3.2017 Soziale Gerechtigkeit? Das Wahljahr 2017 steht im Zeichen sozialer Gerechtigkeit. Martin Schulz, Spitzenkandidat der SPD, soll es richten: hundert Prozent Martin Schulz = hundert Prozent Gerechtigkeit.1 Wer in diesem Land hart arbeite, wer sich engagiere, wer für die Eltern oder für die Kinder da sei und sich dabei an die Regeln halte, der habe „unseren Respekt verdient“.2 Die Frage ist allerdings, was die SPD unter „Respekt“ versteht. Seit 1998 gibt es einen Ausschuss für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag, der sich unter anderem die Verbesserung der wirtschaftlichen und sozialen Lage von Künstlern zum Ziel gesetzt hat. Auf der Internetseite der Arbeitsgruppe „Kultur und Medien“ der SPD-Bundestagsfraktion findet sich zur Arbeit dieses Ausschusses ein euphorischer Text: „Viele wegweisende kultur- und medienpolitische Vorhaben wurden umgesetzt und die Rahmenbedingungen für Kunst und Kultur sowie für Medien verbessert.“3 Doch warum merken diejenigen, die in diesen Bereichen arbeiten, dann nichts davon? Gehören Arbeitsbedingungen nicht zu den Rahmenbedingungen? Weshalb kommt jede aktuelle Studie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage von Künstlern zu verheerenden Ergebnissen? Weshalb ist prekäre Beschäftigung im staatlichen Bildungs- und Kultursektor gang und gäbe? Von der bisher einzigen konkret ausgesprochenen Idee sozialer Gerechtigkeit des Martin Schulz, dem Arbeitslosengeld „Q“, werden nur ältere, festangestellte Menschen profitieren. Wikipedia definiert soziale Gerechtigkeit übrigens folgendermaßen: „Der Begriff der sozialen Gerechtigkeit bezieht sich auf gesellschaftliche Zustände, die hinsichtlich ihrer relativen Verteilung von Rechten, Möglichkeiten und Ressourcen als fair oder gerecht bezeichnet werden können. Was genau Inhalt und Maßstab dieser Form von Gerechtigkeit sei, ist aber seit jeher umstritten und vielschichtig.“4 Na dann, liebe Honorarkräfte: Soziale Gerechtigkeit geht offenbar auch mit prekärer Beschäftigung. Wir sind gespannt aufs Wahlprogramm. Inspiration bieten sicherlich die Ergebnisse der 3. ver.di-Umfrage zu Einkommenssituation und Arbeitsbedingungen von Musikschul- und Privatmusiklehrkräften. Der Fragebogen ist diesem Heft beigefügt und kann auch online unter https://musik.verdi.de/musikschulen/umfrage ausgefüllt werden. Anja Bossen
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https://martinschulz.spd.de/aktuelles/aktuelles/news/100-prozent-gerechtigkeit/19/03/2017 ebd. 3 http://www.spdfraktion.de/fraktion/arbeitsgruppen/arbeitsgruppe-kultur-medien 4 https://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Gerechtigkeit
Inhalt 2 Flott statt Schrott Linux als Alternative zu Windows
5 Vielversprechende Zukunft Neue Notationssoftware „Dorico“ im Test
8 Welche Kultur wollen wir? Die Initiative „art but fair“ kämpft für angemessene Gagen und faire Arbeitsbedingungen
10 Wert-Schätze Mentale Einspielübungen für Lehrkräfte
) Sie haben Fragen, Anregungen, Tipps oder Hinweise für die Redaktion? ) Sie möchten sich kritisch äußern zu unseren Themen und Beiträgen oder haben Vorschläge für neue Themen?
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Schreiben Sie uns: info@musikschule-direkt.de
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3.2017
Nicht nur für ältere PCs ist Linux eine gute Alternative zu Windows
Flott statt Schrott
Auch ältere PCs können oft noch sinnvoll eingesetzt werden, statt sie zu entsorgen. Entscheidend ist die zur Hardware passende Software.
)) Vor Kurzem erzählte mir eine Bekannte, dass sie nur wenig mit Computern arbeite – nur ein bisschen Internet, E-mails und gelegentlich mal einen kurzen Text schreiben. Darum habe sie seit weit über zehn Jahren denselben Computer und der könne alles, was sie brauche. Auf die Frage nach dem Betriebssystem nannte sie Windows, welche Version, das wisse sie nicht so genau. Schnell stellte sich heraus, dass es sich um Windows XP handelt. Auf meinen Hinweis, dass dieses System seit nunmehr drei Jahren keine Sicherheitsupdates mehr bekomme, erklärte sie mir, dass sie ja nur wenig mache und außerdem habe sie einen Virenscanner.
Windows XP hat ausgedient Solche und ähnliche Aussagen bekomme ich häufiger zu hören. Dabei kann das Problem der fehlenden Updates keineswegs durch einen Virenscanner behoben werden. Es gab bereits während der Zeit, zu der Windows XP noch unterstützt wurde, Schadsoftware, die sich aufgrund von Betriebssystemfehlern verbreitete, auch ohne dass der Benutzer irgendetwas anklicken musste. Dazu kommt, dass das Sicherheitskonzept von Windows XP so alt wie das Betriebssystem ist. Seit Windows XP im Jahr 2001 auf den Markt kam, haben sich sowohl die Schadsoftware als auch die Si-
cherheitsmechanismen der Betriebssysteme erheblich weiterentwickelt. Ein Computer, der auch nur kurzzeitig mit dem Internet verbunden ist, sollte daher auf keinen Fall Windows XP verwenden! Andererseits ist es verständlich, dass sich viele Leute scheuen, einen funktionstüchtigen Rechner, der noch alle Aufgaben erledigt, zu entsorgen und einen neuen anzuschaffen. Ein neues Windows aufzuspielen, ist – abgesehen von den Kosten – oft nicht möglich, weil der alte PC die Anforderungen eines aktuellen Betriebssystems meist nicht erfüllt.
Der Pinguin bringt Hilfe Doch gerade für Nutzer, die nur wenige Standardaufgaben wie Internet und TexteSchreiben mit ihrem Rechner erledigen, gibt es eine sichere Alternative. Das freie Betriebssystem Linux (mit dem niedlichen Pinguin als Maskottchen) lässt sich auf fast jedem Computer installieren. Auch Rechner, die 15 oder mehr Jahre alt sind, können mit dem richtigen Linux noch gut für einfache Arbeiten eingesetzt werden. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern auch die Umwelt. Und da Linux kontinuierlich weiterentwickelt wird, werden auch Sicherheitslücken regelmäßig beseitigt. Dabei ist der Umstieg von Windows nicht so kompliziert, wie viele denken. Dank einer modernen grafischen Benutzeroberfläche finden sich auch AnfängerInnen schnell zurecht. Im Gegensatz zu Windows oder dem Apple-Betriebssystem MacOS gibt es Linux in unzähligen Varianten. Manche Versionen
Jürgen Simon
sind eher für Profis oder Spezialanwendungen gedacht, andere gut für AnfängerInnen geeignet. Wer keine Anleitungen auf Englisch lesen will, sollte auf eine der verbreiteten Distributionen zurückgreifen, für die es umfangreiche deutschsprachige Foren gibt.
Welches Linux ist das richtige? Gerade für ältere Rechner hat sich die Distribution Linux Mint sehr bewährt. Auch innerhalb dieser Distribution gibt es verschiedene Ausgaben, die sich zum Teil nur in der Benutzeroberfläche unterscheiden, zum Teil jedoch auch unterschiedliche Basissysteme verwenden. Für PCs, die nicht älter als zwölf bis 15 Jahre sind, eignet sich das normale Linux Mint, am besten mit dem XFCE-Desktop, der besonders ressourcenschonend arbeitet. Der XFCE-Desktop ist außerdem in der Bedienung Windows und dem XP-Startmenü recht ähnlich, sodass keine große Umgewöhnung erforderlich ist. Nur für noch ältere Rechner muss unter Umständen die LMDE-Version verwendet werden, da diese auch noch ältere Prozessoren (ohne PAE) unterstützt. Linux Mint basiert auf dem ebenfalls sehr weit verbreiteten und hervorragend gepflegten Ubuntu, sodass auch die Foren und Hilfestellungen für Ubuntu verwendet werden können, wenn sich für ein Problem einmal keine Lösung in den LinuxMint-Foren findet. Um Linux zu installieren, benötigt man zunächst ein Installationsmedium, das man in der Regel direkt von der Internetseite
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Das Linux-Maskottchen Tux wurde von Larry Ewing mit „Gimp“ gezeichnet und als Vektorzeichnung neu gestaltet mit „Inkscape“ von Garrett LeSage
der jeweiligen Distribution herunterladen und dann auf eine DVD brennen oder auf einen USB-Stick speichern kann. Linux wird als 32- und 64-Bit-Version angeboten. Für Rechner mit weniger als 2 GB Arbeitsspeicher sollte die 32-Bit-Version verwendet werden, auf Rechnern mit mehr als 2 GB Arbeitsspeicher die 64-Bit-Version. (Die gelegentlich anzutreffende Bezeichnung x86 ist eine andere Bezeichnung für 32-Bit-Versionen.)1 Ich empfehle, eine DVD zu brennen, da gerade ältere Rechner nicht immer vom USB-Stick booten können. Obwohl die Internetseite von Linux Mint2 auf Englisch ist, gibt es dort eine gute deutsche Anleitung, die den Installationsprozess ausführlich beschreibt. Sie kann heruntergeladen werden unter Downloads > Documentation (bitte Version für den richtigen Desktop wählen, z. B. XFCE). Die eigentliche Installation gestaltet sich dann eher einfacher als bei Windows, da in den aktuellen Distributionen Treiber für viele gängige Geräte bereits integriert sind. Probleme bereiten am ehesten Notebooks. Vor allem die Sonder- und Funktionstasten sowie einige exotische WLAN-Adapter lassen sich nicht immer sinnvoll einbinden. Bei Desktop-PCs treten solche Probleme hingegen nur äußerst selten auf.
All inclusive Nach der Installation3 ist Linux bereits mit einer Vielzahl von Standardprogrammen ausgerüstet. Der Browser Firefox und das Mailprogramm Thunderbird sind ebenso wie die Bürosoftware LibreOffice und das
Bildbearbeitungsprogramm Gimp in nahezu jeder Linux-Distribution enthalten. Auch Programme zur Wiedergabe von Musik und Videos sind selbstverständlich bereits vorinstalliert. Alle Programme sind übersichtlich über das Startmenü, das sich wie auch bei Windows links unten in der Taskleiste befindet, zu erreichen; und wie unter Windows lässt sich das Startmenü auch über die Windows-Taste auf der Tastatur öffnen. Weitere Programme können leicht mit der Anwendungsverwaltung (Startmenü > System > Anwendungsverwaltung) installiert werden. Hier werden tausende von Programmen angeboten, die Sie durch Anklicken sehr einfach installieren können, z. B. das Notensatzprogramm MuseScore.4 Die zentrale Anwendungsverwaltung hat neben der bequemen Installation von Programmen einen weiteren entscheidenden Vorteil. Alle Programme, die auf diese Weise ihren Weg auf den Rechner gefunden haben, werden von der zentralen Aktualisierungsverwaltung mit Updates versorgt, wohingegen Windows nur sich selbst und eventuell noch einige weitere Programme von Microsoft aktualisiert. Auf der rechten Seite der Taskleiste direkt neben der Uhr befindet sich das Symbol der Aktualisierungsverwaltung. Solange hier das grüne Häkchen zu sehen ist, ist alles in Ordnung und alle Programme und das Betriebssystem sind aktuell und sicher.
Was geht, was nicht? Es gibt nur wenige Bereiche, bei denen Linux nicht automatisch funktioniert. Ob-
wohl es unter Linux Programme zum Betrachten und Bearbeiten von Videos (auch in HD) gibt, kann Linux nicht ohne Weiteres kommerzielle DVDs oder Blurays abspielen. Es gibt dafür zwar geeignete Software, diese wird von der Industrie jedoch als „illegale Software zur Umgehung eines Kopierschutzes“ eingestuft; bereits ein Hinweis, wo diese Software zu finden ist und wie sie installiert werden muss, kann zu einer Abmahnung führen. Ein weiteres Problem stellen Treiber für exotische Hardware dar. Während sich für nahezu jeden Drucker ein passender Treiber finden lässt, sieht es bei der Unterstützung für Scanner bereits etwas schlechter aus. Während ältere Standardscanner, für die es oft keine Treiber mehr für aktuelle Windows-Systeme gibt, oft unter Linux arbeiten, sind exotischere Geräte (wie z. B. mein Buchscanner) nicht unter Linux einsetzbar. Bedauerlicherweise sind auch die Hersteller von professionellen Audiogeräten nicht bereit, Treiber zu entwickeln oder die Community wenigstens mit einem Testgerät zu versorgen. Doch auch ohne Herstellerunterstützung hat die Linux-Community Treiber für eine beeindruckende Zahl von Soundkarten entwickelt. Die Unterstützung für Soundkarten ist unter Linux in verschiedenen Projekten organisiert. Die meisten Onboard-Soundkarten werden von ALSA (Advanced Linux Sound Architecture) unterstützt. ALSA ist auch für die Unterstützung von USB-Soundkarten zuständig. Eine umfangreiche Liste der von ALSA unterstützten Soundkarten ist im Internet zu finden.5 Auf ähnliche Soundkarten ist das OSS-
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„Linux ist in der Bedienung Windows und dem XP-Startmenü recht ähnlich.“ Projekt (Open Sound System), aus dem ALSA hervorgegangen ist, ausgerichtet. Eine Liste der unterstützten Soundkarten steht ebenfalls im Internet zur Verfügung.6 Die im semiprofessionellen Bereich weit verbreiteten Soundkarten mit Firewire-Interface werden vom Projekt FFADO (Free Firewire Audio Drivers) unterstützt. Auch hierzu sei auf die Liste der unterstützten Soundkarten verwiesen.7
Linux macht Musik Unter Linux stehen eine ganze Reihe von Audioprogrammen zur Verfügung. Neben Ardour 8 gibt es z. B. den sehr umfangreichen MIDI-Sequenzer Rosegarden.9 Ebenfalls in großer Zahl und zum Teil in sehr guter Qualität werden virtuelle Instrumente und Effekte entwickelt. Als zentrale Verbindung zwischen den verschiedenen Programmen, Plugins und Soundkarten hat sich der Soundserver JACK (JACK Audio Connection Kit) etabliert. Dieser sollte für die Arbeit mit Audiosoftware zunächst immer installiert werden, obwohl viele Programme auch ohne ihn arbeiten. Um ein Standard-Linux so zu konfigurieren, dass es für umfangreiche Audioproduktion geeignet ist, bedarf es einiger Anstrengungen, die AnfängerInnen in vielen Fällen überfordern. Wesentlich einfacher geht es mit einer speziell für diese Zwecke zusammengestellten Distribution. Es gibt etliche davon, als guter Einstieg kann Ubuntu Studio10 verwendet werden. Es basiert auf der weit verbreiteten und gut gepflegten Standardversion von Ubuntu mit XFCE-Desktop. Ubuntu Studio ist mit einem speziellen Betriebssystemkern ausgestattet, der ein Arbeiten mit möglichst geringen Latenzen ermöglicht. Dies ist insbesondere dann erforderlich, wenn mit Live-Aufnahmen und gleichzeitiger Auf-
nahme und Wiedergabe gearbeitet werden soll. Auch Ubuntu Studio verwendet zur Ansprache von Soundkarten primär die ALSA- und FFADO-Schnittstellen. Man kann also dort nachsehen, ob die eigene Soundkarte unterstützt wird oder welche Soundkarte man anschaffen sollte.
Informationen über Linux Obwohl Ubuntu Studio eine gut gepflegte Distribution ist, ist es dennoch ein Nischenprodukt, für das es nur wenig deutschsprachige Dokumentationen gibt.11 Es führt also kein Weg daran vorbei, sich mit der englischsprachigen Dokumentation vertraut zu machen. Da jedoch Ubuntu Studio auf denselben Programmen aufbaut, wie sie in jeder Linux-Distribution und speziell in Ubuntu enthalten sind, können die vielen deutschsprachigen Quellen ohne Einschränkungen genutzt werden. Eine der umfangreichsten deutschsprachigen Informationsquellen für Ubuntu ist die Seite ubuntuusers.12 Das gleiche gilt auch für Linux Mint. Auch diese Distribution basiert auf Ubuntu, sodass die zahlreichen Quellen im Internet mitgenutzt werden können. Für diejenigen, die ernsthaft auf Linux umsteigen wollen, lohnt es sich, eines der meist sehr umfangreichen Bücher für Einsteiger zu kaufen. Sowohl für Linux Mint als auch für Standard Ubuntu gibt es eine große Zahl davon. Dabei sollte unbedingt darauf geachtet werden, ein Buch für die Version zu erwerben, die man auch einsetzt, da sich gerade die Interna bei Linux von der einen zur anderen Version stark ändern können. Häufig beziehen sich die Bücher nicht auf die jeweils aktuellste, sondern auf eine sogenannte LTS-Version (long term support), die für mehrere Jahre Updates und Unterstützung erhält (z. B.
Linux Mint 18.1 und Ubuntu 16.4.02 bis April 2021). Aber nicht nur, wer alte Hardware möglichst lange weiter nutzen will, sollte sich mit Linux befassen. Auch für aktuelle Computer stellt Linux eine interessante Alternative zu Windows dar, das mittlerweile nicht mehr zwingend bei jedem neuen Computer mitgekauft werden muss, wodurch sich bei einem Neukauf noch etwas einsparen lässt, zumal vielen Nutzern die große Menge an personenbezogenen Daten, die gerade Windows 10 an Microsoft senden möchte, oft suspekt ist. Dabei steht einer gemeinsamen Nutzung nichts im Weg, da sich Windows- und LinuxRechner problemlos miteinander vernetzen lassen. Selbst im Netzwerk meines Orchesters, das von einer Windows-ActiveDirectory-Domäne gesteuert wird, konnte ich einige (zumeist ältere) Rechner mit Linux nahtlos integrieren. (( 1 Die Bezeichnung x86 geht auf die Bezeichnungen alter Intel-Prozessoren – 80386, 80486 – zurück. 2 www.linuxmint.com 3 Im Folgenden beziehe ich mich auf die aktuelle Linux Mint XFCE-Version (18.1), wobei die Unterschiede zu anderen Distributionen oft nicht sehr groß sind. 4 Beschreibung in musikschule )) DIREKT 6/2013, S. 10 f., www.schott-musikpaedagogik.de/de_DE/ material/instrument/um/musikschuledirekt/issues/ showarticle,37201.html 5 www.alsa-project.org/main/index.php/Matrix:Main 6 www.opensound.com/osshw.html 7 www.ffado.org/?q=devicesupport/list 8 vorgestellt in musikschule )) DIREKT 1/2017, S. 6-8. 9 http://rosegardenmusic.com 10 http://ubuntustudio.org 11 https://forum.ubuntuusers.de/topic/ubuntustudio-einfuehrung-audio 12 https://ubuntuusers.de
Jürgen Simon ist Cellist im Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt (Oder). Er entwickelte ein Orchesterverwaltungsprogramm für sein Orchester.
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Vielversprechende Zukunft Wolfgang Birtel
Die Notationssoftware „Dorico“ beeindruckt durch ein neues, richtungsweisendes Konzept
)) Der Markt für professionelle Notationssoftware ist klein. Wenn es ein Programm sein sollte, das hohen Layout-Ansprüchen gerecht wird und einen großen Umfang an Werkzeugen bereithält, standen bislang nur zwei Programme zur Wahl: Finale (MakeMusic) und Sibelius (Avid). Wie schwierig es ist, in diesem Software-Segment wirtschaftlich zu operieren, zeigten immer wieder einmal Meldungen und Gerüchte über Turbulenzen, in die die beiden Giganten (angeblich) geraten waren. Wie ein Paukenschlag schlug 2012 die Meldung ein, dass Avid sein Londoner SibeliusBüro wegen „Umstrukturierung“ schließen werde. Das komplette Entwickler-Team stand auf der Straße und wurde wenig später vom Hamburger Unternehmen Steinberg, spezialisiert auf digitale AudioBearbeitung (mit dem Flaggschiff Cubase) eingestellt – mit der Aufgabe, eine neue Notationssoftware zu entwickeln. Finale und Sibelius, seit 1989 bzw. 1993 auf dem Markt, Paroli zu bieten, war eine unglaubliche Herausforderung. Das Projekt stand sicherlich auch unter erheblichem Zeitdruck, denn die Entwicklungsinvestition musste sich lohnen, möglichst viele Finale- oder Sibelius-Nutzer sollten zum neuen Konkurrenten gezogen werden.
Hohe Erwartungen Seit Oktober 2016 ist die neue Notationssoftware Dorico auf dem Markt, benannt nach einem berühmten italienischen Buchund Notendrucker des 16. Jahrhunderts. Die Erwartungen an die neue Software waren sehr hoch, befeuert durch den Zorn
der Sibelius-User über die Entwicklung bei Avid und durch den Blog der Firma Steinberg, der über Schritte, Schwierigkeiten und Lösungen permanent berichtete. Zudem versammelte sich bei den bisherigen Sibelius-Entwicklern ein enormes Wissen in Notations- und Programmierfragen. Die Reaktionen auf die erste veröffentlichte Version waren durchweg positiv, aber auch kritisch, da wichtige und unverzichtbare Funktionen noch fehlten: Eigentlich war Dorico 1.0 noch im Entwickler- bzw. BetaStatus und zu früh auf dem Markt. Bis Anfang März 2017 sind drei Updates veröffentlicht worden, die Wesentliches nachgeliefert haben; weitere Ergänzungen und Verbesserungen sind versprochen und dringend notwendig, denn – um nur ein paar Beispiele zu nennen – auf die Möglichkeit, Klammer 1/ Klammer 2, AkkordSymbole oder Stichnoten in Stimmen zu setzen, wird man schwerlich verzichten können. Andererseits verspricht das Umsetzungstempo der Dorico-Entwickler baldige Besserung.
