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Reinraum-Unterhaltsreinigung ist etwas für Profis
Für die Reinhaltung der Produktion unter reinen Bedingungen – in Sauber- und Reinräumen – wird immer öfter die Beratung und Unterstützung von professionelle Reinigungsfirmen hinzugezogen. Die Rohr AG in Hausen (Aargau/Schweiz) gibt anhand eines Praxisbeispiels die Überlegungen und das Vorgehen von Auftraggeber und Reinigungsinstitut weiter, um die Arbeit so effektiv wie möglich durchzuführen.
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Ist der erforderliche Reinheitsstatus im RR erst einmal hergestellt, wie geht es dann weiter? Dienstagabend um 17:28. Anrufer: «Ist dort die Rohr AG? Ja,… genau, hat wunderbar geklappt mit der Grundreinigung. Danke vielmals dafür. Ich habe eine Frage: Der Produktionsleiter hat mich gefragt, wann wir mit der Unterhaltsreinigung weitermachen. Er meinte, wir sollten die Sauberkeit aufrechterhalten, jetzt wo der Reinraum gereinigt und qualifiziert ist und er mit der Produktion startet. Können Sie bitte Morgen vorbeikommen und schnell mal mit der Unterhaltsreinigung im Reinraum starten?» Ist die, für die Produktion erforderliche, Reinheit in den Produktionsräumen erst einmal hergestellt, muss diese aufrechterhalten werden. Dazu dient die Unterhaltsreinigung. Aber welcher Reinigungsumfang ist notwendig und wie kann man den Aufwand so gering wie möglich halten?
Wie viel Reinigung darf es denn sein? Schnell mal vorbeikommen und mit der Unterhaltsreinigung im Sauber- oder Reinraum zu beginnen ist sicher möglich, vor dem Start der Unterhaltsreinigung sollten sie dazu jedoch bereits Ihre Hausaufgaben gemacht haben. So gilt auch für die Unterhaltsreinigung: Erstellen Sie als erstes eine Risikoanalyse. Über diese stellen Sie sicher, dass Sie bei kniffligen Fragen Ihrer Auftraggeber, externer Auditoren oder von Behörden bereits die richtigen Antworten parat haben. Ausserdem nützt Ihnen die beste Reinigung wenig, wenn diese nicht auf Ihre Produktion abgestimmt ist und entweder ein Risiko für den Herstellprozess (z. B. zu viel Luftfeuchtigkeit durch den Einsatz von Wasser im Reinigungs- desinfektionsmittel) oder das Produkt (Wirkstoff der Reinigung – Desinfektion wirkt sich negativ auf das Produkt aus) darstellt. Die Risikoanalyse muss nicht
Anpassung der Reinigung an die bestehenden Apparaturen. (Bilder: Rohr AG)
ausufernd sein. So kann durchaus auch das von allen Teilnehmern unterschriebene Protokoll der Besprechung der Risiken bereits ausreichen.
Der Leistungsumfang und das Reinigungssystem Der Aufwand für die Reinigung, das sogenannte Mengengerüst, ergibt sich aus der Grösse der Räume in Form des Raumplans und Raumverzeichnisses, der durchzuführenden Reinigungstätigkeiten in Form eines Leistungsverzeichnisses, der Umstände vor Ort (wie aufgeräumt und zugänglich) und aus dem Reinigungssystem. Vor dem Start der Reinigung benötigt der Dienstleister Ihres Vertrauens daher detaillierte Angaben von Ihnen. Die Gesamtheit der Angaben bezeichnen wir bei der Rohr AG als «Reinigungssystem». Dazu ist es erforderlich, dass Sie sich über folgende Fragen Gedanken machen: Wer führt welche Reinigung durch? Definieren Sie welche Tätigkeiten von den eigenen Produktionsmitarbeitenden und welche von den Reinigungsfachkräften des Reinigungsinstituts durchgeführt werden. So werden Arbeitsplätze und sensible Produktionsmaschinen zumeist durch die eigenen, versierten Produktionsmitarbeitenden gereinigt. Die Mitarbeitenden des Reinigungsinstitutes kümmern sich um die Peripherie, wie das robustere Equipment, das Inventar und die Raumreinigung. Wann soll die Reinigung durchgeführt werden. Gibt es einen Schichtbetrieb oder wann ist z. B. das Ende der Produktion? Dazu vereinbaren Sie bei Bedarf einen Zeitplan für die Durchführung der Reinigung. Wo soll genau was gereinigt werden. Meist sind das vereinbarte Leistungsverzeichnis und das Verzeichnis der Räume zu unübersichtlich für die tägliche Arbeit
Die gut ausgebildete Putz-Equipe übernimmt die Reinigung.
