WAS FRAUEN INSPIRIERT
Von Kerzenlicht und Plätzchenduft Lieblingsrituale für die Adventszeit
JUBLE, DU UNFRUCHTBARE … ??? Unterwegs mit einem Bibeltext
Ausgabe November | Nr. 4/2017 | € 6,00 (A: € 6,20) · CHF 9.50 | ZKZ 56504 | www.joyce-magazin.net
Als Kind in Himmlers Sippenhaft
Was Valerie Riedesel aus den Tagebüchern ihrer Mutter erfuhr
NEIN SAGEN OHNE SCHULDGEFÜHLE Warum es so wichtig für uns ist
DOSSI ER
FREUT EUCH! … und was, wenn nicht?
EDITORIAL
Liebe Leserin Frauen sehen in anderen Frauen ständig Konkurrentinnen. Diese Feststellung höre und lese ich immer wieder. Und es kann ja auch leicht passieren, dass man neidisch wird, wenn man die beeindruckenden Gaben und Fähigkeiten sieht, die viele Frauen haben. Nun habe ich das Glück, beruflich mit wirklich sehr vielen tollen Frauen zu tun zu haben – und habe mich genau deshalb bewusst gegen diesen Konkurrenz-Gedanken entschieden. Mein Wunsch ist es, dass wir uns gegenseitig fördern statt beneiden. Ich möchte das Potenzial, das ich in all den Autorinnen, Pastorinnen, Kolleginnen oder Leiterinnen, die ich kennenlerne, sehe, ehrlich wertschätzen und anerkennen. Ich möchte diese Frauen ermutigen, an ihren Aufgaben dranzubleiben oder wieder aufzustehen, wenn sie nicht mehr können. Ich wünsche mir, dass jede durch ihre einzigartige Persönlichkeit unsere Welt bereichert, indem sie den Text schreibt, der ihr auf dem Herzen liegt, oder sich die neue Aufgabe zutraut, vor der ihr noch mulmig ist. Denn ich erlebe, wie gut es mir selbst tut, wenn ich dieses ermutigende Feedback von anderen Frauen bekomme. Wie schön, dass ich beides immer wieder in meinem Alltag erlebe: Dass mir andere mailen, dass ihnen meine ermutigenden Worte geholfen haben. Und dass ich mir eine anstehende Herausforderung zugetraut habe, weil wiederum andere mich ermutigt und an mich geglaubt haben. Genau so muss das sein. Lasst uns das Potenzial in unseren Freundinnen, Schwestern und Kolleginnen sehen, das sie selbst oft noch gar nicht erkennen, und es ihnen sagen. Und lasst uns diejenigen wieder ermutigen und aufbauen, die bei ihren mutigen Versuchen Wunden davongetragen haben. Denn wir sind keine Konkurrentinnen. Wir wollen gemeinsam Gottes Gegenwart in dieser Welt sichtbar werden lassen und in unserer Gesellschaft etwas zum Guten bewegen. Und das können wir am besten zusammen. Sind Sie dabei?
UNSER NEUESTES BABY IST DA! Zeitgleich mit dieser regulären Ausgabe von JOYCE hat unser neues kleines JOYCE special im Pocket-Format das Licht der Welt erblickt. „Gott-Momente“ heißt es, und genau darum geht es auch: Darin lesen Sie ganz persönliche Geschichten von Frauen, die besondere Gott-Momente erlebt haben. Dazu lebensverändernde Geschichten von Frauen, die Gott ganz neu begegnet sind. Zu beziehen ist das JOYCE special als Einzelheft oder zu günstigen Mengenpreisen unter www.bundes-verlag.net/specials. So können Sie nicht nur sich selbst, sondern auch Ihren Freundinnen, Nachbarinnen oder Kolleginnen besondere Gott-Momente schenken.
MELANIE CARSTENS
Chefredakteurin JOYCE
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26 DOSSIER:
„WIR SIND EINE STARKE FAMILIE, WIR HALTEN ZUSAMMEN.“
FREUT EUCH! … UND WAS, WENN NICHT?
Ihr Großvater Cäsar von Hofacker war am Attentat auf Hitler beteiligt. Deshalb kam Valerie Riedesels Mutter als Kind in Sippenhaft. Was das für das Mädchen wirklich bedeutete, erfuhr Valerie Riedesel als erwachsene Frau aus den Tagebüchern ihrer Mutter.
In der Bibel werden wir regelmäßig dazu aufgefordert, uns zu freuen. Geht das denn so auf Knopfdruck? Unsere Autorinnen haben sich auf die Suche nach mehr Freude im Alltag gemacht.
20 VON KERZENLICHT UND PLÄTZCHENDUFT Die Lieblingsrituale unserer JOYCE-Autorinnen für die kommende Adventszeit.
NEIN SAGEN OHNE SCHULDGEFÜHLE
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Birgit Schilling hilft uns zu verstehen, warum es uns oft so schwer fällt, Nein zu sagen – und warum es dennoch so wichtig ist.
INHALT 4/17 I N JEDE M HE F T 6
Aktuelles aus der Redaktion
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Lyrik
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JOHANNAS BALLERSBACHER TAGEBÜCHER
GLAUBEN 43
BIBEL-BLOG
Deutliche Worte Anja Gundlach
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Birgit Schilling
Selbstgenähte Wende-Haremshose Johanna Klöpper
Nein sagen ohne Schuldgefühle
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In der Stille des Waldes Anne-Maria Apelt
LE B EN FEIERN 10
„Wir sind eine starke Familie, wir halten zusammen.“
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MÜTTER KOLUMNE – Aufregereien Thea Eichholz
58
JOYCE KREATIV
Interview mit Valerie Riedesel von Melanie Carstens
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Von Kerzenlicht und Plätzchenduft Adventsrituale unserer JOYCE-Autorinnen
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Der schönste Satz der Weihnachtsgeschichte Christiane Rösel
DOSSI ER
– Adventliche Girlande
MAGAZIN 60 26
SOLOLEBEN – „Juble, du Unfruchtbare … ???“ Heimke Hitzblech
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FREUT EUCH!
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JOBGEFLÜSTER – Gekonnt moderieren Doro Plutte
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„Freut euch im Herrn allezeit!“
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JOYCE & Co
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LESERBRIEFE
Christina Brudereck
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NEWS
Das Leben feiern
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MUSIK-PORTRÄT Julia Kallauch
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MUSIK-TIPPS
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BUCH-PORTRÄT Christina Brudereck
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BUCH-TIPPS
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FILM- & DVD-TIPPS
78
JOYCE-MARKTPLATZ
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IMPRESSUM
Annette Penno
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SEMINARE & VERANSTALTUNGEN
Einfache Freude – leicht gemacht
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Kolumne: DAS GOLD DER KLEINEN DINGE
Annegret Prause
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Kaffeebohnen-Ritual
Bithja Bergsträßer
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„Freut euch im Herrn allezeit“ – und was, wenn nicht?“ Ann-Kristin Wagner
34
Weniger Gewicht
Mehr Freude
Sabine Zöllner
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Annehmen und genießen Elisabeth Vollmer
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Mehr Freude, bitte!
Birgit Götz
– Naomi van Dooren
– Mitten aus dem Leben
Tante Orchidee Anja Schäfer
Unsere Titelthemen
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VALERIE RIEDESEL WUSSTE SCHON FRÜH, DASS IHR GROSSVATER CAESAR VON HOFACKER AM ATTENTAT AUF HITLER VOM 20. JULI 1944 BETEILIGT GEWESEN WAR. WAS DAS FÜR IHRE MUTTER ANNA-LUISE VON HOFACKER ALS 15-JÄHRIGES KIND WIRKLICH BEDEUTET HATTE, ERFUHR SIE ERST, ALS SIE IN DEREN TAGEBUCH LAS.
Wann haben Sie als Kind zum ersten Mal davon erfahren, dass Ihr Großvater Cäsar von Hofacker das Attentat auf Hitler vom 20. Juli 1944 mitgeplant hatte? Es gab nicht den einen Schlüsselmoment, wo mir das mitgeteilt wurde, sondern ich bin damit groß geworden. Es war immer klar: Ich hatte keinen Großvater – und er war am Attentat gegen Hitler beteiligt gewesen und ist hingerichtet worden. Meine Mutter hat davon erzählt, auch von ihrer Haftzeit, aber es wurde darum keine besondere Geschichte gemacht. Es gehörte einfach zum Leben dazu. Ich erinnere mich, dass in meiner Grundschulzeit einmal zum 20. Juli auf Halbmast geflaggt wurde. Als die Lehrerin dann erklärt hatte warum, stand ich auf und sagte: „Ja, mein Großvater war auch daran beteiligt!“ Ich war wahnsinnig stolz darauf, hatte aber nicht wirklich begriffen, was es bedeutete. Es war doch immer selbstverständlich gewesen.