Sauber, klar, übersichtlich Startet man Dorico über den „Steinberg Hub“, kann man bestehende Projekte öffnen oder neue anlegen: leere, selbst zu definierende oder Standardbesetzungen über Templates und Muster. Daneben wird man im Hub über Neuheiten informiert, kann sich über das Internet ins Benutzerforum einwählen oder die „Knowledge Base“ aufrufen. Hat man sich für eine Besetzung entschieden, öffnet sich die eigentliche Notationsoberfläche, die optisch ein wirk-
licher Genuss ist: sauber und klar, übersichtlich in einer neuen Konzeption. Diese basiert zum einen darauf, die Bearbeitung in fünf Hauptfunktionen aufzuteilen: Einrichtung, Schreiben, Notensatz, Wiedergabe, Drucken. Zum anderen auf der Möglichkeit einer mehrteiligen Projekteinteilung mit separaten, individuell editierbaren Teilen. Der Notensatz selbst wird im SchreibenModus erstellt. Auch hier besticht der übersichtliche Seitenaufbau: links Notenwerte und Haupt-Artikulation, rechts Schlüssel, Ton- und Taktarten, Dynamik, Spielanweisungen etc. Nach der Anwahl in der Tool-Bar öffnen sich Paletten mit jeweils spezifischen Elementen. Im Eigenschaften-Bereich kann dann elementbezogen, das heißt je nach Markierung (z. B. Note, Dynamik, Balken, Bindebögen, Triolen etc.) auf diverse Optionen zugriffen werden. Die Zahl dieser Einstellungsmöglichkeiten ist beeindruckend, lässt das Herz eines jeden Notensetzers höherschlagen: Möchte man Dynamikzeichen mittig oder linksbündig zum Notenkopf, in Klammern (als editorischer Hinweis) oder normal? Sollen die Bindebögen flach oder stärker gekrümmt sein? Wo genau sollen die Triolenklammern enden? Ein „Messa di voce“Button erlaubt das Einfügen eines kleinen Crescendos mit anschließendem Decrescendo. Aus einem einfachen „p“ per Mausklick ein Pianissimo oder ein drei-, vierfaches Pianissimo zu machen, ist schon ein „Zuckerl“ des neuen Notationssystems, dessen Finessen man in vielen Bereichen bestaunen kann.
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3.2017
Der Notensatz in „Dorico“ bietet u. a. eine differenzierte BindebogenGestaltung
Darunter fallen z. B. die benutzerdefinierten Taktarten: zusammengesetzt oder alternierend, mit Zählzeitgruppen – normalerweise nur umständlich über Tricks machbar, in Dorico hingegen ein Kinderspiel. Ebenso differenzierte BindebogenGestaltung (normale, gepunktet, gestrichelt u. a.) oder Trillernoten mit Vorzeichen über „tr“. Auch die Eingabe von Gesangstext ist beeindruckend einfach und variabel zugleich: Nach Aktivierung über Tastaturbefehl kann man eine erste Strophe eingeben, beliebige weitere positionsgetreu einfügen und auch jeweils eine Übersetzung (kursiv unter der jeweiligen Zeile) anfügen. Einfache Dinge wie das Wechseln von einem ins benachbarte System sind überzeugend gelöst. Gruppenbefehle erleichtern die Arbeit des Komponisten, Arrangeurs und Notensetzers: So kann man einen Takt markieren und auf einen Schlag ein „p < f “ einfügen.
Kompetente Entwickler Man spürt deutlich, dass kompetente Entwickler am Werk waren und sind. Sie haben die Anforderungen der Praktiker in vielen Jahren verinnerlicht und erlauben eine sehr differenzierte Eingabe auf verschiedenen Ebenen, was an die alte DOSNotationssoftware Score – für viele immer noch ein Referenzsystem – erinnert. Es finden sich auch grundlegende Dinge, die bei den Konkurrenz-Produkten fehlen, etwa die primäre Eingabe ohne Festlegung einer Taktart, der Einfüge-Modus, der es erlaubt, an beliebiger Stelle Noten einzufügen, um dann den Rest automatisch zu verschieben, oder die Möglichkeit, eine Achtel-Passage im Nu in eine Version mit punktierten Achteln und Sechzehnteln zu ändern.
Natürlich ist die Eingabe über MIDI-Keyboard, Maus oder Tastatur möglich. Optimiert ist das Programm jedoch für die Eingabe über Tastatur (ohne Nummernblock, der ja bei vielen mobilen Geräten mittlerweile fehlt). Eine Vielzahl von Short-Cuts ermöglicht und beschleunigt die Eingabe – diese Tastaturkürzel muss man sich allerdings erst einmal aneignen. Zudem sind sie nicht für eine deutsche Tastatur ausgelegt, sodass das eine oder andere etwas umständlicher wird. Ein Beispiel: Auflösungszeichen, b und # liegen bei der englischen Tastatur auf drei Tasten nebeneinander, bei der deutschen Version liegen sie auf zwei Tasten nebeneinander und für die dritte Option muss zusätzlich die Umschalttaste gedrückt werden – hier fordert die „Lokalisierung“ ihren Tribut. Auch ist der erste Einstieg ins Programm mühsam, da man sich als Neuling vieles zusammensuchen muss; das ist weniger selbsterklärend als etwa bei Sibelius. Es stehen zwar einige englische Video-Tutorials, eine deutsche Hilfefunktion und ein deutsches PDF-Handbuch zur Verfügung, auch das Dorico-Forum gibt Hilfestellungen, aber der Anfang bleibt schwierig. (Die Anlage des Handbuchs ist übrigens verbesserungsfähig, denn wenn man beim Nachschlagen ständig den Hinweis findet, dass man den entsprechenden Tastaturbefehl eingeben soll, dieser aber nicht vermerkt ist und separat gesucht werden muss, hilft dies nur bedingt weiter! Auch das Register ist sehr lückenhaft.) Hier wäre die Lieferung der versprochenen Muster-Dateien und insbesondere die Beschreibung einer Partitur im Schritt-für-Schritt-Modus sehr hilfreich. Zum flexiblen Eingabe-Modus gehören weitere Highlights wie etwa kollisionsfreie Bogensetzung, die Möglichkeit, eigene Tonsysteme zu definieren oder komplexe,
verschachtelte N-tolen, auch über Taktgrenzen hinweg (!), zu schreiben. Wer sich in Sibelius mit dem Problem eines TrillerNachschlags vor einem Taktstrich herumgeplagt hat, der weiß es zu schätzen, dass man eine Vorschlagsnote vor einen Taktstrich zwingen kann. Einen Taktstrich kann man übrigens auch einfach löschen, ohne dass das metrische Muster aus den Fugen gerät; allerdings sollte man mit solchen Aktionen vorsichtig sein und diszipliniert zu Werke gehen.
