2 minute read

Einspruch – WM

Next Article
1 Beschwörung I

1 Beschwörung I

mit Füllungsfreiheit (wobei man allerdings Vers 14 spondeisch skandieren muss). Verse 15–16: zweimal ein Adoneus, der letzte Vers der sapphischen Ode, der den Schmerz um den Verlust Adonis’ artikuliert: ω των Αδονιν (–vv–v). Also trochäisch feststellende Bild-Montage, die in ihrem Be-Schluss-Stück, den Wäldern, bereits in die Trauer um das Misslingen, den Verlust des gesamten Bildes übergeht. Strophe 3 kehrt zunächst in den Versen 17–19 zu den freien Versen der Exposition zurück, um dann das Gedicht mit einem doppelten Adoneus zu beenden (wobei man Vers20 anders betonen muss, als der natürliche Sprach-Rhythmus nahelegt.)

Mailbox

Advertisement

14.1.2018

Lieber Malte Folgendes schicke ich, als halbverdauten, unsystematischen Brocken, damit Du endlich etwas von mir zu hören bekommst.

Einspruch I

WM – 14.1.2018

→ Seite 15 Lieber Malte Es ist ja nicht so, dass mich die «Kugel» nicht interessieren, anziehen und abstossen, jedenfalls: irritieren würde. Nein, sie tut dies andauernd. Und Deine eindringlichen Corollarien (obwohl per definitionem ‹einfache Schlussfolgerungen›) erleichtern mir die Sache doch auch nicht gerade auf Anhieb. Oder doch? Aber wie?

Ich versuche es ganz von hinten und werde mich, in dieser meiner ersten Epistel, gewiss nicht sehr weit nach vorn durcharbeiten können. Die Metrik also. Fast mit allen Details einverstanden. Nur nehme ich mir dann, wenn ich schon die Klammerbefehle mitbefolgen «muss», meinerseits folgendes Recht heraus: Man schneide bei Vers 9 – 14 jeweils das erste Wort weg (bei V.10 zusätzlich das zweite), um nicht weniger als sechs Adonei zu erhalten, deren Gestalt dann in den Versen 15 / 16 ihre Vollendung erreicht. Was für eine Vollendung

denn? Die völlige Zersetzung: Dem Adoneus (wenn es denn einer sein soll) wird mit metrischer Brutalität das Genick gebrochen, sprich: die Trauer in Spott transformiert. Nicht aber, sofern die mimetische Komponente des Verses bedacht wird: insofern sich nämlich die holprig-bockige Metrifizierung der thematisch beschworenen Undurchdringlichkeit geradezu übereifrig anschmiegt. – Wollte sagen: Bewiesen ist durch das Metrum nichts. (PS: Im übrigen funktioniert der Adoneus – als Adoneus – doch nur, wenn er sentenzhaft die Strophe beschliesst.)

Ein Schritt weiter zurück. Der Trick mit dem Ego / Alter Ego (was das «wir» zu einer Art Pluralis maiestatis verknurrt) ist für mich weder zwingend noch einleuchtend. Ich sehe nirgendwo einen Anhaltspunkt dafür. Es gibt ein Ich, und es gibt ein Du. Beider gemeinsamer Plan war offenbar, eine (Eine!) Kugel zu machen, die ein Innen und ein Aussen hat, und beide wollten «inwendig» dieser (geschlossenen) Kugel sein, was ja, simpel formuliert, ohne Durchbruch der Wandung schon gar nicht geht. Ein unlösbares Paradox, das höchstens auf der Meta-Ebene, für die der Gott-Dichter zuständig ist, gelöst werden könnte. Das Ich und das Du wollen das Unmögliche: eine bewohnbare geschlossene unverletzliche Kugel, die im übrigen ihr Tod wäre, weil sie nicht mehr herausfänden. Das ‹lyrische Ich› oder der Gott-Dichter (oder mit Raeber von anderswo zu sprechen: die Gottkugel) kann dies vergebliche Bemühen thematisieren, sogar in beider Namen «wir» sagen, den ‹natürlichen› Versduktus zertrümmern und die Wörter rückwärts und vorwärts verstäten, jedoch eine kugelige Kugel entsteht dadurch auch auf dieser Ebene nicht. Auch keine Ellipse (wie käme es dazu?). Eher schon eine trilogische Quadratur des Kreises, mit einem Aussen, einem Innen und einer mystischen Ich-Du-besetzten Inwendigkeit.

→ Seite 13(b)

Zu Corollarium I – Die Kunst wäre das Totale. Die beschworene Kugel symbolisiert kein Totales: Sie integriert das Konträre (wie Du selber analysiert hast) nur als additives «und». Die Miniaturwelt der zweiten Strophe ist ein Puppenhaus mit künstlichen Arrangements. Die beschworene Kugel ist nicht die Kunst, sondern ihr Schein.

→ Seite 14

This article is from: