Templin

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TEMPLIN EINE MÄRKISCHE STADT IM WANDEL DER GESCHICHTE

Autoren Bärbel Makowitz Eitel Knitter Martin Kunze Herausgegeben von der Stadt Templin

Schibri-Verlag Milow • Strasburg (Um.) • Berlin


INHALT

Grußwort ....................................................................................................... 10 Vorwort .......................................................................................................... 11 Danksagung ................................................................................................... 14 TEIL I • VON DEN ANFÄNGEN BIS 1945

Das Landschaftsbild ....................................................................................... 16 Die Besiedlung .............................................................................................. 20 Der Name ...................................................................................................... 22 Zur Vorgeschichte .......................................................................................... 22 Von der Gründung Templins ......................................................................... 25 Straßenkreuzungspunkt Templin · 27 Templin unter wechselnden Herrschaften ...................................................... 28 Die mittelalterliche Wehranlage – Templin als „Rothenburg des Ostens“ · 28 · Templin unter dem „Doppelten“ („Falschen“?) Waldemar · 34 · Hinterließ der „Falsche Waldemar“ einen Markgräflichen Stadthof in Templin? · 41 · „Wirre Zeiten“ · 42 · Hospitäler, Kirchen und „Schulbuden“ um 1500 · 47 Der Anbruch der Neuzeit ............................................................................... 49 Als die Hexen brannten · 49 · „Die Hexenbäume“ · 52 · „Die Galgenfrist“ · 55 · Von den Templiner Zünften, Innungen und Gewerken · 57 · Scharfrichter, Schinderkuhle und Galgenberg · 58 · Der Ausbruch des Dolgensees am 15. Februar 1574 · 61 Templin in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ............................................ 64 Vom Westfälischen Frieden bis Ende des 18. Jahrhunderts ............................. 68 Der Streit um den Gewürzhandel in Templin · 71 · Templin als Bürgerquartierstadt · 71 · Marktgeschehen · 73 · Templiner Feuerverordnung vom Jahre 1719 · 75 · Latein-, Küster- und Mädchenschule · 76 · Brauhäuser, Branntweinstuben und Hotels · 77 · Der Templiner Fährkrug · 79 · Von Mühlen und Müllern · 80 · Ein Stadtrundgang um 1730 · 84 · Das größte Brandunglück in der Geschichte der Stadt im August 1735 · 88 · Vom Wiederaufbau der Stadt · 89 · „Das Rathäusliche Reglement für die Stadt vom 28. Mai 1738“ · 93 · Eine Liebesgeschichte verband Weimar und Templin · 96 Templin in der Zeit Napoleons und der Preußischen Reformen ..................... 98 „Die Eiche am Weberhaus” · 99 · Kämpferin gegen die Napoleonische Fremdherrschaft – Friederike Krüger · 105 · Templin erhielt den Kreisstadtstatus · 107 · Als die Nachtwächter noch durch Templins Straßen zogen · 109 Templin im 19. Jahrhundert ......................................................................... 110


Von der Kirchen- zur Bürgerschule · 115 · Vom Lazarett zum Krankenhaus · 117 · Widerhall der revolutionären Ereignisse von 1848 /49 · 119 · Eine Kleinstadt mit zwei Bahnhöfen auf Modernisierungskurs · 122 · Krieg der Pankgrafen gegen Templin · 131 · Die Templiner Feuerwehr · 133

Templin etablierte sich als Erholungs- und Schulstadt .................................. Das „TemplinerPosterholungsheim” · 138 · Bürgerschule, Realschule und Reform(pro) realgymnasium · 139 · Einrichtung der „Privaten Forstschule” · 142 · Das „Joachimsthalsche Gymnasium” in Templin · 144 · Vom „Knabenrettungshaus“ zum „Waldhof“ · 148 Die Stadt zu Beginn des 20. Jahrhunderts .................................................... Der Erste Weltkrieg 1914-1918 und dessen Folgen für Templin ...................... Templin in der Zeit der Weimarer Republik ................................................ „Neu Afrika“ am Lübbesee · 169 · Templin wuchs aus der Stadtmauer heraus · 170 · Erneuter Krankenhausbau · 171 · 1932 – Ein Doppeljubiläum wurde gefeiert – Das

