Der Sterntaler Winter 2014/15

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Heft 3 | Winter 2014/15

der

Sterntaler Das Magazin vom Sterntalerhof

Winter-Check Was Pferde bei Frost und Schnee brauchen Seelen-Sprache Blumen und Kerzen als Symbole des Gedenkens Dienst-Reise Quer durch Ă–sterreich mit unserer Sozialarbeiterin

Zeit der

Trauer

Die Geschichte von

Familie Anger


Vorwort

Dr. Gustav Herincs, Hospizarzt Vorstandsmitglied am Sterntalerhof

Trauer braucht Platz, Raum und Zeit. Trauer hat viele Gesichter: Kinder, Jugendliche trauern anders als viele Erwachsene – dadurch kommt es oft zu Missverständnissen in der Familie, zu Spannungen und Schuldzuweisungen in dieser Zeit der „Sprachlosigkeit“. Menschen, die Trauernde begleiten, benötigen neben der fachlichen Kompetenz viel Einfühlungsvermögen und das Gespür für Nähe und notwendige Distanz – um sich abgrenzen zu können. Bei einem Rundgang am Sterntalerhof finden Sie einige Bäume, vereinzelt auch kleine Sträucher – geschmückt mit Papierschmetterlingen, Windrädern; am Baumstamm lehnt eine Laterne, vielleicht ein kleiner Engel oder ein Spielzeug: Orte der Erinnerung an Kinder, die verstorben sind – gestaltet von Eltern, Geschwisterkindern, Freunden und Freundinnen; regelmäßig kommt Besuch, um sich zu erinnern, zu reden, zu weinen – ein Platz, um zu trauern; es heißt nicht umsonst Trauerarbeit; diese Zeit fordert, belastet, nimmt oft die notwendige Luft zum Atmen. Der Weg zurück ins Leben, in eine gewisse Normalität, ist schwierig und lange. Trauer braucht Raum; eine Umgebung, die Platz hat für Gefühle; BegleiterInnen, die empathisch mit-

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gehen, weggehen, schweigen, vor allem aber zuhören können; einen Raum der Kommunikation – ohne zu reden, damit Probleme nicht zerredet werden. Kunsttherapie, Musiktherapie, Tanztherapie und therapeutisches Reiten sind bei uns am Sterntalerhof mögliche Zugänge zu Trauernden; begleitet von einer Kinderpsychologin und einem Team von Betreuerinnen geben wir trauernden Familien die Möglichkeit, sich auszutauschen – stationär wie ambulant. Gesprächsmöglichkeiten gibt es beim gemeinsamen Essen, bei Spaziergängen und wenn gewollt – in Einzelgesprächen. Trauer braucht Zeit: Wie lange darf die Trauerzeit dauern? Wann wird die Trauer zur Krankheit? Ist fachliche Hilfe notwendig? Diese Fragen sind nicht so einfach zu beantworten; ein psychologisches Gespräch dient zur Orientierung; dieses Angebot bei uns am Sterntalerhof wird gerne angenommen. Die Betroffenen brauchen Zeit, aber auch die BegleiterInnen müssen sich die notwendige Zeit nehmen können; Zeit, um einfach da zu sein; Zeit für gemeinsame Stille. Für uns am Sterntalerhof ist Trauerbegleitung Teil der Hospizarbeit; Krankheit, Tod, Trauer treffen die ganze Familie, oft auch die Verwandtschaft und FreundInnen.

DIE BEGLEITUNG EINES SCHWER KRANKEN KINDES ODER EINES JUGENDLICHEN BEGINNT BEREITS BEI DER DIAGNOSESTELLUNG UND ENDET NICHT MIT DEM TOD. DIE ZEIT DER TRAUER IST FÜR DIE HINTERBLIEBENEN RICHTUNGSWEISEND FÜR EINEN NEUEN LEBENSABSCHNITT – DER HOFFENTLICH OHNE VIELE SEELISCHE „SCHRAMMEN“ WIEDER ZURÜCK INS LEBEN FÜHRT.


Inhalt Pferde

Aktuell 4

Von neuen Wegen, Leckereien und Herzens-Angelegenheiten

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Kinder 6

Die Geschichte von Max, Tom, Melanie und Kerstin Anger

Auf dem Beifahrersitz von Sozialarbeiterin Barbara Mayer-Schulz

Hintergründe und Hufkunde

Seele 16

Streifzüge 10

Winter-Check für Vierbeiner:

Blumen und Kerzen als stille Symbole des Gedenkens

Menschen 18

Fünf Fragen an Claudia Ritter, Trauertherapeutin am Sterntalerhof

Schenken hilft 12

Wie man mit einem Packerl gleich zweimal Freude schenkt.

IMPRESSUM

SPENDENKONTO

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Ärztebank –

Sterntalerhof – Verein für ganzheitliche Lebensbegleitung

Bank für Ärzte und Freie Berufe AG

Kitzladen 139, 7411 Loipersdorf-Kitzladen, Österreich

IBAN: AT11 1813 0802 5454 0001

E-Mail: begegnung@dersterntaler.at

BIC: BWFBATW1

Konzept & Realisation: Tonality Communications GmbH, 2070 Retz, www.tonality.at Redaktion: Harald Jankovits (Chefredaktion), Sandra Frank, Nicolas Thal Design: Nicolas Thal, Stephan Zwiauer Fotos: Sterntalerhof, iStockphoto LP,

Ihre Spende ist gemäß

Shutterstock, Toyota Frey, Gartenbau Gall Controlling: Karin Mayer Druck: Nieder-

Spendenbegünstigungsbescheid

österreichisches Pressehaus, auf Papier von Norske Skog Bruck GmbH

§ 4a Z. 3 und 4 EStG des BMF

Zur besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsspezifische Schreibweise verzich-

steuerlich absetzbar!

tet. Entsprechende Bezeichnungen gelten ausdrücklich für beide Geschlechter.

Unsere BMF-Reg.Nr.: SO 1157.

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Aktuell

Mobilitäts-

garantie

„Erkunden Sie Wege, wo keine sind“ schreibt der Prospekt zum Toyota RAV4. Das trifft‘s perfekt, denn genau das wollen wir tun. Und immer dann, wenn wir dafür auf Reisen gehen, wird unser silberner RAV4 dem Prospekt gerecht: Der kompakte SUV kraxelt souverän über das teils unwegsame Gelände rund um den Sterntalerhof, verwöhnt seine Passagiere aber auch auf längeren Autobahnstrecken mit allem nur erdenklichen Komfort, einer umfangreichen Sicherheitsausstattung, maximaler Effizienz und Toyota-typischer Zuverlässigkeit. Das Allerbeste an unserem RAV4 ist jedoch, dass er von Toyota Frey Austria gesponsert wird – wofür wir uns hier sehr herzlich bedanken möchten! Wie und wo unser Auto zum Einsatz kommt, erfahren Sie in dieser Ausgabe auf den Seiten 9 und 10. Unterwegs mit unserer Sozialarbeiterin entpuppt sich dann auch die einzige kleine Ungenauigkeit, die man dem RAV4-Prospekt vielleicht ankreiden könnte – denn eigentlich müsste es heißen: Erkunden Sie Wege, wo scheinbar keine sind.

Spenden hilft! Am Sterntalerhof wird keine Familie aus finanziellen Gründen abgewiesen. Das ist nur möglich, wenn Sie uns helfen zu helfen. Ihre Spende kommt an – garantiert!

SCHENKEN HILFT. Ihre Spende als Geschenk, das Freude macht. Alle Jahre kommen sie wieder, die SterntalerGeschenkboxen – besondere Geschenke, liebevoll zusammengestellt mit hochwertigen Produkten. Mit den Sterntaler-Geschenkboxen schenkt man Freunden, der Familie und Geschäftspartnern Freude – und den Kindern am Sterntalerhof Zuversicht! Eine kleine Auswahl präsentieren wir Ihnen auf den Seiten 11 und 12, die Bestellung erfolgt einfach und bequem auf www.sterntalerhof.at/schenken

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Spendenkonto Ärztebank – Bank für Ärzte und Freie Berufe AG IBAN: AT11 1813 0802 5454 0001 BIC: BWFBATW1 oder ganz bequem online unter www.sterntalerhof.at

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FRISCH AUS DER KÜCHENWERKSTATT VOM STERNTALERHOF VERRATEN WIR HIER UNSER

Rezept

FÜR WEIHNACHTLICHE

Lebkuchen

SCHMECKT KÖSTLICH, geht ganz einfach ...

ZUTATEN FÜR DEN TEIG

1. Alle Zutaten von der Liste rechts zu einem Teig verarbeiten und diesen dann eine gute Stunde rasten lassen.

50 dag Roggenmehl 12 dag Butter oder Margarine 12 dag Staubzucker 1 ½ Teel. Natron 25 dag Honig 2 Eier 2 P Lebkuchengewürz 1 Teel. Zimt, Saft einer Zitrone geriebene Schale einer Zitrone 10 dag Nüsse

2. Teig ausrollen, mit beliebigen Formen ausstechen, mit Ei bestreichen, ganz nach Geschmack verzieren. 3. Lebkuchen bei 180 Grad backen (und sich dabei schon aufs Naschen freuen!) KLEINER FEINSCHMECKER-TIPP: ... schmeckt auch sehr gut in Schokolade getunkt!

herzens -

Angelegenheit HERZKINDER ÖSTERREICH - ZUSAMMENARBEIT MIT HAND UND HERZ Mein Kind herzkrank. Manchmal erst nur ein Verdacht, dann bittere Erkenntnis für betroffene Eltern. Verzweiflung, Angst und Schuldgefühle stellen sich ein, ein scheinbar unbezwingbarer Berg offener Fragen türmt sich auf. In einer solchen Situation schreiten die Herzkinder ein, seit 2007 ein eigenständiger Verein, eine österreichweite Anlaufstelle für alle nicht medizinischen Anliegen und Belange rund um herzkranke Kinder, Jugendliche und deren Familien. Mit großem Engagement werden Eltern und Geschwisterkinder betreut: schon während der Schwangerschaft, vor und nach komplizierten Operationen, während langwierigen Krankenhausaufenthalten und weit darüber hinaus. Zu dieser psychosozialen Betreuung gehört auch die Beschaffung konkreter Informationen, das Herstellen von Kontakten

und die Organisation diverser Aktivitäten wie etwa die Herzkindertreffen, oder die Sommerwochen für Herzfamilien. Mit Hand und Herz arbeiten die Herzkinder daher auch mit dem Sterntalerhof zusammen – wenn es darum geht, für betroffene Kinder und deren Familien die bestmögliche Betreuung zu sichern. Eine Zusammenarbeit, die uns ganz besonders freut – nicht nur weil sie von hoher partnerschaftlicher Effizienz geprägt ist. Sondern auch, weil wir darin die immense Bedeutung österreichweiter Vernetzung erkennen: Gemeinsam setzen wir alles daran, Familien mit herzkranken Kindern so lange zu stützen, bis sie wieder selbständig im Leben stehen. Mehr zum Verein Herzkinder und seiner Tätigkeit finden Sie online unter www.herzkinder.at

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Kinder

Die

Regenbogen t채nzer


Was Abschied nehmen bedeutet – für Max, Tom und Melanie. Und für Kerstin, ihre Mutter. Die Diagnose, anfangs sprechen immer alle nur von „der Diagnose“. Als würde sich ALS dadurch noch aufhalten lassen. Die Diagnose trifft Klaus Anger an einem Frühlingstag, mitten im Leben, er ist 33 Jahre alt, Jurist in Steyr, glücklich verheiratet mit Kerstin und stolzer Papa von drei Kindern – dem 10-jährigen Max, dem 7-jährigen Tom und der kleinen Melanie, sie ist erst drei Jahre alt. Und die Diagnose heißt ALS, Amyotrophe Lateralsklerose, eine schwere, unheilbare Erkrankung des Zentralnervensystems. Sie schreitet schnell fort und führt zu Lähmungserscheinungen am ganzen Körper. Und sie endet tödlich, unweigerlich. VOR SCHWIERIGEN ZEITEN Über Bekannte findet Familie Anger an den Sterntalerhof. Es ist Spätherbst und aus der Diagnose ist bereits eine Krankheit geworden. Für die Kinder ist Klaus jetzt schon nicht mehr der Papa, wie sie ihn kennen. Er tut sich schwer zu tun, was er tun will. Er kann nicht mehr richtig sitzen. Er kann nicht mehr alleine aufstehen. Und dennoch sieht man ihm den alten Klaus noch an. Ein schlanker, sportlicher Mann, der noch im Vorjahr einen Fahrradurlaub organisiert hat, der Melanie auf den Schultern trägt, der es geliebt hat, mit Max und Tom am Abend hinaus auf die Wiese zu gehen, um ein bisschen Fußball zu spielen. Das alles geht jetzt nicht mehr. Und es wird nie wieder gehen. Auch in dieser Situation kümmert sich das Team vom Sterntalerhof um die ganze Familie: Sie steht vor einer schwierigen Zeit. Max, Tom und Melanie werden dabei zusehen müssen, wie ihr Papa schwächer und schwächer wird. Sie werden verstehen müssen, dass es nicht mehr besser wird. Und am Ende dieser schwierigen Zeit werden sie sich von ihm verabschieden müssen. Noch spricht das hier niemand an. Diese erste Woche am Sterntalerhof soll der Erholung, dem Kraftschöpfen dienen und die Familie bestmöglich auf die kommenden Monate vorbereiten. Max und Tom lernen Lisa kennen, die sie zu den Pferden führt, Neuland für

die Jungs. Sie lernen, wie man ein Pferd begrüßt, wie man es striegelt und mit ihm spricht. Sie lernen zu verstehen wie Pferde fühlen und sich ausdrücken und stellen fest, dass auch Pferde Angst empfinden können – trotz ihrer Größe. Die Vormittage verbringen sie mit Kunsttherapeutin Susanne, gestalten gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester ein Buch für Papa und – sie studieren einen Tanz ein, sie nennen ihn den Regenbogentanz. Es wird ein ganz besonderer Tanz, der nur Papa gehört und der für Papa eine Überraschung wird, zum Abschluss der Woche, bevor sie alle miteinander wieder nach Hause fahren. Wenn Papa das sehen wird, er wird sehr stolz sein. DAS SCHICKSAL DER SCHNECKE Im Frühsommer kehrt Kerstin mit den Kindern an den Sterntalerhof zurück. Klaus ist zuhause geblieben. Kerstin ist völlig erschöpft, sieht sich am Ende ihrer Kräfte. Sie erzählt, wie stark die Krankheit Klaus im Griff hat, er ist schwach, sitzt bereits im Rollstuhl und kann sich nur noch schwer verständigen. Sie pflegt ihn,

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Kinder

opfert ihre Nächte, jeden Moment ihrer Zeit – und ist dennoch immer auch für ihre Kinder da, für Max und Tom und für die kleine Melanie. In dieser zweiten Woche am Sterntalerhof lernt Kerstin Claudia kennen, die zu dieser Zeit eine Ausbildung zur integrativen Trauertherapeutin abschließt. Sie ermutigt Kerstin, die Kinder in den Trauerverlauf miteinzubinden. Sie spüren Kerstins wachsende Trauer, das unausgesprochene Abschiednehmen, das nun im Raum steht, sie spüren die Spannungen. Nicht selten versuchen Eltern, ihre Kinder vor diesen Spannungen zu schützen, indem sie manches unausgesprochen lassen. Das jedoch, weiß Claudia, verstärkt die Spannungen nur. Sie bestärkt Kerstin, den zaghaften Fragen mit fein dosierten, offenen Antworten zu begegnen. Nur so lassen sich diese Spannungen lösen, und so schmerzvoll die Erkenntnis auch sein mag, es entsteht doch etwas Gemeinsames, eine Art zwischenmenschlicher Raum, in dem man gemeinsam trauern kann. Schon am nächsten Tag bietet sich dazu eine erste, unerwartete Gelegenheit.

Es ist ein fast schon sommerlich warmer Tag, als Claudia und Kerstin mit den Kindern eine Wanderung unternehmen. Sie marschieren der nahen Lafnitz entlang, grillen Bratwürste auf einem Lagerfeuer, spielen Activity. Alle lachen, die große Schwere zuhause scheint für Stunden vergessen – bis Tom auf dem Feldweg eine kleine tote Schnecke findet. Dann sind sie plötzlich da, die vielen Fragen, tauchen wie aus dem Nichts auf, bringen die große Schwere ans Ufer der Lafnitz zurück. Spielerisch nähert sich Claudia der Situation. Weil Kinder auch durch ihr Spiel kommunizieren. Und weil das scheinbar harmlose Schicksal der toten Schnecke dazu einlädt, im Tempo des Kindes ein Ritual durchzu“spielen“, das eine beruhigende Vorstellung vermittelt – von dem, was unausweichlich kommen wird. Gemeinsam begraben sie die kleine Schnecke am Wegesrand. Jetzt hat sie einen Ort an dem sie ruht, zu dem man jederzeit zurückkehren kann, wenn man will. Wie man auch an den Sterntalerhof jederzeit zurückkehren kann. Das zu betonen, ist Teil eines gemeinsamen Abschließens der Woche. Wie war die Woche? Wie geht es weiter? Wann kommt ihr wieder? Wo knüpfen wir das nächste Mal an? Noch vom Sterntalerhof aus wird psychologische Unterstützung zuhause organisiert und für die Jungs – eine Fortsetzung der Therapie mit Pferden. Und ja, Claudia wird Kontakt halten, immer wieder anrufen, mit Kerstin reden, auf dem Laufenden bleiben. EIN GROSSES, SCHWARZES LOCH Und dann kommt der Tag im Oktober. Klaus verliert seinen Kampf gegen die Krankheit, Kerstin verliert ihren Mann und Max, Tom und Melanie verlieren ihren Papa. Schon drei Stunden vor dem Begräbnis trifft Claudia bei den Angers ein. Kerstin ist bereits angezogen, die Kinder noch nicht. Claudia geht mit den Jungs in ihr Zimmer, gemeinsam begutachten sie die Kleider, die Mama für sie ausgesucht hat. Was trägt man bei einer Beerdigung. Ist das eigentlich wirklich wichtig, weil man ja mit dem Herz trauert und nicht mit dem Gewand. Wie wird das jetzt alles ablaufen, was erwartet uns. Eine Leichenhalle, keine Kirche, nur der engste Kreis