Ihre Mutter geriet durch die Verhaftung Ihres Großvaters als Kind in Sippenhaft. Bei Kriegsende war sie erst 15 Jahre alt und hatte bereits Gefängniszeit, Konzentrationslager und die Ermordung des Vaters erlebt. Welche Erinnerungen hat Sie Ihnen später von dieser Zeit erzählt? Davon hat sie eigentlich wenig dramatisch erzählt. Sie hat schon von der Härte berichtet, aber auch viele positive und fröhliche Situationen beschrieben. Sie waren ja in einer Gemeinschaft mit anderen Sippenhäftlingen zusammen gewesen – mit den Goerdelers, den Stauffenbergs, mit denen sie auch ein verwandtschaftliches Verhältnis verband. In dieser Gemeinschaft versuchte der eine den anderen zu stützen und aufzubauen. Keiner wollte sich hängen lassen um die anderen nicht mit runterzuziehen. Sie versuchten auch, Dinge teilweise mit Humor zu sehen und auch mal fröhlich zu sein. Das hat meine Mutter als 11
„Freut euch WAS PASSIERT, WENN MAN DIE PAULUS-WORTE AUS PHILIPPER 4,4 „FREUT EUCH IM HERREN ALLEZEIT! WIEDERUM WILL ICH SAGEN: FREUT EUCH!“ ALS HANDFESTE AUFFORDERUNG VERSTEHT? ANNEGRET PRAUSE WILL ES HERAUSFINDEN UND WAGT EIN KLEINES EXPERIMENT: FREUDE – EINE GANZE WOCHE.
ontagmorgen. Mein kleines Experiment beginnt unter verschärften Bedingungen: Es gießt wie aus Eimern, ich habe schlecht geschlafen, bin müde und alles andere als euphorisch. „Jetzt müsstest du anfangen, dich zu freuen …“, denke ich mir. Schwierig. Der Weg ins Büro ist lang, und ich nutze die Zeit im Auto, um über Freude nachzudenken. „Freut euch im Herrn allezeit!“ – „Allezeit“ wie in immer und den ganzen Tag? Wie soll ich das bloß hinbekommen? Ich komme zu keinem Ergebnis, stelle je-
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doch einen kleinen Nebeneffekt fest: Wenn ich über Freude nachdenke und mich mit dem Herrn darüber unterhalte, ist der Drang, sich über andere Autofahrer aufzuregen (die zu schnell, zu langsam und sowieso total komisch fahren) deutlich geringer. Ich komme ziemlich entspannt an … Der Tag ist voll mit Dingen und Aufgaben, die meine gesamte Aufmerksamkeit fordern. Erst auf dem Heimweg fällt mir auf, dass ich mich währenddessen überhaupt nicht gefragt habe, ob ich mich jetzt gerade freue oder nicht. Ich habe gearbeitet, ich habe Dinge erledigt, ich habe Alltag erlebt. Das meiste davon freudetechnisch eher unauffällig.
DOSSIER FREUT EUCH!
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im Herrn allezeit!“ 27
Foto: Jaelynn Castillo/Unsplash.com
Nein sagen
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GLAUBEN
ohne e l h ü f e g d l u h �c LTA G OF T SC HE UE N WI R UN S IM AL WO HL DAVO R, NE IN ZU SA GE N, OB DR AN WI R GE NA U WI SS EN , DA SS ES LF T UN S WÄ RE . BI RG IT SC HI LL IN G HI S NE IN ZU VE RSTE HE N, WA RU M UN T– ZU SA GE N OF T SC HW ER FÄ LL SO UN D WA RU M ES TR OT ZD EM WI CH TIG IST. 45
GLAUBEN
S
eit Jahren schon beschäftigt mich dieses Thema: Nein sagen ohne Schuldgefühle. Immer wieder komme ich in Situationen, in denen es mir schwer fällt, Nein zu sagen. Aber warum ist es überhaupt nötig, Nein zu sagen? Wenn uns das Nein sagen gar nicht so leicht fällt, warum lassen wir es nicht einfach sein? Dazu stelle ich einige Thesen auf.
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N UR WENN I CH NEI N SAGE, KA NN ICH AU C H JA S AG E N .