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700jährige Bestehen der Stadt und die 100jährige Gründung des Männergesangvereins · 173

Templin in der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945 ................................. 178 Der Aufstieg der Nationalsozialisten · 178 · Nationalsozialistische Machtausübung · 180 · Auswirkungen des Antisemitismus · 185 · Jüdisches Leben in Templin · 185 · Jugend und Schule in der NS-Zeit · 191 · Bautätigkeit · 193 · Neues Stadtwappen · 196 · Die Vorzeichen des Krieges · 197 Templin im Zweiten Weltkrieg .................................................................... 198 6. März 1944 – Die Bombardierung Templins · 204 · Die letzten Wochen des NSRegimes · 211 · Einmarsch und Besetzung durch die Rote Armee · 214 Templin nach Kriegsende 1945 ..................................................................... 216 Die Organisation des täglichen Lebens · 218 · Die Entwicklung des politischen Lebens · 222 · Das Flüchtlingsproblem · 224 · Der Kampf ums tägliche Brot · 225 · Krankenbetreuung · 226 · Die Wiederaufnahme des Schulbetriebes · 227 · Die Einrichtung von Kindergärten und Kinderheimen · 228 · Entnazifizierung · 229 · Trümmer – Wohnungsnot – Wiederaufbau der Stadt · 230 TEIL II • TEMPLIN IN DER DDR-ZEIT

Leben im geteilten Deutschland – Die ersten DDR-Jahre ............................. 236 „Der Stadt Templin ein neues Gesicht“ ........................................................ 238 Neue Wohngebiete contra Eigenheime – Dargersdorfer- und Lychener Straße · 245 · Sonstige Bautätigkeit – von A wie Aufbauwerk bis Z wie Ziegeleibrücke · 247 · Straßenumbenennungen 1949-1989 · 251

Entstehung und Entwicklung von Betrieben ................................................ 251 Handel, Versorgung und Gaststättenwesen .................................................. 256 Das Templiner Gesundheitswesen ................................................................ 259


Krippen und Kindergärten ........................................................................... 262 Templiner Bildungseinrichtungen ................................................................ 263 „Goetheschule“ – „Kosmodemjanski-Schule“ – „Karl-Liebknecht-Schule“ · 263 · „Forstschule“– Erweiterte Oberschule – POS V · 264 · Berufsschule „Max Adrion“ · 265 · Förderschule · 265 · Kinderheim „Neuhof “ · 266 · Das „Fahrenson-Heim“ · 266 · Der „Waldhof “ · 267 · „Joachimsthalsches Gymnasium“ – Landesschule – Institut für Lehrerbildung – Pädagogische Schule · 267 Ferien- und Erholungswesen – Templin blieb Erholungsziel ......................... 269 „Salvador Allende“-Erholungsheim · 271 · FDGB-Erholungsheim „Friedrich-Engels“ · 272 · Erholungsheim des Ministeriums für Staatssicherheit · 273 Leben in alten Toren .................................................................................... 273 Vom „Templiner Heimatmuseum“ zum „Volkskundemuseum“ · 273 · Im Mühlentor wurde geschnitzt, gewebt und geschneidert · 276 · Das Berliner Tor – Domizil für das „Landeskulturkabinett“ · 277 Alte und neue Denkmale – Denkmalschutz ................................................. 277 Kulturelles Leben ......................................................................................... 279 Der „Templiner Kulturbund“ · 280 · Templiner „Stadtschreiber“ · 281 750 Jahre Stadt Templin – ein ausgefallenes Jubiläum – eine Schönheitskur für die Stadt ........................................................... 282 Die Templiner Feuerwehr ............................................................................ 284 Templiner Russischasse ................................................................................ 284 Erfolgreiche Templiner Sportler ................................................................... 285 TEIL III • TEMPLIN NACH DER WENDE

