Jahres- und Wirkungsbericht 2014

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»Unser Wichtigstes Fach heiSSt ›Kopf hoch.‹«

»Die Fortbildung bei Schlau ist Methodisch und inhaltich sehr wertvoll.«

»Engagement und Professio­­nalität der Lehrenden bei SchlaU sind beispiellos.« »Jeder hat das Recht auf Bildung.«

»Im Jahr 2014 bestanden 97 Prozent die externe ABSCHLUSSPrüfung.«

»SchlaU Zeigt, wie eine mutige, private Initiative als Vorbild vorangeht und Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft mit ins Boot holt.«

Jahres- und Wirkungsbericht 2014 Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V.


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

Geltungsbereich des Berichts Dieser Bericht beschreibt unter Anwendung Social Reporting Standard 2014 (SRS) die Angebote des Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. und seiner Tochtergesellschaft ISuS gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt). Er bezieht sich auf den Zeitraum Januar bis Dezember 2014 und dient der Aktualisierung des Jahres- und Wirkungsberichts 2013


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Inhalt Vorwort 4 Vision und pädagogisches Leitbild 6 Besondere Ereignisse 2014 8

1. Hintergründe und Problematisierungen 12 1.1. Kontext 13 1.2. Die Zielgruppe 14

2. Unser Lösungsansatz 16 2.1. Schule machen nach dem SchlaU-Prinzip 17 2.2. Bildung vermitteln – nachhaltig fördern 17 2.3. Unterstützen 19 2.4. Berufsorientierung 20 2.5. SchlaUzubi: Übergang Schule-Beruf 20 2.6. Darstellung der Wirkungslogik 21 2.7. Projekte 22

3. Ressourcen, Leistungen und Wirkungen 26 3.1. Input-Output-Outcome/Impact 27 3.2. Schulstatistiken 28 3.3. Evaluation und Qualitätssicherung 30

4. Organisationsstruktur und Team 32 4.1. Eigentümer- und Organisationsstruktur 33 4.2. Allgemeine Angaben 35 4.3. Team 36 4.4. Partnerschaften, Kooperationen und Netzwerke 40

5. Finanzen und Rechnungslegung 42 5.1. Buchführung und Rechnungslegung 43 5.2. Finanzielle Förderer 43 5.3. Gewinn- und Verlustrechnung 44

6. Verbreitung des Lösungsansatzes und Ausblick 46 6.1. Fortbildungsprogramm 47 6.2. Planung und Ziele 48 6.3. Einflussfaktoren/Chancen und Risiken 48

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Liebe Freundinnen und Freunde von SchlaU In 28 Jahren Flüchtlingsarbeit erlebe ich zum ersten Mal, dass täglich mehrere Sendungen, Dokumentationen und Hintergrundberichte über Flüchtlinge über unsere Bildschirme laufen. Etwas fühle ich mich an den Anfang der 90er Jahre erinnert, als sich die Situation zunächst scheinbar ähnlich entwickelte, aber die Stimmung gegenüber dem Thema »Flucht und Flüchtlinge« damals quer durch die Gesellschaft fast flächendeckend negativ war. Dies hat sich über die Jahre mit den einschneidenden Folgen des demografischen Wandels, also dem Altern unserer Gesellschaft und der Notwendigkeit jüngerer Arbeitskräfte bzw. Fachkräfte, glücklicherweise etwas zum Positiven gewandelt. Firmen und ArbeitgeberInnen stehen dem Flüchtlingsthema wesentlich offener gegenüber als noch vor ein paar Jahren und der Wille, Menschen in Not aufnehmen und unterstützen zu wollen, wächst und wächst. Diese Einstellung (»Wir brauchen diese jungen Menschen«) wirkt sich positiv aus auf eine zunehmende Willkommensbereitschaft gegenüber Flüchtlingen, doch einen Wermutstropfen verspüre ich dennoch. Im Vordergrund steht dabei die wirtschaftlich nutzbare Arbeitsressource »Mensch«. Sie steht an der Stelle, an der in meinen Augen und auch in den Augen meiner MitstreiterInnen eigentlich die Würde des Menschen stehen sollte. Dagegen lehren, betreuen und fördern wir, dagegen kämpfen wir! Weiterhin zwingen Gewalt, Krieg und Verfolgung so viele Millionen Menschen ihr Land zu verlassen, um irgendwie und irgendwo überleben zu können. Das geht auch uns an. Denn es ist nicht nur die physische Gewalt, die durch eine verantwortungslose (u. a. deutsche) Rüstungspolitik überhaupt erst ermöglicht wird, es sind auch (u. a. deutsche) Waffenlieferungen, die staatlichen bzw. quasistaatlichen Terror bewirken, es ist auch die Zerstörung der Lebensgrundlagen durch diverse internationale Abkommen wie die Freihandelszonen, wie der durch multinationale Konzerne gesteuerte Zugang zu Wasser und nicht zuletzt die fatalen Folgen des Klimawandels. Und trotz dieser Tatsachen und der stattfindenden gesellschaftlichen Öffnung höre ich weiterhin das wiederkehrende Lied »Das Boot ist voll«. Menschen, die nur noch diese letzte Wahl des Überlebens haben, nämlich zu fliehen, werden hierzulande von politischen Stammtischparolen diffamiert und als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet. Deutlich wird der bundesdeutschen Bevölkerung eine Zwei-Klassen-Flüchtlingsgesellschaft suggeriert: Unterstützenswert sind dabei nur die wahrhaft »politisch Verfolgten«. Schließlich kann Deutschland doch nicht für all das Unrecht in der Welt geradestehen müssen! Mit solch dumpfen Parolen rechtfertigt die aktuelle Politik ihre täglich Menschenleben missachtende innenpolitische Strategie. Und sie gipfelt eben in dem Argument, dass wir an der Belastungsgrenze der Aufnahme seien. Die Gesetzesvorschläge, die geplant sind und kurz vor der Verabschiedung stehen, haben damit allesamt den gleichen Duktus: Wir dürfen es den Flüchtlingen nicht zu gut gehen lassen, das sorgt für Anreize und treibt die Schlepperpreise in die Höhe. Welch infames, unmenschliches Herangehen an etwas, das man Integration nennt! Gerade mal ein Prozent der Flüchtlinge weltweit sucht derzeit in Deutschland Zuflucht. Um diese prekäre Situation noch deutlicher zu machen, lassen Sie mich ein paar aktuelle Schieflagen verdeutlichen. 1. Seit Monaten ist in der Diskussion, dass während der Ausbildungszeit und zwei Jahre danach keine Abschiebung stattfinden dürfe. Das sei menschlich inakzeptabel, aber auch für die ArbeitgeberInnen sei es ein unzumutbares Risiko; es soll also eine Rechtssicherheit geschaffen werden. So sehen das nicht nur die Menschenrechtsorganisationen, sondern auch die Wirtschaft, insbesondere die Kammern haben sich hierzu positiv zu Wort gemeldet. Zunächst möchte ich dazu sagen, dass diese sog. »3+2-Lösung« lediglich der Seite der Wirtschaft zugutekommt. 4


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Würde man sich um das Wohlbefinden der Flüchtlinge kümmern und darum, ihnen während der Schulzeit diesen unsäglichen Druck zu nehmen, spräche man dementsprechend von einer »3+3+2-Lösung«, welche die Schulzeit miteinbezieht. Wie sieht die politische Situation im Freistaat Bayern aus?In Bayern soll es noch nicht einmal einen sicheren Aufenthaltstitel für die »3+2-Lösung« geben; stattdessen ist man zu einjährigen Duldungen übergegangen, die dazu noch an die Mitwirkungspflicht geknüpft wird. Wir wissen aus langjähriger Erfahrung, dass dies in keiner Weise etwas verändert, dass Duldungen jederzeit beendbar sind und die ArbeitgeberInnen damit ruhig gestellt werden sollen. Hier tut Aufklärung Not – dieser bayerische Plan darf nicht aufgehen! 2. Ab 1. Januar 2016 soll die Wartezeit in Deutschland, um BAFöG erhalten zu können, von vier Jahren auf 15 Monate verkürzt werden. Eine positive Entwicklung, und dennoch wird Entscheidendes übersehen. Erstens: Der jetzige Jahrgang wird schlicht übersehen, übergangen, vergessen. Zweitens: Die Novelle gilt nicht für diejenigen, die sich noch im laufenden Asylverfahren befinden (»Aufenthaltsgestattung«). Das BAMF schafft es nicht, die Verfahren zu beschleunigen, besteht aber auf der Mär der Verkürzung – und das bei den augenblicklichen Zuzugszahlen! Konkret bedeutet das: Ein Großteil unserer SchülerInnen wartet über zwei Jahre auf eine Entscheidung, die schnell lernenden SchülerInnen werden zum Dank für ihre bravourösen Schulabschlüsse im Regen stehen gelassen. 3. Zu guter Letzt nehme ich Sie, liebe FreundInnen von SchlaU, mit ins Familienministerium: Hier plant man die bundesweite Umverteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) nach dem Königsteiner Schlüssel mit einer einwohnerabhängigen Quote für die Gemeinden und Städte. Das hat mit dem Primat des Kindeswohls nichts zu tun, im Gegenteil: Die Jugendlichen dürfen nicht wahllos verteilt werden, nur um des Verteilens willen, sondern sie brauchen ein sinnvoll geschnürtes Paket, das nicht nur jugendadäquate Unterbringung gewährleistet, sondern auch ein zukunfts- und zielgerichtetes Netzwerk aus schulischer Versorgung, psychologischen und Asylberatungsinstitutionen aufbietet. Ja, natürlich, die Umverteilung steht an, aber die Ressourcen müssen gebündelt werden statt Kinder durchs Land zu schieben. SchlaU ist noch nie in der Kritik verharrt, natürlich fahren wir eine positive Gegenstrategie: Wir nehmen die jungen Menschen auf, und sie zeigen, wie menschlich wertvoll sie und unsere Arbeit sind. Ach ja – und dann stehen sie gerne Gesellschaft und Wirtschaft zur Verfügung. Dafür setzen wir uns mit Herz und Verstand ein! Wir lehnen diese Scheinverbesserungen ab und klären auf! Abschließend möchte ich all unseren aktuellen und ehemaligen SchülerInnen unseren höchsten Respekt dafür zum Ausdruck bringen, dass sie sich von all diesen staatlich vorgesehenen und organisierten Hindernissen letztendlich nicht aus der Ruhe bringen lassen und so grandiose Schul- und Lebenskarrieren hinlegen – ich bin immer wieder ebenso beeindruckt wie glücklich, chapeau! Mein Dank gilt in gleicher Weise allen MitarbeiterInnen, die mit beispielhaftem Engagement Weg und Rahmen vorgeben, den die jungen Menschen dann voller Vertrauen als eine wirkliche Chance im Leben nutzen. Und Sie, liebe UnterstützerInnen – helfen Sie uns weiterhin, diese wundervolle Arbeit fortführen zu können.

Ihr Michael Stenger Vorstandsvorsitzender Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. Gründer der Schulen SchlaU und ISuS 5


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Unsere Vision

Inklusion statt Exklusion. Unsere Vision ist es, in Deutschland angekommenen jugendlichen Flüchtlingen die Teilhabe an Bildung und Gesellschaft zu ermöglichen. Um dies zu erreichen, möchten wir unser Konzept des schulanalogen Unterrichts an möglichst vielen Standorten deutschlandweit als erfolgreiches und nachahmbares Modell für gelebte nationale Bildungspolitik und internationale Entwicklungspolitik weitergeben. Schule verstehen wir dabei als Raum des gemeinsamen Lernens, der Persönlichkeitsentwicklung fördert und Zukunftschancen eröffnet.

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unser pädagogisches Leitbild Zugang zu Bildung und Gesellschaft

Selbstständigkeit

Rechte fordern Pünktlichkeit

Ideen in Worte fassen

Zuverlässigkeit Offenheit

Sich selbst entdecken

Konfliktfähigkeit

Deutsch lernen

Verantwortungsvoll handeln

Teamfähigkeit Sprache gewinnen

Respekt

Zukunft gestalten

Lebensstrategien entwickeln

Ziele verfolgen

Eigene Fähigkeiten und Interessen

Zusammen arbeiten

Lernen lernen

Wünsche aussprechen

Schulabschluss

Zuhören

Ausbildung und Beruf

Selbstwertgefühl Gemeinschaft

Bezugspersonen über den Unterricht hinaus. Unterrichts­ inhalte und Progression sind auf die Lernenden und ihre sehr unterschiedlichen Bildungsbiografien abgestimmt. Unsere SchülerInnen schätzen dabei besonders, dass wir uns nicht nur an geltenden Bildungsstandards orientieren, sondern auch an ihren Lebenswirklichkeiten. Dies umzusetzen, erfordert nicht nur einen flexiblen, kreativen Umgang mit bereits vorhandenen Lehrmaterialien, sondern auch die Entwicklung neuer. Wir arbeiten außerdem mit vielen KooperationspartnerInnen zusammen, die das Lernen auf zusätzlichen Ebenen ermöglichen und die Erfahrungswelten unserer Schülerinnen und Schüler bereichern. Hier setzen alle Beteiligten auf klare Strukturen und enge Zusammenarbeit, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen. »Wir haben Bock, was zu erreichen!« (Zitat eines Schülers) – dieser Grundgedanke macht SchlaU zu einem Raum, der gemeinsames Lernen ermöglicht, Persönlichkeitsentwicklung fördert und Zukunftschancen eröffnet.

Wir haben uns zum Ziel gesetzt, junge Flüchtlinge zu unterstützen, indem wir ihnen den Zugang zu Bildung und dadurch zu Gesellschaft ermöglichen. Diesen Auftrag verstehen wir als gemeinsame Aufgabe mit unseren SchülerInnen. Jeder und jede Einzelne soll bei SchlaU auf dem individuellen Weg in ein selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Leben gefördert und begleitet werden. Im Zentrum von SchlaU stehen die SchülerInnen. Zusammen mit ihnen wollen wir schulisches Wissen und Strategien der Lebensgestaltung und -bewältigung erarbeiten, das Selbstwertgefühl stärken und ihnen helfen, Fähigkeiten und Interessen zu ent­decken. Um dies zu erreichen, ergänzen umfassende Beratungs- und Betreuungsangebote den Unterricht. Dazu zählen die Schulsozialarbeit, Nachhilfe, berufliche Orientierung, das Programm SchlaUzubi, aber auch spontane Gespräche. Sich Zeit nehmen, zuhören, aber auch Grenzen setzen und Regeln geben sind die wesentlichen Elemente unseres Miteinanders. Nicht selten werden Lehrende dadurch zu wichtigen 7


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Besondere Ereignisse 2014 Michael Stenger erhält den Integrations-Bambi

Und dann noch zwei ganz persönliche Dankeschön an Menschen, die mich auch heute begleiten, die mir die Kraft und Liebe geben, ohne die man so eine Arbeit wahrscheinlich gar nicht machen kann: Das ist meine geliebte Freundin Gudi Schmittner und mein geliebter Freund und Sohn Migjen Stenger. Seit 1989 arbeite ich mit und für Flüchtlinge, und Anfang der Neunziger herrschte in unserem Land eine schreckliche Situation gegenüber Flüchtlingen. Flüchtlingsheime brannten. Menschen starben darin. Und für mich lief dann das Fass endgültig über, als die 16- bis 18-jährigen jugendlichen Flüchtlinge ihrer Kinderrechte beraubt wurden, und zwar vor allem das Menschenrecht auf Bildung nicht gewährt bekommen konnten. Und da hab ich mir gesagt, komm, nicht kritisieren, nicht entsetzt sein, nicht verzweifeln, mach was.

Im Rahmen der Bambi-Verleihung 2014 wurde Michael Stenger, der Gründer der Schulen SchlaU und ISuS, mit dem Integrations-Bambi ausgezeichnet. Hier können Sie Michaels Dankesrede noch einmal nachlesen: »Herzlichen Dank für dieses wunderschöne Bambi, für die viel zu netten Worte. Ich weiß gar nicht, ob ich die alle verdient habe. Ich möchte als Allererstes unsern Schülerinnen und Schülern von ISuS und SchlaU danken, die eine unglaubliche … die mich einfach, seit ich diese Arbeit mache, von vorne bis hinten endlos begeistern. Man muss sich nur um sie kümmern und das kommt dann dabei raus. Im gleichen Atemzug möchte ich all meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mittlerweile über 50, danken, denn die machen tagtäglich die Arbeit, eine hochengagierte Herzensarbeit, die nicht einfach ist, während ich mit dem Bambi tanzen gehe.

Vor Ort überraschte unsere ehemalige Schülerin Lina Michael kurz nach der Preisverleihung. Von links nach rechts: Migjen Stenger, Björn Schalles, Katharina Radmüller, Gudi Schmittner, Michael Stenger, Lina Homa, Miriam Herrmann.

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ISuS erhält den Förderpreis »Münchner Lichtblicke«

Dann hab ich was gemacht und ich muss sagen, seither fasziniert mich, dass diese Menschen, die, wie Frau Riekel sehr schön gesagt hat, die in sehr schwieriger Lebenslage sind in größter Lebensnot, aus einer solchen Schwäche heraus so eine unglaubliche Stärke entwickeln können. Und ich sage, das können noch viel mehr Jugendliche. Das können nicht nur jugendliche Flüchtlinge. Wir müssen uns nur um sie kümmern. Das ist mir eine sehr große Herzensangelegenheit. Und wir haben eine Verantwortung. Wir haben die Verantwortung, Menschen in Not hier, ja ... auf Augenhöhe zu begegnen und mit dem Herzen aufzunehmen, das ist das Eine. Das Andere, das möchte ich auch noch sagen, ist, wir sind nicht ganz unbeteiligt an den Fluchtursachen, wenn ich an unsere Rüstungsindustrie und die Folgen der Rüstungspolitik denke. Das darf man bei all den Gesamtgedanken nicht außer Acht lassen. Aber ich bin gewiss nicht der Typ, der in Kritik verweilt und verharrt und kleben bleibt, sondern ich möchte was tun. Und was ich heute Abend tun möchte, ist, ich möchte an Sie alle hier im Raum, hier im Saal, in diesem wunderschönen Theater, aber auch an alle Sie zuhause an den Bildschirmen einen Appell der Menschlichkeit richten. Lassen Sie uns diesen Menschen auf Augenhöhe und mit Herzen begegnen, und ich möchte, lieber Innenminister de Maizière, mit Ihnen vielleicht heute noch ein Bierchen trinken, gerade was diese Augenhöhe angeht, dass Flüchtlinge hier möglichst bald zu einer Art Gleichberechtigung kommen und irgendwann vollwertige Mitglieder unserer Gesellschaft sein können. Johann Wolfgang von Goethe hat einmal gesagt: »Ein Volk, das seine Fremden nicht ehrt, ist dem Untergang geweiht.« Ich möchte das aktuell in die Flüchtlingsthematik übersetzen und sagen: Werte und Charakter einer Gesellschaft zeigen sich daran, wie sie mit den schwächsten und bedürftigsten Mitgliedern umgeht. Vielen Dank!«

Im Alten Rathaus nahm das ISuS-Team, zusammen mit einer Schülerin, den Preis in der Kategorie »Schulsonderpreis« entgegen. Von links nach rechts: S. Dipama, S.Pfau, A. Leitenbacher, R. Karimitari, M. Herrmann, M.Stenger. Im Rahmen des Jahresempfangs des Ausländerbeirats wurde ISuS im Februar 2014 im Alten Rathaus mit dem Förderpreis »Münchner Lichtblicke« ausgezeichnet. Übergeben wurde der Förderpreis von Dr. Clara Wilpert, Vorstandsmitglied der Lichterkette e. V. In ihrer Rede erklärte sie vor den zahlreich erschienenen Gästen die Gründe für die Entscheidung der Jury: Schon nach dem ersten Schuljahr war festzustellen, dass die ehemals verschüchterten Schüler selbstbewusster und psychisch stabiler in die Zukunft blickten und sich gut in Deutsch ausdrücken konnten. Alle wurden an weiterführende Schulen oder Maßnahmen vermittelt, die meisten wechselten an die SchlaU-Schule. Aus der Sicht der Jury trägt ISuS wesentlich dazu bei, dass die jungen Flüchtlinge nicht ausgegrenzt werden, sondern aktiv an der Gesellschaft teilnehmen und sie bereichern können. Deshalb ist es kein Wunder, wenn die Lehrkräfte begeistert berichten, wie aus Schülern mit anfangs hängenden Köpfen nach wenigen Monaten sprechende, strahlende junge Menschen werden. Mit dem Preis »Münchner Lichtblicke« werden Initiativen, Projekte und Einzelpersonen ausgezeichnet, die sich Fremdenfeindlichkeit entgegenstellen und sich in vorbildlicher Weise für ein friedliches Zusammenleben von Deutschen und Migranten in München einsetzen.

»Ein Volk, das seine Fremden nicht ehrt, ist dem Untergang geweiht« Johann Wolfgang von Goethe

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ISuS erhält den Hidden Mover Award 2014 in der Kategorie Sprachförderung Aus den 110 eingegangenen Bewerbungen wurden vier Projekte mit dem Hidden Movers Award der DeloitteStiftung ausgezeichnet und zwei Projekte, hierunter die ISuS-Schule, mit dem Sonderpreis im Bereich Sprachförderung durch den Kooperationspartner, die KutscheitStiftung. Der Hidden Movers Award ist ein Projekt der Deloitte-Stiftung und Teil der Deloitte-Initiative »Perspektiven für Morgen« zur Förderung der Aus- und Weiterbildung junger Menschen. Mit dem Wettbewerb verfolgt die Deloitte-Stiftung das Ziel, Bildungsinitiativen in Deutschland zu entdecken und zu fördern, die jetzt schon im Kleinen erfolgreich gelebt werden. Die Siegerprojekte zeigen beispielhaft, was Einrichtungen in der Jugendund Bildungsarbeit heute bewegen, um junge Menschen bei der gesellschaftlichen Integration und Teilhabe zu unterstützen. Vor zahlreichen Gästen und in festlichem Rahmen nahmen VertreterInnen des ISuS-Teams zusammen mit zwei SchülerInnen den Preis entgegen.

ISuS hat den »Hidden Movers Award 2014 – Teilhabe durch Bildung und Beruf« erhalten – einen Preis, der Projekte gemeinnütziger Einrichtungen und Initiativen auszeichnet, die Jugendliche bei der gesellschaftlichen Integration durch Bildungsprojekte unterstützen. Im Auftrag der Deloitte-Stiftung beurteilte eine hochrangige Expertenjury von Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Medien und dem gemeinnützigen Sektor 110 eingereichte Projekte nach formalen und inhaltlichen Kriterien. Modellcharakter, Vorbildfunktion, Übertragbarkeit und Nachhaltigkeit der Maßnahmen standen dabei im Vordergrund.

Im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung im Bayerischen Landtag erhielt ISuS den mit 10.000 Euro dotierten Preis in der Kategorie »Sprachförderung« der Kutscheit-Stiftung. 110 Projekte hatten sich ursprünglich beworben. Modellcharakter, Vorbildfunktion, Übertragbarkeit und Nachhaltigkeit standen bei der Jury-Entscheidung im Vordergrund.

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SchlaU erhält den »Preis der Jury« des Deutschen Schulpreises

Eine gute gelaunte schlaUe Delegation vertrat die Schülerschaft und das SchlaU-Team in Berlin. Als SchlaU als Preisträgerschule ausgezeichnet wurde, war die Freude sowohl in Berlin als auch in München beim »Public Viewing« riesig. Natürlich durfte auch die »SchlaU-Ola« nicht fehlen.

Die SchlaU-Schule hat Anfang Juni 2014 den renommierten Deutschen Schulpreis 2014 in der Kategorie »Preis der Jury« gewonnen. Vor zahlreichen Gästen nahm unsere Schulleitung, Antonia Veramendi, den Preis in Berlin stellvertretend für alle SchülerInnen und das gesamte SchlaU-Team entgegen.

der deutschen Sprache als wichtige Voraussetzung für jedes Lernen. Das allein ist es aber nicht, was die Schule von anderen Schulen unterscheidet. Die Schülerinnen und Schüler sind begeistert vom Schulklima. Die SchlaU-Schule ist für sie zu einem Ort geworden, wo sie sich geachtet und zu Hause fühlen, wo das Klima bestimmt wird von gegenseitiger Achtung und Anerkennung, wo Lehrpersonen und Betreuende engagiert und jederzeit ansprechbar sind, ein Ort, wo gemeinsam nach Lösungen für Probleme gesucht wird. Die Jury hat sich entschieden, der SchlaU-Schule den Sonderpreis zuzuerkennen: als beeindruckendes Beispiel dafür, wie durch engagierte Kooperation nach innen und außen alternative Formen gelingenden Unterrichts entwickelt und dadurch motivierten jungen Menschen Perspektiven aufgezeigt werden können.«

Aus der Laudatio der Jury »Junge, unbegleitete Flüchtlinge im Alter von 16 bis 21, ja sogar bis 26 Jahren aus den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt, nicht selten mit traumatisierenden Erfahrungen – das sind die Lernenden an der SchlaU-Schule. In einem Land, das sie nicht kennen und dessen Sprache sie nicht beherrschen, bauen sie hier, fernab von ihren Familien, an einer neuen Zukunft. Für das Kollegium der SchlaU-Schule ist die Heterogenität ihrer Schülerschaft kein Hindernis, sondern eine Herausforderung, die es in beeindruckender Weise meistert: Seit Jahren gelingt es der Schule, fast alle ihrer Schülerinnen und Schüler erfolgreich in weiterführende berufliche oder schulische Ausbildungen zu überführen. Eine wesentliche Grundlage dafür ist ein starker Kompetenzaufbau in 11


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»Jeder hat das Recht auf Bildung.« Art. 26 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte


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1. Hintergründe und Problematisierungen

Seitdem wird an bayerischen Berufsschulen, das sogenannte »Berufsvorbereitungsjahr für Flüchtlinge« (BVJ-F) in einem zweijährigen Modell angeboten, das bundesweit an Vorbildcharakter gewinnt. Für unter 16-jährige Flüchtlinge wurden sogenannte Übergangsklassen an allgemeinbildenden Schulen geschaffen. Der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. ist seit dem Frühjahr 2013 aufgrund der langjährigen Erfahrung und Expertise in der Beschulung beratend am »bayerischen Modellprojekt zur flächendeckenden Beschulung junger Flüchtlinge« beteiligt. Trotz dieser Fortschritte haben noch immer nicht alle jungen Flüchtlinge Zugang zu ihrem Menschenrecht auf Bildung. So haben nicht alle Bundesländer die notwendigerweise gesetzlich verankerten Zugangsvoraussetzungen geschaffen, oder es wurden bisher keine oder nicht in ausreichender Anzahl Schulplätze und/ oder personelle Ressourcen bereitgestellt. Die meisten Bildungsgänge, die derzeit für Flüchtlinge ab 16 Jahren im Bundesgebiet angeboten werden, beschränken sich darüber hinaus auf eine Schulbesuchsdauer von zwei Jahren. Dieses Angebot berücksichtigt die Heterogenität der Bildungsvorerfahrungen, der Lebens­ entwürfe und Berufsziele sowie die vorhandenen Potentiale der Jugendlichen nicht in ausreichendem Maße. Da die Zielsetzung der Flüchtlingsklassen an Berufsschulen darauf abzielt, die Jugendlichen möglichst schnell in den Arbeitsmarkt einzugliedern und somit dem vielzitierten Fachkräftemangel entgegenzuwirken, sind außerdem auch höhere Bildungsabschlüsse an weiterführenden Schulen oder Hochschulen nicht vorgesehen. Ebenfalls vorenthalten werden unterstützende Leistungen bei besonderem Förderbedarf. Auch während der Ausbildung stehen die Jugendlichen vor zahlreichen Hürden. Die strukturellen Bedingungen sollten daher derart beschaffen sein, dass sie ausreichend

1.1. KONTEXT »Jeder hat das Recht auf Bildung.« So formuliert es die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Das Recht auf Bildung ist zugleich in Art. 22 der Genfer Flüchtlingskonvention sowie in Art. 28 der 1989 verabschiedeten UN-Kinderrechtskonvention verankert. Deutschland ratifizierte die Konvention zwar, entkräftete diese bis zum Jahr 2010 jedoch in allen Fällen, in denen das nationale Aufenthalts- oder Asylrecht Einschränkungen gegenüber nicht aufenthaltsberechtigten Kindern oder Jugendlichen vorsieht.1 Für die Praxis bedeutete dies insbesondere, dass minderjährige Flüchtlinge2 über 16 Jahren von den Rechten der Konvention ausgeschlossen wurden, da diese im Sinne des Asylrechts als asylmündig behandelt wurden. Obwohl der Vorbehalt gegenüber der Kinderrechtskonvention 2010 in Deutschland zurückgenommen wurde, erfahren viele junge Flüchtlinge auch heute noch einen stark erschwerten oder eingeschränkten Zugang zu Bildung und Ausbildung. Zwar wurden in einzelnen Bundesländern und Kommunen Bildungsangebote entwickelt, doch die Problematik der systemischen Lücke »Bildung für junge Flüchtlinge« in ihrer Ganzheitlichkeit wurde in vielen Bundesländern bislang nur wenig bis gar nicht thematisiert. In Bayern gelang es dem Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V., den bayerischen Kultusminister im März 2011 vom gesellschaftlichen Gewinn einer Berufsschulpflicht für junge Flüchtlinge zu überzeugen. Daraufhin wurde im August 2011 die Berufsschulpflicht für junge Flüchtlinge im Alter von 16 bis 21 Jahren (in Ausnahmefällen bis 25 Jahren) eingeführt. So erkannte das Bayerische Kultusministerium, dass »ein berufliches Unterrichtsangebot für berufsschulpflichtige Flüchtlinge vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und des sich verstärkenden Fachkräftemangels nicht nur aus sozialen Erwägungen, sondern auch aus ökonomischer Sicht geboten erscheint.«3

Weiss, Karin (2009): Lebenslagen von jungen Flüchtlingen in Deutschland. In: Krappmann, Lothar et al. (Hg.): Bildung für junge Flüchtlinge – ein Menschenrecht. Erfahrungen, Grundlagen, Perspektiven. Bielefeld: S. 59 - 70 2 Nach unserem Verständnis sind alle Personen, die ihr Heimatland unter Zwang verlassen mussten, Flüchtlinge. Wir differenzieren nicht wie im rechtlichen Verständnis zwischen AsylbewerberInnen und anerkannten Flüchtlingen. 3 Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus (2012): Projekt »Schulisches Angebot für berufsschulpflichtige Flüchtlinge« (früher unbegleitete minderjährige Flüchtlinge - umF). Schreiben an die Regierungen vom 24.05.2012. München, S.1) 1

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pädagogischen Handlungsspielraum und Zeit für die Arbeit mit den teil traumatisierten Jugendlichen lassen. Das Beschulungskonzept sollte deshalb eine Schulbesuchsdauer von bis zu vier Jahren ermöglichen, um die Jugendlichen auf die Berufsschulreife vorzubereiten. Nach dem Schulbesuch sollte den Jugendlichen die Möglichkeit einer Nachbetreuung während der Ausbildung oder schulischen Weiterbildung angeboten werden.4 In München stehen derzeit 700 Schulplätze in unterschiedlichen berufsbildenden Einrichtungen zur Verfügung10. Die Schulen des Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. stellen hiervon 300 Schulplätze bereit.

