3 minute read
AMERICA GIORGIO FERRETTI
Die Sehnsucht nach America macht die Hauptfigur in Giorgio Ferrettis Theaterstück ruhelos und treibt sie an. America zu beschreiben ist schon nicht ganz einfach ob es möglich ist, America eines Tages zu finden, ist auch nicht ganz klar. Die Suche scheint jedoch vieles zugleich zu sein: hoffnungsvoll, verzweifelt, schmerzhaft, erfüllend und lustbetont.
In schlaglichtartigen Episoden begleiten wir die Hauptfigur dieser ComingofAge Geschichte von den Verwirrungen der frühen Pubertät bis in die Ungewissheit des Erwachsenenlebens mit Mitte dreißig. Und auch die Familie, Mitschüler, Freundinnen, der Chef und andere Beteiligte melden sich zu Wort, wenn sie gefragt oder ungefragt eine Haltung zu dem Thema einnehmen, das die Figur so sehr umtreibt: die Sehnsucht nach America.
DAS ERSTE MAL, ALS ICH AMERICA SAH, WAR IN EINEM BADEZIMMER.
Giorgio Ferretti wurde 1990 in Lecco, Italien, geboren und lebt seit 2014 in Deutschland. Er hat Literatur und Kulturwissenschaften in Mailand, Bremen, Bonn und Florenz studiert. Neben Jobs in der Hotellerie und der Gastronomie arbeitete er am Institut für Romanistik der Universität Bonn sowie in einem Seniorenheim in Straßburg. Seit 2019 studiert er am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig. Er wurde zum auftakt festival für szenische texte 2021, zum 25. Klagenfurter Literaturkurs 2022 und zu den Bieler Gesprächen 2022 eingeladen. Außerdem ist er Teil des Verlagskollektivs hochroth Leipzig sowie des Schreib und Performancekollektivs Rhymth.
EXIL-DRAMATIKER*INNENPREIS 2022
Gianna Nannini besang es vor über vierzig Jahren und löste einen Skandal damit aus: America zu spüren, zu berühren und immer wieder neu zu suchen. Auf dem Plattencover hielt die Freiheitsstatue selbstbewusst einen Dildo anstelle der Fackel in die Höhe. Giorgio Ferretti wandelt diese Metapher von der Suche nach Erotik hin zur Sehnsucht nach Selbstfindung, Karriere, Exzess, Sicherheit, Liebe und führt seine Hauptfigur unter anderem auch nach Amerika selbst. Man könnte es so sagen: Ausgehend von Selbstbefriedigung gerät „America“ zur Selbstbefragung. URAUFFÜHRUNG
Für „America“ wurde Giorgio Ferretti 2022 durch die WIENER WORTSTAETTEN der exilDramatiker*innenpreis verliehen. Im Juryspruch heißt es: „Was den Text besonders auszeichnet, ist der melancholische Humor, der sich durch alle Kapitel zieht. Giorgio Ferretti hat mit ‚America‘ ein komprimiertes Spielmaterial geschaffen, ein Theaterstück, das von Sehnsüchten handelt, die alle Menschen empfinden und die doch für die meisten immer rätselhaft bleiben, da sie so individuell und flüchtig wie das wahre Leben sind.“
PREMIERE 30. 9. DISKOTHEK
Mit der Uraufführung von „America“ setzt das Schauspiel Leipzig seine Zusammenarbeit mit Salome Schneebeli fort. Als Tänzerin und Choreographin arbeitete sie an zahlreichen Häusern wie dem Schauspielhaus Zürich, Thalia Theater Hamburg, Nationaltheater Mannheim, Schauspiel Frankfurt und Burgtheater in Wien. Gemeinsam mit Heta Multanen, die für „America“ Bühne und Kostüme entwirft, und dem Szenographen Demian Wohler bildet sie das Künstlerkollektiv „Das morphologische Institut“. Am Schauspiel Leipzig war Salome Schneebeli bereits als Choreographin für „Lazarus“ und „LUNA LUNA“ engagiert.
( ARBEITSTITEL)
Wolfram H Ll
Ist das wirklich eine gute Idee? Den Verlust der Frau dadurch kompensieren, dass man, die neugeborene Tochter und die alte Großmutter im Gepäck, vom urbanen Flachland ins Hochgebirge flüchtet, zum Herkunftsort der Verlorenen? Der Trauer entgegenflüchten, sozusagen? In die Schweizer Alpen, wo die Häuser, die Alten, die Felder die Erinnerung an die Verlorene bewahren, so wie sie überhaupt verschiedene Zeitschichten in sich tragen? Wo die letzten alternden Einwohner in den Nischen des Berges hocken, wie ihre Häuser, gedrungene Beobachter aus Stein und Lärchenholz, misstrauisch alles Neue an sich abgleiten lassend? Wo den Verstorbenen ein Platz vor dem Hauseingang freigehalten wird, wenn sie einmal jährlich mit dem „Gratzug“ vorbeikommen?
Gute Idee oder nicht, jedenfalls tritt das trauernde Trio aus Wolfram Hölls neuestem Stück diese Reise an und wirft sich in eine geballte Fremdheitserfahrung, in der sprachliche Hürden noch die kleinsten Hindernisse sind. Ganz verloren der Vater, der nicht nur dem Dorfbewusstsein beweisen muss, dass ein alleinstehender Mann sich um ein kleines Kind kümmern kann; das Kind, das die Augen aufmacht, um den lauernden Häusern in dieselben zu schauen, die Oma, die durch Beharrlichkeit sich einen Platz auf der Bank erobert und dadurch symbolisch die soziale Anerkennung. Bei aller Sprachlosigkeit findet die kleine Trauergemeinschaft zu einem Miteinander durch Gesten, zur Begegnung im Angesicht der Sterne und vielleicht wird am Ende nicht alles, doch manches gut.
Und
Die H User
Haben Augen
Wolfram Höll schreibt abseits von ausgetretenen Diskurspfaden. Mit seinen Figuren begibt er sich in Gegenden, die scheinbar vom Verlauf der großen Weltzeit unberührt sind, in denen Landschaften, Stimmungen, Rituale ineinanderfließen. Bildstark lässt Höll die geisterdurchzogene Schweizer Alpenwelt lebendig werden. Der Autor, der selbst den biographischen Weg von Sachsen in die Schweiz gegangen ist, ist mit „Bergstück “ (AT) bereits zum vierten Mal seit 2013 („Und dann“) im Programm der Diskothek vertreten. Mehrfach wurden seine Leipziger Uraufführungen zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen, zweimal („Und dann“ sowie „Drei sind wir“ 2016) mit dem Mülheimer Dramatikpreis ausgezeichnet.
Regie bei der Uraufführung führt Elsa Sophie Jach. Nach „Für meinen Bruder“ (2022) ist „ Bergstück “ (AT) ihre zweite Inszenierung am Schauspiel Leipzig. Seit 2022 ist Elsa Sophie Jach Hausregisseurin am Residenztheater München. Ihre Regiearbeit wurde unter anderem durch die Einladung der Inszenierung „Dritte Republik“ zum Festival Radikal jung 2019 und von Thomas Köcks „die zukunft reicht uns nicht (klagt, kinder klagt!)“ (Regie gemeinsam mit Thomas Köck) zu den Autor:innentheatertagen 2018 gewürdigt sowie durch mehrere Nominierungen, u. a. für den NestroyPreis. Mit „Bergstück “ (AT) inszeniert sie nach „Nebraska“ (Theater Oberhausen, 2021) zum zweiten Mal die Uraufführung eines Textes von Wolfram Höll.
AUFTRAGSWERK DES SCHAUSPIEL LEIPZIG
REGIE .........................................
BÜHNE & KOSTÜME
ELSA-SOPHIE JACH
ALEKSANDRA PAVLOVIC ´
MUSIK MAX KÜHN
DRAMATURGIE GEORG MELLERT
PREMIERE 15 . 12.
DISKOTHEK