 2017 | Offenbachplatz

Anna, Rebecca und Sam – drei Frauen, deren Krisen Realität geworden sind: Anna verlässt ihre Wohnung seit fast zwei Jahren nicht, Rebecca zerschneidet ihr Gesicht mit einer Glasscherbe und Sam hält es nicht mehr aus, als Frau leben zu müssen. Drei Leben, die geprägt sind von Selbstzerstörung, Isolation und einem tiefen Wunsch nach Veränderung – die eintritt, als sie sich begegnen … Das Stück wirft Fragen nach der Handlungsfähigkeit von vermeintlich kranken Körpern auf, in einem System, das »gesund sein« als Normzustand begreift und sich selbst nur erhalten kann, wenn andere daran zu Grunde gehen. Die schottischen Autorin Stef Smith hat mit SWALLOW, das beim Wettbewerb des letztjährigen Fringe Festival in Edinburgh den ersten Platz belegte, einen radikalen Gegenwartsbericht geschaffen. Sie vereint Drastik und Poetik in einer intimen Aufnahme gesellschaftlicher und geschlechtlicher Bilder. Regie Matthias Köhler Bühne Elke Auer Kostüme Sebastian Ellrich Musik Antonio de Luca Dramaturgie Stawrula Panagiotaki

Kleines

von Hannah Moscovitch

Ihren richtigen Namen kennt niemand, Claire hat ihn verloren, irgendwo in ihren Erinnerungen. Vielleicht tut sie auch nur so, als Aaron sie fragt. Vielleicht will sie nicht zugeben, dass sie weiß, was ihr damals passiert ist. Jahre später erzählt Aaron von seiner Adoptivschwester Claire und von dem Kätzchen unter der Veranda, dem toten Fisch im Badezimmer, dem Messer in seinem Bauch, und dem Moment, als sie im Sommer gemeinsam im Zelt liegen. Und Claire erzählt von ihm, seinen Blicken, Worten und von dem ungewöhnlichen Paar im Nachbarhaus – sie, eine Asiatin, frisch eingekauft und hergeholt von ihm, einem einsamen Mann mit einem zu großen Bett für sich alleine. Mit einem Mal können Aaron und Claire nicht mehr aufhören, zu erzählen voneinander und von sich selbst. Die kanadische Dramatikerin Hannah Moscovitch schreibt mit bestechender Feinfühligkeit von einem beklemmenden Familienschicksal, von Liebe und Zerstörung. Regie Charlotte Sprenger Bühne und Kostüm Aleksandra Pavlović Musik Jonas Landerschier Dramaturgie Julia Fischer

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zweivondrei | Die nächsten sieben von 21

Uraufführung 11. Februar 2017 | Depot 2

Premiere 10. Februar 2017 | Depot 1

Faust I

von Johann Wolfgang von Goethe

Faust steckt in einer tiefen Krise. Sein ganzes Leben hat er forschend und lehrend zugebracht, doch nichts konnte sein Verlangen nach All-Erkenntnis befriedigen, nicht die Wissenschaften, nicht die Theologie. In tiefer Daseinsekel hat ihn erfasst, er sehnt sich nach Ausbruch, nach Neuanfang und prallem Leben. Da kommt der Teufel gerade recht, der ihm nicht weniger verspricht als vollkommene Erfüllung und ihn auf eine rauschhafte Reise mitnimmt. Kneipen werden besucht, Verjüngungstränke eingenommen, Faust verliebt sich in Gretchen, erobert sie und stürzt sie ins Verderben. Was mit einer Gotteswette begann, endet mit einer satanischen Orgie auf dem Blocksberg und einer zerstörten jungen Frau, die auf ihre Henker wartet. [→ Droge Faust | Seite 12] Mit einem Ensemble aus Schauspielern und Puppen begibt sich Moritz Sostmann, Hausregisseur am Schauspiel Köln, auf eine Expedition durch Goethes rätselhaften Dramenkosmos. Regie Moritz Sostmann Bühne Christian Beck Kostüme Elke von Sivers Puppen Hagen Tilp Musik Philipp Pleßmann Dramaturgie Julian Pörksen

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Ansichten eines Clowns

von Heinrich Böll Theaterfassung von Thomas Jonigk

Die Beziehung Hans Schniers zu seiner Freundin Marie ist Vergangenheit. Doch er kann sie nicht loslassen. Immer und immer wieder wird er von alptraumhaften Bildern und Figuren seines früheren Lebens heimgesucht. Aus der inneren Emigration heraus verteidigt er seine Wertmaßstäbe gegen die bundesdeutsche Restaurationsgesellschaft. Vehement selbstgerecht, wo er Gerechtigkeit fordert. In zwanghaft wiederkehrenden Erinnerungen arbeitet er sich an der Bigotterie katholischer Funktionäre und Bibelkreis-Laien, der Berechenbarkeit der Kulturbranche oder dem einträglichen Opportunismus der großbürgerlichen Eltern ab. Die Widersprüche im eigenen Handeln vermag Schnier dagegen nicht zu sehen. Vor hundert Jahren wurde in Köln einer der prägendsten Schriftsteller und unabhängigsten Denker der späteren Bundesrepublik geboren: Heinrich Böll. [→ Was bist du eigentlich für ein Mensch? | Seite 34] Für das Schauspiel Köln adaptiert der Autor und Regisseur Thomas Jonigk den 1963 veröffentlichten Roman ANSICHTEN EINES CLOWNS, das Psychogramm eines Abfälligen in einem Deutschland, in dem die Demokratie noch jung, die Wirtschaft ein Wunder und die Kirche einflussreich war. Regie Thomas Jonigk Bühne Lisa Däßler Kostüme Barbara Drosihn Musik Mathis Nitschke Dramaturgie Nina Rühmeier

Premiere 10. März 2017 | Depot 1

Tod eines Handlungsreisenden

von Arthur Miller

Willy Loman ist ein Kämpfer. Seit fast 40 Jahren ist er als Handlungsreisender unterwegs. Er hat Erfolge und Durststrecken erlebt, und irgendwie hat es immer gereicht, um die Familie zu versorgen und die Hypotheken des kleinen Mittelschichthauses abzubezahlen. Doch langsam kann er nicht mehr. Nicht nur das Alter macht ihm zu schaffen, sondern auch die Zeiten, die sich geändert haben. Sein Netzwerk aus persönlichen Kontakten und Loyalitäten funktioniert nicht mehr. Aus dem Traum vom Aufstieg ist plötzlich die Angst vor dem Abstieg geworden. [→ Die paranoide Vernunft | Seite 23] Als er schließlich entlassen wird, flüchtet er sich in die Scheinwelt alter Zeiten – und in den Kampf: Überall nur noch Gegner. Der Chef, der erfolgreiche Nachbar, der verschollene Bruder, die eigene Familie und schließlich Willy selbst. Aber wie lange kann man eigentlich kämpfen? Und ist aufgeben eine Option? Arthur Millers Stück aus dem Jahr 1949 ist inzwischen ein moderner Klassiker und ein Parabelstück über den drohenden Untergang des amerikanischen Traums. In Zeiten um sich greifender Angst liest es sich als verblüffende Analyse von heute. Regie Raphael Sanchez Bühne Thomas Dreißigacker Kostüme Maria Roers Dramaturgie Thomas Laue


Foto David Baltzer

Gross und klein von Botho StrauĂ&#x; | Regie Lilja Rupprecht


In welcher Stadt wollen wir leben? Mit dieser zentralen Frage beschäftigt sich das auf zwei Jahre angelegte Projekt Die Stadt von der anderen seite sehen. Das Großprojekt des Schauspiel Köln widmet sich der Zukunft des Zusammenlebens. Es ist der Versuch, ein Modell für eine neue Stadtgesellschaft zu entwickeln, gemeinsam mit den Bürgern dieser Stadt konkrete Utopien zu entwerfen. Im ersten Jahr haben wir uns auf unsere direkte Nachbarschaft, den Stadtteil Köln-Mülheim, konzentriert. Gemeinsam mit Künstlerinnen und Künstlern, den »Komplizen« – haben wir uns daran gemacht, die »Stadt der Zukunft« zu erforschen. Dafür haben wir eine neue Dependance unter der

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Mülheimer Brücke errichtet. Hier findet jeden zweiten Mittwoch im Monat unser Jour fixe statt, zu dem Sie herzlich eingeladen sind. Im zweiten Projektjahr werden wir den Radius erweitern: Ein international besetztes Symposium setzt sich mit der Rolle des Theaters im Zusammenhang mit Stadtentwicklung und Bürgerbeteiligung auseinander. Und am Ende der Spielzeit, im Juni 2017, wird es ein abschließendes Festival mit Performances, Installationen und Diskursen geben, das Ihre »Stadt der Zukunft« in Köln-Mülheim entstehen lässt und erlebbar macht. DIE STADT VON DER ANDEREN SEITE SEHEN ist ein Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik des Bundes.


Foto Mirko Plengemeyer

Gefรถrdert von:



DROGE FAUST WESTBAM, mit bürgerlichem Namen Maximilian Lenz, ist ein Pionier der Techno-Bewegung, Ikone der Dance-Kultur und der Philosoph unter den DJ's. Zahlreiche Platten, zahllose Hits, Konzerte auf der ganzen Welt. Nebenbei veröffentlichte er gemeinsam mit Rainald Goetz das Buch MIX, CUTS AND SCRATCHES und seine Autobiographie DIE MACHT DER NACHT. Ein Gespräch über FAUST, über Lebenshunger und Erkenntnisgier, über Drogen, Ekstase und den perfekten Augenblick.