Entwicklungen in Bayern 1 2.461 Minderjährige mit Fluchthintergrund lebten Ende 2014 in Bayern.5 Begleitete Minderjährige: 9.300 (Stand 31.12.2014) Unbegleitete Minderjährige : 3.161 (Stand 31.12.2014)

Schulplätze in Bayern Ende 2014 lebten insgesamt 20.831 schulpflichtige Kinder und Jugendliche mit Fluchthintergrund in Bayern. Hiervon waren 8.727 (40 %) vollzeitschulpflichtig und 12.104 (60 %) berufsschulpflichtig.6

1.2. DIE ZIELGRUPPE

Beschulung der unter 16-Jährigen in Übergangsklassen 2011/2012: 90 Übergangsklassen 2014/2015: 6.075 Schulplätze in 350 Übergangsklassen7

Die Angebote des Trägerkreises Junge Flüchtlinge e. V. konzentrieren sich auf unbegleitete minderjährige und junge Flüchtlinge im Alter von 16 bis 21 Jahren (in Ausnahmefällen bis 25 Jahren). Der Alltag unserer Zielgruppe ist geprägt durch die Erfahrungen der Flucht selbst sowie durch den rechtlichen wie sozialen Status »Flüchtling«. Unsere SchülerInnen kommen teils unfreiwillig und unter akutem Druck nach Deutschland. Viele unter ihnen sind aufgrund ihrer Biografien tief traumatisiert. Sie haben Krieg und/oder unterschiedliche Formen von Gewalt gegen sich oder andere erlebt. Auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland (Krieg, Folter, politische Verfolgung, Naturkatastrophen) folgen nicht selten traumatisierende Erfahrungen auf dem Fluchtweg und nach der Flucht (u. a. extremste Formen von Abhängigkeit z. B. von Schlepperbanden oder Grenzpersonal; Zurücklassen von Vertrauenspersonen, Besitz, Status; Verhaltensweisen gegen die eigenen Werte/Überzeugungen zur Sicherung des Überlebens wie Diebstahl, Prostitution, Betrug, Freunde im Stich lassen).11 Die Hoffnung, in Europa Halt zu finden und ihr Leben ordnen zu können, wird zunächst meist bitter enttäuscht. Bei der Ankunft in Deutschland erfahren viele junge Flüchtlinge eine Desillusionierung, da die vorgefundenen Lebensbedingungen nicht mit den Erwartungen an demokratische Gesellschaften übereinstimmen. Der unsichere Aufenthaltsstatus, der es den SchülerInnen schwer macht, eine Lebensperspektive zu entwerfen, und das komplizierte Asylverfahren führen zu Orientierungslosigkeit und Zukunftsängsten.

Beschulung der 16- bis 21-Jährigen an den Berufsschulen8 2010/2011: 100 Schulplätze in 6 Klassen 2014/2015: 4.500 Schulplätze in 260 Klassen Schulplätze in München Beschulung der unter 16-Jährigen in Übergangsklassen 2014/2015: 1500 Schulplätze in 86 Übergangsklassen9 Beschulung der 16- bis 21-Jährigen an den Berufsschulen Anfang 2015 lebten insgesamt 4.524 berufsschulpflichtige Jugendliche mit Fluchthintergrund in München. Hiervon sind 3.041 unbegleitete Flüchtlinge und 1.483 begleitete Flüchtlinge. 2015/2016: 700 Schulplätze

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kulturellen Differenzen oder Stereotypisierungen. Häufige Symptome unserer SchülerInnen, die den posttraumatischen Belastungsstörungen zugerechnet werden und eine Herausforderung für die Beschulung darstellen können, sind u. a. Konzentrations- und Schlafstörungen, Flashbacks, Angst, Depressionen und Suizidalität. Darüber hinaus befindet sich der überwiegende Teil unserer Schülerschaft in einer prekären finanziellen Lage, da weder die Leistungen des AsylbLG noch die Jugendhilfe ausreichen und ein Nebenverdienst häufig nicht möglich ist, um den täglichen Lebensbedarf im teuren München oder beispielsweise nötige Rechtsanwaltskosten zu begleichen. Doch das »vergangene« Leben in den Herkunftsländern und die Fähigkeit, migrieren und flüchten zu können, basieren auf zahlreichen Kompetenzen und Erfahrungen, die im Rahmen der Beschulung als Ressourcen zur Geltung gebracht werden können. So verfügen unsere SchülerInnen unter anderem über eine hohe Motivation, mit dem Ziel, die eigene Lebenssituation zu verbessern, vielfältigste Lebenserfahrungen und Überlebensstrategien, informelle und formelle Bildungserfahrungen, praktische Berufserfahrungen, Mehrsprachigkeit, solidarisches Denken, interkulturelle Kompetenz, Hartnäckigkeit, Ehrgeiz und Zielstrebigkeit. Das Potential , das in den jungen Menschen steckt, wird von der Gesellschaft oftmals verkannt und vom Staat teilweise sogar behindert. Jeder Tag, den die Jugendlichen sprach- und orientierungslos in den Aufnahmelagern oder auf der Straße verbleiben, befördert die vielzitierten Negativkarrieren und belastet sowohl die Jugendlichen selbst als auch ihr soziales Umfeld.

Nach der Ankunft sind die jungen Menschen darüber hinaus investigativen, verunsichernden und teils auch retraumatisierenden Befragungen und Praktiken durch Polizei und Behörden ausgesetzt. Sie werden mit bürokratischen Aufgaben und Entscheidungsfindungsprozessen konfrontiert, für die oftmals Unverständnis herrscht. Hinzu kommen die Trennung von der Familie, der Verlust von sozialen Bindungen im Kinder- und Jugendalter sowie die zumeist marginalisierenden prekären Wohn- und Lebensumstände in der Bundesrepublik: Die Unterbringung in Übergangsheimen, die konzeptionell keine Beheimatung bieten, weisen wenige Rückzugsmöglichkeiten auf. Die Jugendlichen leben mit anderen aus unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen, Sprachen und vielfältigen Multiproblematiken zusammen und müssen hier nun eine Grundlage für ein Miteinander finden.12 Sofern unsere SchülerInnen in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht sind, ist ihr Zugang zur Gesundheitsversorgung durch das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) eingeschränkt. Ärztliche Behandlungen werden nur im Notfall ermöglicht. Die Jugendlichen, die von der Jugendhilfe betreut werden, haben Zugang zu Krankenversicherung und -versorgung; es bestehen jedoch oftmals Zugangsbarrieren aufgrund von Sprache, Kittlitz, Anja; Veramendi, Antonia; Weber, Melanie (2014) (Hg. Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V.): Gelingensfaktoren zur Beschulung von jungen Flüchtlingen. Empfehlungen zur Umsetzung von schulischen Angeboten für junge Flüchtlinge. 5 Bayerischer Landtag (2015): Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm. Drucksache 17/5569 vom 22.04.2015 6 Seiser, Ullrich (2015): Bericht der Stabsstelle Flüchtlingsbeschulung (SF) beim Dillinger Symposium am 26. März 2015 [abgerufen am 28.04.2015] 7 Seiser, Ullrich (2015): Bericht der Stabsstelle Flüchtlingsbeschulung (SF) beim Dillinger Symposium am 26. März 2015 [abgerufen am 28.04.2015] 8 Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (2015): Pressemitteilung Nr. 0055 vom 25.02.2015 [abgerufen am 28.04.2015] 9 http://www.muenchen.de/rathaus/Stadtverwaltung/Sozialreferat/ Fluechtlinge/Integration.html#Schule (17.06.2015) 10 Landeshauptstadt München (2015): Stadt erhöht Mittel zur Inte­gration junger Flüchtlinge um 1,3 Millionen Euro – eine gute Investition in Münchens Zukunft. Pressemitteilung vom 17.03.2015 11 Baierl, Martin (2014): Traumapädagogik für Kinder und Jugendliche mit Migrationserfahrung. In: Gahleitner, Silke Brigitta/Hensel, Thomas/Baierl, Martin/Kühn, Martin/Schmid, Marc (Hg.) (2014): Traumapädagogik in psychosozialen Handlungsfeldern – Ein Handbuch für Jugendhilfe, Schule und Klinik. Göttingen, S. 243f. 12 Baierl, Martin (2014): Traumapädagogik für Kinder und Jugendliche mit Migrationserfahrung. In: Gahleitner, Silke Brigitta/Hensel, Thomas/Baierl, Martin/Kühn, Martin/Schmid, Marc (Hg.) (2014): Traumapädagogik in psychosozialen Handlungsfeldern – Ein Handbuch für Jugendhilfe, Schule und Klinik. Göttingen, S. 243f. 4

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»Unser Wichtigstes Fach heiSSt ›Kopf hoch!‹« Michael Stenger, Gründer von SchlaU und ISuS


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2. Unser Lösungsansatz

Der durchschnittliche Schulbesuch bei SchlaU und ISuS erstreckt sich über einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren, je nach Vorbildung und individuellem Lernfortschritt. Die Klasseneinteilung erfolgt anhand eines an die Zielgruppe angepassten Einstufungstests in Deutsch und Mathematik. Die Möglichkeit eines unterjährigen Wechsels, je nach Lernfortschritt, greift die Motivationen der Lernenden auf. Wir achten darauf, eine anregende Lernumgebung zu schaffen und eine intensive, vertrauensvolle Betreuung durch die Lehrenden zu gewährleisten. Im Unterschied zur Regelschule setzt das Konzept des Vereins auf eine geringe Klassenstärke mit höchstens 16 Lernenden pro Klasse und eine individuelle Betreuung durch die Lehrenden und die Schulsozialarbeit. Denn die unterschiedlichen Lebenswege und damit auch die heterogenen Lernerbiografien unserer Zielgruppe machen eine höchstmögliche individuelle Betreuung unabdingbar.

2.1. Schule machen nach dem SchlaU-Prinzip13 Ziel des Vereins ist es, unbegleitete minderjährige und junge Flüchtlinge darin zu unterstützen, ihr Menschenrecht auf Bildung und Schule wahrzunehmen und an Gesellschaft teilzuhaben. Im Jahr 2000 wurde daher das SchlaU-Projekt gestartet, in dem junge Flüchtlinge ihr Recht auf Bildung verwirklichen konnten. Über die Jahre entwickelte sich das Projekt zur Schule mit einem eigenständigen pädagogischen Konzept weiter. Seit 2004 ist die SchlaU-Schule vom Bayerischen Kultusministerium als Berufsförderungseinrichtung gemäß Art. 36 Abs. 1, S. 1, Nr. 3, BayEUG staatlich anerkannt. Die Berufsschulpflicht kann an ihr erfüllt werden. Im Jahr 2012 wurde die Wirkungskette ergänzt, seither werden auch in der Tochterschule ISuS (Integration durch Sofortbeschulung und Stabilisierung) junge Flüchtlinge unterrichtet Schule versteht der Verein als Raum des gemeinsamen Lernens, in dem Persönlichkeitsentwicklung, Förderung des individuellen Potentials, Eröffnung von Zukunfts­ chancen und eine Qualifikation für das Berufsleben ermöglicht werden.14 In der täglichen Praxis orientieren wir uns in unseren Schulen an den Lebenswelten der SchülerInnen. Seit ihrer Gründung durchlaufen die Angebote des Trägerkreises Junge Flüchtlinge e. V., SchlaU und ISuS, einen stetigen Wachstums- und Entwicklungsprozess. So werden in der SchlaU-Schule aktuell 225 unbegleitete minderjährige und junge Flüchtlinge in 15 Klassen im Kernfächerkanon der bayerischen Mittelschule unterrichtet. Ziel der schulischen Laufbahn ist der Erwerb des Mittelschulabschlusses und die Vorbereitung der Jugendlichen auf den Übergang Schule-Beruf bis hin zum Berufsabschluss. In der ISuS-Schule erhalten 80 Jugendliche in fünf Klassen einen Schulplatz und werden auf den Besuch einer weiterführenden Schule vorbereitet.

2.2. BILDUNG VERMITTELN und NACHHALTIG FÖRDERN Im Zentrum der Lehre steht der Erwerb der deutschen Sprache. Zusätzlich zum Unterricht in Deutsch als Fremdsprache werden die Schüler und Schülerinnen bei SchlaU in den Fächern Mathematik, Geschichte-SozialkundeErdkunde (GSE), Arbeit-Wirtschaft-Technik (AWT), Ethik und Computer sowie im Wahlfach Englisch beschult. Bei ISuS erhalten die SchülerInnen Unterricht in den Fächern Deutsch schriftlich und mündlich sowie Mathematik. Neben den Kernfächern spielen aber auch die Themenbereiche Orientierung, Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie Konfliktmanagement eine große Rolle innerhalb der Unterrichtsgestaltung. Der Unterricht an beiden Schulen ist sprach- und kultursensibel konzipiert und orientiert sich neben dem Rahmencurriculum bayerischer Mittelschulen vor allem an den Lebenswirklichkeiten der SchülerInnen. Ergänzt wird der Unterricht im Klassenzimmer durch vielfältige Projekte, wie etwa durch das therapeutische Klettern oder Kunst- bzw. Musikprojekte, die es den Jugendlichen ermöglichen, eigene Talente zu entdecken und weiterDas nachfolgende Teilkapitel entspricht größtenteils dem Lehrkonzept der SchlaU-Schule und ist verfügbar unter: http://www. schlau-schule.de/lehrkonzept/so-arbeitet-schlau.html (29.04.2015). 14 Siehe hierzu auch das pädagogische Leitbild 13

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Lernen in der Abschlussstufe

zuentwickeln. Leistungserhebungen werden regelmäßig in Form von mündlichen wie schriftlichen benoteten Tests durchgeführt. Analog zum Regelschulsystem vergeben SchlaU und ISuS zweimal im Jahr Zeugnisse zur Lernstandserhebung der Jugendlichen. Jedoch ist ein Durchfallen im klassischen Sinn nicht möglich, da die einzelnen Klassenstufen nicht über einheitlich zu erreichende Schuljahreslernziele verfügen. Diese liegen im Ermessen des Lehrendenteams und variieren von Klasse zu Klasse und von SchülerIn zu SchülerIn; für den Übertritt von Stufe zu Stufe gelten jedoch Kompetenzvorgaben. Dadurch ist es dem Lehrendem möglich einzelne SchülerInnen innerhalb der gleichen Stufe in unterschiedlichen Kompetenzförderstufen zu unterrichten. Die Klassen werden in vier Niveaustufen eingeteilt: Alphabetisierungsstufe, Grundstufe, Mittelstufe und Abschlusstufe. Zusätzlich zu den Niveaustufen gibt es Förderschwerpunkte »mündlich« und »schriftlich«.

In der Abschlussstufe, die analog zum staatlichen Schulsystem mit Klasse 9 benannt ist, werden die Schüler und Schülerinnen auf die Prüfungen zum erfolgreichen Mittelschulabschluss (MISA) beziehungsweise auf den qualifizierenden Mittelschulabschluss (Quali) vorbereitet, die sie extern ablegen. Zum erfolgreichen Mittelschulabschluss gehören Deutsch als Zweitsprache, Mathematik, GSE und AWT; der Quali beinhaltet zusätzlich Ethik und die Projektprüfung. Bei der Aufnahme in eine Abschlussklasse spielen für uns nicht nur die schulischen Leistungen eine Rolle; genauso wichtig ist die Frage, ob der Schüler oder die Schülerin generell ausbildungsreif, d.h. in der Lage ist, nach dem Abschluss in Ausbildung und Berufsschule zurecht­ zukommen. Neues Pilotprojekt Mittlerer Schulabschluss

Lernen in der Alphabetisierungsstufe

Unserer Einschätzung nach sind jedes Jahr einige unserer Schülerinnen und Schüler von ihrer Eignung und Motivation her in der Lage, mit entsprechender Vorbereitung und Lernzeit den Mittleren Schulabschluss zu erreichen. Für einige könnte dies in Folge sogar den Zugang zu Hochschulreife und Studium bedeuten. Dennoch blieb und bleibt vielen geeigneten SchlaU-Schülerinnen und -Schülern die Möglichkeit verwehrt, eine weiterführende Schule zu besuchen und einen höheren Schulabschluss zu erlangen: Wenn sie die SchlaU-Schule mit dem qualifizierenden Mittelschulabschluss beenden und vom Sprachstand her bereit wären, eine weiterführende Schule zu besuchen, haben sie oft bereits die gesetzliche Altersvorgabe (Höchstalter 20 Jahre zum Zeitpunkt der Prüfungen für den Mittleren Schulabschluss) überschritten. Unser Ziel ist es, alle Jugendlichen entsprechend ihrer Potentiale und persönlichen Ziele zu fördern und zu fordern, entsprechende individuelle Perspektiven mit ihnen zu entwickeln und soziale Mobilität zu ermöglichen. Deshalb haben wir ab dem Schuljahr 2014/15 eine Vorbereitungsklasse zum Mittleren Schulabschluss eingeführt. Die Klasse umfasst maximal acht Schülerinnen und Schüler, die bestimmte Kriterien erfüllen müssen (Eignung nach Einschätzung der bisherigen Klassenund FachlehrerInnen in allen Fächern, Prüfungsfach Englisch im qualifizierenden Mittelschulabschluss,

Die Alphabetisierung für neu angekommene, unbegleitete minderjährige und junge Flüchtlinge übernimmt seit dem Schuljahr 2012/2013 die Tochterschule ISuS. Das Hauptaugenmerk in dieser Stufe liegt auf der Alphabetisierung in lateinischer Schrift, Basiskenntnissen des deutschen Grammatiksystems, einfacher Mathematik und erster Orientierung in den Fächern Ethik, AWT und in der deutschen Gesellschaft. Lernen in der Grund- und Mittelstufe In der Grund- und Mittelstufe werden die Inhalte in Deutsch als Fremdsprache und Mathematik ausgebaut und intensiviert, zusätzlich werden die Fächer Ethik, GSE und AWT ausgebaut und das Fach Computer eingeführt. Da in diesen Fächern im Abschlussjahr meist nur Zeit für den prüfungsrelevanten Stoff bleibt, ist es uns wichtig, die Grundlagen für eben diesen Prüfungsstoff zu legen, aber auch Wissen zu vermitteln, das die Teilhabe an der Gesellschaft erleichtert bzw. ermöglicht. Je nach Vorbildung und persönlichem Lerntempo dauert die Erlangung der »Abschlussreife« in der Regel ein bis zwei Jahre. Nicht nur das Erlernen von Unterrichtsinhalten spielt dabei eine Rolle, sondern auch der gleichberechtigte Umgang miteinander, unabhängig von Geschlecht oder Herkunft, sowie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. 18


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In kleinen Klassen bereiten sich die Jugendlichen in durchschnittlich zwei bis drei Jahren auf ihren Schulabschluss vor. Die Unterstützung der SchülerInnen umfasst neben dem Schulunterricht eine gezielte, intensive individuelle Förderung, die es den Jugendlichen bereits nach kurzer Zeit ermöglicht, in das deutsche Regelschul- und Ausbil­ dungssystem einzusteigen. Im Nachbetreuungs­ programm SchlaUzubi erhalten Ehemalige weiter individuelle Lernunterstützung und können sich durch SozialpädagoInnen beraten lassen.

2.3. UNTERSTÜTZEN Viele SchülerInnen kommen mit einem schweren biografischen »Rucksack« in Deutschland an – ihre Entwurzelung reicht tief. Oftmals ohne Rückhalt durch Familienstrukturen und schwer belastet durch Traumata treten viele unserer SchülerInnen in die SchlaU-Schule ein. Der erste Schritt auf dem Weg zur Zusammenarbeit mit den Jugendlichen ist daher eine intensive psychosoziale Betreuung durch die SozialpädagogInnen der Schule. Der Lebensalltag der Schülerinnen und Schüler in Deutschland ist zudem durch Behördengänge in einer ihnen noch nicht geläufigen Sprache, den unsicheren Aufenthaltsstatus und weitere Repressionen geprägt. Geregelte Alltage, klare Regeln und vertrauensvolle Gespräche bieten eine sichere Grundlage, um sich in dem neuen Lebensabschnitt zurechtfinden zu können. Die Aufgaben der Schulsozialarbeit sind vielfältig und betreffen den konkreten schulischen Rahmen und das gesamte Lebensumfeld der Jugendlichen. Sie beinhalten beispielsweise Krisenintervention, Konfliktbewältigung,

Notendurchschnitt des qualifizierenden Mittelschulabschlusses von mind. 2,5). Die SchülerInnen werden mit 30 Wochenstunden auf die externe Prüfung zum Mittleren Schulabschluss vorbereitet. Die besondere Herausforderung der Klasse ist der Wechsel von Deutsch als Zweitsprache zu Deutsch als Erstsprache. Dies macht eine besondere Lernintensität im Fach Deutsch notwendig. Eine kleine Lerngruppe ist deshalb Voraussetzung für das gute Gelingen. 19


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2.5. SCHLAUZUBI und der ÜBERGANG SCHULE-BERUF

Beratung bei Behördengängen und Vermittlung an weitere Fachstellen (Ärzte, Therapeuten, Behörden, Beratungsstellen, Nachhilfe). Neben einem starken schulsozialpädagogischen Team, das in einem hohen Maß über interkulturelle Kompetenz verfügt, legen wir besonderen Wert auf ein verständnisvolles Lehrendenteam. Ein enger Austausch mit gesetzlichen Vormündern, BetreuerInnen und anderen Netzwerkpartnern sind in diesem Zusammenhang ebenfalls zu nennen. Durch den Austausch können mögliche Konflikte stets in der direkten Auseinandersetzung unter professioneller Begleitung bearbeitet werden. Unterstützt wird das Team der SchlaU-Schule durch Kooperationspartner und ein dichtes Netzwerk an ehrenamtlichen Mitarbeitenden in Einzelbetreuung und Nachhilfe.

Ein erfolgreicher Schulabschluss ist nicht zwangsläufig das Ende einer »SchlaU-Karriere«. Die Schulabschlüsse öffnen den SchülerInnen zwar neue Türen, doch um die dahinter liegenden Wege sicheren Schrittes meistern zu können, ist weitere Unterstützung unabdinglich. Die vergangenen Jahre haben gezeigt, dass das ausbildungsbegleitende Berufsschulsystem ebenso wie die weiterführenden Schulen nicht ausreichend auf die speziellen Bedarfe junger Flüchtlinge ausgerichtet ist. Gemeinsamer Unterricht mit MuttersprachlerInnen und das Arbeiten mit Fachbüchern stellen neue Herausforderungen für die Jugendlichen dar. Die Betreuung der Ehemaligen am Übergang zwischen Schule und Beruf sowie während ihrer weiterführenden beruflichen oder schulischen Ausbildung übernimmt das Programm »SchlaUzubi«. Seit dem Jahr 2011 ist es fester Bestandteil unserer Wirkungskette und eng mit dem Schulangebot verknüpft. Die MitarbeiterInnen sind den Schüler­ Innen bereits aus der Schulzeit bekannt und erleichtern somit die Inanspruchnahme des Angebots. Gemeinsam mit Ehrenamtlichen bieten vier Lehrende in den Räumen der SchlaU-Schule nach Bedarf schulische Nachbetreuung in den einzelnen Berufssparten bzw. für die schulische Ausbildung, sowie fachübergreifende Kompetenzförderung wie Zeit- und Prüfungsmanagement an. In Ergänzung zu dieser Unterstützung können die Jugendlichen weiterhin das Beratungsangebot der SozialpädagogInnen wahrnehmen. Geleistet wird hier vor allem Unterstützung in akuten Krisensituationen, die ohne adäquate Unterstützung bis zum Ausbildungsabbruch führen können. Beraten wird außerdem in ausländerrechtlichen Fragen, bei bevorstehenden Arbeitsplatzwechseln, beruflicher Neuorientierung, Schwangerschaft während der Ausbildung, Lernen mit Kind und in familiären Belastungssituationen. So können die Jugendlichen so intensiv wie möglich und so lange wie nötig begleitet werden. Darüber hinaus werden auch die Ausbildungsbetriebe vor und während der Ausbildungsphase beraten. Das Angebot der SchlaU-Schule basiert also auf einem ganzheitlichen Ansatz und begleitet junge Flüchtlinge von ihrer Ankunft bis zur erfolgreichen Vermittlung in den Arbeitsmarkt.

2.4. BERUFSORIENTIERUNG Im Sinne der Perspektivenschaffung für unsere Zielgruppe beinhalten der schulanaloge Unterricht und die Schulsozialarbeit auch die Berufsorientierung: So werden diverse Berufsfelder im Fachunterricht vorgestellt, und eine klassenübergreifende »Berufsorientierungswoche«, sowie Betriebsbesichtigungen, Fähigkeitenparcours und Bewerbungstrainings mit renommierten Unternehmen und ehrenamtlichen UnterstützerInnen durchgeführt. Die SchülerInnen werden darüber hinaus dazu angehalten, in den Ferien oder am Wochenende Praktika zu absolvieren. Sie haben so die Möglichkeit, erste Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln, um sich in Kombination mit ihren bisherigen Erfahrungen, Kompetenzen und Interessen leichter für einen Ausbildungsoder weiterführenden Schulausbildungsweg entscheiden zu können. In der Mittelstufe und in den Abschlussklassen ist darüber hinaus ein zweiwöchiges Betriebspraktikum verpflichtend. Bei der Bewerbung dafür und für die nach der Schule folgende Ausbildung werden die SchülerInnen durch die Schulsozialarbeit beraten und begleitet. Ziel ist es, direkt im Anschluss an die Schulabschlüsse eine nachhaltige Perspektive aufzubauen und die Integration in den Arbeitsmarkt möglich zu machen. Die umfassende Betreuung der Jugendlichen gewährleistet eine jährliche Vermittlungsquote von nahezu 90 Prozent.

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2.6. DARSTELLUNG DER WIRKUNGSLOGIK

Alphabetisierungssrufe Erwerb der deutschen Schriftsprache und Phonetik/Phonologie Orientierung in Deutschland Basisunterricht Mathematik (Zahlen einführen) Schulsozialarbeit Grundstufe  Anfänger-Sprach- und Grammatikerwerb (mit Sprech- oder Schreibförderung je nach Bedarf) Orientierung in Deutschland im Rahmen von AWT/GSE/Ethik Mathematik Basisunterricht (Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren, Dividieren) Schulsozialarbeit

Mittelstufe Fortgeschrittener Sprach- und Grammatikerwerb Sprachsensibler Fachunterricht Fortgeschrittener Mathematikunterricht Schulsozialarbeit Abschlussstufe Vorbereitung auf die staatlichen Schulabschlussprüfungen Sprachlich fortgeschrittener Fachunterricht Sprachlich anspruchsvolle Deutsch-Textarbeiten Mathematik auf Prüfungsniveau Schulsozialarbeit

Individuelle Unterstützung am Übergang Schule-Beruf Lernunterstützung/Nachhilfe Sozialpädagogische Betreuung und Unterstützung

Arbeitsmarkt 21


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2.7. PROJEKTE Neben dem fachlichen Unterricht bieten wir unseren SchülerInnen auch zahlreiche Projekte an, die verstärkt überfachliche Kompetenzen trainieren. Gleichzeitig sollen in den Projekten der körperliche und seelische Ausgleich gefördert gefördert, künstlerische und sportliche Kompetenzen angesprochen und der Teamgeist gestärkt werden. Erlebnispädagogisches Klettern Ein Dauerprojekt in allen unseren Klassen, das uns durch private Spendenmittel ermöglicht wird, ist das erlebnispädagogische Klettern. Damit die Klassen im Verbund teilnehmen können, wird das Klettern während der Unterrichtszeit angeboten. Die Bewegung hilft den Jugendlichen, den existenziellen Druck auszuhalten, unter dem sie als Flüchtling ohne festen Aufenthaltsstatus permanent stehen. Zugleich lernen sie wenigstens für Momente wieder das Gefühl kennen: Ich bin sicher. »Durch das gegenseitige Sichern erleben die Jugendlichen: Mir wird vertraut und ich kann anderen vertrauen. Das baut ihr Selbstvertrauen wieder auf – auch in ihren unsicheren Lebensumständen«, erklärt Nina Neumann, eine unserer Klettertrainerinnen.

Jede Klasse erhält die Möglichkeit zwei bis drei Tage im Schuljahr zusammen mit ihren Lehrern und einem Vertreter der Schulsozialarbeit klettern zu gehen. Durchgeführt wird das Klettern von erfahrenen Trainerinnen. Neben dem sportlichen Aspekt zählen beim Klettern vor allem die Stärkung des Klassenzusammenhalts und der Vertrauensaufbau.