Feinabstimmung im Notensatz Die Feinabstimmung des Layouts ermöglicht die Funktion „Notensatz“: Hier kann nicht mehr eingegeben, nur noch nachbearbeitet werden. Das erfordert gegenüber bisherigen Notationsprogrammen ein Umdenken, ist aber von der ProgrammKonzeption mit der Trennung von Eingabe und Gestaltung konsequent. Eine nützliche Option ist es, einen Systemumbruch nicht nur nach einem bestimmten Takt, sondern an beliebiger Stelle innerhalb eines Takts zu erzwingen. Dieser Modus umfasst zudem viele Elemente eines echten Grafik-Programms: Erstellung von Titelleisten, automatische Seitenzählung Überschriften oder Musterseiten. Mittels Noten-, Text- oder Grafikrahmen kann man Seiten individuell oder die Partitur insgesamt bearbeiten, also z. B. Logos, Fußnoten oder Kommentare einfügen. Damit ergeben sich gerade für den pädagogischen Bereich ideale Möglichkeiten für Arbeitsblätter oder Instrumentalschulen. Die „Wiedergabe“ integriert Audio-Bearbeitungsfunktionen – und das dürfte bei einem Produkt aus dem Hause Steinberg keine Überraschung sein: Hier kommt die Cubase Audio-Engine zum Tragen. Der
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Die Audio-Wiedergabe erfolgt über die mitgelieferte Sound-Bibliothek „HALion Sonic SE“
Sound wird gesteuert zum einen über eine veritable MIDI-Pianorolle, zum andern über eine Mixer-Funktion und die VSTSteuerung; neben den mitgelieferten SoundBibliotheken (HALion Sonic SE und Symphonic Orchestra) können weitere VST-Instrumente eingebunden werden. (Ob auch eine Video-Anbindung folgen wird, wird sich zeigen.)
Druck und Export Auch die Druck- und Export-Funktionen erlauben ein breites Spektrum an Optionen, die sonst oft nur über Anschluss-Programme erledigt werden können. Die Ausgabe von Partitur und Stimmen (einzeln, insgesamt oder individuell zusammengestellt) kann zum einen direkt über angeschlossene Drucker, zum anderen über den „Grafik“-Button nach PDF, SVG, PNG oder TIFF exportiert werden. Je nach Drucker können auch Doppelseiten, zwei Seiten auf einem Blatt oder Booklets ausgegeben werden, neben anwählbaren Elementen wie Datum und Zeit, Rahmen, Schnittmarken und Wasserzeichen. Eine Konvertierung von Projekten auch in andere Formate ist im Übrigen möglich: nach MIDI, als WAV- oder MP3-Datei (Audio) oder in das universelle MusicXML-Format, das die Weiterverarbeitung auch in anderen Notationsprogrammen ermöglicht. Solche Dateien wie auch MIDI können auch importiert werden.
Neue Philosophie Das wirklich Revolutionäre der neuen Notationssoftware Dorico ist die Philosophie, die zum einen die Aufteilung eines Werks in Partien (englisch „Flows“) vorsieht, zum anderen die Fixierung eines Ausführenden an eine Notenzeile aufhebt. Letzteres er-
möglicht es beispielsweise, einem Spieler mehrere Instrumente zuzuordnen (etwa Oboe und Englischhorn oder Klavier und Celesta), ohne sich bei der Einzelstimme um Instrumentenwechsel, Transposition etc. kümmern zu müssen. Man erstellt ein Projekt und Dorico ermöglicht danach verschiedene Sichten auf ein Werk: als Gesamtpartitur oder Einzelstimme, Klavieroder Chorauszug. Man kann Einzelteile beliebig zu Suiten zusammenstellen, ein Werk umgruppieren, Stimmen für einzelne SpielerInnen mit verschiedenen Instrumenten anlegen: Eine Spielerin sieht in ihrer Stimme tatsächlich nur die Teile einer Komposition, in der sie zu spielen hat, da ein mehrteiliges Werk in Partien aufgeteilt wird, die unabhängig voneinander erstellt, bearbeitet und umgestellt werden können.
Fazit Dorico besticht durch eine hohe Flexibilität, ein modernes Layout und ein richtungsweisendes neues Konzept. Wer sich mit dem zunächst ungewohnten Handling vertraut gemacht hat, wird seine Freude daran haben. Doch bei allem Positiven: Auch nach drei Updates ist Dorico noch nicht ausgereift – hier muss noch nachgebessert, z. B. in der deutschen Version das Sprach-Mix aus Deutsch und Englisch beseitigt werden. Manches ist noch etwas hakelig, z. B. die Ergänzung von Akkordtönen – da könnte man sich Verbesserungen im Handling vorstellen. Was Finale und Sibelius in Jahrzehnten erarbeitet haben, kann natürlich nicht schon in der ersten Version komplett erreicht oder übertroffen werden. Angekündigt hat Steinberg für die nächsten Updates unter anderem Akkordsymbole, Linien für Wiederholungsenden (Haus Klammer 1, Haus 2 und Haus 3), Fingersatz, Jazz-Artikula-
tionen, Rhythmusnotation, flexiblere Notation für Schlaginstrumente ohne Tonhöhenänderung, verbesserte Wiedergabe und Unterstützung für virtuelle Instrumente von Drittanbietern. Aber was jetzt schon implementiert ist, ist zweifellos beeindruckend und geht in vielen Punkten über die Errungenschaften der Konkurrenz hinaus. Nach einer Phase der Optimierung dürfte Dorico zu einer echten Alternative zu Sibelius und Finale werden. Und dass der Newcomer die Konkurrenz aufschreckte, zeigte sich bei Sibelius, das nach einem Upgrade erstmals die Möglichkeit verschiedener Notenzeilengrößen in einem Projekt vorsieht: Immer wieder gefordert, wurde diese Funktion nun eingebaut – Dorico hatte es vorgemacht. Die Anschaffung von Dorico – auch über verbilligte Crossgrades – dürfte eine Investition in eine vielversprechende Zukunft sein. Dorico kann allerdings nur auf einem Rechner aktiv sein, eine Parallelinstallation auf zwei Geräten ist nicht möglich, außer über eine Übertragung des Lizenzschlüssels (digital oder über USB). Das ist bei der Konkurrenz nutzerfreundlicher. ((
Wolfgang Birtel ist Musiker, Arrangeur, Herausgeber, Musikwissenschaftler und Musikjournalist. www.birtel-musik.de
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Welche Kultur wollen wir?
Sören Fenner
Die Initiative „art but fair“ kämpft für angemessene Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen in den Künsten
Es war eigentlich nur der Impuls, dass es „irgendwann reicht“, so Johannes Maria Schatz, Vorsitzender von „art but fair“ über die Gründung der Initiative. Seine Freundin, eine Musical-Darstellerin, hatte wieder einmal von einem Theater ein so lächerlich niedrig dotiertes Arbeitsangebot bekommen, dass sie es ablehnen musste, obwohl es sie künstlerisch gereizt hätte.
)) Nach dieser Erfahrung setzte sich Johannes Maria Schatz an den Computer und schrieb sich auf Facebook alles von der Seele. Was zunächst als persönliche Wut-Therapie gedacht war, entwickelte sich in kürzester Zeit zum Sturm: Seine Seite wurde tausendfach „geliked“, Hunderte von KünstlerInnen bestätigten die negative Erfahrung und berichteten von eigenen schlimmen Erlebnissen. Nun ist es das eine, sich aufzuregen und „alles mal rauszulassen“. Lösungen entstehen dadurch aber nicht. Deshalb ging Schatz einen Schritt weiter. Er suchte sich Gleichgesinnte und gründete mit ihnen den Verein „art but fair“. Der Verein setzt sich für faire Arbeitsbedingungen sowie angemessene Gagen in den Darstellenden Künsten und der Musik ein. Das ist keine leichte Aufgabe. Denn die Verhältnisse, unter denen KünstlerInnen und DozentInnen in den Darstellenden Künsten und der Musik arbeiten, sind schlecht. Dies ist eigentlich überraschend, denn der größte Geldgeber in diesem Bereich ist die Öffentliche Hand, also Kommunen, Länder und der Bund. Und so sollte
man meinen, dass diese Geldgeber, die ja auch z. B. die Stadtreinigung, den Straßenbau und die öffentliche Verwaltung finanzieren, anständige Vergütungen bezahlen und gerechte Arbeitsbedingungen ermöglichen. Dem ist nicht so. Vielmehr arbeiten KünstlerInnen und Kunst-DozentInnen in permanenter Unsicherheit mit befristeten Verträgen. Sie arbeiten als akademisch ausgebildete SpezialistInnen für Stundensätze, für die ein Handwerker nicht einmal sein Werkzeug in die Hand nähme. Sie sind gezwungen, Arbeitsverträge anzunehmen, die nicht den Gesetzen entsprechen – z. B. auf Honorarbasis zu arbeiten, obwohl ganz klar ist, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt. Und falls sie unbequeme Fragen stellen, wird damit gedroht, dass auch ein anderer den Job zu den genannten Konditionen machen würde. Und das stimmt sogar meistens, denn im Bereich Kunst und Kultur hat die Öffentliche Hand das Monopol – und bestimmt daher die Bedingungen.
Wollen wir so ein „Kulturland“ Deutschland? Unsere Gesellschaft leistet sich einen Kulturbereich, der in vielerlei Hinsicht dem Turbo-Kapitalismus Anfang des 20. Jahrhunderts ähnelt: starke Hierarchien, geringe Möglichkeiten der Partizipation, Fokus allein auf das Endprodukt, der Weg dorthin spielt keine Rolle. Wollen wir wirklich so eine Kultur? Wollen wir wirklich, dass unsere KünstlerInnen in der Darstellenden Kunst und der Musik so arbeiten? Wie
kann ich einem Theater glauben, das in seinen Aufführungen Werte vertritt, die es im eigenen Betrieb nicht beachtet? „art but fair“ hat 2015 gemeinsam mit der Hans-Böckler-Stiftung und der Kulturpolitischen Gesellschaft in einer Studie die Missstände bei den Arbeitsbedingungen in den Darstellenden Künsten und der Musik untersuchen lassen. Dazu wurden 2 635 Kunstschaffende befragt. Vier von fünf Befragten gaben an, von schlechter Vergütung, drohender Altersarmut und einer unsicheren Beschäftigungssituation betroffen zu sein. 60 % beklagten die Unvereinbarkeit von Familie und ihrem künstlerischen Berufsleben. Das sind schlimme Erkenntnisse für das Kulturland Deutschland. Bei „art but fair“ setzen wir uns dafür ein, dass sich das ändert. Kunst braucht Freiheit. Zunächst einmal Angst-Freiheit bei den Arbeitsbedingungen und eine angemessene Vergütung. Wir haben dazu klare Positionen: Nicht nur das Ergebnis zählt – auch der Weg dorthin muss stimmen. Wenn es nicht möglich ist, unter angemessenen Bedingungen Kunst zu produzieren, dann muss darauf verzichtet werden – oder es muss mehr Geld bereitgestellt werden. Es kann nicht sein, dass wir auf dem Rücken der KünstlerInnen Kunst produzieren.
Zertifizierung fairer Arbeitsbedingungen Dies zu überprüfen, ist Sache der Geldverteiler – also der Kommunen und Länder. Es reicht nicht, zu budgetieren und
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Ziele zu vereinbaren. Man muss auch kontrollieren, ob die Ergebnisse zu Bedingungen hergestellt werden können, die unsere Gesellschaft als „fair“ definiert hat – und die in anderen Bereichen völlig selbstverständlich sind. Wir fordern daher, alle Kulturinstitutionen, die Steuermittel erhalten, zu zertifizieren. Das bedeutet, dass dort – wie beim TÜV – eine regelmäßige Überprüfung der Arbeitsbedingungen stattfindet. Die Mittelvergabe wird dann an die Erteilung einer Plakette geknüpft. Auf diese Weise hätten die Leitenden von Kulturinstitutionen ein hohes Interesse daran, angemessene Arbeitsbedingungen zur Verfügung zu stellen. „art but fair“ ist gerade dabei, gemeinsam mit der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main die Kriterien eines solchen Zertifikats zu erforschen.
DarstellerInnen hingegen haben einen gewerkschaftlichen Organisationsgrad von unter 20 %. Daher verdient auch ein SoloTrompeter doppelt so viel wie ein SoloSänger und hat auch noch eine wesentlich kürzere Arbeitszeit. Es ist noch ein langer, steiniger Weg zu besseren Arbeitsbedingungen in der Darstellenden Kunst und der Musik. Aber „art but fair“ hat in den vergangenen Jahren – gemeinsam mit anderen Vereinigungen wie dem ensemble-netzwerk – einen hohen Aufmerksamkeitsgrad in den Medien und bei den Akteuren erreicht. Und auch in der Politik gibt es ein wachsendes Bewusstsein für diese Themen und damit eine Bereitschaft zur Veränderung.
Eigenverantwortung der Künstlerinnen und Künstler
Zuletzt noch ein Best-Practice-Beispiel: Der Bundesverband Freie Darstellende Kunst hat sich 2015 selbst eine Honoraruntergrenze auferlegt. Das war deshalb ein großer, mutiger Schritt, weil in diesem Verband viele Theaterleitende und Auftraggeber sitzen, die die Honorare von ihren schmalen Budgets bezahlen müssen, und weil auch den KünstlerInnen im Verband klar war, dass durch die Honoraruntergrenze weniger Projekte in einer Kommune gefördert werden würden, es also weniger Arbeit gibt. Trotzdem haben sie sich dafür entschieden, weil es richtig, wichtig und fair ist, den teilnehmenden KünstlerInnen an einer Produktion ein Mindestmaß an finanziellem Ausgleich für ihre Arbeit zu ermöglichen.
Aber auch die KünstlerInnen haben eine Eigenverantwortung, die sie nicht genügend wahrnehmen. Würden sie sich zusammenschließen und gemeinsam in Gewerkschaften oder Vereinigungen dafür sorgen, dass sich ihre Situation verbessert, würde sich vieles ändern. Ein Beispiel dafür sind die OrchestermusikerInnen. Sie haben einen gewerkschaftlichen Organisationsgrad von über 90 %. Dadurch ist ihre Gewerkschaft, die Deutsche Orchestervereinigung (DOV), stark. Das hat dazu geführt, dass niemand im Theater bessere Arbeitsbedingungen und eine so hohe Vergütung hat wie OrchestermusikerInnen.
