STS-Report Tierausstellungen 2016

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S T S - R E P O R T SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

STS

Tierausstellungen 2016

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

TIERAUSSTELLUNGEN 2016

Inhalt Swiss Expo Lausanne Internationale Katzenausstellung Genf Tier & Technik St. Gallen Internationale Katzenausstellung Uzwil EXPO Bulle, Espace Gruyère Bulle OFFA Frühlings- und Trendmesse St. Gallen LUGA Luzern BEA / BEA Pferd Bern Internationale Hundeausstellung Kreuzlingen Reptilienbörse Etoy Europameisterschaften der Holsteinrasse Colmar, Frankreich Comptoir Suisse Lausanne Vogelausstellung Sursee OLMA St. Gallen Internationale Hundeausstellung Genf Kleintierschau Frauenfeld Schweizerische Taubenausstellung und Nationale Brieftaubenausstellung, Sumiswald

Herausgeber Schweizer Tierschutz STS, Dornacherstrasse 101, Postfach, 4018 Basel Tel. 061 365 99 99, Fax 061 365 99 90, Postkonto 40-33680-3 sts@tierschutz.com, www.tierschutz.com Autorinnen Julika Fitzi-Rathgen, Dr. med. vet. MLaw Isabelle Neuffer, Dr. sc. Agr. Arlette Niederer, Dr. phil. Zoologin Caroline Regenass, med. vet. Sandra Schaefler, dipl. Zoologin Martina Schybli, Dr. med. vet. Sara Wehrli, dipl. Zoologin Anne-Kathrin Witschi, Dr. dipl. Ing. Agr. ETH

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Bilder: © Schweizer Tierschutz STS (falls nicht anders vermerkt)

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TIERAUSSTELLUNGEN 2016

Vorwort Tiere an Ausstellungen stehen an Publikums- und Fachmessen national wie regional hoch im Kurs. Das zeigt sich beispielsweise an der OFFA, BEA, LUGA, OLMA und der Comptoir Suisse an ungebrochen hohen Besucherzahlen, die an den mehrtägigen Veranstaltungen in die Hunderttausende gehen. Häufig stehen die diversen Tierarten im Fokus der Ausstellungen und alles dreht sich «ausschliesslich nur» um sie. Allerdings nicht immer so beispielhaft, wie sich das aus Sicht des Tierschutzes aufdrängen würde. Vielen Besuchern dürfte nicht bewusst sein, dass die ausgestellten Tiere in mehrfacher Hinsicht unter der Ausstellungssituation leiden und der Umgang und die Unterbringung der Tiere oftmals wenig tierfreundlich gestaltet sind. Dass Hunde und Katzen durchgestylt und unnatürlich aufgepeppt seit Jahren nicht nur als begehrte Ausstellungsobjekte, sondern vor allem als Prestigeobjekte herhalten müssen, ist nichts Neues. Seit diese Art von Ausstellungen und Tiervorführungen populär geworden ist und sich auf weitere heimische und exotische Tierarten ausgedehnt hat, steht sie in der Kritik des Tierschutzes. Und obwohl es inzwischen punktuell spezielle Ausstellungsreglemente und Anpassungen der Tierschutzbestimmungen gegeben hat, musste der Schweizer Tierschutz STS in seinen Berichten 2016 leider erneut zahlreiche Verstösse und Übertretungen benennen. Als höchst fragwürdig entpuppten sich insbesondere die grossen besuchten Viehausstellungen. Der Schweizer Tierschutz STS ist nicht gegen Tierausstellungen. Im Gegenteil, er begrüsst diese als Möglichkeit des Treffpunktes und Austausches von Tierhaltern und der übrigen Bevölkerung. Dabei muss den Tierausstellungen allerdings ein Vorbildcharakter zukommen hinsichtlich tierfreundlicher Haltung von und würdevollem Umgang mit den Tieren. Das sind Aussteller und Organisatoren den ihnen anvertrauten Tieren und den Besuchern schuldig. Genau hier möchte der Schweizer Tierschutz STS mit seiner Recherche für die dabei zu beachtenden Tierschutzaspekte sensibilisieren. Julika Fitzi-Rathgen, Dr. med. vet. MLaw

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TIERAUSSTELLUNGEN 2016

Zusammenfassung

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2016 wurden siebzehn Tierausstellungen von internationaler und nationaler Bedeutung, darunter fünf grosse Publikumsmessen (OFFA, LUGA, BEA, Comptoir Suisse, OLMA), vier Kuhausstellungen, jeweils 2 Hunde- und Katzenausstellungen sowie eine Reptilienbörse, eine Sing- und Ziervogel-, eine Kleintier- und eine Brieftaubenausstellung von den Fachleuten des Schweizer Tierschutz STS besucht. Aufgrund unserer letztjährigen Recherche und Kritik konnten auf einigen Ausstellungen Verbesserungen umgesetzt und neu teils vorbildliche Tierhaltungen dokumentiert werden. So wurde an der OLMA beispielsweise eine moderne, tierfreundliche Milchviehhaltung im Freilaufstall mit Melkroboter gezeigt und an der LUGA und der BEA konnten sich Besucher Eindrücke von vorbildlichen Vogel- und Meerschweinchenhaltungen verschaffen. Ebenso positiv erwähnenswert sind aus unserer Sicht die häufiger abwechslungsreich strukturierten Schaf-, Ziegen- und Freilaufgehege an den Publikumsmessen, bei denen die Tiere teilweise mehr Platz, Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten erhielten. Auch die weitestgehend artgerechte Freilaufhaltung der Schweine an der BEA überzeugte uns – ein Genuss, die friedlich lebende Gruppe drinnen und draussen bei ihren Aktivitäten oder auch beim Dösen beobachten zu können. Ein konträres Bild und unverständlich aus Sicht des Tierschutzes bot die Haltung des Mutterschweins mit ihren Ferkeln auf derselben Ausstellung: auf minimalsten Platzverhältnissen eingepfercht und dadurch zur Unbeweglichkeit gezwungen, von nahezu allen Seiten den vielen Besuchern und Berührungen ausgeliefert, ohne jedwede Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeit. So musste das Mutterschwein tagelang ausharren, auch bereits schon 2015 und 2014. Sicher, solche Haltungsformen sind in den Ställen der Landwirte wahrscheinlich leider noch gang und gäbe. Von einer Publikumsmesse mit knapp 300 000 Besuchern darf aber erwartet werden, dass sie ihrem Vorbildcharakter gerecht wird und eine tierfreundliche Haltung zeigt, die gut strukturiert ist und ausreichend Platz für die Tiere und ihren Rückzug garantiert. Auch die Streichelzoos fallen dieses Jahr grösstenteils wieder in die Kritik des Tierschutzes. Regelmässig fehlen hier verhaltensgerechte Strukturen sowie Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten. Die Tiere sind häufig aufgrund der besonderen Ausstellungssituation und den vielen Besuchern und Berührungen überfordert und belastet. Zu den Minimalanforderungen gehören daher unzugängliche Rückzugs- und Ruhezonen sowie geschulte Aufsichtspersonen, die das Einhalten der Ruhezeiten garantieren und die Besucherströme lenken. Zudem müssen auch hier individuelle, auf die jeweils ausgestellten Tierarten, ihre Besonderheiten und Bedürfnisse ausgerichtete Gehege und Strukturen, wie zum Beispiel Klettermöglichkeiten für Ziegen und Knabbermaterial für kleine Wiederkäuer, Esel und Ponys, bereitgestellt werden. Die grössten Kritikpunkte bei den Besuchermessen 2016 waren fehlende Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten, zu knappe, teils auch gegen die Tierschutzverordnung verstossende Platzverhältnisse, fehlender Auslauf bzw. fehlende Bewegungsmöglichkeiten an mehrtägigen Veranstaltungen für in dauernder Anbindung gehaltene Tiere wie Stiere, Kühe, Kälber und Jungrinder sowie in Boxen gehaltene Pferde und Mutterstuten mit Fohlen bei Fuss. Auch, wie beispielsweise an der OLMA, der Transport und die Aufstallung hochträchtiger Kühe sowie die (geplanten) Geburten an den Ausstellungen sind aus Sicht des Tierschutzes wegen der enormen Belastungen für die Tiere nicht tragbar. An der Reptilienbörse in Etoy mussten zahlreiche Tiere in mehr oder weniger kahlen und häufig zu kleinen Plastikbehältern oder Bechern ohne Rückzugsmöglichkeiten ausharren. Vielfach wurde auch die Börsenordnung nicht eingehalten, beispielsweise wegen ungenügender Beschriftungen, Ausstellung und Verkauf von Wildfängen, zu kleinen Behältnissen und Nichteinhalten der Sicherheitsvorschriften. Mäuse und Ratten konnten als lebende Futtertiere auch gleich mit eingekauft werden. Die Tiere wurden nebst ihren Belastungen durch die unmittelbare Nähe ihrer Feinde und


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der vielen Besucher zum grössten Teil nicht artgerecht präsentiert und ihre Haltung entsprach nicht der Tierschutzverordnung. An den Hunde- und Katzenausstellungen zeigt sich jedes Jahr das gleiche tierschutzwidrige Bild: strapazierte und in ihrem natürlichen Habitus stark eingeschränkte Tiere durch übermässiges Zurechtmachen, Hochzerren und Würgen an Leinen und Halsbändern, unzureichende Käfig- und Boxenhaltung, vermenschlichte und aufgrund ihres äusseren Erscheinungsbildes erniedrigte Tiere mit hohen Stress Scores. Hier scheinen die Veranstaltungs- und Organisationsverantwortlichen sowie die Aussteller gegenüber Tierschutzverbesserungen besonders resistent zu sein. In besonderem Masse sind 2016 die vier besuchten Kuhausstellungen in die Kritik geraten. Hier versuchten die Züchter und Aussteller sich gegenseitig im Wettbewerb zu übervorteilen auf Kosten ihrer gutmütigen Tiere. Das Motto: Je grösser und voller das Euter, desto sicherer der Sieg. Bei kaum einer Kuh wurden die gewohnten Zwischenmelkintervalle von 12 Std. eingehalten, fast alle Kühe hatten verklebte Zitzen um den Milchfluss zu stoppen, angeschwollene, harte, zum Bersten gefüllte Euter. Die meisten konnten deswegen kaum noch normal laufen und auch hier war das übermässige Zurechtmachen mit Lack, Gel, Spray und Puder inklusive Abrasur der Tasthaare an Maul und Augenbrauen, die Eintrittskarte in die grosse Arena. Die gezeigten Prozeduren verstossen aus Sicht des Tierschutzes nicht nur in vielerlei Hinsicht gegen die gesetzlichen Bestimmungen und Reglemente, sondern sind in höchstem Masse Ausdruck profitorientierter Zucht und Haltung, ohne Rücksicht auf Tierwohl und -gesundheit. An einigen Ausstellungen ist uns auch ein grober, rücksichtsloser Umgang mit den ausgestellten bzw. vorgeführten Tieren aufgefallen. Wir appellieren daher, bei den Präsentationen darauf zu achten, dass alle Tiere korrekt und mit der nötigen Geduld vorgestellt werden. Bei den Vorführungen ist regelmässig mit einem grossen, teils weniger erfahrenem Publikum zu rechnen und die verschiedenen Präsentationen dürfen nicht dazu führen, dass schlechte Beispiele kritiklos übernommen werden. Auf tierquälerische Auswüchse muss zwingend verzichtet werden – nicht nur aus gesetzlicher Sicht, sondern auch wegen der Würde und Verantwortung gegenüber dem anvertrauten Tier und dem Beispielcharakter, die Tier-Präsentationen vor Publikum grundsätzlich mit sich bringen.

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SWISS EXPO LAUSANNE

Swiss Expo Lausanne 14. bis 17. Januar 2016, besucht am 14. Januar 2016

Zusammenfassung

An der Swiss Expo in Lausanne wurden in einem gut organisierten Rahmen ca. 1000 Kühe in zahlreichen Kategorien präsentiert. Während der Umgang mit den Tieren und die Haltung der Kühe vor Ort überwiegend positiv zu bewerten ist, bleiben noch offene Fragen, was die Vorbereitung und Präsentation der Kühe an einzelnen Schauen angeht.

Allgemeines

An dieser Ausstellung, welche zu den grössten der Schweiz zählt, waren rund 1000 Kühe und 150 Aussteller angemeldet. Die Swiss Expo hinterliess allgemein einen guten Eindruck. Die für die Aufstallung, Vorbereitung und Präsentation nötige Infrastruktur wurde von den Messeorganisatoren bereitgestellt. Der Umgang mit den Tieren innerhalb und ausserhalb der Arena durch die Züchter bzw. Kuhbesitzer wurde zum allergrössten Teil als ruhig und schonend beurteilt. Sowohl im Stall als auch in der Arena wirkten die meisten Tiere entspannt und eine Kuh konnte in der Arena sogar beim Wiederkäuen beobachtet werden.

Beobachtungen

Die Temperatur in der Arena und in den Ställen war am Besuchstag relativ kühl und somit ideal für die Kühe (geschätzt zwischen 14 und 18 °C). Auch die Luftqualität sowohl in der Arena als auch im Stall war sehr gut.

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Beobachtungen in der Arena Insgesamt wirkten alle Beteiligten sowie der grösste Teil der Kühe im Vorführring ruhig und routiniert;


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SWISS EXPO LAUSANNE

dies trotz der teilweise recht lauten Musik. In der Arena konnten durchschnittlich 75 bis 90 Dezibel gemessen werden. Vereinzelte Spitzen lagen aber doch bei rund 100 Dezibel, allerdings schien die Lautstärke die Kühe nicht zu beunruhigen. Die meisten Tiere waren es sichtlich gewohnt, geführt zu werden, und liessen sich vom Geschehen um sie herum nur wenig beeindrucken. Einzig ein Preisrichter, der seine Entscheidung mittels einem kurzen Sprint sowie einem Klaps auf die Hinterhand der von ihm jeweils prämierten Kuh kundtat, verursachte durch seine schnellen Bewegungen einzelne Schreckreaktionen. Auch wenn sein Verhalten vom Publikum sehr geschätzt wurde, weil es ein Showelement hinzufügte, wäre es aus Gründen der Tierfreundlichkeit begrüssenswert, wenn er sich den Kühen etwas langsamer nähern würde. Ein junger Mann, der verschiedene Kühe in die Arena führte, ging auffallend grob mit den Tieren um und versuchte dann auch, via Nasengriff ein nervöses Tier zu bändigen – die Kuh muhte daraufhin laut (Abb. 1). Zusätzlich massregelte er eine Kuh mit dem ledernen Ende des Führstrickes auf die Nase.

Abb. 1: Unnötiger und schmerzhafter Nasengriff bei einer Kuh in der Arena. Ein weiterer junger Mann, der im Auftrag der Messeorganisatoren als Antreiber im Ring aushalf, verdrehte mehreren Kühen, die nicht mehr vorwärtsgehen wollten, den Schwanz. Das Schwanzdrehen ist in der Tierschutzverordnung ausdrücklich verboten. Einige Vorführer nutzten auch eine Halfterkette ohne Stopp (Abb. 2 u. 3) für das Herumführen der Tiere in der Arena. Das Straffziehen der Kette schien den Kühen wegen der Abwehrreaktionen offensichtlich sehr unangenehm zu sein und dürfte ihnen höchstwahrscheinlich Schmerzen bereitet haben.

Abb. 2: Die Halfterkette ohne Stoppvorrichtung ist beim Führen oder Halten für die Kühe unangenehm und fest angezogen auch mit Schmerzen verbunden.

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Abb. 3: Halfterkette ohne Stoppvorrichtung. In der Arena wurde bei verschiedenen Kühen beobachtet, dass aus einzelnen Zitzen Milch tropfenweise oder im Strahl austrat. Anderen Kühen war anhand des sehr prallen, gespannten Euters und des abweichenden Gangbildes (Abduktion der Hintergliedmassen) anzusehen, dass sie schon lange nicht mehr gemolken worden waren (Videoaufnahmen vorhanden). Bei einigen Kühen waren durchsichtige Kappen auf den Zitzen zu erkennen, bei anderen ragten Fasern aus dem Strichkanal, vermutlich von Zitzenstiften, welche eigentlich bei Euterverletzungen eingesetzt werden. Dessen ungeachtet wurden diese Tiere nicht ausgeschlossen. Es ist in diesem Zusammenhang allerdings nicht klar, ob hier gegen den aus Tierschutzsicht teilweise schwammigen und ungenügenden «Ehrenkodex» der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Rinderzüchter verstossen wurde (siehe hierzu auch die Beobachtungen im Stall). Denn das «äusserliche Versiegeln der Zitzen, solange das Wohlbefinden der Kuh nicht negativ beeinflusst wird» zählt im Ehrenkodex zu den erlaubten Hilfsmitteln. Als verbotene Handlungen werden hingegen «jede Verwendung von Leim oder von mechanischen Hilfsmitteln zur Veränderung der Zitzenform und -stellung» sowie «jeglicher Eingriff am Euter mit Hilfe von Substanzen und anderen Hilfsmitteln (mechanisch, physisch oder elektrisch), welche die natürliche Form des Euters verändern oder das Wohlbefinden des Tieres beeinträchtigen» aufgeführt. Die Tierschutzverordnung verbietet in Art. 17 «mechanische, physikalische oder elektrische Eingriffe am Euter und lange Zwischenmelkzeiten, welche die natürliche Form des Euters verändern oder zu einem unnatürlichen Füllungszustand führen.» Bei der Prämierung war aus Tierschutzsicht positiv zu werten, dass die Richter auch Kühe vorne rangierten, welche keine übervollen Euter aufwiesen. Dies nicht nur bei den regulären Kategorien, sondern auch bei den Wahlen zur «Miss Schöneuter». Beim Eingang hinter der Arena lief während des Besuches alles ruhig und geordnet ab. Ein Teil des Eingangsbereiches war auch eingestreut. Ein paar Tiere mussten ausserhalb des Eingangsbereiches warten, konnten aber an verschiedenen Vorrichtungen angebunden werden. Es waren auch immer mehrere Personen vor Ort, die die Tiere betreuten.

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Beobachtungen im Stall Die Kühe waren auf zwei Stockwerken in sehr geräumigen Hallen untergebracht. Die Stallgänge konnten von Besuchern ungehindert betreten werden, sodass grundsätzlich auch das Berühren oder gar Belästigen der Tiere möglich waren. Die anwesenden Tierbetreuer, die sich aufmerksam um die Kühe kümmerten, hatten allerdings im Rahmen unserer Beobachtungen einen guten Überblick über die Situation. Generell jedoch sind aus Sicht des Tierschutzes Abgrenzungen zu den Tieren empfehlenswert, damit diese von den Besuchern nicht ständig berührt werden können. Der Geräuschpegel war in den Ställen vergleichsweise ruhig, obwohl viele Leute dort waren.


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Für jede Kuh war ein reichlich mit Stroh eingestreuter und ausreichend grosser Liegeplatz vorhanden. Allerdings ist zu bemängeln, dass aufgrund der Gestaltung der Liegereihen (senkrechte Wand vor den Kühen) der Kopfschwung beim Aufstehen nur denjenigen Kühen möglich war, die vergleichsweise lang angebunden waren. Das Tierschutz-Kontrollhandbuch Rinder des BLV fordert, dass Anbindevorrichtungen dem Tier genügend Spiel in der Längsrichtung und in der Vertikalen geben müssen, damit ein artgemässes Aufstehen, Abliegen, Sich-Lecken sowie Zurücktreten möglich ist. Die in einem Teil der Stallungen vorgefundenen sehr kurzen Anbindungen erfüllten diese Anforderungen nicht (Abb. 4).

Abb. 4: Zu kurz angebundene Kühe. Von jedem Standplatz aus konnten die Tiere eine Selbsttränke (eine Tränke pro 2 Tiere) erreichen. Im oberen Bereich waren grosse Fenster vorhanden, sodass die Kühe neben dem künstlichen Licht auch vom Tageslicht profitieren konnten. Die Gänge waren trocken und rutschfest. Die Kühe waren alle ständig unter Aufsicht, da Urin und Kot meist direkt am Tier in Eimern aufgefangen wurden, um eine Verschmutzung zu verhindern. Für die Vorbereitung der Kühe standen zahlreiche spezielle Fixiereinrichtungen für das Kuhstyling zur Verfügung. In diesen Ständen wurden die Kühe überwiegend mit sehr hoch gehaltenem Kopf kurz angebunden. Wie lange die einzelnen Kühe in dieser unnatürlichen und vermutlich auch belastenden Position verbleiben mussten, konnte nicht erfasst werden. Beim Stallrundgang wurde ein junger Mann beobachtet, der mit einer Tube Sekundenkleber und einem Papier in der Hand unter einer Kuh hervorkam. Wir müssen davon ausgehen, dass zumindest diesem Tier die Zitzen mit diesem Kleber zugeklebt wurden. Auch wenn das äusserliche Versiegeln der Zitzen ohne Beeinträchtigung des Wohlbefindens der Kuh gemäss dem oben zitierten Ehrenkodex gestattet ist, so kann damit wohl kaum die Verwendung von Sekundenkleber gemeint sein. Die Verwendung von Sekundenkleber am oder im Strichkanal ist aus Sicht des STS sehr tierschutzrelevant, da Sekundenkleber, im Gegensatz zum sonst verwendeten Collodium, hart wird und dem umliegenden Gewebe schnell und stark anhaftet. Sollte Sekundenkleber in den Zitzenkanal gelangen und diesen verschliessen, muss man sich die Frage stellen, wie dieser ohne das Wohlbefinden des Tieres zu beeinträchtigen wieder entfernt werden kann. (Abb. 5)

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Abb. 5: Die Verwendung von Sekundenkleber als Zitzenverschluss ist tierschutzwidrig. Für das Melken der Tiere standen fixe Melkstände sowie mobile Melkmaschinen in ausreichender Menge zur Verfügung (Abb. 6). Immer wieder konnte beobachtet werden, dass Tierbesitzer unmittelbar nach der Vorführung in der Arena mit dem Melken ihrer Tiere begannen. Diese Vorgehensweise, den Tieren rasch Erleichterung zu verschaffen, wird vom STS begrüsst, zeigt aber auch die Tierschutz-Problematik des heutigen Ausstellungswesens. Allen Beteiligten ist sehr wohl bewusst, dass man mit den künstlich verlängerten Zwischenmelkzeiten die Kühe belastet und ihnen Schmerzen zumutet. Aussteller und Verbände sind offenbar nicht willens, das Tierwohl an die erste Stelle zu setzen.

Abb. 6: Mobile Melkmaschine im Einsatz. Ausser den an den Schauen vorgestellten Rindern und Kühen wurden an der Messe auch drei Kälber sowie zwei Vertreter einer Fleischrinderrasse präsentiert. Die drei Kälber, die im September letzten Jahres zur Welt kamen, waren in einer ruhigen Ecke der Halle in einem Laufstall untergebracht (Abb. 7). Die beiden Blauweissen Belgier hingegen wurden während der Ausstellung angebunden gehalten.

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Abb. 7: Den Kälbern stand eine ruhige Ecke mit Laufstall zur Verfügung.

Fazit und Forderungen STS

Tierausstellungen nehmen aus Sicht des Schweizer Tierschutz STS Vorbildfunktion ein. An den Ausstellungen werden Tiere und Haltungsformen einem grossen Publikum präsentiert. Es besteht der allgemeine Anspruch an Aussteller und Messeverantwortliche, den Besuchern eine möglichst tierfreundliche und artgerechte Haltung aufzuzeigen und dabei mit guten und umsetzbaren Beispielen voranzugehen. Dies gilt umso mehr, als dass vom Bund Viehschauen mit Punktierung jährlich mit 300 000 Franken bezuschusst werden. Die Messe hinterliess in vielen Punkten einen positiven Eindruck, z. B. die gute Gesamtorganisation der Abläufe, die gute Versorgung der Tiere im Stall mit Futter und Einstreu und die Prämierung von Kühen mit normal gefüllten Eutern. Was aus Tierschutzsicht nicht akzeptabel ist, war der grobe Umgang einiger Personen mit den Kühen, das Zitzenverkleben (Sekundenkleber!) und andere beobachtete Manipulationen an den Zitzen und deutlich verlängerte Zwischenmelkzeiten bei verschiedenen Kühen, was sich in übervollen Eutern samt unnatürlichen Gang dieser Tiere äusserte. Aus Sicht des STS sollten Organisatoren/Richter solche Tiere ausschliessen. Der in Teilen schwammige und unbefriedigende «Ehrencodex» muss nach Meinung des STS bezüglich dieser Punkte konkretisiert werden. Er bevorteilt Züchter, die auf überlange Zwischenmelkzeiten und Manipulationen an den Zitzen setzen und damit Leiden und Schmerzen ihrer Tiere bewusst in Kauf nehmen. Das Nachsehen haben Züchter, denen das Tierwohl wichtiger ist als ein übervolles, schmerzhaftes Euter!

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INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG GENF

Internationale Katzenausstellung Genf 30. und 31. Januar 2016, besucht am 30. Januar 2016

Zusammenfassung

An der zweitägigen, internationalen und gerichteten Katzenausstellung in Genf (Centre Ramada, Carouge) wurden insgesamt 305 Rassekatzen in total 188 Käfigen ausgestellt. Organisiert wurde die Ausstellung von der Société Féline Genevoise. Vertreten waren die folgenden Rassen: Exotic Shorthair, Perserkatze, Ragdoll, Heilige Birma, Maine Coon, Neva Masquerade, Norwegische Waldkatze, Sibirische Waldkatze, Cornish Rex, Devon Rex, Peterbald, Sphynx, Bengalkatze, British Shorthair, Burma-Katze, Kartäuser-Katze, Koratkatze, Ägyptische Mau, Ocicat, AbessinierKatze, Oriental Shorthair sowie Siamese. Die meisten Aussteller stammten aus der Schweiz oder Frankreich, einige wenige aus Italien. Die STS-Fachleute vor Ort begutachteten die Einrichtung der Käfige, aber auch das Verhalten der ausgestellten Katzen. Ein Augenmerk richteten sie auch auf allfällige Belastungsanzeichen bei problematischen Zuchtformen (bspw. Augenausfluss bei Persern und Exotic Shorthair mit stark verkürzter Nase, fehlende Schnurrhaare oder Kältezittern bei Nacktkatzen der Rasse Sphynx). Es wurden Stress Scores1 von 1–5 festgestellt, wobei sich ein Grossteil der Tiere im Bereich 2–4 befand. Die gemessene Atemfrequenz pro Minute variierte stark zwischen 21 Atemzügen bei sehr entspannten Tieren und 137 Zügen bei deutlich verängstigten Individuen. Es war auffällig, wie unterschiedlich entspannt, respektive verängstigt, die einzelnen Katzen waren. Während manche Tiere ausgestreckt schliefen und dabei vertrauensvoll den ungeschützten Bauch präsentierten, versteckten sich andere unter ihren Bettchen oder hinter den Vorhängen oder lagen eng zusammengerollt, mit flacher Flankenatmung und geweiteten Pupillen in ihren Käfigen. Gelegentlich wurden bei gemeinsam in einem Käfig befindlichen Tieren aggressive Interaktionen beobachtet – das unterlegene Tier hatte kaum eine Möglichkeit, dem überlegenen Artgenossen auszuweichen oder ihn zu beschwichtigen. Einzelne Kater waren durch die Nähe potentieller

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1 Erläuterung siehe Abschnitt 2.


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Rivalen erregt und drohten gegeneinander, jaulten einander auch über die Besuchergänge hinweg an oder markierten in den Warteboxen hinter der Jury (wo mutmasslich schon andere Kater ihre Spuren hinterlassen hatten – auch wenn diese Boxen jedes Mal nach Entnahme eines Tieres mit einem Tuch desinfiziert wurden).

Nacktkatze Auch bei der Prämierung gab es Individuen, die praktisch alles widerstandslos mit sich anstellen liessen und die neugierig auf das Federspiel von Richterin oder Halter reagierten und solche, die sich schon beim Warten aus den Armen ihrer Besitzer zu winden versuchten oder die auf dem Richttisch rasch die Geduld verloren und ärgerlich miauten oder fauchten. Aus Sicht des STS stellt sich die Frage, weshalb die ZüchterInnen Tiere an eine Ausstellung mitnehmen, die offensichtlich unter der Situation leiden: Hier wird die Chance auf einen Preis offenbar höher gewichtet als das Tierwohl. Bei einer Perserkatze mit leichtem Augenausfluss und Sphynx-Katzen mit fehlenden Schnurrhaaren konnten rassebedingte körperliche Beeinträchtigungen festgestellt werden. Dass die Nacktkatzen offenbar nicht froren, mag an der relativ hohen Raumtemperatur von 23 °C gelegen haben. Die Wartezeiten im Richtbereich betrugen zwischen fünf und zehn Minuten. Der Umgang der RichterInnen mit den Tieren war zu jedem Zeitpunkt sorgsam, respektvoll und professionell; das eigentliche Richten dauerte selten länger als fünf Minuten. Einige Male wurde auffälliges Zurechtmachen der Katzen durch ihre Warten auf die Jury … Halter beobachtet – meist kurz vor dem Auftritt

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der jeweiligen Tiere vor der Jury. Es wurden Haarsprays und Feuchttücher (letztere bei den Nacktkatzen) verwendet und die Tiere wurden teilweise «energisch» gebürstet. Von den 188 aufgestellten Käfigen waren ein gutes Drittel – total 68 Käfige – Einzelkäfige. Bedenklich viele Käfige erfüllten die Ausstellungsstandards (siehe Abschnitt 2) nicht oder nur ungenügend. So verfügte mehr als die Hälfte aller Käfige über keinerlei geeignete Rückzugsmöglichkeit für die Katzen, in mindestens 20 Käfigen fehlte ein Katzenkistchen, und in einigen weiteren war die Einstreu des Kistchens Der Umgang der RichterInnen mit den Tieren mit einem Tuch abgedeckt und das Katzenklo war rücksichtsvoll. auf diese Weise zu einem weiteren Liegeplatz umfunktioniert. Während unseres Besuchs lagen jeweils über ein Dutzend Katzen im Katzenkistchen, und 26 Tiere versteckten sich augenfällig (weil nur behelfsmässig) unter ihren Bettchen oder zwischen Vorhang und Gitter. 32 Käfige verfügten zum Besuchszeitpunkt über keine oder leere Wassernäpfe. In einigen wenigen Fällen war der Einzelkäfig für das darin untergebrachte Tier (i. A. Maine Coon-Katzen) eher zu klein, so dass die Vertreter dieser grossen Rasse nur knapp ausgestreckt liegen konnten. Benutzte Katzenklos konnten nur wenige entdeckt werden – nicht selten nutzen die Katzen das Kistchen lieber als Liegeplatz (evtl. wegen kühler Unterlage oder mangels anderer Schlaf- und Rückzugsmöglichkeiten). Insgesamt machte die Ausstellung, was den Umgang mit den Tieren, das Richten und die Atmosphäre (Lautstärke, Temperatur, Hygiene und Geruch) sowie die gezeigten Rassen betraf, einen akzeptablen Eindruck. Nicht in Ordnung war aus Sicht des STS jedoch die teilweise mangelhafte Durchsetzung des Ausstellungsreglements (fehlender Rückzug, fehlendes Wasser, fehlende Katzenkistchen) und die Tatsache, dass mindestens sechs Katzen2 mit extrem hoher Atemfrequenz und gut zwei Dutzend sich versteckende Katzen beobachtet werden konn- Nicht selten ruhten die Katzen notgedrungen ten – Tiere, die unter der Ausstellungssituation in ihrer Toilette. offensichtlich massiv litten.

Allgemeines

Die Katzen wurden in Käfigen der Fläche 140 x 70 cm (Doppelkäfig) oder 70 x 70 cm (Einzelkäfig) mit einer Käfighöhe von 70 cm ausgestellt. Die Käfige waren unterschiedlich gut eingerichtet. Jeweils 20–30 Käfige bildeten insgesamt sieben grosse Rechtecke (A–G), in deren Mitte die KatzenbesitzerInnen und ZüchterInnen ihre Tiere beaufsichtigten und für den Auftritt vor der Jury vorbereiteten. Die BesucherInnen bewegten sich entlang der Aussenseiten dieser Rechtecke. Im hinteren Bereich des Ausstellungssaales waren zudem zwei einzelne Käfigreihen mit weiteren Tieren vorhanden (H–I). Am Vormittag des Besuchstages war deutlich weniger Publikum zugegen als am Nachmittag.

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2 Wobei die STS-Beobachterinnen nur die Atemfrequenz einer Katze in jedem zweiten Käfig erhoben – so dass die tatsächliche Anzahl derart belasteter Tiere höchstwahrscheinlich noch deutlich höher gewesen sein dürfte!


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Das Richten der Katzen fand im gleichen Saal statt wie die Ausstellung. Die RichterInnen sassen an einzelnen Tischen, hinter ihnen waren 32 Wartekäfige aufgereiht. In diesen Käfigen gab es keinerlei Sitzunterlage oder Sichtschutz. Manche Katzen warteten in den Käfigen auf den Auftritt vor der Jury, andere wurden von ihren Besitzern in den Armen gehalten. Das Ausstellungsreglement war sehr kurz gehalten und lediglich in der Ausschreibung unter www.ffh.ch/docs/Ausschreibungen/Genf_16_2.pdf einsehbar. Am Samstag wurden schwerpunktmässig Katzen der Rasse Maine Coon gerichtet (Best in Show), am Sonntag der Rasse British Shorthair. Die Tiere sollten am ersten Ausstellungstag zwischen 7.15 Uhr und 9.00 Uhr angeliefert werden, die Ausstellung dauerte von 10.00 bis 18.30 Uhr. Die Räumlichkeit war gut geheizt (23 °C), das Raumklima leicht stickig. Der Lärmpegel lag mit durchschnittlich 70 Dezibel im erträglichen Rahmen. Gemäss Ausstellungsreglement obligatorisch waren Vorhänge an den Käfigen, eine Sitzunterlage, Wasser und ein Katzenkistchen. Trotzdem verfügten längst nicht alle am Samstag angetroffenen Käfige über (gefüllte) Wassernäpfe oder Katzenkistchen! Andere Aussteller hatten offensichtlich viel Sorgfalt und Bedacht in die Einrichtung der Käfige investiert. Zwar waren auch Käfige anzutreffen, die wohl vor allem dem Auge des menschlichen Betrachters gefallen sollten und die beinahe den Eindruck feudaler Puppenhäuser machten, doch einige Käfige verfügten über eine Einrichtung, die dem Tierwohl wirklich dienlich war, etwa mittels Vorhängen abgeschirmte

Längst nicht jeder Katze wurde wie auf diesem Bild ein obligatorisches Katzenkistchen zur Verfügung gestellt. Katzentoiletten, Schlafzelte mit allseitigem Sichtschutz, oder Hängematten. Gemäss veterinärpolizeilichen Vorschriften mussten sämtliche Katzen gegen feline Panleukopenie, Calici-Virus und Herpes geimpft sein; Tiere aus dem Ausland zusätzlich gegen Tollwut. Die Katzen durften über Nacht nicht in den Käfigen bleiben, aber die Ausstellung auch nicht vor deren Ende verlassen. Wo die Tiere die Nacht verbrachten – ob mit ihren Haltern in Hotelzimmern oder separat in speziellen Räumlichkeiten – ist uns nicht bekannt. Das Mitführen von Hunden war verboten. Vor Ort wurden keine Tiere zum Verkauf angeboten; der Verkauf von Jungtieren war gemäss Reglement explizit verboten. Einige Züchter bewarben allerdings per Plakat ihre bereits erfolgten oder demnächst zu erwartenden Würfe zum Verkauf. In den Einzelkäfigen befand sich jeweils nur ein Tier, in den Doppelkäfigen waren zwei bis maximal drei Tiere untergebracht. Die Standard-Einrichtung der meisten Käfige bestand aus einer weichen Unterlage, einem oder zwei Bettchen, Häuschen oder «Zelten», Vorhängen (meist seitlich

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zu den benachbarten Käfigen hin, eher selten auch nach vorne gegen das Publikum), einem Katzenkistchen, einer Wasser- und einer Futterschale, sowie zwei, drei Spielzeugen (die allerdings kaum benutzt wurden).

Überzüchtete Perserkatze mit konkaver Nasenform. Die STS-Besucherinnen bewerteten das Verhalten der Katzen nach dem Cat Stress Score3 (CSS). Diese Methode zur Einschätzung zunehmender Belastungs-Levels bei Hauskatzen aufgrund von Körperhaltung und Verhalten wurde ausserdem mit der Atemfrequenz (Atemzüge/Minute) kombiniert, so dass ein ziemlich aussagekräftiges Bild von der jeweiligen Befindlichkeit einer Katze entstand.4 Ein CSS von 1 gilt als entspannt und nicht belastet, ein CSS von 6 bedeutet maximale Belastung des Tieres. Die Atemfrequenz reicht von ca. 20 Atemzügen bei der friedlich schlafenden Katze bis zu >130 Atemzügen pro Minute bei einem stark verängstigten, extrem angespannten Tier. Im Eingangsbereich der Ausstellung wurde verschiedenes Katzenzubehör beworben und verkauft, darunter auch ein Laserpointer-Spielzeug, das für die Katzenaugen nicht ungefährlich und für das Tier ausserdem frustrierend ist, und ein Ausstellungstisch mit daran montiertem «Galgen» zur Befestigung eines Hundes oder allenfalls auch einer Katze an straff nach oben gespannter Leine – ein Utensil, das auf Hundeausstellungen in der Schweiz explizit verboten ist.

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3 Kessler & Turner (1997) 4 Sowohl CSS wie auch Atemfrequenz wurden nur in jedem zweiten Käfig erhoben, widerspiegeln folglich auch nur eine Übersicht über 50 % der anwesenden Tiere!


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Die Ausstellung im Detail

Sphynx-Katze ohne Schnurrhaare.

Mangels echter Rückzugsmöglichkeiten versteckt sich diese Katze behelfsmässig unter ihrem Bettchen.

Rechteck A bestand aus 16 Doppel- und 16 Einzelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 28 Tiere in diesem AusstellungsRechteck. In 13 Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. In drei Käfigen fehlte Wasser, in 12 Käfigen gab es keinerlei Spielzeuge. Zwei Käfige waren für die darin gehaltenen Katzen knapp bemessen. Eine der ausgestellten Katzen befand sich zum Zeitpunkt der Erhebung im Katzenklo ruhend. Drei Tiere versteckten sich unter ihrem Bettchen oder hinter einem Vorhang. Eine Norwegische Waldkatze hatte eine Atemfrequenz von 135 Atemzügen pro Minute, und ein sehr grosser, schwarzer Maine Coon sabberte Speichelfäden (evtl. aufgrund der Aufregung). Den Sphynx-Katzen fehlten die Schnurrhaare – mit solchen Katzen dürfte gemäss Schweizer Tierzuchtverordnung nicht mehr gezüchtet werden! Es wurden CSS von 2–5 festgestellt (schwach entspannt bis verängstigt). Rechteck B bestand aus 17 Doppel- und 14 Einzelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 27 Tiere in diesem AusstellungsRechteck. In 18 Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. In einem Käfig fehlte Wasser, acht Käfige waren ohne Spielzeug. Zwei Käfige waren für die Grösse und Anzahl der darin gehaltenen Katzen knapp bemessen. Drei Katzen sassen oder lagen im Katzenklo, und zwei versuchten sich «verzweifelt» unter ihrem Bettchen zu verstecken. Eine Maine Coon hatte kein Katzenklo zur Verfügung. Drei Sibirische Waldkatzen sassen zusammengekauert und starr in ihren Käfigen, hatten erweiterte Pupillen und seitlich gestellte Ohren, und eines der Tiere zitterte sogar und hatte eine Atemfrequenz von 132 Atemzügen/Minute. Es wurden CSS von 1–5 festgestellt (entspannt bis verängstigt).

Rechteck C bestand aus 16 Doppel- und 14 Einzelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 27 Katzen in diesem AusstellungsDieser Käfig erfüllte die Vorgaben gleich Rechteck. In 15 Käfigen fehlten geeignete mehrfach nicht. Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. In ganzen 11 Käfigen fehlten Katzentoiletten. Neun Käfige waren ohne Wassernapf oder mit leerer Wasserschüssel. In neun Käfigen fehlten Beschäftigungsmöglichkeiten (Spielzeuge). Vier Katzen versteckten sich behelfsmässig. Mehrere Ragdolls hatten keine Katzenkistchen in ihren Käfigen; an einigen Käfigen fehlten Vorhänge. Bei je einer Ragdoll zweier verschiedener Züchter fehlten Rückzugsmöglichkeiten, Katzenklo und Wasser im Käfig. Es wurden CSS von 1–3 festgestellt (entspannt bis gespannt).

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INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG GENF

Rechteck D bestand aus 12 Doppel- und 16 Einzelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 24 Katzen in diesem Ausstellungs-Rechteck. Eine Katze lag im Katzenkistchen. Ganze 11 Katzen versteckten sich unter ihren Bettchen, hinter Vorhängen oder, teilweise zu zweit, in ihren Häuschen/Zelten. In 11 Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. Drei Käfige waren ohne Wasser. In 18 Käfigen fehlten Spielzeuge. Es wurden CSS von 1–3 festgestellt (entspannt bis gespannt). Rechteck E bestand aus fünf Doppel- und 12 Einzelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 14 Katzen in diesem Ausstellungs-Rechteck. In zehn Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. Drei Katzen dösten in ihrem Katzenklo, zwei versteckten sich. Zwei Ragdolls hatten kein Katzenkistchen zur Verfügung. In vier Käfigen fehlte Wasser, in 11 Käfigen jegliches Spielzeug. In einem Einzelkäfig war ein Spiegel montiert, der den Käfig zwar optisch vergrösserte und eine Rückansicht der Katze ermöglichte, jedoch auch wertvollen Platz einnahm, der für andere Strukturen (Liegeplätze) fehlte. Bei einer Ragdoll fehlten Rückzug, Katzenkistchen und Beschäftigungsmöglichkeiten (Spielzeug) im Käfig. Es wurden CSS von 2–4 festgestellt (schwach entspannt bis stark gespannt). Rechteck F bestand aus zehn Doppel- und zehn Einzelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 17 Katzen in diesem Ausstellungs-Rechteck. In neun Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. Ebenfalls neun Käfige waren ohne Wasser, 14 ohne Spielzeuge. Eine Katze schlief im Katzenkistchen. Vier versteckten sich behelfsmässig. Ein Perser im ersten Käfig der Reihe (mit Schild F) hatte tränende Augen und eine Atemfrequenz von 125 Atemzügen in der Minute. Es wurden CSS von 1–5 festgestellt (entspannt bis verängstigt).

Perserkatze mit sehr kurzer Nase. Rechteck G bestand aus 14 Doppel- und zwei Einzelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 17 Katzen in diesem Ausstellungs-Rechteck. In neun Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. Sechs Käfige waren ohne jegliche Beschäftigungsmöglichkeit (Spielzeuge). Drei Katzen benutzten ihr Katzenklo als Ruheplatz. Es wurden CSS von 1–2 festgestellt (entspannt bis schwach entspannt).

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Linie H umfasste sechs Doppel- und zwei Einzelkäfige. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 13 Katzen in dieser Käfigreihe. In sieben Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/


12/2016

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INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG GENF

Sichtschutz. Ein Käfig verfügte über keine Wasserschale, in drei Käfigen gab es kein Spielzeug. Eine Katze hatte eine Atemfrequenz von 120 Atemzügen/Minute. Es wurden CSS von 1–3 festgestellt (entspannt bis gespannt). Linie I umfasste drei Doppel- und vier Einzelkäfige. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total neun Katzen in dieser Käfigreihe. In drei Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/ Sichtschutz. In zwei Käfigen fehlte Wasser, in fünfen das Spielzeug. Es wurden CSS von 2–3 festgestellt (schwach entspannt bis gespannt).

Fazit und Forderungen STS

Aus Tierschutzsicht waren an der Katzenausstellung in Genf vor allem zwei Sachverhalte zu kritisieren: einerseits das Mitführen von Tieren, welche der Ausstellungssituation aufgrund ihres Nervenkostüms nicht gewachsen waren und andererseits die Tatsache, dass der Veranstalter der Einhaltung des Ausstellungs-Reglements viel zu wenig Nachdruck verschaffte. Grundsätzlich enthielt das Reglement die wichtigsten Aspekte einer tiergerechten Haltung von Katzen an einer Ausstellung – eine Sitzunterlage, ein Katzenkistchen, Vorhänge als Sichtschutz und eine Trinkgelegenheit. Leider wurden diese Anforderungen jedoch in viel zu vielen Fällen vor Ort nicht oder nur teilweise erfüllt. Es ist uns schleierhaft, wie es dem Veranstalter entgangen sein sollte, dass in zahlreichen Käfigen die Katzenkistchen fehlten oder zweckentfremdet wurden, dass die Wasserschüsseln fehlten oder leer blieben, oder dass Katzen ohne jeglichen Sichtschutz dem Publikum ausgesetzt waren! Ebenso fragwürdig erscheint die Tatsache, dass etliche Tiere deutliche Anzeichen einer beträchtlichen Belastung zeigten (sehr hohe Atemfrequenz, Körpersprache, die klar auf Angst schliessen lässt) und trotzdem dem Richter vorgeführt oder zwei Tage lang in rückzugslosen Käfigen den Blicken fremder Menschen und Gerüchen und Stimmen fremder Katzen ausgesetzt wurden. Eine junge Katze, die künftig an weiteren Ausstellungen teilnehmen soll, kann nur positive (oder zumindest nicht belastende) Erfahrungen mit solchen Anlässen sammeln, wenn auf ihre Bedürfnisse möglichst Rücksicht genommen wird! Ansonsten wird das Tier jede weitere Ausstellung als angstbesetzte Situation erleben. Ein solches Tier nur der allenfalls winkenden Prämierungen wegen an Ausstellungen mitzuführen, verstösst klar gegen den Tierschutzgedanken. Bei künftigen Ausstellungen sollte der Veranstalter besser auf die Einhaltung des Reglements achten und Teilnehmer mit allzu verängstigten Tieren gegebenenfalls auch einmal frühzeitig nach Hause schicken. Grundsätzlich fordert der STS von den Katzenzuchtverbänden, die Extremzuchtvorschriften der Tierschutzgesetzgebung einzuhalten und auf die Prämierung von Rassevertretern mit extremen Zuchtmerkmalen (bspw. Perser und Exotic Shorthair mit konkaver Nasenform, SphynxKatzen ohne Schnurrhaare) unbedingt zu verzichten.

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Tier & Technik St. Gallen 15. bis 28. Februar 2016, besucht am 25. Februar 2016

Zusammenfassung und Fazit

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An der 16. Tier & Technik wurden verschiedene Nutztierarten ausgestellt: Milchkühe, Mastvieh, Schafe verschiedener Rassen, aber auch einige Hühner. Die Tieranlieferung erfolgte am Mittwoch, 24. Februar. So verweilten die Nutztiere insgesamt fünf Tage in ihren Gehegen oder Anbind­eställen, mehrheitlich ohne Tageslicht. Die angebunden gehaltenen Tiere hatten keine freie Bewegungs­ möglichkeit, lediglich beim Vorführen im Ring konnten sie einige Schritte machen. Alle Gehege waren sauber und reichlich eingestreut und die Versorgung mit Futter und Wasser wurde gewährleistet. Täglich fanden verschiedene Vorführungen mit Tieren statt, u. a. die Prämierung und Auktion von Milchkühen. Gelobt werden konnten das grosszügige Gehege der Angus-Mutterkühe und die Haltung der zwei Mastrinder. Auch der grosse Geflügelstall im Aussengelände konnte bezüglich Grösse und Rückzug gelobt werden. Die Milchschafe der Sonderschau hatten zwar ein Gehege, welches die gesetzliche Norm erfüllte, jedoch verfügte es kaum über Strukturen. Ein Tier fiel auf, weil es stark lahmte – es konnte kaum aufstehen, geschweige denn gehen. Es könnte sich um einen Fall von Moderhinke handeln, die für andere Schafe ansteckend ist. Überraschenderweise wusste der darauf angesprochene Standbetreuer über den Gesundheitszustand des Tieres nicht Bescheid! Negativ bewertet wurde auch die teilweise sehr kurze Anbindung der grossrahmigen Milchkühe. Das Styling der Kühe musste bezüglich Tierwürde hinterfragt werden, ebenso die hinter den präsentierten prallen Eutern stehende einseitige Hochleistungszucht bestimmter Kuhrassen. Das Handling der Kühe beurteilte der STS in vielen Fällen als fragwürdig. Die Kühe wurden u. a. mit Hochdruckreinigern abgespritzt, ihre Schwänze mit Klammern lahmgelegt oder mit der Hand nach oben verdreht. In der Styling-Box mussten sie jeweils bis zu einer Stunde in unnatürlicher Haltung, mit ausgebundenem und überstrecktem Kopf, ausharren. Abwehrverhalten wurde in den allermeisten Fällen kurzerhand mit Zwangsmassnahmen unterbunden.


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Junge Rinder ab vier Monaten, eben dem Kälberalter entwachsen, wurden unverständlicherweise über die ganze Messe hinweg angebunden gehalten, obwohl Tiere in dieser Altersgruppe über einen grossen Bewegungsdrang verfügen. Auch die Schafböcke wurden permanent angebunden gehalten. Hier wäre eine freie Einzelhaltung in den Gehegen aus tierschützerischen Gründen zu bevorzugen gewesen.

Allgemeines

Alle Gehege und Standplätze waren sehr sauber und sowohl die Tiere als auch die Unterbringungen wurden den ganzen Tag hindurch regelmässig gereinigt. Bei den Kühen in Anbindehaltung standen sogar StallgehilfInnen zur Verfügung, welche die Exkremente der Kühe beim Versäubern entweder sofort mit Eimern auffingen oder sie danach sofort wuschen. Die meisten Tiere wurden in der Halle 9.0, welche sich in einem Untergeschoss mit beschränktem Tageslicht befand, ausgestellt. Dies hatte den Vorteil, dass nur Besucher für die Tierausstellung gezielt dorthin gingen und so das Gedränge weniger dicht ausfiel. Ebenfalls war die Temperatur mit 18 bis 20 Grad Celsius für die Tiere angenehm. Vereinzelte Milchschafe und Hühner wurden zusätzlich auch an anderen Standorten präsentiert.

Die einzelnen Ausstellungen im Detail Milchschafe

In der Halle 7.0 fand neben viel Technik und Maschinen die Sonderschau «Milchschafe der Schweizerischen Milchschafzucht Genossenschaft (SMG)» statt. Es wurden fünf weibliche, geschorene Schafe auf ca. 13 m² ausgestellt. Sie konnten sich in Richtung Rückwand den Berührungen der Besuchern entziehen, echte Rückzugsmöglichkeiten fehlten jedoch. Es stand ausreichend Einstreu, Wasser und Futter zur Verfügung. Alle Schafe wiesen eine erhöhte Atmung (100 Atemzüge/Minute) auf. Ein Tier fiel auf, weil es stocklahm war und hinten beide und vorne links die Füsse bis über die Klauen eingebunden hatte. Es hatte sichtlich Schmerzen und Mühe beim Aufstehen, Laufen und Abliegen. Bei Nachfrage wusste der Standverantwortliche über den Gesundheitszustand der Tiere nicht Bescheid. Laut Aussteller wurden die Schafe zweimal täglich gemolken.

Die Milchschaf-Haltung als Sonderschau. Alle Schafe wiesen eine erhöhte Atmung auf und ein Tier lahmte stark.

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Milchkühe

In der Halle 9.0 wurden über 200 Milchkühe ausgestellt. Der grösste Teil davon befand sich aneinander gereiht in Anbindehaltung. Es wur­ den Vertreter folgender Rassen präsentiert: Brown Swiss Elite-Kühe, Original Braunvieh, Holstein Friesian, Red Holstein, Fleckvieh, Sim­ men­ taler, Tiroler Grauvieh, Pinzgauer, Hinter­ wäldler, Evolèner, Jersey und Angus. Die Kühe teilten sich jeweils zu zweit eine Selbsttränke und Heu war ad libitum vorhanden. Im Vergleich zum Vorjahr konnte eine Verbesser­ ung festgestellt werden. So befand sich in die­ sem Jahr der Krippenboden bei sämtlichen Lä­ gern auf gleichem Niveau wie diese und entsprach damit den Vorschriften der Tierschutzverord­ nung. Insgesamt waren die Läger mit rund 2,5 m Länge ausreichend dimensioniert und auch reichlich eingestreut. Viele der Tiere lagen ent­ spannt auf dem Stroh und waren mit Schlafen oder Wiederkäuen beschäftigt. Im Gegensatz dazu stand die relativ unflexible und vielfach sehr kurze Anbindevorrichtung, die dazu führte, dass die grossrahmigen Kühe nur sehr be­ Beispiel einer zu kurzen Anbindung einer schränkte Bewegungsmöglichkeiten für Kopf grossrahmigen Kuh. und Hals hatten. Diese Tiere konnten in der Fol­ ge nicht in natürlicher Körperhaltung stehen und auch die Körperpflege war unter diesen Umständen nicht möglich. Nebst der zu kurzen Anbindung behinderte das vorhandene Nackenrohr zusätzlich das Ausüben des Kopfschwungs beim Aufste­ hen. Wir beurteilen diese praktizierte Anbindehaltung als klar tierschutzwidrig. Es ist unverständ­ lich, dass Bauern und Ausstellungsverantwortliche diese restriktive Anbindung nicht hinterfragten! Insgesamt wurde der Geräusch­ pegel in der Halle mit 79–85 Dezi­ bel für die Tiere als zumutbar beur­ teilt. In einer Styling-Ecke hingegen wur­de unmittelbar neben den Kü­ hen über den ganzen Tag hinweg laute Musik aus Boxen abgespielt. Hier konnten 90 Dezibel und mehr ge­messen werden! Diese Art Dauer­ beschallung stellte für die Tiere eine weitere Belastung dar und war absolut unnötig!

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Dieses komplett geschorene Kalb war zu kurz angebunden und konnte sich deshalb im hinteren Körperbereich nicht selbst putzen und belecken.


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Vorbereitung der Tiere

Bereits frühmorgens wurde mit der Vorbereitung der Tiere begonnen. In einer Art Waschbox, welche nicht überdacht war, wurden die Kühe mit Hochdruckreinigern in einer rund 10-minütigen Prozedur shampooniert und abgeduscht. Es konnte beobachtet werden, dass manche Tiere aufgrund des starken Wasserstrahls zusammenzuckten und ausweichen wollten. Aufgrund dieser Reaktionen muss vermutet werden, dass der praktizierte Waschvorgang für die Tiere belastend war. Obwohl mit grosser Wahrscheinlichkeit warmes Wasser verwendet wurde, dürften die tiefen Aussentemperaturen (am besuchten Messetag rund um den Gefrierpunkt) eine gewisse Auskühlung der Tiere zur Folge gehabt haben. Den ganzen Tag über wurden Ausstellungstiere zum Styling ge­ bracht. Man führte sie zu den zahl­ reich dafür vorgesehenen Stän­den mit Galgen-Vorrichtungen und fi­ xierte sie darin. Dabei wurde einer­ seits der Hals im Halsrahmen sowie dann auch noch der Kopf mittels Anbindung am Strick des Knoten­ halfters arretiert. Abhängig von den Abwehrreaktionen der Tiere und für die Rasuren im Kopfbereich wurde der Kopf der Tiere ent­ sprechend kürzer und höher fixiert. Das Verhar­ ren in dieser un­natürlichen und für die Tiere sehr belastenden Körper­ haltung mit z. T. überstrecktem Na­ Morgendusche in der Kälte: Die Kühe wurden mit cken in den Zwangsvorrichtungen Hochdruckreiniger abgespritzt. dauerte je­ weils 45–60 Minuten. Bei manchen Tiere machten sich gleichzeitig bis zu fünf Stylisten zu schaffen. Bei einigen Tieren konnte zudem beobachtet wer­ den, wie der Strick durch Verrutschen des Half­ ters über den Augen zu liegen kam. Den Kühen tat das sichtlich weh. Um die Augen zu schüt­ zen, mussten sie diese immer wieder zukneifen. Die Stylisten schienen dies entweder nicht zu

Diesen Kühen rutschte aufgrund der unkorrekten Fixation mit den Zughalftern immer wieder der Strick in die Augen.

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bemerken oder es war ihnen egal. Als eine unserer Mitarbeiterinnen bei einer Kuh nach längerem Zusehen den Stylisten darauf aufmerksam machte und bat, die Anbindung entsprechend zu korri­ gieren, wurde sie schroff abgewiesen mit der Antwort, dass ihm das egal sei und er lachte die Mit­ arbeiterin aus. Die Weiterschur fand anschliessend meist an einem anderen Ort in «normaler» Anbindehaltung statt, bei der die Tiere etwas mehr Bewegungsfreiheit hatten. Über alles gesehen mussten die Tiere sehr lange regungslos ausharren. Das Grobstyling, Scheren und Rasieren von Kopf bis Fuss, dauert pro Kuh 2–3 Stunden. Gerade für Kälber und Tiere, welche diese Styling-Prozeduren nicht gewöhnt sind, musste die Situation als belastend und teilweise auch schmerzhaft eingestuft werden. Die häufig beobachtete offensichtliche Gegenwehr seitens der Tiere bestätigte dies. Um die Tiere ruhig zu stellen, waren verschiedene Hilfsmittel im Einsatz: hohes Ausbinden und Fixieren von Kopf und Hals mit Überstreckung von Genick und Rücken, Einsatz von Schlagbügeln, Schwanzklammern aus Metall, Nasengriffe und Massnahmen wie das schmerzhafte Hochbiegen der Schwänze mitsamt der Schwanzwurzel.

Diese Kuh musste während der Styling-Prozedur mit einer schmerzhaften Schwanzklammer ausharren.

Der Schlagbügel hängt griffbereit beim Styling-Stand.

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Hier wurde der Schwanz samt Schwanzwurzel hochgebogen. Das war so schmerzhaft für die Kuh, dass sie sofort erstarrte und sich nicht mehr bewegte.


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Nicht nur würdelos, sondern auch tierschutzwidrig war aus unserer Sicht beim Kuh-Styling auch, dass grundsätzlich die ganze Kuh, bis auf die Rückenlinie (Top-Line), radikal geschoren und rasiert wurde: Sämtliche Haare vom gesamten Kopfbereich inkl. der Ohren, innen und aussen über die Beine bis zu den Klauen hin, das Euter, der sensible Innenschenkelbereich, der Schwanz bis auf eine Quaste und auch sämtliche Tasthaare am Flotzmaul und an den Brauen wurden abgeschnitten bzw. wegrasiert – was die Tierschutzgesetzgebung etwa bei Pferden explizit verbietet. Bei manchen Tieren wurde zudem beidseits zur Betonung der Silhouette die Rippenform nachgeschoren.

Dieser Kuh werden gerade die Tasthaare an den Augenbrauen geschoren. Sie wachsen nur langsam und teilweise nur unvollständig nach.

Der natürliche Fangschutz der Haare an der Innen- und Aussenseite der Ohren beispielsweise gegen Schmutz, Keime und Fliegen fehlt den Tieren nun für einige Wochen. Insbesondere für die kommende Weidesaison ein nicht zu unterschätzendes Handicap für die Ausstellungstiere.

Auch der ganze Kopf der Kühe mit samt der Ohren wurde während der Ausstellung kahlgeschoren.

Das glattrasierte Euter hatte weniger Schutz wegen der fehlenden Haare. Die dadurch prominent gezeichneten Gefässstrukturen wirken unnatürlich und gekünstelt.

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Je nach Erfahrung und Zeitdruck des Stylisten kam es immer wieder mal zum Hängenbleiben der Schermaschine in der Haut und entsprechenden Ritzverletzungen. Die Blutungen wurden jeweils mittels Desinfektionstüchlein gestillt. Für gute Lichtverhältnisse beim Stylen sorgten starke Strahler, welche die Tiere häufig blendeten und zudem relativ viel Wärme auf die Tiere abgaben. Dies wurde mit dem Einsatz von Föhns zur Entfernung der geschorenen Haare und Stylen der Top Line (Haare der Rückenlinie) zusätzlich verstärkt. Der Schweizer Tierschutz STS kritisiert seit Langem derartige künstliche, übertriebene und unnötige Styling-Prozeduren an Tierausstellungen. Nach vielen Jahren des Protests gibt es in der Schweiz nun wenigstens strengere Reglemente für die Hundeaustellungen. Demnach ist dort das Verwenden von Galgen zur Fixation der Tiere für das Styling, sowie sämtliche Hilfsmittel, die über das Bürsten und Kämmen hinausgehen, wie beispielsweise das Scheren, Trimmen, Schneiden von Haaren oder die Anwendung von Sprays, Lacken, Cremes, Puder etc. untersagt. Dass nun das Stylen von Kühen exzessiver und ohne Einschränkungen an den Kuh-Ausstellungen betrieben wird, als vergleichsweise an internationalen Hundeausstellungen, ist nicht nachvollziehbar. Diese unnatürlichen und übertriebenen kosmetischen Eingriffe kontrastieren scharf zur häufig tristen, realen Lebenswelt von Milchkühen.

Millimeterarbeit beim Kuhstyling. Die Kuh musste dafür lange mit hoch ausgebundenem Kopf stillstehen.

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Beurteilung Problematik verlängerte Zwischenmelkzeit

Da der STS die Messe nicht an den Tagen der Elite-Schauen besuchte, wo speziell auf riesige Euter geachtet wird, dürften die meisten von uns beobachteten Kühe wohl noch im normalen Intervall gemolken worden sein. Trotzdem konnten bei zwei Tieren bereits am Mittag bzw. früheren Nachmittag tropfende bzw. laufende Euter beobachtet werden, was auf einen unüblich frühen, ersten Melkgang schliessen lässt. Nachmittags gegen vier Uhr wurde bei 78 Kühen jeweils ein sehr schweres und pralles Euter festgestellt. Auch an dieser Messe standen den Ausstellern zahlreiche mobile Melkmaschinen zur freien Verfügung – es wurden aber nur zwei Tiere von ihren Besitzern vorzeitig gemolken.

Diese Kühe hatten bereits am Mittag bzw. frühen Nachmittag Milchfluss, was auf ein extrem frühes Melken hindeutet, und wurden nicht zwischengemolken.

Der Veranstalter stellte den Ausstellern genügend mobile Melkmaschinen zur Verfügung. Diese wurden aber nur vereinzelt zum Zwischenmelken benutzt.

Diese Kuh durfte gemäss Auskunft des Besitzers wegen zu hohem Ausstellungsstress und einer beginnenden Mastitis frühzeitig die Heimreise antreten. Damit sie nicht mit prallem Euter und Schmerzen auf den Transport musste, wurde sie vorher noch gemolken.

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Kälber

Neben der Stylingstation wurden Kälber mit unterschiedlichem Alter ausgestellt. Kälber unter vier Monaten befanden sich in unstrukturierten Gehegen à 2 x 5 m. In einem der Gehege befanden sich zwei Tiere und in einem zweiten Gehege ein einzelnes Kalb. Ihnen stand tiefe Einstreu, Wasser in Eimern und frisches Heu sowie in der doppelt belegten Bucht sogar eine rotierende Kratzbürste zur Verfügung. Sie wirkten entspannt und waren während unserer Beobachtungen mit Dösen oder Wiederkauen beschäftigt.

Kälberbucht mit Kratzbürste.

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Daneben wurden neun über vier Monate alte Aufzuchtrinder in An­ bindehaltung ausgestellt. Auch ih­ nen stand, wie den Kühen, Heu zur freien Aufnahme zur Verfügung und jeweils zwei Tiere teilten sich eine Tränke. Sämtliche Tiere waren be­ reits geschoren. Das Anbinden von Jungtieren ab vier Monaten ist gesetzlich zwar erlaubt, der Schweizer Tierschutz STS erachtet jedoch das permanente Anbinden über mehrere Tage hinweg ohne freie Bewegungsmöglichkeiten aus­ serhalb des Standplatzes als klar tierschutzwidrig. Gerade junge Rin­ der haben viel Energie und sollten ihre Bedürfnisse täglich in freier Bewegung ausleben können. Da eine Tierausstellung an einer Publikums­messe eine Vorbildfunktion einnimmt, wäre eine Auf­ stallung mit freier Bewegungsmöglichkeit für die Tiere zwingend. Die Tier & Technik sollte sich hier an dem Musterbeispiel der SMP (Schweizer Milchproduzenten) orientieren: Am «Tag der Milch» werden diverse Kälberausstellungen stattfinden: Die SMP gibt hier vor, dass alle Käl­ ber mindestens zu dritt ausgestellt werden müs­ sen und sich in gross dimensionierten und tiergerecht eingerichteten Freilaufgehegen befinden sollen.

Die in Anbindehaltung aufgestallten, komplett geschorenen, Kälber.


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Mutterkuhhaltung

Die schweizerische Vereinigung der Anguszüchter Swiss Angus stellte eine Angus-Mutterkuh-Herde aus. Zwei Mutterkühe befanden sich mit zwei Kälbern und einem Muni auf einer komfortablen Fläche von ca. 6 x 6 m. Neben Heu und Wasser standen den Tieren ein Salzleck­ stein und eine Kratzbürste zur Ver­ fügung. Aufgrund des grosszügigen Platz­ angebotes konnten sich die Tiere bei Bedarf den Zuschauern ent­ ziehen und wirkten allesamt recht entspannt. Sichtlich entspannte Tiere in der Mutterkuhhaltung der Swiss Angus.

Mastkühe

Das Label Bio Weidebeef stellte auf einer Fläche von ca. 4 x 3 m zwei Mastrinder aus. Sie hatten tie­ fe Einstreu sowie Wasser und Futter zur freien Verfügung und konnten sich vorbildlicherweise gegen eine Seite von den Zuschau­ern zurück­ ziehen.

Auch die Mastrinder machten einen recht entspannten Eindruck.

Schafe

In der Halle 9.0 befanden sich insgesamt 106 Mutterschafe und Widder verschiedener Altersund Gewichtsklassen. 63 Schafe gehörten der Rasse Ile de France Suisse an und 43 Schafe waren braunköpfige Fleischschafe. Die Schafe wurden einen Tag später für die Auktion mit Punkten bewertet und rangiert. Die Gehege wa­ ren allesamt 6,76 m² gross, reichlich einge­ streut und sauber. Pro Gehege waren je nach Alters­kategorie zwei bis sechs Schafe auf­gestallt. Die vorgegebenen Mindestflächen der Tierschutz­ verordnung wurden eingehalten. Dies ist aus un­ serer Sicht lobenswert (gilt nur für unangebun­

Gehege der Schafe.

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dene Tiere), da sich andere Organisatoren und Verant­wortliche von Tierausstellungen häufig mit den Ausnahmeregel­ungen rechtfer­ tigen und Ausstel­ lungs­ tieren des­ halb oft viel zu wenig Platz zur Ver­ fügung steht bzw. die Mindest­ bestimmungen der Tier­ schutz­ver­ordnung häufig während Ausstel­ lungen nicht eingehalten werden. Die Mutterschafe konnten sich gegen die Futterraufe hin auch den Berührungen der Besucher ent­ ziehen. Die Widder wurden jeweils alleine oder zu zweit permanent im Gehege angebunden, einige davon extrem Bis zu sechs Tiere befanden sich in einem Gehege und jedes kurz. Sie hatten teilweise sogar Tier konnte ungehindert an der Futterraufe Heu fressen. Schwierigkeiten, sich hinzulegen ohne sich zu würgen! Dies wurde bereits im Jahr zuvor kritisiert. Gemäss Tierschutzverordnung dürfen Schafe nur vorübergehend an­ gebunden werden – vermutlich mussten die Tiere aber die ganzen Ausstellungstage so verharren! In einigen Widder-Gehegen waren die Wasserkübel zu weit entfernt von den Tieren, sodass sie kei­ nen freien Zugang zu Wasser hatten. Ihnen wurde aber gemäss Auskunft des Standpersonals ein­ mal pro Stunde manuell Wasser angeboten. Im Vergleich zum letzten Jahr konnten die angebun­ denen Widder immerhin nicht mehr von den Zuschauern berührt werden. Die Atemfrequenz sämtlicher Schafe, insbesondere der Böcke, war massiv erhöht. Sie lagen durchschnittlich bei 120–200 Atemzüge pro Minute. Normalerweise atmen Schafe in Ruhe und ohne körperliche Be­ lastung ungefähr 12–25 mal pro Minute. Die Ausstellungsbedingungen und die widernatürliche Anbindehaltung wirkten sich offensichtlich stark belastend für die Schafe aus.

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Alle Böcke wurden angebunden gehalten und hatten dadurch keinen freien Zugang zum Wasser.


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Ein Bock war extrem fettleibig und sass den gan­ zen Tag schwer atmend im Gehege. Weil er so dick war, konnte er nicht mehr liegen und das Sitzen war entlastender. Er hatte nach Auskunft einer Fachperson des OIF-Stands über den Winter zu wenig Bewegung gehabt und würde sehr schnell Gewicht zulegen – auch vom Heu. Man erwarte, dass er im Früh­ ling wieder schlanker werde. Die Ausstel­lungs­ situation war für den fettleibigen Schafbock sichtlich belastend. Dieser Schafbock war besonders dick.

Geflügel

Auf dem Aussengelände wurde ein grosser Stall mit Geflügel ausgestellt. Wegen des schlechten Wetters war der Stall kaum von Besuchern umringt. Die Hühner verfügten über viel Sichtschutz. Im Stall war reichlich eingestreut, Wasser und Futter standen zur freien Verfügung. Im Stall gab es eine erhöhte Fläche, darauf befanden sich zwei Sitzstangen. Die Grösse des Stalles war grosszügig – es ist jedoch sehr schade, dass die Fläche und vor allem auch die Höhe des Stalles nicht für eine abwechslungsreichere Einrichtung genutzt wurde.

Grosser Stall mit wenig Inneneinrichtung im Aussengelände. Auf die Präsentation der Küken wurde in diesem Jahr verzichtet – aus der Sicht der STS ein guter Entscheid.

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Fazit und Forderungen STS

TIER & TECHNIK ST. GALLEN

Aus Sicht des Schweizer Tierschutz STS müssen Ausstellungen in Sachen Tierhaltung heutzutage eine Vorbildfunktion wahrnehmen. Es besteht daher allgemein der Anspruch, den Besuchern eine zeitgemässe und tiergerechte Haltung aufzuzeigen und mit guten Beispielen voran zu gehen. Diese Anforderungen erfüllte die Tier & Technik leider nicht überall. So wurden Kälber ab vier Monaten permanent angebunden, obwohl Tiere in dieser Altersklasse über einen grossen Bewegungsdrang verfügen. Auch die Schafböcke wurden permanent angebunden, obwohl es genug Platz gehabt hätte, um den Tieren eine freie Einzelhaltung in grossen Gehegen zu ermöglichen. Generell betrachtet der Schweizer Tierschutz STS die permanente Anbindehaltung von Nutztieren an mehrtägigen Ausstellungen als tierschutzwidrig. In der Schweiz existieren zwar gesetzliche Regelungen hinsichtlich Platzangebot und GehegeEinrichtung, welche in der Tierschutzverordnung dokumentiert sind. Diese Mindestanforderungen müssen allerdings an temporären Ausstellungen nicht immer eingehalten werden, selbst dann nicht, wenn sie mehrere Tage andauern. Aus Sicht des STS ist ein mehrtägiges Unterschreiten der Minimalanforderungen der Tierschutzbestimmungen an Ausstellungen nicht akzeptabel. Die Mindestvorschriften definieren längstens keine optimalen tierfreundlichen Haltungsbedingungen, sondern setzen lediglich die Grenze zur Tierquälerei fest. Der STS fordert daher, dass für Tierausstellungen, analog wie bei Tiertransporten, Ausnahmeregelungen nur kurzzeitig, keineswegs über mehrere Tage hinweg, zulässig sein sollen. Neben der Haltung bestehen aber auch Ansprüche an ein vorbildliches Handling der Tiere! Dies war an der Tier & Technik bei den meisten Kühen aber keineswegs der Fall. Der STS fordert nebst dem schonenden Umgang mit den Ausstellungstieren unter den aufgezeigten aussergewöhnlichen Umständen und Haltungsbedingungen an Tierausstellungen auch ein möglichst normales und natürliches Aussehen und Erscheinungsbild der ausgestellten Tiere. Die Kahlrasuren und das dafür nötige stundenlange Fixieren von Kühen in Zwangsvorrichtungen bei unbequemer, belastender und teils schmerzhafter Körperhaltung, sowie weiterer Zwangsmassnahmen, wie das Verwenden von Schwanzklammern und Schlagbügeln oder das hohe Ausbinden der Tiere an galgenartigen Konstruktionen, sowie schmerzhafte Nasengriffe oder Schwanzhochbiegen, gehören da sicher nicht dazu. Im Gegenteil, aus Sicht des Tierschutzes wird hierbei unter grössten Belastungen auch die Würde der Tiere verletzt. Das Nicht-Einhalten der Melkzeiten bzw. verlängerte Melkintervalle und auch das Zitzenverkleben, für die Vorführungen beispielsweise, sind ein altbekanntes, tier­ quälerisches Phänomen an Kuhausstellungen. Der sogenannte «Ehrencodex» über Haltung und Umgang mit den Kühen an Ausstellungen muss nach Meinung des STS bezüglich der erwähnten Missstände konkretisiert werden. Er bevorteilt Züchter, die auf überlange Zwischenmelkzeiten und stundenlanges, tierquälerisches Styling setzen und damit Leiden und Schmerzen ihrer Tiere bewusst in Kauf nehmen. Das Nachsehen haben Züchter und Tierbesitzer, denen das Tierwohl wichtiger ist als ein übervolles, schmerzhaftes Euter und/oder eine kahlrasierte Kuh! Insbesondere vor dem Hintergrund der grosszügigen Bezuschussung der Viehschauen mit Punktierungen von jährlich 300 000 Franken durch den Bund darf erwartet werden, dass die eingesetzten Gelder zur Förderung der Tierzucht nicht in tierschutzwidrige Praktiken investiert werden, sondern auch dem Tierwohl an Ausstellungen zu Gute kommen.

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4/2016

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG UZWIL

Internationale Katzenausstellung Uzwil 13. und 14. Februar 2016, besucht am 14. Februar 2016

Zusammenfassung

Die internationale, gerichtete Katzenausstellung in Uzwil wurde vom Schweizer Kurzhaarclub Ebocat organisiert. An den beiden Ausstellungstagen wurden laut Katalog insgesamt 218 Katzen der Rassen Perser, Ragdoll, Heilige Birma, Maine Coon, Neva Masquerade, Norwegische Waldkatze, Sibirische Waldkatze, Selkirk Rex Kurzhaar, Bengal, Britisch Langhaar, Britisch Kurzhaar, Burma, Kartäuser, Ägyptische Mau, Snowshoe, Abessinier, Balinese, Devon Rex, Orientalisch Langhaar, Orientalisch Kurzhaar, Russisch Blau, Siam, Somali und Sphynx ausgestellt. Der Schweizer Tierschutz STS untersuchte an der Ausstellung die Haltungsbedingungen für die Ausstellungskatzen, das Verhalten der Katzen, insbesondere in Hinblick auf Stresssymptome, sowie den Umgang mit den Tieren beim Zurechtmachen und beim Richten. Ausserdem wurde Zuchtformen, die problematische rassetypische Körpermerkmale aufweisen, besondere Beachtung geschenkt. Sämtliche Ausstellungskäfige wurden von den STS-Fachleuten auf das Vorhandensein von Wasser, Futter, Katzentoilette und Rückzugsmöglichkeit überprüft. Dabei konnte festgestellt werden, dass in 15 % aller Käfige kein Wasser vorhanden war und in 24 % aller Käfige kein Futter. In 15 % aller Fälle fehlte ausserdem eine Katzentoilette. In über einem Drittel aller Käfige (41 %) verfügten die Katzen über keinerlei Möglichkeit, sich in einem Rückzugsbereich den Blicken der Menschen zu entziehen. Dass die Ausstellungssituation für viele Katzen belastend war, zeigen die Ergebnisse von Untersuchungen hinsichtlich Atemfrequenz und Cat Stress Score (CSS)1 an 44 Katzen. 21 Katzen, also fast die Hälfte der beobachteten Tiere, zeigten eine erhöhte Atemfrequenz, wobei mindestens sechs Katzen mit über hundert Atemzügen pro Minute sehr stark erhöhte Werte aufwiesen. Der Normbereich für eine entspannte, körperlich nicht aktive Katze liegt bei 20–40 Atemzügen pro Minute. 1 Kessler & Turner (1997)

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INTERNATIONALE KATZENAUSSTELLUNG UZWIL

British Shorthair Katze mit deutlichen Stresssymptomen: erweiterte Pupillen, nach hinten gerichtete, leicht angelegte Ohren und geduckte Körperhaltung.

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Der tatsächliche prozentuale Anteil an Katzen, der an dieser Ausstellung eine erhöhte Atemfrequenz aufwies, dürfte aber noch deutlich höher gewesen sein. Denn gerade bei Katzen, die sich aus Angst verkrochen hatten, konnte die Atemfrequenz oft nicht bestimmt werden. Knapp ein Drittel aller beobachteten Katzen hatte einen hohen Cat Stress Score (CSS) zwischen 4 (stark gespannt) und 6 (verängstigt), wobei fünf Tiere den höchsten Stresslevel, also 6, erreichten. An der Ausstellung in Uzwil konnten viele Katzen beobachtet werden, die sich im Käfig in einer gekauerten Haltung mit eng am Körper anliegendem Schwanz so klein wie möglich machten. Typisch für die belastende Situation waren auch die erweiterten Pupillen, die Stossatmung oder auch die flache Flankenatmung und der Versuch, sich im Käfig den Blicken der Menschen zu entziehen. Einige Individuen zuckten sogar zusammen und duckten sich vom Besitzer weg, wenn dieser die Käfigtür öffnete und sie fürchten mussten herausgenommen zu werden. Insgesamt fiel auf, dass die Ausstellungssituation von den einzelnen Katzen sehr unterschiedlich toleriert wurde. So gab es durchaus auch Katzen, die entspannt waren und ruhig in ihren Käfigen lagen und schliefen, sich von ihren Besitzern streicheln liessen oder mit ihnen spielten. Für die Prämierung wurden die Katzen von ihren Besitzern zum Richterbereich gebracht und dort bis zum eigentlichen Richten in dafür vorgesehene Wartekäfige gesperrt. Diese Käfige entsprachen von den Ausmassen her den Ausstellungskäfigen, hatten aber keinerlei Inneneinrichtung. So mussten die Katzen teils bis zu 15 Minuten auf dem blanken Metallboden ausharren und hatten keine Möglichkeit, sich in einen Rückzugsbereich zu verkriechen. In dieser Situation zeigten sich praktisch alle Tiere verängstigt. Einige erstarrten in geduckter Haltung, andere gingen unruhig im Käfig umher und miauten. Die Augen waren dabei weit aufgerissen und die Pupillen sehr stark erweitert. Einige Besitzer hielten ihre Tiere auf dem Arm und warteten so auf das Richten. Aber auch dabei gab es etliche Katzen, denen dies nicht gefiel und die sich wehrten und versuchten, sich dem Griff der Besitzer zu entziehen. Auffallend war ein starker Uringeruch im Bereich der Wartekäfige. Das Absetzen von Urin in einer solchen Situation ist ein weiteres Indiz dafür, wie belastend die Prozedur des Richtens für viele Katzen war.


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Balinese in geduckter Haltung im Wartekäfig. Für das eigentliche Richten wurden die Katzen vor dem Richter auf einen Tisch gestellt und dann von diesem während etwa 10 Minuten begutachtet. Oft von mehreren Menschen umringt, wurden die Katzen dabei vom Richter/von der Richterin in alle möglichen Positionen gebracht, damit sämtliche Körpermerkmale genau betrachtet werden konnten. Obwohl die Richter sehr ruhig und professionell vorgingen, war dies für die Katzen eine unangenehme und oft auch Angst einflössende Prozedur, wie sich aus verschiedenen Verhaltensweisen der Katzen ablesen liess. Sie schluckten leer, leckten sich immer wieder mit der Zunge über die Nase, miauten oder fauchten und versuchten, durch das Wegdrehen des Kopfes den Blicken der Richter auszuweichen. Lag die Aufmerksamkeit der RichterInnen für einen Moment nicht bei der Katze, etwa weil sie sich mit dem Besitzer unterhielten, versuchten einige Katzen der Situation zu entfliehen und vom Tisch zu springen.

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Impressionen vom Richten: Katzen mit Stresssymptomen wie erweiterte Pupillen, nach hinten gedrehte, angelegte Ohren und geduckter Köperhaltung. Nach dem Aufenthalt im Richterbereich, der je nach Wartezeiten für die Katze bis zu einer halben Stunde dauerte, wurden die Katzen wieder in ihre Ausstellungskäfige zurückgebracht. Dort angekommen, verkrochen sich die Katzen wenn möglich sofort oder gingen unruhig und zum Teil miauend im Käfig umher. Viele putzten sich ausgiebig das Fell. Bei allen Katzen, bei denen nach ihrer Rückkehr die Atemfrequenz festgestellt werden konnte, waren die Werte stark erhöht. An der Ausstellung in Uzwil wurden Zuchtformen ausgestellt, die vom STS als problematisch eingestuft werden. Diese sind Perser und Britisch Kurz- und Langhaar, die aufgrund ihrer extremen Kurzköpfigkeit (Brachycephalie) diverse gesundheitliche Probleme haben (unter anderem Atemprobleme, tränende Augen) sowie Rex und Sphynx, die nur noch über Schnurrbartstummeln verfügen oder sogar keinerlei Schnurrhaare mehr besitzen. Bei einigen Sphynxkatzen war zudem eine starke Faltenbildung der Haut zu erkennen.

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Nacktkatzen mit starker Faltenbildung der Haut und fehlenden Schnurrhaaren.

Eine Katze der Rasse Orientalisch Kurzhaar mit extrem langer schmaler Schnauze und riesigen Ohren. Auffallend waren an dieser Ausstellung auch Orientalen mit extrem lang und schmal gezüchteten Schnauzen und riesigen Ohren. Übertriebenes Zurechtmachen von Katzen wurde mehrere Male beobachtet. Vor allem langhaarige Katzen wurden gesprayt und die Haare danach gegen den Strich gebürstet und von Hand toupiert. Besonders zwei Punkte an dieser Ausstellung geben Anlass zur Kritik. Zum einen ist dies das Fehlen von Wasser, Katzentoiletten und Rückzugsmöglichkeiten in etlichen Käfigen, zum anderen die Tatsache, dass etwa die Hälfte aller Katzen mit der Ausstellungssituation schlecht zurechtkam. Aus Sicht des STS sollten Züchter darauf verzichten, Katzen zu präsentieren, die an Ausstellungen mit Angst und Stresssymptomen reagieren. Nicht die gute Platzierung an einer Ausstellung, sondern das Wohl der Katzen sollte immer erste Priorität haben.

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Allgemeines

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Die Ausstellung fand im Gemeindesaal von Uzwil statt. Der Richterbereich befand sich innerhalb des Saals auf dem erhöhten Bühnenbereich und war für die Zuschauer nicht zugänglich. Mit einer Temperatur von etwa 22 °C und einer durchschnittlichen Lautstärke von etwa 73 Dezibel waren die äusseren Bedingungen in Ordnung. Die zweitägige Ausstellung war für die Zuschauer jeweils von 10–18 Uhr geöffnet. Die Katzen wurden in Einzelkäfigen (70 x 70 x 70 cm) oder in Doppelkäfigen (70 x 140 x 70 cm) gehalten. Die Käfige waren in 8 Reihen (A–D) aufgestellt, wobei immer zwei benachbarte Reihen mit demselben Buchstaben gekennzeichnet waren. Zwischen den Käfigreihen mit gleicher Beschriftung befand sich jeweils der Bereich für die Besitzer der Katzen. Die Besucher konnten an den Aussenseiten dieser Reihen entlang gehen und in die Käfige schauen. Mit einer Ausnahme befand sich in den Einzelkäfigen jeweils nur eine Katze, während in den Doppelkäfigen eine bis maximal drei Katzen untergebracht waren. Die Käfige waren qualitativ sehr unterschiedlich eingerichtet. Es gab durchaus sehr gut ausgestattete Käfige, bei denen zu erkennen war, dass die Besitzer versuchten, es den Katzen den Möglichkeiten entsprechend so angenehm wie möglich zu machen. Die Ausstattung eines solchen Käfigs beinhaltete im Allgemeinen eine Unterlage, Vorhänge, ein Bettchen, ein Zelt oder «Häuschen», eine Hängematte oder eine andere erhöhte Ebene sowie eine Futter- und eine Wasserschale, eine Katzentoilette und diverses Spielzeug. Andere Käfige hingegen hatten ausser einer Unterlage keinerlei Einrichtungen oder nur sehr mangelhafte. Gerade in schlecht eingerichteten Käfigen konnte mehrfach beobachtet werden, dass Katzen in ihren Katzentoiletten lagen, ein Verhalten, dass Katzen unter normalen Bedingungen nicht zeigen.

Britisch Kurzhaar Katze in der Katzentoilette liegend.

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Ein eigentliches Aussstellungsreglement wurde von den Veranstaltern für diese Katzenausstellung nicht erlassen. Es gab lediglich die Vorgabe, dass Vorhänge und Unterlagen in den Käfigen vorhanden sein und die veterinärpolizeilichen Vorschriften eingehalten werden müssen (Impfung gegen Katzenseuche, Katzenschnupfen, Felines Calici- und Felines Herpesvirus). Ausserdem wurde darauf hingewiesen, dass Ausstellungsteilnehmer mit der Anmeldung die Bestimmungen und Reglemente der FFH (Fédéderation Féline Helvétique) und der FIFe (Fédération International Féline) anerkennen. Die beiden Reglemente weisen aber, was das Katzenwohl an den Ausstellungen anbelangt, kaum Vorschriften auf. Im FIFe-Reglement gibt es lediglich die Auflage, dass sich in einem Einzelkäfig nur eine Katze aufhalten darf, und den Hinweis, dass übermässiges Pudern bei der Bewertung als allgemeiner Fehler gewertet wird. Das Ausstellungsregelement des FFH hält fest, dass frisches Wasser und Katzentoiletten bei Bedarf zur Verfügung gestellt werden müssen, also nicht obligatorisch sind. Des Weiteren ist es gemäss diesem Reglement verboten, während der Ausstellung Katzen zu verkaufen, sei es in den Ausstellungsräumen oder auf dem Ausstellungsgelände.

Die Ausstellung im Detail

Die Reihen A bestanden aus 12 Einzel- und 13 Doppelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 38 Katzen in diesen beiden Käfigreihen. In 13 Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. In 5 Käfigen fehlte Wasser, in 14 Käfigen gab es keinerlei Spielzeuge und in 4 Käfigen stand keine Katzentoilette zur Verfügung. In einem Einzelkäfig waren zwei Katzen untergebracht, was deutlich zu knapp bemessen war. Von 11 Katzen wurde die Atemfrequenz festgestellt. 7 Katzen hatten erhöhte Werte, 1 Tier sogar über 100 Atemzüge/Minute. Von 12 Katzen wurde der CSS ermittelt. 3 Tiere erreichten mit 6 (verängstigt) den höchsten Level, 2 weitere Katzen wurden im Level 5 eingestuft. Zwei Perserkatzen mit konkavem Gesichtsprofil waren als Extremzuchten einzustufen. Das eine Tier trug ein Lätzchen, wohl weil es durch die platte Schnauze nicht mehr fähig war zu trinken und zu fressen, ohne sich das Fell zu beschmutzen. Diese Katze wurde zur Best in Show nominiert. Ein Beweis dafür, dass Züchter, die auf extreme Merkmale hin züchten, von Richtern weiterhin mit guten Nominierungen belohnt werden! Ein Züchter von Snowshoe Katzen bot seine zwei erwachsenen Tiere, die er an der Ausstellung dabei hatte, zum Verkauf an.

Informationsblatt am Ausstellungskäfig der Snowshoe Katzen, mit Hinweis, dass diese ein neues Zuhause suchen.

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Eine der ausgestellten Katzen lag zum Zeitpunkt der Erhebung in der Katzentoilette. Drei verängstigte Tiere versuchten sich zu verstecken, hatten aber keinerlei Rückzug, so dass sie sich kauernd versuchten, so klein wie möglich zu machen. Die Reihen B bestanden aus 13 Einzel- und 14 Doppelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 43 Tiere in diesen beiden Käfigreihen. In 10 Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. In 4 Käfigen fehlte Wasser, in 5 Käfigen gab es keinerlei Spielzeuge und in 6 Käfigen stand keine Katzentoilette zur Verfügung. Von 13 Katzen wurde die Atemfrequenz festgestellt. 8 Katzen hatten erhöhte Werte, 5 Tiere sogar über 100 Atemzüge/Minute! Von 15 Katzen wurde der CSS ermittelt. 2 Tiere erreichten mit 6 (verängstigt) den höchsten Level, 3 weitere Katzen wurden im Level 5 eingestuft. Ein Britisch Kurzhaar chocolate pointed Kater, laut Katalog ein grosser internationaler Champion, zeigte sich äusserst verängstigt. In seinem Käfig gab es keinen Rückzug, und so kauerte er sich auf die Käfigunterlage. Seine Atemfrequenz lag bei über 100 Atemzügen/Minute. Dieses Tier war nominiert und prämiert. Die Tatsache, dass dieser Kater bereits zweieinhalb Jahre alt und ein internationaler Champion war, lässt darauf schliessen, dass er schon bei vielen Ausstellungen dabei war. Offensichtlich war er aber trotzdem nicht in der Lage, sich daran zu gewöhnen. Ein solches Tier sollte definitiv nicht immer wieder dieser für ihn äusserst belastenden Situation ausgesetzt werden! Die Reihen C bestanden aus 12 Einzel- und 13 Doppelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 37 Tiere in diesen beiden Käfigreihen. In 11 Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. In 3 Käfigen fehlte Wasser, in 10 Käfigen gab es keinerlei Spielzeuge und in 3 Käfigen stand keine Katzentoilette zur Verfügung. Von 12 Katzen wurde die Atemfrequenz festgestellt. 3 Katzen hatten erhöhte Werte. Ebenfalls von 12 Katzen wurde der CSS ermittelt. Dabei wurden Werte von 1–3 festgestellt (entspannt–gespannt). Die Reihen D bestanden aus 2 Einzel- und 9 Doppelkäfigen. Zum Zeitpunkt der Erhebung befanden sich total 17 Tiere in diesen beiden Käfigreihen. In 6 Käfigen fehlten geeignete Rückzugsmöglichkeiten/Sichtschutz. In 2 Käfigen fehlte Wasser, in 6 Käfigen gab es keinerlei Spielzeuge. Von 5 Katzen wurde die Atemfrequenz festgestellt. Eine Katze wies mit 109 Atemzügen/Minute einen stark erhöhten Wert auf. Ebenfalls von 5 Katzen wurde der CSS ermittelt. Dabei wurden Werte von 1–3 festgestellt (entspannt–gespannt). Eine Katze benutzte das Katzenkistchen als Ruheplatz. In diesen Reihen konnte mehrfach beobachtet werden, wie Katzen übermässig zurechtgemacht wurden (sprayen).

Fazit und Forderungen STS

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Die Katzenausstellung in Uzwil wurde nach dem Reglement der FiFE und der FFH durchgeführt. Vorschriften, was das Katzenwohl an Ausstellungen anbelangt, gibt es darin aber kaum. Lediglich Vorhänge und eine Unterlage im Käfig sind obligatorisch. Selbst solch elementare Dinge wie frisches Wasser oder eine Katzentoilette müssen nur «bei Bedarf» bereitgestellt werden, sind also fakultativ. Die für das Wohlbefinden von Katzen äusserst wichtigen Rückzugsmöglichkeiten werden in den Reglementen mit keinem Wort erwähnt. Auch wenn es viele ZüchterInnen gab, die die Ausstellungskäfige vorbildlich einrichteten, genügte doch eine grosse Anzahl Käfige nicht den Tierschutzanforderungen. Aus Sicht des STS muss jeder Ausstellungskäfig zwingend über frisches Wasser, eine Katzentoilette, Beschäftigungsmöglichkeiten (Spielzeug) und einen guten Rückzugsbereich verfügen, der die Katze vor den Blicken der Menschen und Artgenossen schützt. Um sicher zu stellen, dass die Ausstellungsregeln auch eingehalten werden, ist es zudem unerlässlich, dass die Organisatoren während der Ausstellung seriöse Kontrollen durchführen lassen. Ausserdem müssten die Wartekäfige im Richterbereich mindestens mit einer Unterlage und einem Rückzugsbereich ausgestattet werden. Problematisch bleibt das übermässige Zurechtmachen von Katzen. Die STS-Fachleute konnten mehrfach beobachten, wie Katzen gesprayt und gepudert wurden und ihr Fell lange und zum Teil ziemlich grob gebürstet und toupiert wurde – eine für die Katzen äusserst unangenehme Prozedur. Leider gibt es dazu immer noch keine Vorschriften, wie es beispielsweise bei den Hundeausstel-


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lungen in der Schweiz seit Jahren üblich ist. Der STS würde es daher sehr begrüssen, wenn der FFH übermässiges Zurechtmachen von Katzen an Ausstellungen analog der Hundeausstellungen verbieten würde. Der STS fordert grundsätzlich, auf das Prämieren von Rassevertretern mit extremen Zuchtmerkmalen (z. B. konkaves Gesichtsprofil bei Persern oder das Fehlen von Schnurrhaaren bei Sphynxkatzen) zu verzichten, damit der Züchtung von immer extremeren Körpermerkmalen nicht weiter Vorschub geleistet wird. Die Auswertung der Verhaltensbeobachtungen hinsichtlich Stresssymptomen ergab an dieser Ausstellung eine erschreckend hohe Prozentzahl an verängstigten Katzen. Sehr wichtig zu wissen ist dabei, dass offensichtlich belastete Katzen, die beispielsweise zittern und sich ängstlich in eine Ecke ducken, nur einen relativ kleinen Anteil aller Katzen ausmachen, die tatsächlich unter der Ausstellungssituation leiden. Der bei weitem grössere Teil der Katzen wirkt beim oberflächlichen Hinsehen vermeintlich gelassen und liegt oder sitzt ruhig im Käfig. Körpersprache (z. B. erweiterte Pupillen, Haltung der Ohren) und massiv erhöhte Atemfrequenz zeigen aber auf, dass auch diese Tiere in Wirklichkeit sehr stark verängstigt sind. Bei Ausstellungen sollte daher in Zukunft von den Veranstaltern genau darauf geachtet werden, ob es Katzen gibt, die mit der Ausstellungssituation nicht zurecht kommen. Besitzer solcher Katzen sollten dann auch aufgefordert werden, ihre Katzen aus der Ausstellung zurückzuziehen. Aus Tierschutzsicht ist es nicht tragbar, Katzen immer wieder wissentlich einer solch angstbesetzten Situation und grossen Belastungen auszusetzen, nur um sich bei Ausstellungen mit anderen Züchtern zu messen.

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44. EXPO Bulle, Espace Gruyère Bulle Besucht am 31. März sowie 1. und 2. April 2016

Zusammenfassung

Die Expo Bulle gilt als eine der höchstdotierten Veranstaltungen für die Schweizer Holstein- und Red Holsteinzucht. Dies wiederspiegelte sich auch deutlich im Aufwand, welcher in die Vorbereitung und in die Präsentation der Tiere gesteckt wurde. Während die Haltung der Tiere während des Aufenthalts an der Veranstaltung im Grossen und Ganzen als gut bezeichnet werden konnte, sind bezüglich Kuhfitting leider auch Methoden zum Einsatz gekommen, welche aus Tierschutzsicht aufs schärfste kritisiert werden müssen. Hierzu zählt das an Kuhausstellungen inzwischen verbreitete Styling, bei welchem sämtliche Körperpartien inklusive Tasthaare geschoren, resp. abrasiert werden und die Tiere dazu mehrere Stunden in Ständen mit teilweise extrem hoch fixierten Köpfen angebunden werden. Des Weiteren wurde bei rund 90 % der Tiere, welche im Ring präsentiert wurden, eine abnormale, extreme Füllung des Euters sowie teilweise klare Spuren von Versiegelung der Zitzen registriert. Der für die Tiere damit verbundene Schmerz liess sich deutlich am veränderten Gangbild mit weit um das Euter herumgeführten Hintergliedmassen (Abduktion) der betroffenen Kühe erkennen.

Allgemeines

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Die in Zusammenarbeit mit den schweizerischen Red Holstein und Holstein Friesian Zuchtverbänden organisierte Veranstaltung gilt als das landesweit beste Schaufenster der schweizerischen Holstein- und Red Holsteinzucht mit internationaler Ausstrahlung. An der Expo Bulle wurden aus mehr als 450 Kühen die nationalen Siegerkühe dieser Rassen prämiert. Die Bedeutsamkeit der Veranstaltung für die Züchter liess sich zweifelsohne an der ausgiebigen Präparation der Tiere (Kuhfitting) erkennen.


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EXPO BULLE

Die Expo Bulle hinterliess was die Aufstallung der Tiere anging einen grundsätzlich guten Eindruck. Die für die Aufstallung, Vorbereitung und Präsentation nötige Infrastruktur wurde von den Messeorganisatoren bereitgestellt. Während der Umgang der Züchter, resp. Vorführpersonen mit den Tieren ausserhalb der Arena mehrheitlich als ruhig und schonend beurteilt werden konnte, bot sich im Ring bei der Präsentation der Tiere ein anderes Bild. Hier kamen Methoden beim Führen der Kühe zum Einsatz, welche aus Tierschutzsicht klar kritisiert werden müssen.

Beobachtungen Tieranlieferung Das Reglement der Expo Bulle schreibt vor, dass die Tiere im Laufe des Donnerstags vor der Ausstellung angeliefert werden müssen und das Ausstellungsgelände erst am Sonntagmorgen nach der Ausstellung wieder verlassen dürfen. Entsprechend konnte am Donnerstag die Anlieferung der Kühe über den ganzen Tag verteilt beobachtet werden. Das Abladen ging weitgehend ruhig vor sich. Waschen der Tiere Die meisten Kühe wurden vor dem Stylen gewaschen. Aufgrund der fehlenden Dampfentwicklung über dem Waschplatz ist davon auszugehen, dass hierfür kaltes Wasser verwendet wurde. Bei den an diesem Tag herrschenden Aussentemperaturen von lediglich rund 15 °C wäre die Verwendung von warmem Wasser unseres Erachtens angezeigt gewesen. Bei jenen Tieren, welche mit Hochdruckreinigern gewaschen wurden, konnten Ausweichmanöver beobachtet werden, wonach der harte Strahl für die Tiere als eher unangenehm bis sogar schmerzhaft einzustufen ist.

Hinten rechts im Bild wurde mit dem Hochdruckreiniger gearbeitet, was für die Tiere unangenehm und den Ausweichmanövern nach zu beurteilen auch schmerzhaft war.

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Unterbringung der Tiere Die Tiere waren während den 4 Tagen Aufenthalt an der Ausstellung auf grosszügig bemessenen und gut eingestreuten Lägern in 2 Stallabteilen in Reihen à rund 40 Tieren untergebracht. Die Stallgänge konnten von Besuchern ungehindert betreten werden, sodass grundsätzlich auch das Berühren oder gar Belästigen der Tiere möglich gewesen wäre. Die permanent anwesenden Tierbetreuer, die sich äusserst aufmerksam um die Kühe kümmerten, hatten allerdings im Rahmen unserer Beobachtungen einen guten Überblick über die Situation. Generell jedoch sind aus Sicht des Tierschutzes Abgrenzungen zu den Tieren empfehlenswert, damit diese von den sehr vielen Besuchern nicht permanent berührt oder gar gestört werden können. Die Temperatur in den Ställen war relativ kühl und somit ideal für die Kühe (geschätzt rund 15–18 °C). Zusätzlich liefen noch 2 grosse Ventilatoren. Die Luftqualität im Stall wurde als sehr gut beurteilt. Im Bereich der grossen Türen zum Waschplatz hin herrschte jedoch Durchzug. Die dort untergebrachten, ebenfalls bis auf die Rückenlinie (Topline) geschorenen Kälber lagen entsprechend zusammengekauert in ihrer Box. Am Tag der Prämierung waren die Kälber allerdings auch angebunden aufgestallt. Das kleinste Kalb war mit einer Decke gegen die Zugluft geschützt. Mindestens 2 Kälber waren zum Zeitpunkt der Ausstellung unter 4 Monate alt, sodass die Aussteller gegen die Tierschutzverordnung verstossen haben, ohne dass Organisatoren und Behörden eingeschritten wären.

Die beiden Swiss Sale Kälber waren weit unter 4 Monate alt und wurden am 2. April 2016 entgegen den geltenden Tierschutzbestimmungen angebunden gehalten.

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Die Läger verfügten nicht, wie sonst an Messen und Ausstellungen üblich, über fixe Anbindungen mit Halsriemen, sondern die Tiere wurden von den Besitzern mit Halftern und Stricken selbst fixiert. Die Anbindelänge war im grossen Ganzen überall ausreichend, so dass den Tieren das Ausüben des Kopfschwungs beim Aufstehen möglich war. Einige Tiere wurden sogar nicht am dafür vorgesehenen Ring in rund 1 m Höhe sondern weiter unten an den senkrechten Verstrebungen angebunden, was ihnen zusätzliches Spiel in der Längsrichtung und Vertikalen gab und damit ein artgemässes Aufstehen, Abliegen, Sich-Lecken sowie Zurücktreten ermöglichte. Allen Tieren stand Heu von guter


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Qualität zur Verfügung und von jedem Standplatz aus konnten die Tiere eine Selbsttränke erreichen. Die Gänge waren trocken und rutschfest. Die Kühe waren alle ständig unter Aufsicht, da Urin und Kot meist direkt am Tier in Eimern aufgefangen wurden, um eine Verschmutzung zu verhindern. Die Möglichkeit zum Melken der Tiere befand sich im hinteren Bereich der grossen Halle. Wie zu erwarten, war der Melkbereich vor Beginn der Prämierungen praktisch leer, während nach der Vorführung in der Arena Grossandrang herrschte. Beobachtungen an den Tieren Das erste Styling wie Waschen, Shampoonieren, Scheren und Rasieren wurde am Vortag der Prämierung durchgeführt. Am Ausstellungstag selbst wurde meist nur noch der Feinschliff vorgenommen, wie Perfektionieren der Topline oder Toupieren der Schwanzquaste. Für die Vorbereitung der Kühe standen in allen Lägerreihen einige spezielle Fixiereinrichtungen zur Verfügung. In diesen Ständen wurden die Kühe überwiegend mit sehr hoch gehaltenem Kopf und auf kurze Distanz angebunden. Wie lange die einzelnen Kühe in dieser unnatürlichen und vermutlich auch belastenden Position verblieben, konnte nicht im Detail erfasst werden. Es ist jedoch von anderen Messen wie z.B. der Tier und Technik 2016 in St. Gallen bekannt, dass die Tiere teilweise für eine Dauer von mehreren Stunden mit hoch erhobenem Kopf in diesen Ständen angebunden werden!

Diese Kühe wurden für das Finetuning im Fixierstand über längere Zeit mit dem Kopf nach oben ausgebunden. Die Topline im Bild oben wurde aufwendig mit Haarspray und Föhn für die Show präpariert. Im Bild unten mit Haarbürste und Föhn.

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Beim Rundgang durch die Stallungen konnten am Tag der Prämierung viele Tiere mit sehr prallen, vom Rasieren und Einreiben geröteten Eutern beobachtet werden. Auch andere Körperpartien wiesen kleinere Risswunden sowie oberflächliche Hautverletzungen vom Scheren und Rasieren sowie der Verwendung von reizenden Substanzen auf.

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Diese Kuh hatte wegen des Rasierens und der Einreibungen Hautirritationen am Euter und oberflächliche Verletzungen innen und aussen an den Sprunggelenken. Letztere entstanden wohl durch das Scheren und wegen des fehlenden Fellschutzes an den druckempfindlichen Stellen, wie beispielsweise den Gelenken.

Die gleiche Kuh mit deutlichen Rötungen und Hautreizungen am Euter und Unterbauch nach Rasur und «Behandlung» mit verschiedenen Lotionen, Cremes, Gels und/oder Flüssigkeiten.


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Vor dem Auftritt waren bei einigen Tieren die Schwänze in Untersuchungshandschuhe mit Klebeband fixiert eingepackt, um eine Verschmutzung zu verhindern. Einigen Kühen wurden für die Vorstellung im Ring noch zusätzliche Schwanzhaare angeklebt. Das Ankleben von Haaren ist gemäss Reglement nur für die Topline verboten. Für ein glänzendes Euter wurde teils Johnson’s Baby Oil Gel appliziert oder ein Glanzspray verwendet. Bei anderen wurde der Einsatz von Sullivan Fine Blood Vessel Spray beobachtet, welcher die Gefässe am Euter besser hervortreten lässt.

Arbeitsplatz Kuhfitting: Unterschiedliche Styling-Utensilien, wie Haarsprays und -lacke, Glanzgels, Conditioner, Ethanol-Campher-Gemisch zur Durchblutungsförderung, Bürsten, Schere, Scher­ maschine, Föhn, Flex u.a.m. Der Schweizer Tierschutz STS kritisiert seit Langem künstliche, übertriebene und unnötige StylingProzeduren an Tierausstellungen. Nach vielen Jahren des Protests gibt es in der Schweiz nun wenigstens Reglemente für die Hundeausstellungen. Demnach ist dort das Verwenden von Galgen zur Fixation der Tiere für das Styling sowie sämtliche Hilfsmittel, die über das Bürsten und Kämmen hinausgehen, wie beispielsweise das Scheren, Trimmen, Schneiden von Haaren oder die Anwendung von Sprays, Lacken, Cremes, Puder etc. untersagt. Dass nun das Stylen von Kühen an schweizerischen Kuhausstellungen uneingeschränkt und exzessiver betrieben wird, als im Vergleich an internationalen Hundeausstellungen, ist absolut fragwürdig und aus Sicht des Tierschutzes abzulehnen. Die Kühe wurden von Kopf bis Fuss kahlgeschoren und am Euter komplett rasiert. Am Kopf wurden ihnen auch sämtliche Tasthaare weggeschnitten, was beim Pferd beispielsweise explizit verboten ist.

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Dieser Kuh oben im Bild wurden am Schwanz Haare angeklebt, das Euter wurde mit Hilfe kosmetischer bzw. chemischer Substanzen präpariert, damit es glänzt und die Gefässe deutlich hervortreten. Ähnlich präpariert wurde auch das Euter der Kuh unten im Bild. Zudem wurden auch ihre Zitzen verklebt.

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Dieses Euter wurde mit einer campherhaltigen Emulsion eingerieben. Campher wirkt durchblutungsfördernd. Dadurch füllen sich die Blutgefässe und treten deutlicher hervor.

Dieses Bild entstand kurz vor dem Einmarsch in den Show-Ring. Das Euter glänzte unnatürlich und war von deutlich prominenten, extrem dicken und stark durchbluteten Gefässen überzogen.

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Da viele Tiere im Stallbereich lagen, konnte die Anzahl Kühe mit verklebten Zitzen nicht eindeutig quantifiziert werden. Von 5 nebeneinander aufgestallten Holstein Friesian Kühen waren aber beispielsweise bei 3 Tieren Spuren von Collodium, Sprühpflastern oder Klebstoffen feststellbar. Beim Stallrundgang konnte auch immer wieder beobachtet werden, wie sich Betreuungspersonen an den Zitzen der Tiere zu schaffen machten und danach unauffällig kleine Fläschchen in der Jackentasche verschwinden liessen (siehe Bild rechts).

Verklebte Zitzen und Emulsionsreste am Euter einer Kuh.

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Klebstoff- oder Collodiumreste an den Zitzen einer Kuh.

Beobachtungen in der Arena Insgesamt wirkten die Beteiligten sowie der grösste Teil der Kühe im Vorführring ruhig und routiniert. Der Lärmpegel in der Arena betrug durchschnittlich etwa 80 Dezibel und wird als für die Tiere zumutbar eingestuft. Die Tiere schienen das Handling und Führen grösstenteils gewohnt und liessen sich vom Geschehen um sie herum nur wenig beeindrucken. Einige Tiere bekundeten mitten in der Präsentation Missfallen mit dem Führen im Zeitlupentempo mit hochgestrecktem Kopf und vollführten Bocksprünge. Wie bereits im oberen Abschnitt erwähnt, muss der Umgang mit den


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Tieren in der Arena kritisiert werden. Sämtliche Tiere wurden in Halftern mit Kinnkette vorgeführt, welche zum Teil ohne Stoppvorrichtung verwendet und sehr straff gehalten wurde. Zusätzlich hielten bis auf einige Ausnahmen sämtliche Führpersonen die Tiere mittels Griff einer Hautfalte an der Ganasche im Zaum. Teilweise wurde an der Hautfalte auch gezogen, um die Kühe zum Weiterlaufen zu bewegen.

Diese Kuh wurde, als eine von vielen, mit streng angezogener Kinnkette und einem Kniff in die Ganasche zur «Mitarbeit» gezwungen. Am Ende der Vorführung im Ring wurden die Kühe in Reih und Glied aufgestellt. Um die Tiere optimal zu positionieren und eine perfekte Haltung zu erzielen, wurden häufig Stellungskorrekturen vorgenommen, zum Beispiel indem sie mit dem Finger in die Rippen gepiekst oder auf die Wirbelsäule oder in die Flanken gedrückt wurden. Zudem wurde häufig mit den Schuhen im Bereich des empfindlichen Kronsaums Druck ausgeübt, um die Kühe zum Zurücktreten zu bringen.

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Nach dem Rundgang im Ring wurden die Kühe in Reih und Glied aufgestellt und mittels Zwangsmassnahmen zu Stellungskorrekturen bewegt. In der Arena wurde bei rund 90 % der Kühe ein sehr pralles, gespanntes Euter und staksiger, schwankender Gang (Abduktion der Hintergliedmassen) festgestellt. Die hier offensichtlich praktizierten langen Zwischenmelkzeiten, welche zu einem unnatürlichen Füllungszustand führen, sind gemäss Art. 17 der Tierschutzverordnung explizit verboten. Das «äusserliche Versiegeln der Zitzen» hingegen zählt im Ehrenkodex der Rinderzüchter unverständlicherweise aber immer noch zu den erlaubten Hilfsmitteln, solange das Wohlbefinden der Tiere nicht beeinträchtigt ist. Bei vielen an der Expo Bulle präsentierten Tieren war unserer Meinung nach das Wohlbefinden klar gestört, was seitens der Organisatoren aber keinerlei Konsequenzen nach sich zog. Offensichtlich ist der Ehrencodex hier lediglich ein Papiertiger. Im Gegensatz zur Expo in Lausanne, bei welcher die Richter auch Kühe vorne rangierten, welche keine übervollen Euter aufwiesen, wurden die vorderen Plätze an der Expo Bulle ausnahmslos von Tieren mit massiv gefüllten Eutern belegt.

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Diese Kühe, oben und rechts im Bild, konnten wegen ihrer prallen, schmerzhaften Euter nicht mehr normal laufen. Ihr Gangbild zeigte staksende, schwankende Bewegungen.

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Wer seine Kühe mit prallen, glänzenden Eutern im Show-Ring an der Expo Bulle präsentierte, konnte am ehesten mit einer Prämierung rechnen.

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Der Richter prämierte meistens die Kühe mit den prallsten Eutern.


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EXPO BULLE

Fazit und Forderungen STS

Die Ausstellung hinterliess bezüglich Aufstallung und Haltung der Tiere sowie der Abläufe einen positiven Eindruck. Dennoch überwiegt ein klar negativer Gesamteindruck wegen der aus Tierschutzsicht inakzeptablen offensichtlich deutlich verlängerten Zwischenmelkzeiten bei praktisch allen präsentierten Kühen, den groben Führmethoden bei der Präsentation der Tiere im Ring (Ganaschengriff, Positionieren mittels Druck gegen den Kronsaum, Haltungskorrektur mittels Druckausübung im Intercostalbereich und im Bereich der Wirbelsäule), des erzwungenen Verharrens der Tiere in den Ständen in unnatürlicher Körperhaltung während des Stylings sowie den vielen beobachteten Manipulationen an den Zitzen. Diese Missstände an der Expo Bulle belasten das Wohlbefinden der ausgestellten Tiere und sind aus Sicht des STS nicht akzeptabel. Umso mehr, als geübte Richter auch in der Lage sein sollten, die züchterisch relevanten Merkmale rund ums Euter auch bei normalem Füllungszustand zu erkennen! Der in Teilen schwammige und unbefriedigende «Ehrencodex» muss nach Meinung des STS bezüglich dieser Punkte zwingend konkretisiert werden. Er bevorteilt Züchter, die auf überlange Zwischenmelkzeiten und Manipulationen an den Zitzen setzen und damit Leiden und Schmerzen ihrer Tiere bewusst in Kauf nehmen. Das Nachsehen haben Züchter, denen das Tierwohl wichtiger ist, als ein übervolles, schmerzhaftes Euter! Insbesondere vor dem Hintergrund der grosszügigen Bezuschussung des Bundes zu Handen der Arbeitsgemeinschaft Schweizer Rinderzüchter (ASR) von insgesamt 115 000 Franken für 2016, darf erwartet werden, dass die eingesetzten Gelder zur Förderung der Tierzucht nicht in tierschutzwidrige Praktiken investiert werden, sondern auch dem Tierwohl an den Ausstellungen zu Gute kommen.

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

OFFA FRÜHLINGS- UND TRENDMESSE ST. GALLEN

OFFA Frühlings- und Trendmesse St. Gallen 13. bis 17. April 2016, besucht am 14. April 2016

Zusammenfassung

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Die Tierhaltung an der OFFA konnte im Grossen und Ganzen als positiv bewertet werden. Die Gehege waren sauber und reichlich eingestreut. Die meisten Pferde wirkten entspannt, frassen, schliefen oder wälzten sich gelegentlich und hatten Wasser und Futter zur Verfügung. Viele Tiere waren sehr neugierig. Sie liessen sich gerne von den Besuchern streicheln. Leider waren die Boxen der grösseren Pferde und der fohlenführenden Stuten unter den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestgrössen. Einige Pferde zeigten klare Anzeichen von Langeweile. Bei den Pferden, die in Gruppen gehalten wurden, gab es keine Rückzugsmöglichkeiten voreinander. Aus Sicht des STS sollte eine Messe als Vorbild gegenüber dem Publikum dienen und Tierhaltungen zeigen, die auf die Bedürfnisse der Tiere Rücksicht nehmen. Es sollten deswegen in Zukunft zwingend grössere Gehege mit Rückzugsmöglichkeiten und Beschäftigung für die Tiere zur Verfügung gestellt werden. Zudem wären Auslaufmöglichkeiten wünschenswert. Der Umgang mit den Pferden wurde insgesamt als gut beurteilt – meist ruhig und respektvoll. Kritik kam aber bei den Vorführungen auf, wo beobachtet wurde, wie die Tiere gejagt und zum Beispiel zum Springen gezwungen wurden. Viele Pferde wirkten beim Durchlaufen des Messegeländes verängstigt, vor allem als sie neben einer lauten Schmiede vorbeigeführt wurden, aber auch wegen der lauten Musik vor dem Eintritt auf den Sportplatz. Beim Ponyreiten war der Umgang mit den Tieren sorgsam, die Tiere durften regelmässig pausieren. Leider gab es aber während des ganzen Tages keine Möglichkeiten zur freien Bewegung. Negativ fiel auf, dass die Tiere den ganzen Tag auf der gleichen Hand geführt wurden, ohne Richtungswechsel, und sie ständig dem Lärm der danebenstehenden Schmiede ausgesetzt waren. Dieser stellte aber anscheinend – dank der tatsächlich schalldämpfenden Wände des Zeltes – keine Belastung für die Ponys dar. Die Vorführungen des Walter Zoos erfolgten auf eine behutsame Art und Weise. Zu bemängeln war, dass die Tiere den ganzen Tag in kleinen Kisten / Behältern gehalten wurden.


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OFFA FRÜHLINGS- UND TRENDMESSE ST. GALLEN

Allgemeines

An der OFFA Frühlings- und Trendmesse wurden in der Halle 7.0 und in der Zelthalle 10.0 Pferde ausgestellt. Ponyreiten wurde von «Rodolfo» unter einem Zelt im Aussengelände angeboten. In einer ca. 35 x 40 m grossen Arena wurden die Pferde für die Sportprüfung oder für die Vorführungen aufgewärmt. Auf einem Reitplatz fanden Springprüfungen und Vorführungen statt. In der Halle 2.0 führte der Walter Zoo zwei Gespenstschrecken, eine Vogelspinne, eine Tigerpython und einen Skink vor. Die Temperatur in den Hallen war mit 18 bis 20 Grad Celsius für die Tiere angenehm. Auf dem Freigelände war die Lärmbelastung wegen lauter Musik und der Schmiede hoch. Viele Pferde zeigten sich deswegen verängstigt, als sie vom Reitplatz zurück in den Stall geführt wurden.

Beobachtungen Pferdehaltung

An der OFFA 2016 wurden am Tag der STS-Visite ca. 85 Pferde diverser Rassen ausgestellt, darunter auch drei Miniaturesel, zwei Minishetlandponys und zehn Stuten mit Fohlen. Einige der Pferde waren zum Verkauf ausgeschrieben. Jede Box war mit Namen des Pferdes, Rasse, Jahrgang und Besitzer angeschrieben. Zudem gab es Angaben zur individuellen Fütterung. Grundsätzlich fiel die ständige Pferdebetreuung durch das OFFA-Personal lobenswert aus. In der Halle 7.0 wurde der Grossteil der Pferde einzeln in 3,10 x 3,10 m grossen Turnierboxen untergebracht. Einige Pferde mit grossem Stockmass hatten Boxen à ca. 3,30 x 3,30 m zur Verfügung, so auch fohlenführende Stuten, die laut Tierschutzverordnung jedoch 30 % mehr Platz zur Verfügung haben müssten. Die Boxengrössen der grösseren Pferde entsprachen ebenfalls nicht den gesetzlichen Mindestanforderungen. Allerdings können sich Messen bedauerlicherweise auf Ausnahmeregelungen berufen. Der Lärmpegel in der Halle war am Morgen angenehm tief, am Nachmittag herrschte mehr Betrieb und folglich war auch eine höhere Lärmbelastung feststellbar. Gelegentlich wieherten und antworteten die Pferde untereinander. Die Halle war gut durchlüftet, es herrschte jedoch kein Durchzug. Die Temperatur lag bei ca. 18 Grad Celsius. In der Halle roch es nach Einstreu. Die insbesondere am Nachmittag zahlreich erschienenen Besucher verhielten sich ruhig und gingen mit den Pferden vorsichtig um. Auslaufmöglichkeiten für die Pferde waren keine vorhanden, es existierten jedoch ein winziger Aufwärmplatz, ein Turnierplatz und eine Arena. Die Boxenwände bestanden aus Holz oder Kunststoffplanen. Die Boxen öffneten sich gegen vorne zur Stallgasse hin. Sichtkontakt bestand nur zu den vis-à-vis gehaltenen Pferden, jedoch nicht zu den benachbarten Pferden. Es gab aber teilweise Löcher in den Planen und die Pferde nutzten die Möglichkeit, durch diese Kontakt zum Stallnachbarn aufzunehmen.

Kontaktaufnahme zum Nachbartier via Loch in der Plane.

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Die Boxen und Gehege waren insgesamt sauber und gut eingestreut. Wasser war bei allen Tieren vorhanden. Die Stallgassen wiesen eine Breite von ca. zweieinhalb Metern auf.

Stallgasse Die Einstreu in Form von Stroh oder Spänen präsentierte sich sauber und reichlich. Raufutter wurde drei Mal am Tag durch das OFFA-Personal an die Pferde verteilt, sofern es vom Besitzer keine anderen Anweisungen gab (Fütterungsplan an Boxentür). Einige Polnische Warmblüter bekamen aber sehr kleine Heurationen, dafür drei Mal pro Tag Kraftfutter. Da sie kaum durch das Kauen von Heu beschäftigt wurden, fielen sie anhand ihrer Langeweile besonders auf: Es wurden Nagespuren am Holz vorgefunden und einige Tiere schlugen gegen die Stallwand. Ein Pferd koppte. Aus Sicht des STS wäre es hier wünschenswert, dass ein Anteil des Kraftfutters durch Heu ersetzt wird, um die Dauer der Futteraufnahme zu verlängern.

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Dieser Pole bekam sehr wenig Heu, dafür umso mehr Kraftfutter – er langweilte sich dementsprechend.


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Aus Langeweile wurden die Holzwände angenagt.

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Pferde in Gruppenhaltung auf ca. 21 m².

In Gruppenhaltung befanden sich 18 Pferde (Stuten mit Fohlen nicht mitgerechnet) mehr als im Jahr 2014, als der Schweizer Tierschutz STS ebenfalls vor Ort war. Für die Pferde in Gruppenhaltungen von zwei bis max. vier Tieren gab es keine Rückzugsmöglichkeiten untereinander. Die Flächen für zwei Pferde variierten zwischen 15 m2 und 32 m2. Eine vorbildliche Boxe von 32 m2 befand sich in einem ruhigen Teil der Halle. Ein Teil führte in einen unzugänglichen Bereich, somit konnten sich diese zwei Haflinger sehr gut von den Besuchern zurückziehen. Die zwei Tiere waren den ganzen Tag über mit Fressen beschäftigt und wirkten ruhig und ausgeglichen. Zwei Pferde befanden sich exponiert beim Eingang. Ihr Gehege von ca. 18 m2 war gegen drei Seiten offen, sodass sie sich nicht von den Besuchern zurückziehen konnten. Während des Messetages gab es dann auch noch Streitigkeiten zwischen den Tieren, die ohnehin sehr nervös schienen, sodass sie am Nachmittag vorübergehend voneinander getrennt wurden.

Exponierte Pferde. Für die meisten Pferde gab es keine richtigen Rückzugsmöglichkeiten. Wenigstens konnten sie sich den Berührungen der Besucher entziehen, indem sie sich vom Gitter entfernten. Grösstenteils wirkten die Pferde ruhig und entspannt. Sie frassen, schliefen oder wälzten sich gelegentlich, was ein Zeichen von Wohlbefinden ist. Viele Tiere waren auch sehr neugierig. Sie liessen sich gerne von den Besuchern streicheln. Andere schienen aber auch gelangweilt.

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Die Fohlen waren sichtlich entspannt: sie schliefen, oder …

… tranken bei der Mutter. Die Mütter frassen entspannt Heu.

Das gelegentliche Wälzen deutet auf Wohlbefinden hin.

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Man liess sich gerne auch mal berühren.

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Man liess sich gerne auch mal berühren.

Einige Pferde hatten Salzlecksteine zur Verfügung. Die Haflinger wurden teilweise mit Spielbällen beglückt, dies wäre für jede Boxe wünschenswert gewesen. Ausserhalb des Zeltes wurden auch Tannenbäume zum Anknabbern für die Haflinger bereitgestellt, was eine gute Beschäftigungsmöglichkeit ist. Auf dem Aussengelände befand sich das Ausstellerzelt Nr. 10. Darin wurden zwei Warmblüter in einem ca. 6 x 3 m grossen Gehege ausgestellt. Sie hatten um 11.15 Uhr einen Auftritt, wurden aus unserer Sicht jedoch viel zu früh gesattelt (ca. 1 Stunde vorher). Ansonsten ging es den Tieren gut, sie hatten viel Ruhe und wirkten entspannt. Auch sie hatten reichlich Stroh und Heu zur Verfügung.

Spielbälle wurden sehr gerne genutzt.

Vorbereitet für eine Aufführung.

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Weiter befanden sich drei amerikanische Miniaturesel in diesem Zelt. Sie mussten sich zu dritt eine Fläche von 9 m2 teilen. Gesetzlich vorgeschrieben wären mindestens 16,5 m2! Auch wenn sich die Messen auf Ausnahmeregelungen berufen, ein derart beengtes Gehege ist tierschützerisch gesehen nicht akzeptabel. Denn immerhin verweilen die Tiere mindestens 5 Tage auf dieser extrem kleinen Fläche! Direkt neben den Eseln wurden auf derselben minimalen Fläche sogar vier Tiere – zwei Minishetlandpony-Stuten mit ihren Fohlen – ausgestellt. Sowohl Esel wie Ponys hatten den ganzen Tag über das Halfter an.

Winzige Fläche für die Miniaturesel.

Ponys auf zu kleiner Fläche.

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Springreiten

Vom Stall aus hatten die Pferde direkten Zugang zur Arena, wo sie für die Springprüfung aufgewärmt wurden. Der Boden war mit einer Sandmischung bedeckt. Zwei Hindernisse befanden sich in der Mitte der Arena.

Die Arena, wo die Pferde für die Springprüfung aufgewärmt wurden. Um den ca. 35 x 40 m grossen Turnierplatz zu erreichen, mussten die Pferde einen Weg von ca. 50–100 Meter durch die Messe meistern. Hier konnte mehrmals beobachtet werden, wie die Pferde aufgeregt reagierten, v. a. wegen der lauten Musik, aber auch wegen der für sie ungewöhnlichen Messeumgebung. Nach ihrem Einsatz wurden die Pferde neben einer sehr lauten Schmiede vorbeigeführt. Es fiel auf, dass die meisten Pferde dabei verängstigt wirkten und nicht mehr durch die Menschenmasse zurück in die Boxe wollten.

Verängstigtes Pferd inmitten des Messegeländes, vor dem Eintreten auf dem Sportplatz. Auf einem winzigen Platz wurden manche Pferde im Schritt aufgewärmt. Während des Springreitens war der Umgang meist ruhig und sorgsam. Es konnte auch beobachtet werden, dass Pferde trotz einiger Abwürfe gelobt wurden.

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Winziger Platz zum Einreiten – manchmal befanden sich bis zu drei Pferde auf der Fläche von ca. 6 x 9 m.

Schauarena

Eine Vorführung von HETS, eine Schule für Natural Horsemanship, fand am Vormittag statt. Diese Ausbildung basiert auf gegenseitiger Kommunikation, Verständnis und Psychologie von Mensch und Pferd. Es wurde zuerst Bodenarbeit in Form von Spielen gezeigt. Die drei Pferde trugen ein Halfter und wurden am Strick geführt. Ein Pferd musste frei verschiedene Übungen machen. Aus Tierschutzsicht fragwürdig war das von den Pferden geforderte Überspringen eines Tisches. Da sich die Tiere weigerten, wurden sie mit Strick und Peitsche dazu gezwungen.

Pferde wurden gezwungen, über einen Tisch zu springen.

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Am Nachmittag wurde vom STS eine Vorführung indianischer Reitmethoden mit spanischen Mustangs beobachtet. Beim «Roping» jagten ein Lasso-Reiter und ein schreiender, fuchtelnder Mitarbeiter einen 20-jährigen Wallach 15–20 Minuten in der Arena herum. Dabei lachte das Publikum. Das Tier wirkte verängstigt und belastet während dieser sinnlosen Aktion. Es wollte permanent zurück in den Stall und war zeitweise kurz davor, in die Bande zu springen! Der Moderator erklärte dem Publikum, das Pferd sei dies gewöhnt, hätte aber wohl heute keine Lust. Der Wallach wies zudem etwas überlange Hufe auf und hatte einen leichten Senkrücken. Beim anschliessenden 15-minütigen «Staffelrennen» sprangen zwei Reiter rücksichtslos und plump auf den Rücken dieses doch schon älteren Pferdes und galoppierten jeweils eine Runde, dann erfolgte jedes Mal ein abrupter Stopp.


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Der Umgang mit dem 20-jährigen bejagten Pferd war despektierlich.

Ponyreiten Rodolfo

Im Freigelände wurde vom Schausteller «Rodolfo» Ponyreiten in einem Zelt angeboten. Das Zelt stand direkt neben der sehr lauten Schmiede. Der daraus resultierende Lärm stellte aber anscheinend – dank der tatsächlich schalldämpfenden Wände des Zeltes – keine Belastung für die Ponys dar. Das Zelt, in welchem das Ponyreiten stattfand, mass ca. 10 x 9 m. Das ca. 8 x 7 m grosse Oval, auf dem die Tiere geführt wurden, war mit Hobelspänen eingestreut. Erfreulicherweise wurden keine Trensen verwendet. Die Tiere trugen während des Reitbetriebes lediglich Nylonhalfter. Die drei Ponys waren in gutem Allgemein- und in gutem bis sehr gutem Nährzustand. Der Esel wies im Schritt eine leichtgradige Unregelmässigkeit auf und zeigte nicht viel Lust auf Vorwärtslaufen. Er kürzte das ohnehin kleine Oval meist noch ab. Aus unserer Sicht hätte man das Tier besser ganz ruhen lassen sollen. Positiv zu vermerken ist, dass er nicht den ganzen Tag Kinder auf dem Rücken tragen musste. Vor Arbeitsbeginn waren die Tiere am Rand angebunden und konnten ruhig fressen, während sie vorbereitet wurden. Sie wurden geputzt, gesattelt und ihre Hufe wurden mit Öl gepflegt. Der Umgang mit den Tieren war lobenswert. Bei der Arbeit liefen die Tiere in einem langsamen Schritttempo. Der Rundgang dauerte ca. 2 Minuten pro Kind. Richtungswechsel konnten über den ganzen Tag keine beobachtet werden, sodass die Tiere einseitig belastet wurden. Nach einer Stunde gab es eine einstündige Mittagspause, in der die Tiere Heu fressen durften. Leider waren sie dafür angebunden. Es wäre für die Tiere besser gewesen, sie in die Boxe zurück zu bringen, um ihnen freie Bewegung zu ermöglichen.

Das Zelt von Rodolfo.

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Walter Zoo

Der Walter Zoo verzichtete in diesem Jahr auf einen Streichelzoo mit Nutztieren. Stattdessen wurde jede Stunde ein Tier präsentiert. Gezeigt wurden zwei Gespenstschrecken, eine Vogelspinne, eine Tigerpython und ein Skink. Die Vorstellungen dauerten 20 Minuten. In der Zeit dazwischen waren die Tiere in einer Kammer untergebracht. Die Tierhaltung war nicht zugänglich, deshalb entzieht sich den Kenntnissen des STS, ob dort beheizte Terrarien zur Verfügung standen. Anscheinend durften die Tiere abends wieder in ihr Terrarium im Walter Zoo. Die Vogelspinne wurde um 13.00 Uhr in einem kleinen Plastikbehälter (ca. 15 x 20 cm) vorgeführt. Die anwesenden 25 Kinder und 15 Erwachsenen erhielten viele Informationen über diese Tierart. Um 14.00 Uhr wurde die Tigerpython präsentiert. Sie befand sich in einer grauen Box von ca. 30 x 50 x 40 cm in einem Stoffsack. Sie durfte berührt werden, maximal von zwei Kindern gleichzeitig. Das Tier schien das Handling gewöhnt zu sein, auch wenn sie immer wieder die «Rückseite» der Pflegerin suchte. Aus Sicht des STS wäre die Haltung der Tiere tagsüber in vorbildlichen und für die Besucher einsehbaren Terrarien wünschenswert und eine gute Gelegenheit gewesen, über die korrekte Haltung dieser Tiere etwas zu lernen.

Die Besucher konnten die Tigerpython berühren.

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12/2016

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OFFA FRÜHLINGS- UND TRENDMESSE ST. GALLEN

Fazit und Forderungen STS

Aus Sicht des Schweizer Tierschutz STS müssen Ausstellungen in Sachen Tierhaltung heutzutage eine Vorbildfunktion wahrnehmen. Um eine tiergerechte Haltung aufzuzeigen, müssten Pferde vermehrt in strukturierten Gruppenhaltungen gezeigt werden. Auf jeden Fall sollen sie aber in grosszügigen Boxen, möglichst mit Auslauf, aufgestallt werden. Die OFFA muss im kommenden Jahr auf die extrem beengten Boxen für Kleinpferde / Ponys mit 9 m2 Fläche für 3 bis 4 Tiere unbedingt verzichten. In der Schweiz existieren für alle an Ausstellungen gezeigten Tiere gesetzliche Regelungen hinsichtlich Platzangebot und Gehegeeinrichtung, welche in der Tierschutzverordnung dokumentiert sind. Ausstellungen dürfen aber mit einer Bewilligung der kantonalen Tierschutzfachstelle die gesetzlichen Mindestvorschriften temporär unterschreiten. Aus Sicht des STS ist das nicht akzeptabel. Den Tieren sollte zumindest an mehrtägigen Ausstellungen wenigstens die von der Tierschutzverordnung zugestandenen Flächen zur Verfügung gestellt werden. Die Platzierung der lauten Schmiede sollte für das nächste Jahr überdacht werden, sodass die Schreckreaktionen der Pferde beim Durchlaufen des Messegeländes reduziert werden. Man könnte für sie einen «Pfad» errichten, damit sie nicht immer inmitten von Besuchern zum Springplatz hin- und zurückgeführt werden müssen. Dies würde auch eine mögliche Unfallgefahr wesentlich reduzieren. Beim Ponyreiten sind inskünftig Richtungswechsel vorzusehen. Im Weiteren sollen sich die Tiere in den Pausen frei bewegen können und nicht angebunden werden.

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LUGA LUZERN

Luga Luzern 29. April  bis  8. Mai 2016, besucht am 29. April und 6. Mai 2016

Zusammenfassung

An der LUGA 2016 wurden Nutztiere (Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine), Equiden (Pferde, Esel, Ponys), Meerschweinchen, Kaninchen, Hühner, Tauben, Ziervögel und Strausse präsentiert. Die Tierhaltung gestaltete sich ähnlich wie letztes Jahr und wurde mehrheitlich als zufriedenstellend bewertet. Die Messeleitung berücksichtigte manche der letztjährig vom STS angebrachten Kritikpunkte bereits beim Aufstellen und setzte auch vor Ort gewisse Verbesserungsvorschläge um. Als vorbildliches Beispiel einer Ausstellungshaltung sind die Ziervogelvolieren, das Meerschweinchengehege und einige grosszügige und tierfreundlich strukturierte Kaninchengehege zu nennen. Verbesserungsfähig war hingegen die Wachtelhaltung, hier fehlte jeglicher Unterschlupf. Weitere Möglichkeiten zur Haltungsoptimierung sähe der STS hinsichtlich der Strukturierung und des Platzangebots mancher Gehege. So sollten den Schafen und einigen Kaninchen grosszügigere Gehegeflächen zur Verfügung stehen, für die Nutztiere wären Rückzugsmöglichkeiten wünschenswert.

Allgemeines

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Die LUGA 2016 fand auf dem Gelände der Luzerner Allmend statt. In drei Zelthallen wurden diverse Nutztierarten (Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine), Equiden (Pferde, Ponys, Esel), Vögel (Tauben, Hühner, Strausse, Papageien, Kanarien und Prachtfinken) sowie Kaninchen und Meerschweinchen präsentiert. In einem überdachten Zeltrondell wurde Ponyreiten angeboten, in der Arena fanden zudem zeitweise Tiervorführungen (Säulirennen, Kanin Hop, Präsentation von Nutztierrassen) statt. Die LUGA wurde vom Schweizer Tierschutz STS am ersten Ausstellungstag und gegen Ende der Ausstellung besucht. Während am 29. April die Begutachtung der Tierhaltungen im Vordergrund stand, wurde beim zweiten Besuch besonderes Augenmerk auf die Tiervorführungen und das Ponyreiten gelegt, weiter überprüfte der STS die Umsetzung der Kritikpunkte, die zu Beginn der Ausstellung aufgefallen waren.


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LUGA LUZERN

Die einzelnen Ausstellungen im Detail Halle 8 – Streichelzoo In Halle 8 präsentierte der Erlebnisbauernhof Winikon einen Streichelzoo mit verschiedenen Nutztieren (Kälber und eine Kuh, Ponys, Esel, Hühner, Schweine, Ziegen und Lämmer). Die Haltung war vergleichbar mit dem Vorjahr. Das zur Verfügung stehende Platzangebot reichte für die Anzahl Tiere aus bzw. war im Falle der Hühner und Schweine äusserst grosszügig bemessen. Einstreu, artgemässes Futter, Wasser und Rückzugsmöglichkeiten standen zur Verfügung, letztere wurden von den Tieren intensiv genutzt. Während der Mittagszeit blieben die Gehege jeweils für eine Stunde geschlossen, was der STS als positiv bewertet. Die Gehege wurden von Personen betreut, die einen korrekten Umgang mit den Tieren und die Einhaltung der Abgrenzungen gewährleisten sollten. Soweit für den STS ersichtlich, erfolgte der Umgang mit den Tieren sorgsam. Die Rückzugsgebiete wurden mehrheitlich respektiert; während der Präsenzzeit des STS waren in zwei Fällen kurzzeitig Besucher innerhalb der Rückzugsgebiete auffindbar. Der STS empfiehlt, nächstes Jahr bei den Hühnern, Schweinen und Ziegen die Absperrungen anzupassen, da die gespannten Seile für Kinder – und leider auch für manche Erwachsene – offenbar nicht deutlich genug sind, genauso wie die demselben Zweck dienenden Tannen, welche im Verlaufe der Ausstellung zunehmend von den Tieren abgefressen werden. Ein mit einem Schlupf versehener Zaun, wie er beispielsweise an der BEA verwendet wird, wäre hier vorteilhafter.

Ziegen

Ein ca. 8 x 5 m messendes Gehege beherbergte ca. sechs Lämmer und vier Ziegen. Eine den Besuchern abgewandte und von Nadelbäumen flankierte Hütte sorgte für Rückzug. Auf der Rückseite der Hütte waren Strohballen aufeinandergeschichtet, welche den Tieren als erhöhte Liegeflächen und minimale Klettermöglichkeiten dienten.

Schweine

An das Ziegengehege grenzte ein identisch grosses und ähnlich eingerichtetes Gehege an, welches mit drei Jagern bestückt war. Am ersten Besuchstag nutzten die Tiere den Rückzugsbereich intensiv, und auch am 6. Mai zogen sie sich immer wieder gerne zurück.

Hühner

Ein ca. 5 x 8 m messendes Gehege beherbergte neun Hühner. Der hintere Bereich des Geheges, welcher ein Hühnerhaus enthielt, war mit einem Seil abgesperrt. Im Hühnerhaus waren Nester vorhanden, weiter standen ein Sandbad, Futter und Wasser zur Verfügung. Aufeinandergeschichtete Strohballen sorgten für eine (wenngleich minimale) Strukturierung des Geheges und boten den Hühnern zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten. Leider verleiteten die Strohballen insbesondere am ersten Besuchstag die Kinder zum «Herumturnen», wodurch Unruhe im Gehege entstand, was in einem Streichelzoo eigentlich vermieden werden sollte. Die Hühner schienen an Menschen gewöhnt zu sein. wenn sich die Besucher im Streichelzoo ruhig verhielten, wagten sie sich aus dem Rückzug heraus und zeigten normale Verhaltensweisen wie Scharren und Picken. Sobald durch die anwesenden Besucher aber Unruhe entstand, zogen sich die Hühner sogleich in das Haus zurück.

Weitere Tiere

In einem ca. 10 x 5 m messenden Gehege waren eine Kuh und zwei ältere Kälber untergebracht. Ein weiteres, gleich grosses Gehege beherbergte zwei Esel, ein Pony und zwei Kälber. Beide Gehege verfügten über eine Hütte, deren Eingang von der Besucherseite abgewandt war. Diese diente den Tieren als Rückzug und wurde am Besuchstag insbesondere von den Kälbern intensiv genutzt.

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LUGA LUZERN

Am ersten Ausstellungstag kroch ein Kind in den Hühnerstall. Im Bild ebenfalls sichtbar sind die Strohballen, welche besonders für die Kinder als «Turngerät» beliebt waren.

Die Rückzugsbereiche wurden von den Tieren geschätzt.

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Vorbildlich – am Mittag wurde der Streichelzoo für eine Stunde geschlossen, sodass sich die Tiere erholen und in Ruhe Nahrung aufnehmen konnten.

Halle 9 – LUGA-Bauernhof In der Halle 9 stellten verschiedene Zuchtorganisationen Schweine, Rinder, Ziegen, Schafe und Pferde aus. An der Aussenseite der Halle präsentierte die Straussenfarm Sempachersee zudem Strausse. Abgesehen von den Straussen waren alle Tiere in Gehegen untergebracht, deren Flächen die gesetzlichen Mindestanforderungen der Tierchutzverordnung TSchV erfüllten. Positiv zu vermerken ist die Tatsache, dass keines der Gehege von allen Seiten zugänglich war. Alle Gehege waren grosszügig eingestreut (wobei die Gehege der Schweine zusätzlich mit etwas Langstroh zur Beschäftigung versehen waren) und überdies mit Futter und Wasser ausgestattet.


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Schweine

In einem grosszügig bemessenen Gehege (ca. 4,2 x 4,2 m) mit angrenzender Ferkelbucht waren eine Muttersau und 12 Ferkel untergebracht. Die Besucher hatten von zwei Seiten Zugang zum Gehege. Nach der letztjährigen Kritik des STS am ungenügend abgegrenzten Ferkelnest war dieses heuer anders platziert worden, sodass Besucher keinen Zugang mehr dazu hatten. In der Nachbarbucht (ca 4,6 x 3,6 m) befanden sich vier Mastschweine (ca. 70 kg), auch hier waren die Platzverhältnisse zufriedenstellend. Die Bucht war für die Besucher nur von einer Seite zugänglich, wies ansonsten aber keine Rückzugsmöglichkeiten auf. Diejenigen Schweine, welche am Säulirennen teilnahmen, bewohnten ein ebenfalls ca. 4,6 x 3,6 m messendes Gehege. Die Fläche des Geheges war für die 12 Tiere ausreichend. Dieses Gehege war für die Besucher von zwei Seiten zugänglich; positiv zu erwähnen ist, dass an einer Ecke ein Sichtschutz installiert worden war. Alle Schweine machten einen ausgeglichenen und gesunden Eindruck. Die Jager wiesen teilweise Kratzer auf dem Rücken auf, was bei Schweinen öfters vorkommt und ein Hinweis auf nicht ausreichende Platzverhältnisse sein kann (hier vermutlich bereits auf dem Herkunftsbetrieb oder dem Transport entstanden).

Der Rückzug für die Schweine war dieses Jahr optimaler platziert worden.

Den Ferkeln stand eine separate Ferkelbucht mit beheizbarem Nest zur Verfügung.

Kleinwiederkäuer

Elf adulte Schafe und 18 Lämmer der Rassen Weisses Alpenschaf, Schwarzbraunes Bergschaf, Texel und Braunköpfiges Fleischschaf wurden in einer Bucht von ca. 13,3 x 3,9 m beherbergt. Letztes Jahr waren in einem ähnlich grossen Gehege nur ein Dutzend Tiere untergebracht worden; somit erschienen heuer die Platzverhältnisse, wenngleich gesetzeskonform, etwas gedrängt. Aus Sicht des STS wäre es erstrebenswert, nächstes Jahr wieder eine niedrigere Besatzdichte anzustreben. In einem mit ca. 3,8 x 3,6 m ausreichend grossem Gehege waren sieben Gitzi einquartiert. Aufeinandergeschichtete Strohballen boten den Tieren nicht nur Sichtschutz, sondern auch die Möglichkeit zu klettern und erhöht zu liegen, was auch gerne genutzt wurde. Ein Gehege à ca. 11,9 x 3,9 m beherbergte zehn adulte Ziegen der Rassen Gemsfarbige Gebirgsziegen, Saanenziege, Toggenburger und Bündner Strahlenziege. Der hintere Teil des Geheges, in welchem sich auch Futterkrippen befanden, wies eine erhöhte Ebene auf. Weiter boten einzelne Strohballen zusätzliche erhöhte Liegeflächen und minimale Klettermöglichkeiten. Alle notwendigen Ressourcen waren somit vorhanden; aus Sicht des STS hätten die erhöhten Flächen bzw. Klettermöglichkeiten allerdings noch grosszügiger ausfallen können, inbesondere da aufgrund der grosszügig bemessenen Fläche genügend Platz vorhanden gewesen wäre.

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Weniger wäre mehr gewesen – in diesem Fall eine reduzierte Besatzdichte bei den Schafen.

Rinder

Ein ca. 11,4 x 11 m messendes Gehege beherbergte Kühe, Rinder und Kälber der Rassen Hinterwäldner, Limousin und Angus (insgesamt acht Tiere, zufriedenstellende Platzverhältnisse). Das Gehege war mit einer zusätzlichen Umzäunung versehen, um die Besucher auf Distanz zu halten. Auf einer Seite bestand zusätzlich Sichtschutz.

Strohballentunnel – eine simple und kreative Lösung für mehr Wohlbefinden bei den Gitzi.

Absperrungen hielten die Besucher auf Distanz zu den Mutterkühen.

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In zwei Buchten à ca. 4,5 x 4,2 m war je eine Evolènerkuh untergebracht. In der Hallenmitte befand sich ein Anbindestall, welcher auf jeder Seite sechs resp. acht Milchkühe (Red Holstein, Holstein Friesian, Braunvieh, Simmentaler, Jersey) beherbergte. Ein Stier war durch eine Holzwand von den Kühen und den Besuchern abgetrennt. Die Läger boten den Tieren ausreichend Platz zum Liegen, verglichen mit der Mutterkuh-Haltung verfügten die Tiere aber über weniger Bewegungsfreiheit. Alle Rinder machten einen ausgeglichenen und gesunden Eindruck.

Ruhende Evolèner.

Der Muni war abgetrennt, weiter mahnte ein Schild dazu, Abstand zu halten.

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Standard-Pferdehaltung an der LUGA.

Pferde

Drei Boxen à ca. 3 x 3 m beherbergten je eine Stute mit ihrem Fohlen (Haflinger, CH-Warmblut, Freiberger). Die Boxen waren gesetzeskonform und somit akzeptabel, wiesen jedoch keinen Vorbildcharakter auf. Die Boxen waren nur von vorne für die Besucher zugänglich. Die Tiere machten im Zelt einen gelassenen und zutraulichen Eindruck, während der Show in der Mittagspause am 6. Mai. erschienen allerdings insbesondere die Haflinger und Freiberger nervös.

Afrikanische Strausse

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Zwischen der Halle 9 und dem Restaurant «Chalet» stellte die Straussenfarm Sempachersee sieben afrikanische Strausse aus. Am ersten Besuchstag bestand das Gehege aus einem für die Besucher einsehbaren Aussenbereich (ca. 35 x 13 m), einem sichtgeschützten Innenbereich in der Halle 9 (ca. 7 x 9 m) und einem weiteren Aussenbereich hinter der Halle 9, welcher für die Besucher nur teilweise einsehbar war. Aufgrund der hohen gesetzlichen Auflagen für Straussenhaltung wurden die gesetzlichen Mindestmasse hier nicht erfüllt; gemäss Auskunft des Veterinäramtes Luzern war hier eine Sonderbewilligung erstellt worden mit der Auflage, dass den Tieren mindestens 500 m2 zur Verfügung stehen müssten. Weiter müsste den Tieren hinter der Halle ein Rückzugsbereich zur Verfügung stehen, damit sie durch den Restaurantbetrieb nicht gestört werden. Beim zweiten Besuch des STS eine Woche später war just jener Rückzugsbereich geschlossen worden. Gemäss Stellungnahme der Messeleitung war dies darauf zurückzuführen, dass aufgrund der hohen Temperaturen während den letzten drei Tagen die Zeltblachen geöffnet werden mussten. Zum Wohl der in der Halle 9 untergebrachten Nutztiere war diese Massnahme sicherlich notwendig; schade allerdings, dass beim Rückzug der Strausse Konzessionen gemacht werden mussten. Am selbigen Tag fiel auch auf, dass die Strausse zeitweise Schnabelatmung zeigten. Schnabelatmung bei Vögeln kann durch hohe Temperaturen, Erkrankungen der Atemwege sowie durch Stressbelastung hervorgerufen werden. Angesichts der Tatsache, dass Strausse hitzetolerant sein sollten und anzunehmen ist, dass die Tiere gesund waren, erscheint eine zeitweise Stressbelastung der Tiere durch den Verlust eines ungestörten Rückzugs wahrscheinlich.


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LUGA LUZERN

Am 6. Mai zeigten die Strausse zeitweise Schnabelatmung – wahrscheinlich ein Stressanzeichen. Halle 11 – Kleintierschau In der Halle 11 stellte Kleintiere Schweiz verschiedene Ziervögel, Geflügel, Tauben, Kaninchen und Meerschweinchen aus. Plakate boten den Besuchern Informationen zu den präsentierten Tierarten und deren Haltung. Die Gehege präsentierten sich insgesamt akzeptabel bis zufriedenstellend. Verglichen mit der vorbildlichen Haltung des FSK im Vorjahr fiel die Hühnerhaltung etwas ab, Verbesserungspotential bestand zudem bei den Wachteln. Ein Lob gibt es hingegen für die Ziervogelvolieren und die mehrere Quadratmeter grossen Meerschweinchen- und Kaninchengehege. Solche Haltungsformen sind nicht nur für das Wohlbefinden der Tiere förderlich, sondern auch aus pädagogischer Sicht wertvoll. Nicht zuletzt sind grosszügige und artgerecht strukturierte Gehege, in denen die Tiere ihre interessanten Verhaltensweisen ausleben können, auch für die Besucher als viel attraktiver einzustufen als strukturlose und beengte Gitterkäfige.

Ziervögel

Zwei Volieren à ca. 3,2 x 2 x 2,5 m beherbergten mehrere Ziervögel. Eine Voliere enthielt 14 Papageien (Nymphensittiche, Schauwellensittiche, Pflaumenkopfsittiche, Springsittiche, Bourkesittiche, Glanzsittiche), die andere war mit ca. 29 Finkenvögeln (Kanarien, Binsen- und Maskenamadine, rotköpfige Papageienamadine, Diamantfink, Goulds) und sechs chinesischen Zwergwachteln bestückt. Die Einrichtung der Volieren gestaltete sich mehrheitlich vorbildlich; den Vögeln standen zahlreiche Naturäste als Sitz- und Nagegelegenheiten (Papageien!) zur Verfügung. Zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten boten die Einstreu (Strohhalme und Holzschnitzel), die Vogelbäder sowie die an unterschiedlichen Orten platzierten Futtermittel. Wasser und Vogelsand waren ebenfalls vorhanden. Leider wurden die scheuen Wachteln stiefmütterlich behandelt – ihnen war kein Unterschlupf zugestanden worden, weswegen sie mehrheitlich eng aneinandergekauert verharrten. Insgesamt wiesen die Volieren äusserst vorbildliche Platzverhältnisse und – abgesehen von der Wachtelhaltung – eine abwechslungsreiche sowie artgerechte Strukturierung auf.

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Tauben

Eine ca. 4 x 2 x 2 m messende Voliere enthielt ca. 12 Rassetauben. Die Voliere war teilweise verkleidet, sodass für die Tiere Sichtschutz entstand. Nester, welche im hinteren Bereich der Voliere angebracht waren, sorgten für zusätzlichen Rückzug. Die Voliere wies Sitzgelegenheiten auf verschiedenen Höhen auf, Futter, Wasser und Einstreu waren ebenfalls vorhanden. In der Taubenvoliere fehlte leider eine Badegelegenheit. Diese müsste den Tieren aus Sicht des STS zur Verfügung gestellt werden, denn es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass Tauben ohne Freiflug mindestens einmal pro Woche eine Badegelegenheit zur Verfügung stehen sollte. Abgesehen davon kann die Voliere als zufriedenstellende Haltung bezeichnet werden.

… nur kamen leider die Zwergwachteln zu kurz, was die Rückzugsmöglichkeiten anging.

Für einmal eine lobenswerte Finken- und Papageienhaltung – grosszügige Platzverhältnisse und tierfreundliche Strukturierung. Abgesehen von der fehlenden Bademöglichkeit gab es an der Taubenvoliere nichts zu bemängeln.

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Hühner

Vier Zwerghühner bewohnten ein Gehege, welches aus einem Hühnerstall (ca. 1,6 x 0,8 x 1,2 m) mit angrenzendem vergitterten Auslauf (ca. 2 x 1 x 0,8 m) bestand. Das Gehege war geschickt in einer Ecke platziert worden, um eine übermässige Exposition der Tiere zu verhindern. Sowohl der Auslauf wie auch der Stall waren eingestreut, sodass sich die Hühner mit Scharren, Picken und Staubbaden beschäftigen konnten. Der Stall enthielt ein Nest und zwei Sitzgelegenheiten auf unterschiedlichen Ebenen, Futter und Wasser waren vorhanden. Das Gehege war insgesamt akzeptabel, schnitt im Vergleich mit der letztjährigen Hühnervoliere aber schlechter ab. Für eine vorbildliche Haltung wären grosszügigere Platzverhältnisse sowie die Platzierung von Sitzgelegenheiten im Auslauf empfehlenswert. Eine vergitterte Voliere (ca. 2,5 x 2,5 m, nach oben offen) beherbergte drei Amrock-Hühner. Alle nötigen Ressourcen (Nester, Sitzgelegenheiten, Einstreu, Staubbad, Nahrung) waren vorhanden. Am ersten Besuchstag verhielt sich eine der Hennen deutlich nervös und versuchte mehrmals, in das obere Nest zu gelangen, das nahe gelegene Gitter bzw. der fehlende Sichtschutz schien sie aber zu irritieren. Auf die Anmerkungen des STS hin wurde diese Volierenseite teilweise mit einem Tuch verhängt und die davor platzierte Sitzbank entfernt. Ein Rückzug bietender Stall hätte das Gehege zusätzlich aufgewertet.

Auf Wunsch des STS hin installierte man schliesslich einen Sichtschutz.

Am ersten Ausstellungstag besetzte eine der Amrock-Hennen das untere Nest. Das zweite Tier wollte gerne zum oberen Nest gelangen, war aber – möglicherweise aufgrund des fehlenden Sichtschutzes – sichtlich nervös.

Haltung der Zwerghühner.

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Kaninchen

Auf einer Seite der Zelthalle präsentierte Kleintiere Schweiz vier Gehege mit Kaninchen verschiedener Gewichtsklassen (Kleinsilber, Zwergwidder, Rex Castor, Schweizer Schecke), wobei jedes der Gehege eine Zibbe mit ihren Jungtieren beherbergte. Die Boxen wiesen grosszügige Platzverhältnisse (ca. 3 x 3 m) auf. Sie enthielten Einstreu, Nagematerial, Wasser, artgemässes Futter und Sichtschutz bietende Elemente in Form von Holzrondellen und Harrassen. Weiter waren mehrere Strohballen aufeinandergeschichtet worden, sodass ein verdunkelter Bereich einerseits und erhöhte Liegeflächen andererseits entstanden. Dieses Beispiel zeigt, dass im Rahmen einer Ausstellung auch mit einfachen Mitteln tiergerechte Strukturen geschaffen werden können. Ein im Kanin Hop startendes Zwergkaninchen sowie eine Zibbe mit zwei Jungtieren waren in Boxen untergebracht, welche ca. 1,2 x 0,8 x 0,75 m massen. Die Boxen waren mit erhöhten Flächen und abgedunkelten Rückzugsmöglichkeiten ausgestattet, auch Nagematerial, grobfaseriges Futter und Wasser waren vorhanden. Hinsichtlich Grösse und Ausstattung waren die Boxen bereits eine wesentliche Verbesserung zu den normalerweise an Ausstellungen vorhandenen tristen Gitterkäfigen; verglichen mit den oben beschriebenen vorbildlichen Gehegen fiel die Haltung allerdings etwas ab.

So sieht vorbildliche Kaninchenhaltung aus: Das grosszügig bemessene Gehege gibt Bewegungsfreiheit, auch Rückzugsmöglich­keiten und erhöhte Liegeflächen sind vorhanden. Durch die Gruppenhaltung werden Sozialkontakte ermöglicht.

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Die Haltung der im Kanin Hop startenden Kaninchen war weniger grosszügig hinsichtlich Platzangebot. Auch wurden die Tiere einzeln gehalten.


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Auch waren für das im Kanin Hop startende Tier weder direkte Sozialkontakte noch Sichtkontakte mit Artgenossen möglich. Die restlichen im Kanin Hop startenden Kaninchen wurden in Gitterkäfigen à ca. 1,7 x 1,2 x 0,8 m gehalten. Sie waren ebenfalls einzeln untergebracht, konnten jedoch Sichtkontakt zueinander aufnehmen. In den Käfigen waren alle nötigen Ressourcen vorhanden. Hinsichtlich Sichtschutz und abgedunkelten Rückzugsbereichen war man kreativ und deckte die Käfige stellenweise mit einem Tuch ab. Zum zusätzlichen Schutz der Tiere wurden die Besucher durch eine Abschrankung auf Distanz gehalten. Die Haltung wies keinen Vorbildcharakter auf, war aber insgesamt akzeptabel.

Meerschweinchen

Ein ca. 3 x 3 m messendes Gehege enthielt ca. 13 Meerschweinchen. Das Gehege verfügte über artgemässe Nahrung, Nagematerial und Einstreu, mehrere Häuschen und ein Stall sorgten zudem für Rückzug. Der STS beurteilt diese Haltung als vorbildlich. Die Tiere genossen Sozialkontakte, verfügten über ausreichend Platz und konnten sich vor den Blicken der Besucher zurückziehen, wovon sie auch Gebrauch machten. Schade ist allerdings, dass die Meerschweinchen zeitweise eingefangen und den Besuchern zum Streicheln hingehalten wurden. Meerschweinchen sind keine Streicheltiere, hier wurde ein völlig falscher Anreiz gesetzt.

Die Meerschweinchenhaltung konnte ebenfalls gelobt werden. Auf Wunsch des STS wurde der einsehbare Stall mit einem Tuch verkleidet.

Der STS bemängelt allerdings, dass die Meerschweinchen als Streichelobjekte verwendet wurden – die scheuen Tiere sind hierzu nicht geeignet.

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Tiervorführungen und Ponyreiten

Neben der Kleintierhalle bot der Ponyhof Honegg in einem kleinen, zeltartig überdachten Rondell Ponyreiten an. Die Ponys liefen stets auf der linken Hand, gemäss Angaben eines Mitarbeiters würden allgemein keine Richtungswechsel durchgeführt. Der STS beurteilt dies als nicht optimal, da die Tiere einseitig belastet werden. Es wurden insgesamt 7 Ponys angetroffen, davon waren jeweils 5–6 Tiere im Einsatz, die restlichen durften auf einer kleinen Weide grasen bzw. frei laufen oder ruhten angebunden in der Mitte des Zelts. Während der Präsenzzeit des STS am 6. Mai kamen soweit ersichtlich nicht alle Tiere in Genuss einer Ruhepause – ob dies später noch geschah, ist unklar. Heu und Wasser waren vorhanden. Der Umgang mit den Ponys war soweit ersichtlich korrekt, in einzelnen Fällen durften allerdings Kinder selbstständig auf die Ponys steigen, diese Kinder waren meist schon etwas grösser und vom Gewicht her als grenzwertig einzuschätzen. In der Arena fanden verschiedene Tiervorführungen statt. Zweimal täglich rannten die in Halle 9 untergebrachten Jager im Säulirennen um die Wette. Als Anreiz diente dabei das im Ziel platzierte Futter. Soweit beurteilbar, schien das Rennen selbst für die Schweine keine Belastung darzustellen. Damit die Tiere aber auseinandergehalten werden konnten, musste ihnen eine Art Mäntelchen angezogen werden, was die Schweine erwartungsgemäss mit lautem Geschrei kommentierten. Für das eine oder andere Tier dürfte hier wohl auch eine kurzzeitige Stresssituation vorgelegen haben.

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Einzelne Kinder waren für die Ponys an der oberen Gewichtsgrenze.

Hinter dem Zeltrondell stand eine kleine Weide zur Verfügung, auf der sich jeweils ein Tier ausruhen konnte.

Die Kaninchen, mit welchen Kanin Hop vorgeführt wurde, verhielten sich grösstenteils ruhig und liessen sich von den Besuchern nicht beeindrucken.

Einige Tiere zeigten wenig bis keine Lust am Springen. Manche liessen sich mit Scheuchund Stubsbewegungen doch noch animieren, andere zeigten nach wie vor kein Interesse.


12/2016

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LUGA LUZERN

Kanin Hop Schweiz liess in der Arena an zwei Vorführungen pro Tag Kaninchen über Hindernisse springen. Wie im Kanin Hop üblich, wurden die Tiere an Geschirr und Leine geführt. Je nach Können und Erfahrung des Kaninchens sprangen die Tiere über Hindernisse zwischen 25 und 50 cm Höhe. Einige Kaninchen schienen jedoch keine Lust zum Springen zu haben und mussten von ihren Besitzerinnen mit leichten Stupsern oder Scheuchbewegungen animiert oder zum Hindernis hin umgedreht werden – bei einzelnen Tieren ging indessen gar nichts. Trotz des grossen Besucherandrangs zeigten sich die Kaninchen grösstenteils ruhig – kurzzeitige Stressmomente waren allenfalls beim Aufheben der Tiere (Fluchtreflex) vorhanden. Einmal täglich wurden in der Arena verschiedene Nutztier- und Pferderassen vorgestellt. Hierfür wurden die Tiere in die Arena getrieben oder herumgeführt. Abgesehen von den Freiberger- und Haflingerstuten schien das Publikum den Tieren nicht viel auszumachen, insbesondere die Jungtiere schienen sich über den zusätzlichen Auslauf zu freuen. Während der Vorführung am 6. Mai fiel dem STS auf, dass eines der Lämmer leicht lahmte. Das Tier wurde dem Stallchef gemeldet.

Fazit und Forderungen STS

Die Tierschutzverordnung TSchV schreibt gesetzliche Mindestanforderungen für die permanente Tierhaltung vor. Bei Ausstellungen können die Kantone aber Ausnahmebewilligungen erstellen und so eine kurzzeitige Unterschreitung der Mindestmasse tolerieren. Der STS verfolgt hier einen anderen Ansatz, aus seiner Sicht haben Tierausstellungen immer eine Vorbildfunktion. Die Mindestmasse der TSchV sollten daher zumindest eingehalten, wenn immer möglich aber übertroffen werden, damit dem Publikum eine tierfreundliche Haltung vorgelebt wird. An der LUGA wurden (abgesehen von den Straussen, für welche grosse Flächen nötig wären) die Mindestmasse der TSchV eingehalten. Manche Gehege (Kaninchen, Meerschweinchen, Ziervögel) verfügten erfreulicherweise über äusserst grosszügige Platzverhältnisse und konnten auch hinsichtlich der Strukturierung als vorbildlich bewertet werden. Am ersten Besuchstag diskutierte der STS die angetroffene Tierhaltung mit der Messeleitung. Einige der vom STS angemerkten Kritikpunkte (Bad für Ziervögel, Sichtschutz Meerschweinchenstall, Sichtschutz Amrock) wurden umgesetzt; weiter waren manche der letztjährig angebrachten Beanstandungen heuer bereits beim Aufstellen verbessert worden. Nach wie vor sähe der STS Aufwertungspotential bei den Nutztierhaltungen, so sollte die Besatzdichte bei den Schafen gesenkt werden. Für die adulten Ziegen wären umfangreichere Klettermöglichkeiten wünschenswert. Für eine wirklich vorbildliche Schweine- und Schafhaltung würde es der STS zudem begrüssen, wenn den Tieren optische Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt würden. Ganz klar verbesserungsfähig ist die Wachtelhaltung, weiter sollte darauf verzichtet werden, Meerschweinchen als Streicheltiere zu benutzen. Insgesamt wurde die Tierhaltung an der LUGA als mehrheitlich zufriedenstellend bewertet. Wenn die oben genannten Anmerkungen zukünftig berücksichtigt werden, ist die LUGA auf einem guten Weg zu einer wirklich vorbildlichen Ausstellung.

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BEA / BEA PFERD BERN

BEA / BEA Pferd Bern 29. April bis 8. Mai 2016, besucht am 3. Mai 2016

Diesem Ferkel sah man an, wie bewegungsfreudig diese Tiere – so man sie lässt – eigentlich sind und wie viel Spass ihm das Herumspringen in der grossen Arena machte.

Zusammenfassung

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Die Aussteller und Organisatoren haben sich heuer deutlich darum bemüht, die letztjährigen Kritikpunkte des Schweizer Tierschutz STS aufzunehmen und zu verbessern. Besonders gut haben uns einige Gruppenhaltungen gefallen, z. B. die der Schweine, Mutterkühe, Ponys, Esel, Hunde, Kaninchen und der Wasser- und Ziervögel in der Freiflughalle. Sicher gäbe es auch hier noch das eine oder andere zu verbessern, beispielsweise die Platzverhältnisse sowie die Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Mehrheitlich aber zeigten sich die Tiere sauber, gepflegt und auch bei guter Gesundheit. Die meisten Tiere hatten was sie brauchten: Wasser, Futter, Pflege, Fürsorge, Einstreu und in gewissem Rahmen auch Beschäftigung und Rückzug. Besonderes Augenmerk sollte 2017 auf den doch noch häufig fehlenden Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere liegen, sowie auf einzelnen Haltungs- und Strukturverbesserungen, beispielsweise beim Mutterschwein in der Abferkelbox, den Streichelzoos, der Besucherlenkung, -information und -aufsicht. Aus Sicht des STS sollte eine Tierausstellung den Besuchern eine möglichst vorbildliche Tierhaltung präsentieren, um zu zeigen, wie Tiere heutzutage artgerecht gehalten werden können und sollen. Bei den Präsentationen ist darauf zu achten, dass alle Tiere vorbildlich, tierfreundlich und mit Geduld und Erfahrung vorgestellt werden. Bei den Vorführungen ist regelmässig mit einem grossen, teils weniger erfahrenem Publikum zu rechnen und die verschiedenen Präsentationen dürfen nicht dazu führen, dass schlechte Beispiele kritiklos übernommen werden. Auf tierquälerische Auswüchse muss zwingend verzichtet werden – nicht nur aus gesetzlicher Sicht, sondern auch wegen der Würde und Verantwortung gegenüber dem anvertrauten Tier und dem Beispielcharakter, die TierPräsentationen vor Publikum grundsätzlich mit sich bringen.


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BEA / BEA PFERD BERN

Allgemeines

Die 65. BEA fand während 10 Tagen mit rund 1000 Ausstellern und 600 Tieren auf dem Bernexpo-Gelände statt. Mit über 290 000 Besuchern gilt sie als eine der grössten Schweizer Publikumsmessen. Auch 170 Schulklassen besichtigten die Ausstellung. Parallel zur Gewerbe-, Landwirtschafts- und Industrieausstellung fand auch dieses Jahr die nationale Pferdemesse auf der BEA statt. Ausstellungsveranstalter war wieder die Bernexpo AG. Wegen Umbauarbeiten waren die Tiere im Vergleich zum letzten Jahr in anderen Hallen untergebracht. Die Pferdeausstellung hatte daher in der Halle mit rund 50 Ausstellern etwas weniger grosszügige Platzverhältnisse und das Aussengelände war für Auslauf und Unterbringung der grossen Vierbeiner im Vergleich zum letzten Jahr eingeschränkter nutzbar. Es wurden unter anderem Pferde, Esel, Ponys, Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine, Alpakas, Kaninchen, Meerschweinchen, Hühner und Küken, Wasservögel, Tauben, Ziervögel, Wachteln sowie Hunde ausgestellt. Zudem gab es verschiedene Tiervorführungen wie beispielsweise Dressurreiten, Parelli-Horsemanship, diverse Pferde- und Eselgespanne, Vorstellung der Kuhrassen und der Stiere, Freilauf von Schweinen, Hunde- und Ziegenvorführungen und anderes mehr. Die Fondation Barry hatte Bernhardiner dabei, die für Fotoshootings zur Verfügung standen. An der BEA wurde auch mit 125 Kühen die 30. Berner Eliteschau mit der Wahl zur Miss BEA durchgeführt. Verschiedene unterschiedliche Kuhrassen wurden ausgestellt, darunter Simmentaler, Swiss Fleckvieh, Red Holstein und Holstein, Hinterwälder und Jersey. In einem Gehege wurde auch eine Mutterkuhhaltung präsentiert.

Die Tier-Ausstellungen und -Aktivitäten am Besuchstag im Einzelnen Schweinehaltung in der Gruppe mit Auslauf

Die Gruppenschweinehaltung mit 3 Mutterschweinen, einem Eber und vielen Ferkeln war auch in diesem Jahr positiv aufgefallen. Es war genügend Platz vorhanden, reichlich Einstreu, Wärmelampen für die Kleinen und auch wieder ein grosszügiger Auslauf ins Freie. Schade, dass keine Suhlund Bademöglichkeit mehr vorhanden war.

Links und rechts oben: Die Schweine in der Gruppenhaltung hatten viel Platz und konnten sich entspannt dem Trubel um sie herum entziehen. Es gab viele Beschäftigungsmöglichkeiten: Wühlen, Tannen benagen, Spielen, Herumspringen.

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BEA / BEA PFERD BERN

Wer Hunger oder Durst hatte, konnte sich bedienen – die Kleinen wie die Grossen.

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Mutterschwein mit Ferkeln in der Abferkelbox

Positiv zu erwähnen ist, dass das Mutterschwein in der Abferkelbox nicht mehr von allen Seiten von den Besuchern berührt werden konnte. Auf einer Seite konnte sie sich den vielen Besucherhänden entziehen. Trotzdem konnte beim Mutterschwein auch dieses Jahr am Nachmittag über längere Zeit eine stark erhöhte Atemfrequenz mit forcierter Atmung beobachtet werden. Die Atemfrequenz lag zur Zeit der Beobachtung durchschnittlich bei 120 bis 130 Atemzügen pro Minute – die Norm wäre bei 14 – 18 Atemzügen pro Minute. Die Platzverhältnisse in der Abferkelbox waren wie letztes Jahr ungenügend: Für das grosse Mutterschwein gab es sehr wenig Platz, so dass sich das Tier darin kaum umdrehen und ungehindert bewegen konnte. Hier besteht noch grosser Verbesserungsbedarf!

Die Muttersau hatte viel zu wenig Platz und konnte sich kaum in der Box bewegen oder umdrehen. Von 3 Seiten war es den vielen Besuchern möglich, sie zu berühren. Hier fehlt es an Platz und Rückzugsmöglichkeiten!

Verschiedene Rinderhaltungen an der BEA Milchkühe

In der Halle 12.0 wurden über 80 Milchkühe ausgestellt. Vertretene Rassen waren unter anderem Swiss Fleckvieh, Holstein, Original Braunvieh, Jersey und Hinterwälder. Die meisten befanden sich aneinander gereiht in Anbindehaltung. 8 Kühe verschiedener Rassen befanden sich in einem Freilaufstall. Es wurden am Besuchstag keine hochträchtigen Kühe gesehen, was der STS sehr begrüsst. Aus seiner Sicht sollen hochträchtige Tiere nicht noch transportiert und den Belastungen einer Ausstellung unterworfen werden; auch das Abkalben an Ausstellungen lehnt der STS deshalb ab. Die Standplätze waren allesamt sauber. Es gab meistens auch Ansprechpersonen in der Nähe der Tiere, die gegebenenfalls bei einem Problem hätten einschreiten können. Die Kühe wurden von Stallburschen betreut. Sobald eine Kuh gekotet hatte, wurde sie gereinigt und das Stroh gewechselt. Die Kühe teilten sich zu zweit eine Selbsttränke. Positiv zu erwähnen war, dass dieses Jahr auch den Stieren eine Tränke zur Verfügung stand. Heu war ad libitum vorhanden. Alle Kühe hatten genügend Platz, um sich hinzulegen. Die Läger waren ausreichend lang und breit. Viele der Kühe lagen entspannt in reichlich Stroh und waren am Schlafen oder Wiederkäuen.