Interview Julian Pörksen | Fotos Hagen Tilp 13


Im FAUST geht es um die Suche nach dem perfekten Moment, nach einem Augenblick totaler Erfüllung. Faust ist ein Getriebener, einer, der alles begreifen, alles erleben will. »Vom Himmel fordert er die höchsten Sterne / und von der Erde jede höchste Lust ...« (Mephisto) Der will alles machen, alles ausprobieren – also ein Mann genau wie ich. (Lachen) In Ihrer Autobiographie DIE MACHT DER NACHT gibt es eine Stelle, die einen wahrlich faustischen Erfüllungs-Moment beschreibt: »Kurz vor Krachende riss ich die nächste Platte raus, und sie passte perfekt. Alles war live, und nichts war geplant. Auf diesem DJ-Lebenshöhepunkt gab es kein Publikum, keinen DJ und keine Musik mehr. Musik war unwichtig geworden. Das klingt vielleicht komisch, aber Musik ist für mich wie ein unperfektes Werkzeug. Wenn du oben angekommen bist, kannst du sie wegschmeißen. Der Moment war perfekt.« Einfacher gestrickte Charaktere haben das nicht verstanden. Die haben gesagt: Schau mal einer an, Musik ist für den also nur etwas, was ihn weiterbringen soll, der mag eigentlich gar keine Musik. Die wussten eben nicht, worauf sich das bezieht. Für mich war es ein Highlight, ein Erkenntnishighlight meines DJ-Lebens. Es hat natürlich etwas Asiatisches, diese Idee, dass das Ende, der Höhepunkt, dann erreicht ist, wenn auch die Dinge, um die es eigentlich geht, sich auslöschen, wenn sie unwichtig geworden sind. Das ist so ein bisschen wie bei Wittgenstein, der sein TRACTATUS LOGICO-PHILOSOPHICUS als eine Leiter ver-

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steht, die man, wenn man seine Gedanken verstanden hat, wegwerfen könne. Da heißt es ja dann auch: »Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems.« Sie sind von Berufs wegen auf die Organisation von Rausch spezialisiert. Wie erzeugt man als DJ solch einen ekstatischen Moment der Selbstentgrenzung? Es geht ganz oldschool-mäßig mit der Plattenkiste los. Man versucht, seine Plattenkiste so zu organisieren, dass man sich nicht darin verirrt, sie aber gleichzeitig nicht so ordentlich ist, dass man aus dieser Ordnung nicht mehr rausfindet. Man versucht, zu einem Zustand zu kommen, in dem man immer die richtige Platte greifen kann. Und ab da wird es immer schwieriger – wie erreicht man solche perfekten Momente? Ich lege jetzt 35 Jahre Platten auf, und so oft passiert mir das ja auch nicht. Es gibt viele Abende, die sind handwerklich okay, nach den Regeln der Kunst hat man Musik, die gut zusammen passt, schlüssig vorgetragen, und die Leute haben’s auch gefeiert. Durchschnittsabende, die eben nicht die große Kunst sind. Man kann diese besonderen Momente eben nicht programmieren, nicht planen, schlicht und einfach, weil DJing im guten Fall immer eine dialogische Kunstform ist. Man kommuniziert mit den Massen ... Man unterhält sich, man beobachtet alles, kriegt alles mit. Und man hat eigentlich ganz ähnliche Fragen wie in der Malerei, der Schriftstellerei, wie in jeder anderen Kunstform auch: Wie sag ich’s meinen Kindern? Und was kommt von meinen Kindern zurück? Der Unterschied zur Malerei ist,


dass man mit Leuten zusammen malt, dass die eben auch immer noch drin rumschmieren. Andererseits ist das ja auch das Tolle. Wo der Rainald Goetz, mein großer Poetenfreund, auch sagt, da beneidet er den DJ drum, weil man bei der Schriftstellerei immer so ganz alleine sitzt und das eben nicht so richtig mit anderen zusammen machen kann.

»Eigentlich sehr un-rock'n'rollig von mir, aber ich kann Disziplin zeigen, und muss das auch.« Folgt so ein Abend, bei dem Sie auflegen, erzählerischen Mustern? Sind Sie sozusagen der Autor des Abends, der, im Dialog mit den Leuten, eine Geschichte erzählt? Vom Prinzip her schon. Wenn jemand eine Geschichte erzählt, dann sucht der auch danach, irgendwo den ersten Satz zu finden, der die Leute interessiert, der sie neugierig macht und den Wunsch in ihnen weckt, weiterzulesen. Und genauso muss man die erste Platte auswählen. Du musst die Platte auflegen, die den Leuten das Gefühl gibt, sie wissen jetzt, worum es in der nächsten Zeit gehen wird in der Musik, aber sie wissen es noch nicht vollständig, es werden auch Fragen aufgeworfen, die man weiterspinnen kann. Im FAUST ist Mephisto so etwas wie ein Agent der Verschwendung. Er lädt den daseinsmüden Faust ein auf diesen großen, hedonistischen Trip, diverse Mittelchen werden eingenommen, Frauen umgarnt  ...

Er ist der Drogendealer, der Maître de Plaisir. Solche Typen gibt es natürlich auch. Da kommst du zu irgendeiner Party, und der wartet schon am Flughafen auf dich, in einer Stretch-Limo mit Nebelmaschine. Und er hat Drogen dabei, Alkohol, vielleicht auch gleich mehrere Chicas, und du denkst: Auweia! Ich finde das zwar toll und dionysisch, aber inzwischen kommt bei mir das Professionelle durch, ich muss dem Mephisto dann ganz spießig sagen: Nee, sorry Alter, wenn ich um zwölf Uhr mittags so anfange, dann wird das mit meinem Set nichts mehr. Fahr mich erstmal ins Hotel, ich leg mich erst nochmal ein bisschen hin und schaue Fernsehen. Eigentlich sehr un-rock'n'rollig von mir, aber ich kann Disziplin zeigen, und muss das auch. In den 90ern war das noch anders. Damals war man aber auch ein bisschen jünger, ein bisschen dümmer, ein bisschen konditionsstärker. Und beim Publikum war es durchaus normal oder sogar gewünscht, dass der DJ mehr oder weniger zu den Turntables getragen wird und mehrmals während seines Sets umkippt – das war der Indikator eines guten Abends. Der DJ musste am Ende genauso blau, genauso druff, genauso drüber sein, am besten noch drüberer. Und heute? Was hat sich, seit Sie angefangen haben, verändert? Die Nachtlebenwelt ist bevölkert von Leuten, die immer um die zwanzig sind, im ewigen Zenit der Jugend. Und man selbst fängt in diesem Alter an, man gehört zu dieser Generation. Dann wird man älter, aber die Leute um einen herum bleiben jung, und irgendwann merkt man die Generationsun-

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zweivondrei | Droge Faust

terschiede. Bestimmte Dinge sehen die ganz anders. Grundsätzlich wird heute weniger Dialog erwartet, mehr Vortrag. Besser ein guter Vortrag als ein völlig verrittener Live-Mix. Und wenn du der wesentlich Ältere bist, und du kommst auf die Bühne und fällst um, dann akzeptieren die das nicht, die sagen dann: Nee, also der kommt ja an und ist schon besoffen, der macht hier keinen guten Job.

»Aber Acid kann ähnlich gut sein, wie FAUST II ganz durchzulesen, auf höchster Intensität.« Der Radikaltheatermacher Einar Schleef hat sich intensiv mit Faust und den Drogen auseinandergesetzt, mit dem Rausch, den ganzen Mittelchen, die in dem Stück eingenommen werden. Gäbe es denn für jemanden wie Faust, für einen, der alles will, die passende Droge? Ja, leider schon. (Lachen) Welche? Sekunde. (unverständliches Gemurmel) Mein 11-jähriger Sohn stand gerade neben mir, da wollte ich das nicht referieren … Die Droge ist leider Kokain. Koks geht ja voll aufs Belohnungszentrum, da werden Gehirnareale stimuliert, die für Liebe zuständig sind, für Erkenntnis, für Ekstase. Gibt es eine Droge, die man im Lauf eines Lebens unbedingt genommen haben sollte? Acid. Acid sollte man wahrscheinlich nehmen, bevor man den zweiten Teil vom FAUST liest. Das ist die totale Selbstentgrenzungsdroge. Wobei man den FAUST in diesem Zustand eigentlich gar nicht mehr braucht, da reicht es auch,

In dieser Spielzeit wagt sich Moritz Sostmann an ein Großprojekt: mit einem Ensemble aus Schauspielern und Puppen wird er beide Teile des FAUST inszenieren. Der Puppenbauer Hagen Tilp begleitet Sostmanns Arbeit schon seit Jahren. Wir zeigen Bilder vom Entstehungsprozess dieser besonderen »Ensemblemitglieder«, Eindrücke aus seiner Werkstatt in Oakland, Kalifornien.

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wenn man sich an eine Bushaltestelle setzt. Im Gegensatz zu Koks ist Acid die tiefere, psychedelischere Erfahrung, das richtige Mittel, wenn es darum geht, die äußere Schale zu knacken und Eins zu werden mit der Umwelt, um Dinge plötzlich ganz anders zu sehen, als man sie sonst sieht. Ich hab das im Leben vielleicht zehn Mal gemacht. Gerade, wenn man Anfang zwanzig ist und den Wunsch hat, alles anders zu sehen, hat diese Erfahrung gute Auswirkungen auf das weitere Leben. Besser als Alkohol, besser als Koks sowieso, Heroin, Betäubung ist alles Scheiße. Aber Acid kann ähnlich gut sein, wie FAUST II ganz durchzulesen, auf höchster Intensität. Weil Sie gerade vom Dionysischen gesprochen haben – Nietzsche und Schopenhauer sind für Sie wichtig gewesen oder sind es noch? Natürlich, ja. Je älter man wird, natürlich, desto mehr Schopenhauer. Am Anfang mehr Nietzsche, später dann mehr Schopenhauer. Worin besteht der Unterschied, wenn man das so einfach sagen kann? Der Hauptunterschied ist: Nietzsche feiert den Willen, Schopenhauer will den Willen überwinden. Das ist, wenn man meine DJ-Theorie kennt, eher mein Ding: Dass man als Künstler nicht versucht, sein Ding durchzuziehen. Zur Not mach ich das auch, ich muss mich ja behaupten in der Disco-Welt. Aber eigentlich will ich mein Ding nicht durchziehen, davon hab ich nichts, denn mein Ding kenne ich schon. Spannend wird’s für mich, wenn ich mich erweitere, wenn ich mich entgrenze und verschmelze mit dem Großen und Ganzen und bei mir, als ein Weltknotenpunkt, etwas Neues passiert, sich ein völlig neuer Kontext erschließt und ich dann eine Platte aus der Tasche ziehe, die ich da gar nicht reingetan habe. Es ist also die Frage, ob man es schafft, sich gemeinsam auf die Suche zu machen, improvisierend, im Dialog, in unbekanntes Terrain vorzustoßen. Genau. Das ist ein viel schönerer Moment, wenn man nicht einfach sein festes Programm abzieht und nachher sagen kann, jeder hat sich mir unterworfen, ich war der große Lehrer, ich hab mein Ding durchgezogen und habe damit alle überwältigt. Sondern wenn man sich gemeinsam entwickelt, wenn man nicht nur Sender, sondern gleichzeitig Empfänger ist. Das ist es auch, was Kunst eigentlich ausmacht, auch wenn die Künstler immer ein Interesse daran hatten, das anders darzustellen und zu sagen: Das hab ich mir alles selber ausgedacht, jetzt zeig ich euch mal, wie es geht. Das ist, wenn man sich die Geschichte der Kunst ankuckt, völliger Irrsinn. Denn die Frage lautet doch: Warum waren die Impressionisten so bedeutende Maler? Weil sie die Möglichkeiten ihrer Zeit und die Sichtweise ihrer Zeit vollendet ausgesprochen haben, und eben nicht ihre persönliche. Das ist ja gerade das Spannende, dass sich die Welt diese