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der Familie. Hier steht der Sarg, wunderschön dekoriert, mit Blumen und Kerzen und Zeichnungen von den Kindern. Es herrscht eine seltsame Stille. Melanie hängt sich bei Kerstin an, Max wahrt die Distanz, Tom will es wissen. Ja, in diesem Sarg ist Papa drin. Ja, er darf den Sarg anfassen, man muss den Tod be-greifen. Dann sagt Max, dass er lieber raus möchte. Das ist jederzeit möglich, es muss jederzeit möglich sein und die Kinder müssen es wissen. Claudia nimmt Max und Tom an der Hand, Melanie bleibt bei Kerstin. Zu dritt gehen sie über den Friedhof, zu Klaus‘ Grab. Ein großes, schwarzes Loch, es wartet auf nachher, auf den traurigsten Moment. Akribisch analysieren die beiden Jungen das Loch. Jetzt kommen die Fragen. Warum ist das Loch so tief? Kommt Papa jetzt da rein? Kommt da noch jemand drauf? Warum sind so viele Steine in der Erde? Claudia bleibt offen. Sie schildert die bevorstehende Zeremonie am Grab. Sie erklärt, warum dieser Moment alle besonders traurig macht, weil es eben der „letzte“ Moment ist. Und dass alle weinen werden und dass man auch weinen und traurig sein darf, weil Papa nicht mehr da ist und man nicht mehr mit ihm Radfahren oder Fußball spielen kann. Und dass sich jetzt dann gleich alle hier versammeln werden, an diesem Grab, um sich von Papa zu verabschieden. Zuvor jedoch bleibt noch Zeit für ein gemeinsames Erkunden des Friedhofs. Auf den Grabsteinen steht, wann die Menschen geboren wurden und wann sie gestorben sind. Die Kinder fangen zu rechnen an. Manche Menschen wurden fast hundert Jahre alt. Auf einem ganz besonders schönen Stein errechnen sie nur sieben Lebensjahre. Auch Kinder können sterben. Claudia schlägt eine Brücke zu Klaus, zu Papa, der ja auch so früh hat sterben müssen. Aber was ist schon früh oder spät, wenn man einen Menschen verliert, den man sehr lieb hat. Und dann, wie aus dem Nichts, nimmt Tom Claudias Hand. Er möchte gerne tanzen, den Regenbogentanz. Claudia bekommt Gänsehaut. Eine gute Idee, eine wunderbare Idee, Tom. Und so tanzen sie zu dritt den Regenbogentanz. Max, Tom und Claudia. Mitten am Friedhof, auf dem knirschenden Kiesweg. Wenn Papa das nur sehen könnte. Er wäre sehr stolz.

TRAUERBEGLEITUNG AM STERNTALERHOF: VON PFÜTZEN, TROST UND RITUALEN. Claudia Ritter, integrative Trauertherapeutin am Sterntalerhof, mag den Ausdruck „Trauerarbeit“ nicht besonders. „Eine Arbeit ist etwas, das ich irgendwann beginne und irgendwann abschließe“. Für manche Menschen jedoch ist Trauer nie wirklich abgeschlossen. Überhaupt ist das Trauern an sich ein sehr individueller Prozess, jeder Mensch hat seinen eigenen Schmerz und seine eigene Art, Trost zu finden. „Kinder trauern anders als Erwachsene“, weiß Claudia, „sie steigen in eine Pfütze und sind darin zutiefst traurig. Dann steigen sie in die nächste Pfütze, in der sie wieder fröhlich und lustig sein können – während Erwachsene Gefahr laufen, in der einen, traurigen Pfütze stecken zu bleiben.“ Trauer hilft dem Menschen, den Verlust und die damit verbundenen Erinnerungen und Gefühle ins Leben zu integrieren. Das kostet Zeit, es kostet Kraft. Rituale können dabei eine große Hilfe sein: Orte zu schaffen, zu denen man zurückkehren kann, Handlungen, die man bewusst tut, die das Abschiednehmen symbolisieren. Sie bieten Erwachsenen wie Kindern die Möglichkeit, ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen, sie vermitteln eine gewisse Stabilität in der Krise.

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Streifzüge

Unterwegs in ganz Österreich: Barbara Mayer-Schulz

Neue Masche,

enges Netz

Ein Tag auf dem Beifahrersitz von Barbara Mayer-Schulz, Diplomierte Sozialarbeiterin am (und abseits vom) Sterntalerhof 09:42, A2 SÜDAUTOBAHN Es nieselt leicht. Barbara Mayer-Schulz sitzt am Steuer des silbernen Toyota RAV4, der eigentlich für das unwegsame Gelände rund um den Sterntalerhof gebaut wurde. Jetzt pflügt er stoisch durch den niederösterreichischen Nieselregen, auf der Autobahn, der Bundeshauptstadt entgegen. Barbara checkt die Uhrzeit, der Termin um elf geht sich aus. Big Brothers Big Sisters erwarten sie in Wien. Eine Organisation, die Kindern und Jugendlichen erwachsene Mentoren zur Seite stellt, als große „Brüder“ oder große „Schwestern“, als Wegbegleiter, die Zeit schenken. Seit längerem schon sieht Barbara darin eine mögliche Chance, ein weiteres Rädchen in Gang zu bringen, um Familien auch nach ihrer Zeit am Sterntalerhof gut und individuell betreut zu wissen. Heute möchte sie die Gesichter zu den Telefonstimmen kennen lernen. Und konkrete Möglichkeiten ausloten. Für die neunjährige Tanja, die

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ihn Wien lebt, mit ihrem kleinen Bruder, dessen schwere Krankheit ihren Eltern kaum Zeit lässt für Tanja. 10:22, A23 SÜDOSTTANGENTE Das Telefonklingeln der Freisprechanlage reißt Barbara aus ihren Gedanken. Ein Rückruf aus Innsbruck, eine Sozialarbeiterin der Jugendwohlfahrt, ihr Tiroler Dialekt erklingt in spätherbstlicher Heiserkeit. Barbara bedankt sich und sortiert ihre Gedanken. Es gehe um einen jugendlichen Burschen, für den sie nach einer Trauerbegleitung sucht. „Die Familie war vor kurzem am Sterntalerhof, wir haben wahrgenommen, dass er eine längerfristige professionelle Betreuung braucht.“ Ob sie im Raum Innsbruck jemanden kenne, einen guten Therapeuten, der das übernehmen würde. Details nennt sie nicht. Noch nicht. Die Dame verspricht eine umgehende Recherche, sie schreibe ein Mail, vielen herzlichen Dank. Zurück zu Tanja. Noch


einmal alle Fragen durchgehen, die sie dem Gesicht von Big Brothers Big Sisters gleich stellen wird. Sofern sich der zähe Verkehr hier jetzt nicht doch noch zu einem Stau verdichtet. 13:36, A21 AUSSENRING-AUTOBAHN Doch, das war gut. Das Gesicht zur Telefonstimme gehört einem kompetenten Psychologen. Der gute Eindruck hat sich bestätigt, das Engagement der Organisation ist hoch, die Arbeit professionell. Und für Tanja wird es eine „Big Sister“ geben, die dem kleinen Mädchen einmal die Woche einen Nachmittag schenken wird, der nur Tanja gehört. Eine ehrenamtliche junge Frau, kompetent vorbereitet und startklar, sich Tanjas individuellen Bedürfnissen zu stellen. Ein kleiner Erfolg. Und mehr noch – Big Brothers, Big Sisters wissen jetzt mehr über den Sterntalerhof, seine Ziele, seine Arbeit. Eine Masche mehr in Barbaras Netzwerk, einen Schritt weiter auf dem langen Weg, umfassende Versorgung zu gewährleisten – auch abseits des Sterntalerhofs. Eine weitere dieser Maschen wartet jetzt in Salzburg. Nur noch 257 Kilometer. 15:12, A1 WESTAUTOBAHN Kurz nach Linz wird der Regen stärker. Dennoch Zeit für den nächsten Anruf, das Mail aus Innsbruck erreichte sie noch während der Sitzung in Wien. Am anderen Ende meldet sich ein Herr Dr. Steiner, Psychotherapeut, auf Kinder und Jugendliche spezialisiert. Diesmal geht Barbara ins Detail. Erzählt von Patrick,

der zwölf Jahre alt ist und vor kurzem seinen Bruder verloren hat. Dann fragt sie, ob Steiner sich vorstellen könne, eine Betreuung zu übernehmen, ob diese über die Kasse laufen könne oder der Sterntalerhof sich auch finanziell einbringen müsse. Steiner hat Kapazitäten, er freut sich auf Patrick. Noch ein Erfolg. 16:53, SALZBURG Der Toyota hält vor einem Zinshaus im Stadtzentrum. Kurzes Strecken der Glieder nach fast 500 Kilometern Autobahn. Gleich trifft Barbara auf Maria - die Therapeutin betreut hier zwei Kinder, die bereits zwei Wochen am Sterntalerhof verbracht haben. Wie geht es ihnen? Was brauchen sie? Wann kommt die Familie das nächste Mal ins Südburgenland? Und was muss man dafür bereits jetzt in die Wege leiten? Das Netz muss nicht nur stetig wachsen, man muss es auch pflegen, die Qualität mobiler Versorgung abseits des Sterntalerhofs nachhaltig sichern. All dies, auch ihre heutigen Erfahrungen wird sie am nächsten Tag hier in Salzburg berichten - an einem österreichweiten Vernetzungstreffen aller im Kinderpalliativbereich tätigen Organisationen, an dem sie für den Sterntalerhof teilnehmen wird. Zuvor jedoch parkt sie den silbernen Toyota vor einer kleinen Pension. Und erst hier, am ruhigen Zimmer nimmt sie sich die Zeit, um die Eltern von Tanja und Patrick anzurufen. Denn obwohl sie heute Abend gute Nachrichten überbringt – es werden wohl längere Telefonate, keine Telefonate für die Freisprechanlage.

EINE UNSERER STERNTALERINNEN IM

STERNTALER Mobile Versorgung setzt Mobilität voraus. Umso mehr freuen wir uns über die Unterstützung von Anja Frey und ihrem Team, das den Sterntalerhof seit Jahren mit zuverlässigen, sicheren und komfortablen Autos aus dem Hause Toyota versorgt. Zeit für ein großes Dankeschön – auch im Namen unserer Familien und Kinder!

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Schenken hilft

Schöne

Bescherung Wie man mit einem Packerl gleich zweimal Freude schenkt. Schlaukakao aus Zwettl, Kräuterkissen aus Willersdorf oder Biosirup aus Wien – jetzt sind sie wieder da, die Sterntaler-Geschenkboxen mit hochwertigen Produkten. Vom kleinen Mitbringsel bis hin zur festlichen Weihnachtsbox – eins haben alle Packerln gemeinsam: sie bereiten Freude! Den beschenkten Freunden, der Familie, dem Geschäftspartner. Aber auch den Kindern, den Familien, den Tieren am Sterntalerhof. Weil alle Partner und Ausstatter dieser Geschenke auf ihren Gewinn verzichten! Eine kleine Auswahl haben wir hier zusammengestellt, das komplette Programm finden Sie unter sterntalerhof.at/schenken

„WOHL FÜHLEN“ Unser Entspannungs-Packerl mit duftenden Kostbarkeiten aus dem Bio-Kräutergarten von Elke Pfiff in Willersdorf: ein Kräuterkissen, zwei Badesalze (Rose und Kräuter), ein Lavendelzauber im Glastiegel und ein handgegossenes Teelicht aus unbehandeltem Bio-Bienenwachs inkl. original Sterntalerhof Zündholzschachterl! Für sinnvolle 24 Euro.