der Reinigungsfachkräfte. Damit trotzdem nichts vergessen wird empfiehlt es sich, in den betreffenden Räumen einen Plan der durchzuführenden Tätigkeiten und den zu verwendenden Reinigungs- bzw. Desinfektionsmitteln gut sichtbar zu platzieren. Womit soll die Reinigung- und Desinfektion durchgeführt werden? Dazu erarbeiten Sie am besten ein sogenanntes «Reinigungskonzept». Im Reinigungskonzept definieren Sie: – das Reinigungsverfahren bzw. die Reinigungsmethode – die Reinigungs- /Desinfektionschemie – die Wischtextilien oder Moppbezüge – das Reinigungs-Equipment – weiteres Verbrauchsmaterial. Idealerweise arbeiten Sie dieses nicht zu detailliert aus und legen darin lediglich Kriterien fest, wie zum Beispiel die zu verwendenden Wirkstoffe und deren Dosierung. Damit erhält Ihr Einkauf mehr Spielraum sich den wirtschaftlichsten Anbieter für die Reinigungs- und Desinfektionsmittel oder die Wischtextilien zu suchen. Der Effizienz und den Reinigungsfachkräften zuliebe sollten sie bemüht sein, die Anzahl verschiedener Reinigungs- und Desinfektionsmittel auf ein Minimum zu begrenzen. Des Weiteren sollten Sie darauf achten, sich nicht mit ungeeigneten, weil nicht reinheitstauglichen, Reinigungs- und Desinfektionsmittel zusätzliche Probleme in den reinen Bereich zu holen. Der Experte hilft Ihnen gerne dabei, die richtige Auswahl zu treffen. Das wie halten Sie ebenfalls schriftlich in einer kurzen, idealerweise sogar bebilderten, Arbeitsanweisung fest. Definieren Sie, wie bei der Reinigung und Desinfektion korrekt vorzugehen ist, zum Beispiel die Wischtechnik oder in welcher Reihenfolge die Räume zu reinigen sind. Damit schaffen Sie auch gleich die Grundlagen für Ihren kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP), indem Sie die Stellschrauben definieren, an denen Sie dann je nach Bedarf drehen können. Für Produzenten technischer Produkte, in nach ISO 14644 zertifizierten Reinräumen, ist nicht sofort ersichtlich, wie viel Reinigungsaufwand auch tatsächlich notwendig ist. Je nach Anforderung an die Reinheit kann hier zwischendurch ein Wischtest mit dem berühmten weissen Samthandschuh an kritischen Stellen sehr hilfreich und aussagekräftig sein. Aufgrund der Erkenntnisse passen Sie dann die Reinigung entsprechend an. Produzenten von Arzneimitteln oder Medizinprodukten müssen sich an das schweizerische Heilmittelgesetz – (HMG) halten. Damit haben es die Kollegen aus der pharmazeutischen Produktion und Medizintechnik jedoch auch einfacher. Die entsprechenden Regularien, wie die schweizerische Arzneimittel-Bewilligungsverordnung (AMBV) oder der EudraLex Volume 4 Annex 1 machen genaue Vorgaben zur Reinigung und Desinfektion und geben sogar Zielwerte für die maximal zulässige Anzahl an Verunreinigungen (z. B. KBEs) vor.
