Heimatkalender Anklam 2015

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Heimatkalender

A n k l a m und Umgebung

2015

86. Jahrgang

Neue Folge 24

Begr端ndet von Max Sander


Inhaltsverzeichnis Waltraud Gleffe Wilhelm Neitzel Erhard Stelzig Erhard Stelzig Angela Krüger A. Krüger/S. Liekfeldt Dr. Günter Manthei Rolf Bahler Dr. Günter Manthei Dr. Günter Manthei Dr. Günter Manthei Hans-Jürgen Kumm Hans-Jürgen Kumm Ilse Sarecka Jochen Futterknecht Siegmund Olm Vikarin Rosalind Gnatt Ilse Sarecka Bodo Liermann Klaus Mühlen Christa Müller Elli Last/Elvira Jonas Rolf Bahler Siegmund Olm Sieglinde Reincke Lothar Kohls Siegmund Olm Dr. Günter Manthei/ Friedhelm Schülke Friederike Priebe Siegfried Stephan Erhard Stelzig Peter Kielmann Erhard Stelzig Dr. G. Manthei/ K. und N. Warmbier Siegmund Olm Siegmund Olm Hans-Jürgen Kumm

Kalendarium mit Gedichtauswahl 4 Nachruf Bärbel Albrecht – Eine Anklamerin 16 Nachruf Peter Kielmann 19 Der Gramzow und der Fiedelberg 21 Handwerk in Anklam 24 Anklamer Bürgermeister Hartwig Thobringk 26 675 Jahre Teterin … da ward gegeigt, getanzt, gezecht … 29 Ausflug zur Anklamer Fähre 37 Wihnachtswunsch 39 Ein Lufangriff – 317 Tote 40 Chronik der wichtigsten Ereignisse im Spiegel der Presse 2013 42 Der Rund Tisch in Anklam 45 Ducherow, 1. August 1914 50 Dörpgeschichten ut dem Duch’rowschen Land (IV.) 55 Almas Schneemann 56 Greif zur Feder! 57 Die Anklamer Marktwestseite im Wandel – 100 Jahre Rückblick 58 Dat Kattenriek 61 Ihrer Gedenken heißt Umdenken 62 Nebelmann 63 Die Wetterwarte neuen Typs 64 Frische Fische 65 Alte Heimat – Neue Heimat 67 Hermannshof 71 Vermischtes aus einigen Epochen 75 All werrer is ein Johr vörbi … 76 Schuld und Sühne – Die seltsamen Köpfe von Wusseken 77 Die Feldsteine und ihre Nutzung durch die Menschen unserer Region 82 Versessen auf Pilze … 88

Fotogalerie anlässlich der 750-Jahrfeier

Anhang

Humanitäre Hilfe für die ehemalige Heimat Ostpreußen Bewertungskriterium Mensch, Teil II Ein Ausflug – Borntin ist immer eine Reise wert Das Anklamer Gaswerk Das Eisenbahnjahrhundert ist an Anklam vorbeigefahren! Wo Bäume noch heute ihre Narben tragen

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Renaturierung im Peenetal – Ein Segen für den Naturschutz (2) 118 Ungewöhnliche Gäste aus dem Vogelreich 121 Wat is dat för ein Diert? 122 Schwerinsburg und seine Bindung zu bedeutenden Persönlichkeiten 123 126


Januar Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

An jedem dieser 365 Tage werde ich alles und alle anschauen, als wäre es das erste Mal – vor allem die kleinen Dinge, diejenigen an die ich mich gewöhnt und deren Magie ich vergessen habe. (Paulo Coelho)

Bedeutende Tage 01.01.2015: Neujahr 02.01.1353: Städteordnung für Anklam, Demmin, Greifswald und Stralsund 06.01.2015: Heilige Drei Könige 15.01.1896: Konrad Adolf Lattner, Maler, in Anklam geboren 16.01.1979: Konrad Adolf Lattner, Maler, verstorben 31.01.1883: Gründung der Aktiengesellschaft Pommersche Zucker­fabrik Anklam

Foto: Dr. Günter Manthei


Februar Mo Di Mi Do Fr Sa So Mo Di Mi Do Fr Sa So 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28

Monde und Jahre vergehen und sind immer vergangen, aber ein schöner Moment leuchtet das ganze Leben hindurch. (Franz Grillparzer)

