musikschule )) DIREKT 1.2017

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E-Learning im Instrumentalunterricht Digital Audio Workstation: PC als Studio Inklusion: Was sagen die Lehrenden?

„Dr. mus.“ an Musikhochschulen?

Gute Aussichten

Ein großer Teil der Lehrenden an Musikhochschulen arbeitet unter prekären Bedingungen. Das ist lange bekannt. Bekannt ist auch, dass besser qualifizierte Menschen in unserem Land meist auch besser bezahlt werden und sozial eher abgesichert sind als geringer qualifizierte. Das gilt allerdings nicht für alle Bereiche, vor allem nicht für den künstlerischen. Ein Vorstoß zur Verbesserung von künstlerisch hoch qualifizierten Lehrenden an Musikhochschulen kommt nun von der Rektorenkonferenz der Musikhochschulen (RKM): Sie möchte herausragende Leistungen auf künstlerischem Gebiet wissenschaftlichen Leistungen gleichstellen. Zu diesem Zweck soll analog zu einer wissenschaftlichen Forschung eine „künstlerische Forschung“ eingeführt werden, für deren Ergebnisse ein akademischer Titel verliehen werden kann, der dem bisherigen Doktortitel für wissenschaftliche Leistungen entspricht – eine Art „Dr. mus.“ (siehe Interview mit Susanne Rode-Breymann in dieser Ausgabe von üben & musizieren auf Seite 42). Für derart Qualifizierte sollen dann neue, bessere Stellen mit langfristiger Berufsperspektive geschaffen werden, wodurch die Situation vieler künstlerisch hochbegabter Lehrbeauftragter verbessert werden soll. Doch Zweifel sind angebracht. Denn hier werden zwei Annahmen miteinander verquickt, die nicht zwangsläufig zusammenhängen: zum einen die Annahme, dass akademische Titel generell bessere und langfristigere Berufsperspektiven ermöglichen. Doch in vielen Bundesländern schützt auch ein Titel nicht vor Befristung und prekärer Beschäftigung. So arbeitet etwa die Universität Potsdam gerade daran, das Verhältnis von befristeten zu unbefristeten Stellen von 50:50 bis 2018 in 70:30 umzuwandeln. Teilzeitbeschäftigung ist ebenfalls an der Tagesordnung. Zum anderen nimmt die RKM an, dass die Politik mehr Geld zur Verfügung zu stellen bereit ist, um langfristig Stellen für künstlerisch Hochqualifizierte zu schaffen. Doch das könnte sie jetzt schon, denn niemand verbietet es, Lehrbeauftragte besser zu bezahlen, sozial abzusichern und länger als ein Semester vertraglich zu binden. Es geht also um die Frage, ob die Politik, die seit Langem um die Verhältnisse an Musikhochschulen weiß, durch eine „künstlerische Forschung“ tatsächlich zu beeindrucken sein wird. Dies scheint mir eher unwahrscheinlich, wird doch die Finanzierung öffentlicher Bereiche mehr und mehr ausgehöhlt. Langfristigkeit scheint im politischen Denken nicht mehr von Interesse zu sein. Verbesserungen in Kunst und Wissenschaft wollen alle – aber nur kostenneutral. Anja Bossen

Die Berliner Koalitionsvereinbarung stärkt die Basis der Musikkultur. Die drei Koalitionsparteien SPD, Linke und Grüne nehmen ihre Versprechen in Bezug auf die musikalische Bildung ernst. Gleich in mehreren Bereichen (Arbeit, Bildung, Kultur und Verwaltung) wird auf die Stärkung der Berliner Musikschulen gepocht: Der Forderung des Landesmusikrats Berlin nach mindestens 20 % festen Stellen für Musikschullehrkräfte wird entsprochen. Der Abschluss einer tarifvertraglichen Regelung für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte sowie die Anhebung der Honorare haben Eingang ins Regierungsprogramm gefunden. Die Koalition plant außerdem die Stärkung der bezirklichen Kulturarbeit durch Mindeststandards und die Sicherung der außerschulischen Bildung und allgemeinen Weiterbildung durch ein Weiterbildungsgesetz. Auch die musikalische Bildung in der Vorschulzeit erhält verbesserte Chancen. www.landesmusikrat-berlin.de

) Sie haben Fragen, Anregungen, Tipps oder Hinweise für die Redaktion? ) Sie möchten sich kritisch äußern zu unseren Themen und Beiträgen oder haben Vorschläge für neue Themen? Schreiben Sie uns: info@musikschule-direkt.de


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Kon-Plug-in und das „Mozart-Modell“ Markus Menke

E-Learning im Instrumentalunterricht

)) „Ich konnte üben, weil ich Lust hatte, in der Freistunde mit meinem Instrument alle Motive einzuspielen.“ – Diese Schüleraussage ist doch wirklich eine Ansage! Die zusätzliche Motivation zum Üben wurde befördert durch Kon-Plug-in. Doch was ist das? Kurz gefasst: Zusätzlich zum Instrumental- und Gesangsunterricht „face to face“ bietet Kon-Plug-in die technische Möglichkeit eines IT-gestützten Unterrichts. Kon-Plug-in bietet zusätzlich zum Unterrichtsraum in der Musikschule einen virtuellen Unterrichtsraum, den Lehrkräfte und SchülerInnen überall und jederzeit nutzen können. Grundvoraussetzung für einen gelingenden Unterricht ist und bleibt die reale Begegnung, die Beziehungssituation, die für das Lernen unabdingbar ist! Auch die analoge Klangerfahrung sowie die in unserem Unterricht so wichtige und einzigartige, individuelle und oft hoch komplexe Förderung bleiben ein Muss sowohl im Gruppen- als auch im Einzelunterricht.

Zusätzliches Tool Kon-Plug-in ist ein zusätzliches Werkzeug, um den Unterricht motivierend und dynamisch zu gestalten. Hier kommt das „Mozart-Modell“ ins Spiel: Reflektieren wir für einen kurzen Moment Charles Rosens Analyse der Werke Mozarts.1 Rosen liefert eine überzeugende Darstellung der Motivtechnik im kompositorischen Schaffen Mozarts: Wiederkehr, Erweiterung, Reihung von Motiven, dieser kleinen, musikalisch sinnstiftenden Einheiten, lassen die Werke für HörerInnen wie InterpretInnen

eindrucksvoll, konsistent, vielschichtig, klar und nachvollziehbar werden. Der durch Kon-Plug-in erweiterte Unterricht nutzt die motivische Struktur von Musik. Kleine, sinnvolle Einheiten werden zu einer Aufgabe mit überschaubarem Spannungsbogen – vor allem überschaubar zu erarbeiten. Der traditionelle Instrumental- und Gesangsunterricht ist meist im Wochenturnus organisiert. Glücklich sind wir ja schon, wenn zwei Unterrichtseinheiten pro Woche mit einer Schülerin oder einem Schüler möglich sind. Unsere Aufgabenstellung richtet sich natürlich nach den Möglichkeiten der Schülerinnen und Schüler: Welche musikalischen Einheiten können sie in der Zeit zwischen den Unterrichtsstunden bearbeiten? Hierbei spielen Übezeit und Fleiß, die verbleibenden Möglichkeiten neben Schule, Sport und weiteren Verpflichtungen eine wesentliche Rolle. Die Selbstverantwortlichkeit der Schülerinnen und Schüler wollen wir natürlich motivierend unterstützen. Das zu erarbeitende musikalische Material muss einen sinnvollen und Freude bereitenden Spannungsbogen in sich tragen. Und hier kommt der Knackpunkt: Der Herausforderung, sich die Musik durch Praxis anzueignen, stehen die gerade erwähnten Hindernisse entgegen. „Ich konnte nicht üben, weil...“ – diesen Satz kennen wir eben alle nur zu gut.