Wie es besser gemacht werden könnte
www.artbutfair.org Untersuchung zu Arbeitsbedingungen, Missständen sowie Vorschlägen, die zu besseren Arbeitsbedingungen führen können: www.artbutfair.org/studie Empfehlung für eine Honoraruntergrenze für die Freien Darstellenden Künste in Deutschland: bit.ly/2gXZjrJ „art but fair“ auf Facebook: www.facebook.com/kuenstlergagen
Inzwischen haben viele Kommunen die Honoraruntergrenze akzeptiert und umgesetzt. In Projektanträgen darf ein Antragsteller seinen KünstlerInnen nicht weniger bezahlen, sonst wird der Antrag nicht bearbeitet. Das führte für kurze Zeit tatsächlich zu einer Verringerung der Produktionszahlen. Inzwischen jedoch haben viele Kommunen ihre Budgets erhöht, um trotz Einhaltung der Honoraruntergrenze wieder mehr Produktionen anbieten zu können. Es geht also. Man braucht nur gute Argumente, Mut und Zeit. ((
Sören Fenner ist Geschäftsführer von Theapolis, dem Online-Portal für Theaterprofis, und ehrenamtliches Vorstandsmitglied von „art but fair“ e. V.
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Wert-Schätze
Bernd Dahlhaus
Mentale Einspielübungen für Musiklehrkräfte und ihre SchülerInnen
)) Dienstagmorgen, kurz nach neun Uhr im Lehrerzimmer: Zwölf Musiklehrerinnen und -lehrer sitzen überwiegend träge in der Runde und schauen tranceartig auf die vor ihnen liegende Tagesordnung. Der Fachleiter redet sich allmählich mit dem ersten Thema in seine Rolle als Gesprächsleiter hinein. Wie so oft beginnt die Bläserfachkonferenz schwerfällig und zäh. Die Stimmung ist nicht schlecht, aber auch nicht energetisch und lebendig. Es dauert einige Zeit, bis die Gruppe in einen produktiven Arbeitszustand findet. Und auch dann sind nicht alle äußerlich wie innerlich beteiligt. Eine wirkungsvolle und angenehme Weise, diese Kolleginnen und Kollegen wie auch allgemein die TeilnehmerInnen von Facharbeitsgruppen und kollegialen Austauschtreffen zu mobilisieren und eine Gruppe von Beginn an in eine produktive Arbeitsatmosphäre zu führen, besteht darin, die TeilnehmerInnen in Kontakt mit ihren individuellen positiven Erfahrungs- und Erlebensressourcen zu bringen. Im Folgenden stelle ich drei mentale Einspielübungen vor. In allen drei Anregungen geht es darum, sich auf spielerische Art innerlich auf persönliche positive Erfahrungen auszurichten, diese inneren Schätze gedanklich zu aktivieren und dadurch in einen angenehm(er)en, kompetenzaktivierenden psycho-physischen Zustand zu gelangen. Die bewusste Fokussierung der inneren Aufmerksamkeit ändert den Energie- und dementsprechend den Leistungszustand des Einzelnen wie auch der Gruppe. Und vor allem: Die eigenen guten Erfahrungen für sich selbst wertzuschätzen,
wie auch die der anderen im Miteinander, macht einfach bessere Laune.1
1. Schatzscheinwerfer Es liegen vorbereitete kleine Papierschnipsel mit Satzanfängen bereit. Jeder Teilnehmer zieht verdeckt einen Schnipsel und vervollständigt für sich still den Satz. Anschließend liest reihum jeder seinen vollständigen Satz vor. Ausgewählte Satzanfänge2 lauten: ) Ich spiele gerne mein Instrument, weil … ) Ich unterrichte gerne mein Instrument, weil … ) Beim Unterrichten kann ich besonders gut … ) Ich mag an meinen SchülerInnen besonders … ) Meine SchülerInnen schätzen wohl am meisten an mir … ) Ich fühle mich beim Unterrichten wohl, wenn … ) Ich mache meine Arbeit gut, wenn … ) Meine KollegInnen schätzen vermutlich an mir … ) Ich tausche mich gerne mit KollegInnen (über angenehme Berufserfahrungen) aus, weil …
2. Erfahrungsrosinchen Der Gesprächsleiter regt die Kolleginnen und Kollegen an, an ihren Unterricht und den Arbeitsalltag der jüngsten Zeit zu denken. Hilfreiche einführende Formulierungen sind beispielsweise: „Könnt ihr die Unterrichtsstunden der letzten Tage und Wochen vor dem inneren Auge vorbeiziehen
lassen … in den verschiedenen Räumen … mit den vielen Schülerinnen und Schülern … an den einzelnen Wochentagen …“ Der innere Suchscheinwerfer soll dann bei den aufsteigenden Erinnerungsbildern besonders auf schöne Momente und Erlebnisse gerichtet sein: „Und vielleicht kommt euch eine kleine, schöne, nette oder berührende Begebenheit in den Sinn.“ Dabei geht es nicht um große, beeindruckende „(Unterrichts-)Erfolge“, sondern mehr um kleine Erlebensmomente, die für denjenigen mit einem positiven, angenehmen Gefühl verbunden sind. In der Regel finden alle TeilnehmerInnen solch eine kleine Erinnerung. Reihum erzählen sie auf freiwilliger Basis in jeweils zwei bis drei Minuten von ihren Erfahrungsrosinchen.
3. Wertschätzungswichteln Die TeilnehmerInnen schreiben jeweils den eigenen Namen auf einen kleinen Zettel. Die Zettel werden eingesammelt und gemischt. Verdeckt zieht anschließend jeder Teilnehmer aus dem Stapel einen neuen Zettel. Reihum geben die TeilnehmerInnen der Person, deren Name auf ihrem Zettel steht, eine wohlwollend-wertschätzende Rückmeldung. Mögliche Satzanfänge sind: „Liebe X, ich denke, dass du eine gute Lehrerin bist, weil du …“; oder: „Ich halte für deine besonderen fachlichen/beruflichen/musikalischen/pädagogischen Talente und Fähigkeiten …“ Oder auch ganz allgemein: „Ich schätze an dir besonders …“ Bei den Rückmeldungen ist nicht entscheidend, ob diese zutreffend oder nicht zutreffend sind. Vielmehr geht es darum,
© Cordula Heuberg
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) die Wahrnehmung in dieser besonderen Weise zu fokussieren und dabei auch der eigenen Intuition zu trauen; ) dies vor allem bei Personen, mit denen man wenig oder gar nicht bekannt ist oder die einem unsympathisch erscheinen; ) konkrete Formulierungen für die Rückmeldung zu finden; ) diese meist ungewohnte und leider viel zu seltene Art von Rückmeldung wirklich auszusprechen und ) als Empfänger solch eine öffentliche positive Rückmeldung „auszuhalten“ und sich zu entscheiden, sie anzunehmen oder nicht. Es hat sich bewährt, dass die Empfänger die Rückmeldungen nicht kommentieren, sondern schweigend anhören. Die Wirkung dieses Erfahrungsangebots ist für die Beteiligten größer, wenn Ergänzungen, Kommentare und Relativierungen weggelassen werden.