„KIND SEIN“ Unsere Box für Kinder enthält das Sterntalerhof-Kinderbuch “Du bist nicht allein” (ausgezeichnet mit dem Burgenländischen Buchpreis!), ein Sterntalerhof-Plüschpferdchen, eine Dose Schlaukakao „Bio-Bengelchen” von Sonnentor aus Zwettl, einen Wochenplaner und einen Sterntalerhof-Schlüsselanhänger. Für sinnvolle 24 Euro.

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SCHENKEN UND HELFEN? JETZT BEQUEM BESTELLEN UNTER: www.sterntalerhof.at/schenken

„RUHE FINDEN“ Enthält beruhigende Ingredienzen wie ein saftiger Schokokuchen im schönen Einmachglas aus Bad Tatzmannsdorf, ein Glas Akazienhonig mit essbaren Silberflocken von Honigschaf und zwei Stück. naturbelassener Kräutertee von Schärf aus Neusiedl am See - für sinnvolle 15 Euro.

„DANKE SAGEN“ Ein Dankeschön für Genießer: eine Flasche Blaufränkisch Eisenberg DAC vom Weingut Kopfensteiner aus Deutsch Schützen, hausgemachte Spaghetti vom Landhof Werkovits, herrliches Paradeiserchutney von Stekovics, eine Tafel Zotter-Bergmilchschokolade und - die kleinste Sektflasche der Welt! Für sinnvolle 24 Euro.

„FROHE WEIHNACHTEN“ Unser Festpaket mit Sterntaler-Biosirup von GreenSheep aus Wien, einem backfrischen Christstollen vom Meisterkonditor Kaplan aus Bad Tatzmannsdorf, einem Grüner Veltliner Brut in der kleinsten Sektflasche der Welt von der Sektkellerei Szigeti aus Gols, einer Tafel Bergmilchschokolade von Zotter und einer Sterntalerhof-Weihnachtskarte. Für sinnvolle 30 Euro.

Den kostenlosen Versand übernimmt

KEINE VERSANDKOSTEN!? DPD MACHT‘S MÖGLICH - UND „PACKT“ NOCH EINS DRAUF... Alle Preise der Sterntaler-Geschenkboxen verstehen sich inklusive Versand innerhalb Österreichs und nach Deutschland. Das geht nur, weil das Logistikunternehmen DPD (Dynamic Parcel Distribution) unsere Packerln nicht nur schnell und sicher, sondern für uns auch völlig kostenlos zu ihren Empfängern bringt! Damit aber nicht genug: Entschlossenheit bewies das Team von DPD auch vor Ort am Sterntalerhof, verrichtete einen Tag lang Gartenarbeit und half bei der Isolierung unserer Stallgasse. Im Namen aller uns anvertrauten Kinder bedanken wir uns sehr herzlich für die tatkräftige und sinnvolle Unterstützung!

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Pferde

Schnee

von morgen

Was wir im Winter für Pferde tun können. Und was sie selbst für sich tun. Eine Pferdekoppel im Schnee. Durch die Bäume dringt abendliches Sonnenlicht, legt sich sanft über das strahlende Weiß, die Zaunlatten werfen lange Schatten. Majestätisch ruhen die dunklen Körper der Pferde im Bild, ihre tiefen Atemzüge durchdringen dampfend die Kälte. Eine Idylle, wie wir sie auch am Sterntalerhof kennen und lieben, eine Szenerie, die fast vergessen macht, dass Pferde gerade im Winter nach ganz besonderer Pflege verlangen. Wenn es kalt wird am Sterntalerhof, dann ist er bereits erfolgt, der Winter-Check, mit dem Daniela Schaden unsere Pferde Jahr für Jahr auf Schnee, Matsch und Frost vorbereitet. Seit fünf Jahren arbeitet sie hier mit den

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Tieren, kennt ihre Ansprüche, schaut Woche für Woche auf ihre gesunde Haltung. „Wenn es kalt wird, haben Benji, Estrella & Co. schon ihr Winterfell“, erzählt sie. Richtig wuschelig, zottelig und warm ist es geworden, schützt den Körper auf natürliche Weise vor der Kälte – „wer Pferde jetzt schert, muss ihnen eine Decke überwerfen“. Beachtung verdient der Fellwechsel aber auch, weil er die Tiere viel Kraft kostet, besonders ältere Pferde benötigen jetzt Ergänzungsnahrung – die im Winter je nach Verfassung und Arbeitsaufwand individuell auf die Pferde abgestimmt wird. „Der Koppel fehlt jetzt die Wiese“, sagt Daniela, „Heu und in warmem Wasser aufgelöste sogenannte Heucops müssen stets ausreichend