Stimmungsvoller Festplatz

Bedeutende Tage 02.02.2015: Mariä Lichtmess 14.02.2015: Valentinstag 14.02.1708: C. A. Cothenius, Leibarzt Friedrich II., in Anklam geboren 14.02.1947: Luise Kaliebe, plattdeutsche Autorin, in Anklam gestorben 16.02.2015: Rosenmontag 17.02.2015: Fastnacht 18.02.2015: Aschermittwoch 23.02.1984: Uwe Johnson, Schriftsteller, verstorben

Foto: Angela Krüger


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Heimatkalender 2015

Chronik der wichtigsten

Ereignisse im Spiegel der Presse 2013 Dr. Günter Manthei

Ehrungen 8./9.11. Jahresempfang des Bürgermeisters: Die Ehrennadel erhielten: Alexandra Berlin (DLRG), Rainer Möhring (Pelsiner Sportverein), Helga Sauer (Anklamer Feuerwehr), Karla Weinholz (Anklamer Arbeitslosentreff). Unternehmer des Jahres wurde die Firma BogenSportWelt.3 17.09. Die Kriener Grundschule „Schwalbenest“ wird Umweltschule in Europa.1 27.10. Die Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) zeichnet die Anklamer Fleisch- und Wurstwaren GmbH mit dem „Preis der Besten“ aus.3 08.11. Der 36-jährige Chefkoch André Münch aus Stolpe erringt zum siebenten Mal den Michelin-Stern.1 18.12. MP Sellering (SPD) ehrt Katharina Koehler, Leiterin der Frauenselbsthilfegruppe nach Krebs, mit der Ehrennadel des Landes.1 Jubiläen 30.03. Judikafeier im Lilienthalgymnasium – Ereignis vor 300 Jahren begründete Tradition.4 28.04. 20 Jahre Westpreußentreffen im Volkshaus mit der Präsidentin des Frauenverbandes im BdV Sibylle Dreher.3 15.05. SPD-Wanderausstellung im Rathaus zum 150. Gründungstag1 27.05. Neetzower Feuerwehr feiert 90. Geburtstag.1 29.05. Boldekow feiert 700-jähriges Jubiläum und ehrt den Botaniker Kurt Sprengel (1766–1833) mit einem Gedenkstein.1 07.06. Busow, Gemeinde Ducherow, begeht das 725. Ortsjubiläum.1 03.07. 100 Jahre Familienunternehmen Augenoptik Streblow in der Steinstraße.7 07.07. Festveranstaltung zum 130-jährigen Bestehen der Zuckerfabrik Anklam.3 28.07. Ausstellung in der Schwedenmühle: 40 Jahre Fritz-ReuterEnsemble.4 27.09. Schülertreffen: Schüler und Klassenlehrer Horst Lehmann aus der ehemaligen Kinder- und Jugendschule Anklam treffen sich nach über 50 Jahren.1 09.11. Kreismusikschule Wolgast-Anklam begeht 65. Jubiläum.5

Quellen 1 Vorpommern-Kurier 2 Nordkurier 3 Peene-Blitz 4 Pommersche Zeitung 5 Ostsee-Zeitung 6 Kirchenzeitung 7 AnzeigenKurier

Veranstaltungen 07.01. Das von der DLRG-Ortsgruppe organisiert 14. Winterbade­ spektakel an der Peene hat 300 Schaulustige angelockt.1 19.01. Rekord: Gerade einmal 1,5 Stunden dauert die Kreistags-Sondersitzung am 18.1. 2013 in Pasewalk.1 31.01. Hoher Besuch: Generalkonsulin der USA, Inmi Patterson, besucht Anklam und trägt sich in das Ehrenbuch der Hansestadt ein.1


