11.2.2019
Situation Soziokultur
Christian Thomas
Ergebnisse der Gesprächsabende zur Situation der Soziokultur in Görlitz Termine 06.02.2018 im Studierendenclub Maus zum Netzwerktreffen der Vereine und Initiativen 08. November 2018 im SPEICHER der RABRYKA 17. Januar 2019 im Nachbarschaftsladen Stadtteil Innenstadt-West Befragte Kühlhaus, Engagierte Stadt, Zukunftsvisionen, kfuenf, Filmclub von der Rolle 94, Rabryka, KulturBrücken Görlitz - CYRKUS, Obermühle Görlitz, Flexibles Jugendmanagement, Ton.Labor, Lebensschule Rahmen In der Befragung sind Erwartungen und Handlungsempfehlungen von Vereinen und Initiativen, die sich um die Förderung der nicht institutionell unterstützten Kulturszene bemühen, beschrieben. Die Akteur:innen vertreten Menschen, welche die Zukunft dieser Stadt aktiv prägen. Als weicher Standortfaktor gewinnt die Soziokultur durch die Steigerung der Attraktivität der Stadt stetig an Bedeutung. Sie entfaltet eine Sogwirkung für Kreativschaffende und steigert damit das Innovationspotenzial der Stadt, genau wie sie den stadtgesellschaftlichen Zusammenhalt durch neue, möglichst generationsübergreifende, zukunftsweisende Narrative aushandelt. In vielen Statements der Leitung der Stadtverwaltung, städtischer Einrichtungen sowie der Stadträt:innen wird dies betont, wenngleich sich die Situation nicht verbessert. Erwartungen Im Rahmen der Gespräche wurde mehrfach fehlendes Problembewusstsein, intransparente Entscheidungs- und Entwicklungsprozesse, widersprüchliche Aussagen, fehlende Stellungnahmen und geringe Wertschätzung über die schwierige Situation der Akteur:innen, Pädagog:innen und Kulturschaffenden beklagt. Besonders paradox: Im Videoclip „Willkommen zu Hause - Wohnen in Görlitz“ wird das Engagement des Kulturbrücken e.V. und das Wohnen in der Stillen Post „vermarktet“. Wenige Wochen später wird das Gebäude an Investoren verkauft. Die Bewohner:innen mussten 2019 ausziehen. Die EGZ nimmt damit das ehrenamtliche Engagement in die Außendarstellung auf, nutzt es zur Bewerbung der Attraktivität, während zeitgleich Eigentumspreise steigen oder Kulturpädagogik prekär finanziert ist. Jugend- und Soziokultur aktiv entwickeln Grundsätzlich ist eine Unterstützung der aktiven Entwicklung der vielfältigen soziokulturellen Akteur:innenlandschaft durch nachfolgende Beschreibung der einfachen Pflege und dem starren Erhalt vorzuziehen. Soziokultur muss bezahlbar bleiben, deswegen muss der Erhalt von Freiräumen zum Experimentieren, von bezahlbaren Wohn- und Gewerberäumen für Kreativ- und Kulturschaffende eine hohe Priorität einnehmen. Der Spekulation von Immobilien ist entgegenzuwirken durch die Unterstützung bei der Vermittlung von Leerstand, durch die Unterstützung beim Aufbau von Wohnprojekten, durch gemeinsame Wege bei der Seite 1 von 2
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Situation Soziokultur
Christian Thomas
Entwicklung von Gebäuden. Zwischennutzungen ermöglichen Die mehrfache Zwischennutzung von Leerstand in längeren zeitlichen Abständen sollte ermöglicht werden. Zudem sollten die Gebühren für gemeinwohlorientierte Zwecke entfallen bzw. durch die Stadt übernommen werden. Widersprüche aufheben Die Kommunikation auf Augenhöhe mit Akteur:innen, die transparente Darstellung von Prozessen und eine beratende Rolle der Stadtverwaltung sind grundlegend für eine gemeinsame Entwicklung der Stadt. Die Verbesserung der Darstellung von Verantwortungsbereichen der Mitarbeiter:innen, auch innerhalb der Verwaltung, verringert die Widersprüchlichkeit von Aussagen. Darüber hinaus ist das gegenseitige Ausspielen von Akteur:innen durch die Verwaltung oder durch die Politik nicht zu tolerieren. Kontinuierliche, mehrjährige und dynamisierte Förderung einrichten Der Bedarf an Fördermitteln zur Stabilisierung des vielfältigen kulturellen Angebotes steigt mit der eigenständigen Professionalisierung der Akteur:innen. Eine kontinuierliche, mehrjährige und dynamisierte Förderung durch die Stadtverwaltung und den Kulturraum ermöglicht erst die strategische Entwicklung der soziokulturellen Angebote. Ein Teil der Kultur- und Jugendförderung sollte mit weiteren überregionalen Förderprogrammen kombiniert werden, wie Kulturraummittel, Infrastruktur- & Strukturförderung der Staatsministerien, deutsch-polnische Förderprogramme und Jugendfonds, um Akteur:innen gezielt in der Entwicklung zu unterstützen. Die Durchführung einer städtischen Kulturraumanalyse über Orte der soziokulturellen Praxis, deren Arbeitsbedingungen, deren Anzahl, deren Ausstattung, ermöglicht ein klares Bild der Situation. Zur Stabilität der Akteur:innen sollten darüber hinaus neue Organisationsstrukturen untersucht werden. Dazu bedarf es weiterer zielgerichteter Beratungen zur Entwicklung von gemeinnützigen bzw. gemeinwohlorientierten Geschäftsmodellen. Diese sollen in Zusammenarbeit mit der Hochschule Zittau/Görlitz durchgeführt werden. Beteiligung an kulturpolitischen Entscheidungen Bürger:innenbeteiligung wird bisher vor allem durch das Konzept der „Bürgerräte“ gedacht. Eine kontinuierliche Beteiligung an kulturpolitischen Entscheidungen unter Einbezug der soziokulturellen Akteur:innen wird gefordert wie bspw. durch eine beauftrage Person oder die Beteiligung an Ausschüssen und Gremien. Kulturkoordination Um die beschriebenen Maßnahmen strategisch zu verfolgen, sollte die Einrichtung einer Kulturkoordination geprüft werden, die sich mit den bereits beschriebenen und weiteren Fragestellungen beschäftigt. Kontakt: Christian Thomas E-Mail: christian@second-attempt.de Seite 2 von 2