Überschaubare Aufgabe Zurück zum „Mozart-Modell“: Stellen wir uns nun vor, wir können uns im Unterricht auf einen kleineren Spannungsbogen konzentrieren. Ein Motiv, seine Erscheinungs-

form, Änderungen, Erweiterungen, das Motiv in unterschiedlichen Tonarten, die Wiederkehr in Durchführung und Reprise, alle Gegen- und Begleitstimmen. Scheinbar ein Detail, aber mit erheblicher Dynamik – und zum Üben überschaubar! Jetzt stellen wir uns noch dazu vor, am dritten Tag der Übe-Woche können wir erste Erfolge der Aneignung des Motivs durch unsere Schülerin oder unseren Schüler hören und ein Feedback geben. Normalerweise ist das nur möglich, wenn es einen Unterrichtstermin gibt. Kon-Plugin gewährt eine andere Möglichkeit. Das Übe-Ergebnis kann eingespielt werden. Zuhause, in der Schule, irgendwann am Abend – Zeit und Ort spielen keine Rolle. Instrument, Tablet und eine Internetverbindung müssen vorhanden sein. Die Einspielung wird als Datei erfasst. Auf dem Tablet befindet sich ein Sequencing-Programm, welches MIDI- und Audio-Signale verarbeiten kann und die Einspielung gleichzeitig grafisch darstellt. Über die Kamera des Tablets kann auch das entsprechende Video erstellt werden. Das Ergebnis wird an den Server der Musikschule geschickt und steht der Lehrerin oder dem Lehrer zum Download zur Verfügung. In der Online-Unterrichtszeit werden die Lernschritte angehört und angesehen. Nach zwei oder drei Tagen kann also ein erstes Feedback gegeben werden. Der Unterricht wird durch Kon-Plug-in intensiviert. Das schnelle Feedback motiviert Schülerinnen und Schüler, es entsteht ein Kommunikationsprozess, der hilft, die eigentlich (zu) lange Woche bis zur nächsten Unterrichtsstunde zu unterteilen.


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Donnerstag

Online-Unterricht Üben Online-Probe mit anderen SchülerInnen Üben

Üben mit Kon-Plug-in in der Woche zwischen den Unterrichtsterminen

Online lernen mit anderen Dieser Prozess ist nichts unbedingt Neues. Gerade in der populären Musik arbeiten MusikerInnen in Bands schon lange mit der Möglichkeit, sich klingendes Material zu senden und daran orts- und zeitunabhängig gemeinsam zu arbeiten. Und genau hier liegt ein erhebliches Potenzial: Das eingespielte musikalische Ergebnis steht nicht nur den Lehrpersonen zur Verfügung. Die Musikschule kann mit einer E-Learning-Umgebung wie Kon-Plug-in eine Plattform vorhalten, auf die auch Schülerinnen und Schüler zugreifen können. Die Lehrkräfte können so die SchülerInnen vernetzen, die entsprechende Stimmen eines Werks einstudieren, es kann untereinander geprobt und auf Begleitstimmen zugegriffen werden. So können neue Ensembles und Arrangements entstehen, weil gerade diese oder jene Schüler- und Instrumentengruppe an einem Werk interessiert ist. Wer regelmäßig Ensemble-Proben organisiert, kann ein Lied davon singen, wie eng die zur Verfügung stehenden Zeitfenster geworden sind. Kon-Plug-in kann zumindest einen Beitrag dazu leisten, den Sinn für das Zusammenspiel zu wecken. Es wird attraktiv, seine Stimme über die OnlinePlattform mit anderen Stimmen zusammenzuführen. Bleiben wir beim Motiv-Material. Hier kann kreatives Potenzial der SchülerInnen geweckt werden. Motive bearbeiten, neue eigene musikalische Weiterentwicklungen kreieren: Gekoppelt mit einem NotensatzProgramm bildet der Sequencer Kompo-

sitionsansätze ab. Lerninhalte aus dem Theorieunterricht bekommen ganz praktischen Nutzen, die Motive werden wie in Mozarts Werken zu Puzzleteilen, die unsere Schülerinnen und Schüler dazu anregen, sich kreativ mit dem Werk zu beschäftigen. Das Kennen der gespielten Musik bekommt einen ganz neuen Stellenwert.

Attraktive neue Medien Kon-Plug-in nutzt selbstverständlich auch und gerade die Attraktivität neuer Medien in unseren Schülerkreisen. Ohne Smartphone geht nicht mehr viel, mit Smartphone ist es oft nervig. Wir drehen den Spieß um: Wir nutzen gemeinsam mit unseren SchülerInnen die Technik und machen Musik, Instrumentalspiel und Gesang zum Kommunikationsinhalt. Eine vor Kurzem vorgestellte wissenschaftliche Begleitstudie über eine zweijährige E-Learning-Pilotphase an sechs Hamburger Schulen benennt beachtenswerte Ergebnisse:2 ) Der Sinn für die Nutzung von E-Learning muss klar sein. ) Die technische Ausstattung muss gut handhabbar sein. ) Medienkompetenz muss erhöht werden. Aus Sicht der Musikschule kann man nun einwenden: Das hat alles nichts mit unserem Instrumental- und Gesangsunterricht, mit Orchestern und Chören zu tun. Aber schon bei Schlagzeugunterricht und Bandproben, erst recht bei Musikproduktionen werden die Einwände leiser. ) Der Sinn von E-Learning ist deutlich: Musik besser erlernbar zu machen, den

Übe-Prozess intensiver zu gestalten und begleiten zu können. ) Bei der technischen Ausstattung lassen wir Schülerinnen und Schüler nicht allein: Das Tablet wird zum Leih-Instrument wie Geige oder Fagott (zu den technischen Voraussetzungen siehe Kasten auf der folgenden Seite). ) Medienkompetenz ist wohl der heikelste Punkt: Wir Lehrkräfte kommen nicht darum herum, uns zu diesem Thema konsequent fortzubilden.

Zusammenarbeit von Schule und Musikschule Kon-Plug-in ist auch für die Zusammenarbeit mit Schulmusiker-Kolleginnen und -Kollegen ein zusätzliches Werkzeug. Wie oft müssen InstrumentalschülerInnen Stimmen erarbeiten, die ihrem Leistungsstand nicht gerecht sind, meist darüber liegen. Mittels Kon-Plug-in lässt sich zwischen Schule und Musikschule besser kommunizieren, Stimmen lassen sich austauschen, lernstandsgerecht bearbeiten oder ProbenPlayback zur Verfügung stellen. Gerade die Vorbereitung von Orchesterkonzerten wird somit verbessert. Und wir können als Musikschule „dran bleiben“, wenn etwa ein Auslandsaufenthalt den Unterricht jäh unterbricht! Eine gewachsene, vertraute Unterrichtssituation kann via Kon-Plug-in über Kontinente hinweg aufrechterhalten werden. Klangergebnis und der unverstellte Einfluss auf Haltung oder Bewegungsabläufe verlieren an Intensität. Der Unterricht reißt aber nicht ab – und gleichzeitig können die „world-


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Technische Voraussetzungen Lehrer-Arbeitsplatz Hardware ) Desktop-Computer mit aktuellem (2016) Betriebssystem (Mac OS oder Windows) ) zwei Monitor-Aktivlautsprecher ) Mikrofon (dynamisch oder Kondensator) ) einfaches Audio-Interface ) zur Erzeugung von MIDI-Daten passende Interfaces: Keyboard, Drumpads oder MIDI-Adapter für Blasinstrumente

wide-experiences“ unserer Schülerinnen und Schüler für die ganze Musikschule spannend sein.

Musikschul- und Unterrichtsorganisation Selbstverständlich ist Kon-Plug-in ein Unterrichtsangebot, buchbar wie jeder Unterricht und gebührenpflichtig. Damit ist dieses Angebot freiwillig und steht für interessierte Schülerinnen und Schüler bereit. Die Unterrichtszeit wird den Lehrerinnen und Lehrern entsprechend zeitanteilig vergütet. Die zeitliche Flexibilität öffnet wieder Arbeitszeiten, die durch Ganztagsschule und G 8 verloren gegangen sind. Sogar der Vormittag steht zur Verfügung, da der Online-Unterricht zeitunabhängig funktioniert. Allerdings gibt es wie für den herkömmlichen Unterricht die Terminvereinbarung, wann der Download der Schülerinnen und Schüler auf dem Server der Musikschule eingegangen sein muss.

Fortbildung Hätten Sie gedacht, dass Bankgeschäfte eines Tages wie selbstverständlich vom heimischen PC erledigt werden? Wir haben also gelernt, nicht mehr der freundlichen Dame am Schalter unsere Wünsche zu übermitteln, sondern via Zugangsdaten online unsere Konten zu verwalten. E-Learning-Angebote verändern die Unterrichtspraxis in der Musikschule. Es ist schon ein gewaltiger Unterschied, ob ich im Unterrichtsraum meine Geige auspacke und das Notenpult in die richtige Position bringe

Software ) Sequencer für MIDI-/Audio-Recording, z. B. Fruity Loops (Windows) oder GarageBand (MacOS) ) für weitergehende Ansprüche: Logic oder Cubase ) Austausch von MIDI-, Audio- und Textdateien erfolgt über Dropbox

Schüler-Endgerät Hardware ) Laptop oder Tablet ) Smartphone nur für Recording, da für Bearbeitungsfunktionen das Display zu klein ist ) für geringe Audioansprüche genügen auch die eingebauten Mikrofone und Lautsprecher Software

) gleiche Software wie am Lehrerarbeitsplatz

oder ob ich in der E-Learning-Zeit den PC einschalte und die Übe-Ergebnisse meiner Schülerinnen und Schüler aufrufe und als Audio- und Video-Dateien zur Verfügung habe. Dazu muss ich mit den technischen Geräten vertraut gemacht werden, Software verstehen, Aufnahmetechnik bedienen und auch mein eigenes Spiel reflektieren.

Ausblick Wir stehen sicher am Anfang, E-Learning in der Musikschule zu nutzen. Modelle wie Kon-Plug-in lassen keinen Zweifel daran: Musikschullehrkräfte werden durch E-Learning nicht überflüssig. Nur wird sich der traditionelle Unterricht verändern. E-Learning darf auch nicht mit so manchen Internetangeboten verwechselt werden, die suggerieren, ein Instrument könnte erlernt werden, indem SchülerInnen einen Internetkurs absolvieren, ohne je die Lernschritte mit lebendigen Lehrpersonen gegangen zu sein. E-Learning bedeutet auch nicht, mal eben den Theorieunterricht über Multiple-Choice-Fragebögen abzuwickeln, die im Netz stehen. Solchen Lernverfahren ist mit großer Skepsis zu begegnen. Der Neurowissenschaftler und „Digital-Kritiker“ Manfred Spitzer hat dazu klare Positionen in Veröffentlichungen wie Vorsicht Bildschirm! und Digitale Demenz formuliert.3 Mit E-Learning nutzen Instrumental- und Gesangslehrkräfte und SchülerInnen gemeinsam die Möglichkeiten, den Unterricht zu intensivieren, das musikalische Material neu zu betrachten, kreativ damit umzugehen und mit Freude die eigenen Fertigkei-

ten auf dem Instrument zu vervollkommnen. Doch zurück zum Mozart-Modell: „Ich konnte üben, weil … ) … die Aufgabe, sich einem Motiv zu widmen, überschaubar war; ) … ich schnell ein Feedback bekommen habe; ) … ich mit Hilfe des Programms auf dem Tablet mit der Musik und meiner Einspielung spielen konnte – ) … und außerdem meine Freunde gerade einen Groove für Schlagzeug zu meinem Stück hochgeladen haben.“ ))

1 Charles Rosen: Der klassische Stil. Haydn, Mozart, Beethoven, Bärenreiter, Kassel 62006. 2 „BYOD – Start in die nächste Generation. Abschlussbericht der wissenschaftlichen Evaluation des Pilotprojekts“, www.hamburg.de/contentblob/7288404/bc43d4c90c2313ad76667d651fb c90e9/data/byod.pdf (Stand: 6.12.2016). 3 Manfred Spitzer: Vorsicht Bildschirm! Elektronische Medien, Gehirnentwicklung, Gesundheit und Gesellschaft, dtv, München 2006; ders.: Digitale Demenz. Wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen, Droemer, München 2012.

Hamburgs Kulturbehörde unterstützt im Rahmen ihrer E-Culture-Initiative die Entwicklung und Einführung von Kon-Plug-in am Hamburger Konservatorium mit zusätzlichen Ressourcen.

Markus Menke ist Direktor des Hamburger Konservatoriums. Er unterrichtet Berufskunde an Musikhochschulen und ist seit 2009 Mitglied der Programmgruppe JeKi-Hamburg.


© Deutsche Rentenversicherung Bund _Armin Okula

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Trotz Honorarvertrag: Musikschule muss Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen

Abhängig beschäftigt Die Stadt Ahaus (NRW) muss für einen früheren Honorar-Musiklehrer an der Musikschule Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Dies hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen entschieden (Az. L 8 R 761/14)

)) Der Gitarrenlehrer war von 2007 bis 2014 an der Musikschule als Honorarkraft beschäftigt. Auf Antrag des Instrumentallehrers hatte die Deutsche Rentenversicherung festgestellt, dass er sozialversicherungspflichtig sei und die Stadt entsprechende Abgaben zahlen müsse. Obwohl es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt, hat der Fall Signalwirkung für ähnliche Fälle. Der betroffene Gitarrenlehrer selbst stellt den Hergang folgendermaßen dar: Im Jahr 2005 erkrankte ein vollzeitbeschäftigter Gitarrenlehrer der städtischen Musikschule Ahaus. Zur Versorgung seiner Schüler wurden vertretungsweise drei Gitarrenlehrer mit befristeten TVöD-Verträgen in Dienst genommen. Diese Verträge wurden zweimal verlängert (jeweils befristet, aber TVöD), bis der erkrankte Kollege schließlich starb. Die Stadt Ahaus hatte sich inzwischen entschieden, auslaufende TVöD-Verträge durch Honorarverträge zu ersetzen. Sie bot auch mir einen solchen an. Ich habe zunächst unterzeichnet und die Arbeit fortgesetzt. Da der Vertragstext meiner Meinung nach einige fragwürdige Passagen enthielt, habe ich eine Kopie zur ver.di-Geschäftsstelle in Münster mit der Bitte um Überprüfung geschickt. Als Antwort bekam ich den dringenden Ratschlag,

