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INNOVATIONS SCIENTIFIQUES ET RESPONSABILITÉ

KAPITEL 9 • Vom Menschen zur Maschine Die Welt verbessern? 6

Chancen der KI

Alex (Interviewer): Willkommen bei Radio Gaming. Wieder live aus Frankfurt! Heute mal was ganz Neues … Ich weiß, liebe Zuhörer, ihr seid alle große Zocker und Videospieler. Und wer sitzt nicht gern mit Freunden bei Fortnite, League of Legends oder Fifa! Aber heute live in unserem Studio, habe ich als Gast einen jungen Mann aus Freiburg, der uns von einem ganz speziellen Spiel erzählen wird. Sei gegrüßt Martin! Martin: Hey, hallo Alex, danke für die Einladung. Ich freue mich hier zu sein! Alex: Also, wir sind alle ganz gespannt, erzähl mal von diesem neuen Spiel. Martin: Ja, also, es handelt sich um ein Serious Game, also ein seriöses Spiel. Das heißt nicht, dass es langweilig ist. Aber der Zweck, das Ziel ist wichtig, bzw. ernst. Alex: Aha, also, du meinst, dieses Spiel ist nicht nur fürs „entertainement“ geeignet? Martin: Genau, das Ziel ist nicht nur unterhaltend, sondern sogar sehr wichtig. Das Spiel heißt Sea Hero Quest. Alex: Und wer hat das Spiel entwickelt? Martin: Die deutsche Telekom in Zusammenarbeit mit Forschungsinstituten und Gamedesignern. Alex: Wohh, hört sich sehr sehr seriös an. Wieso denn Forschungsinstitute? Martin: Naja, es handelt sich hier um ein Spiel, das gegen Krankheiten, wie Demenz oder Alzheimer kämpft. Also haben auch Ärzte und Forscher mitgeholfen, es zu entwickeln. Alex: Waooo, das ist echt cool. Aber wie kann man mit einem Videospiel gegen Alzheimer kämpfen? Martin: Ich erklär’s euch: Du spielst einen jungen Mann und navigierst durch eine dreidimensionale Spielwelt. Alex: Okay, und was ist das Ziel? Martin: Du musst die verlorenen Erinnerungen deines Vaters wiederfinden. Alex: Hört sich cool an, aber ich habe immer noch nicht verstanden, wie das gegen Krankheiten helfen kann. Martin: Ja, also, deine Reaktionen im Spiel werden alle gesammelt und kommen in eine Datenbank. Anonym natürlich. Mit den ganzen Informationen können dann die Forscher Normdaten errechnen. Also zu Orientierung zum Beispiel. Das heißt: wenn 100 000 Personen die gleiche Reaktion haben, dann kann es sein, dass jemand, der anders reagiert, vielleicht später eine Krankheit entwickelt. Also können diese Normdaten helfen, eine frühere Diagnose zu erstellen. Alex: Hey warte mal, also das heißt, dass je mehr Personen dieses Spiel spielen, desto mehr Informationen und Daten gesammelt werden. Martin: Genau! Jeder Spieler nimmt sozusagen an der Forschung teil! Alex: Mann, das ist wirklich cool! Also, Leute, ran an die Spielkonsolen und helft der Wissenschaft und der Forschung!

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Rück(fort)schritt? ViDEO

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OK (Voix off :) Willkommen in der Zukunft. Hier läuft alles rund. Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen optimiert. QualityPartner weiß, wer am besten zu Dir passt. Das selbstfahrende Auto weiß, wo Du hinwillst. Und wer bei The Shop angemeldet ist, bekommt alle Produkte, die er haben will automatisch zugeschickt – ganz ohne sie bestellen zu müs-

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Vom Menschen zur Maschine sen. Denn das System weiß, was Du willst. Kein Mensch ist mehr gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen, denn in QualityLand lautet die Antwort auf alle Fragen: „OK“. Willkommen in QualityLand.

