Leseprobe Instrumentenkunde

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Instrumente des Orchesters was man von einem orchester lernen kann… Typische Schülerfrage ist oftmals: „Was bringt mir das fürs Leben?“. Von der Arbeit eines klassischen Sinfonieorchesters kann man viel Lernen – und das nicht nur für sich selbst, sondern auch für den gesamten Klassenverband: Integration: In Sinfonieorchestern arbeiten oft viele Nationalitäten friedlich und auf hohem Niveau zusammen: Ein Finne sitzt mit einem Amerikaner am Pult, ein Japaner musiziert neben einer Türkin. Letztlich ist nicht die Hautfarbe oder Herkunft interessant, sondern lediglich, wie gut man sein Instrument beherrscht und sich in den Orchesterklang einfügt. Teamgeist: Bei Proben und Konzerten – aber auch freiwilligen Zusatzveranstaltungen der Musiker, wie Kammermusikveranstaltungen oder ähnlichem arbeiten viele verschiedene Personen mit Idealismus zusammen. Es zählt: das Ergebnis. Gleichberechtigung: Männer und Frauen arbeiten bei gleichem Ansehen und gleicher Vergütung zusammen. Toleranz: Einerseits ist jeder Musiker auf seinem Instrument ein hochqualifizierter Spezialist, andererseits fügt er sich ganz selbstverständlich in das große Orchester-Kollektiv ein und ordnet sich der Interpretation des Dirigenten unter.

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Instrumentenkunde Die Die Instrumente Instrumentedes desOrchesters Orchesters – im Unterrichtfür den Musikunterricht Materialien

Jochen Keller / Sabine Köhler

Sich mit der Institution Orchester vertraut zu machen, bedeutet die nachkommende Generation dauerhaft in unserer Kultur zu verankern, ihnen die Möglichkeit zu offerieren, die Vergangenheit kennen zu lernen, aber auch an sich etwas Neues entwickelt. Kultur schafft Selbstbewusstsein oder mit anderen Worten: ein Sich-selbstFinden in seiner Zeit.

selbst aktiv werden Um möglichst nachhaltig zum Thema „Orchester“ zu arbeiten, wird empfohlen, Kontakt zu den Kulturinstitutionen in ihrer Nähe zu suchen. Auf verschiedenste Weise kann das Erlernte hautnah erlebt werden: Instrumente mitbringen: In den meisten Klassen gibt es SchülerInnen die privat ein Instrument erlernen. Durch Einbezug der Begeisterung der Kinder für ihr jeweiliges Instrument – sei es mit Einzelvorspielen, dem Einstudieren von Ensemblevorträgen oder einer Vorstellung des eigenen Instruments – kann direkt aktiv an theoretisches Wissen angeknüpft werden. Schulbesuche: Viele Orchester bieten Schulbesuche an, bei denen Musiker in der Schule ihre Instrumente vorstellen und kleine Konzerte geben.

Probenbesuche: Viele Orchester machen es möglich, dass Schulklassen in Orchesterproben zuhören können, manchmal können die Kinder und Jugendlichen auch mitten im Orchester Platz nehmen und dort den MusikerInnen bei der Arbeit über die Schulter schauen. Gibt es kein staatliches Orchester in der Stadt, so lohnt es sich u. U. bei örtlichen Laienorchestern nachzufragen. Führungen: Im Orchester gibt es viel zu entdecken – und das nicht nur im Probensaal. Bei einer Führung erfährt man darüber hinaus, welche logistischen Leistungen notwendig sind, wie Instrumente transportiert werden etc. Kinderkonzerte: Die meisten Orchester bieten inzwischen spezielle Konzertformate für Kinder verschiedener Altersgruppen an. Besuch beim Instrumentenbauer: Wie wird eine Geige oder eine Trompete gebaut? Welches Holz wird verwendet? Eine sinnliche wie sinnvolle Erfahrung und darüber hinaus gleich noch ein Exkurs in Sachen Berufswahl. Kooperationen: Bei zahlreichen Klangkörpern besteht die Möglichkeit einer umfassenden Kooperation – diese kann vom regelmäßigen Besuch einzelner Musiker in den Klassen bis hin zu gemeinsam erarbeiteten Musical- oder Kinderoperproduktionen reichen.