die Angelegenheit bei der Clearing-Stelle der Deutschen Rentenversicherung Bund überprüfen zu lassen, da der Vertrag eher Merkmale einer festangestellten Tätigkeit habe. Die Clearing-Stelle ist schließlich zu dem Ergebnis gekommen, dass meine Tätigkeit bei der Musikschule Ahaus überwiegend Merkmale einer abhängigen Beschäftigung aufweise, und hat einen entsprechenden Bescheid erlassen. Gegen diesen Bescheid hat die Stadt Ahaus Klage beim Sozialgericht Münster eingereicht und in der ersten Instanz im Juli 2014 verloren. Sehr schnell wusste die Stadt Ahaus einige Passagen in den folgenden Honorarverträgen umzugestalten, sodass weniger Eigenschaften einer abhängigen Beschäftigung auf dem Papier standen: die Verpflichtung, nach dem Lehrplan des Verbands deutscher Musikschulen (VdM) zu unterrichten, wurde gestrichen, ebenso wurden Ausdrücke wie „Weisung“ abgemildert oder weggelassen. In der Verhandlung am 6. Juli 2016 hat sich der Senat des Landessozialgerichts Essen ein sehr genaues Bild von meiner tatsächlichen Tätigkeit gemacht und mir zahlreiche äußerst präzise Fragen gestellt. Gleichfalls als Zeuge geladen war der Leiter der Musikschule Ahaus. Seine Aussagen enthielten einige auffallende Besonderheiten: Zunächst betonte er, dass es (große) Unterschiede zwischen Festangestellten und Honorarlehrkräften gab und gibt. Der Vorsitzende konfrontierte ihn mit der Tatsache, dass ich zunächst als TVöD-Lehrkraft in Dienst war – erst nach dem Tod des zu vertretenden Lehrers wurde ich

Anja Bossen

Honorarlehrer. Dies setzte den Musikschulleiter in Erstaunen – dies sei ihm nicht bewusst. Seine „Unterschiede“ zwischen Festangestellten und Honorarlehrkräften verloren an Bedeutung. Im Zusammenhang mit der Anweisung, nach den Lehrplänen des VdM zu unterrichten, wurde die Musikschule gebeten, ein Exemplar dieses Lehrplans für den zu behandelnden Zeitraum vorzulegen. Nicht nur dies war dem Schulleiter nicht möglich, überhaupt war es ihm nicht gelungen, ein einziges Exemplar des Lehrplanwerks überhaupt in der Musikschule zu finden. Der Musikschulleiter räumte ein, dass die Musikschule eigentlich aus dem VdM geworfen werden müsse, da sie – anders als das Aushängeschild verheißt – nicht nach den Lehrplänen des VdM unterrichte. Somit verlor auch das Kriterium „Unterricht nach VdM-Lehrplan“ in der Unterschiedsbetrachtung von Festangestellten und Honorarlehrkräften völlig an Bedeutung. Das Landessozialgericht Essen wies die Klage der Stadt Ahaus gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund zurück und hat eine Revision nicht zugelassen. Damit ist der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund über die Feststellung, dass meine Tätigkeit an der Musikschule Ahaus überwiegend Merkmale von abhängiger Beschäftigung aufweise und damit sozialversicherungspflichtig ist, rechtskräftig. ))


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Der PC als Tonstudio

Digital Audio Workstation

Mit modernen, leistungsfähigen PCs kann mittlerweile ein großer Teil der Arbeiten erledigt werden, die in einem Tonstudio anfallen. Sowohl die erforderliche Hardware wie auch die Software ist in den vergangenen Jahren immer erschwinglicher geworden. Jürgen Simon stellt einige Programme vor.

)) Bereits für etwa 100 Euro sind Audiointerfaces mit zwei Kanälen erhältlich, deren Qualität auch hohen Ansprüchen genügt. Wer mehr Eingänge benötigt, muss zwar deutlich tiefer in die Tasche greifen, bekommt aber ab 700 Euro hochwertige Hardware mit 16 parallelen Mikrofoneingängen. Auch bei der Software hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Parallel zur Rechenleistung moderner PCs wurden auch die Funktionen der Audiosoftware immer ausgefeilter und umfangreicher. Vor allem im unteren Preissegment und auch im Bereich der Freeware gibt es mittlerweile einige ernstzunehmende Programme. Dabei sind die preiswerten, kommerziellen Programme häufig eingeschränkte Versionen der großen (teuren) DAW-Software1 der jeweiligen Hersteller. Welche Hardbzw. Software erforderlich ist, hängt stark von der Art der zu produzierenden Musik ab. Und obwohl die meisten Audioprogramme für sehr viele Bereiche der Produktion eingesetzt werden können, zeigt sich bei genauerem Hinsehen doch, dass die meisten Programme ihre Stärken bei bestimmten Produktionsarten besser oder schlechter ausspielen können.

Bereits bei der Art der produzierten Musik ergeben sich deutliche Unterschiede in den Verfahren, die sich in der jeweils erforderlichen Ausstattung sowohl im Bereich der Hard- wie auch Softwareausstattung niederschlagen. So wird klassische Musik in aller Regel linear produziert. Das heißt alle Musikerinnen und Musiker spielen gleichzeitig und müssen dementsprechend aufgenommen werden. Wer hier eine Aufnahme mit gewissem Qualitätsanspruch produzieren will, braucht schnell eine große Anzahl von Mikrofonen und dementsprechend auch Mikrofoneingängen. Bei der Produktion von Popmusik werden die einzelnen Instrumente häufig nacheinander aufgenommen, sodass hier deutlich weniger gleichzeitig verfügbare Mikrofone und entsprechend auch Eingangskanäle erforderlich sind. Und wer seine Musik ausschließlich am PC produziert – womöglich unter Zuhilfenahme virtueller Softwareinstrumente –, kommt mit nur zwei Eingangskanälen durchaus zum Ziel. Ein weiterer Bereich, in dem Computer immer erfolgreicher Einzug halten, sind Liveaufführungen im Popmusikbereich. Im Folgenden sollen einige Programme aus dem Bereich der DAW-Software vorgestellt werden. Es handelt sich dabei um kostenlose oder preiswerte Programme im Bereich bis 100 Euro. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Freeware Eines der wohl bekanntesten freien Audioprogramme dürfte Audacity sein. Und obwohl das Programm ständig weiterentwi-

Jürgen Simon

ckelt wird, ist es für größere Produktionen eher nicht geeignet und wird daher hier nicht weiter betrachtet. Mit Studio One 3 Prime2 legt die Firma PreSonus eine abgespeckte Version des professionellen Programms Studio One 3 vor, die im Gegensatz zu etlichen anderen kostenlosen Ausgaben kommerzieller Software jedoch vollständig nutzbar und auch für etwas anspruchsvollere Projekte geeignet ist. Die größten Einschränkungen sind die Begrenzung auf zwei gleichzeitig verwendete Audioein- bzw. -ausgänge und die fehlende Möglichkeit, VST-Plug-ins3 einzubinden. Da jedoch die Zahl der verarbeiteten Audio- und MIDI-Spuren nicht begrenzt ist, können auf diese Weise Projekte, bei denen die Aufnahme einzelner Instrumente nacheinander erfolgt, problemlos durchgeführt werden. Die mitgelieferten Effekte stellen eine durchaus akzeptable Grundausstattung dar. Es wird zwar nur ein einziges Instrument – der Sampleplayer Presence – mitgeliefert, doch ist die ca. 1,5 GB große Samplebibliothek recht umfangreich ausgestattet. Außerdem liest der Sampler viele weitere Datenformate, darunter auch das sf2-Format, in dem es zahlreiche kostenlose Soundfonts im Internet gibt. Eine Sonderrolle unter den freien Programmen nimmt das Linux MultiMedia Studio4 (kurz: LMMS) ein, das auch in Versionen für Windows und Mac vorliegt. Diese Software dient nur zum Arrangieren von Samples und für die Arbeit mit fertigen Loops und MIDI, hat aber keine eigene Funktion zur Aufnahme von Audio z. B. über ein Mikrofon. Dafür sind die mitge-


