
1 minute read
Vorwort
from Hochsensibilität
Es hat sehr lange – bis zur Lebensmitte – gedauert, bis ich meine eigene Hochsensibilität entdeckte. Eigentlich hatte mich schon vor über 20 Jahren eine Kunststudentin in einem von mir an der Universität Basel durchgeführten Ästhetik-Seminar auf die Themen Hochsensibilität und Hochbegabung aufmerksam gemacht. Erst vor drei Jahren aber, nachdem ich in vielen krisenhaften Lebenssituationen auf meinem ebenso schwierigen wie beglückenden Weg einer philosophischen und künstlerischen Persönlichkeitsentwicklung immer wieder auf mich selbst und die Frage nach meinem Anderssein zurückgeworfen wurde, fielen mir bei einer erneuten Beschäftigung mit der Thematik plötzlich die Schuppen von den Augen. Es war mir sofort klar, dass ich als eine in hohem Maß selbst betroffene Philosophin und Buchautorin einen Beitrag zu einer breiteren öffentlichen Aufklärung über den Kreis der Hochsensiblen hinaus leisten muss. Als Ethikerin habe ich mich intensiv mit Fragen nach dem richtigen menschlichen Handeln, nach dem guten Leben und Glück der Einzelnen und nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit auseinandergesetzt, jüngst mit dem aktuellen und kontrovers diskutierten gesellschaftlichen Leitbild der Selbstoptimierung. Vor diesem Hintergrund überkam mich ein gewisses Unbehagen angesichts der jährlich in großer Zahl neu auf den Büchermarkt drängenden Ratgeber- und Selbsthilfeliteratur von Hochsensiblen für Hochsensible, damit diese im Zuge des allgemeinen Selbstoptimierungstrends geeignete Strategien im Umgang mit ihrer Eigenart erwerben. Es ist mir ein wichtiges Anliegen, das Phänomen Hochsensibilität in einen größeren gesellschaftlichen Kontext zu stellen und auf das komplexe Zusammenwirken von Individuums- und Umweltfaktoren beim persönlichen Streben nach Glück aufmerksam zu machen.
Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei allen meist hochsensiblen Gesprächspartnern, die mit ihren wertvollen Anregungen zur jetzigen Gestalt des Buches beigetragen haben. (Obgleich in diesem Buch der Einfachheit
Advertisement
wegen nur die männliche Form erwähnt wird, sind immer alle möglichen Geschlechtsidentitäten mitgemeint.) Günter Sopper und Sabine Siegrist, beides hochsensible und in verschiedenen Bereichen aktive Künstler, sowie Hendrik Wahler, Philosoph des guten Lebens und Coach, haben eine frühere Fassung des gesamten Manuskripts gegengelesen und kritisch kommentiert. Meine Cousine Sabine hat außerdem das Coverbild als Illustration zum Motto dieses Buches gestaltet, ausgehend von einem Kupferdruck mit dem Titel flower falling. Teile durchgesehen und mit mir diskutiert haben des Weiteren Ingrid Parlow, Gründerin des auf Hochsensibilität spezialisierten Festland-Verlags, die Malerin und Kunsttherapeutin Christa Lambertus und die Übersetzerin Claudia Schmidt. Für sein großes Engagement für dieses Projekt danke ich schließlich meinem Lektor vom Schwabe-Verlag Christian Barth, Privatdozent für Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Dagmar Fenner, Tübingen im März 2021