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Lights

DANISH

ast solange er denken kann spielt Design eine zentrale Rolle im Leben von Mads Hanghøj aus dem dänischen Skanderberg: Sein Stiefvater war der dänische Designer Jacob Jensen, der unter anderem Marken wie Bang & Olufsen mit seiner unverwechselbaren und einzigartigen Formensprache über viele Jahre prägte. Kein Wunder, dass sein neugieriger Stiefsohn seine Umgebung schon als Jugendlicher oft durch eine spezielle Brille betrachtete und sich die Frage stellte: „Wie kann man die Dinge anders machen – und wie besser?“ Mit 21 begann er ein Design-Studium; zunächst in Kopenhagen; danach in Kolding an der Ostküste von Jütland. Dort kam er auch erstmals mit der Brille in Kontakt – und war fasziniert: Das war es! Ein kleines

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Objekt mit nur wenig gestaltbarer Fläche – und doch durch die Wechselwirkung mit dem menschlichen Gesicht unverwechselbar und einzigartig wie kaum ein anderes. Eine große Aufgabe – aber keine einfache. Brillen zu entwerfen sah von außen viel leichter aus als es tatsächlich war. Und die Welt des Brillendesigns schien überbevölkert zu. Wenn man jung ist und nicht viel Geld hat, muss man also Dinge tun, die ungewöhnlich genug sind, um aufzufallen. Weil skandinavisches Design bekannt ist für seine Schnörkellosigkeit in Verbindung mit bestechender Zweckmäßigkeit, konzipierte Mads Hanghøj eine spezielle Brillenkollektion aus dünnem Blech. Die selbst gesetzten Vorgaben waren überaus ambitioniert: Seine Brillen sollten einen hohen Grad an technischer Entwicklung beinhalten, das Material bis an seine Grenzen ausreizen und ohne Schrauben auskommen. Ihr Design sollte ultrasensitiv und originär sein, also keine Neuauflage oder Re-Interpretation von etwas bereits Bekanntem, sondern etwas wirklich Neues und Einzigartiges. „Sheets“ nannte er seine Kollektion: Das ist das englische Wort für „Blätter“. Denn zumindest vor der Montage sehen die Brillen aus, als wären sie mit einer feinen Schere aus Papierblättern ausgeschnitten worden. Jacob Jensen war in dieser Zeit eine wichtige Stütze für ihn: „Wenn ich frustriert von meinen Professoren war, bestätigte er mich oft darin, trotzdem meinen Ideen, Meinungen und meinem Bauchgefühl zu folgen“, erinnert sich der junge Designer dankbar an seinen 2015 verstorbenen Mentor. Dabei half ihm auch immer wieder eine Methode, die Jacob Jensen ihm gezeigt hatte: „Wenn man wissen will, ob man mit einer Design-Idee richtig liegt, platziert man das Objekt abends unter eine Lampe. Am nächsten Morgen, wenn der Kopf frisch und klar ist, macht man die Lampe an und betrachtet das Objekt genau fünf Sekunden lang, nicht länger. Die Frage, ob das Design gut ist oder nicht, beantwortet sich in einem intuitiven, guten Gefühl innerhalb dieser fünf Sekunden. Und wenn sich noch etwas falsch anfühlt, muss man das Objekt eben verändern, bis es perfekt ist.“


BLÄTTER-BRILLEN

„IDEEN SIND WIE EINE KATZE“, SAGT MADS HANGHØJ. „SIE GEHEN IHRE EIGENEN WEGE – UND SIE KOMMEN NIE, WENN DU ES WILLST, SONDERN WENN DU ES AM WENIGSTEN ERWARTEST.“ AUS DIESER ERKENNTNIS HAT DER JUNGE DÄNE EINE GANZ BESONDERE BRILLENKOLLEKTION ENTWICKELT.

Kreatives Paar: Mads Hanghøj und Nina Guldager

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Die Gesichter der Kampagne haben – vor allem mit Brille – eine ganz eigene und zwingende Ästhetik. Und eine Menge sichtbares, ungeschminktes Leben.