Leute sozusagen ausgesucht hat, um durch sie zu sprechen. Der Künstler will das natürlich als individuelle Leistung verkaufen, weil er davon profitiert. Er trägt ja auch dazu bei, es gibt einen persönlichen Anteil. Die größten Autoren sind aber die, durch die die Zeit am meisten spricht. Und genau das macht den FAUST so faszinierend. Die ganze Moderne wird hier vorweggenommen, ein künstlicher Mensch wird erschaffen, Papiergeld erfunden, es kommt zu Inflation und Krieg. Es gibt eine Szene, da beschwört Faust Helena herauf, die schönste aller Frauen. Und das Wunderbare ist, dass er selbst vergisst, dass sie nur eine Erscheinung ist und versucht, sie festzuhalten. Das ist wunderbar. Virtual reality. Wenn wir schon bei Helena sind: Was heißt Schönheit? Okay, okay … Was heißt Schönheit? Gut, da bin ich Kantianer: also das interesselose Wohlgefallen. Das ist Schönheit. Wenn man etwas als schön empfindet, es einem aber keinen wie auch immer gearteten Vorteil bringt, das ist die Erkenntnis von Schönheit. Der Schluss des FAUST ist faszinierend, ich weiß nicht, ob Sie ihn gelesen haben? Den Schluss hab ich nicht mehr auf dem Schirm, ich hab den zweiten Teil nie ganz gelesen – aber ich bin jetzt eigentlich langsam reif genug, ich muss das nochmal lesen. Ich bin mir sicher: ich versteh das jetzt. Faust hat alles erlebt, war Politiker und Unternehmer, und jetzt ist er ein alter, blinder Mann. Draußen, vor seinem Palast, schaufeln die Lemuren sein Grab. Faust hört die Spaten und glaubt irrtümlicherweise, es handele sich um Arbeiter, die einen Deich errichten, um Land für Millionen zu gewinnen – eine Utopie, er schwingt sich zu einem Menschheitstraum auf. In diesem Moment der Erfüllung, der glücklichen Selbsttäuschung, sagt er schließlich: »Zum Augenblicke dürft' ich sagen, verweile doch, du bist so schön!« Ach, da ist es dann so weit. So geht es zu Ende? Naja, letzten Endes wird er doch erlöst. Mephistopheles wird ausgetrickst, die himmlischen Heerscharen bringen ihn um die versprochene Seele. Das ist natürlich für uns moderne Menschen sehr beruhigend. Das würde uns ja alle fertig machen, wo wir doch alle so ganz persönliche Superstars und Individualisten sind und denken, wir können alles machen, wenn wir nur fest daran glauben. Da ist es natürlich sehr beruhigend, wenn das am Ende des Tages nicht ins Verderben führt. Man hat sich bemüht, man hat versucht, alles aus dem Dasein rauszukitzeln, aber eigentlich war man ja kein schlechter Kerl, man wollte seine Möglichkeiten halt nutzen – dafür in die Hölle wollte man eigentlich nicht. Eigentlich möchte man doch eher denken: Am Ende müsste das auch Gott gefällig sein.


IWANOW Anton Tschechow war bereits ein erfolgreicher Schriftsteller und approbierter Arzt, als am 10. November 1887 sein Dramendebüt uraufgeführt wurde. Im darauf folgenden Herbst arbeitete er das Stück noch einmal wesentlich um. Ein Brief, den Tschechow anlässlich der ersten Inszenierung dieser überarbeiteten Version an seinen Verleger und Freund Alexej Sergejewitsch Suworin schrieb, vermittelt Tschechows Blick auf die Titelfigur und zugleich einen Eindruck von seiner Arbeit als Autor. Am Schauspiel Köln bringt Robert Borgmann Tschechows Porträt eines Melancholikers auf die Bühne.


Moskau, den 30.12.1888

Lieber Aleksej Sergejewitsch, meinen Helden sehe ich so: Iwanow, ein Adliger, Akademiker, ist durch nichts bemerkenswert; er hat eine leicht erregbare, hitzige, sehr zu Enthusiasmus neigende, ehrliche und gerade Natur wie die meisten Adligen. Er hat auf seinem Gutshof gelebt und in der lokalen Verwaltung gedient. Das ist seine Vergangenheit. Seine Vergangenheit ist wunderschön, wie die der meisten russischen Intellektuellen. Es gibt keinen oder fast keinen wohlgeborenen russischen Herrn oder Akademiker, der sich nicht seiner Vergangenheit rühmt. Die Gegenwart ist immer schlechter als die Vergangenheit. Warum? Weil die russische Erregbarkeit eine spezifische Eigenschaft besitzt: sie wird rasch abgelöst durch Ermüdbarkeit. Voll Feuer, kaum der Schulbank entwachsen, nimmt der Mensch eine Last auf sich, die seine Kräfte übersteigt, nimmt sich der Schulen an, der Bauern, der rationalen Wirtschaft, hält Reden, schreibt an den Minister, kämpft gegen das Übel, applaudiert dem Guten, liebt nicht etwa einfach und irgendwie, sondern unbedingt entweder Intellektuelle oder Psychopathinnen oder Jüdinnen oder sogar Prostituierte, die er rettet usw. Aber kaum ist er 30-35 Jahre alt, beginnt er Müdigkeit und Langeweile zu verspüren, versteht aber nicht, was mit ihm vorgeht und was geschehen ist. Die Veränderung, die in ihm vorgegangen ist, kränkt seinen Anstand. Er sucht die Ursachen außerhalb und findet sie nicht; er beginnt, sie in seinem Innern zu suchen und findet sie nicht; findet einzig und allein ein unbestimmtes Schuldgefühl. Der Russe fühlt – ob jemand in seinem Haus gestorben ist, krankgeworden ist, ob er bei jemandem Schulden hat oder sich selbst etwas borgt – immer sich selbst schuldig. Zu der Ermüdung, der Langeweile und dem Schuldgefühl fügen Sie noch einen Feind hinzu. Das ist die Einsamkeit. Er lebt auf einem Gutshof. In einem Landkreis. Die Leute dort sind entweder Trinker oder Kartenspieler, oder solche wie der Arzt … Keiner will etwas wissen von den Gefühlen oder den Veränderungen in ihm. Er ist einsam. Die langen Winter, die langen Abende, ein leerer Garten, leere Zimmer, der nörgelnde Graf, die kranke Frau … Er kann nirgendwohin fahren. Darum quält ihn jeden Augenblick die Frage: Wohin mit mir? Iwanow ist müde, er versteht sich nicht, aber das Leben kümmert sich darum überhaupt nicht. Es stellt seine gesetzmäßigen Forderungen an ihn, und er muss – ob er will oder nicht – diese Fragen lösen. Die kranke Frau ist die eine Frage, der Haufen Schulden – ist eine Frage, Sascha wirft sich ihm an den Hals – ist eine Frage. Leute wie Iwanow lösen keine Fragen, sondern brechen unter ihrer Last zusammen. Sie sind verwirrt, breiten die Arme aus, werden nervös, beklagen sich, begehen Dummheiten und verlieren schließlich und endlich, indem sie ihren schwachen, schlaffen Nerven freien Lauf lassen, den Boden unter den Füßen und treten ein in die Reihen der »Gebrochenen« und »Unverstandenen«.

Ach, ich habe Sie ermüdet mit diesem Brief! Sabbath, basta! Ich wünsche Ihnen Glück zum neuen Jahr! Hurra-a-a-a! Sie Glücklicher, Sie werden echten Champagner trinken oder bereits getrunken haben, ich dagegen Plempe! Meine Schwester ist krank. Gliederreißen, hohe Temperatur, Kopfschmerzen usw. Die Köchin desgleichen. Beide liegen. Ich hoffe, es ist kein Typhus. Verzeihen Sie, mein Lieber, diesen hoffnungslos langen, zudringlichen Brief. Ich grüße alle Ihre Angehörigen, und Anna Iwanowna küsse ich die Hand. Bleiben Sie gesund.

Ihr A. Tschechow

P.S.: Als ich das Stück schrieb, hatte ich nur das im Auge, was nötig ist, das heißt typisch russische Züge. Übersteigerte Erregbarkeit, Schuldgefühl, Ermüdbarkeit sind rein russisch. Die Deutschen erregen sich nie, darum kennt Deutschland auch weder Enttäuschte, noch Überflüssige, noch Müdegewordene. Die Erregbarkeit der Franzosen hält sich beständig auf ein und demselben Niveau, ohne steiles Ansteigen und Abfallen, darum ist der Franzose auch bis ins hohe Alter normal erregt. Mit anderen Worten, die Franzosen verausgaben ihre Kräfte nicht für übersteigerte Erregung; sie verausgaben ihre Kräfte mit Verstand, darum kennen sie auch keinen Zusammenbruch. Es versteht sich, dass ich im Stück keine Termini verwendet habe wie Russe, Erregbarkeit, Ermüdbarkeit usw. in der großen Hoffnung, dass Leser und Zuschauer aufmerksam sind und dass sie die Hinweistafel »Das ist keine Melone, sondern eine Pflaume« nicht brauchen. Ich habe mich einfach auszudrücken versucht, habe keine Kniffe angewandt und war weit entfernt von dem Verdacht, dass Leser und Zuschauer meine Helden bei Phrasen ertappen würden, Gespräche über die Mitgift unterstreichen würden usw. Ich habe nicht vermocht, ein Theaterstück zu schreiben. Natürlich ist das schade. Iwanow und Lwow sind in meiner Vorstellung lebendige Menschen. Ich will es Ihnen offen und ehrlich sagen, diese Menschen sind in meinem Kopf nicht aus dem Meeresschaum geboren, nicht aus vorgefassten Ideen, nicht aus »Verstandesarbeit«, nicht zufällig. Sie sind Resultate aus Beobachtung und Studium des Lebens. Sie sitzen fest im Hirn, und ich spüre, dass ich nicht um einen Zentimeter gelogen und nicht um ein Jota übertrieben habe. Wenn sie auf dem Papier nicht lebendig und undeutlich erscheinen, so sind nicht sie daran schuld, sondern mein Unvermögen, meine Gedanken zu vermitteln. Das heißt, es ist für mich noch zu früh, mich mit Theaterstücken zu befassen.

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Foto Sanierung Bühnen Köln

Außenspielstätte am Offenbachplatz mit


Am 29. September haben wir sie eröffnet – unsere Außenspielstätte am Offenbachplatz. Damit ist das Schauspiel seit dieser Spielzeit nicht nur in Mülheim, sondern auch wieder auf der »anderen«, der linken Rheinseite präsent. Ein Theater auf einer Baustelle, geleitet von einem jungen Team: Andrea Imler, Pınar Karabulut, Matthias Köhler und Charlotte Sprenger bringen Ur- und Erstaufführungen auf die Bühne, veranstalten Konzerte, Lesungen und Diskussionen und empfangen vor und nach den Vorstellungen in Britney, der hauseigenen Bar.

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DIE PARANOIDE VERNUNFT Der Politikwissenschaftler und Direktor des Kulturwissenschaftlichen Instituts in Essen Claus Leggewie ist ein brillanter Analyst politischer Prozesse und Mitinitiator der Plattform »Die offene Gesellschaft«. Ein Gespräch über die Verletzlichkeit von Demokratie, die Notwendigkeit einer konkreten Diskussionskultur und die Frage, wovor wir eigentlich gerade soviel Angst haben.

Interview Thomas Laue

Lassen Sie uns über den Zustand unserer Demokratie reden. In Deutschland hat die AfD ein Wählerpotential von vermutlich 18 Prozent, und wir merken, dass wir nicht wissen, wie wir damit umgehen sollen. Unser Nachbarland Österreich schafft es nicht, eine Bundespräsidentenwahl zu organisieren, und wenn doch, haben alle Angst davor, wer gewählt wird. In Frankreich sieht es auch nicht gut aus. Müssen wir uns Sorgen machen? Die Antwort lautet eindeutig: Ja. Es gibt verschiedene Bedrohungen Europas. Von außen wie von innen. Diese identitäre Reaktion, dieser völkische, auch religiöse Wahn, der Europa auseinander treibt und sich gegen die Globalisierung stemmt, ist in der Tat lebensbedrohlich für Europa. Versuchen wir es mit einer Analyse. Warum fliegen uns gerade Werte um die Ohren, auf die wir eigentlich stolz sind? Das hat weniger mit dem Verlust von Werten zu tun. Bei uns gibt es nach wie vor einen Wertepluralismus, der ja nie aufgebrochen worden ist. Aber man muss feststellen, dass jener Teil der Bevölkerung westlicher Demokratien, der schon immer gegen eine weltoffene und pluralistische Gesellschaft war, jetzt ein politisches Sprachrohr gefunden hat. Es ist nicht so, dass plötzlich wie aus dem Nichts Leute aufgetaucht sind, die es früher nicht gegeben hat. Es gibt einen Bodensatz mit autoritä-

ren und nationalistischen Einstellungen, der eigentlich in allen liberalen Gesellschaften um die zehn bis zwanzig Prozent liegt. Aber was hat sich verändert? Wir erleben eine multiple Krise, in der sich verschiedene Krisentendenzen vermengt haben. Es gibt erstens eine wirtschaftliche Krise – seit mindestens 2008, vermutlich aber empfinden viele Menschen diese Krise als schon viel länger andauernd. Dazu kommt zweitens eine starke Verunsicherung durch Flüchtlingsströme, die sich zu einer Masseneinwanderung nach Europa verdichtet haben, die die sozialen Systeme in der Wahrnehmung vieler Europäer gefährden, und, da es sich um viele Muslime handelt, auch die normative Ordnung in Frage stellt. Und es gibt drittens – und das ist wahrscheinlich das brisanteste Element – einen kolossalen Ansehensverlust der repräsentativen Demokratie. Viele Menschen haben sich schon länger nicht mehr vertreten gefühlt, sind Wahlen und Abstimmungen ferngeblieben und haben jetzt über die populistischen Parteien ein Instrument gefunden, um wieder in den politischen Prozess einzusteigen. Bemerkenswert ist dabei, dass dieser Populismus in Europa ursprünglich steuerrebellisch begonnen hat. Das waren Leute in Dänemark und Schweden, die sich gegen einen angeblich überzogenen Wohlfahrtsstaat mit zu hohen Steuerlasten gewehrt haben.

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zweivondrei | Die paranoide Vernunft

Auch die AfD hat als eine Anti-Euro-Partei angefangen. Genau, die AfD war weniger steuerrebellisch, als vor allen Dingen euroskeptisch und hat sich mit durchaus nicht immer falschen Argumenten gegen eine Politik der Bankenrettung oder auch der Griechenland- oder Spanienrettung zur Wehr gesetzt, weil sie damit die Grundlagen des Euro und ihren Wohlstand gefährdet sah. Aus diesem steuerrebellischen, euroskeptischen Populismus hat sich ein völkischer, autoritärer Nationalismus entwickelt, der sich insbesondere um den Kampf gegen den Islam und den Kampf um eine Chimäre namens europäischer oder völkischer Identität der einzelnen Nationalstaaten gruppiert hat.

»Ängste müssen nicht objektiv begründet sein.« Warum geht das so einfach? Wie kann man scheinbar nahtlos von einer ökonomisch argumentierenden Partei in ein völkisch-nationalistisches Programm überwechseln? Der Mechanismus ist uralt. Die Reaktion auf Weltwirtschaftskrisen war zunächst immer eine Verteidigung von Besitzständen. Aber der Protest, der Widerstand, die Wut über Verunsicherungen richten sich dann oft nicht gegen deren eigentliche Verursacher, heute also gegen einen außer Rand und Band geratenen Finanzkapitalismus oder gegen Manager, die eindeutig versagen, betrügen, wahnsinnige Fehler machen wie bei der Deutschen Bank, wie bei Volkswagen, um nur einige Beispiele zu nennen, sondern sie richten sich seit dem 19. Jahrhundert immer wieder gegen Minderheiten. Es ist das Sündenbocksyndrom, das leider nach wie vor funktioniert. Das waren früher die Juden, das sind heute sehr viel mehr die Muslime, übrigens die Juden auch wieder. Massiv. Ich nenne das einen verschobenen Klassenkampf. Das sind Reaktionen aus der globalisierungsgeschädigten oder sich für geschädigt haltenden Arbeiterschicht, aber insbesondere auch aus dem Mittelstand. Es handelt sich um Menschen, denen es durchaus noch gut geht, die aber Angst vor dem Abstieg haben. Und die wenden diese Angst nicht gegen die Verursacher eines ungerechten Wirtschaftssystems oder arbeiten für dessen Reform im Sinne eines linken Progressismus, sondern sie wenden sich nach rechts und machen die Scheidelinie nicht zwischen Arm und Reich oder gar zwischen Kapital und Arbeit auf, sondern zwischen Alteingesessenen und Neuankömmlingen. Es sind also offensichtlich nicht nur die tatsächlich Abgehängten, die protestieren oder rechts wählen, sondern der Rechtspopulismus befällt wie ein Virus auch eine Mittelschicht, die von einer Angst besessen scheint, die objektiv eigentlich nicht begründet ist. Ängste müssen bekanntlich nicht objektiv begründet sein.

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Es zählt weniger, wie sich die Wirklichkeit statistisch darstellt, sondern die Wirklichkeit bildet sich durch Wahrnehmungen. Es gibt einen berühmten Aufsatz von Theodor Geiger, Panik im Mittelstand aus dem Jahr 1930, der deutlich macht, dass es nicht um eine Reaktion auf den tatsächlichen ökonomischen Abstieg geht, sondern dass die Befürchtungen ausschlaggebend sind, in einen Strudel hineingezogen zu werden. Wenn wir aber in die völkisch-nationale Ecke blicken, gibt es doch gerade dort, einen besonderen Zulauf, wo es zum Beispiel Muslime praktisch gar nicht gibt. Das ist ja was die immer sagen: das soll auch so bleiben. Und wenn man argumentiert: Aber hier lebt doch gar kein Ausländer, hier nimmt dir doch keiner den Arbeitsplatz weg, dann heißt es: Ja, aber schauen Sie sich doch mal in den französischen Vorstädten um, oder gehen Sie mal nach Frankfurt und Berlin. Es ist ja nicht so, dass die Wahrnehmung und das Handeln von Pegida-Menschen allein durch die unmittelbare lokale Umgebung geprägt sind, sondern sie beziehen sich auf ein ungeheuer dramatisiertes Medienbild. Viele Wähler populistischer Gruppierungen – das betrifft übrigens auch die Freihandelsgegner der Linken – greifen dabei nicht auf wie auch immer objektivierbare empirische Evidenzen zurück, sondern ihre Argumente sind zunehmend von Verschwörungstheorien durchzogen. Es wird ja im populistischen Milieu ein blühender Unsinn geglaubt, der kein Fundament in der Wirklichkeit hat. In den Echoräumen der sozialen Medien und in den Zirkeln der Abendlandschützer bilden sich regelrecht wahnhafte Fantasien aus – nehmen Sie als besonderes Extrem die Reichsbürger. Und auch der Nachweis, dass Populisten lügen, dass sie die Wahrheit jedenfalls verzerren, führt nicht etwa dazu, dass man sagt: ja gut, dann kann ich denen nicht vertrauen, sondern dass den Gegeninformationen von Politikexperten oder von Journalisten nicht mehr geglaubt wird. Da liegt der Kern des Problems: eine Repräsentationskrise repräsentativer Demokratien. Das heißt denjenigen, die das Volk einmal vertreten haben oder die es informiert oder interpretiert haben oder die bestimmten Sachverhalten eine empirische Evidenz gegeben haben – Politik, Presse, Professoren –, wird systematisch misstraut. Das ist das System einer in sich geschlossenen paranoiden Vernunft. Was schlagen Sie vor? Was sollen wir tun? Geduldige Aufklärung, Faktencheck, wir haben nichts anderes. Es bleibt einer politischen Öffentlichkeit, die auf Aufklärung und Argumente setzt, gar nichts übrig als dies weiterhin zu betreiben. Zweitens glaube ich, dass es sehr wichtig ist, deutlich zu machen, dass diejenigen, die dann in Parlamente gewählt worden sind, nichts zustande bringen und dass sie das, was sie an den politischen Parteien, an den Berufspolitikern kritisieren, nämlich Selbstbedienung, Inkompetenz, Chaos, in einem erhöhten Maße selber betreiben. Zeigen:


die können nichts. Das sind Ignoranten, Bankrotteure. Das muss man deutlich machen. Und der dritte Punkt ist: Themenwechsel. Es ist durch die mediale Konstellation in der Flüchtlingsfrage gar nichts anderes übriggeblieben, als über Flüchtlinge zu reden und dabei immer wieder auf die falschen Behauptungen der AfD und anderer zurückzukommen. Damit sind natürlich auch die Themen einer liberalen Öffentlichkeit, wie Nachhaltigkeit oder soziale Gerechtigkeit massiv zurückgedrängt worden. Die 80 Prozent haben sich die Thematik der 20 Prozent aufdrängen lassen. Niemand redet darüber, was Gesellschaften tun könnten, um die gegenwärtigen Dynamik vielleicht auch umzukehren. Die Dynamik, die das Engagement für Flüchtlinge über mehr als ein Jahr unter Beweis gestellt hat, glauben wir uns anscheinend selber nicht. Es ist doch denkbar, dass aus dieser populistischen Krise, in der wir uns befinden, die Renaissance einer progressiv sozial-demokratischen Entwicklung – im wörtlichen, nicht im parteiförmigen Sinne – hervorgeht. Kein EU-Mensch keine Bundeskanzlerin kein amerikanischer Präsident kann sich auf Dauer erlauben, das neoliberale Modell einfach weiterzutreiben. Es ist denkbar, dass wir in fünf bis zehn Jahren über ganz andere Konstellationen reden. Diese Möglichkeit muss man deutlich machen.