Wir sind von Gott so geschaffen, dass wir nur zu wenigem Ja und zu ganz vielem Nein sagen müssen, weil wir uns ansonsten völlig überfordern würden. Und wenn wir uns überfordern, dann brechen wir irgendwann zusammen. Ich kann nicht berufstätig sein, Mann und drei Kinder, Hund und Hof versorgen, die alte Mutter wöchentlich besuchen, in der Gemeinde ständig mit anpacken und bei der aktuellen Flüchtlingsarbeit auch noch mitmischen. Das schaffe ich kräftemäßig nicht. Und zwar nicht, weil ich egoistisch wäre, sondern weil ich als begrenztes Geschöpf seelische und körperliche Grenzen habe. Wenn ich es aber gelernt habe oder ich es mir erlaube Nein zu sagen: „Nein, Mutter, ich komme dich nicht jede Woche besuchen. Nein, ich mache schon in der Alphakurs-Arbeit mit, ich werde nicht auch noch in der Flüchtlingsarbeit mitmachen. Nein, ich werde meine Stundenzahl nicht von 20 auf 30 erhöhen...“, dann kann ich dort, wo ich von Herzen spüre: „Das will ich wirklich“ auch fröhlich Ja sagen. Nur wenn in meinem Leben Freiraum ist – und Freiraum stellt sich bei uns allen nur nach vielen Neins ein – kann ich von Herzen auch Ja sagen zu einer spontanen Anfrage, zum Beispiel dazu, einen Flüchtling zu einem Amt zu begleiten. Oder zu der Einladung der Freundin zu einem Konzert. Oder zu der Einladung meines neuen Krimis, mich mal in die Wohnzimmerecke zu verziehen und mit Genuss diesen Krimi zu lesen. Meine Neins erlauben mir, mit Freude Ja zu sagen. Wenn wir diese Wahrheit ignorieren, tun wir im Grunde so, als seien wir wie Gott. Gott ist allmächtig, allwissend, allgegenwärtig und ewig. Aber wir sind es nicht. Wir sind von Gott als begrenzte Menschen geschaffen, mit begrenzter Kraft und begrenzter Zeit.
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DAS NEIN SAGEN UND JA TUN IST IM GRUN DE EI N JA SAGEN.
Manchmal stellen wir uns selbst ein Bein. Wir sagen ein Nein, wir setzen eine Grenze und nehmen sie dann selbst nicht ernst. Da sage ich zu meinem pubertierenden Sohn: Nein, du bist nun erwachsen und kannst deine Wäsche alleine waschen. Aber wenn sich der Wäscheberg dann immer mehr auftürmt, kann ich es doch nicht aushalten und wasche sie. Meist tun wir das
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nicht gerne und unser Herz grummelt, während wir das tun. Oder wir sagen zum Chef: Einmal im Monat bin ich gerne bereit, wenn Not am Mann ist, für eine Schicht einzuspringen. Doch mehr geht von meiner Familiensituation aus nicht. Und dann sagen wir beim zweiten und dritten Mal doch Ja – obwohl wir uns innerlich so sehr ärgern. Wir sagen Nein und tun doch ein Ja. Das verwirrt unser Inneres und lässt uns traurig werden. Wir dürfen uns klarmachen:
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WANN IMMER ICH NACH VORN E HIN JA SAGE ODER JA TUE, SAGE ICH NACH HINTEN HIN EIN NEIN! ES GIBT GA R KEINE JA S O H N E E I N G L E I C H Z E I T I G E S N E I N .
Wenn ich als Pastorin mein fünftes Seelsorgegespräch in der Woche annehme, dann schneide ich diese Zeit aus etwas heraus: Vielleicht ist es die Zeit, in der ich eigentlich genüsslich die Tageszeitung lesen wollte. Oder in der ich einfach mal im Wohnzimmer sitze, um für meine Kinder ansprechbar zu sein. Oder um Zeit mit meinem Geliebten, meinem Ehemann, zu verbringen. Wenn ich das sich in die Länge ziehende Gespräch mit der Nachbarin nicht beende, muss ich nachher zu Hause total hetzen, um meine Arbeit zu erledigen. Und dann bin ich nicht mehr in der Gegenwart, im gelassenen, fröhlichen Sein, sondern völlig außer mir. Wenn ich als Mutter versuche, alle Bitten und Erwartungen meiner Kinder zu erfüllen, wenn ich also ständig Ja sage, sage ich gleichzeitig Nein zu meinen berechtigten Anliegen, mich zu erholen oder mich mal mit meiner Freundin zu treffen. Immer hat das Ja nach vorne hin ein Nein nach hinten zur Folge. Und immer schafft das Nein nach vorne Freiraum für andere Jas. Das eine bedingt das andere. Es geht in unserem Leben gar nicht ohne Neins. Nur, die einen Neins werden bewusst und klar getroffen, die anderen geschehen irgendwie und wir
ES GEHT IN UNSER E M LEBEN GAR NICHT O HN E
Neins
. NUR, DIE EINEN NE I N S WER D EN BEWUS S T UN D KLAR GETRO F F E N , D IE AN D ER EN GES C HEHEN IRGEN DW I E .