NWM SOCHI 2014

Page 1

НОВЫЙ

Sonderausgabe/2013

®

ВЕНСКИЙ жУРНАЛ RUSSLAND • ÖSTERREICH • RUSSLAND

Neues Wiener Magazin


Von der Redaktion

Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Leser!

Liebe Leserinnen und Leser! Ich wurde in Russland geboren, lebe aber bereits seit 26 Jahren in Österreich. Ich liebe mein Heimatland und bin über die dortigen Ereignisse immer auf dem Laufenden. Wie viele RussInnen war ich sehr erfreut und stolz, als auf der 119. Sitzung des IOC am 4. Juli 2007 die russische Stadt Sotschi zur Hauptstadt der Olympischen Winterspiele 2014 gewählt wurde. Sotschi ist ein wunderbarer Erholungsort am Ufer des Schwarzen Meeres, der im eigenen Land als auch im Ausland bekannt ist. Dorthin fahren gerne zur Erholung Menschen verschiedensten Alters: um sich an den sanften Strahlen der Sonne zu erwärmen, um im warmen Meer zu baden, um vielleicht in einem Sanatorium zu kuren, indem man heilsame Schwefelwasserstoffbäder nimmt. Ich selbst habe nicht nur einmal die wunderbaren Eigenschaften des Schwarzmeersalzwassers und die zauberhafte Wirkung der Mazesta-Bäder auf den Organismus verspürt. Nach der allgemeinen Umgestaltung und einer gigantischen Erneuerung der Infrastruktur anlässlich der bevorstehenden Olympiade wird Sotschi

natürlich noch gefragter sein. Nach den Spielen werden alle diese Objekte der Bevölkerung zur Verfügung stehen. Leider war ich bis jetzt noch nicht in den Wintersportorten von Sotschi, den Erholungszentren von Krasnaja Poljana, welche sich im Zusammenhang mit der intensiven Vorbereitung auf die Olympischen Spiele vollständig verändert haben. Aber ich bin davon überzeugt, dass es dort wirklich wunderschön ist. Nicht umsonst bevorzugt der Präsident Russlands und Liebhaber des alpinen Schisports, Wladimir Putin, das Schifahren ausgerechnet in Krasnaja Poljana. In dieser der Olympiade 2014 gewidmeten Sondernummer haben wir uns bemüht, Ihnen ausführlich von unserem Stolz zu erzählen, dem in ökologischer Hinsicht unikalen Ort, wo sich das feuchte subtropische Klima des Küstengebietes mit dem hochalpinen Klima des Kaukasus verbindet. Außerdem haben wir Leute interviewt, welche eine unmittelbare Beziehung zur Durchführung der Olympiade haben: den Präsidenten des Russischen Olympischen Komitees und ersten stellvertretenden Vorsitzenden der Russischen Staatsduma, Alexander Schukow, den Generalsekretär des Paralympischen Komitees Russlands, Michail Terentjew, ein Mensch mit einem einzigartigen Schicksal, der auch Dumaabgeordneter ist und sich mit Behindertenfragen beschäftigt. Ein Interview gaben uns der Präsident des Unternehmens „Russische Eisenbahnen“, Wladimir Jakunin, und der Generaldirektor der Luftfahrtgesellschaft „Aeroflot“, Witalij Saweljew. Die von ihnen geführten Unternehmen sind Generalpartner der Olympischen Spiele in Sotschi. Die kulturelle Komponente dieses Sportereignisses ver-

tritt der weltweit bekannte Musiker und „Botschafter der Olympiade“, Jurij Baschmet. Wir haben auch mit Österreichern gesprochen. Mit Karl Stoss, dem Präsidenten des Österreichischen Olympischen Komitees, mit der Legende des alpinen Schisports, Karl Schranz, welcher nicht nur von den Einheimischen sondern auch von den Russen verehrt wird, mit der Leitung der Baufirma „Strabag“, welche an der Vorbereitung der olympischen Objekte in Sotschi höchst aktiv teilnahm. Diese Zeitschrift ist eine deutschsprachige Sonderausgabe zu unserer monatlich erscheinenden Zeitschrift „Neues Wiener Magazin“, welche am Jahresende 18 Jahre alt wird. Wir freuen uns, von ihren Seiten aus den LeserInnen sagen können: „Herzlich willkommen in Sotschi“!

Herausgeber und Chefredateur Mag. Irina Moutchkina

P.S.: Alle Interviews wurden von der Redaktion geführt.

Die Redaktion dankt dem Botschafter Russlands in Österreich, Sergej Netschajew, und der Pressegruppe der Botschaft für die Unterstützung bei der Organisation und Durchführung der Interviews.


Inhaltsverzeichnis Von der Redaktion

Grußworte des Präsidenten des Russischen Olympischen Komitees und Mitglieds des Internationalen Olympischen Komitees Alexander Schukow Olympische Winterspiele 2014

2 4

5

Interview mit Sergej Netschajew – Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter der Russischen Föderation in der Republik Österreich

16

Interview mit Mihail Terentyev – Generalsekretär des Paralympischen Komitees Russlands

20

Interview mit Karl Stoss – Präsident des Österreichischen Olympischen Comités

Der große österreichische Skifahrer Karl Schranz unterstützt die Olympiade in Sotschi und glaubt an ihren Erfolg Willkommen in Sotschi

Interview mit Vladimir Jakunin – dem Präsidenten der „Russischen Eisenbahnen“ über das Thema „Die Russischen Eisenbahnen und die Olympiade in Sotschi 2014“ Interview mit Vitaly Savelyev – Generaldirektor von Russlands Fluggesellschaft “Aeroflot”

Interview mit der Leitung des Baukonzerns “Strabag” So wurde “SOCHI-2014” gebaut Krasnaja Poljana

Interview mit Juri Baschmet – berühmter Bratschist und Dirigent IMPRESSUM NOWYJ WENSKIY JOURNAL Medieninhaber: Media-Gruppe “MIR” Herausgeber und Chefredakteur: Irina Moutchkina Singerstrasse 4/2, (2. St), 1010 Wien E-mail: rus.journal@chello.at Tel.: + 43 1 513 07 03 Tel./Fax: 513 07 02 Mobiltel.: +43 (0) 664/351 36 09 Erscheinungsweise: monatlich. Einzelpreis EUR 3,-; Abonnement EUR 3,- pro Monat Unsere Adresse im Internet: www.russianvienna.com

22 24

34 37 40

42

44 48


Grußworte

des Präsidenten des Russischen Olympischen Komitees und Mitglieds des Internationalen Olympischen Komitees

Alexander Schukow

Sehr geehrte KollegInnen, liebe Freunde!

Bis zum Beginn des Wintersportweltfests – der Olympischen Spiele in Sotschi - verbleiben nur noch wenige Wochen. Wir alle - die Organisatoren, die Sportlerinnen, die WettkampfrichterInnen und die Sportfreunde - warten mit Ungeduld auf dieses farbenfrohe und wichtige Ereignis! Sotschi ist für den Empfang der olympischen AthletInnen und Gäste bereit. Die Sportarenen wurden errichtet

und umfangreiche Infrastrukturprojekte verwirklicht. Zum ersten Mal in der Geschichte der Olympischen Winterspiele wurde ein Olympiapark geschaffen, welcher gleichzeitig circa 75.000 Gäste aufnehmen kann. Die Spiele in Sotschi werden die innovativsten und „grünsten“ in der gesamten Geschichte der modernen olympischen

4

Bewegung werden. Einen wichtigen Beitrag bei der Vorbereitung der olympischen Objekte lieferten auch österreichische Firmen, die in Sotschi erfolgreich arbeiten. Wir erwarten die Teilnahme von 5.500 Olympioniken und Mannschaftsmitgliedern aus 80 Ländern sowie von 1.350 Paralympioniken und Mannschaftsmitgliedern aus 40 Ländern. Wir freuen uns, darunter auch die österreichischen Sportlerinnen und Sportler zu sehen. Ich bin überzeugt, dass die bevorstehende Olympiade Sotschi 2014 durch ihre herausragenden sportlichen Leistungen, ihren auf hochklassischem Niveau stehenden Gästeempfang und durch die traditionelle Gastfreundschaft der Russinnen und Russen im Gedächtnis bleiben wird. Als Präsident des Russischen Olympischen Komitees wünsche ich den Gästen des Olympiaabends von ganzem Herzen gute Eindrücke von der Bekanntschaft mit dem olympischen Sotschi!

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Wahl des Austragungsortes

Sieben Städte bewarben sich beim Internationalen Olympischen Komitee um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2014. Die Bewerbungen Almatys für Kasachstan, Bordschomis für Georgien, Jacas für Spanien und Sofias für Bulgarien wurden im Juni 2006 nicht für die Endauswahl zugelassen. Während sich Jaca und Sofia schon mehrmals um die Austragung Olympischer Winterspiele bewarben, war es für Almaty und Bordschomi die erste Bewerbung in der Geschichte. Für alle vier wären es die ersten Winterspiele des Landes gewesen, wobei in Spanien 1992 bereits Sommerspiele stattfanden. Die Zulassung für die endgültige Entscheidung um den Austragungsort erhielten die südkoreanische Stadt Pyeongchang, das österreichische Salzburg und das russische Sotschi.

Die Kandidatur Salzburgs

Die Stadt Pyeongchang bewarb sich bei der nächsten Vergabe der Winterspiele noch einmal und erhielt am 6. Juli 2011 den Zuschlag für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2018. Salzburg bewarb sich nach der Bewerbung für 2010 zum zweiten Mal in Folge und zum insgesamt vierten Mal für Olympische Winterspiele und bekam vom Österreichischen Olympischen Comité den Vorzug gegenüber Innsbruck. Die Bewerbung für 2014 war kompakter als jene für 2010, unter anderem wegen der Streichung von Kitzbühel, St. Johann und Ramsau als Austragungsorte. Als Stärken der Kandidatur wurden nicht nur die kurzen Wege zwischen den Austragungsorten, sondern der hohe Nachnutzungsgrad der Sportanlagen, die Erfahrung im Ausrichten großer Sportveranstaltungen, die Popularität des Wintersports in Österreich, sowie die Schneesicherheit der Veranstaltungsorte genannt. Darüber hinaus erfuhr die Bewerbung eine wachsende Unterstützung in der Bevölkerung, wie auch durch die österreichische Regierung um Bundeskanzler Alfred Gusenbauer.

Olympische WINTERSPIELE 2014

Die XXII. Olympischen Winterspiele finden vom 7. bis 23. Februar 2014 in der russischen Stadt Sotschi statt, einer Stadt mit 438.000 Einwohnern an der „Russischen Riviera“ am Schwarzen Meer. Es werden die ersten Winterspiele in einer subtropischen Stadt sowie die zweiten Olympischen Spiele nach den Sommerspielen 1980 in Moskau im flächenmäßig größten Land der Welt sein. Sotschi hatte sich bereits um die Winterspiele 2002 beworben, war damals jedoch nicht berücksichtigt worden.

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

5


Die österreichische Bewerbung hatte mit Abstand das niedrigste Budget, da die meisten Sportstätten bereits existierten. Die Bewerbung Salzburgs bestand aus einem Konzept mit zwei Kernen (two cluster concept): einer Eisregion rund um die Stadt Salzburg und einer Schneeregion im Pongau. Dazu kam noch die Bob- und Rodelbahn im bayerischen Schönau am Königssee.

stark für die Vergabe der Spiele nach Russland ein. Daher investiert die russische Regierung auch sehr viel Geld, Hunderte Milliarden Rubel, in die Bewerbung und die Errichtung der Sportstätten. Zwei Drittel davon sollen in die Infrastruktur investiert

Die Kandidatur Sotschis

Sotschi bewarb sich bereits zum zweiten Mal für die Austragung Olympischer Spiele. Allerdings wurde die Stadt im Wettbewerb um die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2002 nicht als offizieller Bewerber akzeptiert. Sotschi war die Bewerbung mit dem höchsten Budget, da alle Wettkampfstätten erst errichtet werden müssen. Russlands Präsident Wladimir Putin setzte sich

werden. Das Skigebiet im Bezirk Krasnaja Poljana wurde bereits 2007 eröffnet und soll der primäre Austragungsort für die Wettbewerbe im Freien sein, während die Stadt Sotschi selbst alle Hallenwettbewerbe beherbergen wird. Dabei sollen sich die Eishallen in einem Park befinden

6

und zu Fuß erreichbar sein. Die große Anzahl an Zimmern und die hohe Unterstützung in der Bevölkerung und seitens der Politik wurden als die Stärken dieser Kandidatur gewertet.

Bewertung durch das IOC

Eine 13-köpfige IOC-Evaluierungskommission unter der Leitung von IOC-Vizepräsident Chiharu Igaya besuchte Anfang 2007 die drei Kandidatenstädte und machte sich ein Bild von den möglichen Wettkampfstätten. Der Kommissionsbericht lieferte eine Bewertung der Kandidaturen, die einen Anhaltspunkt zur Wahlentscheidung der IOCMitglieder darstellt. Anfang Juni 2007 wurden die Berichte veröffentlicht. Während Pyeongchangs Bewerbung als die beste der drei dargestellt wurde und es keine Kritikpunkte gab, wurden bei der Bewerbung Salzburgs das niedrige Budget, sowie die Unterbringung der

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Athleten und ein zu kleines Medienzentrum bemängelt und bei Sotschi wurde das Fehlen aller Wettkampfstätten, die Umweltgefährdung und die Verkehrsinfrastruktur kritisiert. Während die Kandidaturen Pyeongchangs und Salzburg mit dem Attribut exzellent beurteilt wurden, bekam Sotschi nur die Note sehr gut.

Vergabe

Die endgültige Entscheidung über den Austragungsort der Spiele fiel am 4. Juli 2007 in Guatemala-Stadt. 103 stimmberechtigte Mitglieder des IOC waren zur Abstimmung zugelassen, wobei die Mitglieder der Bewerberländer ihr Stimmrecht nicht ausüben durften. Vor der Wahl hatten die drei Kandidaten noch einmal die Chance, die Vorzüge ihrer Bewerbung in einer Abschlusspräsentation zu präsentieren. Salzburg scheiterte bereits im ersten Wahlgang mit 25 Stimmen, während Pyeongchang die meisten Stimmen erhielt. Im zweiten Wahlgang unterlag Pyeongchang, wie schon bei der Kandidatur vier Jahre zuvor, mit 47 zu 51 Stimmen gegen Sotschi. Somit werden 2014 erstmals Olympische Winterspiele in Russland und in einer subtropischen Stadt am Meer, aber auch erstmals im Kaukasus ausgetragen. Die Olympischen Winterspiele 2014 werden vom Sochi 2014 Olympic Organizing Committee (SOOC) vorbereitet, das am 2. Oktober 2007 vom Olimpijski komitet Rossii, dem Sportministerium und der Stadt Sotschi gegründet wurde. Zum Vorsitzenden des Organisationskomitees wurde Alexander Schukow ernannt. Das Komitee hat die Aufgabe, die Wettkämpfe vorzubereiten, den Bau der Sportstätten

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

7


ZEITPLAN

der Olympischen Winterspiele 2014 Februar

Eröffnung Biathlon

7.

Bobsport Curling

Eishockey

Eiskunstlauf

8.

• •

Eisschnelllauf

Freestyle-Skiing Rennrodeln Shorttrack Skeleton

Ski Alpin

Skilanglauf

Snowboard

Skispringen

Nordische Kombination

Abschluss

Entscheidungen

5

9.

• • • • • • • •

8

10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23.

• • • •

5

• • • •• • •

8

• • • • • •

6

• • • • •

6

• • • • • •

6

•• • • • • 7

• = Medaillenentscheidungen

• • •

5

• • • •

• •

6

• •

• • • • • •• 5

• ••

8

• •

••

• •

••• •

• 6

•• 7

• •

••

• •

7

• •

G

11 3 2 2 5

12 10 4 8

3

2

10 12 4 3

10 98

Iceberg Eislaufpalast

8

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


und die Verbesserung der Infrastruktur zu betreiben und die Finanzierung der Spiele sicherzustellen. Mit Blick auf die Olympischen Winterspiele soll die Verkehrsinfrastruktur erneuert und ausgebaut werden. So sollen Straßen, Brücken und Tunnel entstehen, die den Verkehr beschleunigen sollen.

Logo, Maskottchen und Motto

Das von der internationalen Agentur Interbrand und einem Expertenrat des Organisationskomitees geschaffene Logo wurde am 1. Dezember 2009 in Moskau präsentiert. Es zeigt erstmals in der Geschichte des IOC eine Internetadresse als Logo, die Domain sochi.ru. Die Zeilen „sochi“ und „2014“ in blauer Farbe sind so angeordnet, dass sie sich spiegeln, wie die Gipfel des Kaukasus im Schwarzen Meer vor Sotschi. Rechts davon stehen das weiße und nur blau umrandete „.ru“ und darunter die fünf olympischen Ringe. Das Logo mit der Internetadresse sochi.ru soll die di-

gitale Generation ansprechen und einen offenen Dialog zwischen den Nationen und Fans fördern. Als offizielle Maskottchen wählte das Publikum im russischen TV-Sender Perwyj kanal gleich drei Tiere: der Leopard (28 Prozent der Stimmen), der Eisbär (18 Prozent) und der Hase (16 Prozent) sind die offiziellen Maskottchen der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi. Russlands Regierungschef Wladimir Putin bezeichnete den Leoparden als ein "starkes, schnelles und schönes Tier, das einst im Kaukasus beheimatet war und jetzt in der Region wieder angesiedelt werden soll". Diese Olympischen Winterspiele sollen unter dem Slogan „Gateway to the Future“ („Tor zur Zukunft“) stehen. Sotschi 2014 soll für Russland das Tor in die Zukunft sein, für eine nachhaltige sportliche, soziale, wirtschaftliche und ökologische Entwicklung. Gemäß OK-Chef Dmitri Tschernyschenko sollen diese Winterspiele „die ganze Region verändern“. Trotz Investitionen von geschätzten 35 Milliarden Euro bezweifeln ausländische Experten aber die Nachhaltigkeit und vor allem die ökologische Verträglichkeit von Olympischen Winterspielen in einer subtropischen Stadt. Das offizielle Motto der Spiele wurde im September 2012 bekannt gegeben und lautet „Hot. Cool. Yours“ („Heiß. Cool. Deins“). Dmitri Tschernyschenko meinte, das Motto beschreibe die Vielfalt Russlands.

Adler–Arena

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

9


Es beziehe sich zudem auf „die Leidenschaft des Sports, die Jahreszeit und die Wahrnehmung Russlands in der Welt sowie die Olympischen Spiele für Jedermann“.

Sportarten

Bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver wurden 86 Wettbewerbe in sieben Sportarten ausgetragen. Das Programm wurde im April 2011 für die Spiele 2014 zunächst auf 92 Wettbewerbe erweitert. Neu im olympischen Programm sind ein Skisprungwettbewerb für Frauen, Ski-Halfpipewettkämpfe für Damen und Herren, eine MixedStaffel im Biathlon sowie Teamwettbewerbe im Rennrodeln und Eiskunstlaufen. Einige weitere Disziplinen, darun-

ter der alpine Mannschaftswettbewerb und Slopestyle für Ski und Snowboard, wurden bis Anfang Juli 2011 auf ihre Tauglichkeit, ins Programm aufgenommen zu werden, geprüft. Aufgenommen wurden letztendlich die Slopestyle-Wettbewerbe sowie der Snowboard-Spezialparallelslalom für Männer und Frauen.

Sportstätten

Sämtliche Eishallen entstehen im Olympiapark Sotschi, wodurch erstmals in der olympischen Geschichte alle Hallen untereinander zu Fuß erreichbar sind. Das Gelände befindet sich direkt am Schwarzen Meer und wird daher auch „Küsten-Region“ genannt. Adler–Arena

10

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Olympiastadion Sotschi – Das Stadion hat eine Kapazität von 40.000 Zuschauern und soll bis Ende 2013 fertiggestellt werden. In dem Olympiastadion sollen die Eröffnungs- und die Schlussfeier der Spiele stattfinden. Das Stadion ist nach einem Berg im Nordkaukasus benannt. Nach den Spielen soll das Stadion für Fußball genutzt werden. Darüber hinaus wurde Sotschi als Austragungsort der Fußball-Weltmeisterschaft 2018 ausgewählt, so dass das Olympiastadion vier Jahre nach den Olympischen Spielen für eine weitere große internationale Sportveranstaltung genutzt werden wird. Schaiba-Eisarena – in der Multifunktionshalle für 7.000 Zuschauer finden die Eishockeyspiele statt. „Schaiba“ ist der russische Name des Pucks im Eishockey. Die Halle ist so konzipiert,

Iceberg Eislaufpalast

Iceberg Eislaufpalast

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

11


Iceberg Eislaufpalast

Bolschoi-Eispalast Bolschoi-Eispalast

12

dass sie nach den Spielen abgebaut und in einer anderen Stadt wieder aufgebaut werden kann. Bolschoi-Eispalast – die Multifunktions-Arena bietet 12.000 Zuschauern Platz und wurde 2012 fertiggestellt. In der Arena werden die Finale im Eishockey stattfinden. Ice Cube Curling Center („Eiswürfel“ Curling Center) – in der Multifunktionshalle für 3.000 Zuschauer werden die Curling-Wettkämpfe ausgetragen. Diese Halle kann nach den Spielen abgebaut und in einer anderen Stadt wieder aufgebaut werden. Adler-Arena: die Halle hat eine Kapazität von 8.000 Zuschauern und bietet Platz für eine 400 m Eisbahn. Der

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Adler–Arena

Eisschnelllauf wird hier stattfinden. Nach den Spielen kann die Halle abgebaut und in einer anderen Stadt als Messehalle wieder aufgebaut werden. Iceberg Eislaufpalast („Eisberg“Eislaufpalast) – die Multifunktions-Arena wurde 2012 fertiggestellt und hat eine Kapazität von 12.000 Plätzen. In der Halle werden Eiskunstlaufen und Shorttrack stattfinden. Die Arena ist auch so konzipiert, dass sie nach den Spielen abgebaut und in einer anderen Stadt als Eishalle wieder aufgebaut werden kann. Die „Medal Plaza“ für die Siegerehrungen, das Olympische Dorf und das Medienzentrum werden sich auch im bzw. beim Olympiapark Sotschi befinden.

Adler–Arena Bolschoi-Eispalast

Schaiba-Eisarena

Ice Cube Curling Center

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

13


Krasnaja Poljana (Schnee-Region)

Die Schnee- und die Bob- und Rodelwettbewerbe werden in dem Gebiet um das knapp 4000 Einwohner zählende Gebirgsdorf Krasnaja Poljana, das etwa 70 Kilometer östlich von Sotschi liegt, auf etwa 600 Meter Höhe im Tal der Msymta ausgetragen. Diese Region soll im Zuge der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele zu einem exklusiven Wintersportresort ausgebaut werden. Die „Schnee-Region“ besteht aus folgenden Wettkampfstätten:

„RusSki Gorki“ Skisprung-Zentrum: die Skisprunganlage wurde im 400-Einwohner-Dorf Esto-Sadok erbaut, das an den nördlichen Hängen der Aibga Bergkette liegt. Die Anlage hat eine Kapazität für 7.500 Zuschauer und wird neben den beiden Olym-

piaschanzen auch drei kleinere Trainingsschanzen haben. Es soll nach den Olympischen Spielen das nationale Trainingszentrum der russischen Skispringer werden. Bob- und Rodelbahn „Sanki“: die vom Ingenieurbüro Gurgel + Partner konzipierte Bob- und Rodelbahn wird in Rschanaja Poljana gebaut und bietet Platz für 5.000 Zuschauer. „Sanki“ ist das russische Wort für „Schlitten“. „Laura“ Biathlon- und Skilanglaufzentrum: die Anlage wird auf dem Psechako-Bergkamm (Chrebet Psechako) errichtet, der rund sechs Kilometer von Krasnaja Poljana entfernt ist. Die Anlage wird ein Langlaufund ein BiathlonStadion für jeweils 7.500 Zuschauer

14

umfassen. Der Name „Laura“ kommt von einem wilden Gebirgsfluss des Kaukasus. „Rosa Chutor“ Free-Style- und Snowboard-Park: auf dem schneesicheren Bergplateau Rosa Chutor werden die Freestyle- und SnowboardWettkämpfe stattfinden. Die Anlagen im Park werden Platz für 4.000 bzw. 6.250 Zuschauer bieten. „Rosa Chutor“ Alpin-Zentrum: im etwa acht Kilometer von Krasnaja Poljana entfernten Rosa Chutor werden sämtliche alpine Skientscheidungen ausgetragen. Die Skipisten liegen an den steilen Hängen der Aibga Bergkette und werden vom ehemaligen Schweizer Skirennläufer Bernhard Russi konzipiert. Die Gesamtpistenlänge wird rund neun Kilometer betragen. www.sochi2014.com

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins�

15


Interview mit

Sergej Netschajew – Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter der Russischen Föderation in der Republik Österreich

– Sie möchten Gäste zu einem den Olympischen Spielen in Sotschi gewidmeten Empfang in der Botschaft Russlands einladen. Aber welche Rolle spielt hier Österreich? Ist das im Kontext der gegenseitigen Kulturwochen zu verstehen? Für wen kann das interessant sein?

– Die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi sind ein großes internationales Sportfest, zu dem Athleten, Sportfreunde und Touristen praktisch aus allen Ecken der Welt nach Russland kommen werden, um daran teilzunehmen. Darunter wird sich auch die österreichische Mannschaft befinden, welche traditionellerweise als eine der Favoriten bei den Wintersportbewerben gilt.

Der von der Botschaft Russlands in Österreich zusammen mit dem Österreichischen Olympischen Komitee organisierte Olympische Abend bietet die Möglichkeit, von den Bemühungen des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, und der Regierung Russlands zur Entwicklung des Massen- und Hochleistungssports sowie für eine gesunde Lebensweise der Bevölkerung Russlands insgesamt und natürlich auch über die Olympische Bewegung in unserem Land zu erzählen sowie auch das Potential Sotschis vorzustellen, welches das ehrenvolle Recht zugesprochen bekam, die 22. Olympischen Winterspiele und die XI. Paralympischen Winterspiele durchzuführen. Dies zum ersten Mal in der Geschich-

16

te des modernen Russlands. Die Olympiade ist nicht nur ein sportlicher Wettbewerb sondern auch ein Beispiel für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der organisatorischen Vorbereitung der Wettkämpfe. Ab dem Moment der Zuschlagserteilung verwandelten sich Sotschi und die gesamte Region, das Gebiet von Krasnodar, in eine der größten internationalen Baustellen. Bei der Errichtung der Sportobjekte und der Infrastruktur kommt auch den österreichischen Firmen ein nicht geringes Verdienst zu. Über fünfzig von ihnen arbeiten dort. Danke für ihren Beitrag. Ihre Erfahrung wird im Süden Russlands gebraucht. Denn nach der Olympiade werden diese Objekte der Bevölkerung zur Nutzung übergeben und zur Entwicklung des Kindersports dienen. Die Olympischen Spiele sind für Russland also nicht nur ein sportliches sondern auch ein sozialökonomisches gesamtnationales Projekt. Die gegenseitigen Kultursaisonen Russlands und Österreichs 2013 – 2015 sind ein zentrales Ereignis auf der humanitären Tagesordnung der bilateralen Beziehungen in der nahen Zukunft. Auf ihren dichtem Programm stehen Gastspiele von führenden schöpferischen Kollektiven, die Bekanntschaft mit den nationalen kulturellen Traditionen unserer Länder. Die Olympiade hat traditionellerweise auch eine starke kulturelle Ausrichtung. Darin bildet Sotschi keine Ausnahme. Deshalb passt die Präsentation der Spiele auch gut in die Kulturwochen.

– Welche österreichischen Firmen oder Berater nehmen an der Vorbereitung der Olympiade teil? – Die österreichischen Firmen, welche sich auf die Errichtung von Objekten und die Herstellung der Infrastruktur für Wintersportarten spezialisiert haben, sind anerkannte Weltmarktführer im genannten Bereich. Ihre Erfahrung und Kenntnisse sind in Sotschi höchst gefragt. Das gesamte Investitionsvolumen der österreichischen Firmen für den Bau von olympischen Objekten und die Gestaltung der Infrastruktur bei der Olympiade 2014 wird auf mehr als 1,2 Milliarden Euro geschätzt. Ich möchte niemanden vergessen – alle verdienen Lobesworte, aber von den größten In-

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


vestoren kann man hervorheben: „Strabag“ (Bau des Olympischen Dorfes und von Straßen), „Doppelmayr“ (Errichtung von Seilbahnen), „Vamed“ (Errichtung des medizinischen Zentrums“), „Asamer Holding“ (Bau von Zementfabriken), „Skidata“ (Organisierung von Zutrittskontrollsystemen), „Wintertechnik“ (Ausstattung für Schneeerzeugung und Such- und Rettungssysteme) usw.

– Was denken Sie, warum war die Mehrheit der Österreicher bei der Volksbefragung gegen die Durchführung der Olympiade in Österreich? Und Russland hat dafür gekämpft, um sie 2014 ausrichten zu können? – Die Olympischen Spiele sind zweifellos ein sehr verantwortungsvolles Ereignis, welches die Hinzuziehung von bedeutenden Ressourcen erfordert. Deshalb ist ein Konsens in der Gesellschaft bezüglich der Durchführung der Olympiade sehr wichtig. In Russland gibt es diesen. Ich möchte hier nicht die Motive für die Entscheidung der Wienerinnen und Wiener kommentieren. Das ist eine reine innere Angelegenheit der Bevölkerung der österreichischen Hauptstadt, welche diese getroffen hat, dabei alle „für“ und „wider“ abwiegend. Was die Wahl Sotschis als Durchführungsort der XXII. Olympischen Spiele betrifft, so ist dieser eine nicht geringe Vorbereitung vorausgegangen. Die erste Aufstellung der Kandidatur Sotschis für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2002 erfolgte im Jahr 1993. Damals kamen wir jedoch nicht in die finale Endauswahl. Danach wurde die Möglichkeit erwogen, Sotschi als Kandidaten für die Ausrichtung der Olympischen Sommerspiele 2008 zu nennen. Es erfolgte jedoch keine Kandidatur. Die Unterstützung der russischen Bewerbung für die Durchführung der Olympischen Winterspiele in Sotschi im Jahr 2014 auf der 119. Sitzung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in Guatemala wurde zur logischen Vollendung eines vieljährigen Ringens um das Recht, die Olympischen Winterspiele in Russland organisieren zu dürfen. Wir haben dieses Recht in einem ehrlichen und harten Konkurrenzkampf errungen. Das war eine langerwartete Entscheidung, was

auch die heftigen Freudenausbrüche der Russinnen und Russen nach der Entscheidung des IOC beweisen.

– Haben Sie als Botschafter Russlands in Österreich Kontakt mit bekannten österreichischen Sportlerinnen und Sportlern? Laden Sie diese zum Beispiel zu Empfängen ein? – Die Arbeit auf dem diplomatischen Feld setzt die Pflege möglichst breiter Kontakte im Gastgeberland voraus. Natürlich nicht nur mit VertreterInnen der politischen, kulturellen oder geschäftlichen Kreise. Es bereitet mir auchVergnügen, mit österreichischen SportlerInnen, sowohl aktiven als auch ehemaligen, und mit den FunktionärInnen der Österreichischen Olympischen Bewegung zu sprechen. Ich war

des österreichischen Sports als Gäste in der Botschaft sehen zu können, und schätzen es, wenn sie an den von uns organisierten Veranstaltungen teilnehmen.

– Hier leben und arbeiten auf Vertragsbasis viele unserer SängerInnen und MusikerInnen. Was wissen wir aber über unsere SportlerInnen? Wer arbeitet hier vertraglich, wer trainiert und wird für eine bestimmte Zeit trainiert? – Sie haben Recht. In Österreich leben viele unserer Landsleute, welche auf den führenden Kulturplätzen des Landes auftreten und in schöpferischen Berufen tätig sind. Es gibt hier auch RussInnen, welche als Trainer tätig sind.

Botschaft der Russischen Föderation in der Republik Österreich

mit meiner Ehefrau bei den Biathlonwettkämpfen in Hochfilzen, bei der Weltmeisterschaft in Schladming und bei den Ersten Olympischen Jugendwinterspielen in Innsbruck. Wir konnten uns mit eigenen Augen von der Popularität des Sports in der Alpenrepublik überzeugen. Wir pflegen natürlich Kontakte zu der Führung des Österreichischen Olympischen Komitees, seinem Präsidenten Karl Stoss, mit dem bekannten Schifahrer und der Legende des österreichischen Sports, Karl Schranz, und anderen wichtigen AktivistInnen der österreichischen Sportgemeinschaft, und dies nicht nur im Bereich der Wintersportarten. Wir freuen uns immer, VertreterInnen

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

17

Die russischen Sportmannschaften wählen sehr gerne Österreich als Ort für ein Trainingslager während der Zwischensaison in Russland. Immer öfter kommen hierher Fußballmannschaften der Russischen Premierliga, trainieren hier die russischen BiathlonistInnen und SchifahrerInnen sowie andere SpitzensportlerInnen der Wintersportarten. Die sportliche Zusammenarbeit Russlands und Österreichs so wie auch die freundschaftliche Rivalität in den Sportarenen sind ein gutes Zeichen und eine wichtige Dimension unserer bilateralen Beziehungen, welche sich durch hohe Dynamik, Intensität, Wohlwollen und wachsendes gegenseitiges Interesse auszeichnen.


Karl Stoss ist ein österreichischer Manager und Generaldirektor der Casinos Austria AG. Karl Stoss stammt aus Vorarlberg und war in seiner Jugend erfolgreicher Schwimmer und Wasserballer. Ab 22. Oktober 2009 ist Herr Stoss der Präsident des Österreichisches Olympisches Comités. – Wie erfolgreich waren die österreichischen Sportler bei den letzten Winterspielen 2010 in Vancouver? – Wir waren mit insgesamt 16 Mal Edelmetall (4 x Gold, 6 x Silber, 6 x Bronze) sehr zufrieden, auch wenn zugegebenermaßen der Erfolg von Turin 2006 (23 Medaillen) nicht ganz wiederholt werden konnte. In der Gesamtbilanz aller Winterspiele liegen wir mit 201 Medaillen, darunter 55 Goldene, auf Platz fünf unter mehr als 200 Nationen. Darauf können wir stolz sein.

– Was erwarten Sie für die kommenden Olympischen Spiele 2014 in Sotschi? – Zum jetzigen Zeitpunkt ist es zu früh, von konkreten Zahlen zu sprechen – aber natürlich dient uns Vancouver als Vergleich. 16 Medaillen sind realistisch, ob wir sie dann wirklich erreichen, bleibt abzuwarten. Bislang ist nur unser Eishockey-Team fix qualifiziert, die Einzelsportler müssen ihre Leistun-

Interview mit

KARL STOSS

– Präsident des Österreichischen Olympischen Comités

gen im kommenden Winter noch bestätigen. Wir rechnen jedenfalls mit einer Delegation zwischen 100 und 130 Sportlern. Die größten Chancen haben wir traditionell bei den Ski-Alpin-Bewerben sowie im Skispringen.

18

– Welche Pläne haben Sie fürs „Österreich Haus“? – Wir hatten bei den Sommerspielen in London 2012 erstmals einen öffentlichen Bereich – das Experiment hat sich gelohnt, wir hatten letztlich knapp

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


40.000 Besucher, die VIP-Gäste nicht miteingerechnet, die Leute haben sich mitunter ein, zwei Stunden angestellt, um uns zu besuchen. Das wollen wir in Sotschi wiederholen, auch diesmal soll es wieder einen öffentlichen Bereich geben. In London blieben uns – mangels Erfolg – Medaillenfeiern im Österreich-Haus versagt, das wollen wir in Sotschi nachholen.

– Sind Sie bekannt mit dem Präsidenten des Russischen Olympischen Komitees? – Präsident Alexander Schukow steht seit 2010 an der Spitze des Russischen Olympischen Komitees. Wir kennen uns. Ich würde nicht gegen ihn in Schach antreten…

– Welche bisherigen Eindrücke konnten Sie bislang in Sotschi sam-

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

19

meln? – Die Besuche meiner Mitarbeiter vor Ort häufen sich, zuletzt waren sie mit einer Delegation des Österreichischen Ski-Verbands in Rosa Chutor, um über die Zuteilung der Quartiere im Olympischen Dorf zu verhandeln. Wir sind sehr zufrieden mit dem Stand der Vorbereitungen und mit der Qualität der Sportanlagen.


weltcup, Gewinner von drei Bronzemedaillen bei der Leichtathletikeuropameisterschaft in der Klasse geschädigter Stütz- und Bewegungsapparat.

Interview mit

Mihail Terentyev – Generalsekretär des Paralympischen Komitees Russlands

– An welchen Paralympischen Spielen haben Sie teilgenommen? In welchen Sportarten? – Ich habe bereits 1984 begonnen, Sport zu betreiben. Damals war es die Nordische Kombination. Aber 1986 zog ich mir bei Wettkämpfen in Kirow eine Wirbelsäulenverletzung zu, seitdem bin ich an den Rollstuhl gebunden. Das aktive Hochleistungstraining für Behinderte in den Sportarten Alpinschi und Leichtathletik nahm ich 1993 auf. Als Mitglied der Mannschaften Russlands nahm ich teil an den Paralympischen Spielen in Lillehammer (Nor-

wegen, 1994), Nagano (Japan, 1998), Sidney (Australien, 2000), Salt Lake City (USA, 2002), Athen (Griechenland, 2004) und Turin (Italien, 2006).

– Ihre Erfolge? – Paralympischer Sieger und vierfacher Silbermedaillengewinner in alpinen Schibewerben, zweifacher Bronzemedaillengewinner im Biathlon, Weltmeister unter den Rollstuhlfahrern im Biathlon, Silbermedaillengewinner bei der alpinen Schiweltmeisterschaft, Silbermedaillen- und zweifacher Bronzemedaillengewinner im alpinen Schi-

20

– Wenn ich richtig verstehe, so haben Sie in Österreich noch keinen Wettkampf ausgetragen. Waren Sie überhaupt in diesem Land? – Ich war mehrmals in Wien. In den neunziger Jahren habe ich am Marathon für Rollstuhlfahrer in Wiener Neustadt teilgenommen. Ich habe bei den alpinen Schi- und Biathlonwettkämpfen auf einer der Europacupetappen in Österreich teilgenommen. Im Jahr 2009 wurde ich vom Paralympischen Komitee Russlands in den Vorstand des Europäischen Paralympischen Komitees (EPC) entsandt. Der Sitz des EPC befindet sich in Wien, deshalb bin ich als Vorstandsmitglied zweimal jährlich in Österreich. Die Tätigkeit des Komitees wird von der Regierung Österreichs sowie vom nationalen paralympischen Komitee unterstützt. Die Hauptaufgabe, welche sich das Komitee gestellt hat, ist die Förderung der Paraeuropäischen Jugendspiele sowie die Ausarbeitung eines Programms zur aktiveren Teilnahme von behinderten Frauen am Sport.

– Wie bewerten Sie den Zustand des Behindertensports im Vergleich Russland – Österreich? – In den letzten Jahren hat die paralympische Bewegung in Russland ein neues hohes Niveau erreicht. Unsere Mannschaft ist zahlenmäßig eine der weltweit größten. Wir können auf unsere Champions und Preisträger stolz sein. Vorläufig beginnen sich in Russland allerdings erst jene Sportarten zu entwickeln, an denen SportlerInnen mit

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


einem hohen Behinderungsgrad teilnehmen. In Österreich gibt es für diese Kategorien mehr Möglichkeiten.

– Sie sind der Generalsekretär des Paralympischen Komitees Russlands. Sind damit viele Verpflichtungen verbunden? – Das Paralympische Komitee Russlands und die Gesamtrussische Föderation für Behindertensport werden seit 2008 von den staatlichen Regierungsorganen unterstützt. Es ist uns möglich, einen guten Mitarbeiterstab zu beschäftigen, welcher die gesamte laufende organisatorische Arbeit mit den Trainern und SportlerInnen umsetzt. Dem Exekutivausschuss des Russischen Paralympischen Komitees gehören 38 Mitglieder an und jedes Mitglied ist für bestimmte Funktionen im Tätigkeitsbereich unserer Organisation verantwortlich. Das alles ermöglicht es, den Verpflichtungen des Generalsekretärs produktiv nachzukommen.

– Was denken Sie, warum haben unsere Paralympischen WettkämpferInnen mehr Erfolg als unsere OlympiateilnehmerInnen? – Im Hochleistungssport gibt es Tiefen und Höhen. Ich glaube, dass die Olympioniken wieder ihre alten Positionen zurückerobern werden. Schauen Sie, wie großartig unsere Mannschaft auf der Leichtathletikweltmeisterschaft in Moskau abgeschnitten hat.

– Sie waren bei der Bewerbung „Sotschi 2014“ auf der 119. Sitzung des Internationalen Olympischen Komitees in Guatemala (4. Juli 2007) anwesend. Wie ist das vor sich gegangen? Hatten Sie damals das Gefühl der Überzeugung, dass Russland gewinnen werde? – Das ist ein unvergessliches Erlebnis, welches für immer in meinem Gedächtnis bleiben wird. Das gesamte Bewerbungsteam legte ein Maximum an Anstrengungen zu Tage, damit Russland dieses ehrenvolle Recht auf Durchführung der Olympischen und Paralympischen Winterspiele in Sotschi erhält. Wir alle wussten, dass Russland dafür alle Ressourcen hat. Eine noch größere Siegesgewissheit flößte uns die Anwesenheit des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, ein.

– Waren Sie in dem sich auf die Olympiade vorbereitenden Sotschi? Was glauben Sie, wurde alles gemacht, um die Gäste würdig zu empfangen und die Wettkämpfe auf höchstem Niveau durchzuführen? – Als Mitglied des Kontrollrats des „Organisationskomitees Sotschi“ bin ich regelmäßig in Sotschi. Im heurigen März kamen die Vertreter von 30 nationalen paralympischen Komitees mit dem Präsidenten des IPC, Philip Craven, nach Sotschi. Gemeinsam haben wir alle Sportobjekte besucht, auf welchen Wettkämpfe durchgeführt werden. Die Vertreter aller Komitees haben das Niveau der Zugänglichkeit aller Sportbauten hoch bewertet. Erfolgreich wurden bereits Testwettbewerbe durchgeführt. Während der Durchführung dieser Testwettkämpfe haben die Organisatoren die getroffenen Vorbereitungen in jeglicher Hinsicht überprüft. Das sind der Verkehr, die Kommunikationslinien, die Sicherheit, der Vorbereitungsgrad der Volontäre. Ich bin überzeugt, die Spiele in Sotschi werden auf höchstem Niveau durchgeführt werden.

– Wie gelingt es Ihnen, im Rollstuhl so viele Verpflichtungen zu vereinen? Was machen Sie am liebsten? – Nur die Unterstützung eines Teams von Gleichgesinnten hilft bei der Realisierung von Projekten und bei der Weiterentwicklung von Ideen. Davon haben wir sehr viele. Meinen Rollstuhl bemerke ich nur dann, wenn ich mit nicht behindertengerechter Zugänglichkeit konfrontiert werde.

– Ausgehend von Ihrem aktiven Leben glaubt man gerne, dass Behinderte ein vollwertiges Leben führen können. Was machen Sie dafür als Abgeordneter der Staatsduma und Mitglied verschiedener Räte beim Präsidenten der Russischen Föderation? – Der Sieg Russlands bei der Endpräsentation in Guatemala diente als Katalysator von ernsthaften Veränderungen in unserem Land. Dies betraf in erster Linie den Bereich der Gesetzgebung. Im Jahr 2008 ratifizierte unser Land die UNO-Konvention über die Behindertenrechte, welche Teil der russischen Gesetzgebung wurde. Während der Vorbereitung zur Ratifizierung

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

21

wurde das staatliche Programm „Zugängliche Umwelt“ ausgearbeitet und angenommen. Aber die wichtigsten Veränderungen, so glaube ich, geschahen in den Köpfen der Menschen. Die Gesellschaft begann ihr Verhältnis zu behinderten Menschen zu ändern, und das ist meiner Ansicht nach der wichtigste Erfolg.


Der große österreichische Skifahrer

KARL SCHRANZ unterstützt die Olympiade in Sotschi und glaubt an ihren Erfolg

Karl Schranz (geboren am 18. November 1938 in St. Anton am Arlberg, Tirol) zählt zu den erfolgreichsten und bekanntesten ehemaligen Skirennläufern Österreichs. Er wurde dreimal Weltmeister, gewann zweimal den Gesamtweltcup, sowie den Disziplinenweltcup zweimal in der Abfahrt und einmal im Riesenslalom.

© Manfred Werner (GNU-FDL)

Karl Schranz mit Jean Claude Killy (Chairman of the IOC Coordination Commission for Sochi 2014)

22

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


schi. Wie konnten Sie Russland in dieser Angelegenheit helfen? – Ich war Ratgeber von Präsident Putin für die Bewerbung Sotschi.

–- Im Jahr 2001 stattete der russische Präsident Österreich einen offiziellen Besuch ab. Dabei ist er auch mit dem österreichischen Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, Leonid Tjagatschow und Ihnen Schi gefahren. Fährt er gut? – Präsident Putin war bei der Weltmeisterschaft 2001 in St. Anton und ich durfte mit ihm, Bundeskanzler Schüssel und Leonid Tjagatschow Schi fahren.

– Waren Sie schon in Sotschi? Was können Sie über diese Region sagen? – Ja, ich war schon einige Male in Sotschi. Habe die alpinen Schipisten angeschaut und auch Rennen dort gesehen. Ich bin überzeugt, dass es sehr gute Olympische Spiele werden.

Karl Schranz mit Präsident Wladimir Putin in Österreich auf Skiurlaub, 2001

– Sie sind einer der berühmtesten Skifahrer der Welt. Landsleute nennen Sie „Meister der Meister“ und Karl den Großen. Wie kommt es, dass Sie nie Olympiasieger wurden? – 1960 war ich verletzt, 1964 krank, 1968 wurde ich von einer französischen Jury betrogen, nachdem ich gewonnen hatte.

– Wie meinen Sie? Werden alle olympischen Sportstätten rechtzeitig zu den Olympischen Spielen fertig sein? – Ich war in Sotschi, habe mit Präsident Putin und Siggi Wolf die Infrastruktur angeschaut und bin überzeugt, dass bis Februar 2014 alle Sportstätten und Unterkünfte fertig sein werden.

– Ich habe gelesen, dass Sie neben Gerard Depardieu im Film „Sport ohne Grenzen“ mitspielen sollen. Welche Rolle werden Sie übernehmen? – Das weiss ich selber noch nicht, ich werde mich überraschen lassen!

– Sie waren Berater des Bewerbungskomitees für die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele in Sot-

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

23


Flughafen

Promenade in Sotschi

Willkommen in

SOTSCHI

Strandpavillon

Sotschi (russisch Сочи) ist eine Stadt am Schwarzen Meer in Russland. Sie liegt in der Region Krasnodar nahe der Grenze zu Abchasien und hat 430.000 Einwohner (Stand 14. Oktober 2010). Sotschi ist einer der beliebtesten Bade- und Kurorte Russlands und darüber hinaus Universitätsstadt, Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 und Spielstätte bei der FußballWeltmeisterschaft 2018, zudem soll der Große Preis von Russland in der Formel 1 in Sotschi stattfinden. Panorama von Sotschi, im Hintergrund ist der Kaukasus zu erkennen

24

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Geographie

Sotschi erstreckt sich über 145 Kilometer entlang der nordöstlichen Küste des Schwarzen Meeres. Nordwestliche Grenze ist der Fluss Schepsi wenige Kilometer südlich von Tuapse, die südöstliche der Fluss Psou, welcher auch die Grenze Russlands zu der Republik Abchasien bildet. Das Stadtzentrum Sotschis ist von der Grenze etwa 30 Kilometer entfernt. Bereits die erste Bergkette des Kaukasus in Küstennähe mit den

Kämmen Alek, Bytcha, Mamaiski, Soloniki und Tjupjutschch erreicht Höhen um 1000 Meter und ist für das im Winter milde Klima verantwortlich. Die Berge des Kaukasus-Hauptkammes, 25 bis 40 Kilometer von der Küste, sind hier über 3000 Meter hoch (Zachwoa, 3345 Meter). Auf dem Territorium der Stadt Sotschi erreichen mehrere Bergflüsse, welche die erste Bergkette durchschneiden, das Schwarze Meer. Von Norden nach Süden sind dies Psesuapse, Schache, Sotschi und Msymta.

Promenade in Sotschi, 1973

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

25


Dendrarium

Stadtgliederung und -verwaltung, Bevölkerungsentwicklung

Puschkin-Bibliothek Erzengel-Michael-Kirche in Sotschi

Am 10. Februar 1961 wurden zwei benachbarte Bezirke, Lasarewskoje und Adler, eingemeindet, womit das heute existierende und manchmal Groß-Sotschi (Bolschoi Sotschi) genannte administrative Gebilde entstand. 1959 hatten die eingemeindeten Bezirke Adler und Lasarewskoje 55.273 und 37.389 Einwohner, davon die Siedlungen städtischen Typs Adler 19.658, Lasarewskoje 8.966, Dagomys 7.192 und Krasnaja Poljana 4.443 Einwohner. Heute ist die Stadt in vier Stadtbezirke gegliedert: Lasarewski, Zentralny, Chostinski, Adlerski (Reihenfolge von Nordwesten nach Südosten). Zum Stadtkreis gehören auch die Siedlung städtischen Typs Krasnaja Poljana (russ. für Rote oder Schöne Lichtung) mit 3972 Einwohnern und 78 Dörfer mit zusammen 69.068 Einwohnern, sodass die Gesamtbevölkerungszahl des Stadtkreises Sotschi knapp 438.000 beträgt (Berechnung 2012). Da zum Stadtkreis auch weiträumige, praktisch unbewohnte Berggebiete gehören, ist die Bevölkerungsdichte des Stadtkreises mit knapp 120 Einwohnern pro km² im Ganzen relativ gering. Die Bevölkerung Sotschis ist heute multikulturell und setzt sich aus Angehörigen zahlreicher Volksgruppen zusammen. Bei der Volkszählung 2002

26

lebten in Sotschi neben Russen (67,5% der Bevölkerung) unter anderem Armenier (20,2%), Ukrainer (3,7%), Georgier (2,4%), Tscherkessen (1,2%), Griechen (1%), Weißrussen (0,7%), Tataren (0,5%), sowie Angehörige zahlreicher weiterer Minderheiten, darunter Aserbaidschaner, Abchasen, Osseten und Deutsche (zumeist Russlanddeutsche). Besonders die armenische Minderheit ist heute bedeutend, sie ließ sich in mehreren Migrationswellen im Raum Sotschi seit dem 19. Jahrhundert nieder.