vorhanden sein.“ Wie auch die Salz-Lecksteine am Zaun, die unsere Tiere mit edlem Himalaya-Salz versorgen. Und wie das Wasser, das in beheizten Tränken frostsicher auf durstige Pferdemägen wartet – ein ausgewachsenes Pferd trinkt bis zu 50 Liter täglich. HUFE IM MATSCH Auch im Winter begrüßt Daniela regelmäßig den Hufschmied – und das, obwohl die Tiere hier möglichst „barfuß“, ohne Hufeisen, unterwegs sind. Sie pflegt die Hufe, fettet sie ein, entfernt Schottersteine und hart gewordenen Matsch aus Ballen und Strahl, dem lebenden, rhombusförmigen Innenteil des Hufs. Und jene Pferde, die aufgrund harter Böden doch Hufeisen tragen, bekommen im Winter ein „Hufgrip“: „Das ist ein Gummiteil, das zwischen Eisen und Huf geschoben wird!“, erzählt Daniela „ Es verhindert, dass sich dort Schnee sammelt, der die Tiere instabil stehen lässt – in der Pferdesprache nennt man das stöckeln.“ Das erinnert uns daran, welch erstaunlich kleine Fläche Huf den gewaltigen Körper stützt, ihn Tag und Nacht gut stehen lässt, das Pferd geschmeidig traben oder galoppieren lässt. Und es erinnert uns daran, was unsere Pferde leisten, in ihrer täglichen Funktion als Co-Therapeuten am Sterntalerhof. Wichtig ist daher auch im Winter, dass das nicht zu kurz kommt, was Daniela „Ausgleichsarbeit“ nennt – Arbeit mit dem Pferd zum Ausgleich, fern der therapeutischen Arbeit: Ein entspannter Ausritt in die Natur, gemeinsame Bodenarbeit, das massierende Striegeln aber auch das Dressurreiten – Fitness für Pferde, die die Muskulatur kräftigt und Blockaden im Körper lockert. „Nichts jedoch stärkt unsere Pferde so sehr, wie das Pferd sein selbst – auf der Koppel.“, lächelt Daniela wissend. Hier ist das Pferd nie allein, lebt sein natürliches Verhalten, die herdeninterne Rangordnung aus, kommuniziert mit seinesgleichen. Hier bewegt sich das Pferd von selbst gegen die Kälte, in seinem eigenen Tempo, läuft und steht, wann es will oder wuzelt und wälzt sich gar – im Schnee, vielleicht sogar im Abendlicht. Idylle? Natürlich, vor allem für die Pferdeseele. Und auch ein bisschen für uns Zweibeiner. Weil nur ein artgerecht gehaltenes und auch im Winter gut gepflegtes Pferd den für uns so wichtigen Dienst erfüllen kann – den Dienst am Menschen.

Jetzt fehlt die Weide Benji labt sich an einer zünftigen Ration Heu.

Wuzeln in der Koppel – nichts stärkt Pferde so sehr wie das Pferd sein selbst.

Kleine Hufkunde Nicht das ganze Huf ist aus Horn: die empfindliche Strahlgrube verlangt im Winter nach sorgsamer Pflege.

Strahlgrube

Ballen

Trachten

Eckstreben

Strahl

Hornsohle

Strahlspitze

Sohlenrand

Hornwand Weiße Linie

Zehe

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Seele

Lass

Blumen weinen

Wenn Menschen gedenken – sagen sie es auch durch die Blume. Zeit für einen Besuch in der Gärtnerei Gall. Warum ausgerechnet Chrysanthemen? Wir sitzen mit Andreas Gall im Besprechungsraum seiner Gärtnerei, einem Familienbetrieb unweit des Sterntalerhofs. Von hier kommt alljährlich unser wunderbarer Adventkranz. Und hierher sind wir gekommen, um kurz vor Allerheiligen floristischem Brauchtum nachzuspüren. Warum also Chrysanthemen? Weil weiße Chrysanthemen wie auch Violen oder Hebe traditionell als Grabschmuck gelten? Wir lernen, dass Chrysanthemen in der japanischen Kultur eine hohe Bedeutung haben, dass es gar eine Chrysanthemenblüte ist, die das kaiserliche Siegel Japans ziert. Aber dann entzaubert Andreas das Geheimnis: „Es ist ihr Blühzeitpunkt“ lächelt er, „sie blüht exakt zu Allerheiligen.“

Doch es sind nicht nur die Chrysanthemen, deren Blüte in jene stille Zeit fällt, in der aller Heiligen gedacht wird – und aller Seelen. „Früher waren es vorwiegend Eriken“, erzählt Andreas. Sie blühten im Burgenland fast ausschließlich auf den Gräbern katholischer Friedhöfe, wie es auf evangelischen Gräbern auch kaum Grabkerzen gab. Über die letzten Jahrzehnte jedoch haben sich die Traditionen der einzelnen Religionen und Volksgruppen im Burgenland vermischt. „Allerheiligen an sich hatte früher einen höheren Stellenwert“, sinniert der Gärtner, „man kaufte viele, kleine und unterschiedliche Pflanzen und immer kurz vor den Feiertagen, damit sie auch ja frisch blühten, wenn die Familie am Grab zusammenkam“. In unserer heutigen,

Links und Mitte: Chrysanthemen als Setzlinge und in voller Blüte. Rechts: auch Calluna Milka findet man auf herbstlichen Gräbern.

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GEMEINSAM STILL GEDENKEN DAS INTERNATIONALE KERZENLEUCHTEN FÜR VERSTORBENE KINDER

Kleine, kunstvolle Handarbeit: Ein Urnengesteck aus dem Hause Gall.

schnelleren Zeit wird der Grabschmuck schon Wochen vorab bestellt. Und man tendiert eher zu repräsentativen Gestecken als zu lebenden Pflanzen – wohl auch, weil viele Gräber heute steinerne Deckel tragen. Die florale Symbolik des Gedenkens ist dennoch geblieben, äußert sich heute in kunstvoll zusammengestellten Arrangements und Bouquets. DIE FARBE DER TRAUER Auf die große Nachfrage nach Allerheiligen-Gestecken stellt sich die Gärtnerei Gall rechtzeitig ein, nicht zuletzt weil der Familienbetrieb aus Markt Allhau auch bekannte Pflanzenmärkte in ganz Österreich beliefert. „In unseren Gestecken treffen Blüten oder Palmblätter aus fernen Ländern auf Reisig aus heimischen Wäldern“. Dazu wird zunächst eine Schale mit einem nassen „Steckziegel“ befüllt. Im zweiten Schritt bilden Zweige von frisch geschnittener Nordmanntanne eine spätherbstliche Basis, die mit exotischen Blüten fertig ausgesteckt wird. Ob die Floristik auch bei Gestecken farblichen Trends folge, wollen wir wissen. Andreas bleibt zögerlich. Es gebe schon Tendenzen, Lilatöne, Violett etwa oder einen ganz allgemeinen Trend zu mehr Natürlichkeit. Aber die eine Farbe der Trauer, die gibt es nicht. „Es ist eine persönliche, eine individuelle Frage“, sagt er nachdenklich. Das spüre er immer dann, wenn es um Blumenschmuck für Beerdigungen gehe. Dann zieht sich seine Mutter mit den Kunden hier in dieses Besprechungszimmer zurück, nimmt sich Zeit, versucht der Sprache der Blumen einen Ausdruck von Trauer zu verleihen. „Es können Nelken sein, klassisch, vielleicht bunt“ sagt Andreas „Es können auch weiße Callas sein, edel und rein, vielleicht für einen guten Freund.“ Es können aber auch rote Rosen sein, für einen Menschen, mit dem man sein Leben verbracht hat. Für die Liebe.