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12.03. 22. Frühlingstreffen der Ostpreußen: 600 Gäste kommen ins Volkshaus.5 06.04. Das schwungvolle Frühlingstreffen der Pommern besuchten über 700 Gäste, darunter die Präsidentin vom Pommerschen Kreis- und Städtetag, Margrit Schlegel.4 05.05. Sensationelle Funde: Dr. Gundula Lidke, Universität Greifswald, berichtet über Funde aus der Bronzezeit im Dorf Weltzin nördlich von Altentreptow.3 12.05. 6. Europäische Plakatbiennale der Kunst- und Designschulen: Sieger wird Andrzey Piechota, Student der Kunstakademie Poznan, mit dem Schriftplakat e = mc3. 13.05. 3.000 Gäste besuchen das 19. Internationale Trabbi-Treffen auf dem Anklamer Flugplatz.1 03.06. 830 Zuschauer verfolgen im Anklamer Stadion das Spiel DDRLegenden gegen Anklamer Oldies.1 11.06. Klassentreffen: In Müggenburg treffen sich Abiturienten der Klassen 12a2 und 12b2 von 1958.1 13.07. Ausstellung: „110 Jahre Motorflug“ in der Nikolaikirche1 22.07. NDR-Sommerparty: Mehr als 12.000 Besucher kommen auf den Anklamer Markt – Star ist DJ Ötzi.1 19.08. Das Anklamer Hansefest: 10.000 Besucher strömen zum Peeneufer.1 15.09. „22. Tag der Heimat“: Zum landesweit größten Heimattreffen kommen 750 Heimatfreunde nach Anklam.3 28.09. Der Verein Schwedenmühle und die Universität Greifswald erforschen die Geschichte des ehemaligen Arado-Werks Anklam.4 12.10. Anklamer und Gäste gedenken der 317 Bombenopfer, die 1943 in nur vier Minuten ihr Leben verloren.3 Sport

16.01. Eine Ski-Sprungschanze stand von 1960–73 auf dem Gelände der Deutschen Post.1 19.07. Nach 85 Jahren Fußball in Sarnow stellt Germania Sarnow den Spielbetrieb in der Kreisliga ein.1 12.09. Der 17-jährige Anklamer Rettungsschwimmer und Gymnasiast Max Tesch wird Europameister in Italien.1

Wirtschaft

05.06. Anklamer Ölmühle exportiert: Das Unternehmen, das kürzlich als „Ressourcen schonend“ und „klimaverträglich“ ausgezeichnet wurde, exportiert erstmals 1.000 Tonnen Rapsöl (20-Waggon-Zug) nach Polen.1 17.06. Anklamer Zuckerfabrik beginnt mit der Biogasproduktion.1

Stadt Anklam

14.01. Im Ameos-Klinikum erblicken 310 Babys das Licht der Welt; 152 männlich, 158 weiblich.1


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17.01. Bürgermeister Michael Galander (IfA) verurteilt: Nach einem Urteil des Stralsunder Landgerichtes soll er 10.000 Euro zahlen.1 01.02. Die Arbeitslosenquote in Anklam beträgt 21,6 Prozent.1 28.03. Richter und Anwälte und Gäste aus Wolgast demonstrieren gegen Schließung/Degradierung des Amtsgerichts.1 16.04. Jahrelanger Streit der Bargischower gegen die Polderflutung endet mit einem Vergleich mit der Landgesellschaft.1 17.04. Stadt Anklam ersteigert den Anklamer Bahnhof für 27.000 Euro.1 10.06. Das DRK Ostvorpommern hilft: Zehn Helfer werden in das Hochwassergebiet bei Magdeburg geschickt.1 18.06. Mit 350 Euro und zehn Litern Eintopf hilft das Anklamer Res­ taurant „Klosterbruder“ den Flutopfern in Wittenberge.1 22.06. Stadtparlament blockiert: Nach Boxtrainer Uli Wegner erhielt auch Theaterchef Dr. Wolfgang Bordel keine Ehrenbürgerschaft.1 09.10. Das Ameos Klinikum erhält ein neues Dialysezentrum.1 Schule

31.01. Für 600.000 Euro erfolgt die Grundsanierung der Käthe-Kollwitz-Regionalschule.1 23.08. Der 48-jährige Mathias Ruta ist ab 2013/14 neuer Schulleiter am Lilienthal-Gymnasium.1

Kultur/Natur

18.05. Der Seeadler, Deutschlands Wappentier, hat sich im Peenetal wieder prächtig entwickelt.1 08.06. Schlosssanierung: Der Bund stellt 214.000 Euro für das 1575 errichtete Renaissance-Wasserschloss in Quilow zur Verfügung.1 21.11. Edition des Anklamer Heimatkalenders 2014 – ein Beitrag des Historischen Vereins Anklam und Umgebung e. V. zum 750. Stadtjubiläum.1