Chronik der Wende in Templin .................................................................. 290 Kommunalwahlen 1989 ................................................................................ 290 Konstituierung der neuen Stadtverordnetenversammlung ............................ 297 Städtepartnerschaft Templin – Bad Lippspringe ........................................... 299 Erste Schritte auf neuen Wegen .................................................................... 299 Templin verlor seinen Kreisstadtstatus ......................................................... 301 Templin – die achtgrößte Stadt Deutschlands .............................................. 301 Die Ortsteile Templins ................................................................................. 302 Historische Stadtkernsanierung .................................................................... 309 Stadtmauersanierung · 312 · Das historische Rathaus · 313 · Die Maria-MagdalenenKirche · 314 Verkehrsentlastung für die Innenstadt – Die enge Westumfahrung .............. 316 Einführung des „Fahrschein freien Stadt-Verkehrs“ ...................................... 317 Straßenbauten / Sanierungen ......................................................................... 317 Brückenbauten ............................................................................................. 318 Neue Namen für alte und neue Straßen ....................................................... 319


Neue Wirtschaftsformen und Betriebe ......................................................... 321 Das Templiner Gewerbegebiet · 321 · Das Bekleidungswerk · 322 · Der Wasserwirtschaftsbetrieb · 322 · Die „Templiner Backstuben“ · 323 · Anschlüsse für Telefon, Gas und Öl · 324 · Die Templiner Verkehrsbetriebe · 324 · Weitere Betriebe und Einrichtungen · 325 Vom Eisenbahnknotenpunkt zum Industriedenkmal ................................... 325 Wohnungsbau .............................................................................................. 327 Neue Wohngebiete – Schaffung von Wohneigentum · 327 · Sozialer Wohnungsbau · 328 · „Schöner Wohnen für die Alten“ · 328 · „Aus alt mach neu“ – Wohnungssanierung und Modernisierung durch „WOBA-Templin-UM“ und „Wohnungsbaugenossenschaft Uckermark Templin“ e. G. · 330

Einkaufszentrum contra „Tante Emma-Laden“ ............................................ 331 Gesundheitseinrichtungen ........................................................................... 334 Das Templiner Sana-Krankenhaus · 334 · Ärztehaus statt Poliklinik · 335 · Von der Reha-Klinik zur „Seniorenresidenz an der Buchheide“ · 336 Eine neue Schullandschaft entstand ............................................................. 337 Grundschulstandorte · 338 · Von der Real- und Gesamtschule zur Oberschule · 338 · Das Templiner Gymnasium · 339 · Schulen in freier Trägerschaft · 341 · Das Schicksal des „Joachimsthalschen Gymnasiums“ · 342 · Von der Berufsschule zum Oberstufenzentrum · 344 · Der „Templiner Waldhof“ · 345 · Das Kinderheim „Elfriede Paul“ · 346 · Das Templiner Bildungswerk · 346 Templiner Kindertagesstätten ...................................................................... 347 Vom „Volkskundemuseum“ zum „Museum für Stadtgeschichte Templin“ ... 347 Das MKC – ein kultureller Leuchtturm in der Uckermark ........................... 349 Von der Volksbücherei zur Stadtbibliothek ................................................... 352 Templin als Tourismuszentrum in der Gegenwart ........................................ 352 Hotels, Gaststätten und Pensionen · 355 · NaturThermeTemplin – Thermalsoleheilbad · 357 · Mit der Draisine von Templin über Lychen nach Fürstenberg · 360 Ein Stadtrundgang 2012 .............................................................................. 361 Stadtfeste, Stadtmauerlauf und andere Höhepunkte ..................................... 367 Templiner Stadtfest · 367 · Historische Stadtfeste · 368 · Templiner Stadtmauerlauf · 368 · Rhein-Hessisches Weinfest · 370 · Templiner Wasserspiele · 370 · Postheimfeste · 371 Templin feierte 725 Jahre Ersterwähnung – 29. 9. - 1. 10. 1995 ........................... 371 Vereine bringen sich ein ............................................................................... 372 Templiner Sportvereine ................................................................................ 378 TEIL IV • TEMPLIN-CHRONOLOGIE ZAHLEN – EREIGNISSE – FAKTEN