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„Klassik oder Pop? Welche Hard- bzw. Software erforderlich ist, hängt stark von der Art der zu produzierenden Musik ab.“ Nahezu alle Programme können über Hardware-Controller gesteuert werden, was die Bedienung oft wesentlich intuitiver macht als die Steuerung mit der Maus.

lieferten Effekte und Samples durchaus überzeugend. Unter diesem Gesichtspunkt ist es auch kein großes Hindernis, dass das Programm keine ASIO-Unterstützung5 besitzt.6 Das Programm erfordert eine gewisse Einarbeitung, die es erforderlich macht, sich durch eine relativ knappe englische Anleitung zu arbeiten.

Open Source, aber nicht umsonst Nicht ganz umsonst, dafür aber mittlerweile auf einem wirklich professionellen Niveau ist die Software Ardour.7 Diese ursprünglich ausschließlich unter Linux entwickelte Software liegt inzwischen in einer Windows-Version vor, für die der Entwickler eine Gebühr (ab einem US-Dollar) verlangt. Da es sich um Open-SourceSoftware handelt, kann der Quelltext frei bezogen werden, und wer sich das zutraut, kann auch versuchen, ihn zu übersetzen (was mir trotz umfangreicher Programmiererfahrung nicht gelungen ist). Ardour unterstützt beliebig viele gleichzeitig verwendete Ein- und Ausgangskanäle ebenso wie VST-Plug-ins und Instrumente. Die Software unterstützt unter Windows alle gängigen Audiotreiber inklusiv ASIO. Neben reinen Audioaufnahmen unterstützt Ardour auch MIDI-Spuren. Die mitgelieferten Instrumente und Effekte haben jedoch eher Democharakter. Das einzige einigermaßen funktionale Instrument ist ein Sampleplayer, der Soundfonts im sf2-Format spielt. Auch die mitgelieferten Effekte sind eher schlichter Natur. Auf der Habenseite kann Ardour jedoch eine vollstän-

dige Video-Synchronisation verbuchen, die es sonst nur bei kommerziellen Programmen gibt. Die gesamte umfangreiche Dokumentation zu diesem Programm liegt nur in englischer Sprache vor.8

Kommerzielle Software Eine der bekanntesten DAW-Lösungen dürfte die Software Cubase der Hamburger Audioschmiede Steinberg sein. Mit Cubase Elements 8 liegt eine deutlich abgespeckte Version zum Preis von 99,99 Euro vor.9 Die Beschränkung auf je 24 Ein- bzw. Ausgangskanäle sollte für Projekte im Hobbybereich kein Problem darstellen. Auch sonst ist das Programm umfangreich ausgestattet. Zum Bearbeiten von MIDI-Daten werden neben dem üblichen Key-Editor noch ein Schlagzeug- und ein Noten-Editor angeboten. Auch die Ausstattung mit virtuellen Instrumenten und Effekten kann sich durchaus sehen lassen. Der Sampleplayer Halion SE wird mit einer über 2 GB großen Soundbibliothek geliefert. Er kann jedoch keine fremden Soundfonts z. B. im sf2- oder Giga-Format importieren. Daneben wird noch der Analogsynthesizer Emulation Prologue mitgeliefert. Auch im Bereich Effekte ist von der Verstärkeremulation bis zu einem einfachen Nachhall alles dabei. Und da Cubase Elements 8 auch fremde VST-Instrumente und Effekte verarbeitet, steht der Ergänzung mit weiteren Effekten nichts im Wege. Die Synchronisation mit Videomaterial beherrscht Cubase Elements 8 ebenfalls. Am Ende der Bearbeitung kann der neue Sound sogar in das fertige Video eingebettet werden. Die

Einarbeitung in das ziemlich komplexe Programm wird durch eine sehr umfangreiche deutschsprachige Dokumentation erleichtert. Eine weitere kommerzielle Software wird von der Firma Magix vertrieben. Samplitude Music Studio10 ist eine deutlich reduzierte Version der Profi-Software Sequoia und wird offiziell ebenfalls für 99,99 Euro angeboten. Die Software hat keinerlei Einschränkungen, was die Anzahl der Ein- und Ausgangskanäle betrifft. Wie Cubase Elements 8 bietet Samplitude Music Studio auch Key-, Schlagzeug- und Noten-Editor zur Bearbeitung von MIDI-Spuren. Der Noten-Editor kann dabei sogar ansprechend aussehende Partituren ausdrucken. Neben dem Sampleplayer Vita, der mit einer ca. 2 GB großen Samplebibliothek geliefert wird, werden noch weitere virtuelle Instrumente und Schlagzeugemulationen mitgeliefert. Auch im Bereich Effekte ist mit Hall, Kompressoren, Verstärkeremulationen und vielem mehr eine ausreichende Grundausstattung vorhanden. Da das Programm sowohl VST als auch Rewire unterstützt, können weitere Instrumente und Effekte nachgerüstet werden. Die Unterstützung für die Synchronisation mit Videos bleibt jedoch dem „großen Bruder“ vorbehalten. Im umfangreichen deutschsprachigen Handbuch wird die Bedienung des Programms gut verständlich erläutert.

Ein ganz anderes Konzept Eine weitere relativ bekannte kommerzielle DAW-Software ist Ableton Live.11 Für 79 Euro gibt es die Einstiegsversion Able-


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In der Session-Ansicht von „Ableton Live“ wird Musik nicht mehr linear vom Anfang zum Ende gespielt, sondern der Nutzer kann die einzelnen Abschnitte frei kombinieren

ton Live 9 Intro.12 Diese Software ist deutlich anders ausgerichtet als die bisher vorgestellten Programme, weshalb ein Vergleich nicht sinnvoll ist. Der Name „Live“ ist ernst gemeint: Ableton Live zielt vorwiegend auf den Live-Einsatz auf der Bühne oder beim Komponieren (vorwiegend im Popmusikbereich). Ob die Einschränkung auf maximal vier Ein- bzw. Ausgangskanäle dabei ein großes Hindernis darstellt, ist stark von der Nutzung abhängig. Anzahl und Umfang der mitgelieferten Instrumente (insgesamt ca. 4 GB) entsprechen dem, was auch die übrigen Programme in dieser Preisklasse anbieten. Dafür ist die Effektsektion sehr üppig ausgestattet. Ableton Live unterstützt sowohl VST als auch Rewire, sodass fremde Instrumente und Effekte jederzeit nachgerüstet werden können. Auch der Import von Videomaterial wird unterstützt. Während bei den bisher vorgestellten Programmen eine lineare Verarbeitung der Musik (vom Anfang eines Stücks bis zum Ende) im Vordergrund steht, wird bei Ableton Live mit der Session-Ansicht die lineare Reihenfolge einzelner Abschnitte weitgehend aufgehoben. Man kann jederzeit vom einen zum anderen Abschnitt wechseln und sogar unterschiedliche Abschnitte auf verschiedenen Spuren gleichzeitig abspielen. Die Einarbeitung erfordert vor allem für diejenigen, die mit herkömmlicher DAW-Software bereits vertraut sind, eine gewisse Zeit und die Bereitschaft, sich auf das Konzept einzulassen. Das sehr umfangreiche deutschsprachige Handbuch und die mitgelieferten Tutorials erleichtern dies aber deutlich.