Entspannungstraining Wöchentlich bietet ein Entspannungstherapeut in Kleingruppen Entspannungstherapie und Meditation an. Ziel ist es, hiermit vor allem die SchülerInnen zu fördern, die unter extremen Konzentrationsstörungen leiden bzw. unter wiederkehrendem starkem Kopfschmerz, Schlaflosigkeit und anderen Folgeerkrankungen traumatischer Erlebnisse.

Musik-AG Ebenfalls zu unserem wöchentlichen Nachmittagsangebot gehört die Musik-AG. Dank der Agentur Gute Tat und der freundlichen Unterstützung des Musikverleihs Hieber Lindberg konnten unsere SchülerInnen die verschiedensten Instrumente ausprobieren und das Schulgebäude beschallen.

Kinesiologie und Konzentrationstraining Einen festen Platz in unserem Stundenplan haben auch die Kinesiologie und das Konzentrationstraining. Lernund Konzentrationsblockaden können hier durch gezielte Übungen bearbeitet und gelockert werden. Durchgeführt werden die Trainingseinheiten von einer in diesen Bereichen ausgebildeten Lehrerin unserer Schule.

Computer-AG Freitagnachmittags erhalten alle SchülerInnen die Möglichkeit, betreut durch einen Ehrenamtlichen im Computerraum der SchlaU-Schule im Internet zu recherchieren oder Hausaufaben zu erledigen.

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Lerncamp

Kunst

Jedes Jahr erhalten die SchülerInnen der Abschlussklassen die Möglichkeit, sich eine Woche fernab ihres Alltags auf die Abschlussprüfungen vorzubereiten. Die SchülerInnen der beiden Quali-Klassen und die Schüler­ Innen der Mittelschulabschluss-Klassen fahren für je eine Woche in ein Landschulheim in der Nähe von München, begleitet von ihren LehrerInnen und je zwei SozialpädagogInnen. Der Tagesablauf ist strukturiert durch prüfungsvorbereitenden Unterricht. In den Pausen wird gemeinsam gekocht, gegessen und gelacht. Die ausgewählten Orte zeichnen sich durch die Nähe zur Natur und Ruhe aus, die den SchülerInnen eine willkommene Auszeit vom stressigen Alltag in der Großstadt bieten. Im Jahr 2014 ermöglichte uns Sternstunden e. V. die Durchführung.

Ähnlich dem Nähprojekt wird an einem Nachmittag pro Woche ebenfalls von einer Kunsttherapeutin ein Malkurs angeboten. Hier können die Jugendlichen ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Die entstandenen Kunstwerke werden mit Zustimmung der SchülerInnen im Schulhaus ausgestellt. Dank der finanziellen Unterstützung der Buntstiftung konnte Kunst in den regulären Unterricht mitaufgenommen werden. Schach »Fördern durch Schach« – dieses Motto der Münchener Schachstiftung greifen wir sowohl mit unserem Nachmittagsangebot auf, als auch durch die Integration des Schachunterrichts in den regulären Mathematikunterricht. Hier kommen vor allem Kompetenzen wie strategisches Denken und Fairness zu Tragen, gleichzeitig wird logisches Denken gefördert. Inzwischen konnten einige unserer SchülerInnen bereits an den Schulmeisterschaften und an den Bayerischen Meisterschaften mit Erfolg teilnehmen.

Nähen Nähen zu können ist eine der oft mitgebrachten außerschulischen Kompetenzen unserer SchülerInnen. In einem regelmäßigen Nähkurs wollen wir Schülerinnen die Möglichkeit geben, hier anzuschließen. Unser Förderer, die Moving Child gGmbH, stellt uns sowohl die Nähmaschinen als auch die Stoffe und andere benötigte Materialen zur freien Verfügung. Angeleitet wird der Kurs von einer Kunsttherapeutin. Die Teilnahme ist für alle Schülerinnen frei, das Angebot findet nachmittags statt.

Seit rund zwei Jahren fördert die Münchener Schachstiftung SchülerInnen der SchlaU-Schule und der ISuS-Schule mit dem Förderprogramm »Schach nach Königsplan«. Zum Förderprogramm gehört, dass die TeilnehmerInnen auch zu Hause, mit SchulkollegInnen, Freunden und Geschwistern in der Freizeit Schach spielen.

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Sexualkunde-Projektwoche

Tanzprojekt

Die sexuelle und damit auch gesundheitliche Aufklärung ist ein wesentliches Element unserer Fachinhalte. Viele unserer SchülerInnen verfügen in diesem Bereich noch über gar kein oder nur sehr grundständiges Wissen – dieses wollen wir gezielt aufbauen und erweitern, um ihnen auch in diesen Bereichen verantwortungsvolles Handeln zu ermöglichen. Viele Inhalte werden gezielt in das Fach Ethik eingeflochten. Einzelne Themen wie AIDS oder Verhütung werden aber in einer eigens entwickelten Projektwoche vermittelt. In dieser Woche werden die Klassen von ExpertInnen besucht bzw. durchlaufen für sie von unseren LehrerInnen erstellte Unterrichtsmodule.

Immer mittwochs fand im Jahr 2014 in unserer Schul-Aula ein freier Tanzworkshop statt. Das Projekt wurde im Rahmen von »Kultur macht stark – Bündnisse für Bildung« von SchlaU in Zusammenarbeit mit »Tanz und Schule« und dem Bayerischen Staatsballett durchgeführt. Thema des Projekts war »Tanz und Raum«. Unter der Leitung von Stefan Dreher und dem Hip-Hop-Tänzer und -Dozenten Aloun Phetnoi lernten die SchülerInnen die Welt des Hip-Hop kennen. Zum Abschluss des Projekts präsentierten die ca. 15 SchülerInnen das Erlernte bei einer öffentlichen Aufführung in den Studios des Staatsballetts.

Zugspitzwanderung Jedes Jahr zum Ende des Schuljahres bieten wir interessierten Jugendlichen die Möglichkeit, in drei Tagen den höchsten Berg Deutschlands, die Zugspitze, zu erklimmen. Zusammen mit drei erfahrenen Bergführern der Bergund Skischule Vivalpin in Garmisch-Partenkirchen machte sich die 20-köpfige SchülerInnengruppe zusammen mit ihren LehrerInnen über das Kreuzeck, das Reintal und die Knorrhütte auf, den Gipfel zu stürmen. Kontaktlinse Im Rahmen des integrativen Medienprojekts Kontaktlinse in der Villa Stuck konnten unsere SchülerInnen der Grundstufe zusammen mit deutschen SchülerInnen mit Videokunst ihre Ideen verwirklichen und das zum Ausdruck bringen, was sie bewegt. Ungezwungen, natürlich und in simplem Format stellen die Jugendlichen ihre Ideen dar. Die Filme handeln von Freiheit in Deutschland und den strengen Restriktionen in Flüchtlingsbehausungen, von Träumen und dem Wieder­sehen mit der Familie, von Freundschaft und Gruppenzwang, von Freude und Traurigkeit, von Identität und Heimat. Zum dritten Mal hatten wir Ende Juni 2014 die Möglichkeit, auf die Zugspitze zu wandern. 20 Schüler und drei Lehrerinnen waren zusammen mit dem Team von Vivalpin unterwegs und sind über Kreuzeckhaus und Knorrhütte auf Deutschlands höchsten Gipfel gewandert. Zu Beginn der Wanderung war das Wetter wechselhaft, doch das konnte die gute Stimmung nicht trüben. Belohnt wurden alle Wandernden dann mit strahlendem Sonnenschein an den restlichen Tagen.

Skateboard-Projekt In Zusammenarbeit mit Whatsthedeal wurden im Juli 2014 drei Skateboard-Workshops durchgeführt. Unsere Schüler­Innen machten dabei an der »»nomadischen Skulptur« erste Erfahrungen mit dem Skateboard. Außerdem kamen sie auf einem Abschlussfest mit vielen Menschen aus der Kunst- und Kulturszene in Kontakt. 24


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Im klassenübergreifenden Theaterprojekt konnten ca. 30 Jugendliche Ausdrucksformen des Theaters ausprobieren und kennenlernen. Der Höhepunkt war die Aufführung in den Münchner Kammerspielen.

Literaturwerkstatt In der Literaturwerkstatt können einzelne Klassen die deutsche Sprache von einer neuen Seite kennenlernen. Auf spielerische Art und Weise erschließen sie sich verschiedene Textsorten, lernen, mit der neuen Sprache zu spielen, und ihre eigenen Gedanken fernab von fachlichen Inhalten auszudrücken. Wir danken dem Projekt Wolkenschlösser für die Kooperation!

Theaterprojekt Das Theaterprojekt »WEISS GOTT WANN« war eine Kooperation zwischen den Münchner Kammerspielen, Jugendliche ohne Grenzen sowie der SchlaU-Schule. Finanziert wurde »WEISS GOTT WANN« durch die Förderung von »Kultur macht stark«. Im Rahmen des Projekts wurden die SchülerInnen an den Raum Theater herangeführt. Das Projekt, als mehrstufiger Prozess mit Schnuppertag und Workshops angelegt, mündete in einer gemeinsamen Inszenierung, die im Juli 2014 im Rahmen des M8-MIT!-Festivals in den Münchner Kammerspielen zu sehen war. Inhaltlicher Ansatz des Gesamtprojekts ist die Ergründung des Verständnisses von Kultur und Gesellschaft. In Workshops (Schreibwerkstatt, Maskenbau, Körperbewegung, Musik) konnten die ca. 30 Jugendlichen bereits vor Beginn der Inszenierungsarbeit Ausdrucksformen des Theaters kennenlernen und ausprobieren. Das Projekt ermöglichte neue Begegnungen zwischen Jugendlichen und Künstlern, Publikum und Jugendlichen, jugendlichen Flüchtlingen und Münchner Jugendlichen sowie den Institutionen untereinander.

Lithografie-Projekt Im Februar 2014 bot die Münchner Lithografiewerkstatt in Zusammenarbeit mit der Künstlerin und Kunstpädagogin Ulla von Gemmingen das Projekt »HEIMAT ist da, wo ICH bin« an. Die Jugendlichen lernten hier unter anderem die Technik des Steindrucks kennen und konnten unter Anleitung bereits eigene Kunstwerke erstellen, die im Anschluss in einer kleinen Ausstellung präsentiert wurden. Das Projekt wurde mit einem Zertifikat abgeschlossen, das Bewerbungsunterlagen beigelegt werden kann.

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»Im Jahr 2014 bestanden 97 Prozent die externe ABSCHLUSSPrüfung.« In Zahlen bedeutet das 69 von 71 SchülerInnen


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3. Ressourcen, Leistungen und Wirkungen

Eingesetzte Ressourcen 2014 Finanzielle Ressourcen Personal- und Sachkosten: 3,6 Millionen Euro Zeitliche Ressourcen Ehrenamtliche MitarbeiterInnen: 200 Personen

3.1. INPUT-OUTPUT-OUTCOME/ IMPACT

Immaterielle Ressourcen SchlaU-Konzept Netzwerk- und KooperationspartnerInnen

Die SchlaU-Schule hat über die letzten 15 Jahre Tausende Einzelfälle erfolgreich betreut. Seit der Einführung der Abschlussprüfungen im Schuljahr 2004/2005 haben knapp 400 SchülerInnen einen erfolgreichen oder qualifizierenden Mittelschulabschluss absolviert. Im Jahr 2014 setzten wir insgesamt rund 3,6 Millionen Euro an Personalund Sachkosten ein, um unsere Angebote umzusetzen. Unterstützt wurden wir hierbei von circa 200 Ehrenamtlichen, die vor allem in der Nachhilfe tätig waren. Wir sehen es als eine wichtige Aufgabe an, die Gesellschaft hinsichtlich der Lebensrealitäten junger Flüchtlinge zu sensibilisieren und auf eine Verwirklichung des Menschenrechts auf Bildung für alle jungen Flüchtlinge in Deutschland hinzuwirken. Daher machen wir gezielt Lobbyarbeit für die Belange unserer Zielgruppe. Neben den gesellschaftlich erzeugten Wirkungen sind auch die Auswirkungen des Schulbesuchs auf die Persönlichkeiten und Biografien der SchülerInnen immens: Nach ihrer Flucht finden die Jugendlichen bei SchlaU und ISuS, teilweise zum allerersten Mal, nicht nur einen Ort des Lernens, sondern auch der Geborgenheit. Sie ergreifen ihre Chance schnell. In kürzester Zeit erlernen sie die deutsche Sprache, erhalten Orientierungshilfe im Ankunftsland, lernen ihre Umgebung besser zu verstehen und bauen sich ein soziales Netzwerk auf. Die gemeinsame Erfahrung der Flucht vermag es dabei, heterogene LernerInnengruppen zusammenwachsen zu lassen. Nicht selten ist zu beobachten, wie anfangs verschlossene SchülerInnen sich in der täglichen Gemeinschaft öffnen und ihre Lebensfreude wiederentdecken. Besonders hervorzuheben ist auch die überaus hohe Lernmotivation der Jugendlichen. Und ihre Erfolge sind schließlich der Grund dafür, dass die Bildung und Qualifizierung junger Flüchtlinge Platz fand in den Köpfen und Herzen der landesweit politisch Verantwortlichen.

Erbrachte Leistungen 2014 S chulanaloger Unterricht für 300 SchülerInnen 69 AbsolventInnen Vermittlung von 89 % der AbsolventInnen in Ausbildungen, weiterführende Schulen oder den Arbeitsmarkt Nachbetreuung und Begleitung von 70 – 100 Ehemaligen am Übergang Schule-Beruf durch SchlaUzubi Psychologische/psychosoziale Betreuung und Unterstützungsangebote für 300 SchülerInnen sowie 70 – 100 Ehemalige Sensibilisierungs- und Öffentlichkeitsarbeit Durchführung von vier Fortbildungen für Externe sowie diverse Vorträge und Workshops

Erzeugte Wirkungen für die Gesellschaft itwirkung an der Initiierung der BerufsschulM pflicht für junge Flüchtlinge im Alter von 16 bis 21 bzw. 25 Jahren in Bayern (2011) Aktives Lobbying als Beitrag zur Zurücknahme des Vorbehalts gegenüber der Kinderechtskonvention (2010) Einsatz für die Abschaffung des dreimonatigen Bildungsverbots für neuangekommene Jugendliche in München sowie die Aufnahme aller minderjährigen Flüchtlinge in Bayern in Jugendhilfe­ einrichtungen (2013) Soziale Integration junger Menschen, Abbau interkultureller Vorurteile, Arbeitsmarktinte­ gration der AbsolventInnen

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3.2. Schulstatistiken SchülerInnenstruktur (w/m in Prozent)

Unsere Schulen

69

Durchschnittsalter

17

74

26

Schulplätze

75

19

Wohnsituation in Gemeinschaftsunterkünften, Pensionen oder privat in Prozent

38

31

225

Wohnsituation mit Betreuung durch die Jugendhilfe in Prozent

62

35

65

Abschlüsse SchlaU Durchschnittlich sind unsere SchülerInnen zwei bis drei Jahre bei uns, bevor sie mit einem Schulabschluss in der Hand eine Ausbildung beginnen, eine weiterführende Schule besuchen oder direkt in den Arbeitsmarkt einsteigen. In den letzten Jahren haben nahezu alle Schüler­Innen die Abschlussprüfungen, die im Rahmen einer Externenprüfung an städtischen Mittelschulen abgelegt werden, bestanden. 2006 2007 2008 2009

2010

2011

2012

2013

2014

Gesamtanzahl Schüler

80

80

120

140

136

145

200

200

225

Anzahl Schüler Abschlussklasse

22

28

34

30

38

46

58

59

71

Bestandene Abschlüsse

22

25

34

30

38

46

58

57

69

Bestehensquote (%)

100

90

100

100

100

100

100

97

97

Vermittlung Ausbildung/Schule/Beruf (%)

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

k. A.