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Alle Sheets-Brillen sind aus 0,5 Millimeter dünnem, gehärtetem Edelstahlblech gefertigt. Ihre schraubenlose Scharnierkonstruktion ist sehr klein und einfach und trotzdem überaus funktional. Und im Gegensatz zu den meisten anderen „Blechbrillen“ gibt es keine störende Lücke im Backenbereich: Die Mittelteile werden zum Glaswechsel über eine schlichte Konstruktion an den silikonbelegten Nasenpads geöffnet. Das sieht natürlich und diskret aus und ist auch der Stabilität der Brillen sehr zuträglich. „Bei den ersten Entwürfen für diese Brillen hatte ich oft richtige Kreativitäts-Blockaden“, erinnert sich der junge Designer. „Das ist eine Erfahrung, die wohl jeder Designer macht, wenn er versucht, seinen Ideen eine physische Form zu geben.“ Weil es zu dieser Zeit in Dänemark gerade Winter war, packte Mads Hanghøj ein paar Sachen zusammen und reiste auf die kanarischen Inseln, um zu surfen und im Warmen an seinen Entwürfen zu arbeiten. Und hatte damit unbeabsichtigt die Lösung seines Problems gefunden: „Die Ideen sprudelten dort geradezu“, erzählt er begeistert. „Mir wurde plötzlich klar, dass ich mobil sein musste, um kreativ sein zu können.“ Nach seiner Rückkehr kaufte er einen ehemaligen Armee-Krankenwagen, gab seine Wohnung auf und begann, den Van in ein mobiles Designstudio umzubauen, in dem er wohnen und arbeiten konnte. Mit dem mobilen Studio war der oft selbstauferlegte Zwang verschwunden, zu festgelegten Zeiten an einem Schreibtisch kreativ sein zu müssen, um eine Idee zu entwickeln oder einen Abgabetermin einzuhalten. „Wenn ich mit einer Idee nicht weiterkam, bin ich einfach zu einem anderen Ort gefahren, habe dort ein bisschen in der Hängematte gechillt oder bin spazieren gegangen; dann war der Kopf wieder frei.“ Alle Werkzeuge, die er brauchte, waren in diesem Van untergebracht; die meisten mit Klettband befestigt. So konnte er sofort zu arbeiten beginnen, wenn eine Idee konkrete Formen annahm und festgehalten werden wollte. „Ich stelle mir ein Design bildhaft vor und modelliere dieses Bild in meinen Gedanken. Was irgendwie greifbar ist, halte ich dann in Handskizzen fest, quick and dirty auf einem Notizblock oder einer Serviette. Das hilft dem Geist beim Modellieren.“ Erst wenn eine Idee als Ganzes gereift ist, kommen andere Werkzeuge wie der Computer oder das Prototyping mit realem Material ins Spiel.


Mittlerweile ist Mads Hanghøj verheiratet und Vater von zwei Kindern. Das hat sein Leben auf den Kopf gestellt und vieles verändert: An ein paar Tagen in der Woche hat er jetzt noch einen zweiten Job in Kopenhagen, der nichts mit Brillen zu tun hat, aber für den Lebensunterhalt der kleinen Familie essentiell ist. Für die hat er vor kurzem ein kleines, so genanntes „Fritidshus“ mit einer Wohnfläche von nur etwa 40 Quadratmetern gekauft. Sich auf so einer kleinen Fläche zu organisieren ist ein Kunststück für sich; andererseits verbindet es Leben und Arbeiten auf eine sehr spezielle Weise. Nina Guldager ist aber nicht nur Ehefrau und Mutter, sondern auch Beraterin, Kollegin und Muse für seine Ideen. Sie erdet ihn – und sie sorgt dafür, dass aus seinen Ideen am Ende auch verkäufliche Produkte werden. Und sie kümmert sich um die Kommunikation. Zum Beispiel bei der Auswahl der Models für die Präsentation der Brillen: Sehr bewusst wurden dafür nicht die glatten, schönen, austauschbaren und langweiligen Dutzendgesichter ausgewählt, die man tausendfach in der Werbung sieht. Stattdessen suchten sie echte Typen, auch deutlich jenseits von 60 Jahren. Jedes dieser Gesichter hat - vor allem mit Brille – eine ganz eigene und zwingende Ästhetik. Und eine Menge sichtbares, ungeschminktes Leben.

„Was irgendwie greifbar ist, halte ich in Handskizzen fest, quick and dirty auf einem Notizblock oder einer Serviette. Das hilft dem Geist beim Modellieren.“ Einen Traum hat das kreative Paar auch: „Irgendwann wollen wir ein großes Stück Land kaufen, wo wir unsere Brillen herstellen und unseren Mitarbeitern und Freunden anbieten können, dort ihre eigenen Häuser zu bauen und mit uns in der Natur zu leben und zu arbeiten. Alles beginnt mit der Phantasie.“ www.she etse yew ear.dk opti 2018 · Halle C1 · Stand 137

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