Fit für das Baccalauréat CD 2

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Treffpunkt Wissenschaft

Journalistin: Heute begrüßen wir in unserer Sendung „Treffpunkt Wissenschaft“ den künstliche Intelligenz-Forscher Dr. Clemens Schäfler. Schönen guten Tag Herr Doktor Schäfler. Schön, dass Sie heute bei uns sein können. Sie sind der Experte auf dem neuen Forschungsgebiet der künstlichen Intelligenz, kurz KI. Schon in den 60zigern wurde ja viel auf dem Gebiet der KI geforscht. Warum erlebt die KI gerade jetzt so einen großen Boom? Clemens Schäfler: Das stimmt, auch die heutigen Techniken, auf denen die KI basiert, sind schon seit langem bekannt. Das sind hauptsächlich statistische Modelle, die mit riesigen Datenmengen errechnet werden. Doch erst heute können wir die großen Datenmengen in günstigen Datenbanken speichern und daraus mit den immer schneller werdenden Computern die statistischen Modelle für die KI berechnen. Durch die ersten vielversprechenden Innovationen der KI ist viel privates Geld in die Forschung investiert worden und haben den Fortschritt noch beschleunigt. Auch der Staat fördert jetzt die KI Forschung, damit Universitäten und andere staatliche Forschungseinrichtungen nicht den Anschluss an die private Wirtschaft verlieren. Journalistin: Wenn so viel Geld investiert wird, bedeutet das wahrscheinlich auch große Veränderung für unsere Gesellschaft, oder? Clemens Schäfler: Ja, ich glaube, die Veränderungen werden enorm sein. Man kann den gesellschaftlichen Umbruch mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert vergleichen. Alte, traditionelle Arbeitsplätze werden überflüssig werden und durch neue, spannende ersetzt werden. Menschen werden vor allem kreative Aufgaben übernehmen. Roboter werden die Fließbandarbeit erledigen und autonome Taxis werden uns bald stressfrei durch den Großstadt-Verkehr fahren. Die Veränderungen werden alle Lebensbereiche betreffen; von der Automobilbranche bis hin zur Medizin. Journalistin: Medizin ist ein gutes Stichwort: Was für Veränderungen erwarten uns hier? Clemens Schäfler: Auch in der Medizin ist heute schon alles digital: die Patientenbefunde, die Röntgenbilder; alles wird digital gespeichert und kann so von Computern ausgewertet werden. Ein Kranker wird bald nur noch seine Symptome in einen Computer eingeben und dieser berechnet an welcher Krankheit der Patient leidet. Für weitverbreitete Krankheiten haben wir schon jetzt genug Daten gesammelt, damit diese von einer KI diagnostiziert werden können, aber für seltene Krankheiten brauchen wir immer noch top-ausgebildete Ärzte. Journalistin: Das klingt nach einer rosigen Zukunft oder birgt die KI auch Gefahren? Clemens Schäfler: Natürlich gibt es auch Gefahren: die großen Datenmengen, die wir für die Berechnung der KI benötigen, liegen meistens in den Händen von wenigen privaten Unternehmen. Diese Unternehmen haben damit eine große Macht auf die Entwicklung der KI und können steuern, wohin unsere Reise geht. Außerdem stammen viele dieser Daten von echten Menschen und enthalten, gerade in der Medizin, sehr persönliche Details, die nicht einfach an die Öffentlichkeit gelangen sollten. Die Privatsphäre jedes Einzelnen muss daher geschützt werden. Jeder muss selber entscheiden dürfen, was mit seinen Daten passiert und wer darauf Zugriff hat. Der Datenschutz wird zu einem wichtigen Thema werden. Und natürlich die moralischen Probleme: Was wird mit den Menschen geschehen, die nur einfache Arbeiten gelernt haben und sich nicht kreativ betätigen können? Sollen diese Menschen nur noch in der virtuellen Realität ein sinnvolles Leben führen können? Ich hoffe, unsere Gesellschaft findet einen Weg mit diesem Problem umzugehen. Journalistin: Vielen Dank, Herr Dr. Schäfler, für dieses spannende Gespräch.

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