5 minute read
MARIELLA HABSBURG „DESWEGEN LIEBE ICH TISCHE“
Mariella Habsburg ist voller künstlerischer Ideen. Es sind deren so viele, dass ein komplettes großes Haus in Spillern an der Donau bis in den letzten Winkel dafür genützt wird.
Nordwestlich von Wien, im Weinviertel nahe Korneuburg und direkt an der Donau, liegt Spillern. Hügelig und fruchtbar umgeben die typischen Weinreben, Felder und Wälder den kleinen Ort, und auch aus den Fenstern der hübschen Villa, in der Mariella Habsburg lebt, sieht man nichts als Grün. Vor einigen Jahren –die vier Kinder waren schon einigermaßen flügge und sie selbst aus ihrer Ehe „geflogen“ – hat ihr der Vater dieses Haus überlassen: ein Herrenhaus mit klaren Formen und Struktur, rundum ein parkartiger Garten samt Pool und Tennisplatz. Genug zu tun für eine Hausfrau, noch dazu, wenn diese kreativ ist.
Das SCHLOSSSEITEN-Team ist gekommen, um sich wohlzufühlen. Gemütliche Sofas aus diversen Epochen laden ein, darauf Platz zu nehmen und sich umzuschauen. Da hängen Bilder an den Wänden, die Mariella Habsburg selbst gemalt hat. Da stapeln sich Objekte aus diversen Materialien neben Büchern. Da finden sich selbst gestaltete Lampenfüße, auf denen alte Schirme montiert sind, sowie Möbel aus Palisanderholz, die denen der legendären, von Mies van der Rohe in Brünn errichteten Villa Tugendhat in Eigenregie nachgebaut wurden. Und gleich daneben steht eine jahrhundertealte, ehrwürdige Heiligenstatue. Dezent bemalte Tischplatten mit und ohne Füße, Stoffmuster und vieles mehr stechen ins Auge. Dazwischen die fe- sche Künstlerin, die aus ihrem Kasten einen Seidenmantel fischt und attraktiv posiert.
Sie hat nach der Matura einige Zeit an der Akademie für angewandte Kunst und ein paar Monate in London studiert und dennoch fast alles, was jetzt entsteht, als Autodidaktin erlernt. Während wir über eine Wendeltreppe ins Untergeschoss gehen, erzählt Mariella Habsburg, wie ihre Keramikobjekte entstehen. Ton wird in einem Block gekauft; er fühlt sich an wie feuchte Erde. „Ich schneide ein Stück ab, ich walke, ich forme und lasse das Stück dann trocknen. Manches lege ich in eine Styroporform, das meiste aber brenne ich einfach so“, beschreibt sie. Regale voll mit Tellern, Bechern und Schalen beweisen, dass hier wirklich gearbeitet wird. Mit Applikationen beklebt, bemalt und glaciert gehen diese Objekte dann in den Brennofen, ein relativ kleines, rundes Gerät, in dem der Ton unter Starkstrom bei 1200 °C über Nacht gebrannt wird.
Scherenschnitte, „deren Umriss taugt und die aussagekräftig sind“, verwendet Mariella Habsburg zur Dekoration ihrer Keramik. Da gibt es Gefäße mit Mäusen, Hunden, Katzen, Hühnern, Kühen und Eseln, aber auch mit Pippi Langstrumpf oder anderen Motiven. Manches entsteht den Kundenwünschen entsprechend, beispielsweise die Henkel von Tassen, deren Form Mariella von Wildschweinzähnen abgenommen hat. Der
Fantasie sind keinerlei Grenzen gesetzt. In einem großen, gläsernen Kasten kann man die gesamte Kollektion entdecken.