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Der ehemalige Stalin-Prospekt in den 1930er-Jahren

Klima

Sotschi liegt auf dem gleichen Breitengrad wie Nizza. Das Klima der Küstenzone Sotschis ist subtropisch mit langen, heißen Sommern, warmem Herbst und kurzen, milden Wintern. Ursache ist die geschützte Lage durch die nahe an das Meer herantretenden Kämme des Kaukasus, welche allerdings auch relativen Niederschlagsreichtum bedingen. Die Jahresmitteltemperatur beträgt etwa 14° C. Kälteste Monate sind Januar und Februar mit etwa 6° C,

wärmste Monate Juli und August mit etwa 23° C. Die geringste je gemessene Temperatur betrug −13,4° C (25. Januar 1892), die höchste 39,4° C (30. Juli 2000). Im Januar wurden aber auch schon 21,2° C gemessen (22. Januar 1948), während die Temperaturen im Juli/August noch nie unter 10° C gefallen sind. Die durchschnittliche Wassertemperatur des Schwarzen Meeres beträgt im August 24,1° C. Die durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge liegt über 1600 mm (zum Vergleich Berlin: 581 mm). Ein Großteil davon fällt in den Wintermonaten mit einem Maximum von etwa 190 mm im Dezember und Januar. Das sommerliche Minimum im Mai bis Juni von immerhin noch 90 bis 100 mm geht gewöhnlich in Starkregen an nur wenigen Tagen nieder. In den Gebirgslagen der Stadt sind insbesondere die Wintertemperaturen niedriger, so im knapp 600 Meter hoch gelegenen Krasnaja Poljana, wo die olympischen Skiwettbewerbe 2014 ausgetragen werden, um durchschnittlich 5 bis 6 °C. Damit beträgt sie um 0° C, in den Hochlagen entsprechend weniger. Eine geschlossene Schneedecke stellt sich im unteren Teil der Pisten gewöhnlich Mitte Januar ein und erreicht im März Höhen von 2 Metern und mehr. Im höher gelegenen Bereich erstreckt sich die Skisaison von November bis Anfang Juni.

Russische Landungstruppen vor Sotschi, 1839

Liebknecht-Straße

Achun-Berg bei Sotschi

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

27


Verkehr

Im Stadtteil Adler, nahe der Mündung der Msymta in das Schwarze Meer, liegt der internationale Flughafen Sotschi (IATA-Code AER), den 2006 1,35 Millionen Passagiere nutzten. Bis zu den Olympischen Winterspielen 2014 soll er auf eine Kapazität von vier Millionen Passagieren pro Jahr ausgebaut werden. Entlang der Schwarzmeerküste führt durch Sotschi eine zweigleisige, elektrifizierte Eisenbahnstrecke mit Schnellzugstationen in allen großen Ortsteilen bis Adler. Es besteht eine Direktverbindung nach Moskau, Sankt Petersburg und in viele russische Städte bis nach Sibirien. Der Abschnitt Tuapse– Adler wurde 1929 eröffnet, die Weiterführung nach Suchumi in Abchasien, wo Anschluss an das Transkaukasische Netz geschaffen wurde, 1944/45. Über diese Strecke kann auch heute Abchasien erreicht werden, allerdings ist die Weiterführung von Suchumi nach

Orthodoxe Kirche

Dendrarium

28

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Georgien seit dem abchasischen Bürgerkrieg Anfang der 1990er Jahre zerstört und außer Betrieb. Die Elektrifizierung erfolgte von 1956 bis 1958. Verlief die Verbindung nach Zentralrussland anfangs über Tuapse–Armawir, so wurde sie 1978 mit Eröffnung einer neuen Direktverbindung (mit einem drei Kilometer langen Tunnel) unter dem Kaukasushauptkamm zwischen Krasnodar und Tuapse erheblich verkürzt. Der innerstädtische Verkehr wird mit Omnibussen und Vorortzügen (Elektritschkas) bewältigt. Außerdem gibt es eine Standseilbahn und mehrere Sesselbahnen (z. B. beim Botanischen Garten). Bis zu den Olympischen Winterspielen 2014 ist ein umfassender Ausbau des innerstädtischen öffentlichen Nahverkersangebots geplant, unter anderem ist eine Stadtbahn mit Haltestellen am Flughafen sowie am neuen Olympiapark im Bau.

Geschichte

Vom 6. bis 15. Jahrhundert gehörte das Gebiet den Königen von Georgien, die dort ein Dutzend Kirchen erbauten. Im Ortsteil Loo steht die Ruine einer byzantinischen Basilika aus dem 11. Jahrhundert. Ab dem 15. Jahrhundert wur-

de die Küste vom Osmanischen Reich kontrolliert. Nach dem Russisch-Türkischen Krieg 1828–1829 wurde es 1829 mit dem Frieden von Adrianopel vertraglich an Russland abgetreten. Inmitten des Kaukasuskriegs wurde Sotschi 1838 als Fort und Siedlung Alexandrija gegründet. In dieser Zeit entstanden auch weitere Befestigungsanlagen, die später die Kerne heutiger Stadtteile bildeten, so das Fort des Heiligen Geistes (Fort Swjatogo Ducha, 1837, heute Adler), Lasarewski und Golowinski (1839, heute Lasarewskoje und Golowinka). 1839 erfolgte die Umbenennung des Forts Alexandrija in Nawaginskoje, nach dem Namen des dort stationierten Regimentes. Die Bedingungen waren aufgrund der Kampfhandlungen und der grassierenden Malaria sehr schwer. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die Forts nicht mehr gebraucht und abgerissen. Es war keine russische Bevölkerung mehr vorhanden, die Gebiete waren verödet. Die massenhafte Migrationsbewegung aus verschiedenen Regionen Russlands an die kaukasische Schwarzmeerküste setzte nach dem Ende des Kaukasuskrieges 1864 ein. Nach der Bauernbefreiung 1861 siedelten sich hier gemäß einem Regierungsprogramm, aber auch spontan,

Park Riviera

Dendrarium


Jakobson-Datscha

Bauern ohne Hof und Boden an. Unter dem Namen Dachowski-Posten (Post Dachowski, wieder nach dem dort stationierten Regiment) wurde der Posten wieder errichtet. Später verlor der Posten seine militärische Bedeutung

und 1874 erfolgte die erneute Umbenennung in Dachowski Possad. 1896 erhielt die Siedlung ihren heutigen, von der ubychischen Bezeichnung des durch den Ort fließenden Flüsschens, Soatschsche, abgeleiteten Namen (bzw. von der adygeischen Version Schatscha). Die auf dem Territorium der

Der Bahnhof von Sotschi

heutigen Stadt Sotschi siedelnden kaukasischen Völker (Sadsen um das heutige Adler, Ubychen um Sotschi-Zentrum und Golowinka, Schapsugen um Lasarewskoje) wurden im Verlaufe des 19. Jahrhunderts von den zuwandernden Winter-Theater

30

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Sanatorium „Metallurg“

Russen größtenteils verdrängt oder assimiliert. Anfang des 20. Jahrhunderts begann Sotschis Entwicklung zu einem mondänen Bade- und Kurort der russischen Oberschicht. 1902 begann die Nutzung der Sulfid-ChloridNatrium-Heilquellen von Mazesta, einem Stadtteil im Rajon Chostinski. Es wurden Sommerhäuser im Jugendstil von Moskauer und Petersburger Architekten erbaut. Es tauchten auch die ersten Hotels auf. 1909 eröffnete der Kurort Kaukasische Riviera mit zunächst zwei Hotels. 1917

erhielt Sotschi das Stadtrecht. Nach der russischen Oktoberrevolution besetzten am 29. Juni 1918 die georgische Armee und abchasische Freiwillige die Stadt Adler, am 6. Juli stand Sotschi unter georgischer Kontrolle. Im Jahre 1919 griffen am 26.Januar die Freiwilligen und Soldaten der Armee von Denikin Sotschi an. Großbritannien, das die Souveränität Georgiens garantierte, griff nicht ein. Nach mehreren Kämpfen verließ die georgische Armee Sotschi, die georgische Bevölkerung der Stadt war schutzlos und wurde teilweise von den Russen vertrieben.

Pier

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

31

Seilbahn


deutet das große Veränderungen. Der Urlaubsort ist in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit geraten und wird rasant ausgebaut.

Kunst, Kultur und Tourismus

Sotschi liegt in einer eindrucksvollen Landschaft am Fuß des Kaukasus. Vom Strand aus sind die schneebedeckten Gipfel zu sehen. Neben Sandund Kiesstränden lockt die Stadt mit einer subtropischen Vegetation, Heilquellen, zahlreichen Parks, Denkmälern und einer extravaganten stalinistischen Architektur. Sehenswert ist unter anderem die Kathedrale des Erzengels Michael (1891) sowie das Sommertheater (1937). Neubauten in Sotschi

Die Stadt entwickelte sich in der Sowjetunion zu einem der populärsten Badeorte. Josef Stalin ließ im nördlichen Ortsteil Dagomys eine seiner Datschen, Botscharow Rutschej, errichten. Sie dient bis heute als eine der Residenzen des russischen Präsidenten, in der das Staatsoberhaupt auch ranghohe Gäste empfängt. Seit 1937 gehört Sotschi zur Region Krasnodar. Im Zweiten Weltkrieg dienten die Sanatorien und Erholungsheime der Stadt als Lazarette. Hier wurden über 500.000 verwundete Soldaten der Roten Armee behandelt. Hunderte von Palastsanatorien, Kurhotels und Ferienressorts entstanden in dieser Zeit in Sotschi. Die meisten Sana-

torien wurden zur Behandlung für Bronchial-, Lungen-, und Nervenerkrankungen errichtet. In dieser Zeit waren jährlich bis zu sechs Millionen Urlauber in Sotschi. Mit dem Ende der Sowjetunion endete zunächst auch das Konzept des Urlaubs für die Massen, aufgrund eines starken Preisanstieges für Unterkünfte, Verpflegung und Attraktionen. Derzeit besuchen etwa vier Millionen Urlauber pro Jahr den beliebtesten Kurort in Russland. Sotschi hat sich auf die gewandelten Ansprüche eingestellt und die Bereiche Service und Attraktionen ausgebaut. Das Ergebnis ist eine Art russisches Venice Beach. 2007 entschied das Internationale Olympische Komitee, dass Sotschi Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2014 sein wird. Für Sotschi be-

32

Wohnhäuser in Sotschi

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Sotschi ist eine Universitätsstadt und beherbergt neben der Staatlichen Universität Sotschi unter anderem auch die Russische Internationale Olympische Universität, sowie zahlreiche kleinere Forschungsinstitute und Filialen anderer Universitäten. Sotschi ist auch eine wichtige Konferenzstadt und richtet seit 1991 im Sommer das besonders im russischsprachigen Raum bedeutende Kinotawr-Filmfestival aus. Seit 2002 ist Sotschi Veranstaltungsort des Internationalen Investitionsforums, das unter der Schirmherrschaft der Russischen Regierung stattfindet und die Beschaffung von Investitionen und Aufträgen für die russische Wirtschaft zum Ziel hat. An dem Forum Sotschi 2007 nahmen rund 10.000 Interessenten aus 40 Ländern teil. Die Stadt ist bisher für ihre Sommersporteinrichtungen bekannt. Die dortige Tennisschule hat die Spieler Marija Scharapowa und Jewgeni Kafelnikow hervorgebracht. Im Zuge der Bauarbeiten für die Olympischen Spiele 2014 wurden tausende Bürger umgesiedelt. In den Bergen östlich der Stadt liegt das Kaukasische Biosphären-Reservat, welches einen Teil des von der UNESCO 1999 auf die Liste des Weltnaturerbes gesetzten Gebietes Westlicher Kaukasus darstellt. Wegen der Bauvorhaben für die Olympischen Spiele werden Beeinträchtigungen befürchtet, allerdings liegt der weitaus größte Teil des etwa 2.800 km² großen Reservates auf der nordöstlichen, Sotschi abgewandten Seite des Gebirges. Für die Jahre 2014 bis 2020 ist Sotschi als Austragungsort jeweils eines Grand-Prix-Rennens der Formel 1 vorgesehen, das auf der Formel-1Rennstrecke Sotschi ausgetragen wird. Der Vertrag wurde vom russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin und dem Geschäftsführer der Formel-1-Holding, Bernie Ecclestone, am 14. Oktober 2010 unterzeichnet.

Zirkus in Sotschi

de.wikipedia.org

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

33


Interview mit

Vladimir Jakunin

– dem Präsidenten der „Russischen Eisenbahnen“ über das Thema „Die Russischen Eisenbahnen und die Olympiade in Sotschi 2014“

– Die „Russischen Eisenbahnen“ sind einer der Generalpartner der Olympiade. Was bedeutet das? – Der Status eines Generalpartners bedeutet für das Unternehmen eine große Verantwortung bei der Durchführung von wichtigen Funktionen während der Vorbereitung zu den Spielen 2014. Die „Russischen Eisenbahnen“ modernisieren die gesamte Bahninfrastruktur im Schwarzmeerküstengebiet zur Schaf-

fung eines Transportsystems mit Weltniveau in der Region Sotschi. Diese Projekte sind in vieler Hinsicht unikal und zwar nicht nur für Russland sondern auch weltweit. Von der Qualität und den Ausführungsfristen der Arbeiten hängt in Vielem die Qualität der Durchführung der Spiele ab.