Fazit und Ausblick Für alle vorgestellten Programme kann festgehalten werden, dass sie eine gute Grundlage für den Einsatz von PCs als Tonstudio darstellen. Auch für wenig Geld sind professionelle Programme verfügbar. Ebenfalls für alle Programme gilt: Es bedarf einer gewissen Einarbeitung in die jeweilige Programmphilosophie und der Bereitschaft, sich mit den Grundkonzepten von Audioaufnahmen, MIDI-Instrumenten und der dahinter stehenden Technik auseinanderzusetzen. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann nahezu jedermann gute Aufnahmen produzieren. In den beiden kommenden Ausgaben von musikschule )) DIREKT stelle ich Ihnen etwas detaillierter das Programm Samplitude Music Studio vor sowie die Möglichkeiten von Linux als Alternative zu Windows und Mac OS. ))

1 DAW = Digital Audio Workstation. Der Begriff wurde ursprünglich für Geräte wie DAT- und Harddisc-Recorder und die zugehörige Hardware eingeführt. Mit dem Übergang zur computergestützten Audioproduktion wurde der Begriff dann auch für die Softwarelösungen übernommen. 2 www.presonus.com/produkte/de/Studio-One 3 VST = Virtual Studio Technology, ein SoftwareProtokoll für die Musik- und Tonproduktion, entwickelt 1996 von der Firma Steinberg für das Sequenzer-Programm Cubase. Es etablierte sich einige Jahre später als Industriestandard. Wenn ein Entwickler ein Plug-in für ein großes Audioprogramm herstellt, stattet er es typischerweise mit dem VST-Protokoll aus. 4 https:// lmms.io 5 ASIO = Audio Stream Input/Output, ein von der Firma Steinberg entwickeltes, mehrkanalfähiges Audiotransfer-Protokoll. Mittels ASIO wird es einer entsprechenden Software ermöglicht, auf

die Multichannel-Fähigkeiten vieler (professioneller) Sound- und Recordingkarten zuzugreifen. 6 Dies kann jedoch behoben werden, indem die Datei portaudio-2.dll im LMMS-Programmverzeichnis durch die passende (32 oder 64 Bit) Portaudio-Datei von https://github.com/spatialaudio/portaudio-binaries ersetzt wird. Dazu muss die Originaldatei gelöscht und die neue Datei dann in portaudio-2.dll umbenannt werden. 7 https://ardour.org 8 Es ist unter Umständen sinnvoll, die deutsche Übersetzung der Oberfläche zu deaktivieren, um die Menü-Bezeichnungen leichter mit der Dokumentation in Übereinstimmung zu bringen. Die entsprechende Einstellung findet sich im (deutschen) Menü unter „Bearbeiten“ > „Globale Einstellungen“ > „Benutzerinteraktion“ > „Benutze Übersetzung der Ardour-Oberfläche“. 9 www.steinberg.net/de/products/cubase/line_up/ cubase_elements_8.html 10 www.magix.com/de/samplitude-music-studio 11 www.ableton.com/de/live 12 Ableton bietet keine Testversion von Live Intro, sondern nur eine 30-Tage-Testversion der ca. 600 Euro teuren Vollversion Ableton Live 9 Suite.

Jürgen Simon ist Cellist im Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder). Er entwickelte ein Orchesterverwaltungsprogramm für sein Orchester.


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„Sound Uncovered“ – explOratorium der Geräusche

Meine App

)) Wer bei „Gehörbildung“ spontan an seinen Musikunterricht oder die Aufnahmeprüfung zum Studium denkt, an das Erkennen von Intervallen, Akkorden und deren Umkehrungen, der reagiert vermutlich ähnlich wie viele andere Menschen, die ein Instrument spielen oder sich anderweitig intensiv mit Musik beschäftigen. Doch wenn man den Begriff beim Wort nimmt, dann umfasst die „Bildung“ unseres Gehörs sicherlich mehr als nur die oben erwähnten Bereiche. Und je mehr wir uns mit unserem Gehör beschäftigen, umso klarer wird uns, wie viel es in der Welt des Hörens noch zu entdecken gibt. Die App Sound Uncovered wurde entwickelt vom explOratorium, einem interaktiven Museum in San Francisco, das seine BesucherInnen, große wie kleine, dazu einlädt, hinter das scheinbar Bekannte zu blicken und die Welt, in der wir leben, zu erforschen und mit wachen Sinnen zu entdecken. So wie viele Museen in den USA hinsichtlich der Präsentation und pädagogischen Aufbereitung ihrer Schaustücke manch ehrwürdigem Museum in „good old Europe“ ein großes Stück voraus sind, so ist auch diese App ein kleines Meisterwerk, das einen fesselt, sobald man das erste der insgesamt 15 Kapitel geöffnet hat. „Find the Highest Note“ – die App gibt es nur in Englisch, da sie sich jedoch auch an Kinder richtet, werden keine außergewöhnlichen Sprachkenntnisse verlangt – präsentiert das erstaunliche Phänomen eines unendlich ansteigenden Tonhöhenverlaufs. Vergleichbar mit den endlos ansteigenden Treppen des niederländischen Künstlers und Grafikers M. C. Escher erklingen beim

Rüdiger Behschnitt

Drücken von zwölf kreisförmig angeordneten Tasten Akkorde, die im Halbtonabstand ansteigen. Doch oh Wunder: Beim erneuten Drücken der ersten (bzw. dann dreizehnten) Taste erscheint uns der Akkord wiederum um einen Halbton nach oben versetzt – und so weiter bis in alle Ewigkeit. Selbstverständlich wird zu jedem Phänomen unter dem Button „What’s going on?“ die Erklärung mitgeliefert. Dass wir unseren Ohren nicht immer trauen können und vor allem unsere technische Umwelt auch unter auditiven Gesichtspunkten durchgestyled ist, wird nirgends so deutlich wie bei Autos. Dies macht das Kapitel „Which Car Would YOU Buy?“ ohrenfällig. Natürlich wissen wir, dass die Anzeige des Blinkers heutzutage rein optisch und daher eigentlich lautlos funktioniert. Aber das für jedes Modell von Sounddesignern eigens entworfene Geräusch des Blinkers sorgt für Wohlbefinden. Gleiches gilt für die Autotür, deren „Klack“ beim Schließen genauso designed worden ist wie das Motorengeräusch, das wir im Inneren des Fahrzeugs hören. Der sogenannte McGurk-Effekt beschreibt die verwirrende Diskrepanz von Hören und Sehen. Denn auch unser Auge „hört mit“! Wenn wir sehen, dass die Lippen der Sprecherin zum F-Laut leicht geöffnet sind wie im Wort „face“, gleichzeitig jedoch das Wort „base“ hören, dann sorgt dies für Irritation. Wenn wir die Augen schließen, hören wir hingegen eindeutig „base“. Ein Experiment, das übrigens auch im Unterricht leicht nachvollzogen werden kann mit einer sichtbaren Person vor mir, die ein Wort nur mit den Lippen formt („face“),

sowie einer weiteren Person hinter mir, die das leicht veränderte Wort spricht („base“). Diese irritierende Erfahrung könnte sogar für den eigenen Auftritt hilfreich sein: Nur dann, wenn meine sichtbaren Bewegungen das widerspiegeln, was ich erklingen lasse, können sich die Zuhörenden vorbehaltlos einlassen auf meinen Vortrag. Doch die kleine App bietet noch einiges mehr: Wir erfahren unter anderem, wie es klingt, wenn Sanddünen singen; wir können testen, wie alt unsere Ohren (und damit auch wir selbst) sind; wir lernen, weshalb nachts auch weit entfernt erklingende Geräusche ganz deutlich zu hören sind (und dass es rein gar nichts damit zu tun hat, dass die vielen naheliegenden Geräusche des Tages wegfallen); wir können Wörter oder Melodien aufnehmen und rückwärts abspulen (und schmunzeln über die Hysterie der 60er und 70er Jahre über angebliche satanische Botschaften auf rückwärts abgespielten Schallplatten von den Beatles, Rolling Stones und vielen anderen). Spielerisch, interaktiv, fesselnd. Sound Uncovered ist kostenlos erhältlich für iPad und iPhone unter www.exploratorium.edu > explore > Apps. ))

Kennen Sie eine App, die Sie anderen Lehrkräften empfehlen möchten? Schreiben Sie uns: info@musikschule-direkt.de


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1.2017

„Eigentlich doch alles wie immer, oder?“

Sebastian Herbst

Inklusiver Instrumentalunterricht: Was sagen die Lehrenden?

Inklusion bzw. inklusiver Instrumentalunterricht spielt im Musikschulkontext eine immer größere Rolle und stellt eine neue Herausforderung für Instrumentallehrende dar. Um die Erfahrungen, Herausforderungen und Wünsche der realen Praxissituation zu erfassen, ist es wichtig, die Lehrenden selbst zu Wort kommen zu lassen. Denn sie sind es, die unterrichten.

)) In den beiden vorherigen Ausgaben von musikschule )) DIREKT diskutierte ich die Verwendung von Assoziationen bei der Vermittlung elementarer instrumentaler Fertigkeiten sowie den Einsatz von Videografie und Hospitation in Fort- und Weiterbildungen und stellte dies jeweils auch in den Kontext eines inklusiven Instrumentalunterrichts. Bei meiner Beschäftigung mit dem Thema drängte sich jedoch immer mehr die Notwendigkeit in den Vordergrund, die Erfahrungen von praktizierenden Instrumentallehrkräften sowie ihre Wünsche hinsichtlich von Fort- und Weiterbildungsangeboten zu sammeln. Um die Herausforderungen und Wünsche zu erfassen, wurden daher zunächst 15 Instrumentallehrkräfte befragt. Die teilnehmenden LehrerInnen unterrichten in unterschiedlichen instrumentalen Fächern sowie in Ensembles, Orchestern und JeKits-Angeboten an städtischen Musikschulen. Ihr beruflicher Ausbildungshintergrund ist dabei sehr unterschiedlich, sodass Lehrende ohne Studienabschluss, Lehrende mit Abschluss in Instrumentalpädagogik, BewegungspädagogInnen, Leh-

rende mit absolvierter künstlerischer Reifeprüfung, Lehrende mit einem Master of Education sowie DiplompädagogInnen der Rehabilitationswissenschaften und Lehrende mit Staatsexamen in Sonderpädagogik mit Fach Musik teilgenommen haben. Die große Heterogenität in der beruflichen Ausbildung lässt bereits ganz unterschiedliche Erfahrungen, Herausforderungen und Wünsche der Lehrenden vermuten, sodass die Ergebnisse dieser Befragung wahrscheinlich ein sehr reales Bild der Erfahrungen und Wünsche inklusiv unterrichtender Instrumentallehrkräfte widerspiegelt. Zudem geben neun der Befragten an, noch keine Erfahrungen im inklusiven Instrumentalunterricht zu haben. Es ist dennoch besonders spannend, die Vorstellungen und eventuellen Ängste dieser Lehrenden hinsichtlich eines inklusiven Instrumentalunterrichts zu erfassen sowie zu fragen, welche Fort- und Weiterbildungsangebote sie bräuchten, um sich auf inklusiven Instrumentalunterricht gut vorbereitet zu fühlen. Inwieweit jedoch berufliche Ausbildung und Erfahrungen mit den genannten Antworten zusammenhängen, kann hier nicht diskutiert werden und ist aufgrund der geringen Anzahl an Befragten auch nicht sinnvoll.

Herausforderungen Um Schwierigkeiten bzw. Herausforderungen bezüglich eines inklusiven Instrumentalunterrichts zu erheben, wurden die TeilnehmerInnen gefragt, welche Herausforderungen ihrer Meinung nach in einem inklusiven Instrumentalunterricht auftre-

ten könnten. Der größte Teil der Antworten beschäftigt sich mit Herausforderungen im Bereich der Differenzierung in heterogenen Gruppen und individueller Förderung. Genannt werden ) „Integration der verschiedenen individuellen Voraussetzungen“, ) „Differenzierung nach Bedürfnissen und Kompetenzen“ sowie ) die Herausforderung, sowohl „den Starken als auch den Schwächeren gerecht zu werden“. Es wird als schwierig erachtet, „allen SchülerInnen gleich viel Zeit und Aufmerksamkeit zu geben“, sodass die schnellen „genug ‚Futter‘“ und die langsameren ausreichend „Wiederholungsmöglichkeiten“ erhalten. In diesem Zusammenhang werden zudem eine geringere bzw. kürzere Konzentrationsfähigkeit der Inklusionskinder sowie Aspekte von Unterrichtsstörungen genannt, „wenn ein Kind statt auf dem Instrument zu spielen lieber turnt oder andere Kinder beim Spielen stört“. Große Gruppen und verschiedene Förderbereiche innerhalb einer Gruppe verstärken diese Herausforderungen zusätzlich. Unterschiedliche Förderbedarfe spielen zudem eine wichtige Rolle bei der Beschäftigung mit Fragen nach Unterrichtsmethoden und Unterrichtsmaterial. Genannt werden hier „Anpassung der Noten“ (beispielsweise bei Sehbehinderung), Entwicklung von behinderungsspezifischen Spieltechniken sowie Erstellung geeigneter Arrangements. ) „Im Gruppenunterricht (Kammermusik) bestimmt die Homogenität des Ensembles den ‚Erfolg‘. Ins Orchester lassen sich auch ganz schwache SchülerInnen integrieren.“


© Max Wagner

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Menschen mit Behinderung, Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren haben nicht nur Freude an Musik, die sie hören, sondern sind auch fähig, Musik selbst zu machen – wie etwa die inklusive Band „Vollgas“ der Musikschule Fürth e. V.

Gefordert wird jedoch auch, „um die Ecke denken zu lernen“, denn: ) „Man kann das Instrument anders lernen/ spielen, als man es selbst gelernt hat!“ Schließlich wird noch angesprochen, dass Lehrende mit den hohen Leistungserwartungen umzugehen haben, die die Eltern an ihre Kinder stellen. Von (Musik-)Schulen und ihren Schulleitungen wünschen Lehrpersonen sich zudem ernsthaftes Interesse und Unterstützung.

Voraussetzungen Die Teilnehmenden wurden gefragt, welche grundlegenden Voraussetzungen es ihrer Meinung nach brauche, um inklusiven Instrumentalunterricht erteilen zu können. Die Antworten setzen dabei einen Fokus auf die Rahmenbedingungen. Neben dem Wunsch nach Informationen zu den Beeinträchtigungen der SchülerInnen mit Förderbedarf werden der Wunsch nach längeren Unterrichtsstunden (beispielsweise 60 statt 45 Minuten) sowie in diesem Zusammenhang die Forderung nach kleineren Gruppengrößen genannt. Möglichst helle Unterrichtsräume sollten dabei ausreichend Platz bieten und geeignetes Material sowie entsprechende Instrumente bereithalten. Bei motorischen Beeinträchtigungen sei außerdem eventuell eine Anpassung des Instruments erforderlich. Vor allem wird eine zweite Lehrperson oder zumindest eine Begleitperson („die auch musikalisch helfen kann“) für sinnvoll erachtet, damit sich die Lehrerin oder der Lehrer auch den anderen Kindern zu-

wenden könne. Als grundlegende Voraussetzung könne schließlich ein organisierter Fahrdienst besonders wichtig sein, um manchen SchülerInnen die Teilnahme an einem Instrumentalunterricht überhaupt erst zu ermöglichen. Ein großer Teil der Antworten beschäftigt sich mit Aspekten der Motivation und dem Umgang mit Menschen mit Behinderungen. „Auch ein Kind mit Downsyndrom kann ohne Üben nicht lernen zu spielen“ – so eine der genannten Antworten. Gefordert wird ein „klarer Wille zum Instrumentalspiel“ sowie der „Wille der Eltern, beim Aufbau einer Übestruktur und beim Üben zuhause zu assistieren“. Die Zusammenarbeit mit den Eltern und deren Unterstützung durch Hospitationen im Unterricht und positive Bestärkung beim häuslichen Üben scheinen ganz zentrale und wichtige Aspekte zu sein. Aber auch motivationale Aspekte der Lehrenden selbst werden nicht ausgelassen, sodass als grundlegende Voraussetzungen „Geduld“, „Flexibilität“ und „Neugier“ sowie ein „Gespür für Menschen mit Behinderungen“ und eine „intensivere Vorbereitung der Lehrperson“ genannt werden. Zudem seien Lehrende gefragt, motivierende Methoden einzusetzen und in einem vertrauensvollen Umgang die Fortschritte jedes Einzelnen wertzuschätzen. Nötig seien in diesem Zusammenhang das „Vertrauen in meine Fähigkeiten als Lehrerin“ und eine „Abkehr vom Elitedenken“. Viele der genannten Dinge sind grundlegende Voraussetzungen für jede Art von Instrumentalunterricht. Im inklusiven Setting scheint uns die Notwendigkeit jedoch

besonders deutlich zu sein, sodass eine der Antworten abschließend feststellt: ) „Eigentlich doch alles wie immer, oder?“

Fort- und Weiterbildungen Die Fragen zu Herausforderungen und Voraussetzungen eines inklusiven Instrumentalunterrichts geben schon Informationen für sinnvolle Fort- und Weiterbildungen. Dennoch wurden die Teilnehmenden noch einmal konkret befragt, welches Fort- und Weiterbildungsangebot sie sich wünschen würden bzw. welche Themen diese in den Blick nehmen sollten. Zunächst werden in den Antworten zu einem großen Teil methodische Aspekte angesprochen, die die Erstellung von Unterrichtsmaterial betreffen, die Verwendung von Notation sowie von anderen Spielund Notationsweisen, den Umgang mit dem Instrument, die Förderung der Motivation sowie Differenzierung und individuelle Förderung berücksichtigen, um jedes Kind optimal fördern zu können. Darüber hinaus geht es um die Fähigkeit, den Unterrichtsstoff in viele kleine Schritte zu zerlegen, um fundierte Kenntnisse über die Förderbedarfe, den Umgang mit Störungen und um richtiges Verhalten in Elterngesprächen. Viele weitere Antworten fordern zudem die Möglichkeit zu einem regelmäßigen Erfahrungsaustausch sowie einer „Ideenschmiede“, sowohl zwischen Lehrenden als auch zwischen Lehrenden und SchülerInnen. Ideen des Teamteachings spielen in diesem Zusammenhang natürlich auch eine Rolle und werden in der Befragung


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1.2017

„Man kann das Instrument anders lernen, als man es selbst gelernt hat.“

Buchtipp Wie zeigt sich Vielfalt im Musizierunterricht und wie lässt sie sich produktiv nutzen? Wie gehen Lehrende mit Heterogenität und Differenz um? Was verbirgt sich hinter „Inklusion“? Antworten suchen verschiedene Autorinnen und Autoren aus dem Bereich der Musikpädagogik. Der Sammelband vereint Forschungsperspektiven mit praktischen Anregungen. In einem theoretischen Teil werden unter anderem Fragen nach Differenz und einer inklusiven Musikpädagogik erörtert sowie Anforderungen an eine kultursensible musikalische Bildung gestellt. Der praktische Teil richtet sich gleichermaßen an Lehrende wie auf organisatorischer Ebene Tätige: Einblicke in konkrete Unterrichtssituationen, in Musikschulund Hochschulprojekte sollen Anreiz zum Nachdenken und -machen schaffen. Dabei werden Aspekte aus dem Instrumental- und Gesangsunterricht, der elementaren Musikpädagogik sowie der Praxis von Schulkooperationen berücksichtigt. Katharina Bradler (Hg.) Vielfalt im Musizierunterricht Theoretische Zugänge und praktische Anregungen Schott, Mainz 2016, 276 Seiten, 22,95 Euro ISBN 978-3-7957-1087-3

erscheint alle zwei Monate als Supplement zu üben & musizieren

genannt. Dabei werden zudem Fragen danach gestellt, welche Leistungen man von inklusiven Gruppen erwarten kann und welche musikalischen Möglichkeiten Kinder hinsichtlich verschiedener Behinderungen haben. Eine weitere Forderung betrifft etwas weniger die direkte Unterrichtspraxis, nämlich die Forderung, die Frage nach der Aufgabe von Bildung zu thematisieren und zu fragen, warum bei manchen gesellschaftlichen Prozessen manche Menschen ausgeschlossen sind. Aus der grundlegenden Beschäftigung mit dem inklusiven Gedanken kann und soll „sich eine fundierte Motivation ableiten“. Ein letzter Punkt beschäftigt sich schließlich mit der Thematik der „Findung und Umsetzung geeigneter Arbeitsbedingungen“, sodass dort vor allem noch einmal die Rahmenbedingungen in den Blick genommen werden sollen. Diese kleine Befragung bietet nur einen ersten Einblick in die reale Praxissituation. Dennoch zeigen sich sehr deutlich die Fragen und Unsicherheiten von Instrumentallehrenden hinsichtlich des inklusiven Instrumentalunterrichts und des Unterrichtens im inklusiven Setting. Eine systematische Befragung mit einer größeren Stichprobe wäre sinnvoll und notwendig, um

die Praxissituation zu erfassen, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen und bedarfsgerechte Fort- und Weiterbildungsangebote zu konzipieren oder bereits Bestehende zu modifizieren. ))

Sebastian Herbst ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Musik und ihre Didaktik der Universität Paderborn und Klavierlehrer an der Musikschule Dortmund.

Redaktion: Anja Bossen und Rüdiger Behschnitt Ständige Mitarbeiter: Jürgen Simon und Bernd Dahlhaus Layout: Rüdiger Behschnitt Grafik: Nele Engler


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