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Groß. Größer. Wilbrand

Große Fensterfläche und schmales Profil? Machbar mit Einsatz eines speziellen Zwei-Komponenten-Kleb- und Dichtstoffs, der hier gerade mit einer Druckluft-Pistole aufgetragen wird.

Diese Tischlerei hat eine Lizenz für Übergrößen. Die gläsernen Riesen des Unternehmens sind bei Kunden so gefragt, dass sie weite Reisen auf sich nehmen.

DENNY GILLE

Wälder, Felder, Flusslage, eine mittelalterliche Kirche im Ortskern – die 500-Seelen-Siedlung „Ohne“, bietet bestes Landleben mit Nähe zum Autobahn- und Schienennetz. Nur von zentraler Lage kann man bei 20 Kilometer Entfernung von der niederländischen Grenze weniger sprechen. Wie baut man hier eine erfolgreiche Bautischlerei auf, für deren Angebot Kunden regelmäßig Reisen von mehreren hundert Kilometern auf sich nehmen? Tischlermeister Johann Wilbrand kennt die Antwort: „Wir wollten nie das machen, was in unserem Umkreis noch zehn andere können.“ Die Tischlerei Wilbrand setzt auf Alleinstellungsmerkmale, die bei einer zahlungskräftigen Kundschaft gefragt sind.

Große Größen hautnah erleben

Was das bedeutet, wird beim Blick auf die Ausstellungsstücke im geräumigen Showroom des Unternehmens sichtbar: Frei im Raum steht ein eindrucksvolles Spitzbogenfenster, dessen Flügel den Besucher um gut einen Meter über-

Johann Wilbrand,

Tischlermeister ragen. Dem gegenüber hat das Unternehmen eine große Schiebetüranlage aufgebaut. Beim Öffnen bekommt man ein Gefühl für das Gewicht dieser Konstruktion, wenn das Hebe-Schiebe-System die hunderte Kilogramm schwere Tür präzise aus der Ruheposition hebt, bevor sie geräuschlos aufgleitet. Von hier aus gut sichtbar ist auch eine riesige Glastür, die zeigt, welche Übergrößen das Unternehmen zu fertigen imstande ist. In Worten: Drei. Meter. Sechzig.

Hochwertige Holz-Aluminium-Fenster sind das Kerngeschäft der Niedersachsen. Und für die Fähigkeit, Fenster in Übergröße herzustellen, ist das Unternehmen bei gewerblichen, öffentlichen und privaten Auftraggebern gefragt. Die Fertigung übergroßer Fenster ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Zumal es der Anspruch der Tischlerei Wilbrand ist, mit den teils eigenentwickelten Fensterprofilen auch bei großer Fensterfläche ein schmales Profildesign zu bieten. „Dafür müssen Glas und Rahmen eine statische Einheit bilden und fest miteinander verklebt werden“, sagt Wilbrand.

Blick in die Fertigung. Die Tischlerei baut Fenster für alle, die es eine Nummer größer wollen. In der Ausstellung: eindrucksvolle Exponate Mit ihrem Maschinenpark kann die Firma auch im Bereich Holzfenster viele individuelle Wünsche bedienen.

Besonders die Materialverträglichkeit sei bei der Wahl des richtigen Klebers entscheidend. „Der Kleber kommt mit Holz, Lack und Dichtungsmaterial in Kontakt – die dürfen keinen Schaden nehmen“, erklärt der Tischlermeister. Setzt man bei der Glasrandverklebung das verkehrte Material ein, werde die Scheibe schlimmstenfalls undicht. „Das gibt riesige Reklamationen“, sagt der Unternehmer.

Nach zwei Stunden montagereif

Wie so ein Produkt für geklebte Fenster angewendet wird, zeigt der Betrieb in der Montagehalle seiner zweigeteilten Produktion. Zum Aufbringen des Zwei-Komponenten-Kleb- und Dichtstoffs setzt Wilbrand eine Druckluft-Pistole ein. Nach wenigen Handgriffen ist das System aus Kartusche, Pistole, Statikmischer und Düse einsatzbereit. Beim Aufbringen des Klebers werden die zwei Komponenten automatisch im richtigen Verhältnis gemischt. Nach einer Trocknungszeit von zwei Stunden kann das Fenster fertig montiert werden.

Nicht nur bei Übergrößen, auch beim Bau einbruchhemmender Fenster bis RC3 kommt diese Glasrandverklebung zum Einsatz. „Wir haben für alle Anwendungen die nötigen Zulassungen, um die Fenster auch in Verkehr bringen zu dürfen“, erläutert Johann Wilbrand.

Für die Leistungen des Familienunternehmens kommen Kunden mitunter von weit her. In Wien waren die Tischler schon aktiv, aktuell kommt ein Kunde aus Frankfurt und auch an der Nordsee bahnt sich ein Geschäft an. „Unser normaler Aktionsradius sind 200 Kilometer im In- und Ausland, aber es sind regelmäßig Ausreißer dabei“, sagt der Unternehmer.

Der Sprung zum Objekter

Zuletzt hat sich die Tischlerei gezielt weiterentwickelt, um größere Auftragsvolumina zu bearbeiten. „Wir haben den Sprung gemacht vom Pri-

„Wir wollten nie das machen, was in unserem Umkreis noch zehn andere können.“

Johann Wilbrand,

Tischlermeister vatkundengeschäft zum Objekter für gewerbliche und öffentliche Auftraggeber“, berichtet Johann Wilbrand. Damit gingen auch Investitionen in neue Fertigungstechnologien einher.

Herzstück der erweiterten Holzbearbeitungsmöglichkeiten ist etwa ein CNC-gesteuertes Stabbearbeitungszentrum. „Das erlaubt uns zum Beispiel die Fertigung besonders witterungsbeständiger Nostalgiefenster für Denkmalschutzaufträge“, sagt Wilbrand. Das Angebot rundet das Portfolio von Fenstern für Passivhäuser, Wintergärten, Pfosten-Riegel-Fassaden und Sonderverglasungen ab.

Mit den größeren Auftragsvolumina seien ganz neue planerische Aufgaben und Herausforderungen auf das 50 Mitarbeiter starke Unternehmen zugekommen. Die will es nun festigen. „Nach der erfolgreichen Umsetzung der Veränderungen heißt unser nächstes Ziel, die Prozesse in feste Standards zu überführen“, sagt Wilbrand. W

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