Templin-Chronologie ................................................................................... 380 Die Bürgermeister der Stadt Templin ........................................................... 550


Bevölkerungsstatistik ................................................................................... Alte und neue Städtepartnerschaften ............................................................ Templiner Persönlichkeiten .......................................................................... Die Ehrenbürger der Stadt ........................................................................... Historische Raritäten für die Stadt ............................................................... Archäologische Grabungen holten „alte Stadtgeschichte(n) ans Licht“ .......... Älteste Familien der Stadt ............................................................................ Älteste Betriebe und Unternehmen (bis 2012) ............................................... Kurioses ....................................................................................................... Wetterkapriolen ...........................................................................................

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ANHANG

Zitatnachweis ............................................................................................... Kartennachweis ............................................................................................ Bildnachweis ................................................................................................ Literaturverweise ..........................................................................................

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TEIL I VON DEN ANFÄNGEN BIS 1945


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Von den Anfängen bis 1945

DAS L ANDSCHAFTSBILD Die Stadt Templin liegt auf dem Gebiet der Uckermark und im gleichnamigen Landkreis. Die Uckermark, auch als „Toscana des Nordens“ bezeichnet, bildet den nördlichsten Zipfel der Mark Brandenburg. In seiner Ost-Westausdehnung erstreckt sich das Territorium der Uckermark von der Oder bis zur mittleren Havel, in der Nord-Südausdehnung zieht es sich vom Oderhaff bis zum Oder-Havel-Kanal hin. In früher Zeit hieß dieses Land „Ucra“, „Ukera“ oder auch „Uckerland“. Abgeleitet wird dieser Name von dem slawischen Stamm der Ukrer, die vor 1 500 Jahren hier siedelten. Erstmals wurde der Name 1465 in einer Urkunde genannt. Ukra bedeutet slawisch die Grenze, „ukrai“, deutsch, Grenzland. Wolfgang Knape fand in seinem Büchlein „Die Uckermark“ eine andere interessante, wenn auch nicht exakte, Erklärung. Er beruft sich auf Sprachkundige, die das Wort „Ucker von dem Verb schlängeln ableiten, was sich auf den Fluss Ucker beziehen würde, welcher direkt aus dem Wilden Rosmarin, aus dem Motten- und Wanzenkraut, der Teufelssposse bei Neu-Temmen im Kreis Templin entspringt und in zahlreichen Windungen und so ganz ohne Eile über Prenzlau und Pasewalk nach Ückermünde zum Oderhaff plätschert. So wäre die Uckermark – die Geschlängelte“. (1) Die vor 12 000 Jahren während der Weichseleiszeit aus Skandinavien kommenden Gletscher formten das Relief unserer Landschaft, so dass die vor 10 000 Jahren entstandene glaziale Serie aus Urstromtal, Grund- und Endmoräne sowie San-

Die Lage Templins am Templiner See (B 1)


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derflächen heute noch in der Uckermark erlebbar ist. Im Laufe der Jahrhunderte war das Land zur Bewirtschaftung gerodet und trockengelegt worden. Doch in den letzten Jahren gelang es durch unterschiedlichste Initiativen die Spuren der Eiszeit wiederzubeleben, so dass sie nirgendwo so deutlich wie in der Uckermark zu finden sind. Eisfelder schoben damals riesige Findlinge, Steine, Geröll, Sand und Ton in unser Territorium, die unsere Vorfahren zum Bau der Stadtmauer, Kirchen und Häuser gut zu nutzen wussten. Von den eiszeitlichen Strukturen zeugen heute noch die dichten Mischwälder mit Rinnen- und Toteisseen, entstanden aus abgeschmolzenen, in der Erde steckengebliebenen, Gletschern. Landstriche, die für die Landwirtschaft ungeeignet waren, sind noch heute von Buchenwäldern überzogen, besiedelt mit Gräsern und Waldmooren von geheimnisvollem Zauber, Lebensraum für seltene Lebewesen wie Kammmolch, Rotbauchunke und Erdkröte. Auch die europäische Sumpfschildkröte wurde durch die kleinen, ruhigen Gewässer, mit Fröschen und Insekten als Nahrungsquelle, wieder aus dem Balkan hierher gelockt. Die Feuchtgebiete sind auch Grundlage für seltene Pflanzen wie Moose und Orchideen. Das Landschaftsbild um Templin wurde maßgeblich von der Endmoräne der Feldberger / Alt-Temmener Staffel, der am weitesten nach Südwesten vorgeschobenen Staffel, girlandenförmig in mehreren Bögen von Feldberg her kommend und über Thomsdorf, Warthe, Klosterwalde und Kölpin verlaufend, geformt. Die Hochflächen der Templiner Platte werden von zahlreichen, sich zum Teil kreuzenden Spaltenseen, die sich um den Bruchsee lagern – Templiner See, Netzow-, Gleuen- und Fährsee, durchbrochen. Sie bilden ein markantes und sehenswürdiges Beispiel eines Naturwunders, das sogenannte „Templiner Seenkreuz“. Die Schmelzwasseransammlungen hinterließen auch den Lübbesee, mit 7,5 km der längste See in der Umgebung, und viele kreisrunde Tümpel wie den Egelpfuhl oder den in der Nähe der Rodelbahn. Entstanden sind diese sogenannten Sölle, „Augen der Landschaft“ genannt, durch unter dem Moränenschutt eingelagerte Eisblöcke. Diese tauten erst später ab, der darüber liegende Geröllschutt sackte nach und übrig blieben die Wasserlöcher. Neben zahlreichen Seen und Wasserarmen erstrecken sich in unserer Gegend Moore und Wiesensenken sowie ausgedehnte naturbelassene Wälder mit Rot- und Hainbuchen im Norden und Kiefern im Süden.Über einige hundert Hektar erstreckt sich in der Nähe ein riesiges Sandergebiet – die Tangersdorfer Heide, die mit Silbergras, Heidekraut und Becherflechten, der Heidelibelle und Zauneidechse, ein besonderes Biostop darstellt. Die Stadt liegt ca. 54 – 62 Meter über dem Meeresspiegel. Das kontinentale Klima bringt geringe Niederschläge, dafür eine durchschnittlich hohe Sonnenstundenzahl. Seit langer Zeit trägt Templin auf Grund seiner einzigartigen Lage, eingebettet in viele Seen und Waldgebiete, den Beinamen „Perle der Uckermark“ bzw. „Stadt der Seen und Wälder“ Der Templiner Max Lobedan erläuterte die Schaffung unserer Landschaft fol-