»Diskussion ist alles, was uns bleibt. Und sie muss ohne Überheblichkeit geführt werden.« Soll man bei diesem Themenwechsel die AfD ignorieren oder soll man sie stellen? Es ist beides nicht möglich. Die AfD zu ignorieren geht nicht, weil die AfD ein Medienthema ist. Und wenn der WDR beschließen würde, ab sofort nicht mehr über die AfD zu reden, wäre das eine selbsterfüllende Prophezeiung der AfD über die Lügenpresse. Die Berichterstattung findet statt, auch der Unterhaltungswert von Leuten wie Petri und Gauland, so begrenzt er ist, wird in Talkshows so lange ausgebeutet, wie es irgend geht. Stellen ist auch die falsche Formulierung, weil die voraussetzen würde, dass die, die sie stellen, die Weisheit mit Löffeln gefressen hätten. Aber nicht nur die rechte Bewegungsströmung ist in einer Echokammer ihrer selbst gefangen, sondern viele Linke befinden sich ja in einer ähnlichen Echokammer in ihrer pädagogischer oder gar autoritären Manier die AfD stellen, also verhören zu wollen. Das ist falsch. Die Diskussion ist alles, was uns bleibt. Und die muss ohne Arroganz geführt werden und ohne Überheblichkeit. Auch mit Rechtspopulisten? Natürlich. Ich habe ja eben versucht, einen Weg zu beschreiben, der von der populistischen Verdammung zu einem sozial progressiven Engagement führt. AfD-Wähler sind keine

Leute, die man endgültig verloren geben sollte, bei denen man dann sagen muss: Nazis raus. Wohin denn? Was Sie vorschlagen, erfordert die Fähigkeit zum Miteinander diskutieren, zum Argumente austauschen. Sind wir eigentlich vorbereitet auf diese Art von Diskussion? Überhaupt nicht. Die meisten wollen gar nicht argumentieren und haben es auch nicht gelernt. Wie lernen wir das? Die Leute nutzen Soziale Medien, um ihren eigenen Standpunkt in die Welt zu schreien. Das heißt die deliberative Qualität unserer Demokratie ist sehr schwach, es gibt auch sehr wenige institutionelle Plattformen, auf denen so etwas stattfinden kann, deswegen sind so Initiativen wie die »Offene Gesellschaft« oder unsere »Zukunftsräte« so wichtig, weil sie in analoger Form und nicht nur in den Sozialen Medien eine Diskussion suchen. »Wie wollen wir 2030 leben?« Das ist der Futur II-Ansatz von Harald Welzer und mir. Das ist die richtige Frage, darauf muss es konkrete Antworten geben. Dasselbe gilt übrigens für den Dialog mit den Muslimen. Sie haben ja auf muslimischer Seite dieselbe Neigung zum Beleidigtsein und zur Diskursverweigerung. Wenn man über die richtigen Fragen spricht, kann man auch dort diskursive Plattformen und Formate aufziehen, die weiterführend sind. Aber Sie haben völlig Recht mit der Frage. Das deliberative Niveau ist sehr niedrig, die Bereitschaft auch von aufgeklärten Menschen, sich auf eine Argumentation der anderen Seite einzulassen, ist sehr gering. Die Fähigkeit solche Diskurse zu moderieren, also auch tatsächlich eine Diskussion am Laufen zu halten, bei der alle zur Geltung kommen, ist extrem schwach. Was müssten die konkreten Sofortmaßnahmen sein? Erstens geht Demokratie niemals durch Antidemokraten zugrunde, sondern durch die Passivität der Demokraten. Jetzt ist die Zeit gekommen, in der man sich ohne jeden Alarmismus um die Demokratie sorgen muss, sich nicht zurückzieht, lamentiert, auf die Rechten schimpft, sondern sich einbringt, einmischt. Das gilt vor allem für die Generation zwischen 30 und 50, die sich an alles gewöhnt hat und sagt: Es läuft alles prima. Das Zweite ist, dass wir Praxisnetzwerke in Europa brauchen und deutlich machen müssen, dass Europa nicht nur eine institutionelle Ordnung oder ein Wertehimmel ist, sondern eine alltägliche Praxis. Und das Dritte ist eben tatsächlich, die Fragen von Nachhaltigkeit und sozialer Gerechtigkeit als Themen ins Zentrum zu rücken, die dann auch die entsprechende mediale Aufmerksamkeit bekommen. Also wegzukommen von Populismus und Flüchtlingen und hinzukommen zu den zentralen Problemen unserer Gesellschaft, die ungelöst sind, Reformbedarf aufzuweisen und den Unternehmergeist und die Änderungsbereitschaft des liberalen Milieus in konkrete Bahnen zu lenken. Aus der Rhetorik gegen etwas zu sein, muss eine konkrete Pro-Bewegung werden.

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nicht schlafen  Ein Gespräch mit dem Choreografen Alain Platel über Kunst, das Geheimnis von Gustav Mahler und die Krisen der Gegenwart.


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Tanz an den Bühnen Köln – seit Jahren präsentiert Kuratorin Hanna Koller gemeinsam mit den Intendanten von Oper und Schauspiel ein gefeiertes, internationales Programm. Die wichtigsten Impulsgeber des zeitgenössischen Tanzes sind regelmäßig in Köln zu Gast, darunter Anne Teresa de Keersmaeker, Sidi Labi Cherkaoui, Wim Vandekeybus, Peeping Tom und viele mehr. Zudem gibt es jede Spielzeit eine Kooperation mit einem herausragenden Choreografen und seinem Ensemble – diesmal mit Richard Siegal / Ballets of Difference und dem Zweiteiler MY GENERATION. Zu den Stammgästen in Köln gehört auch der Belgier Alain Platel, einer der bedeutendsten Choreografen unserer Zeit. Platel, der zunächst eine Ausbildung zum Heilpädagogen machte, gründete 1984 LES BALLETS C DE LA B. Es folgten Gastspiele auf der ganzen Welt. Sein neuester Abend NICHT SCHLAFEN feierte auf der Ruhrtriennale Premiere und wird im Februar in Köln zu sehen sein. Wir haben ihn zum Gespräch getroffen.

Interview Hanna Koller und Julian Pörksen Fotos Chris van der Burght

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Musik spielt in vielen Ihrer Abende eine wichtige Rolle, Bach, Mozart, Monteverdi. In Ihrem neuen Stück NICHT SCHLAFEN haben Sie Gustav Mahler für eine Auseinandersetzung gewählt – weshalb? Es ist mir etwas peinlich, aber ich mochte Mahler nie. Es war Gerard Mortier, der mich dazu einlud, mich mit Mahler zu befassen. Lange habe ich mich dagegen gesträubt, aber nach Gerards Tod erwachte in mir die Neugier, ich wollte herausfinden, ob in dieser Musik etwas verborgen lag, das sich ihm erschlossen hat und mir nicht. Durch die Beschäftigung mit Mahlers Zeit, durch die Auseinandersetzung mit seiner komplexen Persönlichkeit, mit seiner Beziehung zu Frauen und zur Welt, wuchs meine Faszination. Eine weitere, wichtige Inspiration für Sie war Philipp Bloms DER TAUMELNDE KONTINENT, ein Buch, das sich mit Mahlers Zeit auseinandersetzt, dem Europa vor dem 1. Weltkrieg. Gibt es – aus Ihrer Sicht – Parallelen zwischen damals und heute? Nicht nur aus meiner Sicht, auch Blom selbst ist dieser Meinung. Wir leben in einer ähnlichen Zeit, ja, in einer vergleichbaren Situation: Die Welt um uns herum verändert sich so rasant, dass es uns nicht länger gelingt, diese Veränderungen zu bewältigen. Die Reaktionen auf diese Überforderung sind die gleichen, damals wie heute: auf individueller Ebene die Sorge um die eigene Sicherheit, auf politischer Ebene ein Erstarken der Rechten, der Ruf nach Sicherung der Grenzen, Sicherung des Wohlstands. Was Blom außerdem sehr stark beschäftigt, ist eine Krise der Männlichkeit, eine fundamentale Erschütterung des männlichen Selbstverständnisses in der damaligen Zeit. Auch heute kann ich – auch wenn es nicht das Gleiche ist – eine tiefe Verunsicherung in meinem Umfeld spüren, viele Männer hinterfragen sich sehr stark, sind voller Zweifel. Eines der übergeordneten Themen, eines der Leitmotive des Abends, scheint das Scheitern der Individuen zu sein, miteinander zu kommunizieren, die vergebliche Suche des Einzelnen nach Gemeinsamkeit oder Verständigung. Ein Thema, das in all meinen Arbeiten auftaucht und in diesem eine große Rolle spielt, ist die Spannung zwischen zwei gegenläufigen Bedürfnissen. Auf der einen Seite das Bedürfnis, sich frei zu entfalten, die eigene Persönlichkeit zu entwickeln, auf der anderen Seite das Verlangen, zu einer Gruppe zu gehören. Das hat viel mit meiner persönlichen Geschichte zu tun, denn ich gehöre zu einer der ersten Generationen, die dazu angehalten wurde, sich selbst zu entfalten, die eigenen Talente bestmöglich zu entwickeln. Meine Eltern hingegen sind noch ganz anders aufgewachsen, bei ihnen ging es – auch in der Erziehung – noch darum, Teil einer Gemeinschaft zu werden, sich zu integrieren, in die Kirche, die Schule usw. Gegenwärtig gibt es wieder eine große Sehnsucht danach, einer Gruppe anzugehören, die klassischen Formen der Gemeinschaft sind jedoch verschwunden, die Kir-


che, die politischen Parteien, die klassische Familie, Nachbarschaften, Sportverbände existieren nicht mehr, oder nur noch in anderer Form. Wie kam der bemerkenswerte Titel zustande? Das ist eine witzige Geschichte. Ich habe nach einem deutschen Wort gesucht, und eines Tages zeigte mir Steven Prengels, der musikalische Leiter, ein Blatt mit Worten, die Mahler verwendet hatte, um den Musikern Anweisungen zu geben. Und eines davon war: »Nicht schleppen.« Da mein Deutsch nicht gut genug ist, dachte ich, das bedeutet »don’t sleep«. Steven hat es mir erklärt: »Was du meinst heißt ‚Nicht schlafen‘.« Ich dachte sofort: was für ein merkwürdiger, schöner Ausdruck, genau damit beschäftigen wir uns doch in unserer Arbeit, unsere Performance kann als Weckruf verstanden werden, als Warnung – und andererseits, ganz wörtlich, ist es ein Aufruf, während der Vorstellung nicht einzuschlafen. Verstehen Sie sich als politischen Künstler? Jeder Künstler ist politisch. Das lässt sich, meiner Meinung nach, nicht leugnen. Jeder öffentliche Akt ist zugleich ein Kommentar deines Lebens, er spiegelt deine ganz reale Lebensweise wider. Manche Künstler sind sehr direkt, sehr deutlich in ihren politischen Aussagen. Ich selbst versuche, nicht zu aufdringlich zu sein. In der Arbeit mit der Kompanie ist es sehr wichtig, dass wir vieles hinterfragen. Wir haben – das sage ich immer zu den Tänzern – die Möglichkeit, eine zeitweilige Utopie zu erschaffen, wir können versuchen, das, was wir an der Gesellschaft kritisieren, selbst anders zu beantworten, einen Weg zu finden, gemeinsam zu leben und zu arbeiten. Es gibt auch Situationen, in denen ich öffentlich zu bestimmten Themen Stellung nehme, zur belgischen Politik, zu unserem Engagement in Palästina. In den Performances hingegen vermeide ich es meist, eine klare Aussage zu treffen, es geht mir um das Menschsein. Wir suchen nach tieferen Schichten, wo wir mit dem Unbewussten in Berührung kommen, der dunklen Seite der menschlichen Natur. Und genau darin zeigt sich das Politische. Nicht in der Anklage, der eindeutigen Aussage, sondern im konkreten Einzelfall. Ich werde beispielsweise momentan ständig gefragt, wie ich zu Europa stehe. Und für mich ist Europa nur ein kleiner Schritt auf einem weiten Weg. Natürlich bin ich für ein geeintes Europa, für die Überwindung all dieser kleinen Nationalstaaten, aber es sollte nichts weiter sein als die Vorbereitung einer globalen Lösung. Wir reisen so viel, sehen so viele Länder, da erscheint einem Europa plötzlich sehr klein, und sehr langsam. Das Ziel sollte größer sein. Und zugleich kleiner. Denn in lokalen Elementen liegt eine große Kraft, in Stadtgesellschaften etc. Sie haben sich immer eindeutig zum Israelkonflikt positioniert, sind ein scharfer Kritiker der israelischen Politik. In NICHT SCHLAFEN gibt es ein kleines Geheimnis, eine


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Szene, die mir sehr am Herzen liegt. Die Tänzer laufen ziellos durch die Gegend, bis sie irgendwann beginnen, sich miteinander zu unterhalten – als Publikum versteht man nicht, was sie sagen. Ido, der jüdische Tänzer, spricht mit Samir, einem praktizierenden Moslem. Er sagt zu ihm: »Du kannst mir vertrauen. Niemals werde ich dich töten. Niemals werde ich dir Leid zufügen, nicht dir und auch nicht deiner Familie, deinem Bruder, deiner Schwester.« Und Samir antwortet das Gleiche: »Du kannst mir vertrauen, niemals werde ich dir etwas antun ...« Dieser kleine Moment bedeutet uns allen viel, denn man fühlt sich so hilflos angesichts der Lage in Israel und Palästina. Es ist so wichtig, so schön, was sie in diesem Augenblick zueinander sagen. Einige Tänzer, die früher Teil Ihrer Kompanie waren, sind heute erfolgreiche Choreografen, wie Peeping Tom oder Sidi Larbi Cherkaoui, die uns mit Gastspielen in Köln besuchen. Verfolgen Sie die Arbeit Ihrer ehemaligen Tänzer? Natürlich, so oft ich kann. Ich mag ihre Arbeit wirklich sehr. Und ich habe Ihnen viel zu verdanken. Denn nicht ich mache eine Performance, sondern die Menschen, mit denen ich arbeite. Ich weiß, wie ich eine bestimmte Proben-Atmosphäre schaffen kann, ich weiß, wie ich Menschen dazu einladen kann, sich auf etwas einzulassen, ich gebe ihnen Aufgaben, die ihnen andere so wahrscheinlich nicht geben würden, und ich habe einen bestimmten Geschmack, der mich das Material ordnen und kontextualisieren lässt. Das ist mein Part. Was den kreativen Teil angeht, sind jedoch

DIE NÄCHSTEN TANZGASTSPIELE AM SCHAUSPIEL KÖLN L-E-V | OCD Love | Sharon Eyal & Gai Behar 16. und 17. Dezember 2016 | Depot 1 Dance On | Water Between Three Hands | Rabih Mroué 27. und 28. Januar 2017 | Depot 2 Les Ballets C de la B | Nicht schlafen | Alain Platel 15., 16. und 17. Februar 2017 | Depot 1 Rosas | Verklärte Nacht | Anne Teresa De Keersmaeker 22. und 23. April 2017 | Depot 2 Vertigo Dance Company | Vertigo 20 | Noa Wertheim 16. und 17. Juni 2017 | Depot 1 Richard Siegal / Ballets of Difference | My Generation | Richard Siegal (Koproduktion mit Tanz Köln und Schauspiel Köln) 14. Juli 2017 | Depot 1

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die Tänzer die Meister. Insofern kann ich mir vorstellen, dass man, nachdem man bei uns gearbeitet hat, ziemliche Probleme damit hat, in einer Kompanie zu tanzen, in der der Choreograf alles bestimmt, jede Bewegung, jeden Schritt. Sie haben bei uns gelernt, eigenständig zu arbeiten und haben nun Probleme, sich zu unterwerfen. Deshalb, so meine Vermutung, suchen so viele ehemalige Mitglieder des BALLETS C DE LA B nach Möglichkeiten, unabhängig zu sein. Nicht alle haben Erfolg, aber doch viele. Und sie sind so unterschiedlich! Haben Sie Vorbilder, die Sie in Ihrer Arbeit beeinflusst haben? Es ist bekannt, dass Pina Bausch sehr wichtig für Sie ist. Sie ist meine Mutter und meine Großmutter … Es war ein solches Glück, sie kennen zu lernen. Und eine große Erleichterung! Denn lange Zeit war sie eine Göttin für mich, unberührbar, einzigartig. Als wir uns dann aber begegnet sind, war sie einfach eine sehr leidenschaftliche, freundliche Frau, ein warmherziger Mensch. Gegenwärtig ist Berlinde De Bruyckere eine Künstlerin, die ich sehr bewundere – sie hat das Bühnenbild von NICHT SCHLAFEN gemacht. Ich bin schon seit langer Zeit ein Fan ihrer Arbeit, aber es hat gedauert, bis wir uns begegnet sind. Ein weiteres, zentrales Element des Abends sind Tonaufnahmen atmender Tiere. Man hört beispielsweise ein schlafendes Pferd, sehr beeindruckend. Wie sind Sie dazu gekommen, diese Aufnahmen zu verwenden? Das ist eine merkwürdige Geschichte. Als wir in München TAUBERBACH gespielt haben, kam anschließend eine Frau zu mir, die sich für die Befreiung von Tieren einsetzt. Eine Veganerin und Künstlerin, sehr speziell. Eines Tages gab sie mir Aufnahmen schlafender, atmender Tiere. Sie ist für diese Aufnahmen in Ställe gegangen und hat bei den Tieren geschlafen, sie fragt die Tiere sogar um Erlaubnis. Wirklich eine sehr besondere Frau, sehr konsequent. Ich habe Steven die Aufnahmen gegeben, und er hat sie mit Mahlers Musik vermischt – was eine interessante Kombination war. Also fragte ich sie, ob wir die Aufnahmen benutzen dürfen. Anfangs war sie skeptisch, sie dachte, Berlinde würde für ihr Bühnenbild Tiere töten, was für sie natürlich absolut unakzeptabel gewesen wäre. Ich habe ihr erklärt, dass Berlinde so etwas nie tun würde. In der Zeitung wurden ähnliche Vorwürfe laut: Man dürfe keine Pferde für ein Bühnenbild töten. Dabei wurden die Pferde ja nicht extra getötet … Die Pferde waren selbstverständlich schon tot. Die Universität, die Fakultät für Veterinärmedizin arbeitet mit Berlinde zusammen und ruft sie an, wenn sie Pferdekadaver haben. Einmal hat sie uns dorthin mitgenommen. Das war sehr beeindruckend. Wenn der Kadaver gebracht wird, und sie arbeitet damit, und bittet die Tänzer um Hilfe, und alles ist sehr blutig und schmutzig – das war ein heiliger Moment.



Schule des Lebens

Foto Sandra Then

Im Rahmen des Kooperationsprojektes Schule des Lebens zwischen dem Schauspiel Köln und der Tages- und Abendschule Köln hat sich im Laufe der letzten Spielzeit das Import Export Kollektiv gegründet. Das Kollektiv vereint 24 junge Menschen, die sich unter der Leitung des Theatermachers Bassam Ghazi künstlerisch erproben und mit performativen Formaten experimentieren. Das Spiel mit den eigenen Identitäten und Bastelbiografien steht im Fokus der Arbeit: Was war zuerst da? Du oder deine Geschichte?


In dieser Spielzeit wagen die Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen couragierten Blick in die Zukunft. Wie wird unsere Welt aussehen? Wie werden ihre Kinder, wie ihre Enkel leben? Welche Konsequenzen hat es, wenn aus 7,3 Milliarden irgendwann 10 Milliarden Menschen geworden sind? Mögliche Szenarien werden anhand der Vorlage 10 MILLIARDEN von Stephen Emmott gebündelt und mit dem eigenen Leben in Beziehung gesetzt und verflochten. Die Premiere wird im April 2017 sein, aber schon jetzt stellen sich die Akteure des Import Export Kollektiv regelmäßig im Programm des Schauspiel Köln vor.