Kirche

23.01. Die Marienkirche erhält das restaurierte Taufbecken zurück (etwa 700 Jahre alt und 600 kg schwer).1 10.03. Mitgliederschwund: Die Evangelische Kirche hat in Vorpommern nur noch 90.000 Mitglieder.6 19.10. Neuer Pfarrer: Der 53-jährige Hanspeter Milz aus Bayern betreut die katholische Gemeinde Salvator in Anklam und Wolgast.1

Rückblick

12.06. Vorpommerns Legende in Sachen Holzbootbau, Karl Freude aus Anklam, ist mit 85 Jahren gestorben.1 27.09. Siegmund Olm aus Neuenkirchen ist schon 39 Jahre Pilzberater.1


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Versessen auf Pilze …

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… sind auch heutzutage viele Liebhaber. Die „Dritte Jagd“ und der Genuss selbst gefundener Pilze scheinen von höherem Rang zu sein als der Kauf von (Zucht-)Pilzen auf dem Supermarkt. Wichtig bleibt nur, dass die Pilzfans die Objekte ihrer Begierde sicher kennen. Siegmund Olm Der Grundsatz: „Erst wissen – dann essen“ wird jedoch nicht immer ernst genommen und die Folgen können sehr unangenehm sein. So erging es einem Usedom Urlauber, dem im September 2013 eine Pilzmahlzeit übel bekam. Nach seinen Recherchen im Internet befürchtete er, Knollenblätterpilze gegessen zu haben. Durch das GGIZ Erfurt (Anm.) kam er dann zu mir als erreichbarem Pilzberater. Er legte mir Schirmpilze vor, deren Giftigkeit ich ausschließen konnte. Da fielen sowohl dem Ratsuchenden als auch dem Berater je ein Stein vom Herzen! Nicht immer gehen Pilzvergiftungen glimpflich aus. Als ich (1973) einem Bekannten meine Absicht mitteilte Pilzberater zu werden, gab er mir den wohlmeinenden Rat, zuvor erst einmal nach Auerose zum Friedhof zu fahren, um mir einen Grabstein anzuschauen.Seinen Rat habe ich befolgt. 1946 im September waren vier Kinder einer Pilzvergiftung zum Opfer gefallen (s. Abb. 1). Einen wirklich schwerwiegenden Vergiftungsfall habe ich als Pilzberater Abb. 1: Grabstein auf nie erleben müssen. Aber ich war auch immer heilfroh, wenn erste dem Friedhof Auerose Nachtfröste nach einer Pilzsaison auftraten. Nun konnte nichts Schlimmes mehr passieren! Über Pilze und Pilzberatung habe ich mehrmals auch im Heimatkalender geschrieben. Rückschauend möchte ich feststellen, dass die Beschäftigung mit Pilzen mein Leben sehr bereichert hat.Entscheidend waren die Kontakte und Begegnungen mit vielen Pilzfreunden(-innen), die dazu beitrugen, dass ich mich in der Funga (Pilzwelt) zurechtfinde und wohlfühle. Meine Vorgänger als Pilzberater und Pilzlehrer waren Hermann Scheel (1865–1968) und Friedrich Jacobs (1898–1984). Pilzausstellung Anklam, 1974


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Wenn ich an H. Scheel denke, erinnere ich mich auch an seine Pilzaquarelle – so den Karbolchampignon (Agaricus xanthodermus). Seinerzeit war das eine rare Art, heute ist es bei uns ein Massenpilz, der häufigVergiftungen hervorruft. (s. Abb. 2) Friedrich Jacobs vermittelte mir nicht nur die Grundkenntnisse, die ein Pilzberater braucht, er stellte mir 1973 auch die erste „Rote Karte“ aus: Somit konnte ich damals Wiesenchampignons (heute selten vorkommend) eigenverantwortlich in den Handel bringen. Herr Jacobs entdeckte am „Alten Lager“ bei Menzlin eiAbb. 2: Karbolchampignon nen ganz besonderen Pilz, den Sternstäubling (Mycenastrum corium). Letztmalig wurde diese Art 2005 in Anklam wiedergefunden. (s. Abb. 3) Die „Gelbe Karte“ stellte mir 1974 Herr Dr. Reinhard Doll (seinerzeit Bezirkspilzsachverständiger bei Bezirkshygieneinstitut Neustrelitz) aus. Nunmehr konnte ich als „Kreisbeauftragter für Pilzaufklärung“im Auftrage der Kreishygieneinspektion auch in „meiner Dienstzeit in den Diensträumen“ der Kreisstelle für Unterrichtsmittel (Burgstraße, später Demminer Str.) als Pilzberater wirken. Meinen eigentlichen „Einstand“ als Berater hatte Abb. 3: Sternstäubling ich dann durch eine Pilzausstellung in der Rathausvorhalle 1974 gegeben, die dank der Unterstützung von Herrn Jacobs, Herrn Dr. Doll, Mitarbeitern der Kreishygieneinspektion und vieler Pilzfreunde erfolgreich verlief. Mir halfen damals schon meine (späteren) Pilzberaterkollegen Ulrich Arndt, Jahrgang 1937, und Gerhard Rüdiger (1928–2011). U. Arndt Abb. 4: war Pilzberater in Anklam von 1980 bis zu seinem Umzug nach PotsGerhard Rüdiger und dam, wo er heute noch als Berater tätig ist. Siegmund Olm (l.) Mit Gerhard Rüdiger verbanden mich eine enge Zusammenarbeit und Freundschaft. Er wurde 1986 Pilzberater und trug in den Folgejahren die Hauptlast und – verantwortung bei der Beratung der Anklamer. So manche Pilzausstellung haben wir gemeinsam gemacht. (s. Abb. 4) Er hatte auch seinen Nachbarn Alfred Schweda mit dem „Pilzvirus“ angesteckt. Wie andere Pilzberater auch arbeitete Gerhard bei der Pilzkartierung mit. Seine Arbeitsergebnisse sind


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F. Jacob und R. Weier

Abb. 5: Puppen-Kernkeule

in der Fachliteratur zu finden. Unsere langjährige Zusammenarbeit mit dem Mykologen Herrn Prof.Dr. Hanns Kreisel hat Früchte getragen. Über besondere Pilzfunde konnte sich Gerhard sehr freuen. So entdeckte er die Puppen-Kernkeule (Cordyceps militaris) wieder, die schon Scheel aquarelliert hatte. In all den Jahren danach hat niemand diesem Pilz in unserer Gegend wieder gefunden (s. Abb. 5). Auch manche schöne Pilzmahlzeit bereitete Gerhard gern zu, zum Beispiel Maipilze (Calocybe gambosa) im Frühling oder den „Lilastiel“ (Lepista saeva) im Herbst. Nach der Wende veränderten sich die Verwaltungsstrukturen und der Pilzberaterstatus war zunächst unsicher. Dennoch wurden die Anklamer weiter beraten und in der Station Junger Naturforscher und Techniker gab es Raum und Interesse, speziell von Herrn Richard Weier (vgl. Hkl. 1998, S. 90) für Pilzausstellungen, die auch von Schülern der Anklamer Schulen genutzt wurden. Zur Zeit aber scheinen Pilze im Unterricht nur einen geringen Stellenwert zu haben. Seit 1994 hat zumindest in Mecklenburg-Vorpommern die Pilzberatung eine sichere gesetzliche Grundlage. Im Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst ist festgelegt: „Der Öffentliche Gesundheitsdienst berät die Bevölkerung über die Essbarkeit von wildwachsenden Pilzen und wirkt bei der Aufklärung von Pilz- und sonstigen Pflanzenvergiftungen mit.“ Pilze und Pilzfans wird es ganz sicher auch weiterhin geben – mit der Pilzberatung in Anklam sind eher Unsicherheiten verbunden. Es ist aber zu hoffen, dass alte Traditionen, wie auch die der Beratung – fortgeführt werden.

Lilastiel

Quellen

GGIZ – Gemeinsames Giftinformatiionszentrum der Länder Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen c/o Helios Klinikum, Nordhäuser Str. 74, 99089 Erfurt, Tel. 0361/7307322, E-Mail: plenert@ggiz-erfurt.de Hanns Kreisel: „Pilze von Mecklenburg-Vorpommern (Arteninventar,Habitatbindung, Dynanik)“, Weissdorn Verlag Jena 2011, ISBN 978-3-936055-65-8 Heimatkalender Anklam: „Auf Pilzpfaden“ (1989), „Poggenstäuhl“ (1998), „Erdsterne“ (2005)


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Ungewöhnliche Gäste aus dem

Vogelreich Wiedehopf und Bienenfresser … Siegmund Olm

Bienenfresser Foto: J. Kraatz

… waren in unserer Region (Altkreis Anklam) bislang nicht zu Gast gewesen … bis dann ab 19.05.2004 in Neuenkirchen ungewohnte Vogelrufe zu hören waren. Frau G. Lau berichtete, sie habe einen Wiedehopf im Park gesehen und Frau K. Wolthusen hatte sogar einen Vogel dieser Art in Neuenkirchen fotografiert. Danach konnten am 11.06. zwei Wiedehopfe an einem stillgelegten Stallgelände beobachtet werden. Im ganzen Dorf waren ihre auffälligen Rufe: „Hup-hup-hup!“ zu hören. Die Vögel hielten sich auch in der Mitte des Dorfes (Teich, Neubau) auf.Am 03.08. sah Frau Wolthusen drei Vögel in Neuenkirchen,danach waren Wiedehopfe auch in Rubenow und Drewelow beobachtet worden. Vermutlich gab es also eine erfolgreiche Brut im Jahre 2004. Wiedehopfrufe waren im Folgejahr 2005 vom 02.05. an wieder in Neuenkirchen zu hören. Die Tiere waren aber weniger ruffreudig als im Vorjahr. Belegfotos über das Brutgeschehen konnten gemacht werden. Leider verstummten nach dem 16. Juni. die Vögel, offenbar hatte ein Marder ihr Nest ausfindig gemacht. Wiedehopfe sind in den Folgejahren weder in Neuenkirchen noch in der unmittelbaren Nachbarschaft beobachtet worden. Die arttypischen Rufe bleiben den Beobachtern in eindriglicher Erinnerung. Ihre Gastrolle in Neuenkirchen belegen sowohl Fotos (J. Kraatz v. 10.06.2005) als auch plattdeutsche Kinderreime. (S. Olm 2004) Bienenfresser wurden im Peenetal schon im Juli 2001 durch J. Kraatz. bei einer Bootsfahrt beobachtet. In der Folgezeit wurde auch deren Nistplatz in einer Kiesgrube entdeckt. und die erfolgreiche Brut belegen auch Fotos (J. Kraatz). Für Vogelliebhaber ist das Erscheinen und das Beobachten so schöner und interessanterVögel etwas ganz Besonderes. Ihr Erscheinen deutet auch auf den Klimawandel hin. Ähnliche Gründe dürfte das Erscheinen von Silberrreiher, Bartmeise und Weißbartseeschwalbe haben. Diese Vogelarten sind in der jüngsten Zeit auch hier heimisch geworden. Ihnen gefällt es offensichtlich bei uns im Peene- bzw. Landgrabental. Quellen Vl. auch: Klafs, G. und J. Stübs (Hrsg.): Die Vogelwelt Mecklenburgs, 2.Auflage Jena 1979, S. 211–213.


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Heimatkalender 2015

Wat is dat för ein

Diert?

Hup – up. Hup – up. Hup – up – up! Heff ik hüt morgen hürt. Hup – up. Hup – up. Hup – up – up! Wat röppt dor för ein Diert?

Lied för Kinner Kiek an, dat is ein Vagel, Siegmund Olm

Dei oewer’n Schwienstall flücht. Dei Vagel is ein Wäd’hopp1 Dei dor so ludhals schricht. Hup – up. Hup – up – Hup – up – up! Dei Vagel makt sich grot, Hei stellt an’n Kopp sien’ Feddern up, Bi em is dat so Mod. Ik kenn em nich von früher, Hier har’k em nie nich hürt. Hei hett sich hier ein Flach utsöcht, wo em woll keiner stürt.

1 Wiedehopf

Wiedehof Foto: J. Kraatz

Hup – up. Hup – up. Hup – up – up! Hei buucht bi uns sien Nest. Wenn hei sien Lied hier wieder singt, wier dat ja woll dat Best’!


Hanse-Radler

Hanse-S채nger aus Deventer

Foto: Hans J체rgen Kumm

Foto: Dr. Wilfried Hornburg


Einweihung des neuen Lilienthaldenkmals mit Enkelin und Urenkelin

Mittelalterliche Musiker

Foto: Dana Sander

Foto: Hans J端rgen Kumm


Ensemble „Legende“ aus Königsberg/Kaliningrad

Foto: Dr. Wilfried Hornburg

Zeitreise Frauenstraße

Foto: Dr. Wilfried Hornburg


Hansebürger

Festumzug

Foto: Angela Krüger

Foto: Elfi Möller


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