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Oben und unten: Positiv zu erwähnen ist, dass dieses Jahr die Kühe in Anbindehaltung und vor allem auch die Stiere nicht mehr durch die Besucher berührt werden konnten. Durch Blumen und Abschrankungen mussten die Besucher zu den Tieren Abstand halten.

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Die meisten Kühe lagen am Nachmittag ruhig und wiederkäuend im Stroh.

Kälberhaltung mit Auslauf

Der STS begrüsst solche vorbildlichen Kälbergehege mit Auslauf sehr. Für die 8 Kälber verschiedener Rassen stand eine sehr schön eingestreute Liegefläche mit Auslauf zur Verfügung. Die Platzverhältnisse im Liegebereich sowie im Auslauf waren in Bezug auf die Anzahl Tiere angemessen. Die Tiere hatten Heu und Wasser ad libitum zur Verfügung.

Die Kälber wurden in der Gruppe sauber auf viel Stroh und mit Auslaufmöglichkeit präsentiert. Sie konnten rein oder raus, sich frei bewegen wie es ihnen beliebte.

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Milchkuh-Freilaufstall

Der Milchkuh-Freilaufstall präsentierte sich in Struktur und Grösse praktisch identisch zum Vorjahr, allerdings mit weniger Kühen. 8 Milchkühen verschiedener Rassen und unterschiedlicher Grössen stand ein Laufstall mit Auslauf und Liegeboxen zur Verfügung. Die im Vergleich zum Vorjahr verringerte Anzahl Tiere gewährte dem Einzeltier mehr Platz und Bewegungsfreiheit. Der STS begrüsst es sehr, dass die BEA den Besuchern auch bei den Kühen eine tierfreundliche und zeitgemässe Haltungsform zeigt.

Mutterkuhhaltung (Mutterkuh Schweiz)

Eine bunt gemischte Gruppe verschiedener Rassen und Grössen, darunter Blonde d’Aquitaine, Charolais, Tux Zillertal, Simmentaler, Angus, Limousin u. a. m. war von Mutterkuh Schweiz an der BEA eingestallt. Die ca. 14 Tiere machten wie letztes Jahr einen entspannten Eindruck, waren gepflegt und sauber gehalten. Ihnen stand nebst einer Freilauffläche in der Halle auch ein grosszügiger Aussenauslauf mit Futterraufe und Kratzbürste, sowie Wasser und Heu ad libitum zur Verfügung; eine lobenswerte Tierhaltung, die den Besuchern hier präsentiert wurde!

Ziegen

Die Ziegen waren in drei verschiedene Gehege eingestallt. Alle Gehege waren reichlich mit Stroh eingestreut. Wasser und Heu stand den Tieren immer zur Verfügung. In einem grossen Gehege mit Auslauf waren 10 Milchziegen der Rassen Saanenziege und Gemsfarbige Gebirgsziege einquartiert. Der hintere Teil des Geheges, in welchem sich auch Futterkrippen befanden, wies eine erhöhte Ebene auf. Eine Holzkiste und ein Stein im Auslauf dienten als Klettermöglichkeiten. Fürs nächste Jahr empfehlen wir den Ausstellern, einen modernen Ziegen-Freilaufstall mit erhöhten Rückzugs- und Klettermöglichkeiten und Auslauf ins Freie zu zeigen. Solche Ställe sind in der Praxis immer verbreiteter.

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Den Ziegen stand grundsätzlich viel Platz sowie einige wenige Klettermöglichkeiten zur Verfügung. Beschäftigen konnten sie sich ausgiebig durch Beknabbern von Tannenzweigen.

In einem kleineren Gehege waren 4 Bündner Strahlenziegen eingestallt. Ihnen stand weniger Platz als den anderen Ziegen zur Verfügung. Aber auch sie hatten stets saubere Einstreu, frisches Heu und Wasser sowie eine Kiste als erhöhte Fläche bzw. Klettermöglichkeit im Gehege. Alles in allem waren die Platzverhältnisse für diese Ziegen aber zu gering, um eine gute und abwechslungsreich strukturierte Ziegenhaltung aufzuzeigen.

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Schafe

Die Schafe waren in zwei sehr tierfreundliche Gehege unterteilt. Im grösseren Gehege befanden sich ungefähr 27 Tiere, davon rund 15 Lämmer. Im anderen war eine Familie Jakobsschafe eingestallt (2 erwachsene Tiere und 2 Lämmer). Diese befand sich zur Besuchszeit witterungsgeschützt im Aussenbereich.

Die Jakobsschafe hatten ein gut strukturiertes Gehege im Aussenbereich mit Rückzugsund Beschäftigungsmöglichkeiten.

Die Schafe hatten viel Platz, saubere , tiefe Einstreu, frisches Heu und Wasser. Sie zogen sich an den Rand des grossen Geheges zurück, was aufzeigt, dass auch die Schafe Rückzugsmöglichkeiten nutzen, wenn sie ihnen zur Verfügung gestellt werden.

Streichelzoo Schweine

Der Streichelzoo beherbergte acht Ferkel, die ein ca. 32 m² grosses Gehege zur Verfügung hatten. Darin enthalten war ein Ruhebereich von ca. 12 m². Der für Kinder frei zugängliche Teil war mit Häcksel eingestreut und verfügte über zwei Tannenbäume, einen Wurzelstock und eine Heuraufe. Wasser stand den Tieren in diesem Teil des Geheges nicht zur Verfügung. Am Besuchstag konnte auch bei mehrmaligem Nachschauen keine Aufsichtsperson ausfindig gemacht werden. Der Ruhebereich war klar und verständlich markiert und die Besucher respektierten dies grösstenteils auch.

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Während unseres Besuches waren die Ferkel mit wenigen Ausnahmen im Ruhebereich anzutreffen, meist schlafend im Unterschlupf mit Wärmelampe. Dieser Bereich war zusätzlich zum Häcksel mit Heu, einem Tannenbaum, einigen Tannenästen, einer Futterraufe und einer automatischen Tränke ausgestattet. Der Holzunterschlupf mit Wärmelampe wurde rege genutzt und es wurde zeitweise etwas eng. Aber die Ferkel schienen die Nähe zueinander zu geniessen und es gab auch kein Gerangel um den Platz.

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Streichelzoo Ziegen

Die 5 Gitzis unterschiedlicher Rassen und von verschiedenen Besitzern wurden in einem Gehege von ca. 24 m² gehalten, davon waren 8 m² Ruhezone. Im Streichelbereich stand den Tieren eine vierstöckige Liege- bzw. Klettermöglichkeit zur Verfügung. Auf einer Art Podest aus Holzplatten wurden zwei Ringe eines Baumstammes aufgeschichtet. Der Boden war mit Häcksel und Stroh eingestreut, Möglichkeiten zur Beschäftigung wie z. B. Äste waren keine vorhanden. Während unseres Besuches waren die Ziegen nur ganz selten und nur einzeln im offenen Bereich anzutreffen. Dort wurden sie auch rasch von einer ganzen Kinderschar gestreichelt, bis es ihnen zu viel wurde und sie sich durch zwei fehlende Latten im Zaun wieder in den Ruhebereich zurückzogen. In diesem Jahr wurde auf die Halsbänder verzichtet, sodass die Kinder die Ziegen nicht zurückhalten konnten. Blieben die Tiere in der Nähe der Zaunöffnung, nutzten die Kinder diese Gelegenheit und streichelten sie auch im Ruhebereich weiter. Für die Besucher gab es keinerlei Hinweise, dass dieser Bereich als Rückzugsbereich für die Tiere gedacht war. Im Ruhebereich war zusätzlich zum Häcksel und Stroh auch etwas Heu vorhanden. Den Tieren stand eine kleine Holzhütte und ein Wassertrog zur Verfügung. Auch in diesem Bereich war am Besuchstag nie eine Aufsichtsperson anzutreffen.

Links und unten: Die Gitzis konnten sich vom Besucher­ strom erholen, wenn sie durch die Lücke im Zaun in den Ruhebereich wechselten. Kamen sie jedoch zum Klet­­ tern heraus, wurden sie von Kindern «belagert».

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Ponyreiten

Das Ponyreiten wurde auf dem Aussengelände der BEA angeboten. Leider gab es weder Angaben zu den Betriebszeiten noch über die Veranstalter und Ponyhalter, wie auch weitere Informationen beispielsweise zu den eingesetzten Ponys. Am Vormittag gab es am Besuchstag kein Ponyreiten, erst am Nachmittag nach 14.30 Uhr wurde der Reitbetrieb mit 4 Ponys aufgenommen. Die Temperatur im Freien betrug ca. 15 °C, es war leicht windig. Für die Ponys ein angenehmes Arbeitsklima. Es standen noch weitere 3 Ersatztiere zur Verfügung, die auf einem grossen Paddock mit Auslauf untergebracht waren. Die Reitarena des Ponyreitens war dieses Jahr kein Roundpen und auch nicht überdacht. Das Gelände war asymmetrisch angelegt, was uns gut gefiel, denn so mussten die Ponys nicht stur im kleinen Kreis laufen, sondern hatten ein etwas abwechslungsreicheres Gelände zur Verfügung. Als Bodenbelag dienten Holzschnitzel auf teils begrüntem Kies.

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Oben und unten: Für das Ponyreiten stand den Tieren und Begleitern ein grosszügiges Aussengelände zur Verfügung. Es waren keine Peitschen oder Gerten im Einsatz – auch wurden die Tiere an Halftern mit Führleinen und nicht an Trensen und Zügeln geführt, was wir als sehr tierfreundlich beurteilen.

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Die Reitponys wurden in zwei Paddocks bzw. Ausläufen mit Unterstand getrennt voneinander gehalten. Der eine Unterstand war eher zu knapp für die 4 Ponys. Als Einstreu war Rindenmulch vorhanden. Es gab Heu und Stroh vom Boden und Wasser aus grossen Eimern. Grundsätzlich machte die Ponyhaltung einen sauberen Eindruck, die Tiere schienen entspannt und legten sich nieder. Alle Ponys bevorzugten den Rückzug, der nach vorne hin offen war, und suchten keinen Kontakt zu den Besuchern.

Oben und unten: Die Ponys am Vormittag ausgestreckt und entspannt in der Sonne dösend. Die Paddocks waren weich und mehrere Zentimeter dick mit Rindenmulch eingestreut. Heu und Wasser war ausreichend vorhanden.

Oben und unten: Die Tiere suchten den Rückzug. Keines hielt sich in Streichelnähe zu Messebesuchern – beispielsweise am Zaun – auf. Der Unterstand für 4 Ponys war räumlich knapp bemessen und dürfte nächstes Jahr etwas grösser ausfallen. Zur Beschäftigung der Tiere empfehlen wir zusätzlich zur Bodenfütterung auch befüllte Heunetze anzubringen.

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Tiergruppen im Freilauf in der Arena Die Schweinefamilie

Die grosse Schweinefamilie aus der Gruppenhaltung wurde in der Mittagszeit in der grossen Arena gezeigt. Der Eber war die ganze Zeit (ca. 5 Minuten) mitten in der Arena in Seitenlage liegen geblieben und hatte grosse Schwierigkeiten beim Atmen. Er hechelte mit offenem Maul und bewegte sich nicht mehr. Die stark erhöhte Atemfrequenz, das Hecheln und die Seitenlage, aus der sich der Eber selbst nach einigen Versuchen des Auftreibens nicht befreite, deuteten auf einen Schwächenanfall hin. Erst als sich seine ganze Familie ohne ihn in Richtung Ausgang bewegte, erhob er sich mühsam und trottete hinter her. Belastungen durch die ungewohnte Ausstellungssituation, warme Temperaturen, stickige Luft, Erregung und körperliche Anstrengung könnten ihm zugesetzt haben. Der Eber hat einen ausgeprägten Schutzinstinkt, wenn «seine» Rotte in fremdes Terrain getrieben wird. Zusätzlich dürfte ihn auch das Schreien der Ferkel gestresst haben, als diese aus einem fahrenden Leiterwagen einzeln herausgefischt und dem Publikum zum Streicheln angeboten wurden.

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Der Eber geschwächt, hechelnd und in Seitenlage. Ihm wurde mit dem Ausflug in die Arena offenbar zuviel zugemutet.

Die Schweine kamen in der Arena zusammen und versammelten sich um den zusammenge­ brochenen Eber herum. Sie beschnüffelten ihn neugierig und stupsten ihn immer wieder an.

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Die Ferkel wurden aus einem fahrenden Leiterwagen heraus«gefischt» und dem Publikum gezeigt und zum Streicheln angeboten. Die Ferkel hatten Angst und schrien dabei..

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Was für das Publikum eine Freude war, schien für die Ferkel eine Qual: Sie hatten Angst.


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Mutterschwein mit Ferkeln – hier stimmte die Chemie, die Tiere stöberten friedlich durch die Arena.

Nur wenig später dürfte die Situation für das Mutterschwein und die Ferkel mit Angst und Stress in Verbindung gestanden haben. Die Ferkel wurden in den Leiterwagen verfrachtet. Sie hatten Angst und quietschten. Das Muttertier war von der Situation ebenfalls deutlich überfordert und reagierte nervös und verunsichert. Für Ferkel und Mutterschwein eine belastende Situation. Wir empfehlen der BEA dringend, auf eine solche tierwidrige Präsentation in Zukunft zu verzichten.

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Kühe und Stiere in der Arena

Beim Vorführen waren manche Kühe aufgeregt und scherten aus. Die Reaktionen der Tierbetreuer waren zum Teil recht grob und nicht tierschutzkonform. Die Führketten wurden teils scharf und für die Kuh schmerzhaft eingesetzt. Ein Tierbetreuer wurde dabei beobachtet, wie er die Führigkeit der Kuh unter Kontrolle halten wollte, indem er mit dem Finger in das Auge der Kuh stach. Aus Sicht des Tierschutzes ist grober Umgang mit den Tieren immer tierschutzrelevant. An einer Ausstellung, an der das Präsentieren der Tierarten vor einer grossen Zuschauermenge im Fokus steht, ist ein solches Verhalten aus unserer Sicht besonders verwerflich und absolut deplatziert. Geschultes Personal sollte in solchen Situationen tierfreundlich und angemessen reagieren. Ist dies den Umständen entsprechend nicht möglich, müsste als Konsequenz auf das Vorführen ängstlicher und belasteter Tiere verzichtet werden.

Der Stier wurde am Nasenring von zwei Personen vorgeführt. Je eine Person hatte einen Führstrick in der Hand (re oder li), der jeweils durch den Nasenring lief. Nur eine kleine Seitenbewegung oder ein kurzes Stolpern des Stieres auf dem unebenen Boden hatte Schmerzen für ihn zur Folge. Aus unserer Sicht wäre das Führen der Stiere auch mit weniger Schmerzen für das Tier möglich. Wollte sich der Stier tatsächlich befreien, würde ihm das ohnehin auch mit den beiden Begleitpersonen rechts und links und trotz des Nasenrings gelingen.

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Dem Stier war das Führen mit Zug auf den engen Nasenring sehr unangenehm – er versuchte das Hindernis mit der Zunge zu beseitigen.

Dieser Stier wurde nebst den rechts und links durch den Nasenring geführten Seilen zusätzlich noch mit einer Führstange am Nasenring geführt. Bei Kopfbewegungen dürfte diese Führung sehr schmerzhaft für ihn gewesen sein. Wir empfehlen der BEA, die Zuchtstier-Vorführung in Zukunft tierschonender durchzuführen oder sonst darauf zu verzichten.

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Pferde-Präsentationen

Paso Fino Vorstellung in der Arena: Ausnahmslos alle Reiter hatten Sporen angeschnallt – und zwar mit der Sporenspitze nach oben ausgerichtet. Zudem wurden die Gangpferde häufig mit dünnen, eher scharfen Trensen und ohne Nasenriemen geritten, was bei unruhiger Hand und/oder bei unruhigen Pferden schmerzhafte Auswirkungen für das Pferd haben kann. Aus Sicht des Tierschutzes wäre es angebracht, auf den Einsatz von schmerzverursachenden Hilfsmitteln zu verzichten.

Dieses Pferd wurde mit Sporen, einer dünnen Trense und ohne Nasenriemen vorgestellt. Durch das starke Zerren an den Zügeln wurde dem Tier der Kopf nach rechts oben gerissen. Die Prozedur dürfte für das Tier im Maul und – durch die nachfolgenden Verspannungen – auch an Hals und Rücken schmerzhaft gewesen sein.

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Dieses Pferd stellte sich gegen die Kandare. Die Kinnkette war durch die harte und unnachgiebige Zügelführung eng gespannt und dürfte am Kinn geschmerzt haben.


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Das gleiche Pferd 6 Minuten später: Immer noch stellte es sich gegen die Kandare. Die unnachgiebige, harte Zügelführung, der steife Hals sowie die verspannte, gegen den Zügel und die Trense gerichtete Kopfhaltung zeigten deutliches Abwehrverhalten und keineswegs die erwünschte weiche Führung mit der Losgelassenheit des Pferdes eines freundlich aufeinander abgestimmten Teams.

Das gleiche Pferd wie oben eine weitere Minute später: Das Pferd versuchte der harten Hand und Zügelführung zu entkommen, drückte den Rücken weg und wollte ausbrechen. Als Reaktion des Reiters musste es unter Schmerzen das starke Ziehen und Zerren an den Zügeln erdulden. Hier wurde alles andere als vorbildlich vorgeführt! Wir empfehlen der BEA, in Zukunft nur mehr Reiter mit entsprechendem Können einzustellen.

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Verbotene Rollkur

Gemäss Art. 21 lit. h der Tierschutzverordnung sind Methoden, mit denen eine Überdehnung des Pferdehalses oder – rückens bewirkt wird (Rollkur), verboten. Trotzdem hat eine Bereiterin einen Freiberger im Roundpen so gegen den Zügel geritten, dass das Pferd über längere Zeit im Hals überdehnt war und seine Nasenlinie deutlich hinter die Senkrechte «ausweichen» musste. Zudem wurde eine eher dünne Trense benutzt. Diese Art von Beritt ist, nebst der Tatsache, dass sie in der Schweiz explizit verboten ist, aus Sicht des Tierschutzes an einer Ausstellung, die vor allem auch das Thema «Pferd, Pferdehaltung, Reiten und Horsemanship» in den Publikumsfokus setzt, inakzeptabel, insbesondere da es sich um ein junges Pferd in Ausbildung handelte. An Habitus und Ausdrucksverhalten des Pferdes war gut erkennbar, dass es durch die harte Hand, die kurzen Zügel und den überdehnten Hals belastet wurde.

Oben und unten: Das Pferd versuchte der Trense, der harten Hand, den kurzen Zügeln und den kräftigen Schenkelhilfen auszuweichen, indem es den Kopf herunternahm und zur Entlastung deutlich hinter die senkrechte Nasenlinie fiel. Dadurch wurde der Hals überdehnt. Diese Methode ist schmerzhaft für das Pferd und gemäss Tierschutzverordnung ausdrücklich verboten.

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Hier sieht man, wie sich das Pferd gegen die unangenehme, schmerzhafte Prozedur zu wehren versuchte: Es stellte sich gegen Zügel und Trense, versteifte Gebiss und Hals und legte die Ohren nach hinten. Durch den treibenden Schenkel wurde der Druck auf Kopf, Gebiss und Hals aber unausweichlich, bis es dann schliesslich den Kopf weiter zurück hinter die Gerade nahm und den Hals rund nach hinten und unten senkte (Abb. unten).

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Seitens Tierschutz hoffen wir, dass solche an der BEA zum Kauf angebotenen Sporen in der Schweiz beim Reiten nicht zum Einsatz kommen. Sie sehen schön aus, sind aber für die Pferdeflanke äusserst schmerzhaft und daher nicht tierschutzkonform.

Pferdehaltung an der BEA

Es wurden an der BEA ca. 30 verschiedene Pferde- und Ponyrassen, Esel und Maultiere ausgestellt. Darunter auch vollblütige und/oder reine Rassevertreter und Gangpferde wie beispielsweise Mangalarga Marchador, Pura raza Espanola (PRE), Morgan Horses, Lusitanos, Paso Finos, Araber, Appaloosa und American Quarter Horses, sowie prächtige Shire Horses und Friesenpferde. Auch Freiberger, Schweizer Halbblüter, Haflinger und Camargue Pferde waren mit dabei. Die grossen Pferde und die Stuten mit Fohlen waren in der Regel in Doppelboxen (6 x 3 m) eingestallt. Einige Pferde hatten Sichtschutz zum Nachbarpferd. Grundsätzlich war das Pferdezelt am Besuchstag gut klimatisiert. Die Boxen waren tief mit Sägespänen eingestreut, manchen Pferden wurde Heu und Stroh auf dem Boden dazugegeben, andere hatten Heu auch aus Netzen und waren damit auch gleich länger beschäftigt. Es fehlten Selbsttränken. Für die Wasserversorgung wurden Eimer in den Boxen mit Wasserschläuchen befüllt. Bei warmen Stalltemperaturen könnte sich dieses System als sehr aufwendig erweisen und zu Unterversorgung und Dürsten der Pferde führen. Zudem waren die Wassereimer häufig fix montiert, was den Fohlen teilweise den Zugang zum Wasser erschwert haben dürfte. Kritikpunkte bei Pferdehaltung und –umgang waren die nach allen Seiten einsehbaren Boxen, weil den Pferden somit kaum Rückzug gewährt wurde. Auch das Aufsteigen der ReiterInnen in der Box mit anschliessendem Hinausreiten in die Stallgasse könnte zu erhöhter Verletzungsgefahr für Mensch und Pferd führen, falls eines der Pferde ausbrechen oder scheuen würde und BesucherInnen nicht rechtzeitig ausweichen könnten. Auch wurden Kutschen, Sättel und weiteres Zubehör häufig am Rand der Stallgasse deponiert, was Verletzungspotential darstellt, wenn es einmal richtig eng werden sollte. Die meisten Pferdehalter kümmerten sich vorbildlich und sehr fürsorglich um ihre Tiere. Es konnten viele Streicheleinheiten beobachtet werden.

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Für dieses Pferd wurde extra etwas frisches Gras gesammelt.

Die Boxenhaltung war nach allen Seiten für Blicke und Berührungen durch Besucher offen. Aussen herum führte die Stallgasse die Besucher, nach innen und zur Seite stand das Nachbarpferd, was je nach Individualabstand zu Unruhe und Belastung der einzelnen Tiere führte und zudem den Bewegungsradius in der Box einschränkte.

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Die Brauereipferde hatten ihr eigenes Stallzelt und waren in grossen Boxen untergebracht (zwischen 5 – 7 x 3 m). Sie standen nicht so exponiert wie die Reitpferde.

Das Fohlen konnte sich, von der Mutter bewacht, in einer Ecke der Box ungestört ausruhen. Die Mutter schirmte das Fohlen zur Stallgasse mit den vielen Besuchern hin erfolgreich ab, was für 108 sie aber eine Dauerbelastung in der ungewohnten Umgebung darstellte.


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Die Brauereipferde transportierten Besucher auf dem Ausstellungsgelände. Das bot den Tieren Abwechslung bei nicht allzu viel Anstrengung.

Die Brauereipferde, die nicht im Einsatz waren, konnten in einem Auslauf freie Zeit geniessen und, so sie den wollten, sich auch streicheln lassen.

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Esel

Wegen Umbauarbeiten des Ausstellungsgeländes hatten die ca. 30 Esel (Amis des ânes) beschränktere Platzverhältnisse als vergleichsweise letztes Jahr. Ihnen stand ein Auslauf mit ca. 16 x 24 m mit Unterständen zur Verfügung, der in Anbetracht der hohen Tierzahl aber deutlich zu klein war. Insgesamt drei Rundraufen mit Platz für je maximal 8 Tiere waren aufgestellt. Auch durften die Esel am Besuchstag an einer Tanne knabbern. Weil die Tiere aber insgesamt zu dicht gedrängt gehalten wurden, kam es häufiger zu Unruhe in der Gruppe und zu Dominanzspielchen.

Die Esel hatten zwar alle einen Fressplatz an den Rundraufen – es kam aber trotzdem immer wieder zu Gedränge und das eine oder andere Tier musste einem anderen weichen.

Einen Platz zum Knabbern an der Tanne zu finden, war gar nicht so einfach –

110 nur die ranghöheren Esel durften hier länger verweilen.


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Alpakahaltung an der BEA

Insgesamt 4 Alpakas wurden an der BEA dem Publikum präsentiert. Ihr Gehege befand sich ausserhalb der Zelthalle. Es standen ihnen ein kleinerer und ein grösserer Unterstand mit Heu und Stroh sowie eine Rundraufe mit Heu und Heunetz zur Verfügung. Der Auslauf war breitflächig mit Rindenmulch belegt. Der Bereich der Unterstände war mit Stroh eingestreut. Die Gruppe schien sich an den Ausstellungstrubel angepasst zu haben – das Fohlen lag mittig entspannt am Boden, während es von den erwachsenen Tieren aufmerksam «bewacht» wurde. Das grosszügig dimensionierte Gehege erlaubte es den Tieren, sich bei Bedarf von den Besuchern zurückzuziehen.

Kleintiere Halle 16

Wachtelkäfige

In der Halle 16 befanden sich drei sechseckige Gitterkäfige (Länge eines Gitters ca. 40 cm) mit jeweils drei bis vier japanischen Legewachteln. Positiv zu vermerken ist, dass die Besucher dieses Jahr mit einer Absperrung auf Distanz gehalten wurden. Durch Strukturierung der Käfige mit zwei kleinen Hütten und Ästen entstand für die Tiere zudem partieller Sichtschutz, was sich positiv auf das Wohlbefinden der scheuen Tiere auswirkte. Weiter waren die Käfige mit Futter, Wasser und einem Sandbad zur Gefiederpflege ausgestattet. Verglichen mit dem Vorjahr wiesen die Käfige eine bessere Strukturierung auf, wünschenswert wäre allerdings, wenn die Unterschlüpfe in Zukunft so platziert würden, dass die Wachteln die Möglichkeit haben, sich den Blicken der Besucher komplett zu entziehen. Weiter wären grosszügigere Platzverhältnisse empfehlenswert.

Die Wachtelkäfige wiesen alle nötigen Ressourcen auf, könnten aber noch grosszügiger bemessen sein.

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Kükenschaukästen

Im Grünen Zentrum (Halle 11) sowie in Halle 16 wurden zwei beheizte Schaukästen mit Küken präsentiert, in Halle 16 befand sich zudem ein Brutkasten mit Eiern kurz vor dem Schlupf. Die Kästen waren grosszügig eingestreut, Wasser und Futter standen zur Verfügung. Sitzstangen für die Küken fehlten leider, ebenso wie die Möglichkeit, sich optisch vor den Besuchern zurückzuziehen. Auch hätten die Platzverhältnisse – insbesondere im Schaukasten der Halle 16 – grosszügiger sein dürfen. Da ständig Küken schlüpften, befanden sich am Besuchstag über 30 Tiere im Kasten – aus Sicht des STS klar zu viele. Zu bemängeln ist zudem die Tatsache, dass die Küken in Halle 16 den Besuchern in die Hand gedrückt wurden. Für die Tiere stellt das «Festgehalten werden» durch unkundige Besucher eine grosse Belastung und auch eine potentielle Verletzungsgefahr dar. Positiv zu erwähnen ist immerhin, dass der Kükenschaukasten in der Halle 16 verglichen mit dem Vorjahr nicht mehr allseitig einsehbar und zusätzlich mit einer Absperrung versehen war; hier hatte man sich die Kritik des STS offenbar zu Herzen genommen.

Gedränge und fehlender Rückzug im Kükenschau­kasten.

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Die Küken wurden den Besuchern in die Hand gedrückt.


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Kaninchenkäfig

Ein ca. 2,4 m x 1,2 m x 0,8 m messender Käfig beherbergte mehrere Angorakaninchen. Aufgrund der im hinteren Bereich angebrachten Tannenäste waren nicht alle Tiere sichtbar, nebst einer Zibbe befanden sich vermutlich noch ca. zwei ältere Jungtiere im Käfig. Zusätzlich zu den als Rückzug dienenden Tannenästen enthielt der Käfig Futter und Wasser, Stroh als Einstreu und Nagematerial zur weiteren Beschäftigung. Verglichen mit den oftmals an Ausstellungen üblichen kleinen Gitterkäfigen mit Einzelhaltung war diese Haltungsform akzeptabel, empfehlenswert wären allerdings zusätzliche Versteckmöglichkeiten, damit sich alle Tiere zurückziehen können.

Meerschweinchengehege

Sechs Meerschweinchen waren in einem ca. 2 x 2 m messenden Gehege untergebracht. Das Gehege war nach oben offen. Aufgrund der geschickt angebrachten erhöhten Platzierung war es den Besuchern nicht möglich, in das Gehege zu greifen. Das Gehege war tierfreundlich mit zahlreichen Unterschlüpfen strukturiert, welche von den Meerschweinchen auch intensiv genutzt wurden. Einstreu, Heu, Frischfutter und Wasser standen ebenfalls zur Verfügung.

Die Meerschweinchenhaltung war vorbildlich. Freiflughalle Innerhalb der Halle 16 befand sich eine kleinere Halle, welche nebst zahlreichen frei fliegenden Ziervögeln auch Gehege mit Entenartigen, Kaninchen und Hühnern enthielt. Die verschiedenen Tierhaltungen konnten insgesamt als tierfreundlich bezeichnet werden, nebst grosszügigen Platzverhältnissen waren (fast) alle für das Wohlbefinden der Tiere notwendigen Einrichtungen und Strukturen vorhanden. Die Freiflughalle zeigt auf, dass tierfreundliche Haltungsformen auch an Publikumsmessen realisiert werden können und überdies für die Besucher optisch und edukativ einen Mehrwert bieten. Positiv erwähnenswert ist zudem, dass in der Halle eine Betreuungsperson anwesend war, welche auch ein Augenmerk auf die Fotografen (Blitzlicht) warf. Zu bemängeln am Konzept der Freiflughalle ist indessen, dass eine Besucherbeschränkung zu fehlen schien. Die Halle war am Nachmittag überfüllt, was für Unruhe sorgte und insbesondere die Hennen zu belasten schien. Aufgrund der zahlreichen Besucher war die Betreuungsperson zudem nicht in der Lage, eine ausreichende Aufsicht auszuüben.

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Hühner

Zwei Gehege innerhalb der Freiflughalle beherbergten je einen Hahn und fünf Hennen der Rassen Zwerg-Wyandotten und Mechelner. Die Gehege waren grosszügig dimensioniert und grundsätzlich tierfreundlich strukturiert: Kleine Tannen sowie ein Hühnerhaus boten Rückzug, die grosszügige Einstreu erlaubte es den Tieren zu scharren und im Staub zu baden. Futter und Wasser waren ebenfalls vorhanden. Sitzstangen schienen allerdings zu fehlen (ob im Hühnerhaus welche eingebaut waren, konnte nicht beurteilt werden), weswegen insbesondere die schweren Melchener mit der Gehegeabsperrung und entsprechender Störung durch «streichelwütige» Besucher vorlieb nehmen mussten.

Wasservögel

Die kleine Halle enthielt auch zwei Gehege mit Entenartigen. Ein Gehege beherbergte drei Laufenten sowie fünf tschechische Haubengänse (drei Adulttiere und zwei Küken). Das Gehege war ausreichend gross und verfügte über alle notwendigen Ressourcen, der Teich war allerdings zu klein bemessen, als dass er für die Gänse eine echte Schwimmgelegenheit dargestellt hätte. Anzumerken ist zudem, dass das Gehege von allen Seiten durch die Besucher zugänglich war; zum Schutz der Tiere vor Störung wäre ein Sichtschutz auf eine oder zwei Seiten wünschenswert gewesen. Ein zweites Gehege beherbergte zwei Zwergsäger und ca. acht Enten und Pfeifgänse verschiedener Rassen. Es handelte sich um ein äusserst gelungenes Beispiel einer Ausstellungshaltung. Grosszügige Platzverhältnisse waren sowohl beim Landteil wie auch beim Schwimmteich vorhanden, ebenso wie eine abwechslungsreiche und Sichtschutz spendende Strukturierung durch Bepflanzung, Steine und Holzelemente. Dieses Gehege ist ein gelungenes Beispiel dafür, dass auch an Ausstellungen tierfreundliche Haltungsformen realisierbar sind, welche zudem auch für die Besucher einen optischen Mehrwert bieten.

Ziervögel

Verschiedene Ziervögel (Kanarien, Diamanttäubchen, Lachtauben sowie diverse Papageien wie beispielsweise Rotbauch- und Cloncurrysittiche, Agaporniden, Prachtrosella) durften in der kleinen Halle frei fliegen. Durch in den Gehegen angebrachte Tannen, Gräser, Äste und Holzstücke standen den Vögeln zahlreiche Sitzgelegenheiten zur Verfügung. Die natürlichen Materialien der Sitzgelegenheiten sorgten für zusätzliche Beschäftigung (Benagen, Schnabelwetzen), ebenso wie das Stroh in den Gehegen und die Bademöglichkeiten durch die Ententeiche. Durch die artgerechte Strukturierung, die Gruppenhaltung und die grosszügigen Platzverhältnisse konnten die Vögel somit ihre zahlreichen Verhaltensweisen ausleben, was nicht nur das Wohlbefinden der Tiere steigerte, sondern auch den Besuchern attraktive Beobachtungen ermöglichte.

Kaninchen

Zwei Gehege in der kleinen Halle beherbergten mehrere Kaninchen der Rasse Belgische Riesen und Französische Widder. Nebst grosszügigen Platzverhältnissen können auch die Gruppenhaltung sowie die abwechslungsreiche Strukturierung mit Rückzugsmöglichkeiten und Nagematerial positiv erwähnt werden. Das Gehege zeigte den Besuchern eine tierfreundliche Kaninchenhaltung.

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Aufgrund des grossen Andrangs konnten die Besucher nicht immer ausreichend beaufsichtigt werden. Eine Besucherbeschränkung wäre sinnvoll.

Die Platzverhältnisse für die Hühner waren grosszügig, auch für Rückzug war gesorgt.

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Sitzstangen im Gehege waren aber leider nicht ersichtlich, sodass die Hühner mit der Absperrung vorlieb nehmen mussten.

116 Von allen Seiten zugängliche Gehege sind suboptimal.


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Sozialkontakte, Flugraum, Rückzug und zahlreiche Sitz- und Beschäftigungsmöglichkeiten – für die Ziervögel blieben keine Wünsche offen.

Dieser Papagei, vermutlich ein Singsittich, beschäftigte sich längere Zeit mit dem Stroh.

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Dank der tierfreundlichen Haltung zeigten die Kanarien vielfältige Verhaltensweisen wie Schnabelwetzen, Gefiederpflege und Balzverhalten, was für spannende Beobachtungsmomente sorgte.

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Es geht auch so: Grosszügige Platzverhältnisse und Unterschlüpfe trugen zum Wohlbefinden der Kaninchen bei.


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Aussenbereich der Halle 16

Kaninchenkäfige

Ausserhalb der Halle 16 befanden sich vier Doppelboxen (ca. 2 x 0,9 x 0,7 m) mit jeweils einer Zibbe sowie mehreren älteren Jungtieren. Die Boxen wiesen erhöhte Flächen auf, welche zudem stellenweise verdunkelt waren. Nagematerial, grobstrukturiertes Futter und Wasser standen ebenfalls zur Verfügung. Die Vorgaben der Tierschutzverordnung waren somit durchaus erfüllt – verglichen mit den grosszügigen und abwechslungsreich strukturierten Gehegen in der Freiflughalle fiel die Haltung allerdings etwas ab.

Geflügel- und Taubenvolieren

Ebenfalls im Aussenbereich der Halle 16 waren drei aneinanderliegende Volieren positioniert (ca. 4 x 3 x 2 m). Die linke Voliere enthielt zwei Goldfasane, die mittlere beherbergte vier Helmperlhühner und drei Puten, in der rechten Voliere waren ca. 22 Tauben verschiedener Rassen untergebracht. Alle Volieren enthielten Sitzäste, Tannen als Rückzugsmöglichkeit, Einstreu, Futter und Wasser. Die Taubenvoliere verfügte zudem über ein Vogelbad, was schon fast ein Novum an einer Ausstellung darstellt.

Hundehaltung

An der Ausstellung wurden verschiedene Hunderassen vorgestellt, unter anderem Bernhardiner, Entlebucher und Schweizer Sennenhunde. Die Hunde wurden nach Rassen aufgeteilt in gut strukturierten Zwingern gehalten. Diese waren vorbildlich ausgestattet mit einem Innen- und Aussenbereich. Die Hunde konnten sich in den Zwingern bewegen, sich ausweichen, sich zurückziehen und draussen auch versäubern. Informationstafeln informierten die BesucherInnen über die einzelnen Hunde. Trotz der guten Unterbringung waren sie teilweise aufgeregt und unruhig.

Die Berner Sennenhunde hatten genug Platz um sich frei bewegen oder sich ausweichen zu können und es gab die (für die Zwingerhaltung vorgeschriebene) erhöhten Liegeflächen. Sie schienen sich wohl zu fühlen.

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Der Zwinger der Entlebucher Sennenhunde wies ebenfalls viel Platz auf und war wie ein Wohnzimmer ausgestattet mit Sofas zur Nutzung als erhöhte Liegeflächen. Trotzdem schien dem Hund die Ausstellungssituation nicht zu gefallen – er hechelte stark und war nervös.

Der Bernhardiner der Fondation Barry lag zwischen den Fotoshootings entspannt auf der erhöhten Liegefläche im Zwinger und beobachtete das Treiben um ihn herum mit grosser Aufmerksam120 keit.


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Fazit und Forderungen

Grundsätzlich haben sich Aussteller und Organisatoren in diesem Jahr deutlich darum bemüht, die letztjährigen Kritikpunkte des STS aufzunehmen und zu verbessern. Beispielsweise wurden den Stieren automatische Tränken zur Verfügung gestellt, so dass sie nun jederzeit Wasser zu sich nehmen konnten. Auch wurden die in Anbindehaltung gehaltenen Kühe und Stiere mit Absperrungen von den Besuchern so aufgestallt, dass die Tiere nicht mehr unbegrenzt berührt werden konnten. Es wurden mehrere gute und wohldurchdachte Gruppenhaltungen gezeigt, z.B. die der Schweine, Mutterkühe, Ponys, Esel, Hunde, Kaninchen und der Wasser- und Ziervögel in der Freiflughalle. Sicher gibt es auch hier noch das eine oder andere zu verbessern, beispielsweise waren die Platzverhältnisse nicht immer optimal (Esel, Ponys) oder es fehlte frei verfügbares Wasser (Alpakas). Aber mehrheitlich zeigten sich die Tiere sauber, gepflegt und – mit Ausnahme des Ebers – auch bei guter Gesundheit. Die meisten Tiere hatten was sie brauchten: Wasser, Futter, Pflege, Fürsorge, Einstreu und in gewissem Rahmen auch Beschäftigungs- und Rückzugsmöglichkeiten. Besonders positiv sind uns zum Beispiel Knabbermöglichkeiten wie Tannenzweige oder -bäumchen für die Ziegen, Esel und Schweine aufgefallen, es könnten noch mehr Heunetze zur Verfügung gestellt werden. Besonderes Augenmerk sollte 2017 auf den doch noch häufig fehlenden Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten für die Tiere liegen. Mit einzelnen Ausnahmen zeigte die BEA hinsichtlich Strukturierung und Platzangebot zufriedenstellende bis vorbildliche Kleintiergehege. Im Gegensatz zu anderen Ausstellungen wurde bei den Kleintieren löblicherweise auf die Einzelhaltung von sozialen Arten verzichtet. Aufgrund der Kritik des STS waren heuer im Kleintierbereich manche Gehege mit Absperrungen versehen worden, um Störungen durch die Besucher zu reduzieren. Dank verschiedener Plakate, Gehegebeschriftungen und Aufsichtspersonal kam auch die Information der Besucher nicht zu kurz. Verbesserungen wären aus unserer Sicht dringend nötig beim Mutterschwein in der Abferkelbox, dies sowohl bei der Auswahl des Standorts wie auch bei der Grösse der Box und hinsichtlich der fehlenden Rückzugsmöglichkeiten für das Muttertier. Auch bei den Streichelzoos besteht Verbesserungsbedarf hinsichtlich der Steuerung der Besucherzahl, insbesondere der Kinder, aber auch in der Gestaltung und Ausstattung der Gehege. Aus Sicht des STS sollte eine Tierausstellung den Besuchern eine möglichst vorbildliche Tierhaltung präsentieren, um zu zeigen, wie Tiere heutzutage artgerecht gehalten werden können und sollen. Im Hinblick auf mehrtägige Veranstaltungen sollten grundsätzlich grosszügige und sinnvoll strukturierte Gehege eingerichtet werden, damit die Tiere auch die Möglichkeit haben, sich vor Blicken und Berührungen der BesucherInnen zu schützen. Zentral aus unserer Sicht sind auch Beschäftigungsmöglichkeiten. So brauchen Ziegen zum Beispiel gut strukturierte Gehege, in denen sie klettern und spielen können, sowie erhöht angebrachte Nischen, in denen sie schlafen können. Auch Pferde könnten vermehrt in Gruppen – in Laufställen mit Auslaufflächen, die von den Liegebereichen getrennt sind – untergebracht werden. Bei den Küken und Wachteln sähe der STS Möglichkeiten zur Haltungsoptimierung hinsichtlich Rückzugsmöglichkeiten und grosszügigeren Platzverhältnissen. Bei den Hühnern ist auf Sitzstangen zu achten. Verbesserungsbedarf besteht zudem hinsichtlich der Besucherlenkung – aus Sicht des STS wäre in der Freiflughalle dringend eine Beschränkung der Besucherzahl notwendig. Zudem wären an allen Gehegen Informationen über die ausgestellten Tiere und Rassen, ihre Bedürfnisse an Haltung, Ernährung und Umgang sowie Angaben über die Besitzer wünschenswert (damit Interessierte im Bedarfsfall auch nachfragen könnten).

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Bei den Präsentationen ist darauf zu achten, dass alle Tiere vorbildlich, tierfreundlich, mit viel Geduld und Erfahrung vorgestellt werden. Bei den Vorführungen ist regelmässig mit einem grossen, teils weniger erfahrenem Publikum zu rechnen und die verschiedenen Präsentationen dürfen nicht dazu führen, dass schlechte Beispiele kritiklos übernommen werden, wie beispielsweise die nicht immer harmonisch verlaufenden Reitvorführungen der Pferde oder das Bereiten der Jungpferde im Roundpen sowie das wenig tierfreundliche Vorführen der Stiere. Auf tierquälerische Auswüchse muss zwingend verzichtet werden – nicht nur aus gesetzlicher Sicht, sondern auch wegen der Würde und Verantwortung gegenüber dem anvertrauten Tier und dem Beispielcharakter, die Tier-Präsentationen vor Publikum grundsätzlich mit sich bringen.

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2/2017

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Internationale Hundeausstellung Kreuzlingen 21. und 22. Mai 2016, besucht am 21. Mai 2016

Zusammenfassung

Die Bodenseearena sowie die benachbarten Hallen boten mit ihren Grünflächen und dem See in der unmittelbaren Nähe gute Bedingungen für eine Hundeausstellung. Allerdings waren die Platzverhältnisse für die grosse Anzahl von Teilnehmern zu knapp. Viele Hunde mussten über Stunden in engen Käfigen oder Boxen ausharren. Ausserdem führte die Enge in den Hallen dazu, dass es immer wieder zu Situationen kam, bei denen Hunde die Individualdistanz zueinander nicht einhalten konnten und die Halter verhindern mussten, dass Hunde aufeinander los gingen. Die bereits an der letztjährigen Ausstellung bemängelte Parkplatzsituation für die Aussteller gab auch in diesem Jahr Anlass zur Kritik, da praktisch alle Parkplätze an der prallen Sonne lagen. Auch an der Hundeausstellung in Kreuzlingen verbot das Ausstellungsreglement ein Zurechtmachen der Hunde, das über das Bürsten und Kämmen hinausgeht. Ausserdem wurde der Einsatz von Zughalsbändern ohne Stopp untersagt. Die Ausstellungsleitung informierte darüber, dass die Einhaltung dieser Anweisungen von Kontrolleuren überprüft würde. Auf diese Regelungen der Organisatoren wiesen zahlreiche Plakate hin. Trotz der Verbote konnte unerlaubtes Zurechtmachen in einigen Fällen beobachtet werden. So wurde Hunden das Fell eingesprayt und toupiert, Haare wurden gezupft, rasiert und geschnitten. In den offen hingestellten Taschen zahlreicher Aussteller waren Puder, Sprays und andere Stylingprodukte zu sehen. Der Umgang der Hundehalter mit ihren Hunden während des Zurechtmachens war zum Teil recht grob. Hunde wurden durch das Hochziehen der Leine dazu gezwungen, mit hochgerecktem Kopf auszuharren und die zum Teil lange Prozedur über sich ergehen zu lassen.

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Hunde, die sich dagegen wehrten, wurden in einigen Fällen mit übertriebener Strenge (Anschreien, an den Haaren ziehen) zurechtgewiesen. Leider setzten sich die Hundehalter in grossem Ausmass über das Verbot der Anwendung von Würgehalsbändern hinweg. Viele benutzten Halsbänder ohne Stopp, andere verschoben diese soweit, dass die Hunde trotz Stoppvorrichtung stark gewürgt wurden. In vielen Fällen wurden Hunde ausserdem mit einem starken Zug der Leine nach oben gewürgt, auch wenn keine verbotenen Leinen eingesetzt wurden. Häufig zu beobachten war, wie Hundebesitzer die meist sehr dünnen Vorführleinen am Hals ihrer Hunde zu weit nach vorne verschoben. Dadurch wurden die Hunde gezwungen, sich aufzurichten und die vor dem Richter gewünschte Kopfhaltung einzunehmen. Die starke und wiederholte Würgewirkung führt unausweichlich zu Belastungen wie Schmerz, Leid und Angst. Das Tierschutzgesetz verbietet solche Belastungen ausdrücklich, und trotzdem gibt es an Ausstellungen kaum Hunde, die den Richtern ohne Würgen und Hochziehen vorgestellt werden. Die gesundheitlichen Schädigungen (Schmerzen, Atemnot, Husten- und Würgereiz, Röcheln, Schluckbeschwerden, Erbrechen, Reizungen im Hals und am Kehlkopf etc.) werden aus Sicht des Tierschutzes ohne weiteres in Kauf genommen. An der Ausstellung in Kreuzlingen waren zwar Kontrolleure unterwegs, allerdings konnte nicht beobachtet werden, dass diese aktiv wurden. In einem konkreten Fall wurde ein Hund direkt vor den Augen zweier Kontrolleure massiv gewürgt. Und obwohl diese die Szene beobachteten und sich sogar kurz besprachen, hielten sie es nicht für nötig einzugreifen. Die Bedingungen an einer Ausstellung stellen für einen Teil der Hunde klar eine Belastung dar. Es konnten von den STS-Fachleuten Verhaltensweisen beobachtet werden, die auf eine Überforderung, auf Angst und grosse Belastungen schliessen lassen. Dazu gehören etwa häufiges über die Schnauze lecken, sich schütteln und gähnen oder auch das Zittern am ganzen Körper, den Schwanz zwischen die Beine klemmen sowie der Versuch sich der Situation zu entziehen. Die negativen Folgen einer Selektion auf immer extremere Zuchtmerkmale bei einigen Rassen zeigten sich auch in Kreuzlingen. Dazu gehörten etwa die schwer atmenden Bulldoggen, denen in der etwa 23 °C warmen Ausstellungshalle bereits ein spezieller Kühlmantel angezogen werden musste, damit sie mit den Bedingungen zurechtkamen und die über eine grosse Spritze mit Wasser versorgt wurden, weil die ausgeprägte Kurzschnäuzigkeit ihnen kaum mehr normales Trinken ermöglicht. Absurderweise war es den Nackthunden wiederum in ihrer Halle zu kalt, so dass einige Züchter ihnen sogar wärmende Ganzkörperanzüge anzogen. Trotz Kritik seitens des Schweizer Tierschutzes STS an den teilweise tierschutzwidrigen Umständen an Hundeausstellungen zeichnete sich in Kreuzlingen leider noch keine generelle Trendwende ab. Zwar kommunizierten die Organisatoren die Vorschriften des Ausstellungsreglements gewissenhaft, diese wurden von vielen Hundehaltern allerdings nicht respektiert. Das Verbot von Zughalsbändern ohne Stopp war praktisch wirkungslos, nicht nur weil sich die Aussteller darüber hinweg setzten, sondern auch weil in vielen Fällen die Hunde durch starken Zug und Hochzerren der Leine gewürgt wurden. Aus diesem Grund müsste an den Ausstellungen explizit das Würgen der Hunde unterbunden werden, gleich mit welchen Mitteln dieses erreicht wird. Der Schweizer Tierschutz STS estimiert die klaren Forderungen im Ausstellungsreglement und die konsequente Information dazu durch die Organisatoren. Um diese indessen durchzusetzen, müssen sich in Zukunft Kontrolle und Vollzug noch verbessern.

Allgemeines

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Die von der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG) organisierte internationale Hundeausstellung fand in Kreuzlingen in der Bodensee-Arena sowie der benachbarten Tennishalle und dem gedeckten Eisfeld statt. An dieser gerichteten Ausstellung präsentierten Züchter aus 18 Nationen ihre Hunde. Insgesamt wurden 1744 Hunde ausgestellt, davon 819 am Samstag. Hunde der FCI Gruppen: 2 (Pinscher, Schnauzer, Molosser), 4 (Teckel), 5 (Nordische Hunde, Spitze, Hunde vom Urtyp), 7 (Vorstehhunde), 8 (Apportier-, Stöber- und Wasserhunde) wurden am Samstag den Richtern vorgestellt, die restlichen Gruppen am Sonntag.


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Die Lautstärke war in allen 3 Gebäuden mit etwa 70 Dezibel in Ordnung, was die Temperaturen anbelangt, gab es grosse Unterschiede. In der Bodensee-Arena und der Tennishalle war es etwa 23 °C warm. Im Laufe des Tages wurde es wärmer und stickiger. Im gedeckten Eisfeld hingegen blieb es mit knapp 20 °C den ganzen Tag über kühl und luftig. Die Aufteilung der Rassen auf die drei Hallen erschien in einigen Fällen sehr ungünstig. So mussten die Nackthunde ausgerechnet im kühlen Eisfeld in den Ring gehen, während die Hitze empfindlichen Chow-Chow oder Bulldoggen in der warmen, stickigen Tennishalle präsentiert wurden. Die Sauberkeit in den Hallen war in Ordnung, im Laufe des Tages entstanden aber doch einige Stellen, an denen es stark nach Urin und Kot roch. Die drei Hallen boten für die grosse Anzahl an ausgestellten Hunden deutlich zu wenig Platz. Dies führte dazu, dass viele Hunde lange unter sehr beengten Platzverhältnissen (Käfige, Laufgitter oder kurz angebunden) ausharren mussten. Ausserdem blieben für das Publikum wie auch für die Hundehalter mit ihren Hunden nur schmale Durchgänge. Dadurch begegneten sich ständig Hunde auf sehr engem Raum, ohne dass sie die Möglichkeit hatten, die Individualdistanz einzuhalten. Als Konsequenz daraus keiften sich Hunde oftmals an und Hundebesitzer mussten immer wieder verhindern, dass ihre Hunde aufeinander losgingen. Die Situation in der Umgebung der Hallen, sowohl was die Parkplätze als auch die Begegnungsund Versäuberungsplätze anbelangt, stellte sich gleich dar wie im letzten Jahr. Die Ausstellungshallen liegen grundsätzlich durch ihre Nähe zum See und einer Umgebung im Grünen mit vielen Spazierwegen günstig. Der Versäuberungsplatz war aber auch in diesem Jahr deutlich zu klein und wurde von den Hunden kaum genutzt, was dazu führte, dass sich die meisten Hunde in den angrenzenden Grünflächen versäuberten. Problematisch blieb auch die Parkplatzsituation. Die für die Aussteller reservierten Parkflächen befanden sich praktisch ausschliesslich an der prallen Sonne. Erfreulicherweise nutzten etliche Hundehalter die angrenzenden Wege, um mit ihren Hunden Spaziergänge zu machen, einige Hunde durften dabei sogar ein Bad im nahen See nehmen.

Gut frequentierte Grünflächen in der Umgebung der Hallen.

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Für die Hundeausstellung reservierte Parkplätze an der prallen Sonne. Das Ausstellungsreglement des SKG verbot an der Ausstellung in Kreuzlingen ein Zurechtmachen der Hunde, das über das Bürsten und Kämmen hinausgeht. Zahlreich angebrachte Plakate mit der Aufschrift No Powder, No Spray, No Problem erinnerten die Aussteller deutlich an dieses Verbot. Ausserdem erhielt jeder Aussteller von den Organisatoren schriftlich (in Deutsch, Französisch und Englisch) die Information, dass in der Schweiz Zughalsbänder ohne Stopp grundsätzlich verboten sind und dass dies auch alle Showleinen im Ring betrifft. Entsprechende Plakate, die neben dem Text eine Abbildung eines durchgestrichenen Würgehalsbandes zeigten, machten an vielen Stellen in den Ausstellungsräumen zusätzlich auf dieses Verbot aufmerksam. Die Organisatoren gaben im Ausstellungsreglement bekannt, dass die Einhaltung der Vorschriften kontrolliert würde und dass die Kontrolleure bei Nichteinhaltung der Bestimmungen einschreiten würden.

Die Ausstellung im Detail

Die STS-Fachleute überprüften an der Hundeausstellung in Kreuzlingen den allgemeinen Umgang der Züchter mit ihren Hunden. Ein spezielles Augenmerk wurde auf die Einhaltung des Ausstellungsreglements gelegt. Dabei wurde auch überprüft, ob wie angekündigt Kontrolleure an der Ausstellung präsent waren und ob Fehlverhalten seitens der Hundehalter von Kontrolleuren oder Richtern geahndet wurde. Ausserdem wurde beobachtet, wie Hunde auf die Ausstellungssituation und den Umgang durch die Tierhalter reagierten. Zum Teil, wohl bedingt durch die sehr beschränkten Platzverhältnisse vor Ort, waren an der Ausstellung in Kreuzlingen sehr viele Hunde zu beobachten, die über viele Stunden unter sehr beengten Bedingungen untergebracht waren. Dabei handelte es sich um Käfige oder Boxen, die oft so klein waren, dass manche Hunde nicht aufrecht in natürlicher Haltung stehen, sitzen oder ausgestreckt liegen konnten. In manchen Käfigen und auch Laufgittern befanden sich mehrere Hunde gleichzeitig. Dadurch stand dem einzelnen Hund zu wenig Platz zur Verfügung. Ein zeit126 gleiches Ablegen aller Hunde war nicht möglich. Positiv zu erwähnen sind diejenigen Hunde-


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züchter bzw. -halter, die ihre Hunde immer mit sich führten, sich ausgiebig mit ihnen beschäftigten und ihnen Streicheleinheiten zukommen liessen.

American Akitas in viel zu kleinen Käfigen, die ihnen weder ausgestrecktes Liegen noch natür­ liches Sitzen ermöglichten.

Ein Sibirischer Husky stiess in seinem winzigen Käfig bereits mit leicht gesenktem Kopf an der Käfigdecke an.

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Selbst beim Besuch im Restaurant wurden einige Hunde nicht an der Leine mitgeführt, sondern mussten in ihren Käfigen ausharren.

In dieses kleine Laufgitter wurden vier Golden Retriever eingepfercht. Unerlaubtes Zurechtmachen von Hunden konnte an der Ausstellung in einigen Fällen beobachtet werden. Das Fell der Hund wurde eingesprayt, Haare wurden geschnitten, rasiert, toupiert und gezupft. Viele von den Ausstellern offen hingestellte Taschen gaben den Blick frei auf Puder und andere Stylingprodukte. Und trotz der zahlreich angebrachten Hinweise auf das bestehende Aus128 stellungsreglement wendeten die Hundebesitzer ihre unerlaubten Mittel des Zurechtmachens ganz


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offen an. Offenbar befürchteten sie keine negativen Folgen für ihr Tun. Während unseres Besuches wurde in keinem Fall beobachtet, dass ein Kontrolleur eingeschritten ist. Es konnte aber oft beobachtet werden, dass die Hundebesitzer während dem Stylen ihrer Tiere sehr angespannt und extrem unter Druck schienen. In der Folge wurde der Umgang den Hunden gegenüber oft recht ruppig. So wurde Hunden, meist mit Hilfe eines Würgehalsbandes, der Kopf stark nach oben gezogen, so dass sie während des Zurechtmachens stehend mit lang in die Höhe gerecktem Hals in unnatürlicher Haltung verharren mussten. Auf diese Weise wurde quasi von Hand die Funktion eines verbotenen Galgens ausgeführt. Hunde, die ungeduldig wurden oder sich wehrten, wurden vielfach grob zurechtgewiesen, angeschrien und noch mehr gewürgt. In einem Fall wurde ein Hund gar kräftig an seinen langen Haaren über den Augen gezogen.

Offen aufgestellter Koffer mit Stylingprodukten.

Einem Russischen Terrier wurde über längere Zeit das Fell eingesprayt.

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Demselben Russischen Terrier wurden während dem Sprayen weisse Haare ausgezupft.