Im kollegialen Miteinander Diese und ähnliche ressourcenorientierte und zugleich ressourcenstärkende Ideen
können bei Lehrer- und Fachkonferenzen sowie Arbeitsgruppen in Musikschulen, bei Treffen von Berufsverbänden sowie in privaten kollegialen Austauschgruppen angewendet werden. Die dafür benötigte Zeit ist gut investiert. Wird diese Art des gemeinsamen Einstiegs bei fortlaufenden Zusammenkünften ritualisiert, wirkt sich dies auch grundsätzlich positiv auf die Haltung im Miteinander aus. Das Gruppenklima verbessert sich, das Engagement der TeilnehmerInnen steigt und rasch nimmt die persönliche Bedeutung und Wertzuschreibung für die Treffen zu.3 Selten äußern TeilnehmerInnen Vorbehalte. Sie seien nicht gekommen, um „Spielchen“ zu machen. Die Zeit sei eh so knapp und es gebe doch wirklich Wichtigeres zu besprechen. Außerdem gehörten solche persönlichen Dinge gar nicht in diese Runde. Solcherart Einwände lösen erfahrungsgemäß in einer Gruppe unterschiedliche Reaktionen aus. Sinnvoll ist es, das Gespräch auf die hinter den Einwänden liegenden Bedürfnisse dieser TeilnehmerInnen zu lenken. Eine wertschätzende Hal-
tung in der Gruppe bestünde darin, gemeinsam zu überlegen, auf welche Weise fortgefahren werden könnte, sodass diese Bedürfnisse geachtet sind. Aus der Vielzahl der denkbaren Vorgehensweisen finden Gruppen in der Regel eine für sie passende Lösung. Handelt es sich um eine größere Gruppe mit vielen TeilnehmerInnen, können die Einspielübungen auch im Zweieraustausch oder in Untergruppen erfolgen. Und natürlich sollten die Übungen, genau wie musikpädagogische Unterrichtsmethoden, nicht rezepthaft durchgeführt werden, sondern können und sollen je nach Situation und Gruppenkontext kreativ angewendet und weiterentwickelt werden.
Im privaten Rahmen Die beschriebenen Ideen lassen sich auch privat nutzen. So könnten Sie, liebe Leserin und lieber Leser, sich eine Satzschnipselsammlung anlegen, vor dem täglichen Unterrichten einen Schnipsel ziehen und mit Ihrem inneren Suchscheinwerfer einen (verborgenen) Erfahrungsschatz be-
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„Nur wenn Menschen das Gefühl haben, dass sie wirklich gesehen werden, dass sie in ihrer Art geachtet und wertgeschätzt werden, fühlen sie sich innerlich sicher und können über sich hinauswachsen.“ leuchten. Oder Sie notieren von Zeit zu Zeit Ihre Erfahrungsrosinchen in einem persönlichen Berufsjournal. Und Sie könnten auch mit Selbstvertrauen auf Ihre Kolleginnen und Kollegen zugehen und diese um eine ehrliche Rückmeldung zu Ihren besonderen Fähigkeiten und Eigenschaften bitten – und vielleicht sogar auch zu Ihren Schwächen und Macken .
Im Unterricht Ich benutze die Einspielübungen in abgewandelter Form auch in meinem Klavierund Keyboardunterricht. Damit rege ich meine Schülerinnen und Schüler auf spielerische Weise zur Selbstreflexion ihres Musizierens an und fördere und fordere sie in ihrer Selbstverantwortung für ihr Lernen. Weitere positive Auswirkungen sind: ) Die Lernenden werden sich ihrer positiven Musizier- und Unterrichtserfahrungen (mehr) bewusst. Ihre Wertschätzung des Unterrichts (und des Lehrers?) steigt. ) Im Unterricht wird die weit verbreitete Defizitorientierung, primär auf Fehler zu achten und diese zu verbessern, explizit durch eine bewusste Ressourcenorientierung ergänzt. Das Selbstvertrauen der Lernenden und ihre Motivation nehmen zu, das Gruppenklima verändert sich, der Umgang miteinander wird respektvoller. ) Schülerinnen und Schüler lernen, das Prinzip der Ressourcenorientierung bzw. der Aufmerksamkeitsfokussierung für ihre (Musizier-)Ziele zu nutzen.
erscheint alle zwei Monate als Supplement zu üben & musizieren
) Als Lehrer erhalte ich wichtige Informationen zur Verbesserung meines Unterrichtens. Selbstverständlich sind die Übungen mit pädagogischem Fingerspitzengefühl anzuwenden. Sie sollten an das Alter der SchülerInnen und situativ an den Unterrichtskontext angepasst werden. Gelegentlich ist es sinnvoll, für bestimmte Schüler oder Schülergruppen aus der Satzschnipselsammlung eine Vorauswahl zu treffen.
Sicherheitshinweis Diejenigen Sachverhalte im musikpädagogischen Berufsalltag sowie im Musikunterricht, die von Lehrenden und Lernenden als Problem, Missstand oder Konflikt erlebt werden, dürfen selbstverständlich nicht ignoriert und sollen auch nicht mit den mentalen Einspielübungen „schöngedacht“ werden. Selbstverständlich müssen Probleme angesprochen und gute Lösungen gefunden werden. Allerdings sind gute Problemlösungen nur dann möglich, wenn sich alle Beteiligten bei der gemeinsamen Lösungsfindung in einem guten inneren psycho-physischen Zustand befinden und die Diskussion auch bei konträren oder sogar unvereinbar erscheinenden Auffassungen in der Sache grundsätzlich und dauerhaft von gegenseitiger Wertschätzung der Beteiligten getragen ist. Nur wenn Menschen das Gefühl haben, dass sie wirklich gesehen werden, dass sie in ihrer Art geachtet und wertgeschätzt werden, fühlen
sie sich innerlich sicher, können über sich hinauswachsen und neue Schätze gestalten. In diesem Sinne wollen die Einspielübungen eine Übeanregung für Musiklehrende und -lernende sein und für eine Wertschätzungskultur in der praktischen Musikpädagogik werben. ((
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Das Prinzip der Aufmerksamkeitsfokussierung ist eine praktische Anwendung der Ressourcenorientierung. Es wird auch im Leistungssport, in Beratung und Coaching wie auch in ähnlicher Form beim mentalen Üben verwendet. Zu den neurobiologischen Hintergründen siehe beispielsweise Gerald Hüther: Bedienungsanleitung für ein menschliches Gehirn, Göttingen 32002 und Maja Storch u. a.: Embodiment. Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen, Bern 2006. 2 Alle Satzanfänge sind als Kopiervorlage kostenfrei abrufbar unter www.musikbaeume.de/veroeffentlichungen. 3 In diesem Sinne könnten die beschriebenen Einspielübungen auch als ein Element dazu beitragen, dass das von vielen Musikschul- und Verbandsführungskräften beklagte geringe bis nicht vorhandene Engagement vieler (freiberuflicher) Musiklehrer bei der Mitarbeit im Verband, in einer Interessenvertretung oder in einer Musikschularbeitsgruppe (wieder) zunimmt.
Bernd Dahlhaus ist Musikpädagoge und Coach. Er leitet die Agentur für Musikpädagogik musikbäume. www.musikbaeume.de
Redaktion: Anja Bossen und Rüdiger Behschnitt Ständige Mitarbeiter: Jürgen Simon und Bernd Dahlhaus Layout: Rüdiger Behschnitt Grafik: Nele Engler