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Komplexe Dekontamination mit zentraler H2O2-Grossanlage

Raumdekontaminationen mit Wasserstoffperoxid (H2O2) werden vorwiegend mit mobilen Generatoren und unterschiedlicher Gaseinbringung realisiert. In Deutschland und Holland wurden erstmals Generator-Grossanlagen realisiert, mit der Reinräume von der Technikzentrale aus vollautomatisiert dekontaminiert werden können.

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Die Dekontamination von Oberflächen mit Wasserstoffperoxid im pharmazeutischen und medizinischen Umfeld ist heute Stand der Technik. Auf der Grundlage von wissenschaftlichen Studien und CFD Simulationen, aber auch durch vielfältige Erfahrungswerte, haben sich Mängel und Oberflächenschäden deutlich minimiert.

Erzeugung von gasförmigem Wasserstoffperoxid Generatortechnik: Gab es bis vor wenigen Jahren nur eine begrenzte Anzahl von Generatorhersteller, wobei sich diese in erster Linie auf mobile Generatoren konzentrierten, so gibt es mittlerweile eine Vielzahl guter Geräte am Markt. Bei Dekontaminationsschleusen, Isolatoren, gekapselten Abfüllanlagen etc. geht der Trend klar in Richtung, hin zu fix installierten Generatoren, die mit der gesamten Anlagen- und Prozesssteuerung eine Einheit bilden. Diese Technik ist nicht nur günstiger und sicherer, auch die Bedienung vereinfacht sich deutlich und der Platzbedarf für mobile Generatoren fällt zur Gänze weg. Beim Einsatz von externen mobilen Generatoren kann es zudem durch die Verwendung von zwei getrennten elektrischen Systemen und Softwareprogrammen zu Schnittstellenproblemen kommen. Aufbauend auf sehr erfolgreiche Referenz- und Pilotprojekte werden Raumbegasungen zunehmend mit zentralen

Einsatz mobiler Generator im Technikgeschoss. (Bilder: Ortner Reinraumtechnik GmbH)

Generator-Grossanlagen und entsprechender Gaseinbringtechnik realisiert. Raumbegasungen mit mobilen Generatoren, vor allem wenn es sich um grössere Räume oder komplexe Raumstrukturen handelt, stellen die Zyklusentwickler vor grosse Herausforderungen. Mobile Raumbegasungen erfordern in der Regel mobile Standlüfter in den Räumen. Eine direkte Gaseinbringung ohne eine turbulente Verteiltechnik birgt, aufgrund des unterschiedlichen Absorptions- und Desorptionsverhalten oder einer möglichen Kondensatbildung, auch das Risiko von Material- und Oberflächenschäden. Das bedeutet aber nicht, dass mobile Generatoren keine Berechtigung mehr haben. Speziell für ereignisorientierte Dekontami-

Luftverteilung mit verminderter Gasmenge. Konzentrationsverteilung bei 300 m³/h.

nationen, oder als Notfallanlagen, aber auch für flexible Anwendungen sind mobile Geräte prädestiniert. Wasserstoffperoxid H2O2: Das Verdampfen von Wasserstoffperoxid gehört eher zu den einfachen Verfahren oder Techniken. H2O2 wird auf eine, in einem geschlossenen Gehäuse eingebaute, Heizplatte getropft und über ein erwärmtes Gasstromnetz aus dem Generator ausgetragen. Für das Verdampfen muss spezielles hochreines H2O2 verwendet werden. Die Verwendung von handesüblichem H2O2 führt zu Verunreinigungen, die eine Validierung von Prozessen beeinträchtigen können. In der Vergangenheit wurde verdampfungsfähiges hochreines H2O2 vorwiegend nur von Generatorherstellern angeboten, heute beschäftigen sich grosse Chemie Konzerne wie z.B. Evonik mit der Herstellung von hochwertigem H2O2.