Instrumentenkunde Die Instrumente des Orchesters im Unterricht Jochen Keller / Sabine Köhler

anschauliche Grafiken leicht verständliche Erklärungen spannende Details MUB 5014 / ISBN 978-3-7957-0691-3 € 12,95 (€ 10,95 für Abonnierende von Musik in der Grundschule und Musik & Bildung) 56 Seiten (mit Bezug zur interaktiven DVD und Internetseite der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz)

Die ideale Grundlage für einen gelungenen Unterricht zum Thema „Instrumente”: Übersichtliche Schaubilder, informative Basistexte sowie auch interessante Zusatzbemerkungen verbinden sich zu einer lebendigen Vorstellung der Instrumente eines klassischen Orchesters. Klar strukturierte Arbeitsblätter bieten Basis-Material für den Musikunterricht; Übersichten zu den Hauptgruppen – Holzbläser, Blechbläser, Schlagwerk, Saiteninstrumente, Sonderinstrumente und Dirigent – vermitteln dabei übergreifendes Wissen.


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Tonerzeugung: Holzblasinstrumente Fagott-Mundstück

doppelrohrblatt Zwei Rohrblätter stehen sich gegenüber …

Oboen-Mundstück Rohrblätter

Röhrchen

Kork

Umwicklung

… und unterbrechen den eingeblasenen Luftstrom, sodass dieser in Schwingung gerät. Doppelrohrblatt schwingt …

… Luftstrom schwingt

Die Mitglieder der Holzblasinstrumentenfamilie sind sehr unterschiedlich. Am engsten miteinander verwand sind Oboe und Fagott, da bei beiden Instrumenten die Art der Tonerzeugung gleich ist und durch ein Doppelrohrblatt erfolgt. Mit Hilfe von zwei Rohrblättern wird die Atemluft des Spielers zum Schwingen gebracht.

einzelrohrblatt Ein Rohrblatt steht einem festen Mundstück gegenüber …

Rohrblatt

Auflagetisch Blattschrauben

… und unterbricht den eingeblasenen Luftstrom, sodass dieser in Schwingung gerät.

Rohrblatt schwingt …

Ein Klarinettenton wird von einem Einzelrohrblatt produziert, das mit der eingeblasenen Luft zum Schwingen gebracht wird. Das Rohrblatt wird mit einer Blattschraube auf dem schnabelförmigen Mundstück befestigt. Dazwischen entsteht ein schmaler Spalt, durch den die Luft geblasen wird.

… Luftstrom schwingt

anblasloch Luftstrom trifft auf die Mundstückkante … Flöte im Querschnitt

… und wird dadurch in Schwingung versetzt.

Flöte im Längsschnitt

Bei der Querflöte funktioniert die Klangerzeugung ganz anders: Flötisten pusten Luft über ein Anblasloch, ganz ähnlich, wie wenn man auf einer Flasche bläst. Die Kante des Anblaslochs bringt die Luft zum Schwingen.


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Fagott Schallbecher

Das Fagott ist ein Doppelrohrblattinstrument. Die Tonerzeugung ist damit identisch zu derjenigen der Oboe. Das Fagott ist jedoch viel größer und wird daher seitlich rechts gehalten. Damit das mit über drei Kilogramm doch ziemlich schwere Instrument für die MusikerInnen bequem zu halten ist, wird es an einem Tragegurt befestigt. Der Korpus des Fagotts besteht aus vier Teilen: Der Schallbecher wird auf die Bassröhre gesteckt, welche neben dem Flügel im Stiefel fixiert ist. Das Fagott ist im Orchester meist zweifach besetzt.

S-Bogen mit Doppelrohrblatt

Flügel

Bass-Stange

S-Bogen mit Doppelrohrblatt Angeblasen wird das Fagott mit einem Doppelrohrblatt. Die beiden Holzblättchen werden durch das Blasen in Vibration versetzt. Sie öffnen und schließen sehr schnell und bringen dadurch die Luft im Fagott-Inneren zum Mitschwingen. Der S-Bogen ist ein gebogenes Metallrohr aus Gold, Platin oder Silber, dem seine Form den Namen gibt. Er verbindet das Doppelrohrblatt mit dem Holzkorpus.

Flügel / Stiefel / Bass-Stange Das Rohr des Fagotts ist insgesamt 2,55 Meter lang, es ist jedoch einmal „geknickt“: Unter der silbernen Kappe im Stiefel verbindet ein Messingbogen die Holzrohre von Bass-Stange und Flügel miteinander (im oberen, kleinen Bild sind die beiden Rohre beim Eintritt in den Stiefel zu sehen; darunter der Messingbogen ohne Schutzkappe). Dieser Verbindung von Rohren verdankt das Fagott übrigens seinen Namen: „fagotto“ heißt auf Italienisch nämlich Bündel.

Stütze

© Ulrich Geisen © Ulrich Geisen

Stiefel

Klappen

Klappen Drei Tonlöcher am Flügel und zwei Tonlöcher am Stiefel werden direkt mit den Fingern abgedeckt. Bei modernen Fagotten sind diese Löcher mit leicht überstehenden Kautschuk- oder Silberhülsen ausgekleidet. Die restlichen Tonlöcher werden mit Hilfe eines komplizierten Klappenmechanismus (Material: versilbertes oder vernickeltes Neusilber) verschlossen. Für den Spieler ist die komplizierte Technik mitunter sehr anstrengend: Der Daumen der rechten Hand ist alleine für vier Klappen, der Daumen der linken Hand für bis zu neun Klappen zuständig.

Schallbecher Den leicht ausgestellten Schallbecher kann man erweitern: Auf das reguläre B-Schallstück lässt sich ein A-Schallstück setzen, das den Tonumfang des Fagotts in die Tiefe um einen halben Ton erweitert.


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Das Fagott klingt in den tiefen Lagen sonor, in den hohen cantabel. Notiert wird wegen des großen Tonumfangs im Bass-, Tenor- und mitunter im Violinschlüssel. Der tiefste Ton des Instruments ist das Kontra-B, seit Ende des 19. Jahrhunderts schreiben Komponisten manchmal auch ein Kontra-A vor. Erreicht werden kann dies nur mit einem vergrößerten Schallstück. In der Höhe liegt die Grenze je nach Spieler, Instrument, S-Bogen und Rohr unterschiedlich.

© SM-KS

Tonumfang Fagott: B1 bis d 2

entwicklung

fagott-familie

Als Vorläufer des Fagotts sind der Bass-Pommer, das Renaissance-Rankett und die Dulziane zu nennen, tiefe Doppelrohrblattinstrumente, die während des Übergangs vom Mittelalter zur Renaissance entstanden waren. Mitte des 17. Jahrhunderts begannen die Instrumentenbauer, den Dulzian aus mehreren Teilen herzustellen. Diese Instrumente konnten genauer gebohrt und gedrechselt werden, waren zudem handlicher für den Transport und setzten sich daher gegen andere Bassinstrumente durch. Im Laufe der Zeit erhielt das Instrument zudem Klappen und weitere Tonlöcher, um das chromatische Spiel zu ermöglichen. Reformiert wurde der Bau um 1830 von dem Wiesbadener Instrumentenbauer Johann Adam Heckel. Da so genannte Heckel-System ist heute noch auf fast allen modernen Fagotten zu finden.

Neben dem Fagott in Tenorlage gehört noch das Kontrafagott zur Instrumentenfamilie, das auf Grund seiner Größe nur im Sitzen gespielt werden kann. Damit auch Kinder das unhandliche Fagott erlernen können, gibt es inzwischen Fagottinos und Fagonellos auf dem Markt. Das Fagonello ist ein Fagott in Kindergröße, mit vereinfachter Mechanik in Originallage; das Fagottino ist ebenfalls eine verkleinerte Form des Fagotts, das aber aufgrund seiner Bauart transponiert, damit höher klingt als notiert und im Klang wenig gemein hat mit dem Bassinstrument Fagott.

W usstest du schon? Kurioserweise kommen die Töne nicht, wie man eigentlich meinen sollte, aus dem Schalltrichter, sondern aus den Tonlöchern. Wenn alle Klappen geschlossen sind, entsteht der tiefste Ton – er ist der einzige Ton, der das gesamte Instrument durchfließt und schließlich im Schalltrichter mündet.

Ein Bild von 1616, v.l.n.r.: Dulzian, Bass-Pommer, Zink, Alt-Pommer, Alt-Pommer und Posaune.


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