Wiederum derselbe Russische Terrier wehrte sich mit Bellen und Zerren an der Leine gegen das unangenehme und übermässige Zurechtmachen. Daraufhin wurde er von der Züchterin mit Anschreien und heftigem Ziehen an seinen langen Haaren über den Augen zurechtgewiesen.

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Trotz des Verbots von Würgehalsbändern und Vorführleinen ohne Stopp, bedienten sich sehr viele Aussteller dieser. Die STS-Fachleute konnten sowohl vor wie auch im Ring und sogar während der Begutachtung durch den Richter beobachten, wie Würgehalsbänder angewandt wurden oder der Stopp so weit vorgeschoben wurde, dass er keinerlei schützende Wirkung mehr hatte. Viele Hundehalter gingen ausserdem dazu über, mit einem starken Zug der Leine nach oben die Hunde auch ohne entsprechendes Halsband zu würgen. Dünne Vorführleinen, die meist sehr weit am Hals des Hundes nach oben geschoben wurden, erhöhten den Druck und die Würgewirkung sowie die damit verbundenen Belastungen für die Hunde zusätzlich. Erstaunlicherweise konnte nicht beobachtet werden, dass trotz des klaren Verbots und der erwähnten Häufigkeit ein Kontrolleur oder ein Richter je eingriffen. Am Besuchstag waren 3 Kontrolleure vor Ort. Ein Schild an der Kleidung mit der Aufschrift SKG und Kontrolle machte sie als solche für alle erkenntlich. In einem konkreten Fall konnte eine Unterredung zweier Kontrolleure beobachtet werden, die direkt neben einer Hundehalterin standen, die ihre Deutsche Dogge massiv würgte, in dem sie die Leine sehr stark nach oben zog. Eine der Kontrollpersonen nahm die Situation wahr und machte die zweite Person darauf aufmerksam. Die Kontrolleure schritten aber nicht ein, liessen die Hundehalterin weiterhin darin gewähren, ihren nervösen Hund vor dem Gang in den Ring würgend unter Kontrolle zu halten.

Der Russische Terrier wurde von der Züchterin während der Begutachtung durch den Richter mit massivem Zug der Leine nach oben gewürgt. Wie stark die Krafteinwirkung war, lässt sich am ­angespannten Handgelenk der Züchterin erahnen. Der Richter schritt in dieser Situation nicht ein.

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Im Ring war eine Halterin gerade dabei, den Stopp der Vorführleine zu verschieben. Der Hundehalter im Hintergrund hatte den Stopp bereits so weit verschoben, dass seine Deutsche Dogge gewürgt wurde. Durch Zusammenklemmen der Nackenhaut brachte er seinen Hund zusätzlich dazu still zu halten. Die zurückgelegten Ohren des Hundes können als Unterordnungs- und / oder Angstverhalten gedeutet werden.

132 Zwei Kontrolleure beobachteten ohne einzugreifen eine Deutsche Dogge, die gewürgt wurde.


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Wie leichtfertig und unbedacht einige Aussteller die Leine verwenden und ihre Hunde damit in eine unnatürlich aufrechte und angespannte Körperhaltung zwingen oder sie gar würgen, zeigte das Beispiel einer Nackthundehalterin. Diese sass während einer Pause mit ihrem Hund im Laufstall. Obwohl der Hund sich nicht gross bewegen oder gar entweichen konnte, war der Leinenstopp viel zu eng verschoben und die Leine so stark zugezogen, dass der Hund nur aufrecht sitzend mit hochgerecktem Hals verharren konnte.

Ein Nackthund wurde beim Auf­ enthalt im Laufgitter durch starken Zug an der Vorführleine dazu ­gezwungen, mit hoch gestrecktem Hals sitzend auszuharren. Deutlich zu sehen ist der viel zu eng ­eingestellte Stopp. Der Hund wurde bereits gewürgt, obwohl der Stopp noch lange nicht erreicht war. Abgesehen vom Würgen wendeten einige Hundehalter auch noch andere Methoden an, um ihre Hunde, besonders im Ring und während der Beurteilung durch den Richter, unter Kontrolle zu halten. Mit einem Griff um die Schnauze oder an die Kehle wurden Hunde in die gewünschte Stellung gezwungen. Zum Teil wurden die Korrekturen an der Körperhaltung der Hunde im Ring so grob vorgenommen, dass die Vorderbeine oder alle Viere vom Boden abgehoben wurden. Es konnte auch beobachtet werden, wie grosse Hunde im Ring an ihrer Nackenhaut gezogen wurden oder diese gar mit kräftigem Griff zusammengedrückt wurde. Um Hunde dazu zu bringen, dass sie ganz ruhig verharrten, fassten einige Aussteller ihre Hunde im Anogenitalbereich und stellten sie in Position. Auf den Beobachter wirkte dies äusserst befremdlich und war für die betroffenen Hunde offensichtlich auch sehr unangenehm.

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Diese Ausstellerin griff ihren Hund um die Schnauze und hob ihm beide Vorderf체sse gleichzeitig vom Boden ab, um ihn im Ring richtig zu positionieren.

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Dieser American Cocker Spaniel wurde im Ring mit einem kr채ftigen und wohl schmerzhaften Griff um die Schnauze, bei dem die Z체chterin ihre Finger in den empfindlichen Bereich zwischen den Unterkieferknochen dr체ckte, zur Reglosigkeit gezwungen.


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Mit einem Griff der Ausstellerin an den Anogenitalbereich des Hundes wurde erreicht, dass ­dieser während der Begutachtung durch den Richter reglos verharrte.

Einem Russischen Terrier wurde über längere Zeit Anfassen am Anogenitalbereich eines Nackthund während der Präsentation im Ring.

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Das massive Würgen von Hunden oder andere kritisch zu beurteilende Methoden, um Hunde ruhig zu halten, wurde von den AusstellerInnen besonders oft im Ring oder sogar während der Beurteilung durch die Richter angewandt. Bedauerlicherweise konnte in keinem Fall beobachtet werden, dass ein Richter je eingegriffen hätte. Neben den vielen negativen Beispielen gab es selbstverständlich an der Hundeausstellung in Kreuzlingen auch Hundebesitzer, die einen sehr entspannten, freundlichen und liebevollen Umgang mit ihren Hunden pflegten.

Entspanntes Zusammensein von Ausstellerin und Hund. Die Ausstellungssituation sowie die Art, wie einige HalterInnen mit ihren Tieren umgingen, stellte für viele Hunde eine Belastung dar. So konnten dann auch einige Hunde mit deutlichen Verhaltensweisen, die auf Stress, Angst und Überforderung hinwiesen (häufiges über die Schnauze Lecken, sich Schütteln und Gähnen, übermässiges Speicheln, Zittern, Schwanz zwischen die Beine klemmen, geduckte Körperhaltung, Versuch sich der Situation zu entziehen), beobachtet werden. In zwei Fällen ging die Nervosität und Ängstlichkeit der Hunde sogar so weit, dass sie im Ring koteten. In erstaunlich vielen Fällen reagierten die Hunde ausserdem während der Präsentation und zum Teil auch neben dem Ring kaum auf die Befehle ihrer HalterInnen und orientierten sich auch nur sehr bedingt an ihnen. Die Kommunikation zwischen Hund und HalterIn schien hier nicht immer zu stimmen.

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Dieser Eurasier war mit der Situation im Ring total überfordert. Er versuchte sich auf den Boden zu legen, wurde aber von der Hundebesitzerin hochgezogen. Die geduckte Körperhaltung und die zurück- bzw. angelegten Ohren zeigten seine Angst.

Derselbe Eurasier versuchte der Situation im Ring zu entkommen. Seine Angst liess sich hier auch am geöffneten Maul, den angelegten Ohren und dem sichtbaren Augenweiss erkennen.

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Eine Deutsche Dogge kotete aus Angst und Nervosität in den Ring.

Dieselbe Deutsche Dogge zeigte im Ring als weitere Stresssymptome verstärkten Speichelfluss …

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… und eine zwischen die Beine geklemmte Rute. An der Hundeausstellung in Kreuzlingen wurden einige problematische Rassen mit extremen Zuchtmerkmalen präsentiert. Dazu gehörten die Nackthunde aufgrund ihrer Haarlosigkeit, die extreme Hautfaltenbildung etwa beim Mastino Napoletano, die ausgeprägte Kurzschnäuzig- und Schwanzlosigkeit der Bulldoggen sowie starke Hängelider z. B. beim Basset Hound. Die Selektion auf immer extremere Ausprägungen von Rassemerkmalen bleiben für die Hunde nicht ohne gesundheitliche Folgen, was auch an dieser Ausstellung erneut festgestellt werden konnte. Schwer atmende Bulldoggen mit deutlichen Atemgeräuschen etwa, denen in der ca. 23 °C warmen Tennishalle bereits spezielle Kühlmäntel angezogen werden mussten, damit sie mit den Bedingungen zurechtkommen konnten. Oder auch Nackthunde, denen es wiederum zu kühl war und die deshalb zum Teil mit wärmenden Ganzkörperanzügen ausgestattet wurden. Bei einigen Hunderassen wie etwa dem Golden Retriever, dem Labrador und den Bulldoggen scheinen ausserdem die Rassevorgaben dazu zu führen, dass die Vertreter zum Teil übergewichtig sind. Andererseits wurde bei den Deutschen Doggen mindestens ein deutlich zu dünnes Tier präsentiert.

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Eine Englische Bulldogge wurde mittels eines Kühlmantels «herunter gekühlt» bzw. an die (zu) warme Hallentemperatur adaptiert. Mit einer Spritze wurde dem extrem kurzschnäuzigen Tier Wasser eingeflösst.

Ein Nackthund im wärmenden Ganzkörperanzug.

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Ein Mastino Napoletano mit übermässiger Hautfaltenbildung und …

… ausgeprägten Hängelidern mit sichtlich geröteten, entzündeten Bindehäuten.

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Fazit und Forderungen

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Die Hundeausstellung in Kreuzlingen bot mit ihren zahlreichen Grünflächen und dem See in unmittelbarer Nähe zu den Ausstellungshallen grundsätzlich sehr tierfreundliche Bedingungen für die Hunde. Verbessert werden müssten allerdings die zu knapp bemessenen Platzverhältnisse in den Hallen sowie die Parkplatzsituation für die Aussteller. Die Organisatoren haben in Kreuzlingen die Aussteller hinreichend über das Ausstellungsreglement und somit über das Verbot von übermässigem Zurechtmachen und dem Einsatz von Würgehalsbändern und Leinen ohne Stopp informiert. Zahlreiche Plakate und Flyer wiesen überall gut sichtbar auf diese Bestimmungen hin. Leider zeigte dies auch in Kreuzlingen deutlich zu wenig Wirkung. Zwar schien erfreulicherweise das übermässige Zurechtmachen tendenziell etwas weniger verbreitet zu sein als bei früheren Ausstellungen. Ganz deutlich zeigte sich auch an dieser Ausstellung, dass Verbote nichts bringen, wenn deren Einhaltung nicht eingefordert wird. Auf die Dauer leidet die Glaubwürdigkeit der Organisatoren, gerade auch gegenüber den Ausstellern und Züchtern, wenn der Einsatz von Würgehalsbändern und übermässigem Zurechtmachen zwar verboten wird, es aber kaum Konsequenzen zur Folge hat, wenn diese Vorschriften missachtet werden. Es konnten 3 Kontrolleure am Besuchstag beobachtet werden, diese griffen aber zu wenig ein, obwohl es die Situation erfordert hätte. Sehr deutlich zeigte sich auch, dass das Verbot von Würgehalsbändern und Leinen ohne Stopp an der Ausstellung zum grossen Teil völlig wirkungslos war. Zum einen setzten sich viele Aussteller darüber hinweg, zum anderen wurden viele Hunde nun einfach durch zu enge Stoppvorrichtungen, starken Zug und Hochzerren der Leine gewürgt. Die Vorschriften müssten deshalb konsequent dahingehend kontrolliert werden, dass explizit das enge Führen mittels Halsband und Leine (auch mit Stoppvorrichtung) sowie das Würgen von Hunden unterbunden wird. Der Schweizer Tierschutz STS fordert deshalb, dass die Organisatoren das Einhalten der Tierschutzbestimmungen und des Ausstellungsreglements strenger kontrollieren und bei Verstössen auch entsprechend sanktionieren.

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Reptilienbörse Etoy Sonntag, 29. Mai 2016

Zusammenfassung

Die Reptilienbörse in Etoy wurde von Reptiles Romandie organisiert. Es handelte sich um eine bezüglich der Anzahl ausgestellter Tiere eher kleine Börse (einen beträchtlichen Anteil der ausgestellten Tiere machten Vogelspinnen aus, die als Wirbellose nicht unter das Tierschutzgesetz fallen). Jedoch war der Besucherandrang vor allem am Vormittag enorm: Das Publikum drängte sich um die Tische der Aussteller, und die meist in Plastikbehältern ausgestellten Tiere gingen «weg wie warme Semmeln», so dass sich die Reihen der ausgestellten Tiere gegen Mittag schon deutlich gelichtet hatten. Obschon die Börse offiziell bis um 16 Uhr dauerte, begannen die Aussteller bereits um 13.30 Uhr wieder zusammen zu packen. Nebst einigen Hobbyzüchtern von Reptiles Romandie waren die üblichen kommerziellen Aussteller vor Ort, etwa Objectif Reptiles mit einem grossen Angebot verschiedenster Reptilien. Im Eingangsbereich war die Börsenordnung für alle Aussteller und Besucher klar sichtbar ausgehängt. Diese gab vor, dass artgeschützte Tiere nur aus Nachzucht und mit entsprechendem CITES-Zertifikat verkauft werden dürfen. Die Behälter, in denen die Tiere gezeigt wurden, sollten gross genug sein, damit sich das Tier bewegen könne, und ausreichend belüftet sein. Das Substrat in den Behältern musste der Tierart angepasst sein und eine geeignete Temperatur und Feuchtigkeit gewährleisten. Leider konnten aber bspw. die Behälter, in welchen manche Frösche gezeigt wurden, die notwendige Luftfeuchtigkeit wohl kaum erreichen. Behälter mit Schlangen sollten gemäss Reglement zumindest halb so lang sein wie die Körperlänge des Tieres, jene der Echsen 1,5 x die Körperlänge (inkl. Schwanz). Jeder Behälter sollte mit der französischen oder deutschen Artbezeichnung, der Herkunft (Nachzucht/Wildfang), dem Geschlecht, Schutzstatus, Ernährung, ausgewachsener Grösse des Tieres und empfohlener Grösse des Terrariums beschriftet sein. Gifttiere mussten doppelt verpackt und entsprechend beschriftet sein, und ihr Verkauf durfte nur an Personen mit Sachkundenachweis erfolgen.

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Wie bei Reptilienbörsen üblich, wurden die Tiere in Plastikbehältern oder Bechern zur Schau gestellt. Da die Tiere zum Verkauf standen, war es den Ausstellern ein Hauptanliegen, dass interessierte KundInnen die Tiere möglichst eingehend betrachten konnten – da und dort wurden deshalb auch Tiere aus den Behältern entnommen und von Nahem gezeigt, was für die Tiere eine Belastung darstellen kann. Auch wurden Behälter, die frei auf den Tischen herumstanden, gelegentlich hochgehoben, um die Tiere von Nahem betrachten zu können – das Hochheben dürfte für die Reptilien ein zusätzlicher Stressfaktor sein. Die Boxen und Behälter enthielten meist nur die allernotwendigste Einrichtung und boten den Tieren nicht genügend Rückzugsmöglichkeiten. In den meisten Fällen hatten die Tiere immerhin ein Substrat zur Verfügung. Die Aufrechterhaltung der für die Tiere optimalen Temperatur war jedoch wohl meist nicht gewährleistet, da sich zumindest an den Plastikbechern und –boxen keine adäquate Beleuchtung installieren liess. Dieser Umstand fiel nur deshalb nicht so ins Gewicht, weil am Ausstellungstag ein ohnehin schwül-warmes Klima herrschte. Einige Behälter waren ungenügend beschriftet (teilweise nur mit abgekürztem lateinischem Namen), und es fehlten wichtige Angaben zur Tierart und ihrer Haltung. In einzelnen Fällen wurden – entgegen der Börsenordnung – Wildfänge ausgestellt und zum Verkauf angeboten. Man muss bedenken, dass diese Tiere noch ein Leben in freier Natur kennen und dass für sie die Belastung des Eingesperrtseins und Angestarrt-Werdens in winzigen Plastikbehältern extrem sein muss! Die Zurschaustellung von Wildfängen an Reptilienbörsen sollte aus Sicht des STS verboten werden! Der Gesundheitszustand der ausgestellten Tiere war – soweit einschätzbar – gut und es gab nur wenige Tiere, die Zeichen einer Belastung zeigten: Eine junge Abgottschlange (Boa constrictor) verharrte den ganzen Ausstellungstag lang in Abwehrstellung in einer Ecke ihrer kleinen, oben einsehbaren und rückzugslosen Plastikbox und schnappte regelmässig gegen den Deckel, wenn sich über ihr Hände und Gesichter von Besuchern bewegten. Bei vielen der reglos kauernden Tiere konnte allerdings auch nicht mit Sicherheit gesagt werden, ob sie nun eher entspannt oder starr vor Angst waren! Die wenigen Schau-Terrarien waren im Unterschied zu den Boxen meist mit den notwendigen Angaben zur Art (fr/lat), Herkunft, Geschlecht, Grösse, Schutzstatus beschriftet. Ausführlicheres Informationsmaterial zu den ausgestellten Tierarten und deren Haltung wurde jedoch von kaum einem der Aussteller zur Verfügung gestellt. Die Börsenordnung wurde bezüglich Machart der Ausstellungsbehältnisse in den meisten Fällen eingehalten. Die Behälter waren im Allgemeinen seitlich blickdicht; transparente Behältnisse wurden mit Haushaltpapier oder einem undurchsichtigen Deckel etwas abgeschirmt. Jedoch gab es vereinzelt auch allseits einsehbare Behältnisse, die aus Tierschutzsicht abgelehnt werden müssen. Nicht immer waren zudem unseren Erachtens die Behälter, in denen die Tiere ausgestellt waren, auch gross genug, um die Börsenordnung zu erfüllen.

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Diese junge Boa verharrte den ganzen Tag in Abwehrstellung und stand offensichtlich unter Stress.


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Im Angebot waren lebende Farbmäuse und –ratten und entsprechende Haltungsvorrichtungen für die private Futtertierzucht. Man konnte sich vor Ort mit Futtertieren eindecken oder spontan ein kleines Haustier erwerben. Die Futtertierboxen entsprachen dem Typ «pharmazeutisches Tierversuchslabor» oder «billiger Plastikkäfig» und waren für eine artgerechte Nagerhaltung ungeeignet. Die Haltung der Nagetiere an der Börse entsprach nicht den Mindestvorschriften der Tierschutzverordnung (TSchV): So waren bspw. die Ratten in einem viel zu kleinen Käfig ohne Rückzugsmöglichkeiten und Nageobjekte und die Mäuse ohne Klettermöglichkeiten untergebracht. Auch wurden einzelne Mäuse in seitlich offenen Plexiglas-Transportbehältern in der Börse umhergetragen. Informationen zu rechtlichen Aspekten der Futtertier-Tötung oder Lebendfütterung von Reptilien waren nicht vorhanden. Nachtaktive Tiere wie gewisse Geckos, Mäuse und Ratten sollten zudem tagsüber ihre Ruhe haben, was an einer Börse nicht gewährleistet werden kann. Grundsätzlich setzt der STS hinter Präsentation und Verkauf lebender Futtertiere an Reptilienbörsen ein grosses Fragezeichen!

Käfige mit Mäusen und Ratten als Reptilienfutter.

Allgemeines

Die Bourse aux Reptiles fand am 29. Mai 2016 von 10.00 bis 16.00 Uhr in der Salle polyvalente in Etoy (VD) statt. Die Tische der Aussteller waren in einem Rechteck mitten im Raum sowie an den beiden Längsseiten des Raumes aufgestellt. Die Besucher bewegten sich in den beiden Gängen zwischen den Längsseiten und dem Tisch-Rechteck. Es herrschte Gedränge, die Luft war stickig und 23 °C warm. Die Mitnahme von Hunden war offenbar erlaubt – mehrere Besucher flanierten mit Hunden an der Leine durch das Gedränge der Ausstellung. Auf den Tischen waren die Terrarien mit den Tieren und diversem Zubehör aufgestellt; teilweise lagen auch Informationsmaterialien (vor allem Visitenkarten der Züchter) auf. Viele Boxen mit Tieren waren mit einem einheitlichen Aufkleber versehen, auf dem die von der Börsenordnung vorgegebenen Mindestangaben (Tierart französisch/lateinisch, Anzahl und Geschlecht Tiere, Nachzucht oder Wildfang, Grösse, Nahrung, Schutzstatus, Preis) angegeben waren. Einige Behälter mit Tieren waren allerdings auch nur rudimentär mit wasserfestem Filzstift beschriftet, etwa nur mit dem lateinischen (teilweise sogar abgekürzten) Namen. Eine artgerechte Reptilienhaltung ist in Boxen, wie sie an Reptilienbörsen verwendet werden, nicht möglich (was mit dem nur vorübergehenden Charakter der Haltung gerechtfertigt wird). Nicht nur ist die Fläche der Behälter i. A. zu klein, auch fehlen notwendige Ressourcen wie Rückzugs- und Klettermöglichkeit, Sonnenplatz etc. Ein für die Tiere optimales Klima ist zudem kaum erzeugbar. Werden die Tiere in Plastikboxen präsentiert, so kann beim Besucher aber der irreführende Eindruck entstehen, dass die Tiere anspruchslos und einfach zu halten seien. Die Boxen sind somit auch aus pädagogischer Sicht abzulehnen. Es ist klar, dass an einer Börse nicht alle zum Verkauf stehenden Tiere in vollständig eingerich-

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teten Terrarien gezeigt werden können, welche das Anschauen und die Behändigung der zum Verkauf stehenden Tiere erschweren. Die Verkaufsboxen sollten aber zumindest das Börsenreglement einhalten, d. h. die Tiere müssten sich darin problemlos wenden können! Weiter dürfen die Boxen aus Tierschutzsicht nicht durchsichtig sein, und die Tiere sollten immer eine ausreichende Rückzugsgelegenheit haben. Wünschenswert wäre zudem, wenn an jeder Börse einige Showterrarien vorhanden wären, welche den künftigen Besitzern eine wirklich tierfreundliche Haltung vermitteln. Auch sollte vermehrt Wert darauf gelegt werden, den Besuchern adäquate Informationen zur jeweiligen Tierart zu vermitteln.

Einzelne Aussteller im Detail

Diese Bartagame hatte zumindest geeignetes Substrat zur Verfügung. Tischreihe 1: Die erste Tischreihe linkerhand vom Eingang in den Saal wurde fast ausschliesslich von Aussteller 1 in Anspruch genommen. Dieser stellte neben rund einem Dutzend verschiedener Vogelspinnen drei Ritteranolis (Anolis equestris), drei Madagaskar-Taggeckos (Phelsuma madagascariensis), zwei junge und zwei adulte Bartagamen (Pogona vitticeps), sechs adulte und fünf junge Leopardgeckos (Eublepharius macularius), einen Drüsenschwanz-Gecko (Strophurus williamsi), einen Tokee (Gekko gecko), drei Wimperngeckos (Rhacodactylus ciliatus), einen Stelzenläufer-Leguan (Plica plica), zwei Halsband-Leguane (Crotaphytus collaris), eine grosse Perleidechse (Timon lepidus), ein Jemen-Chamäleon (Chamaeleo calyptratus), zwei Erdnattern (Pantherophis obsoletus), eine Afrikanische Hausschlange (Boaedon fuliginosus), sechs Königspythons (Python regius) verschiedener Grössen, zwei juvenile und eine adulte Kettennatter (Lampropeltis getula), eine Mexikanische Nachtnatter (Pseudelaphe flavirufa), drei Königsnattern (Lampropeltis mexicana), eine Pazifikboa (Candoia carinata), eine kleine, grüne Giftschlange unbestimmter Art (da Behälter nicht angeschrieben und Tier lediglich als «giftig» markiert – evtl. Bambusotter, Trimesurus sp.), zwei Felsen-Klapperschlangen (Crotalus lepidus), zwei Westliche Klapperschlangen (Crotalus viridis), drei Kupferkopf-Ottern (Agkistrodon contortrix), vier Pazifische Klapperschlangen (Crotalus oreganus), vier Kornnattern (Pantherophis guttatus) verschiedener Grössen, zwei Madagaskar-Boas (Acrantophis dumerili), fünf Abgottschlangen (Boa constrictor), vier junge und zwei adulte Griechische Landschildkröten (Testudo hermanni), zwei junge Breitrandschildkröten (Testudo marginata), fünf junge Strahlenschildkröten (Astrochelys radiata), sowie sechs Aga-Kröten (Rhinella marina) aus. Mehrere der ausgestellten Wildtiere waren Wildfänge. Dies war zwar auf den Aufklebern nicht generell vermerkt, wurde aber im Verkaufsgespräch eines Verkäufers mit einem Kunden überhört. An diesen Aussteller schloss Aussteller Nr. 2 an, der insgesamt 21 junge bis adulte Königspy146 thons sowie ein Dutzend Vogelspinnen ausstellte.


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Aussteller 1 verwendete folgende Behälter für die Präsentation seiner Tiere: Kleine Plastikboxen der Grösse 15 x 10 x 7 cm, mittelgrosse Plastikbehälter der Masse 25 x 15 x 7 cm, sowie etwas grössere Behälter der Masse 30 x 20 x 7 cm. Einige der Behälter befanden sich freistehend auf de Tisch, die meisten waren jedoch zu mehreren in einer Art Schublade mit Holzrahmen und darüber liegendem Glasdeckel eingefasst und waren so gegen Hochheben geschützt. Bei diesen Sammlungen waren auch kleine Tischlampen zur Beleuchtung/Heizung installiert. Die Behälter waren jeweils oben transparent mit kleinen Luftlöchern, seitlich aus weissem Plastik und mit Holzhäcksel als Substrat eingestreut. Es gab keinerlei Versteckmöglichkeiten für die Tiere. In den kleinsten Behältern untergebracht waren jeweils einzeln die juvenilen Madagaskar-Taggeckos (Körperlänge KL ca. 5 cm ohne Schwanz) sowie junge Leopardgeckos, ein Drüsenschwanz-Gecko, ein junger Tokee, Wimperngeckos und zwei junge Halsband-Leguane. In den mittelgrossen Behältern befanden sichebenfalls jeweils einzeln- ausgewachsene Ritteranolis (mit Schwanz länger als Behälter, nämlich ca. 30 cm), junge Kornnattern (KL ca. 30 cm), junge Bartagamen (KL ca. 8 cm), junge Madagaskar-Boas und Abgottschlangen (KL ca. 35 cm), adulte Leopardgeckos (mit Schwanz ca. 20 cm), junge Griechische Landschildkröten und Breitrandschildkröten (Panzerlänge ca. 8 cm) und Aga-Kröten, in den grössten Behältern die Hausschlangen und Erdnattern (KL ca. 40 cm), der Stelzenläufer-Leguan und die Perleidechse (mit Schwanz ca. 35 cm lang), die adulten Bartagamen, adulten Griechischen Landschildkröten (Panzerlänge ca. 20 cm), ca. 50 cm lange Königs-, Ketten- und Mexikanische Nachtnattern, und eine Pazifikboa. Insbesondere die Behältnisse der Ritteranolis, der adulten Leopardgeckos, des Stelzenläufer-Leguans und der Perleidechse, der adul- Viele Reptilien waren in winzigen, teils ten Bartagamen sowie der grösseren Griechischen Land- sogar allseitig einsehbaren Behältern schildkröten waren sehr beengt und entsprachen nicht völlig exponiert. den Vorgaben des Börsenreglements. Im hinteren Teil der Tischreihe hielt Aussteller 1 auch noch einige Tiere in grösseren Boxen der Masse 40 x 30 x 15 cm, die oben einsehbar und mit Kleintierstreu eingestreut waren. Darin befanden sich grössere Königspythons (> 60 cm). In weiteren Holzrahmen angeordnet waren kleine Plastikbehälter der Masse 15 x 20 x 10 cm, mit Kleintierstreu als Unterlage, worin sich juvenile Kettennattern (ca. 15 cm), die nicht bestimmte grüne Giftschlange (ca. 30 cm lang), die diversen Klapperschlangen (jeweils circa 25 cm lang) und die Kupferköpfe befanden. In einem noch kleineren Behälter der Masse 10 x 10 x 10 cm befand sich eine junge Pazifische Klapperschlange, ungefähr 15 cm lang. Die Giftschlangen befanden sich alle in einer Holzkiste mit doppelter Abdeckung (Plastikdeckel und Glas) und waren mit dem Giftsymbol markiert. Viele der Behälter waren jedoch nur mit einem Filzstift rudimentär angeschrieben, oft nur Geschlecht in zoologischer Schreibweise (z. B. 1.0) und der lateinische Name abgekürzt. Haltungsinformationen suchte man vergeblich, ebenso Hinweise auf die Bewilligungspflicht für Giftschlangen. In einer Holzkiste der Masse 100 x 80 x 15 cm waren fünf junge Strahlenschildkröten von einer Panzerlänge zwischen fünf und 15 cm untergebracht. Die Kiste war mit Stroh gepolstert und verfügte über einige Salatblätter sowie eine eigene Lampe. In einer baugleichen Kiste nebenan befand sich eine ungefähr 1,2 m lange Abgottschlange, und am Ende des Tischs stand eine Art Voliere (ca. 40 x 40 x 100 cm gross) mit Netzwand, eigener Beleuchtung und künstlicher Bepflanzung, in welcher ein adultes Jemen-Chamäleon gehalten wurde. An diesem Terrarium fehlte die Beschriftung, sogar die Art war nicht bezeichnet.

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Aussteller 2 hielt seine Pythons in Miniatur-Terrarien, die in drei Etagen übereinander angeordnet waren. Jedes der Terrarien war nur frontal durch eine Glasscheibe einsehbar und nach den Seiten und oben blickdicht mit Kunststoff begrenzt. Die Terrarien hatten die Masse 20 x 40 x 20 cm und waren jeweils mit Holzschnitzel oder farbigem Kies eingestreut und verfügten über eine eigene Beleuchtung und Temperaturregler. In den Terrarien befanden sich Königspythons von max. 80 cm Länge. Des Weiteren zeigte dieser Aussteller Königspythons in Plastikbehältern der Masse 30 x 40 x 7 cm und zwei noch etwas grössere Tiere in Behältern der Masse 60 x 40 x 15 cm. Sämtliche Behältnisse waren gut eingestreut, nur von oben einsehbar und detailliert beschriftet, inklusive Schutzstatus der Tiere und Herkunft (eigene Nachzucht). Dieser Aussteller zeigte seine Tiere also auf vergleichsweise vorbildliche Art.

Vergleichsweise akzeptable Haltung von Königspythons in Miniatur-Terrarien. Tisch-Rechteck: Die Tischreihen des mittig im Saal stehenden Tisch-Rechtecks wurde von verschiedenen Züchtern unter dem Namen des Börsen-Veranstalters Reptiles Romandie in Beschlag genommen. Diese stellten insgesamt vier Leopardgeckos, zwei Iranische Fettschwanzgeckos (Eublepharius angramainyu oder Wilder Leopardgecko), sechs Blaue Zwerggeckos (Lygodactylus williamsi), acht Kornnattern, eine Westliche Hakennasennatter (Heterodon nasicus), neun Königspythons, sechs Afrikanische Hausschlangen, zwei Teppichpythons (Morelia spilota) sowie Achatschnecken, Tausendfüssler, Vogelspinnen, diverse madagassische Frösche, Pfeilgiftfrösche (Dendrobaten) und Futtertiere (Grillen) aus.

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Leopardgecko, ziemlich ausgestellt.


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Auf der linken Tischseite wurden in grossen Behältern der Masse 60 x 40 x 15 cm und in mittelgrossen Behältern der Masse 40 x 25 x 15 cm Königspythons einer Körperlänge bis 80 cm gezeigt – diese verfügten nebst ausreichend Substrat, um sich etwas einzugraben, sogar über jeweils eine kleine Wasserschale. Mittelgrosse Plastikbehälter (25 x 15 x 7 cm), ungeordnet auf dem Tisch verteilt und oben einsehbar, enthielten adulte Leopard- und Fettschwanzgeckos, deren einziges «Substrat» etwas Haushaltpapier war, sowie eine circa 40 cm lange Hakennasennatter und einen ähnlich grossen Königspython. Ebenfalls ohne Substrat und ohne jegliche Rückzugsmöglichkeit ausgestellt waren in noch kleineren Plastikboxen (10 x 10 x 7 cm) die Blauen Zwerggeckos. Sämtliche Behälter waren aber gut angeschrieben inkl. Hinweis, dass es sich um Nachzuchten handelte (auch bei den Fettschwanzgeckos, die auch als «wilde» Leopardgeckos bezeichnet werden). Generell waren die Platzverhältnisse für die grösseren Echsen und Schlangen ziemlich beengt, und es fehlte den meisten Tieren an Rückzugsmöglichkeiten. Auf der rechten Tischseite wurden in mittelgrossen Plastikbehältern (25 x 15 x 7 cm, oben einsehbar), die mit Häcksel eingestreut waren, ca. 20 cm lange Afrikanische Hausschlangen gezeigt. Daneben befanden sich drei kleine Schau-Terrarien der geschätzten Grösse 35 x 30 x 45 cm mit vollständiger Einrichtung (Vegetation, Naturboden, Licht, Thermostat), in welchen zwei Teppichpythons und eine Afrikanische Hausschlange untergebracht waren. Diese Terrarien waren – im Unterschied zu den nur mit Filzstift angeschriebenen Plastikbehältern – auch gut beschriftet. Eine Flasche Desinfektionsmittel neben den Behältern wies darauf hin, dass man es mit der Hygiene beim allfälligen Herausnehmen der Tiere ernst meinte. Beim gleichen Züchter waren auch junge (ca. 25 cm lange) und ältere (ca. 80 cm lange) Kornnattern zu sehen. Diese befanden sich in Plastikboxen von 35 x 25 x 10 cm respektive 40 x 35 x 10 cm Grösse. Die Plastikboxen waren bis auf eine Front allseits blickdicht und boten den Tieren daher ausreichend Schutz. Tischreihe 2: An der rechtsseitigen Tischreihe stellte Aussteller Nr. 3 folgende Tiere zur Schau: Fünf Exemplare des Grossen Madagaskar-Taggeckos (Phelsuma grandis), sechs Kronengeckos (Correlophus ciliatus), zwei Sarasins Riesengecko (Rhacodactylus sarasinorum), zwei Madagaskar-Grosskopfgeckos (Paroedura picta).

Mangels Kletterstrukturen und Rückzugsmöglichkeiten mussten sich diese Geckos notdürftig an die rückseitige Plastikwand heften …

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Leopardleguan, ausgestellt ohne Versteckmöglichkeiten.

Die Mäuse konnten sich weder verstecken noch artgemäss beschäftigen.

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Aussteller Nr. 4 präsentierte nebst diversen Gliedertieren (Tausendfüssler, Gespenstschrecken, Schaben und Fauchschaben, Grillen), Achatschnecken, Fröschen (Schmuckhornfrosch, verschiedene Baumsteigerfrösche) einen Leopard-Leguan (Gambelia wislizenii) und einen Brook´s Hausgecko (Hemydactylus brooki). Aussteller Nr. 5 bot diverse Vogelspinnen und zwei Axolotl (Ambystoma mexicanum) zum Verkauf an. Daran anschliessend befanden sich mehrere Nagerkäfige mit Futtertieren: Mindestens 26 weisse Mäuse und zwei Ratten waren auf mehrere, karg eingerichtete und kleine Nagerkäfige verteilt. Direkt anschliessend bot Aussteller Nr. 6 einen Königspython sowie weitere Futtertiere (mind. 80 weisse und farbige Mäuse, verteilt auf sechs Kunststoffboxen) zum Verkauf. Daneben gab es einen Tiefkühlschrank mit gefrorenen Mäusen und Ratten. Auch Kaninchen und Wachteln waren im Angebot, jedoch nicht vor Ort. Kleine Kunststoffboxen (10 x 10 x 5 cm) enthielten winzige Jungtiere des Grossen Madagaskar-Taggeckos (KL 2 cm) sowie kleine und grössere (KL 3–8 cm) Kronengeckos, Madagaskar-Grosskopfgeckos (8 cm) und Brook´s Hausgecko (5 cm). Die Boxen waren von oben einsehbar, als einziges «Substrat» diente etwas Haushaltpapier (ausser bei den Grosskopfgeckos, welche über Sand verfügten). Die Behälter waren jedoch gut beschriftet (lat. Name, Grösse des adulten Tieres, Fütterung, Herkunft, Preis). Mittelgrosse Kunststoffboxen (20 x 15 x 5 cm) enthielten Madagaskar-Taggeckos mit einer Körperlänge (ohne Schwanz) von ca. 8 cm sowie einen etwa 10 cm langen Kronengecko und einen Sarasins Riesengecko (7 cm Kopf-Rumpf-Länge). Für mehrere der ausgestellten Tiere waren die kleinen Behälter viel zu eng, als dass sie sich hätten komfortabel umdrehen können (grössere Kronengeckos, Grosskopfgeckos), und es fehlte an Beleuchtung (Lampen/Heizung), Wasser und Klettermöglichkeiten (Geckos)! Die verschiedenen Gliedertiere, Frösche und Schnecken waren ebenfalls in kleinen Plastikbehältern untergebracht, verfügten aber über Moos, Erde, Gras oder Laub-Substrat und teilweise Futter (Gurken, frische Blätter), und sie verfügten daher auch über geeignete Rückzugsmöglichkeiten. Die Vogelspinnen wurden in runden Plastikbehältern mit einem Durchmesser von ca. 14 cm gezeigt, in denen es Erde und teilweise Pflanzen (Rückzugsmöglichkeit) und Wasser gab.


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Der Leopard-Leguan befand sich in einem Behälter der Grösse 20 x 15 x 6 cm. Das Tier hatte eine Körperlänge von 10 cm (ohne Schwanz). Es wurde auf Haushaltpapier gehalten, hatte aber als eines der wenigen ausgestellten Tiere eine Schale Wasser zu Verfügung. Ein Königspython bei Aussteller 6 befand sich in einer 30 x 20 x 10 cm grossen Plastikwanne, die mit Holzspänen eingestreut war. Es fehlten Rückzugsmöglichkeiten, Wasser und eine Lampe (Heizung). Die Axolotl befanden sich je in einem «Aquarium» der Masse 40 x 30 x 10 cm, das vollständig mit Wasser gefüllt und mit einem Plastikdeckel abgeschlossen war. Der Behälter enthielt keine weitere Einrichtung, so dass die Tiere ohne Rückzugsmöglichkeiten im Wasser standen. Die an diesem Tisch ausgestellten Mäuse und Ratten wurden in kleinen Käfigen und Boxen gehalten. Ein Nagerkäfig (ca. 30 x 20 x 20 cm) enthielt rund sieben männliche Mäuse. In dem Käfig gab es Holzspäne als (grabbares) Substrat, ein Laufrad, Körnerfutter und Heu. Ein weiterer, ebensolcher Käfig enthielt fünf weibliche Mäuse. Ein typgleicher Käfig enthielt nochmals zwei Farbmäuse. Ein etwas grösserer Käfig (40 x 25 x 25 cm) enthielt mindestens sechs Mäuse, aber zu wenige Rückzugsmöglichkeiten, als dass alle Mäuse sich hätten gleichzeitig verstecken können. Ein 40 x 30 x 20 cm «grosser» Käfig beinhaltete zwei Ratten – Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten fehlten. Ein ähnlich grosser Käfig enthielt wiederum mindestens sechs Mäuse, allerdings ohne ausreichende Rückzugsmöglichkeiten. Die Tiere drängten sich mangels Verstecken oberirdisch zu einem Pelzknäuel. Hinter dem Tisch standen insgesamt noch sechs weitere Käfige, bei denen nicht klar war, ob sich ebenfalls noch Mäuse oder Ratten darin befanden.

Die Haltung der Ratten war völlig ungenügend. In sechs Kunststoffboxen einer Grösse von circa 40 x 25 x 15 resp. 30 x 20 x 10 cm hielt ein weiterer Aussteller jeweils rund 15 Farbmäuse (pro Box). Holzspäne und Heu, Körnerfutter, hartes Brot und Wasser waren vorhanden; die Tiere waren allerdings dicht gedrängt. Es gab keinerlei Rückzugs- oder Klettermöglichkeiten, und immer wieder wurden die Käfige geöffnet und einzelne Tiere am Schwanz hochgehoben, um von interessierten Käufern betrachtet und in Transportboxen umgesetzt zu werden.

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Fazit

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An dieser Reptilienbörse wurden die an allen bislang besuchten Börsen problematischen Sachverhalte festgestellt. Generell waren die meisten gezeigten Reptilien ohne Rückzugsmöglichkeit oder Sichtschutz ausgestellt, und die Tiere wurden häufig aus den Behältern entnommen, um herumgezeigt zu werden. Trotz Hinweis im Ausstellungsreglement, dass dies nicht erwünscht resp. untersagt ist, wurden etliche Wildfänge offen als solche angeboten. Weil sich Reptilienbörsen offenbar als «Insider-Veranstaltungen» verstehen, wurde auch in Etoy grösstenteils auf Angaben zur artgerechten Haltung der Tiere verzichtet. Nach Ansicht des STS müssten aber auch Reptilienbörsen ihre Vorbildfunktion in Bezug auf die Tierhaltung und Information künftiger Tierhalter wahrnehmen und zu den ausgestellten Tieren auch Informationen über deren Haltung liefern (analog den Zoofachgeschäften, die beim Tierverkauf zur Abgabe schriftlicher Informationen verpflichtet sind). Denn auch an Reptilienbörsen werden lebende Tiere von Leuten erstanden, die überhaupt keine Erfahrung in der Haltung dieser Tiere haben! Auch in Etoy wurde mindestens ein Reptil beobachtet, bei welchem die Ausstellungssituation ganz offensichtlich deutliches Stressverhalten hervorrief. Solche Tiere müssten nach Ansicht des STS aus den Verkaufsräumen entfernt resp. dürften gar nicht (mehr) ausgestellt werden – oder die Art der Haltung während der Börse müsste deutlich verbessert werden. Die Abgottschlange, die an der Börse in Etoy deutliches Abwehrverhalten während der gesamten Ausstellungsdauer zeigte, hätte in ihrem Behälter zumindest eines Sichtschutzes/einer Rückzugsmöglichkeit bedurft. Den Verkauf von Nagetieren als Reptilienfutter im Rahmen einer Reptilienbörse kritisiert der STS scharf. Die Tiere wurden auch in Etoy nicht tiergerecht gehalten und waren durch mangelnde Versteckmöglichkeiten, erzwungene Tagesaktivität und ständiges Herausfangen einzelner Tiere einer grossen Belastung ausgesetzt. Zudem war die Information zur Haltung und Tötung lebender Futtertiere (Wirbeltiere) ungenügend.

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10/2016

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Europameisterschaften der Holsteinrasse Colmar, Frankreich Besucht am 17. und 18. Juni 2016

Zusammenfassung

Die Europameisterschaft in Colmar war ohne Zweifel die höchstdotierte Veranstaltung für die europäische Holstein- und Red Holsteinzucht, insbesondere auch für die Schweizer Züchter, die mit jeweils 15 Kühen und damit bei den Red Holsteins mit der grössten Gruppe zum Wettbewerb antraten. Auch bei den Holsteinern bildeten die Schweiz, wie auch Frankreich und Italien die grössten Gruppen-Teilnehmer mit jeweils 15 Tieren. Betreut wurden die Schweizer Kühe 1:1 von 29 Männern und einer Frau, die für die Vorbereitung und Präsentation der Kühe keinen Aufwand scheuten. Die Versorgung der Tiere in Colmar war kaum zu überbieten: Alle Kühe standen fast knietief in stets sauberem Stroh. Ihnen stand auserlesenes, wohlriechendes Kraftfutter und Heu zur Verfügung, der Umgang war im Stall mehrheitlich ruhig, routiniert und freundlich. In Bezug auf die Präsentationsvorbereitungen, das Kuhfitting und das Vorführen in der Arena, können allerdings keine guten Noten ausgestellt werden. Es kamen auch in Colmar Methoden zum Einsatz, die aus Sicht des Tierschutzes untragbar sind. Hierzu zählt das übermässige Zurechtmachen und Stylen der Tiere, bei welchem sämtliche Körperregionen inklusive der Tasthaare geschoren und abrasiert und die Kühe dabei über mehrere Stunden hinweg in Zwangsständen mit überstrecktem Hals bei hoch fixierten Köpfen angebunden wurden. Alle präsentierten Kühe hatten abnormale, extrem gefüllte Euter, kaum eine wurde ohne Versiegelung der Zitzen vorgestellt, weil bei den meisten Kühen bereits weit vor den Vorführungen die Milch lief. Die Strichkanäle wurden fast ausnahmslos mit Sekundenkleber versiegelt – nur in wenigen Fällen wurde das etwas gewebefreundlichere Kollodium für die Versiegelung gewählt. Das aufgrund der prallen Euter deutlich veränderte Gangbild mit weit um das Euter herumgeführten Hinterbeinen und das Stehen mit annähernd gespreizten Beinen weisen unmissverständlich auf die damit verbundenen Schmerzen hin. Die diversen Verstösse gegen die Schweizer Tierschutzbestimmungen, die bestehenden Guidelines und Reglemente, sowie den für Schweizer Züchter verbindlichen Ehrenkodex für Viehausstellungen überschatten die vielen Prämierungen der Schweizer Kühe. Aus Sicht des Tierschutzes ist das fehlbare Verhalten der Betreuerteams, insbesondere des Schweizer Teams, nur gerade 60 km von der Landesgrenze entfernt, schockierend und schlichtweg inakzeptabel.

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Allgemeines

Die seit 1989 alle 3 Jahre stattfindende Europameisterschaft der Holsteinrassen gilt als Gipfelveranstaltung der europäischen Holstein- und Red Holsteinzucht mit internationalen Auswirkungen. Die Veranstaltung wurde von den Verbänden Prim’Holstein, Club-Holstein 68 und Eurogénétique organisiert. In Colmar wurden 180 nationale Siegerkühe (120 Holsteiner, 60 Red Holsteiner) aus 12 europäischen Ländern präsentiert. Sie wurden von 13 Richtern verschiedener Nationalitäten beurteilt. Vorgestellt wurden nebst den Schweizer Kühen auch Siegerinnen aus Österreich, Belgien, Tschechien, Frankreich, Deutschland, Italien, Luxemburg, Holland, Slowenien, Spanien und England. Das Messegelände liegt in der Industriezone von Colmar, verkehrstechnisch gut zu erreichen, nahe der Autobahn. Rings um das Messegebäude sind zahlreiche Parkplätze und grosszügige Platzverhältnisse zum Ein- und Ausladen der Tiere, für diverse Lagermöglichkeiten (Heu, Stroh, Futter, Mist, etc.) und das Abstellen der Transporter und Lastwagen. Die Tiere wurden in 3 Hallen ausgestellt bzw. gehalten, präsentiert wurden sie in einer grösstenteils überdachten Arena mit grosser Zuschauertribüne. Die Europameisterschaft im Mannschaftswettbewerb hat Frankreich gewonnen, gefolgt von der Schweiz mit einem Punkt Unterschied. Bronze ging an Spanien. Nebst dem Sieg in den Kategorien Junior und Senior Championship Holstein, sowie European Grand Champion Red Holstein und Senior Champion Red Holstein, wurden Schweizer Kühe bei den Einzelwettkämpfen in den verschiedenen Kategorien (bestes Euter in den Klassen 1–14 Junioren, Intermediate und Senior der beiden Holsteinrassen) häufig in den oberen Rängen platziert. 2013 fand die Europameisterschaft in der Schweiz (Fribourg) statt und die nächste ist im April 2019 in Belgien (Libramont) geplant. Zum Auftakt der Veranstaltung fand im überdachten Aussenbereich die Kuhfitting-Europa-Meisterschaft der Jungzüchter statt, an der gesamt 17 Länder teilnahmen (die 12 Länder, die mit ihren Siegerkühen um den Europameistertitel kämpften und zusätzlich Dänemark, Finnland, Ungarn, Irland und Schweden, die keine Kühe mit dabei hatten). 30 Jungzüchter stellten sich dem ClippingWettbewerb und am nächsten Tag der Europa-Showmanship.

Beim Clipping-Contest mussten Jungzüchter Jungtiere auf Zeit Scheren und Stylen. Für die Tiere war es kein Vergnügen. Sie mussten lange mit hochangebundenen Köpfen ausharren und sich 154 allerlei, belastende Schönheitsprozeduren gefallen lassen.


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Beim Styling war alles erlaubt – auch Farbsprays.

Gesetze, Ehrenkodex, Guidelines und Reglemente

Auch in Colmar galten spezielle Guidelines in Bezug auf die Gesundheit, den Umgang, die Vorbereitungen und das Präsentieren der Kühe. Für Europäische Shows gibt es besondere Vorgaben (TOR), um die einheitliche Durchführung der Wettbewerbe zu gewährleisten. Die Vorgaben müssen von allen Teilnehmern (auch von den Betreuern) eingehalten werden. Sie wurden mit der Anmeldung der Kühe zur Veranstaltung verbindlich unterzeichnet. Für die Überprüfung der Einhaltung waren die Teamchefs, die Show Patrol und die Show Welfare Group zuständig (keine der beiden Gruppen konnte an der Europameisterschaft bei ihren Kontrolltätigkeiten beobachtet werden). Bei Nichteinhaltung der Vorgaben, können Teilnehmer sanktioniert und/oder disqualifiziert werden. Die beiden wichtigsten Grundsätze dieser Vorgaben sind: • Gesunde Tiere sollen nicht behandelt und kranke Tiere nicht vorgeführt werden. • Die Tiere sollen so natürlich wie möglich präsentiert werden. Einige Punkte sind in den Guidelines spezifiziert worden: Grundsätzlich gilt, dass sämtliche Prozeduren und Praktiken (sowohl kosmetische als auch technische) verboten sind. Der Besitz und das Verabreichen von Tierarzneimitteln sind an der Ausstellung gänzlich untersagt. Nur der Ausstellungstierarzt darf sie verabreichen. Es gelten aber Ausnahmen, wonach beispielsweise das Anbringen/Ankleben falscher Schwanzhaare und die Verwendung nicht hautreizender Substanzen für mehr Farbe oder Glanz von Körper und Fell – nicht aber des Euters (!) – erlaubt sind. Erlaubt ist zudem auch das natürliche Füllen des Euters aufgrund der eigenen Milchproduktion, solange das Wohlergehen der Tiere nicht beeinflusst wird. Erlaubt ist auch das Behandeln der Zitzen um den Milchfluss zu verhindern (äussere Versiegelung der Zitzen). Der Ehrenkodex für Milchviehausstellungen der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Rinderzüchter (ASR) ist ähnlich abgefasst und hält unter anderem fest, dass lange Zwischenmelkzeiten, die das Wohlbefinden der Tiere beeinträchtigen verboten sind, sowie auch jegliche Eingriffe am Euter mit Hilfe von Substanzen und anderen Hilfsmitteln, die die natürliche Form des Euters verändern oder das Wohlbefinden des Tieres beeinträchtigen. Lediglich die Verwendung von zerkleinertem Eis in einem Beutel zur Entlastung des Euters ist gestattet. Verboten ist zudem die Verwendung von Tierarzneimitteln, wenn nicht tierärztlich indiziert und verabreicht – lediglich das Spritzen

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von Oxytocin (synthetisches Hormon zur Förderung des Milcheinschusses und -flusses) beim Melken unterliegt nicht dieser Regel, muss aber im Behandlungsjournal der Ausstellung festgehalten werden. Im Vergleich hält das Reglement der Swiss Expo beispielsweise fest, dass die Verwendung von Eis (nur zerkleinertes Eis in einem Beutel) zur Linderung einer Entzündung von Hand aufs Euter aufgelegt, erlaubt ist sowie auch das äussere Versiegeln der Zitzen, solange das Wohlbefinden der Kuh nicht negativ beeinflusst wird. Allerdings wird in diesem Reglement dringend davon abgeraten, Kontaktkleber (Sekundenkleber) zu verwenden, weil diese im Gegensatz zu Kollodium beim Tier Reizungen hervorrufen. Zudem werden Aussteller darauf aufmerksam gemacht, dass extrem beladene Euter als Folge zu langer Zwischenmelkzeiten das Wohlbefinden der Tiere beeinträchtigen und dass die Richter für die Problematik sensibilisiert seien. Die Schweizer Tierschutzverordnung hält in diesem Zusammenhang fest, dass mechanische, physikalische oder elektrische Eingriffe am Euter (dazu zählt auch das äussere Versiegeln der Zitzen mit Klebstoffen wie Sekundenklebern) und lange Zwischenmelkzeiten, welche die natürliche Form des Euters verändern oder zu einem unnatürlichen Füllungszustand führen, verboten sind. 60 km von der Schweizer Landesgrenze entfernt scheinen alle diese Grundsätze und Vorgaben nicht mehr zu gelten.

Beobachtungen Anlieferung der Tiere Die Bestimmungen der Europameisterschaft in Colmar schrieben vor, dass alle Nationen ihre Tiere bereits am Dienstag, 14. Juni anliefern mussten und das Ausstellungsgelände frühestens am Sonntag, 19. Juni wieder verlassen dürfen. Die Nationen zogen ihrerseits die Tiere teilweise bereits Wochen vorher zusammen. Das Schweizer Kuh-Kader wurde knapp eine Woche vor der Abreise auf dem Ausstellungsgelände der Expo Bulle zusammengezogen. Insgesamt gab es rund 100 Anmeldungen von Schweizer Züchtern für die Europameisterschaft, davon wurden 60 Tiere in Bulle für die weitere Selektion aufgestallt. Schlussendlich fuhren 30 Tiere nach Colmar, 15 Holsteiner und 15 Red Holsteiner von gesamt 23 Züchtern. Die Tiere wurden morgens in Bulle in 4 Lastwagen der Firma Desmeules verladen und kamen am Nachmittag in Colmar an.

156 Das Transportunternehmen Desmeules hat die Schweizer Kühe nach Colmar transportiert.


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Waschen der Tiere Am Vortag konnte beobachtet werden, wie einige Kühe im Freien mit kaltem Wasser aus Schläuchen abgespritzt wurden. Dabei zeigten die BetreuerInnen vielfach keinen zimperlichen Umgang. Die Tiere empfanden das Abspritzen mit hohem Wasserdruck bzw. starkem Wasserstrahl an empfindlichen Körperstellen wie beispielsweise am Kopf, den Ohren, am Unterbauch, Zwischenschenkel- und Genitalbereich sowie am Euter, als sehr unangenehm, wenn nicht gar schmerzhaft und versuchten mit Abwehrbewegungen, Kopfsenken und Hin- und Hertrippeln dem Wasserstrahl auszuweichen.

An den nach unten abgesenkten Ohren und an der geneigten Kopfhaltung kann man erkennen, dass der Kuh diese Dusche ganz und gar nicht gefallen hat. Auch zwischen den einzelnen Vorführungen in der Arena wurden die Kühe immer wieder abgespritzt, zum Beispiel wenn sie sich beim Versäubern beschmutzten oder aber auch um das angeschwollene, schmerzhafte Euter abzukühlen.

Dieser Kuh hingegen hat die kalte, sanfte Dusche am geschwollenen Euter wahrscheinlich gut gefallen.

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Unterbringung der Tiere Was die Aufstallung der Tiere angeht, hinterliess die Veranstaltung einen grundsätzlich guten Eindruck. Die für die Vorbereitung und Präsentation nötige Infrastruktur vor Ort wurde von den Organisatoren bereitgestellt. Sämtliche Materialien wie beispielsweise frisches Stroh, Heu, Sägespäne, diverse Futtersorten, Selbsttränken, Strom, viele mobile Ventilatoren und Melkmaschinen, Absperrvorrichtungen, ausreichend Wasch- und Vorbereitungsplätze, Frischluftzufuhr, rutschfeste Stallgassen u.a.m. ermöglichten den Kühen gute Haltungsbedingungen und ein gesundes, angenehmes Stallklima bei durchschnittlich 16–18 °C. Der Tageslichtanteil war in den Hallen unterschiedlich, es gab aber überall lichtstarke künstliche Oberlichter. Der Lärmpegel bei den Lagern betrug durchschnittlich noch akzeptable 80–85 Dezibel. Die Tiere waren allesamt in Anbindehaltung aufgestallt – einzig einige Kälber und Jungtiere wurden separat in einem überdachten Aussen-Paddock bzw. einem Gruppen-Iglu gehalten, unter anderem wegen der ansteckenden Kälberflechte. Diese Haltungen waren tierschutzrelevant, weil die einzeln gehaltenen Kälber und Jungtiere den nötigen Sozial- und Sichtkontakt zu anderen Tieren vermissten, ständig blökten und offenbar durch die Isolation belastet waren. Die drei im Zelt gehaltenen Jungtiere waren mit dem Kopf zur Zeltwand gerichtet kurz angebunden, hatten zu wenig Platz um sich zu putzen, entspannt zu liegen oder zurückzustehen.

Die drei Jungtiere waren kurz angebunden und hatten für artgerechtes Verhalten, wie Aufstehen, Abliegen, Zurückstehen, entspannt Liegen und sich Putzen, kaum genug Platz.

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Dieses Kalb wurde einzeln ohne Sichtkontakt zu anderen Tieren gehalten. Es fühlte sich einsam und blökte ständig. Die Show-Kühe trugen grösstenteils Ketten, die mehrheitlich locker um den Hals gelegt, vereinzelt aber auch zu eng waren. Zu bemängeln war auch, dass aufgrund der Gestaltung der Liegereihen (senkrechte Holzwände vor den Köpfen der Kühe) den Tieren nur begrenzt Platz für den Kopfschwung beim Aufstehen zur Verfügung stand. Müheloses, einfaches Aufstehen war nur denjenigen Kühen möglich, die vergleichsweise lang angebunden waren. Das Tierschutzkontrollhandbuch Rinder des BLV fordert, dass Anbindevorrichtungen dem Tier genügend Spiel in der Längsrichtung und in der Vertikalen geben müssen, damit ein artgemässes Aufstehen, Abliegen, Sich-Belecken und Putzen, sowie Zurücktreten möglich ist. Diese Anforderungen waren nicht überall erfüllt.

Zum Futtergang hin waren Holzwände vor den Köpfen montiert. Bei enger Anbindung der Tiere schränkt dies den Kopfschwung ein und erschwert dadurch das Aufstehen.

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Zu den Stallnachbarinnen gab es keine seitlichen Abtrennungen. Die meisten Kühe waren für die Besucher durch Absperrungen von der Stallgasse her unzugänglich. Einzelne Kühe am Rand des Lagers konnten seitlich von Besuchern berührt werden. Von jedem Standplatz aus konnten die Kühe eine Selbsttränke (eine Tränke für 2 Tiere) erreichen. Team Frankreich stellte den Kühen auch Salzlecksteine zur Verfügung. Alle Standplätze und auch die Tiere selbst waren sehr sauber, dies vor allem deshalb, weil sie unter ständiger Aufsicht standen und Urin und Kot meist direkt am Tier in Eimern aufgefangen wurde. Die meisten Tiere hatten eine 1:1 Betreuung. Für die Vorbereitungen zur Show und das Vorführen im Ring standen teilweise sogar mehrere Betreuer pro Einzeltier zur Verfügung.

Diese Kuh wurde gleich von zwei Seiten «bearbeitet». Zusätzlich stand eine Betreuerin bereit, um Kot und Urin aufzufangen.

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Zwei Schweizer Betreuer beim Kotauffangen und Abputzen.


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Allen Teams war es zu jeder Zeit möglich die Kühe mit mobilen Melkanlagen zu melken. Einen kleinen Unterstand zum Melken (für 1–2 Kühe) gab es auch draussen vor der Halle. Meistens wurden die Kühe auf ihrem Lager oder in einem Zwangsstand gemolken. Einmal wurde ein komplettes Lager mit Seilen von der Halle bzw. den Besuchern abgetrennt, damit die Tiere dort in Ruhe und zurückgezogen gemolken werden konnten.

In der von den Besuchern abgetrennten Stallzone konnten die Kühe ungestört und ohne Hektik gemolken werden (Team Austria). Die Auktionstiere standen abgetrennt von den Siegerkühen ebenfalls in Anbindehaltung, auf Stroh und mit direktem Zugang zur Clipping-Zone im überdachten Aussengelände. Die Kälber waren alle älter als 4 Monate (jüngstes Tier 4,5 Monate alt) und wurden zusammen mit den Jungtieren von den 30 Jungzüchtern für den Clipping-Wettbewerb und den Wettbewerb Europa-Showmanship genutzt.

Die Auktionstiere waren separat von den Show-Kühen untergebracht, ebenfalls in Anbindehaltung.

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Umgang mit den Tieren Es konnte ein überwiegend sorgsamer Umgang mit den Tieren im Stall beobachtet werden. Sobald es jedoch in Richtung Show, Vorbereitung und Zurechtmachen ging, wurde es allgemein vermehrt hektisch und vereinzelt auch ziemlich grob, insbesondere dann, wenn sich die Tiere nicht kooperativ zeigten. Das war beispielsweise häufiger der Fall bei den vorgenommenen Manipulationen an den Zitzen und am Euter (Versiegelungen, Einreibungen, Rasieren) oder beim Zurechtmachen im Zwangsstand (Nasengriff, Schwanz hochbiegen, Einsatz von Schwanzklammern). Auch beim Vorführen in der Arena wurden Zwangsmassnahmen beobachtet (Ganaschengriff, sehr enge Kinnketten mit Zug ohne Stoppvorrichtungen, gegen die Füsse treten, auf den Kopf hauen, Stellungskorrekturen mit Druck auf die Wirbelsäule und den Kronsaum der Tiere). Ebenso führte das OxytocinSpritzen in der Regel zu heftigen Abwehrbewegungen und nachfolgenden Zwangsmassnahmen, um die Tiere gefügig zu machen.

Oben: Diese Schweizer Kuh wollte für das OxytocinSpritzen nicht ruhig stehen und wurde mittels schmerzhaftem Schwanzhochbiegen gefügig gemacht.

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Diese Kuh wehrte sich gegen das Styling und wurde mit dem Nasengriff ruhig gestellt.


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Vorbereiten, Zurechtmachen und Präsentieren der Tiere Das Grobstyling (Shampoonieren und Waschen, Scheren, Rasieren, Abschneiden aller Haare am Kopf inkl. der Tasthaare, Ausscheren der Ohren innen und aussen, Scheren der Schwanzwurzel und Rute bis zur Quaste, Ausscheren der Füsse bis zum Kronsaum, Klauenschneiden) war bei den Show-Kühen mehrheitlich bereits in den Tagen vor der Veranstaltung, nach der Aufstallung in Colmar, gemacht worden. An den Veranstaltungstagen wurde dann umso mehr Zeit und Mühe ins Feintuning investiert: die Tiere wurden gebürstet und geföhnt (insbesondere die Topline), es wurden Haare geschnitten oder gekürzt, auch das Euter bei Bedarf nachrasiert. Die Kühe wurden besprayt und gepudert, teilweise sehr intensiv mit Farblacken besprüht, eingeölt und ihre Euter mit diversen Emulsionen und Cremes eingerieben. Die Topline wurde mehrmals auch mit der Schermaschine bearbeitet.

Diese Kuh wurde mit Haarfestiger besprüht.

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Hier wurden die Beine mit weissem Farbspray besprüht.

Diese Kuh wurde am Euter dick mit einer kampferhaltigen Emulsion eingerieben.

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Ganz kurz vor der Vorführung in der Arena wurde das Fell meist mit Glanzsprays und Conditionern aufpoliert, teils wurde auch das Euter nochmal mit Ölgel (i.d.R. mit Johnson’s B ­ abyöl-Gel) eingerieben, damit es nass-glänzend bei den Richtern Eindruck hinterlassen konnte.


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Diese Schweizer Kuh wurde kurz vor der Präsentation in der Arena mit Glanzspray «aufpoliert» und auch nochmal mit Babyöl-Gel am Euter eingerieben.

Auch diese Kuh (Team Espagne) wurde kurz vor der Präsentation mit Glanzspray eingesprüht. Gut sichtbar auch die Rippenkonturen, die mit der Schermaschine eingearbeitet wurden.

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Die beschriebenen kosmetischen Behandlungen wurden teilweise unter Anwendung von Zwangsmassnahmen entweder am Lager oder im Fixierstand bei überstrecktem Hals und hoch ausgebundenem Kopf ausgeführt.

Zum Stylen wurden die Kühe für längere Zeit mit überstrecktem Hals hoch angebunden. Die Zughalfter wurden bei jeder Kopfbewegung enger, weil sie keine Stoppvorrichtung hatten.

Auch für diese Kuh wurde es im Fixierstand sehr eng und schmerzhaft hinter den Ohren.

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Vor dem Eingang zur Arena, im Bereich der Wartezone stand ein Zelt, indem unter Ausschluss neugieriger Blicke der «letzte Schliff» ausgeführt werden konnte. Hier wurden die Kühe mit Glanzspray am Körper und mit Ölgel am Euter «aufpoliert». Auch wurde beobachtet, wie den Kühen hier zum Teil nochmals die Zitzen mit Sekundenkleber versiegelt wurden. Die Züchter wollten offenbar kein Risiko eingehen und den Milchfluss in der Arena unbedingt verhindern. Zum Vorbereiten der Tiere für die Shows ist es Standard, nicht nur das übermässige Zurechtmachen des äusseren Erscheinungsbildes der Kühe nach amerikanischem Vorbild zu perfektionieren, es gehört auch das Herrichten des bombastischen Euters und der Zitzen dazu. Dies beinhaltete zahlreiche Manipulationen, sowohl äusserlich an der Haut, als auch innerlich, die Milchproduktion, den Milcheinschuss und die Strichkanäle der Zitzen betreffend. Nach der Totalschur von Kopf bis Fuss und der Euterrasur, musste jede Kuh das Feintuning über sich ergehen lassen.

Diese Schweizer Kuh wurde längere Zeit im Fixierstand angebunden und mit der Schermaschine bearbeitet.

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Die Show-Kühe in den Zwangsständen ­fixiert, den Kopf hoch angebunden, die Hälse überstreckt. Am Boden die für das Styling genutzten Devices.

Am Kopf wurden den Tieren nach der Radikalschur an den Brauen und am Flotzmaul sämtliche Tasthaare abgeschoren. Auch die Ohren wurden innen und aussen komplett freigelegt. In diesen äusserst empfindlichen Bereichen lassen sich die Tiere nicht gerne scheren. Da sie sich wegen den angewendeten Zwangsmassnahmen und dem engen Ausbinden des Kopfes im Fixierstand kaum wehren können, müssen sie angsterfüllt und belastet ausharren und die Übergriffe erdulden. Viele Tiere zeigten deutliche Belastungsanzeichen wie zum Beispiel Speicheln, erhöhte Atemfrequenzen, unruhiges Trippeln, Abwehrbewegungen wie starkes (Aus-)Schlagen mit dem Schwanz, den Beinen oder mit dem Kopf. Manche Tiere gerieten auch in starke Angst und Panik, unter anderem wurde dies verstärkt durch die verwendeten Zughalfter ohne Stopp, die sich mit jeder Bewegung fester zuzogen. Die Riemen oder Schnüre kamen dann häufig quer über oder kurz unterhalb der Augen zu liegen und belasteten und schmerzten die Tiere zusätzlich.

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Diese Kuh war lange übermässig hoch angebunden. Das Zughalfter lag sehr straff unterm Kinn, hinter den Ohren und unterhalb der Augen.


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Zudem standen die Kühe teils stundenlang mit überstrecktem Hals und hoch ausgebundenen Köpfen in den Zwangsständen, konnten der Wärme der Lichtstrahler und Föhngeräte, den Gerüchen und dem Feinstaub der diversen Sprays und Puder, sowie der lauten Musik aus Ghettoblastern nicht ausweichen. Teilweise wurden Lärmpegel von annähernd 100 Dezibel in der Nähe der Stylingbereiche gemessen, was bereits zu Hörschäden führen kann und für die Tiere nicht mehr zumutbar war.

Aus solchen Ghettoblastern wurden die Kühe in den Zwangsständen teilweise mit 100 Dezibel beschallt. Im Hintergrund Haarteile um Schwanzquasten künstlich aufzubauschen. Die rot-weissen oder schwarz-weissen Fellkontraste der Tiere an Beinen und Rumpf wurden grosszügig mit schwarzen oder weissen Farbsprays aufgehellt oder getönt.

Die Beine dieser Kuh wurden mit weissem Farbspray aufgehellt.

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Die Rückenlinie (Topline) der Tiere wurde in der Regel mit Festigern, Puder, Schere, Bürste und Föhn bearbeitet. Insbesondere der sehr nah an der Haut geführte Föhn führte bei den Tieren immer wieder zu Abwehrbewegungen.

Der heisse Föhn lag quasi auf dem Rücken auf beim Stylen der Topline. Das wurde den Tieren zu warm und führte zu Abwehrbewegungen.

Das Euter wurde äusserlich einer mehrstufigen Behandlung unterzogen: Nach der Rasur mit Rasierschaum und -klingen, und nach abschwellenden Massnahmen wie Eis auflegen oder Kühlen mit Wasserstrahl oder Ventilatoren, wurden ca. 30–40 Minuten vor der Show kampferhaltige Salben und Emulsionen in dicken Schichten auf das Euter aufgetragen. Dabei wurden auch Tierarzneimit170 tel wie Starke grüne Salbe oder Phlogal-Salbe verwendet, deren Anwendung gemäss der Reglemen-


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te verboten war. Die Personen, die die Emulsionen und Salben einrieben, trugen in der Regel Handschuhe, um sich vor Wärme und Hautirritationen zu schützen. Kampfer wirkt stark durchblutungsfördernd und führt zu Hautrötungen, die auf der frisch rasierten Haut auch brennen und/oder Juckreiz und Hautirritationen auslösen können. Sie wurden auf das Euter aufgetragen, damit die Gefässe am Euter deutlich hervortraten und das Euter dadurch gross und produktiv erschien.

Oben: Beim Einreiben von kampferhaltigen Emulsionen auf die Euter wurden aus Schutz vor Wärme und Hautirritationen der eigenen Hände Handschuhe angezogen (Team Suisse).

Die kampferhaltige Emulsion wurde auch hier mit Handschuhen eingerieben für den Schutz der eigenen Hände (Team Suisse).

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Anschliessend, nachdem die Salben und Emulsionen in die Haut eingezogen waren, wurde das Euter der Kühe dick mit Johnson’s Babyöl-Gel eingerieben. Damit schien es längere Zeit nass-glänzend und wurde zusätzlich hervorgehoben. Das Ölgel wurde ebenfalls mit Handschuhen aufgetragen, ist von klebriger Konsistenz und hinterliess einen starken Geruch.

Für den nass-glänzenden Überzug am Euter mit Babyöl-Gel wurden zum Selbstschutz ebenfalls Handschuhe angezogen.

Dieses Euter zeigte eine massive, breitflächige Hautreizung. Die Haut war stark gerötet und ­entzündet. Wahrscheinlich hatte die Kuh auch starken Juckreiz an der Stelle.

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Nebst der Kühlung mit Eis wurde auf das ­Zentralband zum Teil noch Heparinsalbe aufgetragen, die ebenfalls als Arzneimittel eingestuft wird und nicht mehr den Kosmetika zugeordnet werden kann. Ihre äusserliche Anwendung am Euter war gemäss Reglement verboten.

Diesen Kühen wurde mit Eis das Zentralband gekühlt. Dadurch verkürzte es sich und nahm dabei die Viertel mit. So stellten sich dann auch die Striche wieder senkrechter.

Hier wurde zusätzlich noch ein Viertel mit einer ganzen Lage Eiswürfel oder einem Kühlakku gekühlt, was nach Reglement verboten ist.

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Das Zentralband wurde mit einer ­speziellen, vermutlich heparinhaltigen Emulsion ­eingerieben.

Im Gegensatz zur Schweiz war an der Europameisterschaft in Colmar das Versiegeln der Zitzen nicht verboten. Daher waren annähernd alle Kühe, die in der Arena präsentiert wurden versiegelt und zwar mehrheitlich mit Sekundenklebern. Das etwas gewebefreundlichere Kollodium wurde auch verwendet. Jedoch weit weniger, denn es hält die Zitzen bei hohem Druck nicht so dicht verschlossen wie vergleichsweise der Sekundenkleber. Allerdings ist der zu erwartende Gewebeschaden in den Strichkanälen und am Zitzenausgang mit letzterem wohl häufiger bis unausweichlich, weshalb solche Manipulationen an den Viehausstellungen in der Schweiz nach den gesetzlichen Bestimmungen nicht erlaubt sind. Ebenfalls häufig beobachtet war das Einlegen von Zitzenstiften mit nachfolgender Versiegelung.

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Diese Zitze wurde mit Kollodium ­versiegelt. Der Milchfluss lässt sich aufgrund des grossen Drucks nicht (mehr) zurückhalten (Team France).


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Die Zitze wurde mit Sekundenkleber versiegelt (Team France).

FĂźr die weiteren Zitzenversiegelungen mit Sekundenkleber mussten die Helfer rechts und links der Kuh Hand anlegen, weil sie sich wehrte (Team France).

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Hier wurde erst ein Kleber entfernt – und dann mit Sekundenkleber wieder versiegelt.

Der Sekundenkleber wurde aufgetragen nachdem der vorherige Kleber entfernt wurde.

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Auffällig war auch, dass die Zitzenform kurz vor der Aufführung meist gerade (gerichtet) war, trotz der angeschwollenen Euter mit in der Regel nach innen verlaufenden Zitzenformen. Da die Manipulationen der Zitzenform und -stellung nach allen Reglements verboten sind, fanden entsprechende Korrekturmethoden meist unbeobachtet im Hintergrund statt. Da alle präsentierten Kühe pralle, angeschwollene Euter aufwiesen, die meisten Zitzen allerdings, wie von den Richtern gewünscht, senkrecht nach unten ausgerichtet waren, darf vermutet werden, dass auch hier häufig gegen die Vorgaben verstossen wurde. Einmal konnte beobachtet werden, wie einer Kuh der französischen Equipe eine ca. 10 cm lange spitze Kanüle in die Zitzen hochgeschoben und dann mit Sekundenkleber versiegelt wurde. Der Sekundenkleber weit oben im Strichkanal platziert verursacht grosse, äusserst schmerzhafte Gewebeschäden, die bis zum dauerhaften Verlust der Zitze und damit des Viertels und des Euters führen können. Zudem muss anhand der langen spitzen Kanüle und dem sichtbaren Widerstand beim Einführen davon ausgegangen werden, dass der Strichkanal inwendig auch mechanisch verletzt wurde. Eine solch verletzte und geschundene Kuh muss unter Umständen für einen etwaigen kurzen züchterischen Erfolgsmoment mit dem Leben büssen. Aus Sicht des Tierschutzes inakzeptabel.

Dieser Kuh wurde die ca. 10 cm lange, spitze Kanüle in den Strichkanal geschoben. Danach wurde noch Sekundenkleber appliziert. Im Hintergrund ist eine mit Kollodium versiegelte Zitze zu sehen (Team France).

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...und auch hier mussten Helfer mit Zwangsmassnahmen eingreifen, weil die Manipulationen sehr schmerzhaft für die Kuh gewesen sein dürften und sie sich dagegen gewehrt hatte.

In Colmar wurde die Versiegelungserlaubnis förmlich zelebriert: Wenn ein Team an den Zitzen oder am Euter manipulierte, bildete sich schnell eine Traube Menschen hinter der Kuh und schaute neugierig zu, was da vor sich ging. Kein Kontrolleur, kein Team-Chef, kein Besucher schritt ein oder stellte Fragen zum Vorgehen. Einzig vor dem Arenaeingang wurde heimlich und verdeckt versiegelt – dort wollte man in Gegenwart von Mitgliedern der Kontrollkommission offenbar kein Risiko eingehen. Es konnte beobachtet werden, wie die Länderteams sich hierbei gegenseitig unterstützten und deckten. Was die Manipulationen für eine stärkere Milchproduktion und einen prompten Milch­ einschuss anging, so waren die Züchter und Betreuerteams der verschiedenen Nationen kreativ. Beobachtet wurde beispielsweise, dass den Tieren vor den Shows die Wasserzufuhr an den Selbsttränken abgestellt wurde und ihnen grosse, randvolle mit frischem Wasser gefüllte Eimer und Becken vorgestellt wurden, damit sie möglichst schnell und viel Wasser nach dem Dürsten aufnehmen. Damit wird einerseits die Milchproduktion angeregt und andererseits aber erscheint das Tier durch die Aufnahme der grossen Wassermengen gesamthaft breiter, was in der Arena erwünscht ist und zu einer besseren Bewertung führen kann.

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Diese Plastikwanne wurde mittels Wasserschlauch mit Frischwasser gefüllt, das den gedürsteten Tieren zum Trinken angeboten wurde.


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Aus der Selbsttränke kam zeitweise kein Wasser mehr. Nach dem Dürsten wurde den Tieren grosse Eimer mit frischem Wasser hingestellt, damit diese schnell viel Wasser aufnehmen können.

Es wurde auch beobachtet, dass Kühe, die nicht freiwillig trinken wollten, immer wieder mit dem Maul ins Wasser getaucht wurden. Das Schweizer Team setze seinen Show-Kühen sattes frisches Gras vor und schlug damit 2 Fliegen mit einer Klappe: Es gewann Sympathie bei den Besuchern für die vermeintlich fürsorgliche Geste und sorgte gleichzeitig für zusätzliche Wasserzufuhr durch den hohen Wassergehalt des Frischgrases.

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Absolut nach allen Reglementen verboten und aus veterinärmedizinischer Sicht kontraindiziert sowie gegen alle ethischen Grundsätze verstossend, ist das beobachtete Spritzen von Oxytocin kurz vor der Show bei bereits versiegelten Zitzen einzustufen. Leider machte davon auch das Schweizer Team Gebrauch.

Dieser Mann spritze einer Schweizer Kuh vor der Präsentation Oxytocin in die Eutervene. Der Mann wurde mehrmals dabei beobachtet, wie er Kühe spritzte. Oxytocin, ein synthetisch hergestelltes Hormon zur Förderung des Milcheinschusses- und -flusses, wurde häufig bei den Kühen eingesetzt. Es wird in der Tiermedizin unter anderem therapeutisch bei Milchejektionsstörungen und zur Vorbeugung einer Mastitis oder bei der Mastitis-Behandlung verwendet. Gemäss Reglement ist das Verabreichen von Oxytocin ausschliesslich beim Melken erlaubt. Es konnte aber beobachtet werden, dass das potente Mittel nicht zum Melken, sondern vor der Show bei versiegelten Zitzen verabreicht wurde. Der innerhalb von Minuten ausgelöste Milcheinschuss mit einer Wirkungszeit von 25-30 Minuten führt unter anderem auch zu einem erhöhten Druck im Euter. Sind die Zitzen versiegelt und kann die Milch nicht abfliessen, so erhöht sich der intramammäre Druck noch weiter. Für die Kuh eine äusserst schmerzhafte Prozedur und aus Sicht des Tierschutzes grausam, sinnlos und inakzeptabel. Zum letzten Schliff gehörte bei manchen Kühen auch der Schwanzersatz, bzw. das künstliche Aufplustern der Schwanzquaste durch ankleben zusätzlicher Schwanzhaare. Die Teams hatten meist eine grössere Auswahl an Ersatzhaaren dabei, je nach Farbnuance des Echthaares wurde entsprechend ausgewählt. Der Schwanzquastenansatz wurde bei allen Kühen für die Show mit der Schermaschine eingekerbt, was anhand der vielen Abwehrbewegungen als schmerzhaft eingestuft werden musste. Bei Kühen, die zu wenig kräftiges Schwanzhaar hatten, oder bei denen man versehentlich zu viel weggeschnitten hatte, wurden die restlichen Eigenhaare mit Klebeband sehr eng an der Schwanzrute eingebunden und die künstlichen Haare auf Höhe der Kerbe angeklebt.

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Hier wurden einer Kuh künstliche Schwanzhaare angeklebt um die Schwanzquaste ­«aufzubauschen». Eine künstliche Schwanzquaste.

Grundsätzlich handelt es sich hier (ausnahmsweise) nicht um schmerzhafte Prozeduren. Zu Bedenken gilt es aber aus Sicht des Tierschutzes und der Tiergesundheit, dass das längere, zu enge Abbinden mit Klebeband zum Unterbruch der Blutzufuhr und in der Folge zum Absterben des Schwanzrutengewebes führen könnte (Nekrosen). Zudem wird hiermit auch zu stark in das natürliche äussere Erscheinungsbild der Kühe eingegriffen, die gemäss der Grundsätze so natürlich wie möglich präsentiert werden sollen (vgl. S. 3).

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Schon Stunden vor der Präsentation zeigten die Kühe übervolle, teils brettharte Euter. Am ersten Besuchstag (17.6.) standen die Red Holsteins im Mittelpunkt des Interesses und der Jury. So wurden in erster Linie bei ihnen die Melkintervalle verlängert, um die Euter für die Show «aufzufüllen» und anschwellen zu lassen. Die Holstein-Kühe hingegen hatten einen ruhigen, weitestgehend stressfreien Tag. Sie wurden mehrheitlich in Ruhe gelassen, ruhten sich wiederkäuend im Liegen oder Stehen aus. Am nächsten Tag war es dann genau umgekehrt: Die Red Holsteiner hatten Pause und ruhten sich aus, die Holsteiner hatten verlängerte Melkintervalle. Am 17.6. wurden viele Kühe am Nachmittag zwischen 13 Uhr und 15 Uhr gemolken. Evtl. war dies für einige HolsteinerKühe bereits der letzte Melkvorgang für die Präsentation am folgenden Showtag, insbesondere wohl, wenn sie am Vormittag vorgeführt wurden. Andere wurden vielleicht morgens zwischen 1 und 2 Uhr noch einmal gemolken, damit sie dann am Nachmittag mit einem prall gefüllten Euter präsentiert werden konnten. Auffallend jedenfalls war, dass schon am Vormittag des 18.6. sehr viele HolsteinerKühe starken Milchfluss zeigten und auch bereits versiegelt wurden, am Nachmittag aber erst präsentiert werden sollten. Eine Versiegelung am Vormittag wäre sicher nicht nötig, wenn sie, wie gewohnt, morgens zwischen 5 und 7 Uhr gemolken worden wären. Man konnte also davon ausgehen, dass die Melkintervalle an den Showtagen für die Präsentationen in der Arena nicht 12 Stunden, sondern zwischen 15 Stunden im Minimum und 24 Stunden im Maximum auseinander lagen.

Dieses Euter war noch nicht fertig vorbereitet für die Präsentation und trotzdem bereits massiv gefüllt, geschwollen, hart und gerötet.

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Dieses massiv gefüllte und angeschwollene Euter wurde mit einem Ventilator abgekühlt.

Auf diesen Bildern sieht man deutlich das veränderte Gangbild: Der Gang ist breitbeinig und die Hintergliedmassen müssen um das pralle Euter herumgeführt werden.

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Ein Rieseneuter fertig vorbereitet für die Präsentation in der Arena.

Eines dicker als das andere...

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Hier kühlte Team Schweiz einer Kuh das Euter mit Wasser. Die harten, schmerzhaften Schwellungen und Ödeme mancher Euter wurden vor dem Vorführen häufig mit Eis gekühlt – auch entgegen den Vorgaben mit ganzen Lagen eingeschweisster Eiswürfel (erlaubt sind zerkleinerte Eiswürfel in Beuteln von Hand aufgelegt – nicht aber ganze Lagen Eiswürfel oder Kühlakkus). Beobachtet wurde auch, dass Euter mit kaltem Wasser heruntergekühlt oder auch direkt mit Ventilatoren luftgekühlt wurden. Diese Massnahmen sind allerdings im Vergleich zu den Schmerzen, die pralle, überfüllte Euter mit sich bringen, nahezu unbedeutend – einzig das Melken bringt Entlastung. Ultraschall-Ödemkontrollen wurden vor den Vorführungen keine beobachtet. Zwar gab es bei der Veterinärbox, die hermetisch gegen alle Blicke von aussen abgeriegelt war, regelmässig vor den Präsentationen Warteschlangen und Gedränge, jedoch blieben die meisten Kühe nur wenige Minuten beim Tierarzt. Die Zeit reichte vielleicht für Injektionen kleiner Volumina – nicht jedoch für eine Ultraschalluntersuchung. Auf Nachfrage beim Tierarzt, weshalb die Kühe so abgeschirmt werden mussten, erklärte man, dass man der Öffentlichkeit bei den Untersuchungen und Behandlungen keinen Einblick gewähren wolle. Mehr Transparenz würde hier aber aus Sicht des Tierschutzes Spekulationen deutlich einschränken, und wer nichts zu verbergen hat, muss auch nichts verstecken.

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Die Kühe, die zum Tierarzt gingen ­verschwanden hinter einem grossen ­Sichtschutz. Niemand konnte sehen, was dahinter vor sich ging.

Reger Betrieb und Warteschlange beim Tierarzt vor dem Aussenzelt.

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Vorführen der Kühe, Präsentation in der Arena Insgesamt wirkten die Beteiligten und auch der Grossteil der Kühe in der Arena ruhig und routiniert. Der Lärmpegel lag ausserhalb der Rangverkündigungen bei durchschnittlich 80 Dezibel und war damit für die Tiere noch zumutbar. Die meisten schienen das Handling und Vorführen gewohnt. Einige Kühe waren aber in der Arena nervös und unruhig. Das Führen im Zeitlupentempo mit hochgestrecktem Kopf missfiel wohl den meisten Kühen, was dem Publikum aufgrund der begleitenden Korrektur- und Zwangsmassnahmen vielleicht nicht gross aufgefallen war. Bei genauem Hinschauen aber musste festgestellt werden, dass die allermeisten Kühe mit fest angezogenen Kinnketten und gleichzeitigem Ganaschengriff vorgeführt und im Zaum gehalten wurden. Einige Kühe wurden, wenn sie nicht kooperierten, heftig an die Beine und Füsse getreten. Einmal konnte sogar beobachtet werden, wie einer Kuh immer wieder auf den Kopf gehauen wurde, weil sie sich nicht mehr in den Kreis einordnen wollte. Für die Stellungskorrekturen bei der Euterbeurteilung und für eine «perfekte» Körperhaltung, wurden die Tiere immer wieder mit den Fingern in die Rippen und Flanken gepiekst oder auf die Wirbelsäule gedrückt. Zumeist wurde den Tieren auch mit den Schuhen auf den Kronsaum getreten, um die Füsse der Kühe durch kleine Ausweichbewegungen in die «richtige» Position zu bringen.

Dieser Kuh wurde im Ring die Kinnkette fest zugezogen und in die Ganasche gekniffen. Beides war schmerzhaft für die Kuh – sie hielt deshalb den Kopf weiterhin hoch oben.

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Durch Druck auf den Kronsaum und die Füsse wurde die Stellung und Position der Kühe ­korrigiert.

Diese Kuh wollte eigentlich nicht mehr: Sie wurde mit harter Hand und enger Kinnkette weiter gezerrt und gezogen, bis sie den Kopf wieder hoch nahm und einige Schritte nach vorne machte.

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Der Richter prämierte meistens die prallsten Euter. Ausnahmslos alle Kühe zeigten in der Arena gerötete, pralle, harte Euter und einen staksigen, schwankenden Gang. Viele Kühe wollten und konnten sich kaum mehr bewegen. Die offensichtlich langen Zwischenmelkzeiten führten zu massivst überfüllten Eutern, die unausweichlich auch das Wohlbefinden der Tiere stark beeinträchtigten und die deshalb gemäss der Schweizer Tierschutzverordnung, aber auch gemäss der Vorgaben, Reglemente und Kodices der Züchterverbände und Meisterschaften explizit verboten waren. Leider fanden die Regelungen auch bei den Richtern keinerlei Beachtung. Die vorderen Plätze wurden an der Europameisterschaft in Colmar, gleich wie an der Expo Bulle, ausnahmslos von den Tieren mit den prallsten Eutern belegt.

Clipping-Contest

Die rund 40 Auktionstiere (Jungrinder und 5–6 Kälber) wurden am Vormittag des Auktionsabends den 30 JungzüchterInnen als Clipping-Objekte für die Kuhfitting-Europameisterschaft zur Verfügung gestellt. Der Clipping-Contest wurde mehrheitlich im überdachten Bereich vor dem Stall der Auktionstiere durchgeführt. Die Tiere standen teils eng nebeneinander am Metallgitter angebunden, mit den Köpfen hoch fixiert. Sie wurden von den Jungzüchtern auf Zeit von Kopf bis Fuss geschoren. Die jungen Tiere waren die Styling-Prozeduren nicht gewohnt und entsprechend nervös und unruhig. Aufgrund des Zeitdrucks und der Abwehrbewegungen der Tiere kam es beim Scheren vereinzelt zu Verletzungen. Beim Wettbewerb waren massiv viele Chemikalien im Einsatz, inkl. Haarlacke, Farbsprays, Conditioner, Cremes, Ölen und Puder. Der Umgang mit den jungen Tieren war teilweise grob. Viele der Tiere hatten nach dem Clipping-Contest tränende Augen. Ein Tier war extrem wehrhaft und musste vorübergehend von drei Personen festgehalten werden.

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Den Jungtieren war das Clipping am Kopf und am empfindlichen Flotzmaul sehr unangenehm.

Auch die jungen Tiere mussten von Kopf bis Fuss geschoren werden.

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Das Zughalfter hatte sich so festgezurrt, dass es dem Tier das Auge quetschte. Es speichelte stark, was auf eine deutliche Belastung hindeutete.

Einige Tiere wurden beim Scheren auch verletzt.

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Auch dieses Tier wurde beim Scheren am Kopf verletzt.

Die Jungzüchter beim Clipping-Contest.

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Es wurden reichlich Sprays, Puder & Co verbraucht.

Dieses Jungtier war beim Wettbewerb sichtlich gestresst und speichelte stark.

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Viele Tiere hatten nach dem Contest tränende Augen.

Nach dem Contest...

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6/2016

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Fazit und Forderungen STS

Grundsätzlich war die Europameisterschaft in Colmar ähnlich gut organisiert wie vergleichsweise die Expo Bulle und die Swissexpo Lausanne. Sie hinterliess bezüglich Aufstallung und Haltung der Tiere mehrheitlich einen guten Eindruck. Dennoch gibt es seitens Tierschutz grosse Kritikpunkte, unter anderem die verlängerten Zwischenmelkzeiten, die Methoden und Techniken bei den Versiegelungen der Zitzen, die teilweise groben Führ- und Präsentationsmethoden in der Arena, die Anwendung von Zwangsmassnahmen während des Stylings, das erzwungene Verharren der Tiere in den Fixierständen in unnatürlicher Körperhaltung, das übertriebene Zurechtmachen der Tiere unter Verwendung zahlreicher Kosmetikprodukte, welche die Tiere durch ihren Geruch, die Konsistenz und ihre Wirkung teilweise stark belasteten sowie die vielen beobachteten Manipulationen an den Eutern und Zitzen. Diese aus Sicht des Tierschutzes inakzeptablen Missstände und Verstösse gegen bestehende Bestimmungen belasten nachweislich das Wohlbefinden der präsentierten Tiere. Geübte Richter sollten zudem in der Lage sein, die züchterisch relevanten Merkmale rund um ein leistungsfähiges Euter auch bei normalem Füllungszustand erkennen zu können, d.h. die Quälerei mit den übervollen, schmerzhaften Eutern ist absolut unnötig. Besonders bedenklich ist die Tatsache, dass gegen sämtliche Regelungen (gesetzliche Bestimmungen, Guidelines, Ehrenkodex, Reglemente) auch von Schweizer Züchtern und Teammitgliedern immer wieder verstossen wurde. Während Zuchtverbände und Aussteller aufgrund des STS-Berichtes über die teilweise tierschutzrelevanten Viehausstellungen in Bulle und Lausanne im Frühjahr 2016 Besserung gelobten und fehlbaren Züchtern Ausschluss androhten, war hier in Colmar, 60km von der Grenze entfernt, wenig von dieser Aufbruchstimmung zu spüren. Nach Meinung des STS sollten sich Schweizer Züchter und Verbände aber auch im Ausland an die schweizerischen Vorgaben halten. Ferner gilt es, den in weiten Teilen ungenau abgefassten und in einigen Punkten grundsätzlich unbefriedigenden Ehrenkodex zwingend zu konkretisieren. Er bevorteilt bis heute Züchter, die auf Kosten des Tierwohls mit Inkaufnahme von Schmerz und Leid ihrer Tiere Manipulationen vornehmen und dafür von den Richtern belohnt werden. Das Nachsehen haben Züchter, denen das Wohl und die Gesundheit ihrer Tiere wichtiger sind, als ein übervolles, schmerzendes Euter. Zuchtverbände, Teamchefs und Funktionäre müssen jetzt Verantwortung übernehmen und weitere Entgleisungen zu Lasten des Tierwohls unterbinden, ob im In- oder Ausland. Dazu gehört auch die Einführung wirksamer Kontrollsysteme und die konsequente Sanktionierung etwaiger Verfehlungen. Insbesondere vor dem Hintergrund der grosszügigen Bezuschussungen der Zuchtförderung an Viehausstellungen und Meisterschaften durch Bund und Kantone darf erwartet werden, dass die eingesetzten Gelder nicht in tierschutzwidrige Praktiken investiert werden, sondern in erster Linie dem Tierwohl an diesen Veranstaltungen zu Gute kommen.

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COMPTOIR SUISSE LAUSANNE

Comptoir Suisse Lausanne Vom 10. bis 19. September 2016, besucht am 13. September 2016

Zusammenfassung

Die Tierhaltung am diesjährigen Comptoir Suisse kann wie letztes Jahr als akzeptabel beurteilt werden. Alle Tiere waren sauber, gepflegt und schienen bei guter Gesundheit zu sein. Ausser einigen Kaninchen, die heftig atmeten, und einem nervösen Vogel waren alle Tiere ruhig und zeigten ein artgerechtes Verhalten. Die Gehege verfügten über Schlafstellen mit ausreichend sauberer und trockener Einstreu. Alle Tiere hatten Futter und – ausser die Kälber – Wasser. Einige Gehege hatten eine mustergültige Grösse (Schweine, Mutterkühe, Esel, einige Ziegen und Ziervögel). Negativ aufgefallen ist die Tatsache, dass sich die angebundenen Rinder, die Kälber, Schafe und Pferde nicht oder nur in beschränktem Ausmass von den Besuchern zurückziehen konnten. Der STS bedauert zudem, dass gewisse Mindestanforderungen an die Haltungssysteme, wie sie in der Tierschutzverordnung vorgeschrieben sind, nicht eingehalten wurden. So wurden beispielsweise einige Vögel ohne Artgenossen gehalten, bei den Kälbern gab es kein Wasser, in einigen Volieren hatte es keinen Sand und die Vögel konnten nicht baden und in den Geflügelgehegen und in der Voliere der Prachtfinken (Estrildidae) hatte es keine Nester. Der STS steht zudem dem Verkauf von Tieren an Messen kritisch gegenüber, da dies die Besucher zu Spontankäufen verleiten kann. Die Ausstellung von problematischen Zuchtrassen wie Italienische Mövchen und Haubenkanarien sollte vermieden werden. Aus Sicht des STS sollte eine Tierausstellung den Besuchern als Vorbild dienen und zeigen, wie Tiere artgerecht gehalten werden. Es sollten grössere und besser strukturierte Gehege eingerichtet werden, damit die Tiere eine Rückzugsmöglichkeit an einen ruhigen Ort haben, wo sie vor den Blicken und Berührungen der Besucher geschützt sind. Zudem sollten sie Beschäftigungsmöglichkeiten haben. Soziallebende Arten wie Kaninchen sind in Gruppen zu halten. Ziegen brauchen grosse strukturierte Gehege, in denen sie springen, klettern und spielen können, sowie erhöht an196 gebrachte Nischen, in denen sie schlafen können. Pferde könnten in Gruppen, in Laufställen mit


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Auslaufflächen, die von den Liegebereichen getrennt sind, untergebracht sein. Geflügel- und Taubengehege müssen über Bereiche verfügen, in denen die Tiere mindestens auf zwei Seiten vor neugierigen Blicken geschützt sind, sowie über Nester, in denen sich die Tiere verstecken können. Volieren sind mit vielen natürlichen Ästen auszukleiden, damit die Tiere nagen und klettern können. Die Äste sind an einem Ende festzumachen, damit sie wie Baumäste frei beweglich sind. An allen Gehegen sind Informationen über die ausgestellten Tiere und Rassen sowie Angaben über die Besitzer anzubringen.

Allgemeiner Eindruck

In den Hallen 13, 15 und 17 des Comptoir Suisse waren in diesem Jahr Nutztiere (Rinder, Schafe, Ziegen, Schweine), Pferde, Hausgeflügel, Tauben, Kaninchen, Nagetiere, Enten, Gänse und Vögel zu sehen. Die Temperatur in den Hallen war zu hoch (ca. 26 °C). Der Lärmpegel lag mit 70 dB im Rahmen der zulässigen Werte.

Detaillierte Präsentation der Ausstellung Nutztiere

Verantwortliche -- Fédération vaudoise des syndicats d’élevage bovin FVSE, Mutterkuh Schweiz (Rinder) -- verschiedene Westschweizer Züchter (Ziegen und Schafe)

Allgemeine Haltungsbedingungen

Der Comptoir Suisse zeigte in diesem Jahr 35 Kühe, acht Kälber, einen Stier, vier Schweine, 27 Ziegen und 25 Schafe. Alle Tiere machten einen guten allgemeinen Eindruck und schienen gesund zu sein. Sie waren sauber, gepflegt und ruhig. Sie hatten viel saubere und trockene Einstreu sowie Heu zur Verfügung. Abgesehen von den Kälbern hatten alle Tiere ständig Wasser. Die meisten in Gehegen gehaltenen Tiere sowie die angebundenen Kühe und der angebundene Stier konnten sich nicht oder nur sehr eingeschränkt von den Besuchern zurückziehen.

Die Besucher konnten sehr nahe an die Tiere heran und sie streicheln, ohne dass sich die Tiere zurückziehen konnten.

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Die Haltung im Detail

• 13 Kühe der Rasse Red Holstein, sechs Kühe der Rasse Simmental und ein Stier der Rasse Simmental waren in traditionellen Ställen angebunden. Die Standplätze verfügten über eine grosse Menge an sauberer und trockener Einstreu (Stroh). Die Krippen waren mit Heu gefüllt. Jedes Tier hatte ständig Zugang zu Wasser (eine automatische Tränke pro zwei Tiere). Die Haltevorrichtung liess gerade genug Spiel, dass die Rinder den Kopf gerade halten konnten. Nur die Krippen trennten die Tiere von den Besuchern. Die Tiere wurden im Hintergrund durch Aufsichtspersonal überwacht. • In vier Gehegen von ca. 3 x 6 m wurden je drei Färsen der Rassen Red Holstein, HolsteinFriesian, Simmental und Swiss Fleckvieh gehalten. Die Gehege hatten viel saubere und trockene Einstreu und Heu. Es standen automatische Tränken zur Verfügung. • Der Verein Mutterkuh Schweiz stellte in vier Gehegen von ca. 3 x 6 m je eine Kuh und ihr Kalb verschiedener Rassen aus: Hereford, Angus, Aubrac und Limousin. Eine fünfte Box war leer. Jedes Gehege war mit viel sauberer und trockener Einstreu, Heu und einer automatischen Tränke versehen. Eine Kontaktperson des Vereins Mutterkuh Schweiz war ständig an einem Stand, der sich zwischen den Boxen befand.

Nach Massgabe des Gesetzes müssen die Kälber ständig Zugang zu Wasser haben, was am Tag unseres Besuchs nicht der Fall war. • Vier Kälber der Rassen Simmental und Red Holstein wurden in einem Gehege von ca. 4 x 2 m gehalten, das aus einer Hütte (Iglu) und einer Auslauffläche bestand. Es hatte saubere und trockene Einstreu in grosser Menge sowie Heu. Beim Besuch hatten die Kälber kein Wasser. Die Tiere konnten sich in ihr Iglu zurückziehen, aber dieses hatte ein offenes Fenster, durch welches die Besucher die Tiere leicht stören konnten. • In einem grossen Gehege bestehend aus einer Hütte (Iglu) von ca. 2,5 x 2,5 m und einer Aus-

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Die Schweinehaltung war vorbildlich.


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lauffläche von ca. 3,5 x 3,5 m wurden vier junge Schweine gehalten, die je etwa 30 kg wogen. Die Tiere waren neugierig, näherten sich den Besuchern und suchten den Kontakt. Das Iglu verfügte über eine korrekte Strohschicht und die Auslauffläche war mit Sägemehl bedeckt. Es stand eine Nippeltränke zur Verfügung. Die Futterkrippe war zum Zeitpunkt des Besuchs leer. • In fünf Gehegen wurden Ziegen verschiedener Rassen gehalten. In einem Gehege mit einer Fläche von ca. 7,5 m2 waren fünf Zwergziegen, in einem ca. 15 m2 grossen Gehege befanden sich zwei Pfauenziegen, ein ca. 15 m2 grosses Gehege beherbergte eine Pfauenziege und drei Burenziegen, in einem ca. 15 m2 grossen Gehege waren eine Kupferhalsziege und drei Anglo Nubianziegen und in einem ca. 100 m2 grossen Gehege befanden sich acht braune und vier weisse Milchziegen. Der Boden aller Gehege war mit Stroh bedeckt und es hatte Heu und Wasser. Keines der Gehege war strukturiert: Es gab weder erhöht angebrachte Liegenischen noch Orte, an denen sich die Tiere vor dem Blick der Besucher verstecken konnten. Die Ziegen in den grössten Gehegen kippten ihre Futterraufe mehrmals um und kletterten dann darauf. Es waren nur die Namen der ausgestellten Rassen angeschlagen, keine zusätzlichen Informationen. • In sieben Gehegen von ca. 7,5 m2 Fläche wurden je drei nach Rassen getrennte Schafe gehalten: Weisse Alpenschafe, Bergschafe, Suffolk, Walliser Landschafe, Charollais und Heidschnucke. In einem gleich grossen Gehege befanden sich vier Ouessantschafe. Der Boden aller Gehege war mit Stroh bedeckt und es gab Heu und Wasser. Die Tiere hatten nicht die Möglichkeit, sich vor den Blicken der Besucher schützen zu können. Es waren nur die Namen der ausgestellten Rassen angeschlagen, keine zusätzlichen Informationen. • Draussen, hinter der Halle 10, befanden sich rund 80 Kühe, Kälber und Stiere verschiedener Fleischrassen, die in vier Reihen angebunden waren. Diese Tiere nahmen an einem MutterkuhWettbewerb teil und waren nur am Tag dort. Der Boden war wie vorgeschrieben mit einer Schicht Einstreu bedeckt und es stand Heu zur Verfügung. Die Tiere konnten aus grossen Wasserbehältern trinken. Die meisten Rinder waren richtig angebunden, aber einige waren klar zu kurz angebunden. Die Besucher konnten sich zwischen den Reihen frei bewegen. Die Tiere wurden von zahlreichen Personen beaufsichtigt. Um in die Arena in Halle 10 zu gelangen, mussten die Tiere durch eine Türe gehen. Die Tiere wurden in kleinen Gruppen vorgestellt und der ganze Ablauf war ruhig. Die Rinder schienen es gewohnt zu sein, am Halfter geführt zu werden.

Im Gehege der Ziegen fehlten Strukturen und erhöht angebrachte Flächen.

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Beurteilung aus Sicht des STS

Die Nutztiere schienen sich in einem guten Allgemeinzustand zu befinden. Alle Gehege verfügten über ausreichend saubere und trockene Einstreu. Die Schweinehaltung war, wie schon letztes Jahr, besonders vorbildlich. Dieses Jahr konnten die Kinder nicht in die Gehege hinein. Auch die Mutterkühe wurden unter guten Bedingungen gehalten. Der STS begrüsst die Tatsache, dass weniger Milchkühe als 2015 ständig angebunden waren. Diese Haltung ist nicht tierfreundlich und es wäre angebracht, modernere und zeitgemässe Systeme wie Laufställe zu zeigen, so wie dies die Olma heuer erfreulicherweise getan hat. Die meisten Bauern entscheiden sich heute beim Bau oder Umbau von Ställen für diese Art von Haltung. Am Tag des Besuchs hatten die Kälber keinen Zugang zu Wasser. Gemäss Tierschutzverordnung müssen sie jedoch ständig Zugang zu Wasser haben. Ziegen sind lebhafte Tiere, die sich gerne bewegen. Der STS empfiehlt, an Ausstellungen vorbildliche Ziegenhaltungssysteme in grossen strukturierten Gehegen zu zeigen, in denen die Tiere springen und spielen können. Es sollten deshalb auch höher angebrachte Nischen eingerichtet werden, auf die Ziegen klettern, sich zurückziehen oder schlafen können. Dadurch wären die Gehege nicht nur tierfreundlicher, sondern auch attraktiver für die Besucher, da erhöhte Flächen die spielerischen Verhaltensweisen der Ziegen fördern. Die Schafgehege müssen gross genug sein, damit Platz für Futtertröge, Tränken, Kot- und Harnplätze sowie separate Schlaf- und Rückzugbereiche vorhanden ist. An allen Gehegen sind Informationen über die ausgestellten Tiere und Rassen anzuschlagen.

Die Haltevorrichtungen der Rinder, die tagsüber draussen waren, waren nicht immer angemessen.

Pferde und Esel

Verantwortliche -- Syndicat Vaudois d’élevage chevalin (Freiberger, Haflinger) -- Syndicat d’élevage Le Poney Romand (Shetlandponys, Minishetlandponys, einheimische Ponys CH-A)

Allgemeine Haltungsbedingungen

Die 15 Pferde und Ponys wurden in zehn Boxen in Standardgrösse, ausgelegt mit sauberer und trockener Einstreu, gehalten. Die beiden Esel befanden sich in einer grosszügigen Box. Allen Tieren 200 stand Heu und Wasser zur Verfügung. Der Allgemeinzustand der Einhufer war gut.


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Die Haltung im Detail

• In sechs Boxen von ca. 2,5 x 2,5 m wurden Schweizer Ponys, Shetlandponys und Minishetlandponys gehalten. In zwei Boxen befanden sich zwei Ponys und in vier Boxen hatte es nur je ein Pony. Der Boden war mit viel sauberer und trockener Einstreu bedeckt. Heu stand zur Verfügung, manchmal in sehr geringer Menge, und in allen Boxen hatte es Wassereimer. Die Besucher hatten nur auf einer Seite Zugang zu den Boxen. Die Ponys waren ruhig und frassen gemütlich. • In vier Boxen von ca. 5 x 3 m wurden die vom Syndicat Vaudois d’élevage chevalin ausgestellten Pferde gehalten. In drei Boxen befanden sich je eine Stute und ihr Fohlen und in einer Box befand sich nur ein Pferd. Der Boden war mit viel Stroh bedeckt. Es stand nur wenig Heu zur Verfügung. Die automatischen Tränken waren auch in diesem Jahr für die Fohlen zu hoch oben angebracht. Die Besucher hatten nur auf einer Seite Zugang zu den Boxen. Die Pferde waren ruhig und die Fohlen lagen oft entspannt am Boden. An diesem Tag gab es keine Ponyausritte. Diese fanden täglich ausser dienstags und donnerstags statt. • In einer grossen Box von ca. 3 x 9 m befanden sich eine Eselin und ihr Füllen. Der Boden war mit viel Stroh bedeckt. Heu und Wasser standen zur Verfügung.

Beurteilung aus Sicht des STS

Die Boxen, in denen die Einhufer gehalten wurden, waren sauber und verfügten über genug saubere und trockene Einstreu. Die Tiere waren in einem guten Allgemeinzustand, sie waren ruhig und entspannt. Aus Sicht des STS sollten die Pferde allerdings in grösseren Boxen gehalten werden und über Rückzugsmöglichkeiten, Auslaufflächen und Beschäftigungsmöglichkeiten verfügen. Es ist darauf zu achten, dass die Pferde jeden Tag genug Bewegung erhalten, auch an den Ausstellungstagen. Die Zuchtstuten und ihre Fohlen sollten täglich während mindestens zwei Stunden Auslauf haben. Die automatischen Tränken müssen tiefer (idealerweise 50 cm über Boden) angebracht werden, damit die Fohlen der Physiologie bzw. den normalen Lebensvorgängen entsprechend trinken können. Sehr empfehlenswert wäre auch hier, einmal eine Gruppen-Freilaufstallhaltung zu demonstrieren.

Die Tränkeautomaten waren auch in diesem Jahr für die Fohlen zu hoch angebracht.

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Kaninchen und Nagetiere

Verantwortlich -- Verschiedene Westschweizer Züchter

Allgemeine Haltungsbedingungen

Insgesamt wurden 43 Kaninchen, 13 Zibben mit ihren Jungen und fünf Meerschweinchen in 52 Käfigen gehalten. In allen Käfigen hatte es genügend Einstreu, Heu, Körner, Wasser und Nagematerial. Die Kaninchen hatten Unterschlüpfe, während diese im Käfig der Meerschweinchen fehlten.

Die Haltung im Detail

• In 36 Käfigen wurden Kaninchen alleine gehalten, in 13 Käfigen hatte es Zibben mit ihren Jungen und in zwei Käfigen waren die Kaninchen zu dritt respektive zu viert untergebracht. Die Käfige hatten eine Grösse von 100 x 100 x 100 cm. Es wurden verschiedene Rassen ausgestellt: Französische Widder (FW), Zwergwidder (ZW), Rex (Rex), Lohkaninchen (Loh), Burgunder (BK), Hasenkaninchen (Ha), Kalifornier (Kal), Bartkaninchen (GB), Hotot (Ho), Japaner (J), Schweizer Kleinsilber (KIS), Weisse Neuseeländer (WN), Rote Neuseeländer (RN), Chinchilla (Ch), Dreifarbenschecken (Drf Sch), Zwergschecken (ZwSch), Klein-Rex (Kl Rex), Angora (A). Die meisten Kaninchen waren ruhig und entspannt, einige atmeten aber schnell und heftig. Die Käfige verfügten über eine ausreichende Schicht Einstreu (Stroh), etwas Heu, Wasser, Körner und Nagematerial. Während einige Käfige an eine Wand gestellt oder auf einer Seite mit einer Matte vor Blicken geschützt waren, waren andere von allen Seiten her einsehbar. Die meisten Kaninchen verfügten über Unterschlüpfe in Form eines dreieckigen Daches. Einige Käfige hatten grössere Unterschlüpfe mit einem Flachdach, das auch als erhöhte Fläche diente. An einigen Käfigen waren Informationen über die ausgestellten Rassen sowie die Angaben der Besitzer angeschlagen. • In einem 200 x 100 x 100 cm grossen Gehege wurden fünf Meerschweinchen gehalten. Das Gehege war auf eineinhalb Seiten vor Blicken geschützt. Es war gut strukturiert und verfügte über geeignete Einstreu, Wasser, eine Futterraufe mit Heu, Körner, frische Früchte, Nagematerial (Rinden und Holzstücke) und Spielmaterial. Es fehlte jedoch ein Unterschlupf, in den sich die Tiere zurückziehen konnten. Ein Häuschen hatte ein offenes Dach und das andere war erhöht und schützte die Meerschweinchen nicht vor den Blicken der Besucher.

Beurteilung aus Sicht des STS

Die ausgestellten Kaninchen und Meerschweinchen waren gut gepflegt und schienen gesund zu sein. Ausser einigen Kaninchen, die heftig atmeten, waren die Tiere ruhig, entspannt und zeigten kein stereotypes Verhalten. Die Kaninchenkäfige waren grösser als im Vorjahr und verfügten über Versteckmöglichkeiten, in die sich die Kaninchen vor den Blicken der Besucher zurückziehen

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Kaninchen sind sozial lebende Tiere, die soweit möglich nicht einzeln gehalten werden sollten.


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konnten. Idealerweise müssten die verdunkelten Bereiche aber durch die Abdeckung einer oder mehrerer Käfigwände erstellt werden. Die Häuschen sollten eher ein Flachdach (das als erhöhter Bereich dient) als ein dreieckiges Dach haben. Der STS kritisiert vor allem die Tatsache, dass die Kaninchen als soziallebende Tiere, die einen angemessenen Kontakt mit Artgenossen haben sollten, allein gehalten wurden. Es wäre wünschenswert, dass an Ausstellungen auch nebst der Einzelhaltung eine vorbildliche und tiergerechte Gruppenhaltung gezeigt wird, indem die Tiere in Gruppen, auf grossen Flächen und in besser strukturierten Gehegen gehalten werden. Meerschweinchen sind Fluchttiere und sollten jederzeit die Möglichkeit haben, sich an einen sicheren Ort zurückziehen zu können. Aus diesem Grund sollte mindestens ein Versteck (Häuschen) pro Tier vorhanden sein.

Die Meerschweinchen hatten keine Versteckmöglichkeiten.

Hausgeflügel und Tauben

Verantwortliche -- Petits Animaux Orbe et environs -- Petits Animaux Région Yverdon -- Petits Animaux Aigle-Chablais -- Petits Animaux Chavornay et environs -- Société colombophile de Vevey et environs -- Sociétés d’aviculture Payerne et Corcelles -- Société colombophile Vevey -- Société colombophile Chavornay -- Société colombophile Payerne et Corcelles -- Société colombophile Nyon et environs -- Société S.A.C Ste-Croix -- SVA Nyon et environs -- Verband GalloSuisse

Allgemeine Haltungsbedingungen

In 27 Gehegen und Volieren wurden insgesamt 43 Tauben, 62 Hühner und Hähne, 14 Küken und 24 Wachteln gehalten. Es waren verschiedene Rassen vertreten. Die Gehege waren mit geeigneter Einstreu in Form von Holzspänen, Wasser und Körnern ausgestattet. In verschiedenen Höhen und – mit einer Ausnahme – in verschiedenen Richtungen waren Sitzstangen aus Holz angebracht. Die Gehege waren von einer, zwei, drei, ja sogar von allen Seiten her einsehbar und die Tiere hatten nicht die Möglichkeit, sich vor den Blicken der Besucher zu verstecken. In den Hühnergehegen fehlten Nester. Die meisten Tiere schienen gesund zu sein, waren ruhig und verhielten sich arttypisch, indem sie ruhten oder ihr Federkleid putzten. Einige Tiere waren zum Verkauf angeboten.

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An den Gehegen waren die Namen der Besitzer sowie Informationen über die ausgestellten Rassen angeschlagen.

Die Haltung im Detail

• In 18 Volieren, Grösse 150 x 150 x 150 cm, wurden Hühner verschiedener Rassen gehalten: Nordholländisches Huhn, Dorking, Zwerg-Paduaner, Deutsches Zwerghuhn, Zwergseidenhuhn, Zwerg-Welsumer, Sabelpoot, Brahma, Kuckuck von Rennes, Zwerg-Sussex, Zwerg-Holländer, Deutsches Zwerg-Lachshuhn, Marans, Rhode-Island, Bielefelder Kennhuhn, Appenzeller Haubenhuhn, Italiener. In den meisten Gehegen waren zwei Hühner und ein Hahn der gleichen Rasse. Die Sabelpoot-Hühner wurden in Gruppen von acht Tieren gehalten und die Deutschen Zwerg-Lachshühner in Gruppen von sieben Tieren. Von den Zwergseidenhühnern hatte es nur zwei. In jedem Gehege befanden sich ein Tränke- und ein Futterplatz, beide waren rund und an der Decke aufgehängt. Die Gehege verfügten über zwei auf unterschiedlicher Höhe angebrachte und in verschiedene Richtungen ausgerichtete Sitzstangen aus Holz, mit Ausnahme eines Geheges, in dem die Sitzstangen in die gleiche Richtung zeigten. Zwischen zwei und drei Seiten der Gehege waren durch Matten vor Blicken geschützt, mit Ausnahme der Deutschen Zwerg-Lachshühner und der Brahma-Hühner, bei denen nur eine Seite abgedeckt war. In keinem der Gehege gab es Nester. Die Holländer, die Deutschen Zwerg-Lachshühner und die Brahma-Hühner waren zum Verkauf.

In den Hühnergehegen fehlten Nester und Versteckmöglichkeiten. • In einer ca. 150 x 150 x 200 cm grossen Voliere wurden vier Tauben der Rasse Thurgauer Mehlfarbige gehalten. Die Voliere war von beiden Seiten und von oben her einsehbar. Auf verschiedenen Höhen waren drei Sitzstangen aus Holz angebracht. • In einer ca. 320 x 150 x 200 cm grossen Voliere befanden sich sechs Carneau- und Strassertauben. Die Voliere war von zwei Seiten und von oben her einsehbar. Auf verschiedenen Höhen waren vier Sitzstangen aus Holz angebracht. Auf dem Boden waren vier Tannenzweige, Steine und Rindenstücke gegen die Wand gelegt. Sie sollten die Tiere, die sich am Boden befanden, vor den Blicken schützen. Ein Ast am Boden diente als Sitzstange. • In einer 120 x 120 x 200 cm grossen Voliere wurden sechs Wiggertaler Farbenschwänze gehalten. Die Voliere war von allen Seiten und von oben her einsehbar. Auf verschiedenen Höhen waren zwei Sitzstangen aus Holz angebracht. 204


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Zwei Volieren nebeneinander waren von allen Seiten her einsehbar und die Tauben hatten keine Möglichkeit, sich vor den Blicken der Besucher zu verstecken. • In einer Voliere daneben wurden vier Thurgauer Mehlfarbige unter den genau gleichen Bedingungen wie die Wiggertaler Farbenschwänze gehalten. • In drei kleinen, etwa 150 x 150 x 150 cm grossen Volieren wurden acht Tauben der Rasse Figurita-Mövchen, sieben Italienische Mövchen und acht grosse Texan- und Mondaintauben gehalten. Die zwei unteren Drittel einer, zweier oder dreier Seiten der Volieren waren mit Matten und Tannenzweigen gegen Blicke geschützt. Die Oberseite der Volieren bestand nur aus einem Gitter. Die Tauben hatten keine Möglichkeit, sich zu verstecken. Auf verschiedenen Höhen waren zwei Sitzstangen aus Holz angebracht. Die Weissen Figurita-Mövchen waren sehr ruhig. Ein Teil ihres Gesichts hatte keine Federn mehr. Die Italienischen Mövchen waren sehr aufgeregt. Einige stritten sich und schlugen mit den Flügeln um sich. Andere versuchten auszuweichen, aber es gab praktisch keine Rückzugmöglichkeiten. • In einem 80 x 80 x 80 cm grossen Raum wurden etwa 24 Wachtelküken gehalten. Eine Wärmelampe spendete den Küken etwas zusätzliche Wärme. Das Gehege verfügte über eine Fütterungseinrichtung, eine Tränkeeinrichtung und eine Staubbadmöglichkeit. Das Gehege war auf Rollen montiert und es wackelte mehrmals, als Kinder dagegen stiessen. • Der Verband GalloSuisse stellte unter den gleichen Bedingungen wie in den Vorjahren rund 14 Küken aus.

Beurteilung aus Sicht des STS

Die ausgestellten Tiere schienen im Allgemeinen gesund zu sein und verhielten sich mehrheitlich arttypisch. Die Hygiene in den Gehegen und Volieren war gut. Aus Sicht des STS müssten jedoch folgende Punkte berücksichtig werden: • Alle Gehege müssten über Häuschen verfügen, beispielsweise in Form von Nestern, die es den Tieren erlauben, sich den Blicken der Besucher zu entziehen. Dies gilt vor allem für die Wachtelküken, die sich gerne verstecken. • Die Gehege des Hausgeflügels und der Tauben müssten auf mindestens zwei Seiten über einen Blickschutz verfügen. Da sich Tauben vor eventuellen Angriffen aus der Luft sicher fühlen wollen, wäre es wünschenswert, dass die Oberseite der Volieren in jedem Fall teilweise abgedeckt ist und nicht nur aus einem Gitter besteht. • Da ein täglicher Freiflug an einer Messe nicht gewährleistet werden kann, sollte die Voliere der Tauben mindestens 3 x 1 x 1,8 m gross sein, wie dies in der Tierschutzverordnung vorgeschrieben ist.

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Es ist ebenfalls darauf zu achten, dass die Tiere mindestens einmal pro Woche ein Bad in frischem Wasser nehmen können. Am Tag unseres Besuches stand keine Badegelegenheit zur Verfügung. • Da die Mövchen als eine Rasse mit Extremzucht-Merkmalen gelten (einige Elterntiere können ihre eigenen Küken wegen ihres zu kurzen Schnabels nicht mehr füttern!), wird empfohlen, diese nicht mehr auszustellen. • Die Betreuung der Gehege sollte verbessert werden, um schnell reagieren zu können, wenn die Tiere Stress ausgesetzt sind (beispielsweise bei Kämpfen unter Einzeltieren). • Das Gehege der Wachtelküken müsste von Gesetzes wegen über mindestens zwei Fütterungsund Tränkeeinrichtungen entsprechend der Anzahl gehaltener Tiere verfügen. • Die Küken des Verbands GalloSuisse müssten über einen freien Raum von mindestens 50 cm über ihnen verfügen. • In den Hühnergehegen sollten Nester zur Verfügung stehen.

Enten Verantwortliche

-- SVA Nyon et environs -- Petits Animaux Région Yverdon

Allgemeine Haltungsbedingungen

In vier Gehegen wurden insgesamt 13 Enten verschiedener Rassen gehalten. Die Gehege verfügten über geeignete Einstreu, eine Bademöglichkeit, Wasser und Futter. In drei Gehegen hatten die Tiere keine Möglichkeit, sich zu verstecken.

Die Haltung im Detail

• In einem 210 x 210 x 140 cm grossen Gehege wurden zwei Witwenpfeifgänse, zwei Hottentottenenten und zwei Krickenten gehalten. Nur eine Seite des Geheges war durch Pflanzen vor Blicken geschützt, aber das Gehege war gut strukturiert (Bepflanzung, Kieselsteine, ein Baumstamm) und bot zahlreiche Möglichkeiten, sich zu verstecken. Der Boden bestand teils aus Holzspänen, teils aus einer Mischung von Kies und Erde. In der Mitte hatte es ein kleines, ca. 40 x 40 cm grossen Becken. Es standen Salatblätter und Körner zur Verfügung. An der Voliere waren Informationen über die ausgestellten Arten angeschlagen. Die Hottentottenenten und die Krickenten waren eher scheu und versteckten sich hinter der Bepflanzung. Die Witwenpfeifengänse waren munter und machten ihre Toilette.

206 Den Enten stand kein Versteck zur Verfügung.


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• In einem 200 x 200 x 70 cm grossen Gehege waren zwei Cayugaenten gehalten. Der Boden war mit Holzspänen bedeckt. Ein Plastikbecken war mit Wasser gefüllt. Auf dem Boden hatte es Salatblätter und zwei Fressnäpfe; einer enthielt Wasser, der andere Körner. Das Gehege bestand aus vier Holzplanken. Eine ca. 200 x 90 cm grosse Matte deckte einen Teil der Oberseite des Geheges ab, der Rest war nach oben offen. Die Besucher konnten sich dem Gehege von allen Seiten her nähern. • In einem danebenstehenden Gehege mit der gleichen Struktur befanden sich zwei Rouenenten. Dieses Entenpaar stand zum Verkauf. • Etwas weiter entfernt stand ein gleiches Gehege wie die beiden vorgenannten, darin zwei Sachsenenten. Eine Matte deckte nur eine kleine Fläche einer Ecke des Geheges ab, der Rest war nach oben offen. Die Besucher konnten sich dem Gehege von beiden Seiten her nähern.

Beurteilung aus Sicht des STS

Die Entenhaltung war akzeptabel und die Tiere schienen gesund zu sein. Es wäre dennoch wünschenswert, wenn die Gehege der Cayuga-, Rouen- und Sachsenenten eine Struktur (Holzhaus) hätten, in die sich die Tiere vor den Blicken der Besucher geschützt zurückziehen könnten.

Ziervögel

Verantwortliche -- Garden Center Lavaux -- Amis de la Volière Lausanne -- Petits Animaux Lausanne

Allgemeine Haltungsbedingungen

In zehn Volieren wurden insgesamt 120 Ziervögel verschiedener Arten gehalten. Die meisten Volieren standen an einer Wand, zwei Volieren waren jedoch von allen Seiten her einsehbar. Die Volieren verfügten über Sitzstangen in Form von natürlichen Zweigen verschiedener Dicke, die in unterschiedliche Richtungen schauten. Einige Sitzstangen waren an Ketten aufgehängt und schaukelten hin und her, aber die meisten waren an beiden Enden fest verankert. In allen Volieren hatte es Wasser und Futter. In einigen Volieren fehlte es an Bademöglichkeiten und Sand zur Aufnahme. Die Prachtfinken hatten keine Nester (obwohl gesetzlich vorgeschrieben). Einige Vögel (eine Gelbwangenamazone, ein grosser Gelbhaubenkakadu, ein Grünflügelara, ein Binsenastrild, eine RotkopfPapageiamadine, ein Grünzügelpapagei und ein Rostkappenpapagei) wurden ohne Artgenossen gehalten. Es wurde eine Rasse mit Extremzuchtmerkmalen ausgestellt. Die Volieren entsprachen den gesetzlichen Mindestanforderungen. Es gab keine Informationen über die ausgestellten Arten und kein Aufsichtspersonal.

Die Haltung im Detail

• In einer 300 x 200 x 200 cm grossen Voliere wurden zwei Gelbscheitelamazonen (Amazona ochrocephala), eine Gelbwangenamazone (Amazona autumnalis), zwei Allfarbloris (Trichoglossus haematodus), ein Grünzügelpapagei (Pionites melanocephalus), ein Rostkappenpapagei (Pionites leucogaster) und zwei Braunohrsittiche (Pyrrhura frontalis) gehalten. Die Voliere konnte von den Besuchern von zwei Seiten her eingesehen werden. Drei feste Sitzstangen aus Holz strukturierten die Voliere und drei Zweige waren schräg zum Boden am Gitter angebracht. Es standen Körner und Wasser zur Verfügung. Ein dritter Behälter befand sich zu hoch, als dass man seinen Inhalt erkennen konnte. Der Boden war mit einem Kunstrasenteppich belegt. Die Vögel schienen gesund zu sein, sie waren ruhig und entspannt. Einige Tiere befanden sich in der Schlafphase, leicht erkennbar an einem episodischen Erwachen, gefolgt von einem Schliessen der Augen, einem Strecken und dem Verstecken des Kopfes unter dem Flügel. • In einer 750 x 250 x 250 cm grossen Voliere wurden ein grosser Gelbhaubenkakadu (Cacatua galerita galerita), zwei kleine Kakadus (Cacatua sulphurea oder Cacatua galerita queenslandica) und zwei kleine Orangehaubenkakadus (Cacatua sulphurea citrinocristata) gehalten. Die Voliere

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war auf drei Seiten einsehbar. Sie verfügte über drei lange horizontale und an Ketten aufgehängte Sitzstangen aus Holz, was diese schwanken liess. Ein Zweig war schräg zum Gitterboden angebracht. Der Boden war mit einem Kunststoffrasen bedeckt. Drei Behälter waren zu hoch oben, als dass man ihren Inhalt hätte erkennen können. Die Vögel schienen gesund zu sein, sie waren ruhig, schliefen oder machten paarweise Toilette. • In einer achteckigen Voliere mit einem Durchmesser von ca. 200 cm und einer maximalen Höhe von 230 cm wurden 21 Wellensittiche (Melopsittacus undulatus) verschiedener Farben sowie drei Nymphensittiche (Nymphicus hollandicus) gehalten. Nur eine Säule und einige Pflanzen neben der Voliere schützten die Vögel vor den Blicken der Besucher. Der Boden war mit einem Kunstrasenteppich bedeckt, auf dem man Reste von Körnern sah (ein Zeichen dafür, dass Futter vorhanden war). Mehrere fixe Sitzstangen verschiedener Dicke waren auf unterschiedlicher Höhe und in verschiedenen Richtungen montiert. Drei Behälter waren zu hoch oben, als dass man ihren Inhalt hätte erkennen können. Die Vögel waren lebhaft und schienen gesund zu sein. • In einer 550 x 250 x 250 cm grossen Voliere befanden sich zwei Gelbbrustara (Ara ararauna) und ein Grünflügelara (Ara chloroptera). Die Voliere war von allen Seiten her einsehbar. Der Boden war mit einem Kunstrasenteppich bedeckt. Vier lange Sitzstangen aus Holz waren an Ketten aufgehängt. Ein schräger Ast reichte vom Boden bis zum Gitter. Drei Metallbehälter befanden sich zu hoch oben, sodass man ihren Inhalt nicht erkennen konnte. Die Vögel waren ruhig und schienen gesund zu sein. • In einer 300 x 100 x 200 cm grossen Voliere hatte es neun Nymphensittiche (Nymphicus hollandicus) und drei Singsittiche (Psephotus haematonotus). Die Voliere war nur von einer Seite her einsehbar. Der Boden war mit einem Kunstrasenteppich bedeckt. Die in verschiedenen Richtungen angebrachten Sitzstangen aus Holz waren an beiden Enden befestigt. Wasser und Körner standen zur Verfügung. Die Vögel waren ruhig und schienen gesund zu sein. • In einer 280 x 100 x 220 cm Voliere wurden 24 Kanarienvögel gehalten (Serinus canaria forma domestica), wovon die Hälfte Haubenkanarien waren. Die Voliere war nur von einer Seite her einsehbar. Der Boden war mit einem Kunststoffrasen bedeckt. Die in verschiedene Richtungen ausgerichteten Äste waren an beiden Enden festgemacht. Einige Zweige waren elastisch. Es

Die meisten Sitzstangen waren an beiden Enden festgemacht und konnten daher nicht frei schwin-

208 gen wie ein Baumast.


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In mehreren Volieren fehlte es an Bademöglichkeiten und Sand für die Aufnahme. Zudem müssten alle Volieren mindestens eine Wand haben, die vor Blicken schützt. standen mehrere Behälter mit Wasser, Körnern und Sand zur Verfügung. Die Vögel waren lebendig und schienen gesund zu sein. • In einer 200 x 100 x 200 cm grossen Voliere wurden 14 Kanarienvögel (Serinus canaria forma domestica) verschiedener Farben (weiss, rot, gelb, braun) gehalten. Die Voliere war nur von einer Seite her einsehbar. Die in verschiedene Richtungen ausgerichteten Äste waren an beiden Enden festgemacht. Es hatte auch elastische Zweige. Der Boden war mit Sand und Körnern bedeckt. Zwei Äpfel waren angepickt worden und dienten den Vögeln als Beschäftigung. Es standen mit Wasser gefüllte Fläschchen und Plastikbehälter mit Körnern und Sand zur Verfügung. • In einer 100 x 100 x 200 cm grossen Voliere hatte es 17 Prachtfinken verschiedener Arten: Binsenastrild (Neochmia ruficauda), Japanisches Mövchen (Lonchura striata forma domestica) bzw. Spitzschwanz-Bronzemännchen (Lonchura striata), Rotkopf-Papageiamadine (Erythrura psittacea), rotköpfige und schwarzköpfige Gouldamadine (Chloebia gouldiae), Spitzschwanzamadine (Poephila acuticauda) sowie eine nicht definierte Art. Der Boden der Voliere war mit einem Kunststoffrasen bedeckt. Die in verschiedene Richtungen ausgerichteten Äste waren an beiden Enden festgemacht. Es standen Wasser, Körner und eine Bademöglichkeit zur Verfügung. Die meisten Vögel waren lebhaft und schienen gesund zu sein. Die Rotkopf-Papageiamandine war extrem nervös und ständig in Bewegung, sie hüpfte von einem Ast zum anderen. Drei Mövchen hockten am Boden in einer Ecke und bewegten sich praktisch nicht, obwohl sie die Augen offen hatten. • In einer 500 x 200 x 240 cm Voliere wurden 12 Halsbandsittiche (Psittacula krameri) verschiedener Farben gehalten. Die Voliere war von eineinhalb Seiten her einsehbar. Der Boden war mit einem Kunststoffrasen bedeckt. Fünf Sitzstangen aus Holz hingen an Ketten von der Decke. Weitere Äste waren am Gitter befestigt. Zwei Behälter befanden sich zu hoch, als dass ihr Inhalt hätte erkannt werden können. Auf dem Boden stand Wasser zur Verfügung. Die Vögel waren ruhig und schienen gesund zu sein.

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Beurteilung aus Sicht des STS

Die meisten Volieren waren geräumig, sauber und mit natürlichen Ästen strukturiert. Die Tiere machten insgesamt einen guten Eindruck und schienen gesund zu sein. Die folgenden Punkte müssten jedoch berücksichtig werden, um dem Publikum eine tiergerechte Haltung zu zeigen: • Vögel dürfen nicht ohne Artgenossen ausgestellt werden. • Alle Volieren müssen über Bademöglichkeiten und – bei den Samenfressern – Sand für die Aufnahme verfügen. Tintenfischbein oder Kalksteine müssten ebenfalls vorhanden sein. • Die Volieren müssten mit vielen natürlichen Ästen ausgestattet sein, damit die Vögel nagen und klettern können. Die Äste sollten nur an einem Ende festgemacht sein, damit das andere Ende wie ein Baumast frei schwingen kann. Ergänzend sollte man Beschäftigungsmaterial wie Seile, Schaukeln und frische Zweige mit Blättern in die Voliere legen. • Der Boden der Volieren sollte mit Sand, Kiesel oder natürlichen Produkten wie Buchenspänen oder Korkschrot bedeckt sein. • Alle Volieren sollten mindestens über eine Wand verfügen, um den Stress dieser scheuen Tiere in Grenzen zu halten. • Die Ausstellung von Haubenkanarien ist fragwürdig. Für den STS ist diese Rasse das Ergebnis extremer Selektionen. Die Haube der Vögel schränkt ihren Sichtbereich ein, was für dieses Fluchttier nicht beruhigend ist. An den Volieren sollten Informationen über die gezeigten Arten angeschlagen werden. Es wäre zudem ratsam, die Besucher darüber zu informieren, dass grosse Aras und Kakadus komplexe Bedürfnisse haben und dass ihre Haltung bewilligungspflichtig ist.

Schildkröten

Verantwortlich -- Garden Center Lavaux

Allgemeine Haltungsbedingungen

In einem 200 x 200 x 50 cm grossen Gehege wurden zwei Breitrandschildkröten (Testudo marginata) mit einer Körperlänge von ca. 25 cm gehalten. Der Boden des Geheges war mit Kunstrasenteppich bedeckt. Eine Kartonschachtel diente als Versteck, aber sie war nicht gross genug, dass beide Schildkröten gleichzeitig darin Platz hatten. Das Gehege war von allen Seiten her einsehbar, einschliesslich von oben, und nicht strukturiert. Wasser und einige Salatblätter standen zur Verfügung. Es hatte kein Heu. Die Tiere waren aufgeregt und bewegten sich von einer Gehegeseite auf die andere, wobei sie versuchten, am Gitter hochzuklettern. Am Gehege war die Visitenkarte des Besitzers angebracht, aber es gab keine Informationen über die ausgestellte Art.

Beurteilung aus Sicht des STS

Obwohl die gesetzlich vorgeschriebene Mindestfläche eingehalten wurde, wäre es empfehlenswert, ein zwei- bis dreimal grösseres Gehege vorzusehen, denn Schildkröten sind Tiere, die sich gerne fortbewegen. Ebenso wichtig wäre es, das Gehege besser zu strukturieren (Steine, Wurzeln, Korkröhren) und Rückzugmöglichkeiten und Verstecke (Holzhaus) vorzusehen, damit die Tiere ungestört ausruhen können. Der Boden sollte an einigen Stellen mit einem Substrat, in dem die Tiere graben können, eingedeckt werden, beispielsweise mit Erde oder Kieselsteinen. So könnten die Schildkröten ihr Wühlverhalten ausleben. Zur Ergänzung der Einrichtung sollte auch ein Wasserbecken hingestellt werden, das sowohl zum Trinken als auch zum Baden benutzt wird. Frisches Futter (Gras, Wildpflanzen, Blumen, Wurzeln) sowie Frischfutter mit hohem Rohfasergehalt (Heu) sollte vorhanden sein.

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COMPTOIR SUISSE LAUSANNE

Die Einrichtung des Schildkrötengeheges entsprach überhaupt nicht den Bedürfnissen dieser Art.

Bilanz und Forderungen des STS

In der Schweiz existieren für alle an Ausstellungen gezeigten Tiere gesetzliche Regelungen hinsichtlich Platzangebot und Gehegeeinrichtung, welche in der Tierschutzverordnung dokumentiert sind. Ausstellungen dürfen aber mit einer Bewilligung der kantonalen Tierschutzfachstelle die gesetzlichen Mindestvorschriften temporär unterschreiten. Aus der Sicht des STS ist das nicht akzeptabel. Ausstellungen sollten Vorzeigecharakter haben und den Besuchern zeigen, wie Tiere tiergerecht gehalten werden. Zumindest sollte aber den Tieren an mehrtägigen Ausstellungen mindestens die von der Tierschutzverordnung zugestandenen Flächen zur Verfügung gestellt werden.

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VOGELAUSSTELLUNG SURSEE

Vogelausstellung Sursee 2016 7. bis 9. Oktober 2016, besucht am 7. Oktober 2016

Zusammenfassung

An der Vogelausstellung in Sursee wurden diverse exotische Ziervogelarten, einheimische Wildvögel, Wassergeflügel, Wachteln und Tauben präsentiert. Parallel zur Ausstellung wurde eine Vogelbörse abgehalten, an der verschiedene Ziervögel und Wachteln zum Verkauf standen. Die Tierhaltungen an der eigentlichen Ausstellung gestalteten sich abgesehen von einzelnen Ausnahmen zufriedenstellend: Alle Vögel wurden in Gruppen gehalten, die Gehege entsprachen in den allermeisten Fällen den Mindestvorschriften der Tierschutzverordnung und wiesen auch eine überaus abwechslungsreiche Strukturierung auf. So bot die Ausstellung für Tier wie Mensch einen Mehrwert. Anders sah es hingegen bei der Börsenhaltung aus. Da der Tierverkauf im Vordergrund stand, mussten bei der Käfigstrukturierung Abstriche gemacht werden. Leider kamen dabei auch die Rückzugsmöglichkeiten zu kurz. Für die Tiere stellte diese Haltungsform eine Belastung dar.

Allgemeines

Die durch den Sing- und Ziervogelverein Sursee und Umgebung organisierte Vogelausstellung wurde in der Stadthalle von Sursee abgehalten. Im Eingangsbereich befand sich ein Restaurantbetrieb, die Ausstellung selbst fand eine Etage tiefer in der eigentlichen Halle statt. Präsentiert wurden diverse Ziervögel, einheimische Wildvögel, Tauben, Wassergeflügel und verschiedene Wachtelarten, wobei es sich schätzungsweise um 350 Tiere handelte. Eine Prämierung der Vögel fand nicht statt, parallel zur Ausstellung wurde aber eine Vogelbörse abgehalten. Die Ausstellung wurde vom Schweizer Tierschutz STS am ersten Ausstellungstag besucht.

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VOGELAUSSTELLUNG SURSEE

Übersicht über die Ausstellung.

Die Ausstellung im Detail Vogelausstellung Käfige und Volieren Die Mehrheit der Vögel wurde in Käfigen oder Volieren gehalten. Jedem Vogel stand mindestens ein artgleicher Partner zur Verfügung, teilweise wurden auch mehrere Arten vergesellschaftet. Die Gehege können folgendermassen zusammengefasst werden: • 4 Käfige à ca. 1 x 0,6 x 0,8 m beherbergten je 2 – 5 Kleinvögel der Familie Prachtfinken oder Finken (u. a. gemalte Astrilde, Mozambiquegirlitze, Kubafinken). • Ca. 30 Käfige à ca. 1,2 x 0,6 x 0,8 m enthielten 2 – 6 kleine oder mittlere Vögel verschiedener Familien (z. B. Ringelastrilden, Napoleonweber, Katharinasittiche, Schwalbensittiche, Prachtrosellas). • 2 Volieren massen ca. 1 x 1 x 2 m, eine Voliere war mit 8 Kleinvögeln (Lazulifinken, mexikanische Karmingimpel, Safranfinken) bestückt, die zweite Voliere beherbergte zwei Hornsittiche. • 2 Volieren à ca. 1 x 2 x 2 m enthielten 2 – 6 Loris (u. a. Veilchenloris, Grünschwanzloris). • 4 Volieren massen ca. 2 x 1 x 2 m, eine Voliere war mit 2 Pennantsittichen, eine mit 2 Rosakakadus, eine mit 3 Barnyardsittichen und eine mit 2 Eichelhähern bestückt. • In einer ca. 1,2 x 2 x 2 m messenden Voliere waren 2 Rotschnabelkittas untergebracht. • Eine ca. 2 x 2 x 2 m messende Voliere war mit 8 Edelsittichen (Halsband- Pflaumenkopf- und Taubensittiche) bestückt. • 2 Volieren à 2 x 2 x 2 m beherbergten 3 Doppelgelbkopfamazonen bzw. 6 Sonnensittiche. Eine identisch grosse Voliere enthielt 10 mehrheitlich einheimische Vögel (Gimpel, Grünfinken, Bartmeisen, Kanarengirlitze) sowie ca. 4 Wachteln. • 1 Voliere à ca. 5 x 1,5 x 2,2 m beherbergte mind. 5 Zwergwachteln, ca. 30 Prachtfinken verschiedener Arten (Diamantfinken, Zebrafinken, Gouldamadinen, Spitzschwanzamadinen), 4 Diamanttäubchen und 6 Sittiche (Stanley-,Berg- & Schildsittiche).

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VOGELAUSSTELLUNG SURSEE

• 1 Voliere à ca. 2 x 4 x 2,5 m wurde von 3 Inkakakadus bewohnt. • 1 Grossvoliere à ca. 6 x 2 x 2 m war mit zwei 2 Geierraben bestückt. • Eine Grossvoliere à ca. 5 x 2 x 2,5 m enthielt 12 Wildtauben (Turteltauben, Türkentauben, Ringeltauben) und 2 Diamanttäubchen. • In einer ca. 7 x 5 x 7 m messenden Grossvoliere waren 4 Kappensäger, 6 Kiebitze, 2 Tauben und ca. 22 Stare vergesellschaftet. Mit einer Ausnahme, den Geierraben, wurden die in der Tierschutzverordnung (TSchV) vorgeschriebenen Mindestflächen und -volumina eingehalten. Die Unterschreitung der Mindestvorschriften im Falle der Geierraben ist aus Sicht des STS zu bemängeln. Weiter wären für die Prachtrosella und die langschwänzigen Rotschnabelkittas grössere Volieren wünschenswert gewesen. Ansonsten war das Platzangebot beim Gros der Gehege akzeptabel; einzelne Volieren (z. B. Doppelgelbkopfamazonen, Sonnensittiche) konnten aufgrund der grosszügigen Volumina gelobt werden. Äusserst positiv fiel die abwechslungsreiche Strukturierung der Gehege ins Auge. Jedes Gehege war mit Naturästen ausgestattet, welche wie vorgeschrieben in unterschiedliche Richtungen zeigten und auch federten. Als weitere Strukturierungs- und Beschäftigungselemente dienten je nach Gehege Gräser, Steine, Holzstämme und Rindenstücke. Auch beim Bodengrund wurden natürliche Materialien (Sand, Schnitzel, Laub, Moos) verwendet. Insbesondere die bodenbewohnenden und scheuen Wachteln profitierten von der reichhaltigen Strukturierung und konnten sich ganz auf ihre Tarnung verlassen. Allen Vögeln stand Wasser und Futter zur Verfügung, meist enthielten die Gehege zudem Maiskolben, Kolbenhirse oder beerentragende Äste als zusätzliche Nahrungsquellen und Beschäftigungsmöglichkeiten. Als Kritikpunkt muss bei der Strukturierung hingegen aufgeführt werden, dass meist keine Badegelegenheiten vorhanden waren – einzig die Säger, in deren Voliere ein grosszügiger Teich aufgebaut worden war, und die kleinen Vögel, welche in ihrer Trinkschale Platz fanden, hatten die Möglichkeit zu baden. Anerkennenswert sind die Bemühungen des Vereins, mit Randsteinen, Mulch und Bepflanzung eine gewisse Distanz zu den Käfigen zu schaffen. Ebenfalls positiv zu vermerken ist, dass die Volieren meist nur von vorne einsehbar waren. Die Grossvoliere der Kiebitze, Kappensäger und Stare war hingegen von drei Seiten einsehbar, hier hätte aus Sicht des STS mehr Wert auf Sichtschutz gelegt werden können, denn die Kiebitze hielten sich am Besuchstag mehrheitlich in der Nähe der Rückwand auf. Die hygienischen Verhältnisse gestalteten sich am Besuchstag einwandfrei.

Positiv – mittels Randsteinen wurde Distanz zu den Käfigen geschaf-

214 fen. Ebenfalls zu loben ist die abwechslungseiche Käfigstrukturierung.


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VOGELAUSSTELLUNG SURSEE

Auch vielfältiger Bodengrund sorgte für Beschäftigung, hier bei den Schwalbensittichen.

Von solch grosszügigen Platzverhältnissen, wie sie in dieser Gemeinschaftsvoliere vorherrschten, können viele Vögel in Privathaltungen nur träumen.

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Diese grosszügig dimensionierte und reichhaltig strukturierte Voliere nahm Rücksicht auf die Bedürfnisse der Stare und Säger. Für die Kiebitze wäre aus Sicht des STS zusätzlicher Sichtschutz empfehlenswert gewesen.

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VOGELAUSSTELLUNG SURSEE

Dieses Gehege bot den darin untergebrachten Wachteln viel Platz, Rückzugs- und Tarnungs­ möglichkeiten. Soweit beurteilbar, machten die Vögel einen gesunden Eindruck; verletzte Tiere wurden nicht gesehen. Die meisten Vögel verhielten sich am Besuchstag normal und zeigten – u. a. aufgrund der reichhaltigen Strukturierung und der Gruppenhaltung – eine breite Palette verschiedener Verhaltensweisen wie Gefiederpflege, Futteraufnahme, Benagen von Materialien, Klettern, Interaktionen mit dem Partnertier etc. Für die Besucher entstanden so interessante Beobachtungsmomente, was die Ausstellung auch pädagogisch wertvoll machte. Verglichen mit der SWISSBird, bei der die Vögel mehrheitlich in kleinen und unstrukturierten Käfigen gehalten wurden, waren belastete Individuen in Sursee deutlich seltener. Ein Rosakakadu und ein Eichelhäher zeigten zu Beginn der Ausstellung, als aufgrund des plötzlichen Besucherandrangs eine ungewohnte Situation entstand, stereotype Verhaltensweisen. Die Kiebitze, deren Voliere von drei Seiten einsehbar war, verhielten sich scheu und hielten sich überwiegend im hinteren Volierenbereich auf. Eine ähnliche Situation zeigte sich bei den Rotschnabelkittas – ihre Voliere war im vorderen Bereich gut einsehbar, daher zogen sich die Tiere in eine der hinteren Ecken zurück – hier war aus Sicht des STS eine Stresssituation vorhanden, die man mit zusätzlichem Sichtschutz hätte vermeiden können. An allen Gehegen waren kleine Informationstafeln mit Hinweisen zu den gehaltenen Arten sowie deren Herkunft und Lebensweise angebracht. Bei den einheimischen Wildvögeln wurde zusätzlich auf die Bewilligungspflicht hingewiesen.

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VOGELAUSSTELLUNG SURSEE

Dieser Pennantsittich beschäftigte sich mit einer Grasähre.

Die Rotschnabelkittas zogen sich am Freitag in eine der Ecken zurück.

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Freiflughalle Im hinteren Bereich der Halle befand sich ein Freiflugzelt (ca. 12 x 6 x 3 m), welches zahlreiche australische Papageienarten (Wellensittiche, Nymphensittiche, Pennantsittiche, Neophemen, Königsittiche, Rotflügelsittiche) beherbergte. Das Zelt konnte von den Besuchern betreten werden, Sitzgelegenheiten luden zum Verweilen und Beobachten der Vögel ein. Am Freitagabend war der Besucherandrang im Zelt moderat und es herrschte eine ruhige Atmosphäre; Aufsichtspersonen waren vor Ort. Gegenüber dem Besucherbereich waren – in Anlehnung an den natürlichen Lebensraum der im Zelt gezeigten Vogelarten – eine Trockenlandschaft und ein Waldgebiet kreiert worden. Die grosszügigen Platzverhältnisse, die Strukturierung und nicht zuletzt die Gruppenhaltung befriedigte die Bedürfnisse der Vögel und ermöglichte es ihnen, ihr Verhaltensrepertoire auszuleben – was bei den Besuchern wiederum für spannende Beobachtungsmomente sorgte. Eine solche Ausstellungsform – welche auch dazu einlädt, sich Zeit für das Tier zu nehmen – ist aus pädagogischer und tierschützerischer Sicht zu begrüssen.

Die Gruppenhaltung im Freiflugzelt zeigte eindrücklich, wie wichtig Sozialkontakte für Vögel sind.

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Die Atmosphäre im Zelt war zum Besuchszeitpunkt ruhig; eine deutlichere Absperrung des Tierbereichs wäre aber trotzdem empfehlenswert gewesen. Wachtelvitrine Im vorderen Hallenbereich befand sich ein Stand eines Produzenten, welcher Wachtelprodukte verkaufte. Als Verkaufstisch diente ein ca. 1,5 x 0,5 x 0,8 m grosser Glasbehälter, der mit gut 60 Wachtelküken bestückt war. Der Behälter enthielt Einstreu, Futter und Wasser, Rückzugsmöglichkeiten fehlten allerdings. Aus Sicht des STS war diese Tierpräsentation äusserst unglücklich gewählt – nicht nur war die Besatzdichte zu hoch und es fehlte an Verstecken – auch eignet sich ein Tiergehege generell nicht als Verkaufstisch.

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Für die Wachtelküken wären Deckungsstrukturen nötig gewesen.


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Vogelbörse An der Vogelausstellung in Sursee wurden auch Vögel zum Verkauf angeboten. Während sich einige Züchter darauf beschränkten, die Gehege im Ausstellungsraum mit einem Verkaufshinweis und ihren Kontaktangaben zu versehen, stellten andere ihre Tiere zwecks direktem Verkauf in einem Nebenraum aus. Am Freitagabend wurde dieses Angebot rege genutzt. Die Haltungen können wie folgt zusammengefasst werden: • 31 Käfige massen ca. 0,6 x 0,4 x 0,55 m und waren mit Agaporniden, Kanarien, Wellensittichen, Prachtfinken oder Wachteln bestückt, wobei es sich je nach Grösse der Vögel um bis zu 10 Tiere handelte. • 12 Käfige massen ca. 0,9 x 0,6 x 1 m und enthielten mittelgrosse Sittiche, Finken und Zwergwachteln, es waren bis zu drei Sittiche oder sieben Wachteln vergesellschaftet. • In einer Voliere à ca. 1,2 x 1,1 x 2,2 m wurden zwei mittelgrosse Sittiche gehalten. Da es sich um eine dem Tierverkauf dienende Haltung handelte und Tiere möglichst eingehend begutachtet und leicht herausgefangen werden sollten, wurde bei der Käfiggrösse und -strukturierung gespart (verglichen mit der SWISSBird standen den Vögeln allerdings immer noch mehr Ressourcen zur Verfügung!). Die Volieren enthielten zwei fix installierte Sitzstangen (welche immerhin aus natürlichem Material bestanden, also benagbar waren), Futter und Wasser sowie teilweise Kolbenhirse. Weiter hatte man sich um leichtgradigen Rückzug in Form von Tannenzweigen bemüht – aus Sicht des STS hätte dieser allerdings grosszügiger ausfallen und im Falle der Wachteln auch im unteren Bereich angebracht sein müssen. Diese Haltungsform – verbunden mit der Unruhe, welche beim Herausfangen eines Vogels zwangsläufig entstand – stellte für praktisch alle zum Verkauf stehenden Vögel eine Belastung dar. Insbesondere die Straussenwachteln zeigten starke Stresssymptome: drei Tiere liefen längere Zeit stereotyp hin und her, während ein Tier regungslos und geduckt in einer Ecke kauerte.

Haltung im Börsenraum.

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VOGELAUSSTELLUNG SURSEE

Für die Wachteln war kein Rückzug vorhanden.

Fazit und Forderungen STS

Abgesehen von der Haltung der Wachtelküken und der Vogelbörse, welche unten separat diskutiert wird, zeigte sich die Vogelausstellung in Sursee von einer positiven Seite. Obwohl es sich «nur» um temporäre Tierhaltungen handelte, wurden die in der TSchV definierten Mindestmasse, welche für permanente Haltungen gelten, fast überall eingehalten. In einigen Fällen wurden die Mindestmasse auch wesentlich übertroffen, was der STS begrüsst. Die Bemühungen des Veranstalters um eine abwechslungsreiche Gehegestrukturierung und die konsequente Durchsetzung der Gruppenhaltung können ebenfalls gelobt werden. Der Sing- und Ziervogelverein Sursee und Umgebung demonstrierte an seiner Ausstellung somit eindrücklich, dass eine den Bedürfnissen der Tiere angepasste Haltung auch unter Ausstellungsbedingungen realisierbar ist. Auch für die Besucher lieferte die Ausstellung einen Mehrwert, da sie nebst Inputs für eine tierfreundliche Vogelhaltung und Informationsvermittlung auch spannende Beobachtungsmomente mit «Aha-Erlebnis» entstehen liess. Die Ausstellung nimmt daher auch aus pädagogischer Sicht eine Vorbildfunktion ein, von welcher sich sowohl zahlreiche Tierhalter wie auch andere Ausstellungen eine Scheibe abschneiden könnten. Einzelne Punkte sind im Hinblick auf die nächstmalig 2018 stattfindende Ausstellung allerdings verbesserungsfähig: • Das Gehege der Wachtelküken sollte nicht mehr in den Verkaufstisch integriert sein, weiter sollten den Küken Deckungsstrukturen angeboten werden. • Alle Käfige und Volieren sollten mit einem Vogelbad ausgestattet sein. • Die Mindestvorschriften der TSchV sollten überall eingehalten werden.

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VOGELAUSSTELLUNG SURSEE

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Zur Börsenhaltung ist Folgendes zu bemerken: Die Käfige im Verkaufsraum wiesen reduzierte Platzverhältnisse und eine minimale Strukturierung auf, was sich darauf begründet, dass Strukturelemente das Herausfangen der Vögel erschweren und somit beim Fang zu erhöhtem Stress und Verletzungsrisiken führen. Dies ist nicht von der Hand zu weisen, allerdings wirken sich die reduzierten Beschäftigungsund Rückzugsmöglichkeiten negativ auf das Wohlbefinden der Vögel aus. Zumindest ein grosszügigerer Sichtschutz wäre zwingend nötig, in manchen Fällen auch eine Reduktion des Tierbesatzes. Im Hinblick auf das Tierwohl wie auch zur Vermeidung von Spontankäufen wäre es aus Sicht des STS allerdings besser, ganz auf die Börse zu verzichten und einen Verkauf beim Züchter zu Hause zu propagieren.

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OLMA ST. GALLEN

OLMA St. Gallen 13. bis 23. Oktober 2016, besucht am 13. Oktober 2016

Zusammenfassung

Dieses Jahr wurden an der OLMA Nutztiere der Gattung Rinder, Schafe, Ziegen und Schweine präsentiert. Auch durften Hausgeflügel, Pferde und Esel bestaunt werden. Die Haltung der Tiere wurde im Gesamteindruck als gut beurteilt. Die Gehege waren sauber, verfügten über gute Liegemöglichkeiten, Wasser und Futter war überall vorhanden. Alle Tiere wurden mindestens zu zweit gehalten. Das Betreuungspersonal verhielt sich ruhig und respektvoll gegenüber den Tieren. Die Ausstellung der Milchkühe wurde durch einen Freilaufstall mit Melkroboter, der auch vorgeführt wurde, bereichert. Solche modernen Haltungsformen helfen das Tierwohl zu fördern. Der Schweizer Tierschutz STS ist der Auffassung, dass diese aktuell auf den Bauernhöfen anzutreffende Betriebsform dem Publikum keinesfalls vorzuenthalten ist. Das Gehege der Ziegen war vorbildlich. Es gab für die Tiere zahlreiche Beschäftigungs-, Kletterund Rückzugsmöglichkeiten. Aus der Sicht des STS müssten allerdings einige Haltungsbedingungen noch verbessert werden: Die Kühe in Anbindehaltung müssen stets genügend Bewegungsfreiheit haben. Es ist ihnen jederzeit zu ermöglichen, auf eine natürliche Weise zu stehen, sich zu drehen und normal hinzulegen. Der STS lehnt konsequent das Aufführen und Ausstellen von hochtragenden Rindern und Kühen ab sowie das Gebären an der OLMA. Hochtragende Tiere, die kurz vor der Geburt stehen, sollen nicht mehr herumgekarrt und den Belastungen einer Ausstellung ausgesetzt werden. Wenn Menschen eine Kälbergeburt sehen wollen, sollen sie sich mit Bauernhöfen in ihrer Umgebung in Verbindung setzen.

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OLMA ST. GALLEN

Bei mehreren Tierarten soll besser auf Rückzugsmöglichkeiten geachtet werden. Eine Muttersau und der Eber konnten von den Besuchern von allen Seiten berührt werden und hatten keine Möglichkeit, sich zurückzuziehen. Auch die Lämmer und Schafe waren exponiert und auch sie hatten keine Möglichkeit, sich den Besuchern zu entziehen. Tiere, die Erschöpfungszustände zeigen, dürfen nicht ausgestellt werden. Sitzstangen sind in Geflügelhaltungen nach dem Gesetz Vorschrift und müssen so installiert sein, dass sie vom Geflügel auch genutzt werden können.

Die Ausstellungen im Detail Aussengehege Schafe

Das Gehege der Schafe war speziell exponiert. Der einzige geschützte Bereich befand sich dort, wo die Heuraufen angebracht waren. Im Gegensatz zu letztem Jahr zeigten die Tiere keine Zeichen von Stress.

Die Schafe konnten sich kaum zurückziehen.

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OLMA ST. GALLEN

Pferde

In zwei großen Pferdeboxen von 360 x 720 cm wurden eine Freiberger Stute und ihr Fohlen gehalten. Die Boxen waren nur auf der einen Seite durch die Besucher einsehbar und die Pferde konnten sich so von den Besuchern zurückziehen.

Die Pferde hatten eine von drei Seiten geschützte Box.

Laufstall Milchkühe mit Melkroboter

Im Osten der Halle 1.0 wurde dieses Jahr zum ersten Mal eine vorbildliche Milchkuhhaltung in einem Laufstall mit Melkroboter präsentiert. Der Liegebereich wurde mit viel sauberer und trockener Einstreu vorbereitet. Die Gänge waren teilweise mit Sand bedeckt und zum Teil auch als Vollspaltenboden konstruiert. Wasser wurde in einem großen Trog angeboten. Die Kühe hatten eine grosse rotierende Kratzbürste zur Verfügung. Die Tiere wirkten ruhig und entspannt. Das Klima im Zelt war angenehm und die Hygiene im Stall war ausgezeichnet. Dem Publikum wurde die Funktionsweise des Melkroboters vorgeführt. Zutreffend wurde angeführt, wie wichtig für die Tiere Licht, Luft und Platz sind. Es ist sehr positiv, wenn die Olmabesucher diese Aussage nach Hause tragen können. Andererseits ist es auch so, dass in den Augen der Messebesucher heutzutage tierfreundliche Haltungsformen an einer Ausstellung wie der OLMA ein Muss sind.

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Abbildungen links und nächste Seite: Die OLMA hat dieses Jahr eine beispielhafte und moderne Haltung von Milchkühen gezeigt.


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OLMA ST. GALLEN

Arena

Zahlreiche Tiere wurden meistens auf ruhige und fachmännische Art in der Arena gezeigt.

Der Stier wurde manchmal zu fest am Nasenring gezogen. Wichtig ist, den Zuschauern zu zeigen, dass uns ein Tier immer auch Geduld und Ruhe abverlangt.

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OLMA ST. GALLEN

Hausgeflügel von ihren Besitzern präsentiert - sie konnten vom Publikum gestreichelt werden. ­ Die Tiere wirkten eher gestresst, besonders eine Gans, die mehrmals versuchte, ihre Trägerin zu beissen.

228 Das Schweinerennen fand unter guten Bedingungen für die Tiere statt.


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OLMA ST. GALLEN

Innenzone Halle 7.0

Anbindehaltung Kühe

Die Läger waren grosszügig mit Stroh eingestreut und sehr sauber. Aber auch in diesem Jahr war die Anbindelänge eher knapp bemessen und führte dazu, dass für grosse Kühe eine normale Kopfhaltung und entspanntes Stehen und Liegen nur bedingt möglich waren. Ausserdem konnte man hinter den Kühen durchlaufen und sie anfassen. Das Berühren war sogar beim Stier möglich. Das unkontrollierte Berühren mit Zugang zu den Tieren von allen Seiten wird vom STS stark kritisiert.

Die Anbindelänge war für grossrahmige Kühe kurz bemessen.

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OLMA ST. GALLEN

Der Stier und die meisten Kühe konnten permanent von den Besuchern angefasst werden. Die betroffenen Tiere konnten sich somit während der gesamten Messezeit von 10 Tagen den Zugriffen durch das Publikum nicht entziehen.

Mutterkühe

In einem grosszügig gestalteten Bereich wurden vier Mutterkühe verschiedener Rassen zusammen mit ihren Kälbern gehalten. Die Kälber konnten sich in einen durch die Kühe nicht zugänglichen Bereich zurückziehen. Zwei grosse Kratzbürsten standen den Tieren frei zur Verfügung.

230 Die Gruppenhaltung der vier Mutterkühe und ihrer Kälber war vorbildlich.


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OLMA ST. GALLEN

Neugeborene Kälber

Wie jedes Jahr sind auch heuer mehrere Kälber auf der OLMA geboren. Die Tiere waren gemeinsam in einer grossen Box untergebracht, welche gut mit Stroh und Heu eingestreut war. Der STS kritisiert, dass Kühe in sehr fortgeschrittenem Stadium der Trächtigkeit zur OLMA transportiert werden und in ungewohnter Umgebung abkalben müssen, damit die Kälber tags darauf bereits dem Publikum präsentiert werden können. Hier wird die Schaulust der Besucher klar über das Wohl der Tiere gestellt, was aus Sicht des STS weder für die Mutterkühe noch für die Neugeborenen toleriert werden kann.

Der STS lehnt das Gebären an der OLMA ab.

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OLMA ST. GALLEN

Diese beiden Kälber wurden nachts auf der Ausstellung geboren.

Schweine

Dieses Jahr wurden die Schweine erfreulicherweise nicht mehr aufgehoben, um sie dem Publikum zu präsentieren. Aber zwei der vier Schweineboxen waren für die Besucher von allen Seiten her zugänglich. Angesichts der knapp bemessenen Grösse der Boxen (ca. 200 x 200 cm) hatten die Tiere keine Möglichkeit, sich den Streicheleinheiten der Besucher zu entziehen.

232 Eber «Othmi» hatte keine Möglichkeit sich zurückzuziehen.


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OLMA ST. GALLEN

Pferde und Esel

Eine Haflingerstute und ihr Fohlen wirkten auffallend ruhig: Sie bewegten sich nicht, schienen erstarrt und reagierten nicht auf Stimulationen. Ihre Ohren waren nach hinten gelegt. Eine Eselstute und ihr Fohlen, in einer angrenzenden Box gehalten, hatten ebenfalls keine Beschäftigungsmöglichkeiten und zeigten dasselbe Verhalten wie die Pferde. Diese Tiere schienen von der Ausstellungssituation überfordert zu sein und sollten wegen der damit einhergehenden Belastungen zukünftig nicht mehr an mehrtägigen Tierausstellungen präsentiert werden.

Die Pferde und Esel, welche in der Halle gehalten wurden, wirkten teilnahmslos.

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OLMA ST. GALLEN

Halle 7.1

Lämmer

Am ersten Ausstellungstag verfügten die beiden Gehege, in denen Lämmer gehalten wurden, über keinerlei Rückzugsmöglichkeiten. Der Rückzug fehlte den Tieren besonders in dem Gehege, das von drei Seiten für das Publikum zugänglich war. Auf Anregung des STS haben die Verantwortlichen Strohballen in die Einzäunungen gebracht. Diese Lösung hat die Haltungsbedingungen für die Lämmer etwas verbessert, war aber trotzdem nicht ideal. Zweimal täglich hatten jeweils 30 Kinder die Möglichkeit, die Lämmer zu schöppeln. Das Aufsichtspersonal verhielt sich dabei ruhig und professionell, jedoch schien die Situation für die Lämmer nicht ganz belastungsfrei zu sein (zu grosser Andrang, zu viele Kinder, zu wenig Ruhe, Durchfallspuren bei den Lämmern). Es könnte eine gute Möglichkeit sein, den Kindern einen rücksichtsvollen Umgang mit Tieren beizubringen, wenn das Lämmerschöppeln dosierter und insgesamt ruhiger ablaufen würde.

Die Lämmer hatten keine Rückzugsmöglichkeiten.

Ziegen

Das Gehege der Ziegen an der OLMA war sehr grosszügig gestaltet und bestand aus Holzelementen auf mehreren Etagen, die den Tieren das Klettern ermöglichte. Es gab auch einen etwas dunkleren Bereich, wohin sich die Ziegen nach Bedarf zurückziehen konnten, sogar eine Kratzbürste hatten sie zur Verfügung. Der gut eingestreute Boden, die zahlreichen Beschäftigungsmöglichkeiten und mehrere gefüllte Heuraufen sowie selbstverständlich auch die Wassertränken, welche die Tiere zur Verfügung hatten, vervollständigten den schönen Gesamteindruck dieser Haltung. Die Ziegen waren neugierig und näherten sich den Besuchern, um sich von ihnen streicheln zu lassen.

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OLMA ST. GALLEN

Diese Ziegenhaltung war vorbildlich. In zwei strukturlosen Gehegen wurden jeweils drei Saanenziegen gehalten. Der Besucher hatte von drei Seiten Zugang zu dieser eintönigen Ziegenhaltung. Für diese Tiere gab es weder Kletter- noch Rückzugsmöglichkeiten.

Diese stark exponierten Gehege boten keine Rückzugsmöglichkeiten.

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OLMA ST. GALLEN

Hausgeflügel

Die Holzsitzstangen in den Volieren der Appenzeller Hühner und der Appenzeller Spitzhaubenhühner wurden in den Ecken der Vollieren in ca. 1,5 m Höhe installiert. Die Hühnerstangen waren sehr exponiert in weniger als 40 cm Abstand vom Frontgitter angebracht, zudem war der Durchmesser der Sitzstangen mit ca. 2 cm zu klein. Aufgrund einer Anregung durch den STS wurden die Hühnerstangen so versetzt, dass sie von den Tieren auch genutzt werden konnten.

Der erste Tag der Ausstellung: Die meisten Sitzstangen wurden für Hühner zu hoch und zu nah an die Wand montiert, zudem hatten sie einen zu geringen Durchmesser. Halle 6 In der Halle 6 befand sich ein Streichelzoo für Kinder. Es gab dort 2 Kälber im Alter von zwei und drei Monaten, 3 Ziegen, 6 Schweine und 3 Hühner. Zwei Personen waren damit beauftragt zu kontrollieren, dass nie mehr als 30 Personen gleichzeitig im Gehege waren, es war für sie aber schwierig, immer den Überblick zu bewahren. Uns wurde mitgeteilt, dass am letzten Ausstellungssonntag der OLMA eines der Kälber am Boden lag und nicht mehr auf die Reize der Besucher zu reagieren vermochte. Es ist anzunehmen, dass dieses noch so junge Tier nach 10 Tagen Streichelzoo einfach zu erschöpft war. Es wäre aus unserer Sicht dringend anzuraten, solch junge Tiere nicht während mehreren Tagen einer solchen Belastung auszusetzen.

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

OLMA ST. GALLEN

Der Streichelzoo war groß und gut strukturiert.

Leider wurde der Ruhebereich der Tiere nicht ausreichend überwacht.

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Fazit

OLMA ST. GALLEN

Die Tierhaltung an der OLMA wurde grösstenteils für gut befunden. Die meisten Haltungsformen gingen über die gesetzlichen Minimalanforderungen hinaus, was aus Sicht des Tierschutzes lobenswert war. Der STS begrüsst insbesondere, dass die OLMA die Möglichkeit ergriffen hat, dem Publikum eine moderne, tierfreundliche Laufstallhaltung für Milchkühe näherzubringen, wie sie heute gang und gäbe ist. Auch die Mutterkuhhaltung und die schön strukturierte Ziegenhaltung waren vorbildlich. Um die Haltungsbedingungen an der OLMA noch weiter zu verbessern, empfiehlt der STS, jedem ausgestellten Tier die nötigen Rückzugsmöglichkeiten zu bieten. Das kann strukturell (z. B. mit einer Wand oder als kleines Versteck) oder organisatorisch (z. B. beschränkte Einsatzzeiten im Streichelzoo) umgesetzt werden. Der STS ist sehr kritisch gegenüber dem Transport und der Haltung hochträchtiger Kühe an der OLMA eingestellt und empfiehlt solche geplanten Geburten in Zukunft abzulehnen. Aus Tierschutzgründen dürfen in Kürze abkalbende Kühe keinem Transport- und Ausstellungsstress mehr ausgesetzt werden, zumal auch das komplette Umfeld und der Ausstellungsbetrieb für die Kühe neu bzw. ungewohnt sind und eine zusätzliche Belastung für die Tiere darstellen.

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SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS


SCHWEIZER TIERSCHUTZ STS

INTERNATIONALE HUNDEAUSSTELLUNG GENF

Internationale Hundeausstellung Genf 18. bis 20. November 2016, besucht am 19. November 2016

Allgemeines

Zum 4. Mal wurde in der Palexpo Genf eine von der Société Vaudoise de Cynologie (SVC) organisierte internationale Hundeausstellung durchgeführt, dieses Jahr an 3 Tagen mit über 5000 Aussteller-Anmeldungen. Die Ausstellung stand unter der Patenschaft der Fédération Cynologique Internationale (FCI) und der Schweizerischen Kynologischen Gesellschaft (SKG) und wurde sehr gut besucht. Es galt das SKG-Ausstellungsreglement (Auszug Seite 44). An der Expo Genf ging es auch um die Anwartschaft für den Titel «Alpenchampion» und die Qualifikation für die Crufts 2017, die weltweite grösste Hundeausstellung und -show in Birmingham. Zusätzlich konnte auch der neue Titel «Schweizer Ausstellungschampion» erworben werden. Am Besuchstag wurden über 236 Rassen von 18 Richterinnen und Richtern verschiedener Nationalitäten beurteilt. Insgesamt wurden an diesem Tag knapp 1750 Hunde in 34 Ringen in einer grossen Halle gerichtet. Die Hallentemperatur lag am Vormittag zwischen 18 und 20 °C, am Nachmittag stieg sie auf 24 °C an, was für die meisten Hunde deutlich zu warm und daher belastend war. Zudem war das Hallenklima aufgrund des zu geringen Luftaustausches in weiten Teilen stickig. Die Lautstärke bewegte sich im Mittel zwischen 70 und 80 Dezibel, was für die Hunde tolerabel war. Einzig in der Nähe des Ehrenrings wurde es am Nachmittag auch lauter (um die 90 dB). Da der Ehrenring aber in einer Ecke neben einem Restaurant platziert war, wurden die meisten Richterringe und Aussteller vermutlich wenig davon tangiert.