90

k. A.

89

28


Jahres- und Wirkungsbericht 2014

syrien 5,4 5,5

irak 6,8 7,5

maLi 4,1 burkina Faso 1,5 eritrea 12,2 2,0

nigeria 6,8 5,0

aFghanistan 28,4 45,7

äthiopien 2,7 2,5

somaLia 13,5 11,1

sierra Leone 2,7 7,5 uganda 1,5

senegaL 2,5

demokratische repubLik kongo 2,7 1,5

herkunftsländer in prozent Weitere schülerinnen kommen aus gambia, ghana, kosovo, mauretanien, myanmar, pakistan, palästinensische gebiete, russland, senegal, sudan, tibet Weitere schülerinnen kommen aus bangladesch, china, elfenbeinküste, gambia, ghana, kambodscha, mali, kosovo, myanmar und pakistan.

29


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

3.3. EVALUATION UND QUALITÄTSSICHERUNG Unterrichtsbezogene Qualitätsentwicklung mit dem Schwerpunkt Unterricht und Lernen

Schulleitung und Lehrende Mitarbeitergespräche Beurteilung durch die Schulleitung Leitungshospitation »Problemfeuerwehr«

Externe und SchlaUzubi Feedback weiterführender Schulen/Ausbildungs­betriebe Feedback zu den benötigten Kentnissen und dem weiterführenden Lernfortschritt

Lehrende Kollegiale Hospitation Unterrichtsbezogene Unterstützung Systematischer Ablauf

Klasssen und Lehrende

Anlassbezogenes kollegiales Feedback Intervision

Feedback Ehrenamtliche/ BetreuerInnen »Elternabend« Moderierter Diskussionsabend

Externe und Lehrende

Es braucht zwei, damit einer sich kennenlernt. Gregory Bateson

SchülerInnen-Feedback Rückmeldung zur eigenen Unterrichtserfahrung

Lehrende

Externe und Lehrende

Feedback Kooperations­schulen Rückmeldung zu den Prü­fungen und zur Prüfungsvorbereitung

Alumni, Klassen, Lehrende Allumni-Feedback AbsolventInnenbefragung zur SchlaU-Schulerfahrung

Klassen, Lehrende, Leitung Lernergebnisse Lernzielgespräche Lernstandardtests

30

Externe und Team Supervision Im Team Einzeln


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

Die MitarbeiterInnen des Trägerkreises Junge Flüchtlinge e. V. verfügen über ein breit gefächertes Hintergrundund Fachwissen hinsichtlich der besonderen Lebenslagen, in denen sich junge Flüchtlinge befinden. Auch bei Neueinstellungen legen wir großen Wert darauf, dass Lehrkräfte eine Ausbildung oder Zusatzqualifikation in Deutsch als Fremd-/Zweitsprache haben und Vorerfahrungen im Bereich der Flüchtlingsbeschulung besitzen oder zumindest die Bereitschaft mitbringen, sich in diesem Bereich intensiv fortzubilden. Gleiches gilt für die Besetzung von Stellen in der Schulsozialarbeit und im Nachbetreuungsprogramm SchlauZubi. Neue KollegInnen im Lehrbereich werden nach Möglichkeit in Klassen eingebunden, in denen auch langjährige LehrerInnen tätig sind. Sie und die Fachschaftsleitungen stehen ihnen für Rückfragen jederzeit zur Verfügung. Ein wesentliches Element des Schulalltags bei SchlaU und ISuS ist genügend Zeit für den internen pädagogischen Austausch. Daher wird immer wieder Zeit für Fort- und Weiterbildungen eingeräumt. Diese und die Prozesse der Schulentwicklung werden von der Abteilung Schulentwicklung und Qualitätsmanagement des Trägerkreises Junge Flüchtlinge e. V. koordiniert, mit den Schulleitungen abgestimmt und gemeinsam mit VertreterInnen des Lehrteams und der Schulsozialarbeit organisiert und umgesetzt. Interne Fortbildungen umfassen beispielsweise pädagogische Tage für das Team. Diese wird durch selbst konzipierte, anlassbezogene Workshops gestaltet oder an einzelnen Tagen von internen wie externen ExpertInnen. Wir legen hier besonderen Wert darauf, die vorhandenen Kompetenzen im Team systematisch miteinzubeziehen. Zusätzlich werden durch die AG Weiter­­bildung regelmäßig externe Fortbildungen bei anerkannten Institutionen gebucht. Im Jahr 2014 lagen die Fortbildungsschwerpunkte auf der Schärfung der Curriculumsund Fachschaftsarbeit. Darüber hinaus entwickelte die Abteilung Schulentwicklung und Qualitätsmanagement ein Feedbacksystem, das die Berufspraxis reflektiert und zur Qualitätsentwicklung beitragen soll (siehe Abbildung15). Das Feedbacksystem beinhaltet unter anderem kollegiale sowie Leitungshospitationen, um die qualitative Unterrichtsentwicklung weiter zu systematisieren: Gegenseitige Unterrichtsbesuche und gemeinsam gesteckte Arbeitsziele unterstützen die individuelle Entwicklung der Lehrenden. Außerdem finden regelmäßige MitarbeiterInnengespräche statt.

Alle MitarbeiterInnen des Vereins sowie der Schulen haben darüber hinaus die Möglichkeit, an regelmäßig stattfindenden Intervisionen (ohne Leitungsmitglieder) und extern moderierten Supervisionen (im Team oder einzeln) teilzunehmen. Auf Schülerseite wurden zur Qualitätssicherung Lernund Entwicklungsdokumentationen eingeführt. Diese ist eine Weiterentwicklung des seit Jahren bewährten Einzelgesprächs, das die Klassenleitungen mit den einzelnen SchülerInnen führen. Die Lern- und Entwicklungsdokumentation umfasst zunächst einen offenen Gesprächsbogen zur aktuellen Lebenssituation der Jugendlichen, gefolgt von standardisierten Bögen zu den Fächern Deutsch und Mathematik, fachübergreifenden Kompetenzen sowie einem Förderplan. Darüber hinaus können SchülerInnen und Alumni Feedback zu ihren Unterrichts- bzw. Schulerfahrung rückmelden. Auch die SchülerInnenmitverantwortung (SMV) sowie Klassen- und Schülersprecherwahlen sichern die Partizipation der SchülerInnen und ermöglichen Feedback. Weitere relevante Anspruchsgruppen, die innerhalb des Feedbacksystems berücksichtigt werden, sind weiterführende Schulen und Ausbildungsbetriebe, die ehemalige ISuS-/SchlaU-SchülerInnen ausbilden, sowie Kooperationsschulen und Ehrenamtliche bzw. BetreuerInnen. Im Jahr 2014 wurde das Nachbetreuungsprogramm SchlaUzubi im Rahmen einer Masterarbeit evaluiert. Die Ergebnisse wurden auf unserer Webseite veröffentlicht.

15

31

In Anlehnung an und in Ergänzung zu: Brägger/Posse (2007: 174).


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

»Engagement und Professio­ nalität der Lehrenden bei SchlaU sind beispiellos.« Antonia Veramendi Schulleitung SchlaU-Schule


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

4. Organisationsstruktur und Team

Auf Leitungsebene (Vorstandsvorsitzender, Geschäftsführung, Schulleitung SchlaU, Schulleitung ISuS) finden monatliche Treffen zur Absprache von übergeordneten Strategien und Aufgaben statt. Ergänzend berät ein Planungsausschuss, bestehend aus Vertretern der Schulen, SchlaUzubi, der Schulentwicklung, der SchlaU SerVer sowie der Geschäftsführung und des Vorstands, über aktuelle Aktivitäten und Planungen. Die Schulen und das pädagogische Personal werden von den Schulleitungen und ihren StellvertreterInnen geleitet. Unterstützt werden die Schulleitungen außerdem durch ein erweitertes Schulleitungsteam, das sich aus Vertretern des Lehrteams, der Schulsozialpäda­ gogik und der Verwaltung zusammensetzt. Das gesamte Schulteam kommt in wöchentlichen Teamsitzungen zusammen. In der Zusammenarbeit mit dem Schulteam setzen die Schulleitungen von SchlaU und ISuS auf einen kooperativen Führungsstil. Entscheidungen, die den Unterricht betreffen, werden gemeinsam mit dem Team besprochen. Wichtig ist uns, dass sich alle Mitarbeitenden an ihrem Arbeitsplatz wohlfühlen und ihre Energie in die Arbeit der Schule einfließen lassen möchten und können. Im Sinne einer »gesunden Schule« setzen die Schulen vor allem auf regelmäßigen pädagogischen Austausch und auf eine stimmige Arbeitsteilung. SchülerInnen können sich in der Schülermitverantwortung (SMV) organisieren. Diese steht in regelmäßigen Austausch mit der Schulleitung und wird bei verschiedenen Fragestellungen des Schullebens hinzugezogen.

4.1. EIGENTÜMER- UND ORGANISATIONSSTRUKTUR Der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. gründete sich im Jahr 2000. Im Dezember 2012 wurde die Vereinssatzung aus dem Jahr 2000 überarbeitet und an die aktuellen Strategien und Anforderungen angepasst, um direktes wie indirektes Wachstum zu ermöglichen. Seit diesem Zeitpunkt fungiert der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. als übergeordneter Dachverband. Die SchlaUSchule München bleibt weiterhin die Labor- und Entwicklungsschule des Vereins. Im November 2013 wurde die eigenständige ISuS gemeinnützige Unternehmensgesellschaft (haftungsbeschränkt) als Tochtergesellschaft in den Dachverband aufgenommen. ISuS gehört zur Wirkungskette des schulanalogen Unterrichts und konzentriert sich auf die Erstorientierung, die Alphabetisierung und die Vorbereitung von jungen Flüchtlingen auf den Besuch von weiterführenden Schulen. Im Januar 2014 wurde mit der SchlaU SerVer Unternehmensgesellschaft (haftungsbeschränkt) eine weitere Tochtergesellschaft gegründet, die Verwaltungs- und Servicedienstleistungen für alle Bereiche des Trägerkreises Junge Flüchtlinge e. V. erbringt (z. B. Buchhaltung, Einkauf, Fundraising, Öffentlichkeitsarbeit), aber auch nach extern wirkt (z. B. Vertrieb von Beratungen, Fortbildungen, Workshops). Während sich die Schulen nur ihren pädagogischen und konzeptionellen Aufgaben widmen, übernimmt der Verein strategische, konzeptionelle sowie politische Aufgaben. Die Durchführung von Weiterentwicklungsmaßnahmen und Beratung hinsichtlich des Konzepts und der Pädagogik für die Schulen und die politische Beratung für den Vorstand übernimmt die vereinseigene Abteilung Schulentwicklung und Qualitätsmanagement. Darüber hinaus entwickelt die Abteilung Unterrichtsmaterialien, Moduleinheiten für Fortbildungen sowie Beratungskonzepte für Externe.

33


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

Organisationsstruktur

Mitgliederversammlung Vorstand Gesellschafterausschuss Beirat

SchlaU-Schule SchlaU SerVer

SchlaUzubi

Abteilung Schulentwicklung und Qualitätsmanagement

ISuS-Schule

Die formal juristische Organisationsstruktur des Vereins ist wie folgt: Die Basis des Vereins ist die Mitgliederversammlung. Diese wählt den Vorstand sowie den hauptamtlichen Vorstandsvorsitzenden. Zusammen mit dem Geschäftsführer des Vereins lenkt der Vorstandsvorsitzende durch den Gesellschafterausschuss alle Angebote und Tochtergesellschaften, die unter dem Dach des Trägervereins agieren. Beraten wird der Gesellschafterausschuss hierbei von einem ehrenamtlichen Beirat. Der Beirat ist für das betriebswirtschaftliche Controlling und die strategische Beratung des Vereins und seiner Tochtergesellschaften zuständig. Er tagt momentan einmal monatlich.

Während die SchlaU-Schule weiterhin als Hauptaktivität direkt beim Verein angesiedelt ist, wurde die ISuS-Schule als Tochtergesellschaft (Unternehmensgesellschaft) gegründet. Die beiden Schulen und deren Teams (Lehrer­ Innen, SozialpädagogInnen, Schulverwaltung) werden von den jeweiligen Schulleitungen geführt. Die Angebote des Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. werden durch die nach intern und extern wirkende Abteilung Schulentwicklung und Qualitätsmanagement sowie die Tochtergesellschaft SchlaU SerVer UG (haftungsbeschränkt), vervollständigt.

34


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

4.2. ALLGEMEINE ANGABEN Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V.

ISuS gemeinnützige Unternehmensgesellschaft

Gründung 2000 Rechtsform eingetragener Verein Vertretung Michael Stenger (Vorstandsvorsitzender) Björn Schalles (Geschäftsführer) Kontaktdaten Adresse: Schwanthalerstr. 2, 80336 München Telefon: 089 / 4111 931 11, Fax: 089 / 4111 931 99 E-Mail: info@schlau-schule.de, Website (URL): www.schlau-schule.de Registereintrag Registergericht: München Registernummer: VR 16923 Gemeinnützigkeit Datum des Freistellungsbescheids: 18.07.2014. Der Verein ist mildtätig und gemeinnützig tätig (Förderung der Jugendhilfe).

Gründung 2012 Rechtsform gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt) Vertretung Mohammadreza Karimitari (Geschäftsführer) Kontaktdaten Adresse: Schillerstr. 7, 80336 München Telefon: 089 / 46139311 0, Fax: 089 / 774078 E-Mail: info@isus-schule.de Website (URL): www.isus-schule.de Registereintrag Registergericht: München Registernummer: HRB 20065 Gemeinnützigkeit Datum des Freistellungsbescheids: 25.11.2013 ISuS fördert mildtätige und gemeinnützige Zwecke (Förderung der Erziehung, Förderung für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte, für Flüchtlinge und Vertriebene).