– Welche wichtigen Eisenbahnprojekte werden in Sotschi für die

34

Olympiade errichtet? – Die Gesamtlänge der Strecken, welche von den „Russischen Eisenbahnen“ im Ausrichtungsgebiet der Spiele gebaut werden, beträgt 157 Kilometer. Trotz der Tatsache, dass der Großteil der Bauarbeiten in den Bergen unter schwierigen technischen und geologischen Bedingungen erfolgt, konnten in kürzester Zeit 12 Gebirgstunnels mit einer Gesamtlänge von 30 Kilometern gebaut werden. Das größte von den „Russischen Eisenbahnen“ realisierte Projekt, welches auch das Hauptverkehrsprojekt des Programms bildet, ist eine gemeinsame Straßen- und Eisenbahntrasse von Adler auf die Berge von Krasnaja Poljana. Die Gesamtlänge der gemäß Projekt errichteten Verkehrswege beträgt mehr als 130 Kilometer, davon 45 Kilometer Straße für den Autoverkehr mit sechs Anschlussstellen, 48 Kilometer eingleisige elektrifizierte Eisenbahnstrecke mit zweigleisigen Teilbereichen sowie ein 37 Kilometer langer zweiter Schienenstrang im Abschnitt Sotschi – Adler – Wesjoloe. Im vergangenen Jahr konnten die Fachleute des Unternehmens bedeutende Erfolge bei der Errichtung der Eisenbahntrasse erzielen: abgeschlossen wurde der Vortrieb aller Tunnels, bis zur Endstation auf dem Berg wurden die Geleise verlegt und der Zugsverkehr wurde aufgenommen. Zur Kapazitätserhöhung der Eisenbahnlinie Tuapse – Adler wurden zusätzliche Schienenbereiche verlegt. Durch diese Maßnahmen erhöhte sich die Kapazität dieses Abschnitts von täglich 54 Zugpaaren im Jahr 2008 auf 70 Paare 2011, und die Fahrtzeit der Züge verkürzte sich um 40-50 Minuten. Gemäß dem Programm „Barrierefreiheit“ sind auf den Bahnhöfen Lifte bei den unter- und oberirdischen Fußgängerübergängen vorgesehen, weiters Rampen, taktile Anzeiger auf den Gehsteigen, Bahnsteigen, Geländern und Liftknöpfen, Beschilderungen mit zusätzlichen Laut- und Lichtsignalen usw. Die Rücksichtnahme auf die Behinderten ist eines der grundlegenden Kriterien der olympischen Baumaßnahmen.

– Wann ist die Übergabe der Objekte geplant? Sind Sie mit der Baugeschwindigkeit zufrieden?

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


– Das Unternehmen hat große Erfahrung bei der Errichtung von komplizierten Infrastrukturobjekten, verfügt über Hochtechnologien und hochspezialisierte Fachleute. Alle Arbeiten erfolgen unter genauer Einhaltung des vorgesehenen Zeitplans. Das erste zur Nutzung übergebene Objekt aus dem gesamten Bauprogramm in Sotschi waren 2009 die Frachtbahnhöfe der „Russischen Eisenbahnen“. Diese zwei Frachtbahnhöfe sind notwendig für die Annahme und Bearbeitung der Frachten. Ihre Kapazität beträgt 14,7 Millionen Tonnen Frachten im Jahr. Dies ermöglicht die Versorgung aller zu errichtenden olympischen Objekte mit den notwendigen Materialien. Gegenwärtig wurden zu den festgelegten Fristen 4 Objekte in Betrieb genommen, davon wurden drei Objekte im vorigen Jahr übergeben. In diesem Jahr steht die Fertigstellung der zu errichtenden Straßen, darunter auch die Errichtung der ersten Schrägseilbrücke im Süden Russlands, sowie deren Freigabe für den Verkehr bevor. Um den Maßstab der Arbeiten und die Fristen für ihre Durchführung richtig zu bewerten: beim Bau der BaikalAmur-Magistrale war für den Bau von 29 Kilometern Eisenbahntunnels ein Zeitraum von 17 Jahren vorgesehen. In Sotschi musste der gesamte Komplex an Arbeiten ausgeführt werden: Durchführung der technischen Vermessungsarbeiten, Ausarbeitung des Projekts und Errichtung von mehr als 27 Kilometern Tunnels innerhalb von vier Jahren. Wir schafften das dank der

Verwendung modernster Technik, der Nutzung innovativer Technologien und des Einsatzes von hochqualifizierten Fachleuten.

– Ende Mai wurde die Schnellbahn vom Flughafen Sotschi ins Stadtzentrum in Betrieb genommen. Welche Schwierigkeiten mussten im Zusammenhang mit diesem Projekt überwunden werden? War es das wert, so viele Mittel in dieses Objekt zu investieren? – Die Inbetriebnahme des intermodalen Verkehrsknotens in Sotschi erfolgte schon im Februar 2012, als die neue Eisenbahnstrecke das Zentrum

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

35

von Sotschi und den Flughafen der Stadt verband. Die neue Strecke verläuft im Bereich dichter städtischer Verbauung und durchschneidet eine Anhöhe. Zur Überwindung der unebenen Oberfläche wurden deshalb drei Überführungen, zwei Tunnels und eine Brücke über den Fluss Bolschaja Cherorta gebaut. Wir nehmen an, dass circa 60% aller Fluggäste, welche zur Olympiade kommen, mit dem Zug in die Stadt fahren werden, und zwar innerhalb von weniger als einer Stunde und ohne jegliche Staus. Für den Ein- und Ausstieg der Passagiere wurde im Flughafengebäude ein mit moderner Informati-


onstechnologie ausgestatteter Spezialkomplex errichtet. Wenn wir über Schwierigkeiten sprechen, so möchte ich ein Pflichtkriterium beim Bau der olympischen Objekte hervorheben, nämlich den Umweltschutz. Mit diesem Ziel wurde von den „Russischen Eisenbahnen“ ein Bündel von Naturschutzmaßnahmen ausgearbeitet, welches beinhaltet: Schutz des Grund- und Oberflächenwassers, Schutz des Bodens und der Luft sowie Lärmschutz, Verwertung der Abfälle, Rekultivierung von Gebieten, Ökomonitoring und schließlich Maßnahmen, welche die Auswirkung der Baumaßnahmen auf die Umwelt kompensieren. Für den Umweltschutz werden neueste Technologien eingesetzt. Der geschlossene Kreis der Wassernutzung auf den Baustellen, zum Beispiel, schließt das Eindringen von Industriewässern in die Umwelt aus. – In welcher Zeit gelangt man mit dem Zug aus Sotschi nach Krasnaja Poljana? Die Fahrtzeit der Züge vom Bahnhof Adler bis nach Krasnaja Poljana wird etwa eine halbe Stunde betragen. Durch die Errichtung dieser Linie können die Freunde des alpinen Schisports aus Moskau innerhalb von drei Stunden

vom Flughafen bis zum Wintersportort kommen. Wenn man das Fehlen möglicher Schwierigkeiten mit dem Visum berücksichtigt, so wird für den russischen Touristen Krasnaja Poljana ein ernsthafter Konkurrent für die europäischen Wintersportorte werden. Die Strecke selbst verläuft sehr malerisch. Sie überquert Flüsse und Bergschluchten und zwei Drittel ihrer Länge sind künstliche Bauwerke: Brücken, Überführungen, Tunnels. Die Endstation der Eisenbahnlinie, der Passagierbahnhof „Alpika-Servis“, befindet sich auf einem Bergabhang und stellt eine sehr interessante architektonische Lösung dar. Das ist nicht nur ein Gebäude für die Abfertigung der Fahrgäste sondern ein multifunktionales Kulturzentrum, das Gesicht der gesamten Eisenbahnstrecke und die Visitenkarte der Olympiade.

– Welche Zuggarnituren werden nach Krasnaja Poljana fahren? Sind für die SchifahrerInnen spezielle Bequemlichkeiten vorgesehen? Auf den neuen Eisenbahnstrecken verkehren auch neue Zuggarnituren. Während der Durchführung der Olympischen und Paralympischen Winterspiele werden die neuen Garnituren „Schwalbe“ eingesetzt. Dieser moderne Elektrozug ist vorgesehen für den

Passagiernahverkehr auf den Eisenbahnstrecken der Russischen Föderation und ist mit hohen und niedrigen Plattformen ausgestattet. Die Höchstgeschwindigkeit dieser Elektrozüge beträgt 160 Stundenkilometer. Sie können bei Temperaturen von +40 bis -40 Grad ohne besondere Einschränkungen eingesetzt werden, wobei auch die Bedingungen des Meeresklimas berücksichtigt wurden. Zur Erhöhung des Fassungsvermögens an Fahrgästen gestattet die Konstruktion dieses Elektrozugs die Verbindung von zwei typengleichen Zügen zu einer Garnitur. Zu diesem Zweck wurde bei jedem Kopfwaggon eine spezielle Selbstkupplungsvorrichtung angebracht. Für den Transport der Sportausrüstung ist für die Zeit der Durchführung der Olympiade in jedem Kopfwaggon eine spezielle Klapphalterung vorgesehen, welche das Umfallen der Ausrüstung während der Fahrt verhindert. Neben den Gepäcksregalen werden sich in allen Waggons zwei Gepäcksgestelle befinden. Bei einer Fahrfrequenz von fünf bis fünfzehn Minuten können die „Schwalben“ bei einer Kapazität von bis zu 800 Passagieren die Betreuung der Gäste und TeilnehmerInnen der Olympiade im vollen Umfang sicherstellen.

Bahnhof Sotschi

36

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


ter strikter Einhaltung der hohen Anforderungen der Flugsicherheit erreichen. Wir sind zu Flügen bei jeglichen Wetterbedingungen bereit, und die Gäste und TeilnehmerInnen der Olympiade müssen nicht auf Ausweichflughäfen umgeleitet werden. Außerdem wurden die allerneuesten Entwicklungen im Bereich der IT-Technologien in die meisten Produktionsprozesse übernommen – das System der Unternehmensführung, die Organisation des Ticketverkaufs, das Einchecken, die Bearbeitung der Frachten und des Gepäcks.

Interview mit

Vitaly Savelyev – Generaldirektor von Russlands Fluggesellschaft “Aeroflot”

– Für welche Errungenschaften bekam „Aeroflot – Russian Airlines“ die Prämie „Der Zukunft entgegen“ des Organisationskomitees „Sotschi 2014“ in der Nominierung „Moderne Technologien“ zuerkannt? – Das Unternehmen bekam die Prämie „Der Zukunft entgegen“ im Bereich moderne Technologien im Zuge der Vorbereitung zur Olympiade. Diese Prämie wurde vom Organisationskomitee „Sotschi 2014“ ausgelobt und wird Firmen und Organisationen zuer-

kannt, welche die bemerkenswertesten Beiträge zu einer beständigen Entwicklung im Rahmen der Vorbereitung der XXII. Olympischen Winterspiele und der XI. Paralympischen Winterspiele liefern. Aeroflot bekam diesen Preis für das Projekt „Wetterfeste Flüge zu den Flughäfen der Olympiade“. Wir arbeiteten Programme aus und konnten eine wesentliche Verringerung der meteorologischen Minimalwerte für eine Landung auf den Flughäfen von Sotschi und Gelendschik un-

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

37

– „Aeroflot – Russian Airlines“ ist Generalpartner der Olympischen und Paralympischen Spiele in Sotschi. Was wird in diesem Zusammenhang unternommen? Wird die Zahl der regulären Flüge nach Sotschi während der Zeit der Olympischen Spiele erhöht? Von wo kann man in diesem Zeitraum nach Sotschi fliegen? – Im Rahmen des Partnerprogramms erhöht „Aeroflot“ während der Olympiade nicht nur die Anzahl der regulären Flüge nach Sotschi sondern richtet auch neue Direktflüge zwischen der Hauptstadt der Winterspiele und europäischen Städten ein. Vorläufig können wir diese Städte noch nicht nennen, der Flugplan wird gerade ausgearbeitet (achten Sie auf unsere Pressemitteilungen).

– Welche Bequemlichkeiten werden in den Flugzeugen von „Aeroflot“ für die Passagiere, das heißt die Gäste und TeilnehmerInnen der Olympiade, verwirklicht werden? Welche Besonderheiten wird die Fluggesellschaft als offizieller Beförderer der Olympischen Mannschaft Russlands beim Service für unsere SportlerInnen bieten? – An Bord der Flugzeuge, welche die olympische Hauptstadt anfliegen, können alle Passagiere, und nicht nur die SportlerInnen, das „olympische“ Spezialmenü ausprobieren. Seine Zusammenstellung besorgen berühmte Chefköche aus den besten russischen und europäischen Restaurants sowie Ärzte und Diätolo-


gen des Olympischen Komitees. Bereits jetzt wird den Fluggästen von „Aeroflot“ neben den gewohnten Duty-Free-Waren die lizensierte Souvenirproduktion Sotschi 2014 angeboten (nicht nur an Bord sondern auch in den Verkaufsbüros). – Werden sich die Ticketpreise während der Olympiade ändern? – Es sind keine Änderungen in der Tarifpolitik der Fluggesellschaft vorgesehen.

