2.2018 Teilweisung – zwischen Erwartung und Pflicht Einer Berliner Musikschullehrerin, die seit vielen Jahren an ein und derselben Musikschule in Teilzeit festangestellt und darüber hinaus mit weiteren Stunden als Honorarkraft tätig war, wurde 2015 die parallel ausgeübte Honorartätigkeit seitens der Musikschule untersagt. Der Grund: Die Deutsche Rentenversicherung kam bei einer Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass eine einheitliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vorliege und stellte daraufhin eine Nachforderung für zu wenig gezahlte Sozialabgaben. Vor Gericht wollte die Musikschullehrerin daraufhin klären, ob die gesamte Unterrichtsverpflichtung einschließlich der Unterrichtsstunden aus der Honorartätigkeit auf einem einheitlichen Arbeitsverhältnis beruhe und sie mit einem höheren Stundendeputat zu beschäftigen sei. In der Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg entschied nun auch das Bundesarbeitsgericht am 17. Oktober 2017 eindeutig und sachlogisch nachvollziehbar, dass es sich zwar um ein im sozialrechtlichen Sinne einheitliches Beschäftigungsverhältnis handele, jedoch nicht um ein einheitliches Arbeitsverhältnis nach Arbeitsrecht – und wies die Klage ab. In der Urteilsbegründung bezieht sich das BAG auf den vielen Musikschullehrenden bekannten und von vielen Musikschulen verwendeten Honorarvertrag, der ein freies Dienstverhältnis ohne Weisungsgebundenheit bestätige. Ein gleichzeitiges Arbeitsverhältnis (festangestellt) und Dienstverhältnis (Honorartätigkeit) zum selben Arbeitgeber ist laut Urteilsbegründung also nicht von vorneherein ausgeschlossen, wenn das Weisungsrecht aus dem Arbeitsvertrag nicht für die Tätigkeiten im Rahmen des Dienstverhältnisses gilt. In einem ähnlichen Fall heißt es in der Urteilsbegründung des BAG vom 27. Juni 2017: „Soweit die Klägerin geltend macht, das beklagte Land habe erwartet, dass sie sich an der studienvorbereitenden Ausbildung und an Vorspielen ihrer Schüler in gleicher Weise wie im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses beteiligt, übersieht sie, dass die Äußerung von Erwartungen mit der Erteilung von Weisungen nicht identisch ist.“ Zwar ist die Urteilsbegründung auf Grundlage des Honorarvertrags nachvollziehbar, die Realität ist jedoch eine andere. Logisch wäre dann eben auch, dass die Lehrerin je nach Formulierung des Honorarvertrags beispielsweise Klassenvorspiele nur mit SchülerInnen aus dem Arbeitsverhältnis veranstaltet oder lediglich prozentual an Konferenzen teilnimmt. Doch engagierte, schülerorientierte und von ihrem Beruf überzeugte MusikpädagogInnen würden so etwas niemals tun. Sebastian Herbst
Inhalt 2 Von der Bühne gestolpert … Schülervorspiele: Haftung bei Unfällen
4 Lauern statt versauern Optionen pädagogischer Haltungen bei JeKits
7 Vom Lauern auf den Moment Neue Publikation der JeKits-Stiftung
8 Kein bisschen besser Ergebnisse der dritten ver.di-Umfrage
10 Welche Jugend musiziert? Interviewstudie zu „Jugend musiziert“ Sie haben Fragen, Anregungen, Tipps oder Hinweise für die Redaktion? info@musikschule-direkt.de
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Von der Bühne gestolpert …
Frank Bauchrowitz
Zur Haftung bei Unfällen im Rahmen von Schülervorspielen Schnell ist es bei einem Schülerkonzert geschehen: Der Konzertbeitrag ist vorüber, der Applaus verebbt. Nun rasch von der Bühne und … das Kabel der folgenden Band wurde übersehen. In welchen Fällen haftet eine Lehrkraft, wenn es zu Unfällen bei Schülervorspielen kommt?
)) Unfälle passieren in allen Lebenssituationen und können auch bei Schülervorspielen von Lehrkräften verursacht oder mitverursacht werden. Denkbar wäre beispielsweise, dass eine Musikschullehrkraft einem Schüler oder einer Schülerin aus Versehen die Hand beim Öffnen oder Schließen des Flügels klemmt. Oder dass ein Schüler oder eine Schülerin über ein von der Lehrkraft unachtsam abgestelltes Instrument stolpert und sich verletzt. Die möglichen Fallgestaltungen sind vielfältig.
Haftung der Lehrkraft als Veranstalterin? Schülerkonzerte, auch wenn sie im kleinen Rahmen stattfinden, sind normalerweise als Veranstaltung einzustufen. Bei Unfällen im Rahmen solcher Veranstaltungen ist daher der naheliegende Anspruchsgegner der Veranstalter oder die Veranstalterin des Vorspiels. Aber ist die Musikschullehrkraft überhaupt Veranstalterin eines in der Musikschule stattfindenden Schülerkonzerts? Eine klare Definition dafür, wann jemand zum Veranstalter oder zur Veranstalterin wird, gibt es bisher nicht.1 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Veranstalter derjenige, der eine Aufführung angeordnet und sie durch seine Tätigkeit ins Werk gesetzt hat; dies ist insbesondere
derjenige, der für die Veranstaltung organisatorisch und finanziell verantwortlich ist. Weiter wird ausgeführt, ein Anhaltspunkt für die Stellung als Veranstalter folge aus der Möglichkeit, auf die Auswahl der aufzuführenden Stücke einzuwirken. In die erforderliche Gesamtbetrachtung einzubeziehen sein können auch noch weitere Kriterien.2 Die meisten dieser Merkmale treffen beim normalen Schülerkonzert in einer Musikschule (beispielsweise als Abschlusskonzert am Ende des Musikschuljahres) überwiegend auf den Inhaber oder die Inhaberin der Musikschule zu, nicht aber auf die Lehrkräfte. Eine direkte Haftung der Lehrkräfte als Veranstalter oder Veranstalterin entfällt also bei derartigen Vorspielen von vornherein.
Ist eine Lehrkraft für einen Unfall mit entsprechendem Schaden bei einem Schüler oder einer Schülerin verantwortlich, kann sie eine Freistellung beim Arbeitgeber beantragen. Die Musikschule muss dann wegen der betrieblichen Veranlassung des Schadens die angestellte Musikschullehrkraft vom Schaden gegenüber dem oder der Geschädigten freistellen. Die Höhe der Freistellungsquote richtet sich nach den Grundsätzen des innerbetrieblichen Schadensausgleichs. Dabei kann es grundsätzlich zu einer vollständigen Freistellung der Lehrkraft kommen (leichte Fahrlässigkeit), aber auch zu einer vollen Haftung (grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz).3
Haftung aufgrund des Arbeitsverhältnisses?
Die Honorarkraft ist hingegen fast nie im Rahmen ihres Auftragsverhältnisses ausdrücklich dazu verpflichtet, an Schülervorspielen teilzunehmen. Das widerspräche auch der Eigenart dieser Vertragsform, weil die Anwesenheit der Lehrkraft bei Schülervorspielen dann in der Regel von der Musikschulinhaberin bzw. vom Musikschulinhaber bezahlt werden müsste. Zwar nehmen viele Honorarkräfte aus Pflichtgefühl gegenüber ihren Schülerinnen und Schülern dennoch an Musikschulvorspielen teil. Eine vertragliche Haftung besteht dann aber mangels der Wahrnehmung einer vertraglichen Pflicht nicht. Es kommt nur eine außervertragliche Haftung der Lehrkraft in Betracht.4 Wurde die Honorarkraft hingegen laut Vertrag mit der Musikschule dazu verpflichtet, an Schülervorspielen teilzunehmen, wird sie ebenso wie die angestellte Lehrkraft als Erfüllungsgehilfe für die Musikschule tätig. Hier gilt die Besonderheit, dass Honorarkräfte keinen Anspruch auf
Eine Haftung von Lehrkräften gegenüber verunfallten Schülern und Schülerinnen kann sich allerdings aufgrund der vertraglichen Verbindungen der Lehrkräfte zur Musikschule ergeben. Sofern die Lehrkraft bei der Musikschule nach den Regelungen des TVöD angestellt ist, gehört die Begleitung von Schülervorspielen als Zusammenhangstätigkeit zur Arbeitsleistung (§ 52 TVöD, Protokollerklärung zu Absatz 1). Besteht ein Arbeitsverhältnis ohne Geltung des TVöD (z. B. bei einem privaten Betreiber der Musikschule oder einem Verein), ist auch hier in aller Regel davon auszugehen, dass die Begleitung der Schülervorspiele durch Lehrkräfte zur Arbeitsleistung gehört. Dies trifft gerade dann zu, wenn die Lehrkräfte ausdrücklich zur Teilnahme vertraglich verpflichtet wurden oder der Arbeitgeber diesbezüglich das Direktionsrecht ausübt.
Haftung aufgrund eines Honorarvertrags?
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innerbetrieblichen Schadensausgleich haben. Deshalb sollte mit der Musikschule eine entsprechende Haftungsfreistellung vereinbart5 oder eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen werden. Denn sonst haftet sie nach dem Umfang ihres Verschuldens selbst gegenüber der Schülerin oder dem Schüler.
Vorspiele, bei denen die Lehrkraft Veranstalterin ist Auch wenn dies zu Beginn dieses Beitrags für den Normalfall ausgeschlossen wurde, gibt es Fälle, in denen die Lehrkraft selbst Veranstalterin eines Vorspiels ist, z. B. wenn sie bei sich zuhause unabhängig von einer Musikschule mit ihren Schülerinnen und Schülern ein Weihnachtsvorspiel veranstaltet, zu dem die Eltern eingeladen sind. Dann treffen die oben genannten Veranstaltermerkmale auf die Lehrkraft zu und sie kommt als potenzielle Haftungsgegnerin bei Unfällen von Schülern und Schülerinnen in Betracht. Ein innerbetrieblicher Schadensausgleich mit der Musikschule ist hier auch für angestellte Musikschullehrkräfte ausgeschlossen, da derartige Vorspiele außerhalb der vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Musikschule nicht betrieblich veranlasst sind.
Verkehrssicherungspflichten Für die Lehrkraft als Veranstalterin entstehen entsprechende Verkehrssicherungspflichten, auch wenn sie in keinem Vertragsverhältnis mit den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern oder den Zuhörern und Zuhörerinnen steht. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) haftet jedermann für vorsätzlich oder fahrlässig verursachte Schäden an Leben, Körper und
Gesundheit, Freiheit, Eigentum oder sonstigen Rechten anderer, die er widerrechtlich verursacht hat (§ 823 Absatz 1 BGB). Um den eigenen Verschuldensanteil zu mindern, müssen von einer veranstaltenden Lehrkraft konkrete Maßnahmen für die Gefahrenabwehr vorgenommen werden.6 Die Lehrkraft muss beispielsweise bei Vorspielen sicherstellen, dass typische Gefahren eines Auftritts beseitigt werden und das Unfallrisiko der teilnehmenden Schülerinnen und Schüler minimiert wird. Hierbei wird das Verschulden der Lehrkraft und damit ihr Haftungsanteil nach den allgemeinen Regeln beurteilt.7
Es bleibt daher in diesen Fällen die Möglichkeit des Ausgleichs durch eine private Haftpflichtversicherung.
Fazit Auch wenn unter bestimmten Voraussetzungen der Haftungsfall eintreten kann, sind in der Gesamtbetrachtung die Haftungsrisiken von Musikschullehrkräften für Unfälle bei Schülervorspielen doch eher überschaubar. ((
Versicherungsschutz
1 vgl. Marcel Bisges, in: ders. (Hg.): Handbuch des Veranstaltungsrechts, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2017, Kapitel 1, Rn 201. 2 BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 – I ZR 204/13, Ziffer 20. 3 zu den Regeln des innerbetrieblichen Schadensausgleichs siehe Frank Bauchrowitz: „,Es wird schon nichts passieren!’ Wofür haften Musikschullehrkräfte?“, in: musikschule )) DIREKT 2/2017, S. 2 ff. 4 Näheres dazu im Abschnitt „Vorspiele, bei denen die Lehrkraft Veranstalterin ist“ und in den darauf folgenden Abschnitten. 5 zu Beispielen für entsprechende Klauseln siehe Bauchrowitz, a. a. O., S. 4. 6 vgl. Ruben Engel, in: Marcel Bisges (Hg.): Handbuch des Veranstaltungsrechts, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2017, Kapitel 2, Rn 812. 7 zur Differenzierung der Verschuldensgrade siehe Bauchrowitz, a. a. O., S. 2 f. 8 vgl. Elmar Funke/Günter Müller: Handbuch zum Eventrecht, Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln 32009, Rn. 856.
Eine bestehende Betriebshaftpflichtversicherung der Lehrkraft deckt die Risiken einer Veranstaltung nicht ab.8 Eine Veranstaltungsversicherung tritt in der Regel nur für Schäden ein, die aus einer Verletzung von vertraglichen Schutz- oder Verkehrssicherungspflichten begründet werden. Solche bestehen bei von der Lehrkraft außerhalb der Musikschule veranstalteten Schülerkonzerten zu den Schülerinnen und Schülern aber in der Regel nicht.
Frank Bauchrowitz berät als Rechtsanwalt in den Bereichen Urheberrecht und Musikvertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Musikrecht und „Businessplanung für Musiker“ an verschiedenen Musikhochschulen und Dozent an der Bundesakademie für musikalische Jugendbildung Trossingen. www.musikerkanzlei.de
Schadenersatz Verstößt die veranstaltende Lehrkraft gegen diese Pflicht und kommt es zu einem Schaden, ist sie gegenüber dem verunfallten Schüler oder der Schülerin zum Schadenersatz verpflichtet. Dieser umfasst bei der Verletzung der Gesundheit auch ein Schmerzensgeld (§ 253 BGB). Sofern sich die Parteien über die Höhe des Schmerzensgeldes nicht einigen können, setzt es ein Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung fest (§ 287 Zivilprozessordnung).
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Optionen pädagogischer Haltungen im JeKits-Unterricht
Lauern statt versauern
„Vom Lauern auf den Moment“ – mit diesem Motto hat die JeKits-Stiftung im Jahr 2017 ihre Arbeit begleitet. Der JeKits-Praxistag trug diesen Titel ebenso wie eine Publikation zur Arbeit der JeKits-Akademie. Der folgende Beitrag basiert auf einem Vortrag anlässlich des JeKits-Praxistages 2017 an der Universität Bielefeld.
)) Der Begriff „Lauern“ beschreibt etwas Spannungsvolles. Selbst wenn das „Auflauern“, also „in hinterhältiger Absicht sich in einem Versteck sicher verbergend angespannt zu warten“, unberücksichtigt bleibt, geht es doch um die Grundhaltung: Wer lauert, wartet auf einen besonderen Moment. Bleibt die Chance ungenutzt, muss auf die nächste gewartet werden. Dieses Lauern im Sinne von „angespannt, begierig auf etwas warten“ bietet Chancen, das Unterrichtsgeschehen im Programm JeKits farbiger und souveräner zu gestalten. Trotz der Anspannung hat Lauern passive Anteile. Wer lauert, gibt seine Handlungsoptionen auf, lässt die Dinge laufen, überlässt eine Situation möglicherweise für einige Zeit sich selbst: Kontrollverlust droht. In der Arbeit mit Gruppen besteht das Risiko, dass sofort die Disziplin nachlässt. Ist das professionelles pädagogisches Handeln? Zeichnet sich Unterricht nicht gerade dadurch aus, dass die Lehrenden „Momente“ aktiv herbeiführen, statt darauf zu lauern? Und selbst wenn die Idee mit dem „Lauern auf den Moment“ zunächst originell wirken mag: Welche Momente sind denn die erstrebenswerten, auf die es zu lauern lohnt?
Zum einen handelt es sich um Augenblicke, die Chancen eröffnen, den Unterricht gewinnbringend zu gestalten – durch Methodenwechsel oder eine spielerische, motivationsfördernde Idee, gerne auch aus dem Kreis der Schülerinnen und Schüler. Es bietet sich eine Option, die Unterrichtseinheit entlang der Bedürfnisse der Unterrichtsgruppe fortzuführen. Zum anderen ergeben sich Momente mit Aha-Effekten, in denen etwas gelingt, was in verschiedenen Anläufen nicht erreicht wurde. Das kann die Vermittlung von konkreten Lerninhalten ebenso betreffen wie auch Situationen, in denen in einer anderen Qualität musiziert wird, also besonders gelingende Interaktion, Klanglichkeit oder Selbstvergessenheit der Schülerinnen und Schüler. Gemeinsam ist solchen Augenblicken ihre Unplanbarkeit: Sie lassen sich nicht vorhersehen, mithin auch nicht konkret herbeiführen. Es geht weniger um eine musikalisch-künstlerische als um eine allgemeinpädagogische Fragestellung. Deshalb soll der Blick auf ein anders gelagertes und doch verwandtes Arbeitsfeld in diesem Zusammenhang Anregungen geben. Beim Musizieren in der Sozialen Arbeit, zu der auch die Sozialpädagogik gehört, zeichnet sich Musik dadurch aus, dass sie dynamische Gruppenprozesse ermöglicht, also eine große Anzahl an „Momenten“ zulässt, mit denen soziale Ziele erreicht werden können. In diesem Kontext wird Musik in der Regel als Medium aufgefasst, also als eine künstlerische Ausdrucks- und Kommunikationsform, die zugunsten sozialer Prozesse funktionalisiert wird. Es darf aber dabei nicht außer Acht gelassen werden,
Thomas Grosse
dass es das Wesen der Musik als künstlerisches Ausdrucksphänomen ist, auf dem ihr Einsatz in sozialen Arbeitsfeldern begründet ist. Letztlich geht es auch hier stets ums Musizieren, jedoch hat sich im sozialen Bereich ein erweiterter Musikbegriff etabliert.
Musikbegriff und pädagogische Haltung „Der Sozialen Arbeit liegt ein Musikbegriff zugrunde, der sich im Wesentlichen an dem Verständnis des jeweiligen Gegenübers, also der Adressatinnen und Adressaten orientiert. Die triviale Erkenntnis, dass nahezu alle Menschen über musikalische Erfahrungen verfügen, schließt gleichfalls ein, dass nicht alle Musikwelten auch allen Menschen gleichermaßen zugänglich sind. Musikwahrnehmung und/oder Musizieren sind sehr individuelle Vorgänge, die gleichzeitig über großes identitätsstiftendes Potential verfügen. Darin liegt die Stärke des Phänomens Musik und die Bedeutung, die Musik für den menschlichen Alltag und eine Gesellschaft haben kann. […] Der Musikbegriff wird folglich sehr weit gefasst, und jede Gestalt klanglicher Ereignisse, die für die Adressatinnen und Adressaten ästhetisch oder biografisch bedeutsam ist, kann in diesem Kontext als Musik verstanden werden […]. Der Fokus liegt in der Sozialen Arbeit zwar auf der sozialen Dimension und der persönlichen Konstruktion von Musik, dies bedeutet aber nicht, dass Wissen über Musik und eine Vertiefung ihrer Ausübung nicht möglich sind. Und obwohl Musik statt Gegenstand
© JeKits-Stiftung
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Instrumentalunterricht Trompete und Posaune in der Lina-Morgenstern-Schule in Bochum
ein Medium der Sozialen Arbeit ist, werden beiläufig oder auch ganz gezielt – etwa in Instrumental-Workshops – durchaus musikalische Kompetenzen vermittelt.“1 So wie im Kontext sozialer Prozesse musikpädagogisch gearbeitet wird, kann Musikunterricht auch von sozialpädagogischen Umwegen profitieren. Möglicherweise führen andere Pfade sogar schneller zum Ziel, weil sie gruppendynamische Prozesse unterstützen. Solche Umwege zu erkennen und zu beschreiten, erfordert ebenfalls Momente, auf die sich zu lauern lohnt. In sozialpädagogischen Bereichen sind konkrete musikalische Angebote entwickelt worden, die für JeKits-Unterricht gewinnbringend zu adaptieren wären.
Anpassungsprozesse Musikangebote in der Sozialen Arbeit folgen keinem Lehrplan, dadurch kann das musikalische Handeln beliebig erscheinen. Stark vereinfacht lässt sich postulieren: Instrumental- und Gesangsunterricht passt die Menschen der Musik an, Soziale Arbeit die Musik den Menschen. In der Realität sind die Grenzen fließend. Im Musikunterricht werden Musikstücke den Schülerinnen und Schülern angepasst, ein Vorgehen, das in der klassischen Instrumentalund Gesangspädagogik nicht immer selbstverständlich war, denn es widerspricht einem eng gefassten Werkbegriff. Wurden in früheren Zeiten aus diesem Grund oftmals eigenständige, leichtere Spielstücke komponiert, nehmen mittlerweile vereinfachte Versionen von Werken – insbesondere der Popmusik – zu. Auch steht
die Bedeutung von Notation nicht mehr zwingend im Zentrum des Unterrichts, was in den niedrigschwelligen Angeboten des Programms JeKits Vorteile bieten kann. Denn gerade unter solchen Rahmenbedingungen ergeben sich in den Unterrichtsstunden zunehmend lichte „Momente“, auf die es zu lauern gilt. Sie können mit Live-Arrangement oder Improvisation genutzt werden und bringen den unmittelbaren Musizierprozess in den Vordergrund. Dem Anspruch an JeKits wird somit entsprochen. Deshalb lohnt sich der Blick auf die Elementare Musikpädagogik, wo interdisziplinäre Optionen in Gesang, Instrumentalspiel, Tanz, Bewegung und weiteren Gestaltungsmöglichkeiten Handlungsräume eröffnen. Deren Verfügbarkeit garantiert aber keineswegs, in diesem Bereich grundsätzlich offeneren Unterricht zu erleben. Auch die Elementare Musikpädagogik kann sehr verschulte Unterrichtskonzepte vorweisen. „Erlauerte Momente“ nutzen zu können, ist nicht vom Methodenkoffer abhängig, seine Ausstattung kann nur unterstützen. Es handelt sich um eine pädagogische Grundhaltung, die entsprechende Räume ermöglicht. In der Elementaren Musikpädagogik ebenso wie im instrumentalen oder vokalen Gruppenunterricht kann in einer offenen Situation, in der alle Schülerinnen und Schüler gemeinsam agieren, schnell ein besonderer Moment entstehen, etwas Dialogisches, eine kollektive Improvisation oder Ähnliches. Dies muss aber zugelassen werden und ist von der Unterrichtsgestaltung abhängig.
Bitte nicht stören – oder doch? Findet beispielsweise sequenzieller Einzelunterricht statt, in dem einzelne Schülerinnen und Schüler nacheinander etwas vorspielen und die anderen nicht stärker involviert sind, werden Interaktionen der Nicht-Beteiligten als Störungen wahrgenommen. Aber auch in Settings, bei denen alle Gruppenmitglieder beteiligt sind, gibt es Störungen. Die „Störung“ kann den Prozess hemmen, vielleicht aber auch zur Chance werden, indem sie einen anderen (Lern-) Weg eröffnet. Diese Chance in kürzester Zeit zu erkennen, ist die Herausforderung; die dazu erforderliche hohe Flexibilität darf dabei keinesfalls mit Beliebigkeit gleichgesetzt werden. Bei JeKits stehen Musik oder Tanz im Zentrum, die Orientierung daran sollte trotz vieler möglicher LernUmwege nicht aus dem Blick geraten. In Lehrtandems kann gemeinsam auf den Moment gelauert werden. Gestaltet die Lehrkraft eines außerschulischen Kooperationspartners eine Stunde gemeinsam mit der Grundschullehrkraft, kann Arbeitsteilung helfen: Eine leitet den Gruppenprozess („unterrichtet“), die andere lauert. Und zwar nicht auf Fehlverhalten, um dann für Disziplin zu sorgen, sondern auf Gelegenheiten, um Ideen aus der Gruppe mit aufzugreifen, ohne dass das Prinzip Vollbeschäftigung verloren geht, das für Musikunterricht in der Grundschule stets ratsam erscheint – alle haben eine Aufgabe, niemand soll sich langweilen. Das Lauern innerhalb eines Tandems kann sich darauf beziehen, weitere Handlungsoptio-
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„Das Lauern auf den Moment steht als Metapher für eine Haltung, die bereit ist, Impulse aus der Unterrichtsgruppe aufzunehmen und weiterzuverfolgen.“ nen für Schülerinnen und Schüler zu entdecken und aufzugreifen. Möglicherweise lauern auch die Schülerinnen und Schüler: Auf die Möglichkeit, sich in Szene zu setzen, das Geschehen zu bestimmen, auf einen Methodenwechsel, die Pause oder darauf, dass am Ende der Stunde alle noch einmal gemeinsam tanzen, ein Lied singen oder ein Stück spielen. Was auch immer: Sie werden den Moment viel spontaner und direkter ergreifen, als es die meisten Erwachsenen täten. Dies kann als Störung empfunden werden, manchmal aber auch als Angebot: ein Wegweiser für einen der Umwege, die eine Gruppe ebenfalls zum Ziel bringen können – und dann ist es kein Disziplinproblem. Die Disziplin einer Unterrichtsgruppe zu erhalten, ist eine alltägliche Herausforderung im Gruppenunterricht. Die JeKi-Begleitforschung fordert Strategien, um sicherzustellen, dass „die hochqualifizierten Lehrenden aus der Musikschule auf ihr neues und deutlich verändertes Arbeitsfeld Grundschule vorbereitet werden können, um nicht unverschuldet in einen problematischen Novizenstatus zu geraten“.2 Die Erfahrung, dass eine JeKits-Unterrichtsgruppe deutlich anders agiert als die auf den ersten Blick vergleichbar zusammengesetzte Gruppe an der Musikschule, kann einschneidend sein und bildet eine Herausforderung, mit der ein angemessener Umgang gefunden werden muss. Jörg Sommerfeld mutmaßt, dass eine Lehrkraft, die sich durch Disziplinlosigkeit in der Klasse bedrängt fühlt, einen Ausweg sucht, indem sie ein hohes Unterrichtstempo durch Dauerpower vorlegt. In einer solchen Unterrichtsatmosphäre wird kaum auf einen Moment gelauert werden können. Als professionelle Gegenstrategie wird empfohlen, die Rolle eines Moderators einzunehmen, die Gruppensituation zu erken-
nen und zu führen.3 Dieser Ansatz entspricht den grundsätzlichen Regeln zur Anleitung von Gruppen: Es muss Zeiträume geben, in denen die eigentlichen Prozesse stattfinden. Wird im Unterricht eine gewisse Freiheit zugelassen, die das Entstehen von „Momenten“ begünstigt, dient das „Lauern auf den Moment“ als Anregung für eine Entschleunigung des Unterrichtsgeschehens.
Die Mischung macht’s Stellen wir uns die Skala einer Balkenwaage oder den Überblendregler („Fader“) eines Mischpults vor: Auf einer Achse befindet sich am einen Ende Musik als Medium für die Gestaltung von Gruppenprozessen, am entgegengesetzten Ende Musik als Kunstform, als ästhetische Praxis. Durch Verschieben des Reglers ändert sich stufenlos die Gewichtung zwischen „Musik als Medium“ und „Musik als Kunst“. Gelingender JeKits-Unterricht basiert auf einer ausgewogenen und situationsangemessenen Verteilung zwischen den beiden Enden. Das ist nicht neu, bei diesem Balanceakt handelt es sich um ein in der Praxis durchaus übliches Vorgehen. Der Unterricht bewegt sich vermutlich in JeKits 1 näher am Ende „Musik als Medium“, in JeKits 2 mit klarer Tendenz zur „Musik als ästhetische Praxis“. Dadurch wird dem Wesen von Musik als sozialer Kunst Rechnung getragen. Soziale Aspekte begegnen musikalischer Bildung, Musik ist Medium und Gegenstand. Das dadurch geförderte Verständnis sowohl für Musik als Kunstform als auch für Musik als Medium der Begegnung, der Selbstwirksamkeit, der spielerischen Zeitvergessenheit und vielem anderen mehr – das sind die Erfahrungen, die in den Momenten gemacht werden können, auf die es zu lauern lohnt.
Die JeKits-Stiftung will Kindern die Erfahrung des Instrumentalspiels, des Tanzens oder des Singens als ästhetisches Handeln in der Gruppe ermöglichen. Verstehen wir ästhetisches Handeln als einen zunächst einmal von Lehrplänen losgelösten Prozess, in dem sich soziale Interaktion und Begegnung mit praktischem musischen Erleben verbinden, ist ein ausgewogenes Verhältnis von Input durch Lehrende einerseits und entdeckendem, selbstbestimmtem Lernen der Kinder andererseits anzustreben. Dazu müssen die Rahmenbedingungen und pädagogischen Haltungen aufeinander abgestimmt sein. Das Lauern auf den Moment steht als Metapher für eine Haltung, die bereit ist, Impulse aus der Unterrichtsgruppe aufzunehmen und weiterzuverfolgen, wenn diese direkt oder aber auch mittelfristig das freudvolle und nachhaltige Erleben ästhetischen Handelns im Projekt JeKits ermöglichen. ((
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Thomas Grosse/Hans Hermann Wickel: „Musikpädagogik in sozialen Arbeitsfeldern“, in: Michael Dartsch/Jens Knigge/Anne Niessen/Friedrich Platz/ Christine Stöger: Handbuch Musikpädagogik, Münster, i. V. 2 Ulrike Kranefeld (Hg.): Instrumentalunterricht in der Grundschule. Prozess- und Wirkungsanalysen zum Programm „Jedem Kind ein Instrument“, Berlin 2015, S. 16. 3 vgl. Jörg Sommerfeld: Instrumentalunterricht in der Grundschule. Erfolgreich lehren und gestalten, Wiesbaden 2014, S. 108.
Thomas Grosse ist Rektor der Hochschule für Musik Detmold und Mitglied im Kuratorium der JeKits-Stiftung. Als Professor für Ästhetische Kommunikation bildet das Musizieren mit heterogenen Unterrichtsgruppen einen seiner Arbeitsschwerpunkte.
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Vom Lauern auf den Moment Praxisimpulse, Reflexionen und Schlüsselfragen aus der Arbeit der JeKits-Akademie, hg. von der JeKits-Stiftung JeKits-Stiftung, Bochum 2017, 244 Seiten, Abgabe kostenlos Das Buch ist – solange der Vorrat reicht, in jedem Fall jedoch als PDF – erhältlich bei der JeKits-Stiftung: info@jekits.de
Beim Musizieren gibt es Momente, die als besonders künstlerisch empfunden werden, in denen man sich frei fühlt, seine Kreativität ausschöpfen kann und das entstehende Klanggebilde genussvoll hört. Auf diese Präsenz des Ästhetischen im Unterricht spielt der Titel der Publikation „Vom Lauern auf den Moment“ an. Wie können solche ästhetischen Momente erkannt, aufgegriffen und reflektiert werden? Wie kann ein künstlerischer Anspruch in der Unterrichtsrealität verwirklicht werden? Den Hintergrund bildet das kulturelle Bildungsprogramm JeKits (Jedem Kind Instrumente, Tanzen, Singen) in Nordrhein-Westfalen. Aufgrund der Struktur von JeKits findet dort oft ein gemeinsames Musizieren in einer Gruppe von Kindern statt, die über keine speziellen Vorkenntnisse auf einem Instrument verfügen. Dies dürften viele Lehrkräfte als Herausforderung empfinden, denn es gilt, Wege zu finden, um von Anfang an das musikalische Zusammenspiel zu initiieren. Derartigen (drängenden) Fragestellungen widmet sich die JeKits-Akademie: In mehreren Arbeitsphasen treffen sich JeKits-Lehrkräfte mit den Moderatoren Franz Kasper Krönig und Thorsten Neubert sowie mit GastdozentInnen, um sich auszutauschen, Ideen für die Unterrichtspraxis zu erproben und zu reflektieren. Im Zentrum steht dabei nicht das Präsentieren vorgefertigter Lösungen, sondern die gemeinsame Suche. Und in diesem Sinn soll auch die Publikation zum Diskurs beitragen und zum Weiterdenken animieren.
Die Veröffentlichung ist in zwei Teile gegliedert: Nach vier Praxisimpulsen mit Reflexionen werden Schlüsselfragen im JeKits-Kontext thematisiert. Als Autoren wirken dabei sowohl die Moderatoren der JeKits-Akademie als auch zwei der GastdozentInnen sowie mehrere JeKits-Lehrkräfte mit. Mit den Praxisimpulsen werden Möglichkeiten vorgestellt, um ein gemeinsames Musizieren mit einfachen Mitteln künstlerisch zu gestalten. Jedem Praxisimpuls folgen Reflexionen bzw. Spezifizierungen, also Übertragungen auf die jeweilige Unterrichtspraxis einzelner Lehrkräfte. Die Texte geben Einblick in das Unterrichtsgeschehen bzw. die methodische Vorgehensweise und zeigen mögliche Prozesse und Zielsetzungen beim Musizieren mit einer Kindergruppe (z. B. mit dem JeKits-Orchester) auf. Im ersten Kapitel erläutert Gastdozent Achim Tang etwa, wie eine Orchesterimprovisation durch einfache Handzeichen eines Dirigenten angeleitet werden kann. Dieser Praxisimpuls wird anschließend durch eine analytische Reflexion und die zusätzliche Besprechung zweier Improvisationsformen von anderen Autoren ergänzt. Am Kapitelende folgt – wie bei jedem Praxisimpuls – eine Auflistung weiterführender Literatur zum Thema. Die Praxisimpulse dokumentieren so zum einen die Arbeit der JeKits-Akademie, zum anderen bieten sie methodische Ideen, die auf die eigene Unterrichtspraxis übertragen werden können. Im zweiten Teil der Publikation werden Schlüsselfragen auf drei Ebenen
im JeKits-Kontext beleuchtet: die ästhetisch-künstlerische, die didaktischpädagogische sowie die multiplikatorische Ebene. In jeweils zwei bis fünf Beiträgen werden die Fragen der entsprechenden Ebene reflektiert. So entsteht eine „Bestandsaufnahme“ verschiedener Aspekte, die im Rahmen von JeKits eine Rolle spielen. Auf der didaktisch-pädagogischen Ebene wird z. B. die organisatorische Seite des JeKits-Orchesters erörtert; außerdem werden die „Wirkungsweisen von Steuerung in musikpädagogischen Kontexten“ analysiert und Überlegungen angestellt, wie elementare Instrumentalstimmen im JeKits-Orchester beschaffen sein sollten. Die Auseinandersetzung mit solch zentralen Themen der JeKits-Arbeit lädt die LeserInnen dazu ein, die eigene Unterrichtspraxis – nicht nur im Rahmen von JeKits – zu reflektieren und nach neuen Lösungswegen für herausfordernde Situationen zu suchen. Die Publikation bietet einen praxisorientierten Einblick in die Arbeit der JeKits-Akademie. Nicht enthalten ist eine Beschreibung des Programms selbst oder eine Erläuterung über das Wesen der JeKits-Akademie. Deshalb wird ein Außenstehender vermutlich erst im Lauf der Lektüre Zusammenhänge erfassen und verstehen. Dennoch können die Unterrichtsideen und Reflexionen dazu anregen, die eigene pädagogische Lehrtätigkeit sowie ästhetische Prozesse allgemein zu überdenken. Silvia Müller
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Ergebnisse der dritten Umfrage der ver.di-Fachgruppe Musik 2017 liegen vor
Kein bisschen besser Die negative Entwicklung der sozialen Situation der meisten Lehrkräfte an deutschen Musikschulen setzt sich fort. Die bundesweit fortschreitende Umwandlung fester Arbeitsverhältnisse in unsichere Beschäftigungsverhältnisse hat die soziale Lage der Lehrkräfte erneut dramatisch verschlechtert. Das ist das im Dezember 2017 veröffentlichte Ergebnis der dritten Umfrage der ver.di-Fachgruppe Musik.
)) Die Resultate sind erschreckend: 2008 lag der Anteil der Honorarbeschäftigungen in den alten Ländern noch bei 33 Prozent, in den neuen Ländern bereits bei 60 Prozent. 2017 sind es fast 60 Prozent in den alten und über 70 Prozent in den neuen Ländern (in Berlin sogar rund 93 Prozent). Gleichzeitig liegen die durchschnittlichen Jahreseinkommen weiterhin nur bei rund 13 300 Euro brutto. Davon kann keiner würdig leben. Davon kann sich niemand zusatzversichern. Die Umfragen von 2012 und 2017 belegen, dass die Politik den Negativtrend, insbesondere den Stellenabbau ungebremst fortsetzt, und zwar in allen Bundesländern mit Ausnahme Berlins, das seit vergangenem Jahr eine Umsteuerung eingeleitet hat. Als Begründung wird regelmäßig die Finanznot der Kommunen oder des Landes ins Feld geführt. Bei den Einnahmen, so wird argumentiert, lasse sich ohne problematische Gebührenerhöhungen nichts machen, und bei den Ausgaben kämen nur die Personalkosten in Betracht, wenn die Musikschule mit ihren Qualitätsstandards erhalten bleiben solle. Probates Mittel sei da nun einmal der Stellenabbau und die Schaffung von preiswerteren „freien“ Mitarbeiterverhältnissen. Der Verlust wesentlicher Sicherheiten wie Kündigungsschutz,
Stefan Gretsch
Arbeitslosen- und Sozialversicherung oder Altersvorsorge wird billigend in Kauf genommen. Der gesetzliche Status der „Arbeitnehmerähnlichkeit“ beschert den Betroffenen zwar das Recht auf Mindesturlaub, macht das Beschäftigungsverhältnis aber nicht sicherer. Perspektiven zur eigenen Lebens- und Familienplanung sind erschwert bis unmöglich.
linien – keine stichhaltigen Gründe, „freie“ Mitarbeitsverhältnisse als Standard zu begreifen. Dennoch wird es fast überall gemacht, obwohl allen Beteiligten, insbesondere den politischen Entscheidungsträgern, klar sein muss, dass sie damit in großem Stil eine komplette Berufsgruppe durch unsichere Beschäftigungsverhältnisse einer prekären Lebenssituation aussetzen.
Steigende Kosten für Sozialleistungen
Musikschulen müssen bedarfsgerecht wachsen
Solche Konstruktionen sind vor dem Hintergrund sinkender Sozialstandards und bereits einsetzender Altersarmut ein arbeitsund sozialpolitscher Irrwitz. Denn die Kosten für den sich ständig erweiternden Bedarf an Sozialleistungen werden langfristig sämliche Einsparungen in der Personalpolitik um ein Vielfaches übersteigen. Wenn obendrein die Öffentliche Hand entgegen ihrer Vorbildverpflichtung den Vor-Turner für die Schaffung von Prekariat und Altersarmut in den eigenen Reihen gibt, dann ist kaum vorstellbar, wie der bereits gefährdete soziale Frieden erhalten bzw. wiederhergestellt werden kann. Zur Erinnerung: Musizieren ist ein wichtiges persönlichkeitsformendes Moment, im gemeinsamen Tun mit anderen zudem ein bedeutender sozialer Akt. Musizieren ist damit auch ein erfolgreicher Baustein zu Integration und Inklusion. Das war schon so, als diese Begriffe noch nicht in aller Munde waren, gewinnt aber bekanntermaßen sehr an Bedeutung. Die Befähigung zum Musizieren vermittelt an vorderster Linie die kommunale Musikschule. Sie tut dies als Begabtenförderung ebenso wie im Bereich ihres Auftrags zur musikalischen Breitenbildung. Für die kommunalen Musikschulen gibt es deshalb – auch im Sinne der VdM-Richt-
Mit wachsenden Wartelisten und sich abzeichnendem Fachkräftemangel kann die Musikschule ihrem Bildungsauftrag nicht (mehr) gerecht werden. Die nicht neue, aber dennoch richtige Folgerung lautet: Die Festanstellung der Lehrkräfte muss wieder der Regelfall sein, Wartelisten sind unter allen Umständen zügig abzubauen. Die Musikschulen müssen endlich wieder bedarfsgerecht wachsen dürfen, und zwar ohne Zwang zur Ausbeutung der Lehrenden und ohne Zwang zur Ausgrenzung sozial schlechter gestellter Nutzer. Ausgerechnet Berlin – das enfant terrible der kommunalen Musikschulträger – zeigt, wie es gehen kann, wenn Politik es wirklich will: Das Land hat zunächst 2,5 Millionen Euro Zusatzmittel bewilligt für einen sofortigen Stellenaufbau von derzeit sieben Prozent auf mindestens 20 Prozent festangestellter Lehrkräfte an den bezirklichen Musikschulen. Das ist ein spürbarer erster Schritt in die richtige Richtung. (( Details zu den Umfrageergebnissen: www.musik.verdi.de/musikschulen/umfrage
Stefan Gretsch ist Bundesvorsitzender der ver.di-Fachgruppe Musik.
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Jahreshonorare von Lehrkräften, die ausschließlich als Honorarkräfte beschäftigt sind (es wurden nur Länder mit mehr als 100 Antworten einbezogen)
Anteile der Vollzeit-, Teilzeit- und freiberuflichen Musikschullehrkräfte in den Jahren 2017, 2012 und 2008
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Welche Jugend musiziert eigentlich?
Martha Schäfer
Eine qualitative Interviewstudie mit Instrumentallehrenden zu „Jugend musiziert“ Die Teilnehmerzahlen am Wettbewerb „Jugend musiziert“ sind zwischen 1964 und 2013 fast um das Achtfache gestiegen.1 Trotz der hohen Teilnehmerzahlen und seiner prominenten Wahrnehmung in der Öffentlichkeit ist der Wettbewerb jedoch eher selten Gegenstand empirischer Forschungen geworden. Dieser Beitrag stellt einige Ergebnisse einer qualitativen Interviewstudie mit Instrumentallehrenden zu „Jugend musiziert“ von 2017 vor und zeigt weiteren Forschungsbedarf auf.
)) Seit den Studien von Hans Günter Bastian,2 in denen qualitative und quantitative Befragungen von WettbewerbsteilnehmerInnen zu ihren Biografien und musikalischen Werdegängen im Vordergrund standen, sind kaum weitere Studien durchgeführt worden. Zur Bearbeitung dieser bis heute noch bestehenden Forschungslücke wurde im Rahmen einer Masterarbeit unter der Betreuung von Heiner Gembris am Institut für Begabungsforschung in der Musik (Universität Paderborn) ein Beitrag geleistet. In einer explorativen Studie wurden sieben Instrumentallehrkräfte städtischer Musikschulen mit Hilfe eines eigens erstellten Interviewleitfadens zu ihren Erfahrungen in Bezug auf „Jugend musiziert“ befragt. Alle verfügten über langjährige Erfahrungen in der Wettbewerbsvorbereitung von SchülerInnen. Der Interviewleitfaden umfasste unterschiedliche Themenbereiche wie „Motivation zur Teilnahme“, „Vorbereitung auf den Wettbewerb“ sowie „Positive und negative Erfahrungen der Lehrenden“. Die Interviews wurden transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet, strukturiert und miteinander verglichen. Ausgewählte und für beson-
ders interessant zu erachtende Ergebnisse aus den Bereichen „Jury und Bewertung“, „TeilnehmerInnen und sozialer Hintergrund“ sowie „Motivation“ sollen hier dargestellt werden.