SchlaU SerVer Unternehmensgesellschaft Gründung 2014 Rechtsform UG (haftungsbeschränkt) Vertretung Katharina Radmüller (Geschäftsführung) Kontaktdaten Adresse: Schwanthalerstr.2, 80336 München Telefon: 089 / 4111931 22, Fax: 089 / 4111931 99 E-Mail: info@schlau-server.de Registereintrag Registergericht: München Registernummer: HRB 209924 Gemeinnützigkeit Nicht gemeinnützig

35


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

4.3. TEAM

Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. Vorstandsvorsitz Michael Stenger Vorstand Alfred Dahmer, Thomas Gittrich, Hubert Heinhold Geschäftsführung Björn Schalles Schulentwicklung & Qualitätsmanagement Anja Kittlitz, Melanie Weber, Sarah Wolfertstetter

SchlaU SerVer UG (haftungsbeschränkt) Geschäftsführung und Fundraising Katharina Radmüller Verwaltung und Buchhaltung Tugba Kilic Stabstelle/Beratung Michael Schütz Auszubildender Raphael Kandilis 36


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SchlaU-Schule Schulleitung Antonia Veramendi Stellvertretende Schulleitung Rudolf Hillreiner, Melanie Weber Schulsekretariat Norman Heinemeier Schulsozialarbeit Isabella Deck, Mario Hurler, Thomas Maschke, Wioletta Rose, Martina Unger Lehrende Vera Angerer, Lilian Chur, Magdalena Greipl, Hubert Hadersdorfer, Deborah Holleitner, Brigitte Huber, Vera Justa, Heidrun Kirmse, Anja Kittlitz, Judith Kratzl, Hanna Threimer-Kulke, Ira Maier, Jana MĂźller-Kress, Doris Olsen-Hildebrandt, Regine Pell, Claudia Sakuth, Peter Sinhart, Christian Soeder, Wibke Stang-FrĂśhlich, Stefanie Studnitz, Kathrin Tilsch, Roland Waegner, Angela Westhoff

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JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

SchlaUzubi Individuelle Lernbegleitung Peter Hackenschmied, Doris Olsen-Hildebrandt, Stefanie Veit, Marie Wagner Sozialp채dagogische Unterst체tzung Thomas Maschke, Martina Unger

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JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

ISuS-Schule Schulleitung Miriam Herrmann Stellvertretende Schulleitung Anita Michalski Kaufmännische Leitung Hubertus Radermacher Schulsekretariat Adunya-Marie Kahssay Schulsozialarbeit Anita Michalski, Hubertus Radermacher, Sara Pfau Lehrende Elli Boyd, Carolin Eichhorn, Julia Kahl, Peter Hackenschmied, Sarah Herrmann, Reza Karimitari, Migjen Stenger, Jürgen Übener, Ilka Varnay, Elisabeth Willert

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JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

4.4. PARTNERSCHAFTEN, KOOPERATIONEN UND NETZWERKE

Unsere Netzwerkpartner im Bildungsbereich Anne-Frank-Realschule, ETC, FLÜB&S, LMU München, Mittelschule am Gotzinger Platz, Mittelschule an der Wiesentfelser Straße, Montessori Fachoberschule, Städtisches Münchenkolleg, Städtische Berufsschule am Bogenhauser Kirchplatz, die Träger von ESF-BAMF-Kursen, Universität Hamburg.

Der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. hat es über die letzten Jahre geschafft, einen Schulverbund zwischen SchlaU und ISuS als Bildungseinrichtungen in privater Hand und den Berufs- und Mittelschulen realisierbar zu machen. Heute arbeiten wir mit dem Bayerischen Kultusministerium und dem Münchener Schulreferat zusammen an der Beschulung von jungen Flüchtlingen. Um den SchülerInnen einen staatlichen Schulabschluss zu ermöglichen, sind wir eine Schulkooperation mit den Mittelschulen am Gotzinger Platz und der Wiesentfelder Straße eingegangen, an welchen unsere SchülerInnen jährlich die Abschlussprüfungen absolvieren können. Eine enge Zusammenarbeit besteht darüber hinaus mit der Berufsschule am Bogenhauser Kirchplatz, anderen AnbieterInnen von Deutschkursen und Flüchtlingsschulen – wohin wir SchülerInnen im Fall des Schulplatzmangels vermitteln können – und zu weiterführenden Schularten. Dies ist vor dem Hintergrund des Inklusionsgedankens wesentlich für unsere Arbeit, ebenso wie die Zusammenarbeit mit außerschulischen ProjektpartnerInnen. Zwar bereiten wir unsere SchülerInnen in sehr kurzer Zeit auf einen Einstieg ins deutsche Regelschulsystem vor, aber während der Unterrichtszeit besteht bis auf die Lehrperson zu deutschen MuttersprachlerInnen kaum Kontakt. Um dies dennoch zu fördern, finden immer wieder Kooperationsprojekte mit anderen Schulen statt. Eine weitere Brücke stellen unsere ehrenamtlichen NachhilfelehrerInnen dar, zu welchen die SchülerInnen oft einen sehr engen Kontakt entwickeln bis hin zu andauernden Freundschaften. Danke! Unsere Angebote sind nur aufgrund der sehr guten Zusammenarbeit mit einer Vielzahl von Institutionen durchführbar. Herzlichen Dank!

Unsere öffentlichen Kooperationspartner Agentur für Arbeit, Amt für Wohnen und Migration, Bayerisches Kultusministerium, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Netzwerk FIBA, Jobcenter, Jugendamt, die Landratsämter München, Dachau, Ebersberg, Starnberg, Ostallgäu, Freising und Miesbach, Pädagogisches Institut München und Dillingen, das Referat für Bildung und Sport, Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung. Unsere Kooperationspartner in der Flüchtlingsarbeit Bayerischer Flüchtlingsrat, Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge, Heimaten e. V ., Jugendliche ohne Grenzen, Münchner Flüchtlingsrat, ProAsyl, Refugio und die zahlreichen Jugendhilfeträger, die unsere SchülerInnen betreuen. Unsere Kooperationspartner am Übergang Schule-Beruf Die vielen Ausbildungsbetriebe, die unseren SchülerInnen zunächst durch Praktika und dann durch Ausbildungsverhältnisse den Eintritt ins Berufsleben ermöglichen, die Berufs(fach)schulen sowie die Innungen und Kammern, insbesondere die Industrie- und Handelskammer sowie die Handwerkskammer. Weitere Netzwerkpartner Danke auch an Ashoka, goetzpartners für die Beratung sowie die Unterstützung bei der Ausbildungsmesse 2014, Olswang für die Pro-bono-Beratung, den Freiwilligenagenturen Gute Tat und Tatendrang für die Vermittlung von Ehrenamtlichen und Kulturraum e. V. für die Weiterleitung von Freizeitangeboten für unsere SchülerInnen.

40


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

Am 20. November 2014 haben wir zahlreiche interessierte Unternehmen zu unserer ersten Ausbildungsmesse in die SchlaU-Schule eingeladen. Ein Informationsparcours der SchülerInnen gewährte Einblicke für die Betriebe, AbsolventInnen berichteten gemeinsam mit ihren AusbilderInnen von ihren Erfahrungen, und zu guter Letzt hatten unsere SchülerInnen die Gelegenheit, die teilnehmenden Unternehmen beim Job-Speed-Dating im persönlichen Gespräch zu überzeugen. Nach der Begrüßung durch Dr. Josef Amann, Bereichsleiter Berufsbildung der IHK, und Antonia Veramendi, Schulleiterin der SchlaU-Schule, konnten sich SchülerInnen und UnternehmensvertreterInnen an verschiedenen Stationen über die SchlaU-Schule informieren. Die Stationen für die Unternehmen umfassten Berichte von aktuellen Auszubildenden, die zusammen mit ihren Ausbildern über ihre Erfahrungen berichteten, sowie weitergehende Informationen zu unserem Nachbetreuungsprogramm SchlaUzubi und zu Unterstützungsmöglichkeiten durch die Agentur für Arbeit. Die SchülerInnen unserer 10. Klasse stellten die Schule in einer eigenen Präsentation vor. Zeitgleich konnten sich SchülerInnen bei einem IHK-Berufsberater und bei ehemaligen SchlaU-SchülerInnen über verschiedene Ausbildungsberufe informieren. Wir danken allen beteiligten Unternehmen und insbesondere goetzpartners, die uns bei der Organisation unterstützt haben.

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JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

»SchlaU Zeigt, wie eine mutige, private Initiative als Vorbild vorangeht und Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft mit ins Boot holt.« Harriet Austen Lichterkette e. V.

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JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

5. Finanzen und Rechnungslegung

Vielen herzlichen Dank für die Unterstützung!

Der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. und seine Angebote, die SchlaU- sowie die ISuS-Schule, finanzieren sich aus einer Mischfinanzierung aus öffentlichen Mitteln, Stiftungsmitteln und nicht zweckgebundenen Spenden. Ziel für die nächsten Jahre ist eine Finanzierungsratio zwischen öffentlichen und privaten Mitteln von 80 zu 20 Prozent.

5.1. BUCHFÜHRUNG UND RECHNUNGSLEGUNG Der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. erstellt in Zusammenarbeit mit der Dr. Weigl Augustinowski Treuconsult GmbH jährlich einen bilanziellen Jahresabschluss. Die Jahresabschlüsse der ISuS gemeinnützige UG (haftungsbeschränkt) und der SchlaU SerVer UG (haftungsbeschränkt) wurden aufgrund der Rechnungslegungsvorschriften des Handelsgesetzbuchs aufgestellt. Ergänzend zu diesen Vorschriften waren die Regelungen des GmbH-­Gesetzes zu beachten. Eine Kopie der Jahresabschlüsse von 2014 ist auf Anfrage gerne erhältlich.

Münchener Schachstiftung

5.2. FINANZIELLE FÖRDERER Wir möchten uns bei allen SpenderInnen, Stiftungen, Vereinen, Unternehmen und unseren öffentlichen Förderern herzlich für die Unterstützung im Jahr 2014 bedanken. Besonders möchten wir uns bei den engagierten SpenderInnen bedanken, die mit viel Engagement und Aufwand Spendenaktionen für uns initiiert haben: BertholdBrecht-Gymnasium, BMW // B4-R1, Gröbenzell hilft e. V., Elternbeirat der Grundschule an der Herterichstr., Gymnasium Langenhagen, Gymnasium Max-Josef-Stift, Münchner Kammerorchester, Käthe-Kollwitz-Gymnasium, Kindergarten Kinderschiff e. V., PIN Freunde der Pinakothek der Moderne e. V., Süddeutsche Zeitung GmbH – Reiseredaktion, sowie allen SpenderInnen von Geburtstags-, Hochzeits-, Weihnachtsaktionen!

ActivCatering für Kinder GmbH, Barge Stiftung, Bayerische Landesstiftung für Körperbehinderte, ID-Consult GmbH, Karcher GmbH, Kellerkind GbR, Munich International School Foundation, MSP Management Support Partner, Helmut Unkel-Stiftung, LL-Stiftung, Ölmühle Solling GmbH, Olswang, Peter Herbst Stiftung, Quattron Management Consulting, Michael Horbach Stiftung, Scantube GmbH, Sence-Bergerhof Broxtermann, Springer Science+Business Media, Stiftung Hubert Beck, Telefonica GmbH, VSA GmbH 43


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

5.3. GEWINN- UND VERLUSTRECHNUNG 2013

Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V.

ISuS gUG

GesamtOrganisation

Einnahmen Zuschüsse von Behörden Einnahmen Unterricht/Lerncamp §4 Nr.21a UStG Spenden/Zuschüsse sonstige Einnahmen/Erstattungen Auflösung Rücklagen Externe Finanzierung* (Festanstellungen Lehrkräfte)

372,7 299,4 503,3 47,4 101,0 738,5

13,7 276,2

443,3 385,8 606,3 47,4 114,7 1.014,7

2.062,3

549,9

2.612,2

582,1 17,8 738,5 124,0

61,4 8,5 276,2 37,2

643,5 26,3 1.014,7 161,2

1.462,4

383,3

1.845,7

234,7 1,9 236,6

66,8 2,0 68,8

301,5 3,9 305,4

Telefon/ Internet/Porto Büormaterial/Sonstiger Kleinbedarf Versicherungen / Nebenkosten des Geldverkehrs Subtotal Verwaltungskosten

13,5 8,3 2,8 24,6

1,4 4,1 1,1 6,6

14,9 12,4 3,9 31,2

Schülermaßnahmen/Schulfeierlichkeiten Unterrichtsmaterialien Projektbezogene Ausgaben Schülerfahrkarten/Dienstreisen Bewirtungs-/Repräsentationskosten Fortbildungen (für Externe) Marketing/Öffentlichkeitsarbeit Subtotal Maßnahmekosten

36,8 23,4 18,1 67,1 1,8

0,9 9,2 1,2 15,6 3,8

37,7 32,6 19,3 82,7 5,6

13,1 160,3

30,7

13,1 191,0

Gesamt Einnahmen

70,6 86,4 103,0

Ausgaben Festanstellungen sonstige Personalkosten Festanstellungen Lehrkräfte (extern finanziert)* Honorarkosten/Freie Mitarbeiter

Gesamt Personalkosten Miete inkl. Nebenkosten sonstige Raumkosten Subtotal Raumkosten

Anschaffungen Instandhaltung-/Reparaturkosten Unterhalt EDV Hardware Lizenzen Software Subtotal Anschaffungs-/Unterhaltskosten

2,6 13,5 32,7

1,3 2,0 6,5

3,9 15,5 39,2

48,8

9,8

58,6

Fortbildungen, Supervision, Fachliteratur Subtotal Personalnebenkosten

27,1 27,1

0,5 0,5

27,6 27,6 78,3 15,4

Steuer- und Rechtsberatungskosten Dienstleistungen sonstige Sachkosten Subtotal Sonstige Sachkosten

62,6

15,7 15,4

62,6

31,1

93,7

Abschreibungen Anlagevermögen Abschreibungen geringwertige Wirtschaftsgüter Subtotal Abschreibungen

31,0 2,9 33,9

1,9 2,1 4,0

32,9 5,0 37,9

Rücklagenzuführung

Gesamt Sachausgaben Total Einnahmen Total Ausgaben Ergebnis

6,6

21,7

28,3

600,5

173,0

773,5

2.062,3 2.062,9

549,9 556,3

2.612,2 2.619,2

(0,6)

(6,5)

(7,1)

44


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

Mit in die Berechnung der Gesamtkosten (2013 und 2014) einbezogen wurden die extern finanzierten Lehrerstellen. Die Lehrkräfte der SchlaU-Schule, als auch in der ISuS-Schule sind mehrheitlich beim Referat für Bildung und Sport der Stadt München angestellt. Deren Personalkosten wurden aus Sicht eines Arbeitgebers geschätzt und mit in die Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen. Euros in 000s

Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V.