Einen Stock höher bevölkern Tische den zentralen Raum: von ganz großen, an denen man essen kann, bis zu mittelgroßen und kleinen, von länglichen bis runden, von solchen mit hölzerner bis zu anderen mit gläserner Oberfläche. Die Bemalungen wechseln zwischen organischen und geometrischen Formen. Die Farbpalette der Ästhetin ist sanft und reicht von Gelb-Schattierungen bis zu Grün-Varianten, von Rosa bis Türkis, von Weiß über Grau bis Schwarz. „Ich verwende keine aggressiven Farben, nie etwas Grobes. Ich liebe die Schönheit, sie ist nicht verhandelbar“, erläutert Mariella Habsburg und führt weiter aus: „Wir sind Nachbarn der Italiener, der Meister der Farben – da müssen wir uns anstrengen, es ihnen gleichzutun.“
Viele der Tischplatten lässt sie von Maria-Theresia Bret(t)schneider – nomen est omen –, einer Tischlerin aus Wien, herstellen. Dazu kauft sie bei Gelegenheit herrenlose Tischbeine, die durch ihre Schönheit bestechen; so manches versteckte Schnäppchen stammt dabei von der Internetplattform willhaben.at oder aus dem Fundus eines Möbelhauses. All das wird dann in den Räumen ihrer Villa gelagert, wo es darauf wartet, sich dank des Geschicks und der unerschöpflichen Fantasie von Mariella Habsburg in ein Kunstobjekt zu verwandeln. „Ich hol dich noch zurück ins Leben“ –so lautet das Versprechen, das Mariella Habsburg den Dingen gibt.
Marketing und Verkauf ihrer Kreationen sind nicht ganz leicht, erzählt sie: „Man schleppt Tische auf Messen und in Ausstellungen, und manchmal kommt alles unverkauft wieder zurück – das kann dann schon deprimieren.“ Einen neuen Anlauf nimmt sie in Kürze in einer Ausstellung bei ihrer Freundin, der Kostüm- und Bühnenbildnerin Su Sigmund, die in der Mühlgasse in Wien ihr Atelier hat. Hier kommen Habsburgs Kreationen wie der Empfangstisch „Rolling Stone“, das Beistelltischchen „Salz & Pfeffer“ oder der Arbeitstisch „Mit Luise in der Wiese“ ebenso zum Zug wie „Pink Tigress“, „Silver Black Fischgrät“ und viele mehr.
„Wenn es richtig schöpferisch wird, dann brauche ich viel Platz“, erzählt Mariella Habsburg, als müsste sie die Größe ihres Hauses rechtfertigen. Dann wird gewerkt, gezimmert, geschliffen, lackiert oder gestrichen. Hin und wieder arbeitet sie auch mit Siebdruck, einer Technik, die sie sich selbst beigebracht hat. Tausend dünne Linien auf eine Folie gemalt, dann mit Farbe bestrichen und durch ein Netz auf das Objekt gepresst, ergeben eine ganz spezielle Ästhetik. „Ich bin gerne mit mir allein“, sagt sie lachend, denn nur dann kann sie ihre kunsthandwerkliche Begabung in vollen Zügen ausleben und ausprobieren.
Nach ihren Zukunftsträumen gefragt, kommt zuallererst der Wunsch nach Anerkennung ihrer Arbeit und
Erfolg im Verkauf, der wahrscheinlich mit der Vertretung in einer „lustigen Boutique irgendwo zwischen Biarritz oder Bludenz“ gut gelingen könnte. Große Freude hat es Mariella kürzlich bereitet, als jemand in einer privaten Wohnung ein kreativ bemaltes Objekt entdeckt und dieses sofort als „Habsburg-Tisch“ erkannt hat. Da hat jemand ihr Credo verstanden, das da lautet: „An Tischen findet vieles statt. Unsere Blicke fallen jeden Tag auf sie, ohne sie wollen wir nicht sein. Sie geben uns Halt. Deswegen liebe ich Tische.“
Text: Clarissa Mayer-Heinisch
Mariella Habsburg
Kellergasse 5, 2104 Spillern www.mariellahabsburg.com
Schwab GmbH & Co.KG
Bayerhamerstraße 25
5020 Salzburg
T +43 (0) 662 87 61 41-0 office@schwab-kuechen.at www.schwab-kuechen.at