– Hat oder wird sich der Flughafen in Adler zum Besseren verändern? – Der Flughafen in Adler gilt als der modernste und größte in der Region. Der Flughafen Sotschi hat zwei künstliche Abflug- und Landebahnen. Im Zuge der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele wurde der Flughafen saniert und modernisiert, wurde der Aeroexpress Adler – Internationaler Flughafen Sotschi in Betrieb genommen und wurden neuen Technologien für das Zugangssystem eingeführt. In Zusammenarbeit mit den Partnern, welche für die Organisation des

Luftverkehrs verantwortlich sind, wurden Techniken ausgearbeitet, welche eine wesentliche Verringerung der meteorologischen Minimalanforderungen für eine Landung auf den Flughäfen Sotschi und Gelendschik er-

38

möglichen. Dies natürlich unter unbedingter Beachtung der strengen Anforderungen der Flugsicherheit. Auf Vorschlag von „Aeroflot“ wurde ein Landeanflugverfahren nach dem Instrumentenlandesystem ILS unter An-

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


tiven Erfahrungen am Flughafen Gelendschik wurden ähnliche Vorgehensweisen auch für Sotschi ausgearbeitet.

wendung der Satellitentechnologien GLONASS und GPS und des modernen Konzepts RNP AR Approach ausgearbeitet. Als Ergebnis der durchgeführten Arbeit erhielt Aeroflot von der Bundesagentur für Luftverkehr Rosa-

viacija die Erlaubnis für die vollwertige Nutzung der Abflug- und Landebahn auf dem Flughafen Gelendschik – das heißt Flüge nicht nur in einer Richtung, wie früher, sondern in beide. Unter Berücksichtigung der posi-

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

39

– Gibt es irgendwelche Veränderungen am äußeren Aussehen der Flugzeuge – Logos der Olympiade 2014, neue Farbgebung, vielleicht konkrete Namen für die Flugzeuge? Auch beim Komfort an Bord? – Im Frühjahr 2012 präsentierte „Aeroflot“ das Luftschiff, welches mit den Symbolen der zukünftigen Spiele versehen ist: das Flugzeug A320 “Jerofej Chabarow“ wurde mit dem Logo Sotschi 2014 sowie den Darstellungen der Maskottchen der Olympischen Spiele (Schneeleopard, Eisbär und Hase) geschmückt. In der Flotte von „Aeroflot“ befinden sich Flugzeuge, welche Namen von großen SportlerInnen tragen. – Was können sie über den Grad der Bereitschaft Sotschis für die Olympiade sagen? – Als Generalpartner der Spiele ist „Aeroflot“ für die bevorstehende Olympiade vollständig gerüstet.


Interview mit der Leitung des Baukonzerns Thomas Birtel

Siegfried Wolf

“STRABAG”

– Sie beteiligten sich an der Ausschreibung für den Bau der olympischen Einrichtungen in Sotschi. Was sind die Anforderungen, die Sie gewonnen haben? BIRTEL*: Wir haben an den Ausschreibungen für zwei Stadien teilgenommen, beide Aufträge wurden jedoch anderweitig vergeben. Diese Erfahrung haben wir zum Anlass genommen, uns an weiteren Ausschreibungen der öffentlichen Hand nicht zu beteiligen. Bei beiden Objekten haben wir eine sorgfältige Kostenermittlung durchgeführt, mussten bei der Submission aber feststellen, dass lokale Wettbewerber einen sehr viel niedrigeren Preis angeboten haben – Preise, zu denen es objektiv gesehen unmöglich ist, die Bauvorhaben zu realisieren. Wir haben später beobachtet, dass das Bau-Soll, also die ursprünglich angefragten Anforderungen, deutlich gesenkt wurden und trotzdem haben die Firmen Preiserhöhungen durchgesetzt. Die beiden Projekte Flughafen Sotschi und Olympic Village wurden von privater Seite – der Basic Element-Gruppe – ausgeschrieben, und bei diesen Aufträgen konnten wir überzeugen.

– Haben Sie Schwierigkeiten bei der Kommunikation mit der russischen Regierung erlebt? WOLF: Wir haben eine gute Gesprächsbasis mit der russischen Regierung. Dies hilft uns neben all unserer Erfahrung, unserer Kompetenz und unserem Einsatz, mit den viel-

40

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

– Welche von Ihren Bauobjekten in Sotschi sind schon fertig gestellt? Und wie schätzen Sie das Tempo der Bauarbeiten von den STRABAG – Einrichtungen in der Olympiastadt ein, die sich noch in der Bauphase befinden? BIRTEL: Den Flughafen Adler (Renovierung und Erweiterung) haben wir schon vor rund drei Jahren abgeschlossen. Das Olympische Dorf wird rechtzeitig zu den Winterspielen 2014 fertiggestellt sein. WOLF**: Wir haben zwischenzeitlich den Hafen gebaut und fertiggestellt. Momentan wird an der Umfahrung Sotschis gearbeitet. Diese stellt eine ziemliche Herausforderung dar, da es sich um ein komplexes Netz aus Straßen und 8 Tunnels handelt.


fältigen Herausforderungen fertig zu werden, die sich im Rahmen eines derartigen Großprojekts zwangsläufig stellen. Alles muss rechtzeitig fertig werden, denn die Olympischen Spiele lassen sich nicht verschieben. Das wirkt sich natürlich letztendlich auch auf die Kosten (Material, Personal und Logistik) aus. Ich bin aber zuversichtlich, dass wir auch hier gemeinsam mit der russischen Regierung Lösungen finden werden. Wir arbeiten derzeit alle fast rund um die Uhr, damit es am Ende nicht nur für die erfolgreichsten Sportler Gold gibt, sondern auch für Sotschi – für die perfekte Ausrichtung der Spiele. – Haben Sie viele Partner in Russland? BIRTEL: Wir sind seit über 20 Jahren als einziges westliches Bauunternehmen ununterbrochen in Russland

und haben ein Vielzahl an Partnern, Subunternehmern und Auftraggebern, mit denen wir zusammenarbeiten.

– Sie bringen ihre Arbeiter aus Österreich oder haben Sie das qualifizierte Personal aus Russland? BIRTEL: Wir haben qualifiziertes Personal in Russland und sind stets bemüht, dieses weiterzuentwickeln. Hierzu gibt es Schulungs- und Förderprogramme, und wir können heute auch Schlüsselpositionen lokal besetzen. Bei Großvorhaben – wie dem Olympischen Dorf – müssen wir große Mannschaften schnell aufbauen. Hierzu rekrutieren wir auch Personal aus Europa.

– Haben Sie ein eigenes Büro in Sotschi? BIRTEL: Schon seit vielen Jahren unterhalten wir ein Büro in Sotschi. Momentan haben wir über 250 Ange-

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

41

stellte vor Ort. Mit Beendigung der Baumaßnahmen werden wir den Mitarbeiterstand natürlich anpassen müssen, wollen aber weiterhin vor Ort präsent bleiben. WOLF: Natürlich haben wir auch ein Büro in Sotschi. Wir arbeiten mit STRABAG an verschiedenen Projekten gut zusammen. STRABAG unterstützt uns im Tunnelbau und bei komplexen Projekt-Aufgaben. Es ist daher naheliegend, dass wir unsere Zusammenarbeit in Zukunft weiter vertiefen.

* Thomas Birtel, Vorstandsvorsitzender, STRABAG SE (beantwortet die Fragen in seiner Funktion bei STRABAG) ** Siegfried Wolf, Chairman of the Board of Directors, Glavstroy OJSC, u. Mitglied des Aufsichtsrates, STRABAG SE (beantwortet die Fragen in seiner Funktion bei Glavstroy OJSC)


42

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins�


So wurde “SOCHI-2014” gebaut

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

43


Krasnaja POLJANA Krasnaja Poljana (russisch Красная Поляна) ist ein Gebirgsdorf (verwaltungstechnisch eine Siedlung städtischen Typs) in der Region Krasnodar mit 4.598 Einwohnern (Stand 14. Oktober 2010).

Der Ort liegt etwa siebzig Kilometer östlich der Schwarzmeerstadt Sotschi auf etwa 600 m Höhe im Tal der Msymta. Er ist umgeben von den Bergen des Kaukasus, die hier Höhen von über 3000 m (Tschugusch 3238 m, Pseaschcha 3257 m, Zachwoa 3345 m) erreichen und teilweise vergletschert sind.

Tourismus und Sport

Im Sommer ist Krasnaja Poljana ein gefragtes Wander- und Tourengebiet mit alpinem Charakter. Der Ort liegt mitten in einem ausgedehnten, 400 000 Hektar großen Naturschutzpark. Wegen

44

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


seiner landschaftlichen Ähnlichkeit mit dem schweizerischen Kanton Tessin, den vorhandenen Seen und Bergen wird das Gebiet Sotschi/Krasnaja Poljana auch die russische Schweiz genannt. Krasnaja Poljana wird in den kommenden Jahren mit Milliardeninvestitionen zum exklusiven Wintersportresort ausgebaut. Im Jahre 2014 werden hier die Schneesportwettbewerbe der an Sotschi vergebenen Olympischen Winterspiele 2014 ausgetragen. Ein Teil der alpinen Wettbewerbe wird im etwa 8 Kilometer von Krasnaja Poljana entfernten Rosa Chutor ausgetragen.

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

45


Ein Hotelkomplex in Krasnaja Poljana

In der 438.000-Einwohner-Stadt Sotschi sind neue Stadien und moderne Unterkünfte für die Athletinnen und Athleten geplant. Der russische Staat übernimmt sechzig Prozent der Kosten. Den Rest finanzieren die Privatwirtschaft und der staatlich kontrollierte Energiekonzern Gasprom, welcher unter anderem eine luxuriöse Hotelanlage errichtet. Krasnaja Poljana soll nach dem Willen des damaligen russischen Regierungschefs und jetzigen Präsidenten Putin zum „Schaufenster des neuen Russland“ werden, d. h. exklusiv und „in jeder Beziehung Weltspitze“.

46

Geschichte

1899 erhielt die Siedlung unter dem Namen Romanowsk (nach dem Familiennamen der russischen Zarendynastie) den Status einer Stadt. Nach dem Scheitern der Ausbaupläne zu einem Erholungsort für die russische Oberschicht verlor sie diesen Status jedoch wieder und wurde 1923 in Krasnaja Poljana (deutsch Rote Lichtung oder Schöne Lichtung, je nach Interpretation) umbenannt. Über Skifahren und Skiurlaub in Krasnaja Poljana (Sotschi): In der Region Krasnaja Poljana finden im Jahr 2014 die olympischen Winterspiele von Sotschi statt. Neue Skigebiete werden aus dem Boden gestampft, damit sich das Gebiet zu den Olympischen Spielen bestens präsentieren kann. Der Konzern Gazprom investiert einiges in neue Anlagen.

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


Rosa Chutor

Rosa Khutor (russisch Роза Хутор; transkribiert Rosa Chutor) ist eine für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sochi neu angelegte Abfahrtsstrecke, deren Premiere im Alpinen Skiweltcup am 11. Februar 2012 stattfand. Der Schweizer Bernhard Russi gilt als Architekt der neuen Weltcupabfahrt bei Krasnaja Poljana. Der Start befindet sich auf 2045 m, das Ziel auf 970 m. Die Höhendifferenz von 1075 m ergibt eine Abfahrtslänge von 3495 m. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei über 130 km/h. Die Bestzeit des Schweizers Beat Feuz von 2:14:10 min aus der ersten Weltcupabfahrt 2012 wurde bereits zuvor im Training von dem Österreicher Hannes Reichelt mit 2:12:91 min unterboten. Bernhard Russi beschreibt seine Strecke im Schweizer Fernsehen wie folgt: “Die Strecke beginnt mit einer relativ steilen Startpartie, die dann aber sofort in ein kurvenreiches, mittelsteiles Gelände übergeht. Danach folgt ein vor allem für die Zuschauer attraktiver Abschnitt mit einem steilen Couloir namens «Accola-Valley». Die Sprünge «Russian Trampoline», «Bears Brow», «Lake Jump» und «Deer Jump» sind die Highlights der Strecke und lassen die Fahrer teilweise bis 70 Meter fliegen. Die Strecke ist recht lang und geht in die Beine. Vor allem, weil sie den Fahrer ununterbrochen fordert.”

Ein Hotelkomplex in Krasnaja Poljana

www.sochi2014.com

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

47


– Soviel ich weiß, sind sie kein Diplomat und nehmen auch nicht an der Olympiade teil. Warum sind Sie dennoch Botschafter der „Olympiade 2014“? – Ich war der erste, der einen solchen Vorschlag erhielt, und ich habe mit Vergnügen zugestimmt. Mit dem heutigen Tag bin ich nicht der einzige Botschafter dieser Art.

– Was bedeutet das? – Ich vertrete das kulturelle Gesicht der Olympiade. Während der Olympischen Spiele wird es auch ein großes Kulturprogramm geben. Das Land wird seine Errungenschaften präsentieren, und zwar nicht nur die sportlichen und aktuellen sondern auch die zukunftsweisenden. Wir beschäftigen uns sehr ernsthaft mit dem Gesamtrussischen Wettbewerb und wählen talentierte Kinder aus. Das Symphonieorchester aus den Wettbewerbssiegern – insgesamt 78 Kinder – ist bereits in Sotschi aufgetreten. – Gibt es dieses Festival im Rahmen der Vorbereitung zur Olympiade? – Das ist ein unikales Festival und ist nicht mit diesem Sportereignis verbunden, denn seine Geburtsstunde war einige Monate vor der Entscheidung des IOC, die XXII. Winterolympiade in Sotschi abzuhalten. Das ist Zufall.