Jury und Bewertungssystem Bemerkenswerterweise wurde in allen Interviews der Bereich „Jury und Bewertung“ angesprochen. Häufig wurde hinterfragt, inwiefern Bewertungen objektiv seien und ob eine objektive Bewertung überhaupt möglich sei. Einig waren sich die Befragten jedoch darüber, dass Bewertung von Musik immer einem gewissen Grad an Subjektivität ausgesetzt ist. Für die Lehrenden ergibt sich daher die Aufgabe, ihren SchülerInnen eine angemessene Erwartungshaltung für den Wettbewerb zu vermitteln: „Das versuche ich meinen Schülern immer zu erklären, dass es niemals objektiv ist. Und deswegen kann es sein, dass man einen Tag erwischt oder eine Jury erwischt, die aus irgendwelchen Gründen einen schlecht bewertet; und man versteht es nicht so ganz, ist vielleicht auch nicht richtig, aber das müssen die Schüler abkönnen. Und deswegen, diese Verantwortung der Lehrer finde ich ganz, ganz, ganz wichtig.“ (Interview 2) Aufgrund des hohen Nachdrucks, mit dem dieser Lehrer, aber auch andere der Interviewten diesen Aspekt hervorheben, wäre eine intensivere, psychologisch fundierte Auseinandersetzung mit dem Thema wichtig: Wie sollte ein Gespräch aussehen, mit dem Lehrende ihren SchülerInnen tiefgehende Enttäuschungen ersparen können und dem Kind klarmachen, dass der Wettbewerb zwar wichtig sein kann, aber nicht entscheidend ist? Welche weiteren Möglichkeiten gibt es zudem, Kinder und Jugendliche mit einem gesunden Maß an
Ehrgeiz und Spaß am Musizieren in den Wettbewerb zu schicken? Auch die Andeutung, dass die Bewertungen der Jury manchmal „vielleicht auch nicht richtig“ seien, findet sich in den Transkripten mehrerer befragter Personen wieder, indem sie die fachliche Qualifikation und Kompetenz mancher Juroren anprangern: „Manchmal sind wir bass erstaunt, was die Juroren den Schülern erzählen, und das ist fachlich manchmal auch falsch.“ (Interview 6) Anscheinend sind solche Defizite in der Bewertung überwiegend in den unteren Wettbewerbsebenen zu finden, dort sei die Jury „zusammengeschustert“ (Interview 2). Jedoch stellen solche Fälle nicht die Regel dar. Als überaus positiv bewerteten die Instrumentallehrenden jedoch die Anzahl der Preise, die „Jugend musiziert“ jährlich vergibt und die eine Teilnahme attraktiv machen. Ebenso positiv seien die persönlichen Beratungsgespräche, durch welche eine „nebulöse Punktzahl“ (Interview 5) transparent gemacht werde. Eine Stimme erhob sich aber auch gegen die Vergabe von Preisen, da durch die Punktespanne, die durch den jeweiligen Preis abgedeckt werde, Ungerechtigkeiten entstehen könnten: „Man kann das nicht in einen Topf werfen, finde ich. Für mich würden die Punkte völlig ausreichen, denn die Punkteskala ist eindeutig.“ (Interview 2)
WettbewerbsteilnehmerInnen Dass der Wettbewerb reizvoll ist, belegen – wie erwähnt – die jährlich wachsenden Teilnehmerzahlen. Besonders interessant ist jedoch, dass sechs der sieben Instrumentallehrkräfte im Gegensatz zur Statistik angeben, einen deutlichen Rückgang der Anmeldungen für „Jugend musiziert“ beobachtet zu haben. Dieser Rückgang sei
© Erich Malter
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nicht nur bei Musikwettbewerben, sondern auch in Orchestern, Musikschulen und beim kammermusikalischen Musizieren zu beobachten (Interview 4). Zwar schwankt die Zahl der „Jugend musiziert“TeilnehmerInnen der vergangenen zehn Jahre zwischen 16 000 und 24 000, jedoch ist keine Tendenz eines deutlichen Rückgangs zu beobachten.3 Möglicherweise ist die Einschätzung der befragten Personen ein regional bedingtes Phänomen, das sich im besonderen Maße in der Gegend der Probandengruppe abzeichnet. Alle Lehrpersonen führten diesen Verlust der TeilnehmerInnen auf die Schule zurück. Während sich manchmal vorsichtig auf im Kollegium kursierende Vermutungen bezogen wird, in denen die Schule als wesentlicher Störfaktor identifiziert wird, wissen andere: „Das liegt ganz deutlich an G8.“ (Interview 4) Die naheliegendste Erklärung für den negativen Einfluss des Nachmittagsunterrichts und der Ganztagsschule ist die zeitliche Einschränkung der Freizeit und somit auch der Übezeit: „Wenn man abends um sechs aus der Schule kommt, wann soll man denn dann anfangen, sein Instrument zu üben?“ (Interview 4), fragt ein Lehrer nicht zu Unrecht. Neben der Schule haben nach Meinung der Befragten ebenso die Medien einen erheblichen Einfluss auf das Instrumentalspiel der Kinder und Jugendlichen: „Wir leben im Moment in einer Handygesellschaft, das ist einfach so. Und Handy ist das zentrale Thema. Also heute für ein Handy 600 Euro auszugeben, ist überhaupt nicht schwierig für Jugendliche. Aber so eine Querflöte, wenn die dann mehr als 150 Euro kostet, wird es schon schwierig.“ (Interview 4) Jedoch fällt bei der Beschreibung des Übeverhaltens ihrer SchülerInnen besonders auf, dass bei fast allen befragten LehrerIn-
nen die vielleicht unbewusste, aber dennoch sehr deutliche Trennung von „Jugend musiziert“-Kandidaten und Nicht-„Jugend musiziert“-Kandidaten vorgenommen wurde: „Ich glaube, wer Klavier spielen möchte, der lässt sich vom Handy nicht unbedingt beeinflussen. Also ich habe schon Schüler, für die das auch ein Problem sein kann, aber die fahren auch nicht zum Wettbewerb, das sind so – ich sage mal – normale Schüler.“ (Interview 5) Durchaus könnten die zuvor genannten Faktoren das Übeverhalten negativ beeinflussen, jedoch betreffe dies nur solche SchülerInnen, die den Anforderungen des Musikwettbewerbs ohnehin nicht genügen. Nach Aussage der Lehrenden haben weder die Schule noch der erhöhte Medienkonsum ihrer SchülerInnen dem „Jugend musiziert“-Niveau geschadet. Ganz im Gegenteil bemerken sie eine Niveausteigerung, die sich gerade auf der Bundesebene positiv entwickelt habe. Im Gegensatz dazu gibt es jedoch bei den Regionalwettbewerben anscheinend immer mehr musikalische Beiträge, die für „Jugend musiziert“ vor einigen Jahren noch nicht gut genug gewesen wären. Als Erklärung wird in einem Interview die steigende Fokussierung auf Breitenförderung im Gegensatz zur Eliteförderung angeführt. Anders hingegen nehmen zwei Lehrende die Ausrichtung des Wettbewerbs wahr. Sie sehen „Jugend musiziert“ als einen Treffpunkt für die Elite des Landes, ebenso wie ein Lehrer das Miteinander unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern vermisst: „Sie kommen, sie spielen, sie machen ihren Stiefel und dann gehen sie wieder.“ (Interview 6) Er wünscht sich von den Organisatoren mehr Bemühungen, die das Kennenlernen unter den WettbewerbsteilnehmerInnen ermöglichen und das Gemeinschaftsgefühl stärken.