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gendermaßen: „Dass die Welt in sieben Tagen erschaffen wurde, so wie es im Alten Testament verzeichnet ist, mag wohl für den Rest der Welt Gültigkeit haben, aber nicht für die Uckermark. Sie hat eine eigene Schöpfungsgeschichte. Ehm Welk hat so etwas in seinen `Heiden von Kummerow` schon angedeutet, mir ist eine andere Lesart bekannt. Seine Mark Brandenburg schuf der Herrgott etappenweise und hatte eigentlich vor, hier das Paradies entstehen zu lassen. Doch dass es nicht so paradiesisch wurde, das hat er seinem ständigen Begleiter, dem Teufel, zu verdanken, der ihm immer ins Handwerk pfuschte, wenn sich dazu eine Gelegenheit ergab. Die letzte Etappe seiner Schöpfung in Brandenburg, das war eben die Uckermark. Hier sollte nach der Lausitz, dem Fläming, dem Barnim und dem Havelland etwas geschaffen werden, was einmalig war und was die Fehler ausbügeln sollte, die in den anderen Landesteilen aufgetreten waren. Er wanderte mit seinem ständigen Begleiter von der Lausitz über den Barnim bis an dessen Grenze. Und hier lag das Land, aus dem einmal die Uckermark werden sollte, vor ihm – ungefügt und ungestaltet. Es war ein heißer und windiger Tag. Als sie ein paar Schritte in die zukünftige Uckermark eingewechselt waren, da blies dem lieben Gott der Wind so viel märkischen Sand in die Augen, dass er nichts mehr sehen konnte. `Schietkroam` entfuhr es ihm und damit hatte er das erste Wort im uckermärkischen Platt gesprochen. Der Teufel sah, dass er mit seinem Herrn unbedingt eine Pause einlegen musste. Er schob aus dem Umland einen Hügel zusammen, auf dem sich beide ausruhen wollten. Es ist der gleiche Hügel, auf dem heute der `Grützpott` bei Stolpe zu finden ist. Da die Erschaffung der Uckermark auch eine Terminsache war (so etwas gab es auch damals schon) und man nicht in Verzug geraten wollte, machte der Teufel seinem Herrn den Vorschlag er wolle schon etwas vorarbeiten, bis die Augen des lieben Gottes wieder klar sehen könnten. Dem Herrn war es recht. `Pass auf`, sagte er, `im Osten ist die Oder die Grenze, im Westen die Havel, im Norden gehen wir bis an die pommersche Grenze, und Mecklenburg wird sowieso erst einhundert Jahre später erschaffen. Modelliere du also ganz grob die Uckermark. Machst du etwas falsch, so kann ich das ja immer noch revidieren`. `Au fein`, dachte der Gehörnte, `ich will dem Alten jetzt einmal zeigen, was für eine tolle Landschaft ich ihm hinsetzen werde.` Also machte er sich ans Werk und ließ seinen Herrn beim Augenauswischen zurück. Für die Oder schuf er eine breite Rinne, denn es musste ja Platz sein für das jährliche Frühjahrshochwasser. Und da er für die Pommern schon immer etwas übrig hatte, verlängerte er den Strom bis zum Haff. Auf der Westseite war es schon schwieriger. Die Havel kam ja aus einem Land, das es noch gar nicht gab. Aber da die Woblitz aus Lychen genug Wasser brachte, kam er auch damit zurecht. So schuf er bis ins heutige Zehdenick einen wundervollen Flusslauf. Was aber tun mit dem Land zwischen den Flüssen? Der Teufel dachte nach.