Computersimulationen bringen Sicherheit und erhöhen das Verständnis CFD Simulationstechnik: Die Lüftungstechnik in Reinräumen oder BSL Laboren werden für eine turbulenzarme Verdrängungsströmung oder für eine induktive zugfreie Mischlüftung konzipiert, wobei es sich in der Regel immer um relativ hohe Raumluftwechselzahlen und hohe Luftmengen handelt. Eine erfolgreiche Begasung über das installierte Lüftungssystem, mit üblichen Generatoren, kann ausgeschlossen werden. Eine diesbezügliche Beweisführung wurde in einem Pilotprojekt durchgeführt. Im Auftrag eines Pharmabetriebes wurde ein, der Realität entsprechender Raum mit einer installierten Lüftungsanlage mit 1800 m³h und einer realen Einrichtung, gebaut. Im ersten Schritt wurden CFD Simulationen mit unterschiedlichen Gasstrommengen durchgeführt, die im zweiten Schritt praxisnahe verifiziert wurden. Die Simulationen zeigten, dass eine Begasung mit einem Gasstrom von 300 m³h über das Lüftungssystem selbst nach 50 Minuten keine Raumdurchmischung entsteht (übliche Generatoren erreichen 50–100 m³h). Im Gegensatz zur Gaseinbringung über die Drall-Auslässe zeigt die Simulation mit einer einfachen Düse und vertikalem Gasstrom oder über eine getaktete Sechsstrahl-Düse eine perfekte Gas- und Konzentrationsverteilung. Im realen Test mit HC und LC Sensoren (High und Low Concentration) und chemischen Indikatoren wurden die Simulationsergebnisse für beide Betrachtungsweisen vollkommen bestätigt. Der Begasungsversuch über das Lüftungssystem zeigte in Deckennähe sehr hohe Konzentrationen, und im Bodenbereich, speziell in Nischen bei den Einrichtungsgegenständen, nahezu Nullwerte auf. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen erfolgte die Planung für eine vollautomatisierte Raumbegasungen für zwei unterschiedliche Projekte. Bei beiden Projekten mussten mehrere Räume und Materialschleusen unterschiedlicher Grössen und Geometrien begast werden. Die zu begasenden Räume im Projekt 1 haben eine Gesamtfläche von ca. 1500 m² und im Projekt 2 ca. 1900 m². Als zusätzliche Besonderheit ist die kundenseitige Anforderung zu erwähnen, dass jeder Raum für sich allein, aber auch Raumgruppen gemeinsam eine Begasung möglich sein muss.

Vollautomatisierte Dekontamination von 3400 m² Reinraumfläche Wie Referenzprojekte zeigen, konnten mittels neuer Technik und zentralen Generator-Grossanlagen 3400 m2 Reinraumfläche vollautomatisiert dekontaminiert werden. Die Wasserstoffperoxid-Dekontaminationsanlagen bestehen im Wesentlichen aus drei Systemkombinationen: 1. Stationäre H2O2 -Grossanlage – die Generator-Grossanlage ist mit einer Gasstromleistung für 800 m³h, einer Verdampfer Leistung von 40 g/min und einem H2O2-Vorratsbehälter von 60 Liter ausgelegt. Die Anlagen sind mit allen technischen Komponenten, Mess- und

Regelsystemen sowie einer Software für die Verwaltung von 100 verschiedenen Zyklen ausgestattet. 2. Sechsstrahl-Düsensystem – dieses Düsensystem ist ein Ergebnis aus Entwicklungs-Forschungsprojekten mit der

Unterschiede Temperatur und Düseneinbringung.

Stationäre Grossanlage. 60 Liter H2O2 Reservoire. Gasstromverrohrung im Technikgeschoss.

Reinraum mit Begasungsdüsen.

Düsenansicht im Reinraum.

TU Graz und der SAL «Silicon Austria Lab». Mit dem getakteten Düsensystem und einer Ausströmgeschwindigkeit von ca. 60 m/s wird eine grösstmögliche Induktion und eine hohe Wurfweite erreicht. Die hohe Induktion vermischt die Raumluft mit dem hochkonzentrierten

Gasstrom und verhindert damit eine

Kondensation. Das Düsensystem ermöglich unter anderem eine Begasung von Gängen von 30–40 m Länge. 3.Gasstrom Verteilnetz – das grösste Risiko bei zentraler Begasungstechnik besteht darin, dass sich der Gasstrom in den Gasstromleitungen abkühlt und

Kondensat ausgeschieden wird. Durch die lange Verdunstungsdauer von Kondensat können Zyklen, bis zur Erreichung des vorgeschriebenen MAK Wert von <= 1 ppm, von vielen Stunden bis hin zu mehreren Tagen entstehen. Deshalb ist die Auslegung eines Verteilnetzes (ca. 420 lfm) technisch eine Herausforderung. Luftleitungen und Einbaukomponenten aus geeigneten Kunststoffen mit

Begleitheizung und durchgehendem

Monitoring gehören zum Pflichtprogramm.

Resümee Innovationsgeist und fundiertes technisches Knowhow, kombiniert mit einem uneingeschränkten Kooperationsverhalten, ermöglicht es neue erfolgreiche

Begasungsdüse Star.

Wege zu gehen. Das Zusammenwirken und die enge Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Abteilungen der Kunden und den beteiligten Planern und Professionisten, war die Grundlage, dass zwei unabhängige Projekte mit absoluten Neuheitswert erfolgreich realisiert werden konnten. Der hohe Automatisierungsgrad, das grosse H2O2 -Reservoire und die Bedienung und Servicierung im Technikgeschoss befreit den Nutzer von aufwendigem Service. Bei der Auswahl der Komponenten wurde grosses Augenmerk auf hohe Qualität und lange Standzeiten gelegt. Innerhalb kürzester Zeit weckte diese neue Technik grosse Aufmerksamkeit und das Interesse am Markt.

Autor: Josef Ortner, Firmengründer, Ortner Reinraumtechnik GmbH

Weitere Informationen Ortner Reinraumtechnik GmbH Uferweg 7 A-9500 Villach reinraum@ortner-group.at www.ortner-group.at

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