Immer am zweiten Sonntag im Dezember versammeln sich Mitarbeiter, Gäste, Freunde und Partner vor dem Gemeinschaftshaus am Sterntalerhof. Es ist der Tag unseres Adventfests. Es ist aber auch der Tag des internationalen Kerzenleuchtens für verstorbene Kinder – eine als Worldwide Candle Lighting in den USA entstandene, mittlerweile weltumspannende Initiative, an der wir hier im Südburgenland teilnehmen. Wenn es an diesem Tag dunkel wird, erhält jeder Gast, jedes Kind eine Kerze. Kleine Wunderwerke der Handwerkskunst, liebevoll gefertigt von Christine Tauchner, die uns seit vielen Jahren (und nicht nur in der Adventzeit) ehrenamtlich unterstützt. Ein kleines Licht in jeder Hand, mit dem wir dann gemeinsam zu unserer Kapelle gehen, unsere „Kapelle“ – ein überkonfessioneller Rückzugsort, zu dem jeder am Sterntalerhof jederzeit gehen kann, um für sich zu sein, um nachzudenken, zu schweigen, zu beten, zu plaudern, vielleicht sogar zu lachen. An diesem Abend jedoch gehen wir hin, um allen Kindern zu gedenken, die von uns gegangen sind. Es gibt keine Rede, keine Ansprache, keine Predigt. Gemeinsam schweigend verharren alle Mitarbeiter, alle Gäste, Freunde und Partner in einem atmosphärischen Moment der Stille. Dann legt jeder seine Kerze vor der Kapelle zu Boden, eine nach der anderen, bis es auch am Sterntalerhof zu leuchten beginnt, das kleine Lichtermeer, das internationale Kerzenleuchten für verstorbene Kinder.

www.sterntalerhof.at

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Menschen

Fünf

Fragen

an Claudia Ritter, integrative Trauertherapeutin am Sterntalerhof. WAS IST „GLÜCK“ FÜR DICH? Glück ist für mich ein Zustand, der aus einem tiefen Gefühl von Zufriedenheit resultiert. Zufrieden sein mit meiner Umwelt, mit den anderen Menschen, aber vor allem mit mir selbst. Zufrieden sein mit allen Facetten des Lebens. Auch mit den traurigen. Glücklich sein – und versuchen wieder glücklich zu werden, wenn es mir einmal nicht so gut geht.

mache mir einen guten Eiskaffee, setze mich damit auf meine Terrasse und genieße ihn bis zum letzten Schluck mit vollem Genuss. Auch die Natur gibt mir viel Kraft – ein schöner Spaziergang, eine Wanderung. Ich genieße es aber auch, einfach nur unter einem Baum zu liegen und den Anblick der wehenden Äste im Wind zu beobachten. „Alles im Leben hat seine Zeit“ – das ist mein Motto, das lässt mich vieles erträglicher sehen und auch anerkennen. FÜR WELCHES THEMA MÖCHTEST DU DIE GESELLSCHAFT WEITER SENSIBILISIEREN? Für eine Ent-Tabuisierung des Themas Sterben, Tod und Trauer. Wir haben verlernt oder wollen es nicht wahrhaben, dass der Tod zum Leben gehört. Auch Trauer ist ein sehr wesentlicher Punkt. Es gibt kein Leben ohne Trauer – aber auch keine Trauer ohne Leben. Erst wenn wir das akzeptieren lernen, dämmt sich die Angst vor dem Tod auf ein erträgliches Maß ein. Und diese Verringerung der Angst könnte uns Menschen helfen, im Hier und Jetzt zu leben, den Moment zu genießen, statt in der Vergangenheit oder in der Zukunft zu leben – denn Leben ist jetzt.

WIE HAT DICH DER STERNTALERHOF GEPRÄGT? Geprägt hat mich der Sterntalerhof insofern, dass ich jetzt schon sieben Jahre tagtäglich eine für mich sehr erfüllende Arbeit leisten darf. Ich konnte mich in den letzten Jahren sehr entfalten und mich kennenlernen. Die Arbeit mit betroffenen Familien und Kindern erfüllt mich, bereichert mich und lässt mich jeden Tag dankbar sein. WAS BEDEUTET TEAMWORK FÜR DEINE ARBEIT? Teamwork ist in jedem meiner Arbeitsfelder unablässig. Ohne einen gewissen Zusammenhalt wäre es sehr schwer, diese intensive und anspruchsvolle Aufgabe am Sterntalerhof zu erfüllen. Der Austausch unter den Kolleginnen und Kollegen ist ein wesentlicher Punkt, um in einem interdisziplinären Team das Beste für die Familien leisten zu können. WIE GEHST DU MIT TRAURIGEN MOMENTEN UM? Ich versuche durch Bewegung, Tennisspielen oder Tanzen meinen Gefühlen Platz zu geben. Oder ich

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Der Sterntaler | Winter 2014/15

„Die Arbeit mit betroffenen Familien und Kindern erfüllt mich, bereichert mich und lässt mich jeden Tag dankbar sein.“ Claudia Ritter, Trauertherapeutin am Sterntalerhof


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