Gefördert von der

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Was bist du eigentlich für ein Mensch? Überlegungen von Jochen Schubert zu einer Ästhetik des Humanen in Heinrich Bölls ANSICHTEN EINES CLOWNS Die Grundoperation seiner literarischen Verfahrensweise sah Heinrich Böll in der Demaskierung der durch die Imperative von Besitz und Herrschaft bestimmten Formen des Denkens des Sozialen und Politischen in der bundesrepublikanischen Nachkriegsgesellschaft. 1963 gilt dieser Schreibprozess dem Roman ANSICHTEN EINES CLOWNS. »Mein Roman Ansichten eines Clowns«, so Böll, »war Widerstand gegen die selbstgefälligen Kräfte und Gruppen, die zu ihrem unantastbaren Eigentum erklärten, zu ihrem eigenen Besitz, was man nicht besitzen kann wie etwas katasteramtlich Verbrieftes: Christentum und Demokratie.« Hans Schnier, Sohn einer wohlhabenden rheinischen Industriellenfamilie, von Beruf Pantomime, kehrt nach einem Bühnenauftritt in Bochum an einem Märzabend des Jahres 1962 verletzt in seine Heimatstadt Bonn, Bundeshauptstadt und Machtzentrum restaurativer Regierungspolitik, zurück. Verlassen hatte er die Stadt fünf Jahre zuvor, damals einundzwanzig, mit Marie Derkum, der Tochter eines einfachen Händlers, um mit ihr zusammenzuleben. Als ihn Marie, der das nicht legitimierte Verhältnis inakzeptabel wird, nach einiger Zeit jedoch verlässt, da er nicht dazu bereit ist, ihrem Wunsch nach einer Legalisierung der Verbindung zu folgen – diese bedarf für ihn keiner institutionellen, weder kirchlichen noch staatlichen, Beglaubigung, insofern sie in seiner Sicht rein im Versprechen zweier Menschen existiert –,und den Katholiken Züpfner heiratet, mit dem sie zum Zeitpunkt der Rückkehr Schniers nach Bonn auf Hochzeitsreise in Rom weilt, verliert er den Grund unter den Füßen und geht künstlerisch und ökonomisch immer mehr seinem Niedergang entgegen. In Bonn angekommen zieht er sich zunächst in die ihm von seinem Vater als Geschenk überlassene Wohnung zurück und nimmt über das Telefon Kontakt mit einer Reihe von Personen auf, u. a. um sich Geld zu beschaffen. Daran scheiternd kehrt Schnier zum Bahnhof zurück, setzt sich auf die Treppenstufen des Haupteingangs und wartet, während er von den Passanten als Bettler angesehenen wird, auf die Rückkehr von Marie. Hans Schnier verweigert sich der gesetzartigen »Geltungskraft« gesellschaftlich normierter Vorstellungen und jenem System von Wirtschaftswunderwerten, das in ihnen fundiert ist. Dies

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macht ihn zum Abfälligen und Ausgegrenzten – und damit zu einem Gegenstand der Literatur par excellence. Denn Literatur – für Böll immer die Form des Erinnerns und Bewahrens lebensgeschichtlicher und existentieller Erfahrungen – wird da, wo »abstrakte Ordnungsprinzipien« zum normativen Grund gesellschaftliche Realität gerinnen, provokant in der Absicht, dem durch diese Denkform der Gesellschaft ausgeschlossenen und abgegrenzten Individuellen Ausdruck zu verleihen. »Die Literatur kann offenbar nur zum Gegenstand wählen, was von der Gesellschaft zum Abfall, als abfällig erklärt wird« – wie Böll sein poetologisches Credo 1964 im Rahmen seiner Frankfurter Vorlesungen formulierte. In ihrem gedanklichen Profil lässt sich die mit dem Roman unternommene Absicht Bölls als Versuch beschreiben, die in einer Gesellschaft die Lebensform des einzelnen unterdrückenden Ordnungsstrukturen und normativ gesetzten Geltungen durch ein sie überschreitendes, ihr von außen gegenüber gestelltes Medium, einen Clown – nach Jean Starobinski »der Offenbarer, der das Menschengeschlecht zum bitteren Bewußtsein seiner selbst bringt« – sichtbar zu machen, um in der Rückspiegelung der dadurch erkennbar gemachten Strukturen in die Gesellschaft diese zur Selbstreflexion ihrer Fundamente aufzufordern.

Bölls Bewusstseinskorrekturen Vor diesem Hintergrund stand für eine »Ästhetik des Humanen«, wie sie Böll 1964 in Frankfurt in seiner Poetik-Dozentur an der Johann Wolfgang Goethe-Universität zu Frankfurt beziehungsreich zu dem im Jahr zuvor erschienenen ANSICHTEN EINES CLOWNS thesenhaft entwarf, die Aufgabe, aufzuzeigen, dass Inhumanität keinem »Irgendwo« eines gesellschaftlichen Außen entspringt, sondern Spiegel ihrer inneren Verhältnisse ist, in denen die Mechanismen ihrer »Abfallproduktion« sichtbar werden: »Die Humanität eines Landes läßt sich daran erkennen, was in seinem Abfall landet, was an Alltäglichem, noch Brauchbarem, was an Poesie weggeworfen, der Vernichtung für wert erachtet wird«. Damit ist auch die Literatur, wie Böll sie versteht, bestimmt. Sie soll die Gesellschaft in den Zeichen des von ihr Ausgeschlossenen, Abgesonderten und Übersehenen lesbar machen und damit das vom Diktat begrifflicher Fixierung Ausgegrenzte als Erkenntnisinitial in die gesellschaftlichen Verhältnisse zurückvermitteln, um sie zu verändern. Bölls Absicht, Veränderung herbeizuführen, zielt auf eine Bewusstseinskorrektur. Es gilt, neue Aufmerksamkeiten zu stiften, das heißt Nachdenklichkeit im Üblichen zu erzeugen, indem nicht vom Erwarteten her, sondern in Konstellationen gedacht wird, durch die das zur Norm erhobene Übliche in


»unüblichen« Verwendungen und Kombinierungen aufgebrochen wird. Darin zeigt sich für Böll die Kapazität der Literatur schlechthin, ihre Fähigkeit, nicht vorgegebene Ideen sprachlich einzuholen, sondern gerade entgegengesetzt, sich von ihnen abzulösen und damit die Bedingtheiten eines solchen von ihnen »gedeckten« Verstehens »ungedeckt« zu überschreiten. Als Heinrich Böll am 13. Mai 1964 in Hörsaal IV der Johann Wolfgang Goethe-Universität zu Frankfurt seine Vorlesung »Zur Ästhetik des Humanen« in der Literatur eröffnete, war es denn auch mehr als nur ein Satz unter den Präliminarien der ersten Vorlesung, der die Wahl des Zusatzes, »des Humanen«, erläuterte. In knappster Form bringt er einen Grundzug von Bölls Denken insgesamt zum Ausdruck: »Die Worte ›sozial‹, ›human‹ werden in unserer Gesellschaft vermieden, unterdrückt, lächerlich gemacht: sie sind gesellschaftsunfähig, asozial, wenn sie ohne Anhängsel auftreten, ohne wissenschaftliche Deckung, wie sie in Worten wie Soziologie und Humanismus vorhanden ist, ohne politische Deckung, wie sie in einem Wort wie Sozialismus geboten wird«.

Ich sammle Augenblicke Das besagt für Böll: Das »Humane« »verschwindet« nicht nur in seinem begrifflich fixierten Korrelat, als Projektion begrifflicher Fixierung wird es als solches auch immer schon negiert und tabuiert. Diese – in der Vorlesung als Ausgangspunkt gesetzte – Negationserfahrung bildet die Essenz von Bölls Widerstand gegen jede Form von Kategorisierung, die das Humane in ihrem festgestellten Ansichsein abzuzirkeln und festzuschreiben unternimmt. Seine Antwort ist die Re-Markierung des Humanen in seiner dieserart identifikatorischen Bemächtigungsversuchen ebenso übersteigenden wie jegliche Versuche ihrer begrifflichen Disziplinierung unterlaufenden Lebensunmittelbarkeit. Bölls Frankfurter Vorlesungen machen die Denkprobe auf eine »Ästhetik des Humanen«, die im Durchbruch durch vorgeprägte Geltungssetzungen dem, was im Wortschatz der vom »Gedeckten« durchimprägnierten Gesellschaft keinen Platz mehr hat, Wahrnehmbarkeit verschaffen soll. Bölls skizzierte eine »Ästhetik des Humanen« als Laborverfahren ästhetischer Widerständigkeit und widerständiger Ästhetik. Bölls Verlustfeststellung des Humanen hat Tradition. Bereits J. G. Herder führte im 27. seiner Briefe zu Beförderung der Humanität (1791-1797) aus, dass man »[l]eider in unserer Sprache dem Wort Mensch, und noch mehr dem barmherzigen Wort Menschlichkeit so oft eine Nebenbedeutung von Niedrigkeit, Schwäche und falschem Mitleid angehängt [habe], daß man jenes nur mit einem Blick der Verachtung, dies mit einem Achselzucken zu begleiten gewohnt ist.« Auch für Herder resultierte dies aus der Vorrangstellung abstrakt begrifflicher Fixierungen gegenüber dem sich für ihn im Hier und Jetzt der lebensweltlichen Verhältnisse singulär individuierenden Ereignisses »menschlicher«

Menschlichkeit. In die gleiche Stoßrichtung zielte auch Bölls Argumentation, das heißt gegen ein Verständnis von Rationalität, dem am sinnlich Besonderten der Lebenswelt nur das als »wirklich« gilt und Geltung hat, sofern dieses sich im Schema des Begrifflichen erschließen und in die Perspektive eines ideologisch verfügbaren Sinns integrieren lässt. Ein Topos in der Tradition der Rationalitätskritik, in deren unter anderen von Nietzsche und Adorno gezogenen Linie auch Bölls »Ästhetik des Humanen in der Literatur« steht. Bölls »Ästhetik des Humanen« zählt wie jene zu den Entwürfen, die einem vergesellschafteten Verständnis des Normierten als dem geltend Allgemeinen widersprechen. Was bei Nietzsche als Wille erscheint, sich die Wirklichkeit »zurechtzumachen«, um sich ihrer zu bemächtigen, in Adornos Negativer Dialektik als »begriffliche Ordnung« herausgestellt wird, die sich »befriedigt« vor das »schiebt«, »was Denken begreifen will«, exponiert die »Ästhetik des Humanen« ein Konformitätsdiktat, das zum Ausschluss dessen führt, was durch seine lebensweltlichen Besonderungen dem begrifflich fixierten Allgemeinen nicht entspricht. Und wie die »Genealogie« im herrschenden Paradigma das Potential der Macht (Nietzsche) und die Kritik am Identischen das Potential der Verdinglichung entdeckt (Adorno), dechiffriert die »Ästhetik des Humanen« in der Denunziation des Humanen und Sozialen im gesellschaftlichen Wortschatz nicht nur eine semantische Verschiebung, sondern die Potentialität seines Gegenteils, des Inhumanen. Bölls literarische Einbildungskraft operiert sich unterhalb des Identischen, demonstriert das Denken des »Außen« gegen das »Innen«, der emphatischen Verteidigung des »Einzelnen« gegen das »Allgemeine«, der »Ausnahme« gegen der »Norm«. Das aber heißt, das Nicht-Gedeckte denken, und: es gegen alle »Deckung« denken – also »gefährlich denken«. In seinem 1964 gesendeten Radiovortrag »Anmerkungen zum philosophischen Denken« hatte Adorno Nietzsches Wort vom »gefährlich leben« in diese Wendung umgemünzt und damit die »Zivilcourage« gemeint, die emphatischem Denken abgefordert wird, das sich gegen die in ihre begrifflich fixierte Evidenz einbalsamierten Geltungen stelle, ein Denken, das sich in seiner Kritik etablierter Bahnungen des Deutens und Verstehens »von keinem Convenu des Vorgedachten hemmen« läßt: »Die Wissenschaft braucht den, der ihr nicht gehorcht.« Literarisch gewendet und in den ANSICHTEN EINES CLOWNS nachlesbar: »Was bist du eigentlich für ein Mensch?« fragte er. »Ich bin ein Clown«, sagte ich, »und sammle Augenblicke. Tschüs.«

Dr. phil. Jochen Schubert ist einer der führenden Böll-Experten Deutschlands. Seit 1995 ist er Mitarbeiter der Heinrich-BöllStiftung, ab 1998 Projektkoordination und Mitherausgeber der Kölner Werkausgabe. Im kommenden Jahr erscheint von ihm eine ausführliche Biographie Bölls unter dem Titel: EIGENSINN. HEINRICH BÖLL 1917-1985.

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Foto David Baltzer


Hamlet von William Shakespeare | Regie Stefan Bachmann


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01 Was erfüllt Sie mit Hoffnung: a) die Natur? b) die Kunst? c) die Wissenschaft? d) die Geschichte der Menschheit?

Fragen an das schauSpiel studio köln

Das Ensemble des Schauspiel Köln hat Verstärkung bekommen. Seit Beginn der Spielzeit absolvieren drei Studentinnen und fünf Studenten der Leipziger Hochschule für Musik und Theater »Felix Mendelssohn Bartholdy« spielend und lernend ihre letzten beiden Studienjahre hier am Schauspiel Köln. Ihren Einstand haben sie in HAMLET gegeben, in den kommenden Monaten werden sie in zahlreichen weiteren Inszenierungen und vor allem in JEMAND WIE ICH zu sehen sein. Im letzten Magazin haben wir uns dem Ensemble des Schauspiel Köln mit dem legendären Fragebogen des Schriftstellers Max Frisch genähert. Heute stellen wir die Fragen jenen acht, die in den kommenden zwei Jahren dazu gehören.

Die Wissenschaft, denn sie folgt der Neugier, die wir alle in uns tragen. Die Neugier, die Welt zu erklären, die Neugier zu wissen, wer, was, wie und warum wir sind. Wissenschaft hat aus der Gesellschaft das gemacht, was sie jetzt ist. Es war nicht die Religion oder Gott, der uns so weit gebracht hat, es waren die Aufklärung, die Wissenschaft und die Neugier.

Nicolas-Frederick Djuren

Nicolas Handwerker

Sind Sie sich selber ein Freund? Wenn ich darüber nachdenke, komme ich schnell auf die Momente, in denen ich mir im Weg stehe. Allerdings setzt, dass es solche »Momente« gibt, ja voraus, dass ich mir sonst zumindest nicht negativ auffalle. Bis zur Erleuchtung bin ich froh um alle, die mir um meiner selbst Willen Freund sind.

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Können Sie sich erinnern, seit welchem Lebensjahr es Ihnen selbstver-

Fühlen Sie Blutsverwandschaft?

ständlich ist, dass Ihnen etwas gehört, beziehungsweise nicht gehört?

Mit meiner Familie schon immer und so richtig habe ich sie spätestens dann fühlen gelernt, als ich mir mit meinem besten Freund im Alter von sechs in Gedenken an Winnetou und Old Shatterhand den Daumen so tief aufschlitzte, dass … Naja, ich geh nicht ins Detail, hat saumäßig wehgetan …

Ich glaube das erste Mal, wo mir bewusst wurde, dass mir etwas gehört hatte, war, als ich 3 Jahre alt war. Auf dem Weg zum Kindergarten, kurz vor Weihnachten, wurde mir meine Baby born vom Schlitten geklaut. Ich war richtig erschüttert. Ich habe das Bild von dem leeren Schlitten noch sehr deutlich vor Augen. Es war doch meine Puppe, um die ich mich kümmern musste.

Nils Hohenhövel

Elisa Schlott

Elias Reichert

Gibt es Landstriche, Städte, Bräuche usw., die Sie auf den heimli-

08 Wenn Sie gerade keine Angst haben vor dem Sterben: weil Ihnen dieses Leben gerade lästig ist oder weil Sie gerade den Augenblick genießen? Ich denke den Augenblick genießen ist immer richtig. Und wenn das Leben mal lästig wird: »Ärgere dich nicht, wenn dir ein Vogel auf den Kopf kackt, sondern freu dich, dass Elefanten nicht fliegen können.« Während wir leben sollten wir uns sowieso keine Sorgen um das Sterben machen, denn wenn wir wirklich im Augenblick leben und jede Sekunde genießen, dann haben wir keine Angst vor der Zukunft und somit auch nicht vor dem Sterben. Ich denke und hoffe, dass wir alle, in welcher Gestalt oder welchem Körper auch immer, auf die Erde zurückkehren werden … vielleicht als süßes Äffchen oder Erdmännchen ... wer weiß :) »Genieße das Leben ständig, denn du bist länger tot als lebendig!« »Countries are just lines, drawn in the sand with a stick.«

chen Gedanken bringen, Sie hätRobin Meisner

Wenn Sie sich in der Fremde aufhalten und Landsleute treffen: befällt Sie dann Heimweh oder gerade nicht? Es ist eher eine Freude über ein kleines Stück Zuhause, welches dich in der Fremde trifft. Gepaart mit ein bisschen Melancholie ist es immer. Natürlich kommt es auch darauf an, wen man trifft und in welchen seelischen Umständen. Es kommt immer auf den Moment an.

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ten sich für eine andere Heimat besser geeignet? Als Ausländer ist für mich Heimat ein sehr schwer zu fassender Begriff. Natürlich ist meine Geburtsstadt Zürich eine Heimat, aber ich habe auch manchmal Heimweh nach ganz anderen Städten. Jetzt ist Köln meine Heimat geworden. Viel wichtiger als die örtliche Verankerung ist aber die emotionale. Meine Familie und Freunde (auch in alle Welt verstreut) sind für mich die wichtigste Heimat.

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Marlene Tanczik

Möchten Sie lieber mit Bewusstsein sterben oder überrascht werden von einem fallenden Ziegel, von einem Herzschlag, von einer Explosion usw.? Am besten wäre es ein paar Stündchen vorher Bescheid zu bekommen. Ich würde meine liebsten Menschen einladen, Champagner trinken und das Leben feiern. Dann kann der Herzschlag gerne kommen.

Kristin Steffen

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Spielstätten Depot

Offenbachplatz

Depot 1, Depot 2 und Grotte im Carlswerk in Köln-Mülheim Schanzenstraße 6-20 | 51063 Köln-Mülheim

Außenspielstätte am Offenbachplatz | 50677 Köln

preise

karten

Depot 1: Je nach Preis- und Platzgruppe kostet eine Karte zwischen 10 und 39 Euro.

Den Karten- und Aboservice finden Sie in den Opernpassagen zwischen Breite Straße und Glockengasse.

Depot 2: 17 Euro | 22 Euro (Premierenpreis) Grotte: 5 Euro Außenspielstätte am Offenbachplatz: 17 Euro | 22 Euro Schüler und Studenten zahlen nur 7 Euro auf allen Plätzen in allen Spielstätten (außer Gastspiele u. Sonderveranstaltungen).

gastronomie Offenbach am CARLsGARTEN – Das Restaurant des Schauspiel Köln im Depot Seit Beginn der Spielzeit kümmern sich die renommierten Kölner Caterer Gaby und Achim Mantscheff gemeinsam mit Britta Barthelmeß um die kulinarischen Belange im Schauspiel Köln. Unter dem Credo »So regional wie möglich, so bio wie sinnvoll und so selbstgemacht wie bei Muttern.« werden Sie im Offenbach am CARLsGARTEN kulinarisch verwöhnt - egal ob vor, während oder nach einer Vorstellung. Reservierungen: Telefonisch unter 0221-221-28309 oder per E-Mail an info@offenbach-am-carlsgarten.de

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Öffnungszeiten Theaterkasse Mo bis Fr von 10 bis 18 Uhr, Sa von 11 bis 18 Uhr Tickets gibt es außerdem unter www.schauspiel.koeln, über die Tickethotline 0221-221 28400 oder per Mail an tickets@buehnen.koeln


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abo-service

Neben unseren Tages- und Festplatzabonnements bieten wir Ihnen auch unsere flexiblen Serien- und Schauspiel Cards an. Damit entscheiden Sie selbst, wann Sie welche Vorstellung von welchem Platz sehen.

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Serienkarten Mit unseren 4er, 8er oder 10er Karten stellen Sie sich Ihre eigene Spielzeit zusammen. Je nach Serienkarte erhalten Sie die gewünschte Anzahl an Gutscheinen, die Sie an der Vorverkaufs- oder Abendkasse gegen Tickets einlösen können. Dazu genießen Sie alle Vorteile eines vollen Abonnements ganz ohne ein Abonnement abzuschließen – denn unsere Serienkarten verlängern sich nicht automatisch.

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4er Karte 1: vier Vorstellungen im Depot 1 4er Karte 2: vier Vorstellungen im Depot 2 und/oder Offen bachplatz 8er Karte: vier Vorstellungen im Depot 1 und vier Vorstel lungen im Depot 2 und/oder Offenbachplatz 10er Karte: sechs Vorstellungen im Depot 1 und vier Vor stellungen im Depot 2 und/oder Offenbachplatz SerienkartenPreise

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Platzgruppe 2

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Platzgruppe 3

155 €

112 €

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Platzgruppe 4

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34 €

4er-Serienkarte 2

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Impressum Herausgeber Schauspiel Köln Intendant Stefan Bachmann Geschäftsführender Direktor Patrick Wasserbauer Redak­tion Intendanz · Dramaturgie · Öffentlichkeitsarbeit und Künstlerisches Betriebsbüro Konzept, Satz und Gestaltung ambestengestern.com Druck Köllen Druck und Verlag GmbH Auflage 40.000 Redaktionsschluss 01.11.2016 Änderungen vorbehalten. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bühnen Köln finden Sie unter www.schauspiel.koeln im Menüpunkt »Karten«. Die angegebenen Preise verstehen sich zzgl. 10 % Vorverkaufsgebühr.


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Die 4er Karte des Schauspiel Köln


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