– Aber warum haben Sie beschlossen, so ein grandioses Kulturereignis in Sotschi zu organisieren, noch dazu außerhalb der Saison? – Weil das kulturelle Leben der Stadt im Winter zum Erliegen kam. Aber es wurde ein Kunstfestival geboren, auf welchem alles vertreten ist, was man sich vorstellen kann: Schauspieltheater, Ballett, Jazz, Videokunst. Natürlich bildet die klassische Musik – sowohl die symphonische als auch die Kammermusik – die Grundlage. Der berühmte Filmregisseur Emir Kusturica kam mit einer Präsentation seiner Filme. Es war auch Pjotr Fomenko mit einem Stück seiner Theaterwerkstatt da. Volkslieder wurden von Pelageja dargeboten. Wir haben dort alles gezeigt, was es gibt. Es entstand ein sehr großes Festival, das bereits zu den zehn besten euro-

Interview mit

Juri Baschmet

– berühmter Bratschist und Dirigent

päischen Festspielen gehört. Deshalb war ich bereits vor meiner Ernennung zum Botschafter sozusagen in diplomatischer Funktion unterwegs. Die Tätigkeit ist übrigens sehr breit gestreut.

– Welches Projekt haben Sie in Wien? – Das ist ein Auftritt des Internationalen Kinderkammerorchesters im Wiener Musikverein. Dieses Kinderorchester hat bereits in Sotschi gespielt. Das ist ein internationales Projekt.

– Sie arbeiten viel mit Kindern. – Die Kinderthematik erfährt eine kräftige Entwicklung. Wir haben dafür eine große Basis. In Zukunft soll es ein Kindersymphonieorchester geben. In

48

Lemberg haben wir eine Jugendakademie eröffnet. Das sind Studierende von höheren Lehranstalten, also bereits Studenten. In Samara gibt es eine Kinderakademie. Dorthin kommen Kinder aus den GUS-Staaten und aus dem Baltikum. Mit dem Ende der Sowjetunion brach auch das zusammen, was in der Sowjetzeit im Bereich der speziellen Musikausbildung für Kinder auf sehr hohem Niveau aufgebaut worden war. Deshalb entstand die Idee, diese Verbindungen, diese Fäden nicht abreißen zu lassen. Diese Idee wurde sehr positiv aufgenommen und wird schon lange in der Stadt Nowokujbyschewsk in einer Schule mit meinem Namen verwirklicht. Auch Samara hat sich angeschlossen, denn Nowokujbyschewsk ist

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


eine kleine Stadt, ein Satellit von Samara. Dorthin kommen von überall bemerkenswerte MusikerInnen – auch aus Amerika und Europa.

– Sie waren vor kurzem in Sotschi. Wie schaut dort alles aus? – Die Durchführung der Olympiade ist eine große Verantwortung vor der gesamten Welt. Da die Vorbereitung der Olympiade der Präsident Russlands unter seine persönliche Kontrolle gestellt hat, gibt es Ressourcen und alles wird dort sehr schnell gemacht. Natürlich nicht ohne Fehler. Ich sah ein Fernsehinterview mit Putin, in welchem er diejenigen, welche etwas nicht rechtzeitig fertig machten oder zum Abschluss brachten, auf das heftigste kritisierte.

– Waren Sie in diesem Jahr in Krasnaja Poljana? – Für gewöhnlich geben wir auch in Krasnaja Poljana ein Konzert. Dieses Jahr ging es sich jedoch aus zeitlichen Gründen nicht aus. Wir haben in Sotschi enge Kontakte mit der Musikhochschule, dem Orgelsaal und dem Kinderheim. Dort gibt es übrigens ein erstaunliches Kinderheim, in welchem schwerkranke verlassene Kinder leben. Dort kommen auf ein Kind fünf Pflegepersonen. Sie tragen die Kinder förmlich auf Händen. Wir waren im Heim und haben ein Tasteninstrument „Yamaha“ geschenkt. Tschulpan Chamatowa hat einen Fonds und während unseres gemeinsamen Konzerts trat ein Bub aus diesem Kinderheim auf, der Gedichte vortrug. Er musste operiert werden. Ein Paar aus der Umgebung von Moskau beschloss, ihn zu adoptieren. Heute ist bei ihm nach der Operation alles in Ordnung. Das alles hat also durchaus seinen Sinn.

finden? – Ich verstehe das so, dass das alles im Rahmen des Kulturprogramms geschehen wird. Das ist auf eine sehr lustige Art entstanden. Wir haben in Sotschi einfach ein Konzert zu Beginn unserer Jubiläumstour gegeben, während derer wir den Auftritt in 39 Städten planten. Das war zwei Monate vor der Entscheidung des IOC. Auf diesem Konzert war Michail Schwydkoj, der damalige Kulturminister. Dort waren auch Slawa Fetisow und Irina Rodnina. Während des Galadiners zu Ehren des Beginns unserer Jubiläumstournee durch das Land sagte ich zum Spaß, dass sich im Saal auch unsere letzten Mitkonkurrenten für die Ausrichtung der Olympiade befinden, nämlich Südkorea und das österreichische Salzburg. Das war ein großer Erfolg und Schwydkoj sagte: „Wenn Sotschi nicht siegt, wird man wieder sagen, dass die Kultur Schuld ist“. Als Sotschi den Zuschlag bekam, rief ich ihn an und sagte: „Die Kultur ist Schuld“.

– Sie rauchen so viel. Was sind Sie denn für ein Sportler? – Ich erhebe überhaupt keinen Anspruch auf die Bezeichnung „Sportler“.

– Können Sie Schi fahren? – Ein bisschen. Ich habe sogar eine sportliche Leistungsklasse im Fechten

– Werden Sie während der Olympiade in Sotschi sein? – Ja, natürlich. Dort gibt es auch eine sehr ernsthafte kulturelle „Füllung“, nämlich unsere. Ich verstehe es so, dass wir bei der Abschlussfeier dabei sein werden. Es ist geplant, dass Jurij Baschmet während der olympischen Abschlusszeremonie die Fakel tragen wird. – Das Festival wird während der gesamten Olympischen Spiele statt-

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

49

für Jugendliche zuerkannt bekommen.

– Mit Ihrem Äußeren ist Ihnen das Fechten wahrscheinlich sehr gut gelungen. – Damals haben sich alle für Fechten interessiert: alle haben die „Drei Musketiere“ gesehen.

– Jetzt eine ernste Frage. Sie waren Vertrauensperson für Wladimir Wladimirowitsch Putin während der Wahlen. Was können Sie über diesen Menschen sagen? – Ich sage immer, dass das für Russland ein von Gott gesandter politscher Führer ist. Das ist ein erstaunliches Zusammentreffen. Genau so ein Mensch muss so ein Land führen, denn er ist klug und steht treu zu seinem Wort und zu seinen Handlungen. Er ist einer von dem Schlag, den man in unserer Kindheit als „unsrigen“ bezeichnete. Man kann ihm glauben und man muss ihm nach seinen Möglichkeiten helfen. Ich habe bereits genug Negatives im Zusammenhang mit meinem Bekenntnis zu hören bekommen, aber das regt mich wenig auf, denn jeder hat das Recht auf eigene Meinung und bei mir wird diese durch die konkreten Taten bestätigt. Wenn Putin etwas sagt, dann macht er es auch. Er liebt Russland wirklich. Und das ist alles.


Mit PASSIONATE RUSSIA gelang FREYWILLEs Künstlern eine Kollektion, die sowohl die Schönheit einer kontrastreichen, prächtigen Kultur als auch die künstlerische Passion und die kreative Schaffenskraft seiner Vertreter würdigt.

Alles begann mit der Faszination für ein Land, dessen starke Anziehungskraft den Ursprung für eine opulente Kollektion darstellte, die in ihrer Gesamtheit an Farbreichtum, Charakter und Ästhetik ihresgleichen sucht. Russland – ein Land voller Kontraste, die unmittelbar auf jeden Bewunderer und Besucher wirken: Weit, lebendig, kraftvoll, rau, bunt, prächtig, märchenhaft. Von atemberaubender Schönheit, lebendiger Folklore und vielbeachteter Kulturschätze, die sich in Musik, Literatur, Kunst oder Ballett wiederfinden und mit Russlands Geschichte und Gegenwart gleichermaßen fest verankert sind. Immer wieder zeigen sich Russlands besondere Seiten anhand der Mentalität der Menschen, der Lebensfreude, in der klingenden, ausdrucksvollen Sprache und in der Lebensweise seiner Landsleute.

GOLDEN KALINKA

Russlands eigentümliche Natur hat einen speziellen Platz in der russischen Seele – doch auch ein außenstehender Betrachter ist schnell von ihrem faszinierenden Charakter, den Poeten einst mit einer schönen Frau verglichen, eingenommen. Die Natur ist auch ein Schlüsselelement in der dekorativen Kunst Russlands, wie anhand einer der bekanntesten Arten des volkstümlichen Kunsthandwerks, der Chochloma-Malerei, ersichtlich wird. Dabei werden opulente, florale Muster in roter und schwarzer Farbe auf goldenem Grund auf allerlei Gegenstände aufgetragen. Von dieser einzigartigen Kunstform fasziniert, schufen FREYWILLEs Künstler das Design GOLDEN KALINKA und interpretierten das traditionelle Thema auf moderne Art und Weise, um ihm neues Leben einzuhauchen. Florale Muster in kraftvollen Farben betonen den expressiven, energischen Charakter dieses Designs.

50

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”


MY MATRYOSHKA

Inspiriert von der klassischen Steckpuppe, die – meist aus Holz gefertigt und aufwendig bemalt – als Symbol für russische Folklore weltweite Berühmtheit erlangte, entstand ein verspieltes, detailverliebtes Design, das sich femininer Stärke und Weiblichkeit widmet. Der oberflächliche Blick zeigt das Äußere einer schönen Frau in russischer Tracht, doch nur die nähere Betrachtung bringt die wahren Werte der russischen Seele zum Vorschein: Familie, Vermächtnis, Kontinuität. Altes bringt Neues hervor, das eine entsteht aus dem anderen – so offenbart sich eine lebendige Verbindung zwischen den Generationen, die sich bis zur Unendlichkeit wiederholt. Als Tribut an die weibliche Stärke und die Vielseitigkeit der Frau beeindruckt das dekorative Design MY MATRYOSHKA mit warmen, leuchtenden Farben und unterschiedlichen Versionen der faszinierenden, vielsagenden Matrjoschka-Puppe auf strahlend blauem Hintergrund.

GLORIOUS FIREBIRD

SWAN LAKE

Traditionelle, russische Märchen umgibt eine besondere Aura des Mystischen und Wunderbaren – bildhafte Darstellungen und Charaktere mit großer symbolischer Kraft prägen Geschichten, die von Generation zu Generation überliefert wurden. Als lebendiges Kulturgut erfreuen sie sich auch weit über Russlands Grenzen hinaus großer Beliebtheit. Der mystische Feuervogel ist einer der bekanntesten Vertreter einer vielfältigen russischen Märchenwelt. Viele Geschichten ranken sich um die gefährliche Jagd nach diesem einmaligen Fabelwesen, das aufgrund seiner goldenen Federpracht und der damit verbundenen Magie und Symbolik für Schönheit, Wohlergehen und Reichtum große Begehrlichkeit ausstrahlt. Von der sagenhaften Gestalt und der verführerischen Ausstrahlung des mystischen Feuervogels inspiriert, schufen FREYWILLEs Künstler das Design GLORIOUS FIREBIRD, das viele Elemente des Märchens auf künstlerische Weise interpretiert und besonders das symbolträchtige Federkleid hervorhebt. Eingefangen in ein aufwendiges Design mit den vorherrschenden Farben Rot und Gold auf metallisch schimmerndem Hintergrund, repräsentiert der Feuervogel unsere verborgenen Träume und die Hoffnung, diese einst zu verwirklichen.

Das klassische Ballett blickt in Russland auf eine traditionsreiche Geschichte zurück, dessen Blütezeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann. Berühmt für seine vollendete Technik, macht es den menschlichen Körper zu einem Instrument der puren Ausdruckskraft. Meist in einem Atemzug mit russischem Ballett genannt, erlangte besonders Schwanensee, eines der bekanntesten Werke Tschaikowskys, weltweite Popularität. Poesie, Emotion und Vitalität verschmelzen zu einem Gesamtwerk, das neben dem Nussknacker und Dornröschen als eines der „großen Drei“ des klassischen Balletts betrachtet wird. Den weltweit hohen Stellenwert des russischen Balletts haben maßgeblich zwei illustre Protagonisten mitgestaltet: Sergej Djagilew und Marius Petipa, die als wahre Mäzene der russischen Ballett-Kunst die Geschichte des Tanzes revolutionierten. In FREYWILLEs Design SWAN LAKE finden die fließende Leichtigkeit der Musik, die mitreißende Leidenschaft der Tänzer und die Dramatik der Geschichte in einer einzigartigen Formenwelt zusammen. Harmonische Farb-Kompositionen aus Violett, Creme und Gold betonen die beim Tanz zum Ausdruck gebrachte Fusion von sinnlicher Anmut und kraftvoller Dynamik.

Sonderausgabe des “Neuen Wiener Magazins”

51



Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.