Sozialer Hintergrund Den Einfluss der Eltern auf den instrumentalen Werdegang der Kinder konnten die Interviewten bestätigen: Neben der finanziellen Unterstützung für das Erlernen und die Anschaffung eines Instruments und den organisatorischen Aspekten – der zeitliche Aufwand des Fahrens zur Musikschule oder zu Proben – scheint das Interesse der Eltern für das, was ihre Kinder tun, ein erheblicher Faktor in der musikalischen Laufbahn eines Kindes zu sein. Auch den regelmäßigen Kontakt von Eltern zu Musikschullehrenden schätzen Letztere sehr. Bei der unterstützenden Funktion der Eltern geht es nicht vorrangig darum, dass diese ihren Kindern auf musikalischer Ebene weiterhelfen, sondern vielmehr darum, dass sie Interesse gegenüber den Hobbies oder Leidenschaften ihrer Kinder zeigen. Natürlich ist es von Vorteil, wenn Eltern ihren Kindern beim Üben helfen können, ihnen technische oder interpretatorische Tipps geben und die Kinder somit schon früh einen Zugang zur Musik haben. Dennoch: „Es geht ja nicht nur um die Töne, die man selber spielt, sondern halt, dass man so eine Welt betritt. Und das, finde ich, ist enorm wichtig, dass da jemand ist, der einen unterstützt.“ (Interview 6) Einen hohen Stellenwert wird auch der moralischen Unterstützung durch die Eltern zugeschrieben: „Ich glaube eher, dass die soziale Komponente weniger stark ist als mehr so das, was die Eltern an Rückhalt bilden und auch an Motivation und Unterstützung bei der ganzen Sache aufbringen. Das ist also wesentlich gravierender, als ob jemand aus einem wohlhabenden Haus kommt oder weniger.“ (Interview 7) Der als nicht ausschlaggebend erachtete sozioökonomische Hintergrund wird in einem anderen Interview ganz an-
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„Wer ein gutes Konzert spielen kann, der wird auch gut reden können, der wird sich auch vor einem Publikum präsentieren können. Es ist ja nicht nur das Musikmachen.“ ders gesehen, indem sogar eine Korrelation zwischen der Qualität und dem Preis eines Instruments und dem Wettbewerbserfolg hergestellt wird: „Ein Instrument anzuschaffen ist immer auch eine Finanzgeschichte. Und je nachdem, ob Sie jetzt an den Regionalwettbewerb denken oder auch Landeswettbewerb oder Bundeswettbewerb: Da gehen auch schon ganz gute Preise über den Tisch, und da ist eben entscheidend auch, was man für ein Instrument spielt.“ (Interview 4) Man kann annehmen, dass einer finanziellen Investition, die gerade bei Instrumenten nicht gering ist, ein gewisses Interesse seitens der Eltern vorangehen muss. Das Bewusstsein für die Wichtigkeit von Musik als kulturelle Praxis ist nach Aussagen der Lehrenden in den höheren Bildungsschichten sowieso ausgeprägter. So verwundert es nicht, dass vor allem „Lehrerkinder“, „Ärztekinder“ (Interview 4) und „Akademikerkinder“ (Interview 5) in den Musikschulen angemeldet sind und die Unterstützung durch die Eltern bei diesen Kindern entsprechend hoch ist.
findet. Zum anderen sehen viele der Befragten deutliche Vorteile für die persönliche Entwicklung ihrer SchülerInnen sowie eine Bereicherung im Hinblick auf die Lebenserfahrung durch eine Wettbewerbsteilnahme: „Also, wer ein gutes Konzert spielen kann, der wird auch gut reden können, der wird sich auch vor einem Publikum präsentieren können. Es ist ja nicht nur das Musikmachen. Die lernen ja ganz andere Dinge: Sozialkompetenzen, die Verlässlichkeit, sich vor anderen präsentieren, Höflichkeitsformen. Das ist ja fast für mich noch wichtiger.“ (Interview 4) Zudem wird in nahezu allen Interviews betont, dass der Spaß am Musizieren und am Wettbewerb im Vordergrund stehen sollte und nicht der elterliche oder pädagogische Ehrgeiz, einen Preis gewinnen zu müssen, denn „was da an Funken im Grunde überspringt mit Spaß und mit Ausgelassenheit und Kreativität, also einfach das Miteinander, das ist im Grunde das, was am meisten dann beflügelt (Interview 6).
len Entwicklung beschrieben wird, im Einzelnen? Inwiefern unterscheidet sich das Übeverhalten von solchen Schülerinnen und Schülern, die reelle Chancen bei „Jugend musiziert“ haben, von solchen, bei denen die Einschätzung der Lehrenden eher lautet: „Die würde jetzt mit ‚Jugend musiziert‘ abkacken.“ (Interview 6) Erstrebenswert wäre auch eine Ausweitung der Stichprobe auf jene Lehrkräfte, die bewusst von einer Anmeldung ihrer SchülerInnen bei „Jugend musiziert“ absehen. ((
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vgl. Deutscher Musikrat (Hg.): Lass’ hören. 50 Jahre „Jugend musiziert“, Conbrio, Regensburg 2013, S. 174. 2 Hans Günter Bastian: Jugend musiziert. Der Wettbewerb in der Sicht von Teilnehmern und Verantwortlichen, Schott, Mainz 1987; ders.: Leben für Musik. Eine Biographie-Studie über musikalische (Hoch-) Begabungen, Schott, Mainz 1989; ders.: Jugend am Instrument. Eine Repräsentativstudie, Schott, Mainz 1991. 3 vgl. Deutscher Musikrat, S. 174.
Offene Fragen Motivation und Vorbereitung auf den Wettbewerb Die Gründe für die Vorbereitung auf „Jugend musiziert“ liegen für die meisten Lehrenden zum einen in der enormen instrumentalen Entwicklung, die bei den SchülerInnen in der Vorbereitungsphase statt-
Dieser begrenzte, dennoch aufschlussreiche Blick auf Musikschullehrende zeigt, dass es weitere lohnenswerte Forschungsgebiete zu bearbeiten gibt: Wie gestaltet sich eine Wettbewerbsvorbereitungsphase, die von allen Lehrenden als sehr intensiv und als Hauptkatalysator der instrumenta-
erscheint alle zwei Monate als Supplement zu üben & musizieren
Redaktion: Sebastian Herbst und Rüdiger Behschnitt Ständige Mitarbeiter: Anja Bossen und Bernd Dahlhaus Layout: Rüdiger Behschnitt Grafik: Nele Engler
Martha Schäfer ist Absolventin des Masterstudiengangs Lehramt für Grundschule mit dem Schwerpunkt Musik an der Universität Paderborn.