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Templin erhielt den Kreisstadtstatus Im Rahmen der Stein- / Hardenbergschen Reformen und infolge des Wiener Kongresses erfolgte eine Neustrukturierung des Staates Preußen in Provinzen und Regierungsbezirke. Auf Grund der Provinzialordnung wurden die beiden Regierungsbezirke Frankfurt und Potsdam und u. a. die Provinz Brandenburg gebildet. Die alte Mark Brandenburg hatte innerhalb des preußischen Staates keinen Sonderstatus mehr. Der Verwaltungsbereich Uckermark, bis dahin als selbständiger „Uckermärkischer Kreis“ Siegelring (B 26) durch zwei Landräte und einen Landesdirektor mit Behördensitz in Prenzlau verwaltet, was auf Grund seiner Größe schon damals recht schwierig war, wurde aufgelöst. Auf Verfügung vom 16. März 1816 und mit Wirkung vom 1. April 1816 entstanden die drei Kreise Angermünde, Prenzlau, Templin. Das „amtliche Ortschaftsverzeichnis des Regierungsbezirkes Potsdam nach der neuesten Kreiseinteilung vom Jahre 1817“ beschrieb die Grenzen des neuen Kreises Templin wie folgt: „Der Templinsche Kreis liegt südwestlich vom Prenzlowschen Kreise und wird im Osten durch eine Linie begrenzt, welche sich von der Südspitze des Unteruckersees, dem Lauf der Ucker aufwärts, zwischen Potzlow und Seehausen durch den Oberuckersee links von Mollbrücke, Charlottenhof und Falkenstein bis an die bisherige Grenze des Stolpirischen (nunmehrigen Angermünder) und Ucker-Kreises zieht, und der letzteren bis zum Niederbarnimschen Kreise an der Groß-Schönebeckschen Forst unverändert folgt. Die bisher Glin-Löwenbergschen Ortschaften: Badingen, Osterne, Hellberge, Manhorst, Mildenberg, Zabelsdorf, Liebenberg, Hertefeld, Luisenhof und Bergsdorf sowie die Ruppinischen Dörfer Ribbeck und Marienthai sind diesem Kreis beigelegt worden.“ (42) Zum Kreis Templin gehörten so die drei Städte Templin, Lychen, Zehdenick, die Flecken (Dörfer mit einzelnen Stadtrechten, z. B. Marktrecht) Boitzenburg, Gerswalde, Groß Fredenwalde, sowie 49 Dörfer, 74 Güter und Vorwerke, 17 Kolonien und Abbaue. Im Kreis lebten damals 25 834 Einwohner. Zur Kreisstadt wurde Templin ernannt. Erster Landrat wurde Friedrich Wilhelm Carl von Arnim-Gerswalde von 1817 bis 1830. Er war während der Befreiungskriege von 1813 / 15 General-Adjutant des General-Leutnants von Thielemanni. Er stiftete einen goldenen Siegelring, in dem die Namen aller Landräte von 1817 bis 1920 und ihre Amtszeit eingraviert wurden. Ein Duplikat dieses Ringes erhielt Roland Resch bei seiner Wahl zum Landrat 1991. Der Originalring befindet sich im Kreissarchiv in Prenzlau. Als Geschäftshaus für die Kreisverwaltung (Kreishaus) und die Kreiskasse wurde


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1. Kreishaus am Markt (B 27)

von der Stadt das Haus Markt 30, neben dem Hotel Beseler gelegen (heutige Ladenstraße), gekauft und dem Kreis übereignet unter der Bedingung, dass das Haus und die Ländereien und Wiesen zurückgegeben werden, wenn der Kreissitz verlegt würde. Im Potsdamer Amtsblatt vom Februar 1817 erhielt die Stadt dafür folgendes Lob: „Die Stadt Templin hat bei der neuen Kreisorganisation zum Geschäftslokal für den Landrat und für die Kreiskasse ein zu diesem Zweck erkauftes Haus ohne alle Entschädigung hergegeben, und der Behörde außerdem die zur bestimmungsmäßigen Benutzung des Hauses erforderlichen neu angefertigten, auf 336 Taler, 14 Groschen, 6 Pfennig abgeschätzten Utensilien unentgeltlich übereignet. Es wird diese rühmliche gemeinnützige Handlung mit öffentlicher Anerkennung der Verdienstlichkeit hierdurch zur Kenntnis des Publikums gebracht.“ (43) 1868 erwarb der Kreis in einer Zwangsversteigerung das am Markt gelegene Hausgrundstück Nr. 87, heute Nr. 13, in das die Kreisverwaltung unter Rückgabe des alten Gebäudes 1869 umzog. Das zugunsten der Stadt grundbuchlich gesicherte Heimfallrecht an die Stadt wurde durch Vertrag vom 6. Februar 1869 erneut bestätigt. 1876 wurde das Verwaltungsgebäude durch Aufbau eines Stockwerks vergrößert.


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