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Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gut gefallen hat: • Kaum Gestank: Trotz der warmen Temperaturen in der Halle, hat es wenig nach Urin oder Hundekot gestunken. • Entspannte Team: Obwohl Hektik, Anspannung und Druck für Hund und Halter spürbar waren, gab es einige Beispiele ganz entspannter Teams:

Entspannte Airedale-Terrier.

240 Entspannter Bernhardiner mit Kind.


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Entspannter Staffordshire Bullterrier auf dem Schoss des Halters.

Entspanntes Sit-In.

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Abbildungen oben und unten: So geht es auch – recht entspannt und locker.

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Die Halterin versuchte es diesem Junghund so angenehm wie möglich zu machen – er blieb jedoch trotz der schützenden Nähe zu ihr verängstigt und verunsichert. • Verbotene Galgen abmontiert: Zudem waren die am Vormittag aufgestellten und benutzen Galgen am Nachmittag bereits wieder abgebaut und verschwunden.

Diese 3 Galgen waren am Nachmittag abmontiert.

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• Konsequente Richterin: Gut gefallen hat uns eine Richterin, die eine lahmende Bordeaux-Dogge disqualifiziert hatte, obwohl der Hundehalter den Entscheid nicht ohne weiteres akzeptieren wollte und hartnäckig im Vorführring blieb. Die Dogge zeigte zudem beidseits stark tränende und entzündete Bindehäute aufgrund von Rolllidern (einwärts gedrehte untere Lider, Entropium). Der Entscheid der Richterin war unserer Meinung nach angebracht und nötig.

Abbildungen oben und unten: Stark entzündete Augen beidseits durch Rolllider (Entropium).

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• Vorbildliche Katalog- und Reglementausgabe: Die Organisatoren haben allen Ausstellern mit der Abgabe der Kataloge nach dem Eintritt in die Halle auch ein Merkblatt ausgehändigt, auf dem das Verbot der Verwendung von Zughalsbändern oder Vorführleinen ohne Stopp deutlich erläutert wurde.

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• Tolle Welpenspielgruppe: Gut gefallen hat uns auch die Welpenspielgruppe, organisiert von Le Copain und der Société Canine Genève. Hier wurde einem interessierten Publikum abseits der Hundeausstellung in der benachbarten, viel ruhigeren und gut klimatisierten Halle der Herbstausstellung, gezeigt, wie wichtig Sozialkontakte mit Artgenossen von klein auf für Hunde (und ihre Halter) sind.

Welpenspielgruppe im Parcour.

246 Spielende Welpen.


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• Grosser angrenzender Park mit viel Auslaufmöglichkeiten: Der dem Ausstellungsgelände angrenzende grosse Park ermöglichte Hunden und HalterInnen ausgiebige Spaziergänge vor und nach der Ausstellung, was von einigen auch genutzt wurde.

Einige Hundehalter nutzten den herrlich grossen Park mit weitflächigen Auslaufmöglichkeiten für einen Spaziergang mit den Hunden.

Was sich im Vergleich zur letzten vom STS beurteilten Ausstellung verbessert hat: • Augenfällig weniger übertriebenes Zurechtmachen: Es wurden zwar immer noch viele Hunde gesprayt, gepudert und mit Cremes oder Pasten eingerieben. Auch mit Schere, Kamm und Trimmgerät wurde das Fell bearbeitet, wie beobachtet werden konnte. Vieles wurde aber nicht mehr so offensichtlich und ungeniert wie in den letzten Jahren gemacht. • Vorführ-Equipment angepasst: Ein Grossteil der Hunde wurde mit Halsbändern oder Vorführleinen mit Stoppvorrichtung gezeigt. Das ist ein deutlicher Fortschritt zu den letzten Ausstellungen in Fribourg (2014), Genf (2015) und Kreuzlingen (2015, 2016). Offenbar haben die Aussteller ihr Equipment mehrheitlich angepasst. Nicht verbessert hat sich hingegen das Würgen der Hunde vor und im Richterring (s. u.).

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Was sich im Vergleich zur letzten vom STS beurteilten Ausstellung nicht verbessert – oder gar verschlechtert hat: • Würgen der Hunde: Bei den allermeisten Hunden wurde der Stopp so weit vorne gesetzt, dass bei Zug auf Leine oder Halsband automatisch das Würgen folgte. Die Hunde wurden aber auch mit richtig gesetzter Stoppvorrichtung gewürgt – das konnte leider häufig beobachtet werden.

Bordeaux Dogge mit Leine und Stoppvorrichtung (ganz weit oben am Hals) – aber ohne Zug.

248 Selbe Bordeaux Dogge mit Zug auf der Leine und deutlichem Würgen.


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Bordeaux Dogge mit dünner Kettenvorführleine, gewürgt durch den Zug auf die Leine.

Abbildungen oben und nächste Seite: Gewürgte Bordeaux Dogge fürs Siegerfoto neben Richterin.

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Fürs Siegerfoto: Noch einmal Würgen – trotz daneben sitzender Richterin.

250 Gewürgte Bordeaux Dogge an dünnem Kettenvorführhalsband und harter Hand.


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Abbildungen oben und unten: «Aufgehängter» Berger Blanc Suisse.

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Gewürgter Basset an Kettenvor­ führleine mit bzw. trotz Stopp­ vorrichtung.

Gewürgter Greyhound – immerhin mit verbreiterter Auflage am Kehlkopf. Die Mimik des Hundes zeigt unmissverständlich seine Belastung: aufgerissene Augen mit viel Augenweiss, Ohren nach hinten 252 und angelegt, sowie nach hinten gezogener Mundwinkel.


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Der gleiche Greyhound noch enger gef端hrt und gew端rgt.

In Position gebrachter, hochgezogener und gew端rgter Bloodhound.

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Gewürgter, an der Leine hochgezogener Langhaardackel im Richterring.

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Der gleiche Dackel zeigte mehrmals starke Würgereflexe.


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Abbildungen oben und unten: Den Bullmastiffs ging es auch nicht anders – sie wurden mit dünnen Vorführleinen und in Gegenwart der Richterin gewürgt.

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Abbildungen oben und unten: im Richterring gewürgter Basenji.

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Der gewürgte Basenji in starker Bedrängnis. Es war kein Ausweichen möglich: links die Halterin mit harter, unnachgiebiger Hand am Hals und am Hinterbein – rechts die Richterin mit ihrer Hand auf dem Rücken des Hundes. Dem Basenji war sichtlich unwohl, wie seine Körperhaltung und sein Gesichtsausdruck unmissverständlich ausdrückten.

Die gleiche Halterin zeigte der Richterin noch einen zweiten Basenji – ebenfalls mit starkem Würgen.

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Gleiche Halterin, gleiche Richterin – anderer verzweifelter Hund. Hier schien keinerlei Problembewusstsein vorhanden zu sein.

• Übermässiges Zurechtmachen: Wie weiter oben bereits erwähnt, konnte das Sprayen, Pudern, Stylen, Einflechten, Schneiden und Trimmen etc. im Allgemeinen nicht mehr so häufig beobachtet werden wie früher. Die vielen Styling-Utensilien und offenen Beauty-Cases jedoch lassen vermuten, dass es immer noch häufig gemacht wird, obwohl es gemäss Ausstellungsreglement seit langem gänzlich untersagt ist.

Styling-Utensilien und Koffer gab es jede Menge auf der Ausstellung – das lässt darauf schlies-

258 sen, dass auch rege Gebrauch davon gemacht wurde.


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Dem Akita Inu wurden alle 4 Beine mit einer klebrigen Paste eingerieben.

Dieser Hund wurde auf dem Ausstellungsgelände eingeflochten und konnte sich dadurch nicht mehr artgemäss verhalten. Das gegenseitige Beschnuppern und die Kontaktaufnahme zu anderen Hunden waren so nicht mehr möglich.

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Dieser Bobtail musste die Haarklammern an einer der empfindlichsten Stellen, direkt an seiner Schnauze dulden.

Dieser Terrier musste einen Halskragen tragen, damit seine Haare ausgebürstet und gestylt werden konnten. Er kann ohne Haarspangen seinen Kopf nicht normal bewegen – dafür sind 260 die Haare viel zu lang, er würde sich draufsteigen oder darüber stolpern …


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Dieser Hund wurde während der Ausstellung vorne und hinten eingeflochten. Ein normales Bewegungsmuster (vor allem der Rute und des Kopfes) und Verhalten war dadurch weitestgehend ausgeschlossen.

Bei diesem Spaniel wurde unerlaubterweise mit der Schere nachgeholfen.

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Dieser Pudel war unnatürlich geschoren und aufgestylt. Damit er überhaupt noch etwas sehen konnte wurden seine langen Haare im Kopfbereich mit mehreren Haargummis zusammengebunden.

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Diesem Malteser wurden auf der Ausstellung die Haare eingeflochten – obwohl dies für den Hund eine unangenehme und teils auch schmerzhafte Prozedur darstellte und gemäss Ausstellungsreglement explizit verboten war. • Käfige und Gehege: Beengte Platzverhältnisse und ungeeignete Aufenthaltsorte. Was häufig beobachtet wurde, waren zu kleine Käfige oder Gehege im Verhältnis zu Grösse und Anzahl der Hunde. Teilweise mussten die bereits gestressten Tiere darin stundenlang ausharren.

Diese 4 King Charles Spaniel hatten viel zu wenig Platz und noch dazu Ohrenschützer. Der aufrecht sitzende Hund in der Mitte bellte ununterbrochen. Die Hunde waren deutlich von der Situation überfordert.

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Dieser Käfig war für 5 Cocker Spaniel viel zu klein. Ein Hund hatte keinen Platz zum Sitzen oder Stehen – er verhedderte sich mit dem Fuss im Gitter beim Versuch sich abzustützen.

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Diese Hunde hatten in ihren Käfigen zwar genug Platz, mussten aber lange darin ausharren und fühlten sich unwohl, weil sie von allen Aussenseiten her keinen Schutz hatten und der 4er-Zug instabil war und bei jeder Bewegung wackelte.


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Dieser Bobtail konnte nur aufrecht sitzen, wenn er den Kopf durch die Luke streckte. Seine Sicht war wegen der langen Haare zudem stark eingeschränkt.

Dieser Doggenkopf ragte beim Sitzen aus dem Käfig – zudem hatte sie starke Hängelider mit geröteten und entzündeten Bindehäuten.

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Nicht alle Hunde nahmen ihre beengten Platzverhältnisse so gelassen hin wie diese beiden Französischen Bulldoggen. Auch sie hatten aber viel zu wenig Platz im Käfig. • Missachtung des Galgenverbots: Zwar wurden einige (benutzte!) Galgen wieder abmontiert (siehe Seite 5) – andere hingegen wurden trotz des seit Jahren geltenden Verbots benutzt.

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Dieser Hund wurde zum Zurechtmachen unerlaubterweise an einen sogenannten Galgen angebunden.


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• Schutzanzüge, Hauben / Ohrenschutz, Stulpen, Pfotenschutz / Schuhe, Windeln: Eher zugenommen hat der Einsatz von diversen «Schutzbekleidungen» für Hunde. So wurden Hunde gewisser Rassen oft nach dem aufwendigen Zurechtmachen in Schutzanzüge gesteckt um die Frisur und das Styling nicht zu gefährden. Damit die Hunde sich nicht beschmutzten, wurden sie beim Gang auf den Versäuberungsplatz mit Stulpen und Pfotenschutz ausgestattet oder es wurde ihnen gar eine Windel angezogen. Sehr verbreitet war der Gebrauch von Ohrenschützern bzw. Hauben. Für die Hunde sind diese Massnahmen sehr unangenehm, sie schränken sie in ihren Bewegungen und ihrer Körpersprache ein.

Abbildungen oben und unten: Diesen Hunden wurden zum Gang auf den Versäuberungsplatz neben einem Ohrenschutz auch Stulpen und Schuhe als Pfotenschutz angezogen. Normales Laufen und normale, arttypische Körpersprache waren so gar nicht mehr möglich …

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Diesem Afghanischen Windhund wurden mit einer orientalischen Ohrenschutzhaube die Ohren verpackt. Dem Hund war sichtlich unwohl, was Gesichtsausdruck und Körperhaltung deutlich zeigten.

268 Dieser Hund musste bei 24 °C in einen zweischichtigen Ganzkörperanzug.


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• Ausstellung extremer Zuchtmerkmale und ausbleibende Selektion durch die RichterInnen:

Abbildungen oben und nächste Seite: Diese Französische Bulldogge wurde vom Richter bewertet obwohl sie eine konkave Gesichtsfläche zeigt und damit deutlich ein belastendes Extremzuchtmerkmal aufweist. Der Zuchteinsatz belasteter Tiere ist gemäss der seit 2014 in Kraft gesetzten Verordnung Tierschutz beim Züchten reglementiert und bei starker Belastung verboten. Das Brachycephale Syndrom und die eingeschränkte Freiatmigkeit, worunter solche extrem kurzschnäuzigen Hunde häufig leiden, fällt in die Belastungskategorien dieser Verordnung. Züchter sollten mit solchen Hunden nicht züchten – Richter müssten hier konsequent intervenieren.

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Mit diesem Boxer mit starkem Unterbiss sollte nicht gezüchtet werden.

270 Die Gebissfehlstellungen werden häufig vererbt.


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Pekinese mit überlangem sehr dichtem Haar und sehr kurzer Schnauze. Im Vordergrund auf dem Tisch liegt ein hellblaues Kühlelement. Der Pekinese musste sich immer wieder darauf legen um mit den Temperaturen an der Ausstellung zurecht zu kommen.

Äffchen oder Hund? Dieser Pekinese hatte ebenfalls eine äusserst kurze Schnauze und eine überlange, dichte Behaarung.

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Häschen oder Hund? Derselbe Pekinese wie oben: Kaum Schnauze und Löwenmähne.

Die extreme Kurzschnäuzigkeit, das viele und sehr dichte Fell sowie die Ausstellungssituation mit den hohen Temperaturen setzten diesem Pekinesen zu – er musste ununterbrochen hecheln 272 und zur Abkühlung auf einem grossen Kühlakku liegen bleiben.


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Falten über Falten: Dieser Basset hatte an den Beinen so viel «überschüssige» Haut, dass sie sich in Schichten übereinanderlegte. Die Gelenke lagen nicht frei, der Bauch lag maximal 10 cm über dem Boden, der Hund hatte viele Falten an Kopf, Hals, Brust und Schultergürtel. Er hatte zudem ausgeprägt lange Hängeohren und auch Hängelider. Wegen der Faltenbildung, dem tiefliegenden Rumpf und den Hängeohren konnte sich der Basset nicht normal fortbewegen. Zudem wurde er im Ring grob um die Schnauze gefasst und mit der Vorführleine gewürgt.

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Auch bei diesem Basset «hing» alles: die Augenlider, die Ohren, der Rumpf, die Haut an Brust, Schulter und Beinen, die Pfoten sind wulstig und nach aussen gedreht. Die ausgeprägten Hängelider führen zu chronischen, juckenden und schmerzenden Bindehautentzündungen. Die vielen Falten führen zu Hautentzündungen, die stark jucken und häufig tierärztlich behandelt werden müssen. 274 Eine «normale» Körperhaltung und Fortbewegung ist meist nicht möglich.


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Bei diesem Basset zog die Leine die vielen Falten an Hals und Brust zusammen. Weil die Ohren zu lang sind und überall aufliegen (am Fang und Boden) oder reinhängen (in Trinkwasser, Futternapf, Pfützen etc.) und vollgespeichelt werden, sind die Ohrränder entzündet. Das lässt sich auf dem Bild gut erkennen.

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Bei diesem Bloodhound hing auch alles nach unten: Die Lider, die Lefzen, die Ohren, die Haut an Hals, Nacken und Brust. Zudem schielte der Hund und dürfte aufgrund der verdickten Nick- und Bindehäute ein stark eingeschränktes Sichtfeld gehabt haben.

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• Grober Umgang der Aussteller mit ihren Hunden: Abgesehen vom Würgen und Zurechtmachen der Hunde, konnten auch noch weitere Beobachtungen gemacht werden, bei denen Hundehalter bzw. Aussteller einen äusserst groben Umgang mit Ihren Hunden zeigten: z. B. harter Griff an die Schnauze (v. a. beim Zurechtmachen oder im Ring), hartes Zupacken an der Nackenhaut, Griffe an den Anogenitalbereich, Hochziehen am Schwanz oder an der Leine (Hund hebt vom Boden ab) usw.

Dieser English Pointer wurde sehr grob am Nackenfell gepackt und in den Metallkäfig (rechts im Hintergrund) geschleift. Der Hund duckte sich sehr ängstlich und unterwürfig. Er war ausserdem unserer Meinung auch zu mager.

Diesem Hund wurde in Gegenwart des Richters grob der Fang zugedrückt. Zusätzlich wurde ihm beim Zudrücken komplett die Sicht genommen und auch die Ohren fest an den Kopf gepresst. Der Hund hatte Angst und verharrte eingeschüchtert.

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Derselbe Hund nun eingeschüchtert und im Würgegriff.

Abbildungen oben und nächste Seite: Diesen beiden American Staffordshire Terriern wurden vor dem Gang zur Richterin die Ohren mit Klebstoff (Copydex) ge- bzw. verklebt. Sie jaulten und 278 wimmerten wegen der schmerzhaften Prozedur.


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Der Klebstoff mit Druck auf die Ohren schmerzte – der Hund musste dabei festgehalten und der Kopf von einer zweiten Person fixiert werden.

Derselbe Hund wie oben. Der Klebstoff wird mit Druck auf die Innenseite des Ohrs gebracht. Aufgrund des Jaulens und Wimmerns der Hunde ist davon auszugehen, dass es sich um äusserst schmerzhafte Anwendungen handelte.

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• Deutlich gestresste Hunde, die unserer Meinung nach nicht auf eine Hundeausstellung gehen sollten, weil sie mit der Situation vor Ort überfordert sind.

Dieser Rhodesian Ridgeback war sehr verängstigt. Seine komplette Körperhaltung, das Hecheln, der eingezogene Schwanz zeigen Angst und starke Verunsicherung. Da die Hunde in der Regel 8 Stunden und länger auf der Ausstellung sind, viele auch an 2 aufeinanderfolgenden Tagen, entspricht dies einer Überforderung der Anpassungsfähigkeit der Hunde, die gemäss Tierschutzverordnung Art. 3 Abs. 1 ausdrücklich verboten ist. Solche Hunde dürften nicht ausgestellt werden. • Keine Aushänge, in der Halle, die darüber informierten, dass übermässiges Zurechtmachen und Halsbänder ohne Stopp verboten sind (keine No Powder – No Spray – No Problem Poster) • Kein Eingreifen der Kontrolleure beobachtet

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Fazit

Die internationale Hundeausstellung in Genf bot mit dem nahegelegenen Park zum Gassigehen (vor und / oder nach der Ausstellung) und den in unmittelbarer Nähe befindlichen Parkplätzen zu den Ausstellungshallen grundsätzlich tierfreundliche Bedingungen für Hunde und AusstellerInnen. Der grosszügig angelegte Versäuberungsplatz wurde rege zweckgemäss genutzt, sodass die Ausstellungshalle weitestgehend frei von Fäkalgerüchen und -spuren war. Die Grösse der Ausstellungshalle bot allen AusstellerInnen, Hunden und Besuchern grundsätzlich genug Platz, um sich gegenseitig ausweichen zu können; Rangeleien unter den Hunden waren eher selten zu beobachten (im Vergleich zur IHA in Kreuzlingen, wo die beengten Platzverhältnisse ständig zu Reibereien und Auseinandersetzungen führten). Trotzdem mussten viele Hunde in viel zu kleinen Käfigen und Boxen teils über mehrere Stunden ausharren, sich den eng bemessenen Platz vielfach auch noch mit Artgenossen teilen. Die Organisatoren haben die Aussteller hinreichend über das Ausstellungsreglement und somit über das Verbot von übermässigem Zurechtmachen und dem Einsatz von Würgehalsbändern und Leinen ohne Stopp informiert. Leider fehlten in Genf die Plakate und Flyer, die auf diese Bestimmungen hinwiesen (No Powder – No Spray – No Problem). Ohne dessen verfehlten diese Informationsmassnahmen grösstenteils ihr Ziel: Zwar schien erfreulicherweise das übermässige Zurechtmachen tendenziell etwas weniger verbreitet zu sein als bei früheren Ausstellungen. Hingegen gab es an der Ausstellung wohl kaum einen Hund, der beim Zurechtmachen und Vorführen nicht gewürgt wurde – auch wenn dies mit dem Verbot, Würgehalsbänder und Leinen ohne Stopp einzusetzen, ja primär verhindert werden sollte. Deutlich zeigte sich auch an dieser Ausstellung, ähnlich wie in Kreuzlingen, dass Verbote nichts bringen, wenn deren Einhaltung nicht eingefordert wird. So leidet die Glaubwürdigkeit der Organisatoren, gerade auch gegenüber den Aussteller- und ZüchterInnen: Der Einsatz von Würgehalsbändern und Vorführleinen ohne Stopp, sowie das übermässige Zurechtmachen sind zwar explizit verboten – es hat aber kaum Konsequenzen zur Folge wenn diese Vorschriften missachtet werden. Es konnten auch in Genf Kontrolleure am Besuchstag beobachtet werden – jedoch scheint es nach wie vor so, dass diese zu wenig oder zu «sanft» eingegriffen haben, obwohl es zahlreiche Situationen erfordert hätten. Sehr deutlich zeigte sich auch an dieser Ausstellung, dass das Verbot des Einsatzes von Würgehalsbändern und Leinen ohne Stopp grösstenteils völlig wirkungslos war. Zum einen setzten sich viele Aussteller am und im Ring schlichtweg darüber hinweg, zum anderen wurden viele Hunde nun einfach durch zu enge Stoppvorrichtungen, starken Zug und Hochzerren der Leine gewürgt. Die Vorschriften müssten deshalb konsequent dahingehend kontrolliert werden, dass explizit das enge Führen mittels Halsband und Leine (auch mit Stoppvorrichtung) sowie das Würgen von Hunden unterbunden wird. Der Schweizer Tierschutz STS fordert deshalb, dass die Organisatoren und auch die Richter und Richterinnen das Einhalten der Tierschutzbestimmungen und des Ausstellungsreglements strenger kontrollieren und bei Verstössen auch entsprechend sanktionieren. Zudem sehen wir die RichterInnen auch in der Verantwortung mit ihren Beurteilungen die erkennbaren Extremzuchtmerkmale stärker zu selektieren. Nur so kann nachhaltig gewährleistet werden, dass gesunde, nicht durch züchterische Extravaganzen vorbelastete Tiere nachgezüchtet werden.

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Auszug aus dem Ausstellungskatalog, Seite 20, Textauszug aus dem SKGAusstellungsreglement.

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Kleintierschau Frauenfeld 3. und 4. Dezember 2016, besucht am 3. Dezember 2016

Allgemeines

An der Kantonalen Kleintierschau in der Festhalle Rüegerholz in Frauenfeld wurden Kaninchen, Meerschweinchen und Ziervögel präsentiert. Auf das Ausstellen von Geflügel wurde in diesem Jahr aufgrund der Vogelgrippe verzichtet. Neben Kleintiere Frauenfeld, welche die Ausstellung organisierte, waren auch der Schaffhauser Kantonalverband sowie Pirol Winterthur (Ziervogelbörse) präsent. Die Ausstellung war am Samstag von 12 Uhr bis «Open-end» für die Besucher geöffnet. Laut Homepage von Kleintiere Frauenfeld fand am Samstagmorgen ab 7 Uhr unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Bewertung der Tiere statt. Am Sonntag war die Kleintierschau von 9 – 17 Uhr geöffnet. An der Ausstellung wurden rund 370 Kaninchen, welche 23 verschiedenen Rassen angehörten, präsentiert. Die Temperatur in der Halle lag während der ganzen Besuchszeit bei etwa 22 °C. Die Luft blieb stets frisch und die Lautstärke bewegte sich um angenehme 70 Dezibel.

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Kaninchen

Sämtliche Kaninchen waren, wie an solchen Ausstellungen üblich, in Metallkäfigen untergebracht. Die Käfige waren in langen Reihen angeordnet, wobei sich jeweils zwei bzw. drei Käfige übereinander stapelten. An der Frontseite der mit Gitterstäben versehenen Käfige befand sich an einer Seite jeweils ein etwa 10 cm breites Blech, an dem der Bewertungszettel hing. Kaninchen bis zu einer Gewichtsklasse von 3,5 – 5,5 kg (mittlere Rassen) waren in Käfigen von ca. 70 x 65 x 45 cm untergebracht, sämtliche schwereren Rassen (Grossrassen) in Käfigen von ca. 70 x 70 x 70 cm. Der Boden der Käfige war mit Stroh bedeckt. Als Futter standen den Kaninchen Heu und in einigen Fällen auch Futterpellets zur Verfügung.

Blick auf eine Käfigreihe; gut sichtbar die in 3 Reihen übereinander gestapelten Metallkäfige ohne Rückzugsmöglichkeit und ausreichenden Sichtschutz.

Meerschweinchen

Mitten im Hallenteil mit den Ziervögeln befand sich ein Gehege mit Meerschweinchen. Die Grundfläche bildete ein langgestrecktes Sechseck, wobei die beiden kürzeren Seiten etwa 1 m und die vier längeren Seiten etwa 2 m lang waren. Das von allen Seiten einsehbare Gehege bestand aus Drahtgitterwänden, war gegen oben offen und mit Hanfstroh eingestreut. Als Futter wurde den Meerschweinchen Heu sowie Karotten angeboten. Am Gitter am Rande des Geheges war eine Trinkflasche angebracht. Einige Häuschen und Unterschlupfe aus Holz und Kork dienten den Meerschweinchen als Versteckmöglichkeiten. Sie befanden sich in der Mitte des Geheges, so dass dort die Tiere nicht von den Besuchern gestört oder angefasst werden konnten. Alle Meerschweinchen hielten sich während der ganzen Besuchszeit in der Mitte des Geheges in den Rückzugsbereichen auf. Soweit erkennbar, befanden sich im Gehege 6 Tiere.

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Ziervögel

Die Ziervogelausstellung bzw. -börse wurde nur kurz besucht und es wurde keine detaillierte Aufnahme aller Arten und Käfiggrössen vorgenommen. Da in diesem Teil der Ausstellung ein striktes Fotografierverbot herrschte, konnte auch keine bildliche Dokumentation vorgenommen werden. Während die Ausstellungstiere in Volieren untergebracht waren, befanden sich die Vögel für die Börse mehrheitlich in kleinen Käfigen mit einer Grösse von ca. 50 x 30 x 45 cm. Die Käfige, die allesamt über keinen Sichtschutz verfügten, waren auf Tischen platziert, so dass die Besucher die Vögel frontal und zum Teil sogar von oben betrachten konnten. Nicht wenige Tiere reagierten auf diese belastende Ausstellungssituation mit ununterbrochenem, aufgeregtem Hin- und Herflattern, vorübergehender Schnabelatmung sowie mit Regungslosigkeit. Die sehr engen Raumverhältnisse ohne jede Beschäftigungsmöglichkeit belasteten die Tiere und waren in keinster Weise vorbildlich. Zumindest sollten alle Käfige über eine ausreichende Grösse, einen Sichtschutz und eine minimale Grundausstattung an verhaltensgerechten Strukturen verfügen. Aus Sicht des Tierschutzes begünstigen Börsen unüberlegte Spontankäufe. Daher sollte auf Tierbörsen verzichtet werden und ein Verkauf nur beim Züchter vor Ort stattfinden.

Kaninchen Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat

• Saubere Käfige: Die Käfige der Kaninchen blieben den ganzen Ausstellungstag über sehr sauber. • Gute äussere Bedingungen: An der Ausstellung herrschte ein angenehmes Raumklima und die Lautstärke blieb während der Besuchszeit immer in einem für die Tiere erträglichen Rahmen. • Stets Futter vorhanden: Sämtliche Kaninchen verfügten am Besuchstag jederzeit über frisches Heu und Stroh. • Artgerechtes Nagematerial: Positiv zu bewerten sind die wenigen Züchter, die ihren Kaninchen als Nage- und Beschäftigungsmaterial Äste oder auch trockene Maiskolben zur Verfügung stellten. Die vielen Nagespuren waren ein Zeichen dafür, dass die Kaninchen von dieser Möglichkeit regen Gebrauch machten.

Was sich im Vergleich zur letzten vom Schweizer Tierschutz STS beurteilten Ausstellung verbessert hat

• Keine Präsentationen: An der Ausstellung in Frauenfeld wurde im Vergleich zur Schweizerischen Rammlerschau in Sempach (2015),erfreulicherweise darauf verzichtet, einzelne Kaninchen auf einem Schautisch zu präsentieren und den interessierten Zuschauern die Rassemerkmale und die Bewertungskriterien zu erklären. Solche Präsentationen sind für Kaninchen belastend. Sie werden dabei von vielen Menschen umringt, angefasst und angestarrt und der Umgang mit ihnen ist teilweise sehr unsanft.

Was sich im Vergleich zur letzten vom STS beurteilten Kaninchenausstellung nicht verbessert oder gar verschlechtert hat

• Käfiggrösse und -strukturierung: Wie bereits an anderen Ausstellungen bemängelt, waren die Ausstellungskäfige für die Kaninchen sehr knapp bemessen, boten den Kaninchen kaum bis gar keinen Bewegungsspielraum und unterschritten in den meisten Fällen die Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung (TSchV). So waren die kleineren Käfige (Grundfläche ca. 70 x 65 cm) nur für Zwergrassen ausreichend gross, während die grösseren Käfige (Grundfläche ca. 70 x 70 cm) nur für Kaninchen bis zur Gewichtsklasse der Kleinrassen den Mindestanforderungen der Tierschutzverordnung entsprochen haben. Ausserdem wurde leider auch in Frauenfeld auf sämtliche Rückzugsmöglichkeiten für die Tiere verzichtet. Das Blech an der Frontseite war als Sichtschutz bei weitem nicht ausreichend. Diese schlechte Unterbringung der Ausstellungskaninchen wiegt umso schwerer, als die Tiere hier nicht kurzzeitig, sondern über zwei Tage eingesperrt waren!

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Sehr beengte, tierschutzwidrige Raumverhältnisse: Das Kaninchen stiess in ausgestreckter Körperhaltung vorne und hinten an die Gitterstäbe. • Fehlendes Wasser: Erfreulicherweise verfügten die meisten Kaninchen über frisches Wasser. Es konnten aber doch viele leere oder umgestossene Trinknäpfe entdeckt werden, so dass diese Kaninchen nicht über ständigen Zugang zu frischem Wasser verfügten. Teilweise konnte von den STS Fachleuten beobachtet werden, wie die Schälchen wieder mit Wasser aufgefüllt wurden. Einige Kaninchen tranken danach direkt und sehr lange, ein Indiz dafür, dass sie sehr durstig waren.

286 Kaninchen mit herunter gefallenem, leeren Trinknapf.


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• Ungeeignetes Nagematerial: Zwar verfügten, soweit erkennbar, die meisten Kaninchen über Nagematerial, leider war dieses aber – von wenigen löblichen Ausnahmen abgesehen – für die artgerechte Kaninchenhaltung ungeeignet. Es handelte sich um kleinere Klötze aus Bauholz. Diese wurden von den Kaninchen kaum als Nagematerial angenommen. Es wäre sehr wünschenswert, wenn in Zukunft Nagematerial, wie etwa frische Äste mit Rinde, angeboten wird, damit dieses auch seinen Zweck erfüllen kann und wirklich eine Beschäftigung für die Tiere darstellt. • Ängstliche Tiere: Die Kaninchen reagierten auf die Ausstellungssituation sehr unterschiedlich. Viele Tiere wirkten entspannt. Es gab aber nicht wenige Kaninchen, die verängstigt waren, schnelle oberflächliche Atmung zeigten und eine geduckte Körperhaltung einnahmen. Einige Male reagierten Kaninchen in der für sie offensichtlich mit Angst verbundenen Umgebung auch mit Schlagen der Hinterläufe auf den Boden, dem sogenannten Klopfen, einer Verhaltensweise, die Kaninchen bei Gefahr und Bedrohung zeigen. • Stereotypien: In einigen Fällen konnten Kaninchen beobachtet werden, die Stereotypien zeigten. Mehrere Tiere sprangen ununterbrochen vorne an den Gitterstäben hin und her. Ein Kaninchen zeigte als immer wiederkehrenden Bewegungsablauf eine Art hin und her Schaukeln des Körpers. • Extremzuchten: In Frauenfeld wurden keine Englischen Widder und Angorakaninchen ausgestellt. Allerdings gab es zahlreiche Rexkaninchen, die nur über verkümmerte oder gar keine Schnurrhaare verfügten. • Grober Umgang: Da die Bewertung der Kaninchen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, konnte nur in Einzelfällen beobachtet werden, wie sich die Züchter gegenüber ihren Tieren verhielten. Dabei fiel auf, dass der Umgang mit den Kaninchen oftmals ziemlich unsanft war. So drehte beispielsweise ein Züchter ein Kaninchen am Hallenboden ruckartig auf den Rücken und hielt es an den Ohren fest, um einem Kollegen die Zähne des Tieres zu zeigen. Ein anderes Tier wurde auf einem Schautisch mehreren Züchterkollegen präsentiert. Dabei wurde das Kaninchen immer wieder angehoben und unsanft in andere Positionen gebracht. Bewegte es sich auf dem Tisch und zeigte Anstalten zu fliehen, wurde es etwas in die Höhe gehoben und dann auf den Tisch «plumpsen» gelassen. Dadurch eingeschüchtert verharrte das Kaninchen danach ruhig. • Öffnungszeiten: Laut Angaben der Veranstalter ging die Ausstellung am Samstag bis «Open-end». Für die Tiere an der Ausstellung stellt das unter Umständen eine nicht zu unterschätzende Belastung dar. Da sich in der Halle nahe bei den Tieren das Restaurant befand, kann davon ausgegangen werden, dass die Tiere bis spät in die Nacht Helligkeit und einem gewissen Lärmpegel ausgesetzt waren und nach einem langen, anstrengenden Ausstellungstag keine Ruhe finden konnten.

Meerschweinchen Was uns seitens Tierschutz an der Ausstellung gefallen hat

• Sauberes, grosszügiges Gehege: Das Meerschweinchengehege wies erfreulicherweise eine grosszügige Grundfläche auf, war gut strukturiert und sehr sauber. • Rückzugsmöglichkeiten: Die Meerschweinchen verfügten über mehrere Rückzugsmöglichkeiten, die es ihnen ermöglichten, sich den Blicken der Besucher zu entziehen. • Gruppenhaltung: In Frauenfeld wurden die Meerschweinchen den Besuchern erfreulicherweise in einer tierfreundlichen, vom Gesetz vorgeschriebenen Gruppenhaltung präsentiert.

Was uns an der Ausstellung nicht gefallen hat

• Standort des Geheges: Leider befand sich das Gehege mitten in dem Bereich der Halle, in dem die Ziervögel ausgestellt wurden. Daher gingen ständig Besucher an dem von allen Seiten frei zugänglichen Gehege vorbei. Als Folge davon wagten sich die scheuen Meerschweinchen nie aus ihren Verstecken und konnten somit, zumindest während den Öffnungszeiten der Ausstellung, nur einen kleinen Teil des eigentlich grosszügig bemessenen Geheges nutzen.

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• Position der Trinkflasche: Die Trinkflasche war an der Gitterwand am Rande des Geheges angebracht. Da sich aber die Meerschweinchen kaum in diesen Bereich vorwagten, ist zu vermuten, dass sie über lange Zeiträume auf das Trinken verzichten mussten. Eine Wasserversorgung in der Nähe des Rückzugsbereiches wäre sicher sinnvoll gewesen, gerade auch, weil kaum Frischfutter angeboten wurde und die Meerschweinchen dadurch vermehrt auf Wasser angewiesen waren.

Fazit

Die Kantonale Kleintierschau in Frauenfeld bot den Ausstellungstieren, was das Raumklima und die Lautstärke anbelangte, gute Bedingungen. Sämtliche Käfige und Gehege waren ausserdem sehr sauber. Im Vergleich zur letzten vom Schweizer Tierschutz STS beurteilten Kaninchenausstellung, der Schweizerischen Rammlerschau in Sempach (2015), fiel positiv auf, dass dem Publikum keine Kaninchen auf Schautischen präsentiert wurden. Mit den Rexkaninchen wurde in Frauenfeld eine aus Tierschutzsicht problematische Rasse ausgestellt. Die stark verkürzten oder gar fehlenden Schnurrhaare stellen für die Rexkaninchen eine nicht zu unterschätzende Beeinträchtigung dar. Gerade in der Dämmerung oder Dunkelheit helfen diese den Kaninchen bei der Orientierung im Raum. Bedauerlicherweise waren die Kaninchen auch in Frauenfeld, wie an solchen Ausstellungen vielfach beobachtet, in sehr kleinen Käfigen untergebracht, die in den meisten Fällen nicht einmal den Minimalanforderungen der Tierschutzverordnung (TSchV) entsprachen. Dies obwohl die Tiere hier zwei Tage lang eingesperrt blieben. Der Schweizer Tierschutz STS kritisiert, dass bei zu Schauzwecken dienender temporärer Haltung die Minimalvorschriften der TSchV häufig nicht eingehalten werden, insbesondere wenn diese Haltung mehrere Tage dauert. Er fordert, dass die Mindestflächen nicht unterschritten werden, insbesondere nicht an mehrtägigen Ausstellungen. Die Tierausstellungen sollten Vorzeigecharakter haben und den Besuchern zeigen, wie Tiere weitestgehend artgerecht gehalten werden können. Es wäre auch in Frauenfeld wünschenswert gewesen, den Besuchern eine besonders tierfreundliche Gruppenhaltung zu demonstrieren, was sicherlich ein Besuchermagnet gewesen wäre und Züchtern und Haltern neue Ideen aufgezeigt hätte. Die fehlenden Rückzugsmöglichkeiten in den Ausstellungskäfigen stellen für die Kaninchen eine Belastung dar. Es gilt zu bedenken, dass Wildkaninchen sich bei Gefahr und zur Ruhe in ihre unterirdischen Höhlensysteme zurückziehen und dass auch unsere Hauskaninchen, trotz intensiver Züchtung, immer noch dieselben Bedürfnisse wie ihre wilden Vorfahren haben. Kaninchen verfügen über das typische Sehvermögen von Fluchttieren. Es sind dies eine Rundumsicht von 360° sowie eine sehr gute Wahrnehmung von Bewegungen. Aus diesem Grund bietet ein schmales Blech an der Frontseite des Käfigs für Kaninchen keinerlei Sichtschutz. Der STS fordert, dass, sowohl was die Käfiggrösse als auch die Käfigstrukturierung anbelangt, verstärkt auf die Bedürfnisse der Kaninchen Rücksicht genommen wird. Viele Tiere zeigten durch ihre Verhaltensweisen (geduckte Haltung, schnelle oberflächliche Atmung, Klopfen mit den Hinterläufen sowie Stereotypien), dass sie von der Ausstellungssituation in ihrer Anpassungsfähigkeit überfordert waren und unter den Bedingungen litten.

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2/2017

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BRIEFTAUBENAUSSTELLUNG SUMISWALD

95. Schweizerische Taubenausstellung und 60. Nationale Brieftaubenausstellung, Sumiswald 10. und 11. Dezember 2016, besucht am Samstag, 10. Dezember 2016

Zusammenfassung

An der zweitägigen Taubenausstellung in Sumiswald (BE) wurden mehr als 3000 Tauben in über 120 Rassen und Farbschlägen ausgestellt. Neben verschiedenen auf Körperform, Gefiederstruktur und -farbe gezüchteten Rassen wurden Reisebrieftauben der Leistungsklassen des Schweizerischen Brieftaubensport-Verbandes SBV zur Schau gestellt. Die Ausstellung fand in einem Mehrzwecksaal des Forum Sumiswald statt. Vertreten waren, nebst vielen anderen, die folgenden Taubenrassen: Schweizer Tauben (u. a. Einfarbige Schweizer Taube, Wiggertaler Farbenschwanz, Thurgauer Mehlfarbige), Farbentauben (z. B. Startaube, Mönchtaube), Latschentauben mit teilweise sehr stark befiederten Läufen (z. B. Sächsische Flügeltaube), Strukturtauben mit spezieller Gefiederstruktur (z. B. Kapuziner, Pfautaube), Mövchen mit verkürzten Schnäbeln (z. B. Italienisches Mövchen), Tümmlertauben (z. B. Danziger Hochflieger, Elsterpurzler, Orientalische Roller), extrem langhälsige Stargarder Zitterhälse, Kropftauben mit überdimensioniertem Kropf (z. B. Vorburger Schildkröpfer), auf Statur und Fleischansatz gezüchtete Formentauben (z. B. Texaner, Mondain, Luchstaube), Huhntauben (Modeneser) sowie die auf hohe Flugleistung selektionierten Reisebrieftauben.

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BRIEFTAUBENAUSSTELLUNG SUMISWALD

Die STS-Fachleute vor Ort begutachteten die Haltung der Vögel in den Ausstellungskäfigen, das Verhalten der ausgestellten Vögel (auf Anzeichen von Belastung aufgrund der Ausstellungssituation) und allfällige Einschränkungen des tierischen Wohlbefindens aufgrund extremer Zuchtmerkmale (bspw. beeinträchtigte Bewegungsfreiheit durch übermässige Befiederung der Füsse, überdimensionierte Kröpfe, verkümmerte Schnäbel). Mehrere Vögel wurden denn auch beobachtet, deren Verhalten mit grosser WahrscheinlichIn langen Käfigreihen waren die Tauben (hier: Reisebrieftaukeit auf eine Belastung durch die ben) ausgestellt. Die meisten Brieftauben hatten alleine in Ausstellungssituation schliessen der Saison 2016 mehrere Tausend Kilometer zurückgelegt – liess. Etliche Vögel zitterten anunfreiwillig, aufgrund von wöchentlicher Aussetzung an dauernd mit den Flügeln, einige teilweise Hunderte Kilometer vom Schlag entfernten Orten … zeigten verstärkte Atmung, versteckten den Kopf in den hinteren Käfigecken oder liefen nervös am Gitter auf und ab. Es wurden auch Auseinandersetzungen zwischen Käfignachbarn beobachtet und Tiere, die offensichtlich aufgrund eines dominanten Käfignachbarn in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und durch den bedrohlichen Nachbarn belastet waren. Zudem wurden mehrere Rassen dokumentiert, deren rassetypische Merkmale mit Einschränkungen des Wohlbefindens beim Tier einhergehen dürften. Die Ausstellung machte, was den (moderaten) Besucherandrang, den Umgang mit den Tieren und die Atmosphäre (geringe Lautstärke, angenehme Raumtemperatur, Hygiene / Geruch) anbelangt, einen guten Eindruck. Fragwürdig war hingegen die Ausstellung und Prämierung einiger Rassen oder Zuchtlinien, die nach Erachten des STS klar als Qualzuchten bezeichnet werden müssen und gegen die gesetzlichen Vorschriften verstiessen. Nachdem seit zwei Jahren konkrete Vorschriften gegen Extremzuchten in Kraft sind, dürfen Aussteller, Zuchtverbände aber auch die Vollzugsbehörden hier nicht weiter ein Auge zudrücken! Kritisiert werden muss auch die Tatsache, dass die Vögel, wie an prämierten Kleintierausstellungen leider üblich, ohne jegliche Rückzugsmöglichkeit dem Publikum ausgesetzt waren.

Allgemeines

Gemäss Ausstellungsreglement von Rassetauben Schweiz mussten die Käfige mit allen erforderlichen Angaben beschriftet sein (Rasse, Farbe, Alter, Geschlecht), und die Aussteller hatten mit ihrer Unterschrift zu bestätigen, dass sie ihre Tiere nach geltenden Tierschutzvorschriften halten. Die ausgestellten Tiere durften maximal sechs Jahre alt sein. Angenommen wurden nur gesunde Vögel in tierschutzkonformen Transportboxen. Ein Verkauf vor Ort war erlaubt. Gemäss Reglement durften die Tauben während der Ausstellung nicht aus den Käfigen genommen werden, und das Benützen von Richterstäben und anderen Hilfsmitteln zum Aufschrecken der Tauben war verboten resp. nur ausnahmsweise und nur den Richtern gestattet (dies wurde einmal beobachtet). Das Richten hatte in einem gesonderten Raum zu erfolgen. Fast alle Vögel waren einzeln in standardisierten Einzelkäfigen untergebracht, die in langen Reihen, zwischen denen die BesucherInnen auf- und abgehen konnten, an- und übereinander gereiht waren. Die Käfige massen ca. 40 x 40 x 40 cm und waren mit Kartonpappe als Unterlage und 290 je einem Futter- und Wasserbehälter versehen. Die Oberseite der Käfige war entweder durch den


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blickdichten Boden der darüber gestellten Käfigreihe oder – in den oberen Reihen – durch aufgelegte Fichtenzweige abgeschirmt, die Rückseite durch Planen. Seitlich waren die endständigen Käfige ebenfalls mit Pappe abgeschirmt; die übrigen Käfige grenzten jeweils links und rechts direkt aneinander. Nur die Käfigfront war für das Publikum direkt einsehbar. Die Hygiene in den Käfigen war akzeptabel; Futter und Wasser wurden regelmässig aufgefüllt. Es fehlten jedoch Rückzugsbereiche oder anderweitiger Sichtschutz gegen das Publikum sowie erhöhte Sitzgelegenheiten, wie sie die Tierschutzverordnung (TSchV) für die Taubenhaltung vorschreibt. Die pro Vogel zur Verfügung stehende Grundfläche dürfte gesetzeskonform gewesen sein. Es gilt jedoch zu beachten, dass es sich um eine nicht permanente Haltung handelt und dass Tiere an Ausstellungen gemäss Art. 95, Abs. 2, lit. b TSchV für kurze Zeit auch in Gehegen gehalten werden dürfen, die den Vorgaben der TSchV nicht vollumfänglich entsprechen. Neben den Einzelkäfig-Reihen gab es auch drei Schauvolieren zu sehen, in denen zwischen 10 – 12 Tauben gehalten wurden. Diese Volieren wiesen eine oktogonale Grundfläche auf, waren an der Seite 2 m hoch und mündeten in einem noch etwas höheren Giebel. Meist auf einer Höhe, aber in unterschiedlicher Ausrichtung waren zwei hölzerne Sitzstangen montiert, von denen die Tauben offensichtlich gerne Gebrauch machten. Der Boden war mit Holzschnipseln resp. Kartonpappe bedeckt und der rückwärtige Bereich nach aussen sichtgeschützt. Futter und Trinkwasser standen zur Verfügung, allerdings keine Badegelegenheit (eine solche muss gemäss TSchV einmal wöchentlich zur Verfügung gestellt werden).

Einige wenige Tauben (hier: Deutsche Modeneser) wurden in Schauvolieren präsentiert.

Aus Sicht des STS wäre es sehr wünschenswert gewesen, hätte man den Vögeln in den ansonsten recht angemessenen Volieren auch ein Bad zur Verfügung gestellt, wie es die Tierschutzverordnung eigentlich vorsieht! Sämtliche Vögel befanden sich bereits seit Donnerstag in den Käfigen und verweilten insgesamt gut drei Tage in den beengten Ausstellungskäfigen. Das Richten hatte am Tag vor dem Besuch stattgefunden; die öffentliche Ausstellung fand über das Wochenende statt.

Tierschutzrelevante Beobachtungen

Gewisse Zuchtmerkmale der an der Ausstellung gezeigten Rassen werden vom STS als tierschutzrelevant eingeschätzt. Zudem wurden mehrere Vögel beobachtet, die Belastungsanzeichen aufgrund der Ausstellungssituation zeigten. Gemäss Verordnung des Bundes über das Züchten gelten Tiere als züchterisch belastet, die aufgrund typischer Rassemerkmale gestörte Körperfunktionen oder Verhaltensabweichungen aufweisen, welche die Lebensqualität des Tieres beeinträchtigen. Je nach Belastungskategorie (die von 1 = gering bis 3 = stark belastet reicht) schränkt die Verordnung die Zucht ein oder verbietet sie. Die Belastungskategorie bemisst sich an der Schwere der Ausprägung eines belastenden Merkmals. Eine Einteilung individueller Tiere in eine Belastungskategorie muss aufgrund eines Expertengutachtens stattfinden. Das Züchten mit Tieren der höchsten Belastungskategorie (3) ist verboten; ebenso das Züchten mit Tieren der mittleren Kategorie (2), wenn an die entstehenden Nachzuchten dadurch Belastungen vom Schweregrad 3 vererbt werden.

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Als besonders problematisch gelten Rassen, die aufgrund ihrer Zuchtmerkmale keine physiologische Körperhaltung einnehmen, sich nicht artgemäss fortbewegen, ohne menschliche Hilfe keine Nahrung zu sich nehmen oder ihre Jungtiere nicht selber aufziehen können. Folgende auch bei Haustauben vorkommenden Merkmale und Zuchtziele werden von der Verordnung genannt, die zu mittlerer oder starker Belastung führen: • übermässige Befiederung der Füsse und, damit einhergehend, Behinderung der Fortbewegung und Anfälligkeit für Gefiederparasiten • Zitterhalsigkeit • Gestörtes Flugverhalten mit sich wiederholenden Sequenzen des Balzflugs • Ausweitung der Kropfwand • Verkürzung des Schnabels, wenn sie das Schlüpfen aus dem Ei oder die Jungenaufzucht beeinträchtigt und eine Ammenaufzucht notwendig macht

Verkürzter Schnabel und Federstellungs-Anomalie bei einem Komorner Tümmler. Bei manchen Tümmler-Zuchtlinien kann das angezüchtete Flugverhalten mit wiederholten Überschlägen tierschutzrelevant sein, wenn es durch grossen Höhenverlust zum Aufschlagen auf Hindernissen oder dem Boden führt. Als problematisch fielen an der Ausstellung mehrere der ausgestellten Taubenrassen auf, insbesondere: • Lahore-Tauben oder Sächsische Brüster mit übermässig befiederten Füssen (Latschen). Die überlangen Federn behindern die Fortbewegung der Taube und verdrecken schnell. • Stark vergrösserte Kröpfe bspw. beim Brünner Kröpfer. Die geweitete Kropfwand bewirkt, dass Futterreste länger im Kropf zurück bleiben und dort zu Entzündungen führen können; zudem dürfte der Kropf die Beweglichkeit einschränken, da aufgrund des abnormalen Körperschwerpunktes eine physiologisch normale Körperhaltung kaum möglich ist.

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• Stargarder Zitterhals, dessen Hals einen dauernden Tremor aufweist. Der Vogel kann den Kopf nicht mehr oder nur kurz ruhig halten, was das Sehen, das Sozialverhalten, mutmasslich die Körperpflege und somit das gesamte tierische Wohlbefinden nachteilig beeinflussen dürfte. Inwiefern bei den ausgestellten Mövchentauben (teilweise sehr kurze Schnäbel) und Tümmlertauben Qualzuchten vorlagen, konnte vor Ort nicht beurteilt werden, da hierzu das Brutpflegeverhalten resp. das Flugverhalten hätten beobachtet werden müssen.

Sächsischer Brüster. Übermässig befiederte Füsse (sog. Latschen) behindern die Fortbewegung und verschmutzen schnell.

Vorburger Schildkröpfer. Der Kropf ist anfällig für Infektionen und behindert die Beweglichkeit des Vogels.

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Stargarder Zitterhals. Der Kopf dieser Taube sitzt auf einem permanent zitternden, überlangen Hals.

Diese Pfauentauben versuchen offensichtlich, in einer Ecke und hinter ihrem Fächerschwanz etwas Ruhe und Sichtschutz vor dem Publikum zu finden.

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Bei mehreren Tieren wurden Verhaltensweisen beobachtet, die auf eine beträchtliche Belastung und Angst durch die Ausstellungssituation schliessen lassen. So versuchten insbesondere die Pfauentauben, sich hinter ihrem Fächerschwanz zu verstecken, indem sie den Kopf in eine hintere Käfigecke hielten und den Schwanz breit über dem Körper und gegen die offene Käfigfront hin auffächerten.


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Etliche Tauben zeigten ein teilweise deutliches Flügelzittern, das als «Stress»-Anzeichen gedeutet werden muss (unterdrückter Wegflug-Impuls). Bei anderen Vögeln war eine verstärkte Atmung im Liegen mit schlaff hängenden Flügeln zu beobachten. Und etliche Tiere standen unter beträchtlichem sozialem Stress durch ihre Käfignachbarn. So balzten viele Tauber, konnten aber ebenso wenig zu den Weibchen gelangen, wie sich die Weibchen ihnen wirksam nähern oder entziehen konnten. Es wurden auch mehrfach Schnabelgefechte zwischen benachbarten Vögeln durch die Käfige hindurch beobachtet und Individuen, die sich aufgrund eines imponierenden Käfignachbarn mit der anderen Käfighälfte begnügen mussten und daher in ihrer Bewegungsfreiheit stark eingeschränkt waren. Einzelne Vögel zeigten (vorübergehend) stereotypes Verhalten wie Auf- und Ablaufen am Käfig, oder sie versuchten am Käfig empor zu klettern und schlugen anhaltend mit den Flügeln. Die Belastung der Vögel dürfte vor allem aufgrund der ungewohnten Situation (Eingesperrtsein, unbekannter Ort, Zwangsvergesellschaftung mit fremden Vögeln) bedingt gewesen sein. Zumindest während des Besuchszeitraums der STS-MitarbeiterInnen hielt sich nämlich das Publikumsaufkommen sehr in Grenzen und es herrschte grundsätzlich eine ruhige Atmosphäre. Mit einer Zunahme des Besucheraufkommens hätte sich die Belastung der ausgestellten Vögel wohl noch erhöht.

Manche Vögel waren in ihrer Bewegungsfreiheit durch das Drohgebaren ihrer Nachbarn eingeschränkt und dürften dadurch einer zusätzlichen Belastung ausgesetzt gewesen sein. Im Bild: Deutsche Langschnäblige Tümmler.

Fazit und Forderungen STS

Der Schweizer Tierschutz STS ist der Meinung, dass Tierausstellungen eine Vorbildfunktion bezüglich eines respektvollen Umgangs mit Tieren und artgerechter Tierhaltung haben, und zwar unabhängig davon, ob die Ausstellung nur von «Insidern» oder auch von Laienpublikum besucht wird. Die Haltungsform von Ziervögeln und Nutzgeflügel an einer (gerichteten) Ausstellung widerspricht den Mindestanforderungen an eine tiergerechte Haltung meist insofern, als dass den Tieren kein Rückzug vor dem Publikum und vor Artgenossen möglich ist, der Freiflug und das Sitzen an erhöhten Stellen verunmöglicht wird und eine Badegelegenheit fehlt. Zudem werden die Tiere während mehrerer Tage unter extrem eingeschränkten räumlichen Verhältnissen gehalten. Es ist klar, dass an einer gerichteten Ausstellung nicht alle Vögel in grossen Volieren gezeigt werden können. Nichtsdestotrotz erwartet der STS, dass an mehrtägigen Ausstellungen Tauben über wesentlich mehr Platz

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und verhaltensgerechte Strukturen verfügen können müssen. Einschränkungen davon sind für den STS lediglich in kurzzeitigen Ausstellungen an einem Tag (6 – 8 Stunden) verantwortbar. Auch an einer gerichteten Ausstellung sollte dem Wohlbefinden der Tiere Vorrang gegeben werden gegenüber dem Anspruch der Besucher, die Tiere von möglichst Nahem sehen zu können. Verbesserungen wären denkbar, indem der Abstand zwischen Käfigen und Besucherstrom vergrössert wird (z. B. mittels eines Absperrbandes), ein Sichtschutz zwischen einzelnen Käfigen angebracht wird (zumindest zwischen Tieren unterschiedlicher Züchter) oder das untere Drittel des Käfigs mit Karton abgedeckt wird, so dass die Vögel etwas geschützter liegen können. Der STS ist dezidiert der Meinung, dass Züchtungen auf rassetypische Merkmale, welche das Wohlbefinden beeinträchtigen (sog. Extrem- oder «Qualzuchten») oder die übermässig in die Fähigkeiten und das Verhalten eines Tieres eingreifen, zu verbieten sind – und dass problematische Zuchtlinien von Ausstellungen ausgeschlossen werden sollten. Innerhalb ein und derselben Rasse können Individuen verschiedener Belastungskategorien vorkommen. Es wäre daher aus Sicht des STS wichtig, dass Ausstellungs-Veranstalter von Züchtern problematischer Rassen einen Nachweis der Belastungskategorie (bspw. durch einem vom Kanton bestimmten, unabhängigen Experten) verlangen, ehe sie deren Teilnahme an der Ausstellung zulassen. Und RichterInnen sollten nur Tiere prämieren, deren Wohlbefinden nicht durch Zuchtmerkmale beeinträchtigt ist. Von der Zucht und Prämierung extremer Merkmale, wie etwa übergrosser Kröpfe, überlanger «Latschen» oder von Zitterhälsen ist aus Tierschutzsicht gänzlich abzusehen. Im Weiteren erwartet der STS von den Bewilligungsbehörden, dass sie inskünftig auch die gesetzlich vorgeschriebenen Extremzuchtvorschriften anwenden und die Ausstellungen daraufhin überprüfen.

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