ISuS gUG

521,5 353,3 726,0 46,6 6,6 1.151,8

230,8 103,8 130,3 0,4 17,8 355,7

2.805,8

838,7

824,4 68,2 1.151,8 81,3

172,4 8,2 355,7 30,9

996,8 76,4 1.507,6 112,2

2.125,7

567,3

2.693,0

243,4 1,1 244,5

77,9 1,3 79,2

15,6 6,4 4,2 26,1

1,7 3,4 1,3 6,4

Schülermaßnahmen/Schulfeierlichkeiten Unterrichtsmaterialien Projektbezogene Ausgaben Schülerfahrkarten/Dienstreisen Bewirtungs-/Repräsentationskosten Fortbildungen (für Externe) Marketing/Öffentlichkeitsarbeit Subtotal Maßnahmekosten

25,0 26,2 74,0 39,4 2,5 7,6 14,7 189,3

3,3 6,1 8,2 9,8 1,0 1,4 29,8

28,3 32,3 82,2 49,2 3,5 7,6 16,1 219,1

Anschaffungen Instandhaltung-/Reparaturkosten Unterhalt EDV Hardware Lizenzen Software Subtotal Anschaffungs-/Unterhaltskosten

9,7 28,9 5,3 43,9

0,6 7,5 0,8 8,8

10,3 36,3 6,6 53,3

Fortbildungen, Supervision, Fachliteratur Subtotal Personalnebenkosten

14,4 14,4

3,8 3,8

Steuer- und Rechtsberatungskosten Dienstleistungen sonstige Sachkosten Subtotal Sonstige Sachkosten

69,8 15,5 0,5 85,8

14,4 6,2 0,1 20,8

4,3 0,2 1,7 6,1

88,5 21,9 0,6 112,7

Abschreibungen Anlagevermögen Abschreibungen geringwertige Wirtschaftsgüter Subtotal-Abschreibungen

33,6 9,6 43,2

7,0 14,3 21,3

0,1

40,7 23,9 64,6

Rücklagenzuführung

33,2

103,8

0,8

137,9

680,4

273,9

11,0

965,5

2.805,8 2.806,2

838,7 841,3

13,5 11,0

3.658,0 3.658,5

(0,4)

(2,6)

2,5

(0,5)

2014

SchlaU SerVer UG

GesamtOrganisation

Einnahmen Zuschüsse von Behörden Einnahmen Unterricht/Lerncamp §4 Nr.21a UStG Spenden/Zuschüsse sonstige Einnahmen/Erstattungen Auflösung Rücklagen Externe Finanzierung* (Festanstellungen Lehrkräfte)

Gesamt Einnahmen

13,5

13,5

752,3 457,0 856,4 60,4 24,3 1.507,6

3.658,0

Ausgaben Festanstellungen sonstige Personalkosten Festanstellungen Lehrkräfte (extern finanziert)* Honorarkosten/Freie Mitarbeiter

Gesamt Personalkosten Miete inkl. Nebenkosten sonstige Raumkosten Subtotal Raumkosten Telefon/Internet/Porto Büormaterial/Sonstiger Kleinbedarf Versicherungen/Nebenkosten des Geldverkehrs Subtotal Verwaltungskosten

Gesamt Sachausgaben Total Einnahmen Total Ausgaben Ergebnis

45

3,2 3,2

321,3 5,6 326,9

0,1 0,1

17,3 9,8 5,6 32,7

0,6 0,6

18,3 18,3

0,1


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

»Die Fortbildung bei Schlau ist Methodisch und inhaltich sehr wertvoll.« Fortbildungsteilnehmerin März 2015


JAHRES- UND WIRKUNGSBERICHT 2014

6. Verbreitung des Lösungsansatzes und Ausblick

6.1. FORTBILDUNGSPROGRAMM Das Bildungsangebot für junge Flüchtlinge in Deutschland wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Angeboten wird von vielen Bildungsträgern sowohl Deutschunterricht als auch berufsorientierender Unterricht, der nach einem Schulabschluss den Übertritt ins Berufsleben oder an weiterführende Schulen ermöglichen soll. Unter welchen Voraussetzungen dies in relativ kurzer Zeit gelingen kann, darauf möchte das Fortbildungsprogramm des Trägerkreises Junge Flüchtlinge e. V. Antworten geben. Die Inhalte des Programms bauen auf dem pädagogischen Modell der SchlaU-Schule auf. Ausgangspunkt ist die Frage nach einer gelingenden migrationspädagogischen Praxis im Sinne einer anerkennenden Pädagogik, unter der ein wertschätzendes, ressourcenorientiertes und inklusives Angebot verstanden wird, das allen die Möglichkeit bietet, zu lernen. Ziel der Fortbildungsmodule ist es, den pädagogischen Erfahrungsschatz der PädagogInnen der SchlaU-Schule in der Bildungsarbeit mit jungen Flüchtlingen weiterzugeben und den professionellen Austausch zwischen PraktikerInnen zu fördern. Die ausgewählten DozentInnen zeichnen sich durch jahrelange Erfahrung im Unterricht und in der sozialen Arbeit mit jungen Flüchtlingen aus sowie durch fundiertes theoretisches Wissen, methodische Vielfalt und Erfahrung in der Erwachsenenbildung. Die Veranstaltungen sind praxisorientiert und handlungsleitend konzipiert. In kleinen Gruppen von maximal 15 Personen wird ein intensiver professioneller Austausch ermöglicht und zum selbstreflexiven Lernen angeregt. Zielgruppe der Veranstaltungen sind u. a. Lehrende, Schulleitungen, (Schul-) Sozialpädagog­Innen, SchulpsychologInnen sowie ehrenamtliche UnterstützerInnen. Die Module sind einzeln buchbar und frei kombinierbar. Bei erfolgreicher Teilnahme an allen zehn Modulen kann das Fortbildungsprogramm mit der Zusatzqualifikation »Lehre und psychosoziale Praxis nach dem SchlaUModell« abgeschlossen werden. Bestandteile des erfolgreichen Abschlusses sind die Teilnahmebestätigungen aller zehn Module und eine Reflexionsaufgabe. Ziel ist es, im Sinne des pädagogischen Ansatzes der SchlaU-Schule für die Bildungsarbeit mit jungen Flüchtlingen zu qualifizieren. Die detaillierten Teilnahmebedingungen sind unter dem Stichwort »Fortbildung« auf unserer Homepage: www.schlau-schule.de abrufbar.

Mit dem Konzept des schulanalogen Unterrichts hat der Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. europaweit erstmals ein ganzheitliches Konzept zur Beschulung junger Flüchtlinge entwickelt. Der Verein ist heute darüber hinaus mit seinem Angebot der SchlaU-Schule als Experte in der deutschen Bildungslandschaft hinsichtlich der Beschulung junger Flüchtlinge anerkannt. Nachfolgend finden Sie Informationen zur Verbreitung unseres Lösungsansatzes sowie unsere wesentlichen Planungen und Ziele sowie in diesem Zusammenhang die sich für den Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. ergebenden Chancen und Risiken. Durch unsere langjährige Erfahrung in diesem ansonsten noch sehr jungen Bildungsbereich sehen wir es unter anderem als unsere Aufgabe an, unsere Erkenntnisse weiterzugeben. Die Basis für diesen Wissenstransfer ist die stetige Qualitätssicherung und Weiterentwicklung des schulanalogen Unterrichts an den Laborschulen des Vereins: SchlaU und ISuS. Darüber hinaus ist es uns ein wichtiges Anliegen zu einer Etablierung klientelorientierter Bildungsstandards beizutragen. Deshalb beteiligen wir uns unter anderem am Arbeitskreis Berufsschulpflichtige Asylbewerber und Flüchtlinge des Instituts für Schulqualität und Bildungsforschung München, veröffentlichen Gelingensbedingungen für Bildungsangebote für junge Flüchtlinge und betreiben aktive Lobbyarbeit für das Recht auf Schulbildung und die Verbesserung der Lebenssituationen aller jungen Flüchtlinge in Deutschland. Ebenfalls möchten wir das SchlaU-Konzept skalieren, um es mehr jungen Flüchtlingen in Deutschland zugänglich zu machen. Die Skalierung erfolgt zunächst indirekt über Fortbildungen, Workshops, Vorträge und Beratungen für wichtige Multiplikatoren und soll zu einem späteren Zeitpunkt durch eine direkte Skalierung an weiteren SchlaU-Standorten innerhalb Deutschlands erfolgen.

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6.2. PLANUNG UND ZIELE

Lehre Im Schuljahr 2014/2015 planen wir den Start einer Pilotklasse (M10) zur Erlangung des Mittleren Bildungsabschlusses. Darüber hinaus wollen wir eine interne Wissensplattform für pädagogische Leitfäden und Lehrmateri­alien starten, die den Austausch von Materialien zwischen den Lehrenden vereinfacht. Im Schuljahr 2015/2016 soll Technik-/IT-Unterricht verstärkt in den Stundenplan mitaufgenommen werden, der Mathematik-Unterricht durch Team-Teaching intensiviert und ein ganzheitlichen Konzepts für Sport und ästhetische Bildung an der SchlaU-Schule erarbeitet werden.

Nachfolgend eine kurze Übersicht über die wesentlichen Planungen und Ziele für das Jahr 2015. Wachstum und Skalierung Um unsere Erfahrung der letzten 15 Jahre weitergeben zu können, arbeiten wir auch weiterhin an der Verschriftlichung des SchlaU-Konzepts. Im Jahr 2015 wollen wir uns insbesondere auf den Bereich der Schulsozialarbeit konzentrieren. Gleichzeitig wollen wir unsere Abteilung Schulentwicklung und Qualitätsmanagement personell verstärken und die Entwicklung von sprachsensiblen Unterrichtsmaterial, insbesondere im Bereich der Alphabetisierung, vorantreiben. Unser in 2014 gestartetes Fortbildungsprogramm für Lehrkräfte an Berufsschulen und weitere Engagierte im Bildungsbereich für junge Flüchtlinge, soll künftig weiter ausgebaut werden und durch neue Module ergänzt werden. Aufgrund der steigenden AbsolventInnenzahlen planen wir ebenfalls in 2015 unser Nachbetreuungsprogramm SchlaUubi personell zu verstärken. Die in 2014 gegründete Tochtergesellschaft SchlaU SerVer UG (haftungsbeschränkt) soll weiter etabliert werden und die Vortrags- und Beratungsdienstleistungen weiter ausbauen. Darüber hinaus ist es unser stetiges Ziel unser bestehendes Netzwerk auszubauen, neue KooperationpartnerInnen zu gewinnen und unsere Angebote nachhaltig finanziell abzusichern.

Lebenssituation junger Flüchtlinge Um die Gesellschaft hinsichtlich der Lebenssituation unserer Zielgruppe weiter zu sensibilisieren, wollen wir auch in 2015 Vorträge, Medienbeiträge und Kommunikationskampagnen durchführen. Außerdem werden wir weiterhin aktiv für das Menschenrecht auf Bildung für alle in Deutschland eintreten.

6.3. Einflussfaktoren/ Chancen und Risiken Nachfolgend eine kurze Übersicht über die wesentlichen Chancen und Risiken für das Jahr 2015. Nachhaltige Finanzierung

Abschlusszahlen Um das Konzept der Labor- und Entwicklungsschule SchlaU München sowie der ISuS-Schule nachhaltig in Hinblick auf die pädagogische Arbeit aber auch hinsichtlich der Finanzierung zu sichern, will der Trägerkreis e. V. weiter verstärkt prüfen, ob eine höhere Regelfinanzierung durch öffentliche Stellen möglich ist und den Finanzierungsmix weiter diversifizieren. Darüber hinaus werden verstärkt langfristige Kooperationen an versiert.

Im Schuljahr 2014/15 werden voraussichtlich 70 SchülerInnen einen Abschluss erhalten. Verbleib Unser Ziel ist auch in 2015 die Weitervermittlung möglichst aller AbsolventInnen in Ausbildungsplätze oder weiterführende Schulen.

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Öffentliche Aufmerksamkeit

Expansion

Die SchlaU-Schule München hat in 2014 den Preis der Jury des Deutschen Schulpreis erhalten. Darüber hinaus erhielt der Gründer von SchlaU und ISuS, Michael Stenger in 2014 den Bambi für Integration. Die verstärkte öffentliche Aufmerksamkeit die unsere Angebote im Nachgang dieser Ereignisse erhalten, birgt Chancen in Hinblick auf Reputation, den Ausbau von Kooperationen sowie die Gewinnung neuer UnterstützerInnen.

Das schnelle Wachstum des Vereins stellte die bisherigen gewachsenen Strukturen vor große Herausforderungen. Obwohl die gestiegene Arbeitsbelastung durch Neueinstellungen teils gemindert wurde, bleibt insbesondere die Abteilung Schulentwicklung und Qualitätsmanagement und der Verwaltungsbereich unterbesetzt. Aus finanzieller Sicht hat die Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen der Stadt München und dem Kultusministerium deutliche Fortschritte in Hinblick der Personalfinanzierung (Lehrerstellen) erzielt. Trotzdem bergen die gestiegenen Dienstleistungs-, Sach- und Mietkosten und die Personalkosten des Vereins sowie die Übernahme einer zweiten Schule in München nach wie vor ein erhöhtes Risiko in Hinblick auf die Finanzierung.

Politische und Verwaltungsentscheidungen Einerseits ist hier die Diskussion über die sogenannte »3+2- Lösung« zu nennen, das heißt, während der Ausbildungszeit und zwei Jahre danach sollen keine Abschiebung stattfinden. Wir sprechen in diesem Zusammenhang von einer »3+3+2-Lösung«, die auch die Schulzeit berücksichtigt. Eine Entscheidung in Bayern gegen eine solche Lösung und der Übergang zu einjährigen Duldungen inklusive Mitwirkungspflicht würde viele unserer Ehemaligen und deren Arbeitgeber weiter perspektivlos zurück lassen. Andererseits ist hier die geplante bundesweite Umverteilung der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge (UMF) nach dem Königsteiner Schlüssel mit einer einwohnerabhängigen Quote für die Gemeinden und Städte als Risiko für die Lebenssituation unserer Klientel zu nennen. Jugendliche Flüchtlinge benötigen ein sinnvoll geschnürtes Paket, das nicht nur jugendadäquate Unterbringung gewährleistet, sondern auch ein zukunftsund zielgerichtetes Netzwerk aus schulischer Versorgung, psychologischen und Asylberatungsinstitutionen aufbietet. Dies kann vor allem in sogenannten Mittelzentren gewährleistet werden.

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Björn Schalles, Geschäftsführer Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. München, den 15. Juli 2015


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Impressum Spendenkonto Bank: Bank für Sozialwirtschaft Kto-Inh: Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. Konto: 88 34 501 BLZ: 700 20 500 IBAN: DE32700205000008834501 BIC: BFSWDE33MUE

herausgeber Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. Schwanthalerstr. 2 80336 München Telefon: 089 / 4111 931 11 Fax: 089 / 4111 931 99 E-Mail: info@schlau-schule.de www.schlau-schule.de

Redaktion Anja Kittlitz Katharina Radmüller Melanie Weber

Bildnachweis Alle Fotos © Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. außer: Seite 11: © Robert Bosch Stiftung/Max Lautenschläger Seite 23: © Münchener Schachstiftung Seite 25: © Andrea Huber Seite 36, 37: © Barbara Donaubauer Symbole und Karte: Seite 28: © fotolia.com, ©shutterstock.com

Gestaltung Stephanie Roderer, München www.stephanie-roderer.de

V.i.S.d.P. Michael Stenger (Vorstandsvorsitzender) © 2015 Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V.

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Kontakt Trägerkreis Junge Flüchtlinge e. V. Schwanthalerstr. 2 80336 München Telefon: 089 / 4111 931 11 Fax: 089 / 4111 931 99 E-Mail: info@schlau-schule.de


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