Dokumentation und Qualitätssicherung Für eine Kontrolle benötigen Sie eine Grundlage, anhand derer Sie die Übereinstimmung oder Abweichung des Ist vom Soll-Zustand erfassen können. Im Fall der Unterhaltsreinigung sind dies die qualitätssichernden Dokumente. Nur wenn Sie einen Massstab haben, können Sie eine Nichteinhaltung feststellen und dessen Einhaltung auch einmahnen. Qualitätssicherung kostet Zeit und damit Geld. Fakt ist aber auch: «Vorbeugen ist besser als Heulen» und «Wer schreibt, der bleibt». Legen Sie daher die wichtigsten Eckpunkte zur Unterhaltsreinigung Ihrer reinen Bereiche schriftlich fest, und lassen sich diese qualitätssichernden Dokumente von Ihrem Reinigungsdienstleister gegenzeichnen. Im Besten Fall hat das ausgewählte Reinigungsinstitut bereits eine fertige Blaupause der erforderlichen Dokumente in der Schublade, welche dann in gemeinsamer Abstimmung speditiv auf ihre speziellen Anforderungen hin abgepasst werden können. Der Lohn für die Mühe liegt auf der Hand: weniger Fehler, weniger Ausschuss, weniger Reklamationen, weniger Unklarheiten und Rückfragen, weniger Aufwand bei der Ausbildung neuer Mitarbeitender, Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen, weniger Rätselraten und vor allem leuchtende Augen all jener Personen, die an einem erfolgreichen Audit beteiligt waren. Und so nebenbei verhelfen Sie Ihrer QSAbteilung zu einem ungestörten und erholsamen Büroschlaf. Das beste Reinigungssystem und die beste Vorbereitung nützen Ihnen jedoch herzlich wenig, wenn das ausführende Personal die entsprechenden Dokumente nie zu Gesicht bekommen hat. Daher sollten Sie sich die Leseschulung der qualitätssichernden Dokumente von jeder einzelnen Reinigungsfachkraft auch bestätigen lassen. Wenn man sich bei der Einschulung der «Neuen» auf die «Alten» Mitarbeitenden verlässt, hat das immer etwas vom Spiel «Stille Post» an sich. Ein Tipp zum Schluss: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Ein Reinigungs- und Desinfektionsprotokoll hilft Ihnen bei der Nachvollziehung der Durchführung der Reinigung und Desinfektion. Das kann hilfreich sein, wenn z. B. die Personalschleuse bereits zur «Znüni-Pause» wieder komplett verschmutz ist. In Good Manufacturing Practice (GMP) reglementierten Bereichen gilt zudem: «Nicht dokumentiert bedeutet: Es wurde nicht gemacht».
Wie geht es weiter? Mittwochvormittag 7:03, zwei Monate nach dem Start der Reinraum-Unterhaltsreinigung. Anrufer: «Ist dort die Rohr AG? Ja, . . . genau, die Unterhaltsreinigung klappt wunderbar. Danke vielmals dafür. Ich habe eine Frage: Unser Einkauf hat mich gefragt, ob wir noch etwas am Preis für die Reinigung machen können. Können Sie dazu bitte morgen vorbeikommen und schnell mal mit uns eine Optimierung der Reinigung besprechen? Der Projektverantwortliche staunte, als er diese Antwort bekam . . .
Autor Ing. Arthur Klavora, Senior Consultant Engineering und Schulung, Mitglied des Kaders der Rohr AG
Weitere Informationen Rohr AG Dr.-Ing. Wolfram Kessler Geschäftsführer Rohr AG Handel Leiter Kompetenzzentrum Reinraum Obere Holzgasse 8 CH-5212 Hausen +41 58 717 77 00 kessler@rohrag.ch www.rohrag.ch