4 minute read

Das große 2x5 Interview mit Daniel Gahr

((( ICH BIN RECHT ZUVERSICHTLICH, DASS WIR DAS SCHAFFEN )))

2x5

Advertisement

Daniel Gahr 51 Jahre Vorstandsvorsitzender der Mainzer Stadtwerke

Beruf Mensch

Energie, Gas: Was geht, was kommt auf uns zu? Die Stadtwerke sind - anders als die Entega - nicht der Grundversorger in Mainz. Wir haben mit unseren Kunden bei Strom und Gas fixe Lieferverträge, die bis Ende 2022 oder sogar 2023 gelten – da passiert jetzt erst mal nichts. Klar ist jedoch: Wegen der aktuellen Beschaffungssituation wird Strom und Gas teurer. Um wie viel ist aber noch nicht klar. Die Schwankungen an den Märkten sind erheblich und machen ein vernünftiges Kalkulieren der Preise extrem schwer. Vieles hängt davon ab, ob es ein sehr kalter Winter wird und die Leute mehr Gas und Strom verbrauchen als sonst. Jedenfalls sind die Speicher sind zu 90 Prozent voll, und auch wenn Russland nicht mehr liefert, kommen weiterhin Lieferungen aus Holland, Belgien, Norwegen oder China. Ich bin recht zuversichtlich, dass wir das schaffen.

Wenn Leute doch in Zahlungsschwierigkeiten kommen sollten, gibt es Hilfe von der Stadt? Die Stadt und die Stadtwerke sind im Austausch über ein entsprechendes Programm. Da wird vermutlich das Sozialdezernat die Federführung übernehmen, denn man muss ja neben der Finanzierung die Frage klären, wer Anspruch auf Unterstützung haben soll. Da wird man sicher einen geeigneten Mechanismus finden.

Kommen die Stadtwerke denn finanziell in Bedrängnis? Wir sind gut abgesichert und breit aufgestellt - auch bei den Erneuerbaren Energien. Ich gehe nicht davon aus, dass wir Hilfe in Form eines Rettungsschirms in nächster Zukunft benötigen werden. Es wäre aber trotzdem nicht verkehrt, bundesweit einen finanziellen Rettungsschirm nicht nur für die ganz Großen der Energiebranche zu haben, sondern auch für Stadtwerke und kleinere Versorger.

Was ist mit Trinkwasser? Das wird auch immer teurer...? Wir müssen hier massiv investieren, 85 Mio. Euro in den kommenden fünf Jahren. Unsere Leitungen sind teilweise 100 Jahre alt, was an sich kein Problem ist, aber nach und nach müssen sie erneuert werden. Und auch die Wasserwerke müssen weiter zuverlässig funktionieren und den steigenden Trinkwasserbedarf decken. Wenn man sich allein diese Investitionen anschaut, ist der Preis für Wasser eigentlich zu niedrig. Wir – und alle anderen Wasserversorger – werden daher auch in Zukunft die Preise anpassen müssen.

Sie haben den Hackerangriff auf Ihren IT-Dienstleister Count+Care zuletzt überstanden. Wie können sich Unternehmen besser schützen, welche Konsequenzen werden gezogen? Das ist eine Entwicklung, die man nicht unterschätzen darf. Professionelle Hackerangriffe sind bedauerlicherweise auch ein Geschäftsmodell. Die Hacker fordern Lösegelder, und es trifft immer mehr Unternehmen. Wir haben nicht bezahlt. Und glücklicherweise war auch keine kritische Infrastruktur betroffen. Wir hatten sehr gute externe Unterstützung durch ein auf die Abwehr solcher Angriffe spezialisiertes Unternehmen. Jetzt geht es darum, die Lehren zu ziehen und neue Sicherheitsstufen einzurichten. Man wird sowas aber nicht komplett verhindern können – das ist wie ein Katz und MausSpiel. Sie sind gebürtiger Hamburger und kommen aus einer Mediziner-Familie? Ich bin in Hamburg geboren, aber mit vier Jahren nach Göttingen gezogen und dort zur Schule gegangen und hab dort auch das Abi gemacht. Ich habe dann aber nicht Medizin studiert, worüber sich meine Eltern große Sorgen gemacht haben, ob aus dem Jungen auch was werden kann…

Was haben Sie stattdessen gemacht? Ich bin nach Mainz gegangen und habe dort Geschichte, Politik und VWL studiert, was meinen Eltern den Schweiß auf die Stirn getrieben hat. Anfang der 90er war das keine vielversprechende Kombi, aber eben mein Interesse.

Sie haben in Ihrer Studienzeit einiges auf die Beine gestellt...? Ja, wir haben ein Studenten-Kino gegründet, das DaCapo im P1 für bis zu 800 Besucher. Dann haben wir eine Partyreihe im KUZ gehabt - BWL, Medizin, Jura -, die lief sehr erfolgreich, später auch im Dorian Gray am Flughafen. Und dann gründeten wir mit Freunden noch ein Hochschulmagazin, unicompact, das wir auf ganz Deutschland ausgeweitet hatten, mit 35 Ausgaben. Ich war dort hauptsächlich für den Vertrieb und die Vermarktung zuständig.

Sind Sie auch nach dem Studium im Medienbereich geblieben? Ja, ich bin zuerst nach Bielefeld gezogen und arbeitete dort bei der „Neuen Westfälischen“ für acht Jahre. Danach bin ich zur Verlagsgesellschaft „Madsack“ nach Hannover gegangen und habe dort Zeitschriften-Konzepte entwickelt und verkauft. Später habe ich auch noch eine Verlagsgeschäftsführung im nordhessischen Korbach übernommen. Mit etwa 43 Jahren jedoch habe ich mir Gedanken über die Medien gemacht und überlegt, nochmal etwas ganz anderes zu machen. So kam es, dass ich mich als Geschäftsführer beim Überlandwerk Groß-Gerau GmbH (ÜWG) bewarb und so schließlich zu den Stadtwerken nach Mainz kam.

Sie sind auch noch Honorarkonsul für Bulgarien in Rheinland-Pfalz. Was hat es damit auf sich? Ich bin seit 1998 mit einer Bulgarin verheiratet und wurde irgendwann angesprochen, ob ich so ein Ehrenamt ausüben möchte, auch um mein Netzwerk zu nutzen und für die Sache der Bulgaren hier einzutreten, also auch Wahlen durchzuführen usw. In Mainz gibt es viele gut gebildete Bulgaren, mittlerweile fast 4.000, darunter Mediziner, Theaterleute und viele Studenten. Es gibt natürlich auch Armutseinwanderung. Aber ich mache da keine Unterschiede.

This article is from: