Ingenieur-Geometer im l채ngsten Tunnel der Welt
Bild: AlpTransit Gotthard AG
Spezial-Ausgabe Deutsch
Liebe Leserin, lieber Leser,
Es gibt im Leben sehr wenige Momente, in denen wir so richtig stolz auf die geleistete Arbeit sein können. Eine solche Gelegenheit ist ohne Zweifel die Beteiligung am Bau des längsten Tunnels der Welt. Es wird allzu oft angenommen, dass Ingenieur-Geometer in grossen Bauprojekten eine untergeordnete Rolle spielen. Ohne sie wären jedoch grossartige Leistungen wie der Bau eines grossen Tunnels nicht möglich. Vermessungsspezialisten stellen sich vielen Herausforderungen und lösen zahlreiche Probleme. Wir hoffen, dass die Lektüre dieses Hefts Ihnen helfen wird, die Realität dieser Herausforderungen besser zu verstehen. Die IGS ist stolz darauf, Ihnen die durch die Akteure der «grössten Baustelle des Jahrhunderts» verfassten Artikel vorzustellen und wünschen Ihnen viel Freude und Interesse bei der Lektüre.
Maurice Barbieri Präsident IGS (Ingenieur-Geometer Schweiz)
Grusswort
Seit die Schwyzer ihren in Italien geholten Freibrief 1240 über den Gotthard nach Hause getragen haben, ist der Pass für die Eidgenossenschaft immer wieder von schicksalhafter Bedeutung gewesen. In den gefahrvollen Jahren des Zweiten Weltkrieges stellte General Henri Guisan unsere Armee so auf, dass die beiden historischen Eisenbahn-Alpentransversalen Gotthard und Lötschberg-Simplon unterbrochen worden wären, hätten Hitler und Mussolini den Angriff befohlen. Die Schweiz versteht sich auch heute, getreu dem Artikel 2 der Bundesverfassung, als unabhängiges Land. Die Schweiz ist aber keine Insel von Egoisten. Deshalb hat sich unser Land entschlossen, aus eigener Kraft das gewaltige Vorhaben der «Neuen Eisenbahn-Alpentransversale» oder NEAT am Lötschberg und am Gotthard an die Hand zu nehmen. Den Nutzen dieser zweistelligen Milliardeninvestition haben aber Europa und die Welt deutlich mehr als wir selber. Die Leistung dagegen – die Verkürzung der Wegstrecke Zürich–Mailand von 4 Stunden auf 2 Stunden 40 Minuten – ist ganz überwiegend eine schweizerische. Leistungen wie diese sind nie umsonst: Denken wir still an die Arbeiter, die trotz moderner Sicherheitsvorkehrungen auch diesmal, wie vor etwas mehr als einem Jahrhundert, Opfer ihrer Pflichterfüllung geworden sind. Denken wir aber auch an den Fleiss und den Scharfsinn, die ins Werk eingeflossen sind. Hierzu gehört der Triumph schweizerischer Geomatik. Erinnern wir uns: Beim Hauptdurchstich am Gotthard, am 15. Oktober 2010, betrug die Abweichung ganze acht Zentimeter quer und einen Zentimeter in der Höhe. Wie ist es den Ingenieuren und Geometern und den übrigen Fachleuten gelungen, solche Resultate zu erzielen? Nun, parallel zu den Bauabsteckungen und Monitoringaufgaben wurde der Instrumentenbau vorangetrieben, um die Genauigkeitsanforderungen einhalten zu können. So galt es, die atmosphärischen Effekte, welche die Messungen beeinträchtigen, zu minimieren oder die Richtungsübertragung im 800 Meter tiefen Vertikalschacht von Sedrun zu gewährleisten. Auch war der grösste Teil des Weges von der guten alten Triangulation zum globalen Navigationssatellitensystem und zum Laserscanning zurückzulegen. Die in meinem Departement, dem VBS, angesiedelte Vermessung erbrachte einmal mehr eine Spitzenleistung, welche mich mit Stolz erfüllt. Möge die vorliegende Schrift bei vielen Leserinnen und Lesern ähnliche Gefühle wecken und möge sie als technische Referenz den Spezialisten noch lange wertvolle Dienste leisten, uns allen aber als Zeugnis dessen, was wir, sinngemäss, spätestens seit Pestalozzi wissen: Der Mensch vermag unendlich viel, wenn er nur recht will!
Freundliche Grüsse Ueli Maurer Bundesrat
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Inhaltsverzeichnis
Grusswort
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AlpTransit Gotthard
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R. Simoni: Gotthard- und Ceneri-Basistunnel: die neue Gotthard-Bahn nimmt Gestalt an
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U. Weidmann: AlpTransit: ein europäischer Verkehrsweg durch die Schweizer Alpen
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H. Ingensand: Moderne Technologien und Konzepte zur Lösung der messtechnischen Herausforderungen bei AlpTransit
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R. Stengele, I. Schätti-Stählin: Grundlagen- und Hauptkontrollmessung im Gotthard-Basistunnel
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F. Ebneter: Die (vermessungstechnischen) Herausforderungen am Anfang des Projektes, als noch alles neu und unbekannt war
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A. Carosio: Die Vermessung des längsten Eisenbahntunnels der Welt – die Sicht des Experten des Bauherrn
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R. Deicke: Vermessungstechnische Herausforderung beim Bau des Gotthard-Basistunnels aus Sicht des Unternehmers
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M. Messing: Steuerung der Tunnelbohrmaschine am Gotthard
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A. Wiget, U. Marti, A. Schlatter: Beiträge der Landesvermessung zum AlpTransit Gotthard-Basistunnel
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D. Stähli, M. Baumeler, Th. Silbermann: Vermessung der Bahntechnik im Gotthard-Basistunnel
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H. Heister, W. Liebl: Zur Messunsicherheit von Kreiselmessungen im Gotthard-Basistunnel
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D. Salvini, M. Studer: Geodätisches Langzeit-Monitoring von Stauanlagen im Hochgebirge
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U. Bättig, S. Bühler, D. Eberhart, R. Bänziger: Vielseitige Vermessungsarbeiten ausserhalb des Tunnels auf den Aussenanlagen Altdorf–Erstfeld, Amsteg und Faido
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J. Gämperle, M. Furrer: Überwachungsmessungen am Portal Erstfeld
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C. Bernasconi: Die Rolle der Vermessung beim Bau des Ceneri-Basistunnels
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Inhaltsverzeichnis
Th. Heiniger: Geomonitoring beim Nordportal des Ceneri-Basistunnels
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B. Bürki, S. Guillaume: Astrogeodätische Lotabweichungs- und Azimutmessungen für AlpTransit
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A. Geiger, A. Schlatter: Von der Potenzialtheorie zu den Senkungen am Gotthardpass
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H.-U. Riesen: Vermessungsarbeiten am Lötschberg-Basistunnel nach dem Hauptdurchschlag
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B. Tanner: Vermessung Bahntechnik für die Lötschberg-Basislinie
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M. Bertges: Monitoring – Herausforderung angenommen
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R. Probst, D. Fasler Isch: 300 Vermesser würdigen langjährige Präzisionsarbeit
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AlpTransit Gotthard
Gotthard- und CeneriBasistunnel: die neue Gotthard-Bahn nimmt Gestalt an Mit AlpTransit Gotthard entsteht eine zukunftsorientierte Flachbahn durch die Alpen, die zu einer markanten Verbesserung der Reise- und Transportmöglichkeiten auf der Schiene im Herzen Europas führen wird. Der Basistunnel am Gotthard – mit 57 km der längste und mit bis zu 2500 Metern Gebirgsüberdeckung der tiefste Tunnel der Welt – ist das Herzstück der neuen Bahnverbindung. Im Süden schliesst sich im Kanton Tessin als Fortsetzung und Ergänzung der 15.4 km lange Ceneri-Basistunnel an. Damit wird die neue Gotthardbahn zu einer durchgehenden Flachbahn durch die Alpen.
Das Schweizer Volk hat sich in mehreren Abstimmungen klar für den Schutz der sensiblen Alpenwelt und eine entsprechende Verkehrspolitik ausgesprochen: Der Güterverkehr soll soweit möglich von der Strasse auf die Schiene verlagert werden. Zur Umsetzung dieser Verlagerungspolitik stellt die neue Gotthardbahn die zentrale Infrastruktur bereit. Die Basistunnels an Gotthard und Ceneri können aufgrund ihres Umfangs und der langen Projektierungs- und Bauzeit als Jahrhundertbauwerke bezeichnet werden. Mehrere Generationen von Ingenieuren, Planern, Vermessungsfachleuten und mehrere tausend Mineure tragen zu ihrer Realisierung bei.
schweren Zügen. Das Angebot für den Transport von Personen und Gütern kann wesentlich verbessert werden. Im Güterverkehr erlaubt die neue Streckenführung den Einsatz von – im Vergleich zu heute – doppelt so langen und schwereren Güterzügen. Für die gleiche Transportmenge benötigt man weniger Lokomotiven und Personal. Güterzüge von mehr als 2000 Tonnen Anhängelast werden ohne Halt und ohne Zwischenoder Schiebelokomotiven durch die Schweiz geführt werden können. Die An-
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Baukonzept und Linienführung Der 57 km lange Gotthard-Basistunnel besteht aus zwei parallel verlaufenden Einspurröhren. Die beiden Tunnelröhren liegen rund 40 m weit auseinander und sind durch Querschläge ca. alle 325 m miteinander verbunden. An den Drittelspunkten in Sedrun und Faido liegen die Multifunktionsstellen mit Spurwechseln,
Gotthard-Basistunnel Schema Tunnelsystem
Gotthard San Gottardo
Portal Bodio
Multifunktionsstelle Faido Schächte Sedrun
Eine durchgehende Flachbahn durch die Alpen Mit AlpTransit Gotthard wird eine Flachbahn durch den Alpenkamm gebaut. Der höchste Punkt der Bahnstrecke wird mit 550 Metern über Meer gleich hoch wie die Stadt Bern liegen. Die gestreckte Trassierung der Flachbahn weist maximal 12.5 Promille Steigung in der offenen Strecke und 8.0 Promille in den Basistunnels auf. Enge Kurvenradien fehlen. Dies erlaubt die produktive Führung von langen und
Gotthard-Basistunnel
Zugangsstollen Faido
Schacht II Schacht I Nothaltestelle Multifunktionsstelle Sedrun
Portal Erstfeld
Kabelstollen
Zugangsstollen Amsteg
Abb. 1: Das Tunnelsystem des Gotthard-Basistunnels.
6.1.2._0085_Schema Tunnelsystem mit MFS
R. Simoni
zahl der Güterzüge wird auf der neuen Gotthardstrecke von heute rund 140 auf 220 Züge täglich zunehmen. Die Verlagerung macht nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch Sinn. Im Personenverkehr integriert sich die Schweiz mit AlpTransit Gotthard in das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz. Die künftigen Reisezüge werden mit bis zu 250 Stundenkilometern über die Neubaustrecken rollen. Für Reisende ergibt sich mit dem Gotthard- und Ceneri-Basistunnel für die Strecke Zürich-Mailand eine Verkürzung der Reisezeit von heute knapp vier Stunden auf zwei Stunden und 40 Minuten. Zudem bestehen optimale Anschlüsse in Zürich und Mailand an das schweizerische und italienische Fahrplansystem.
AlpTransit Gotthard
Abb. 2: Im Teilabschnitt Sedrun wurden zur Felssicherung flexible Stahlbogen eingebaut. Teilen der Lüftungsinstallationen, Technikräumen mit Sicherungs- und Schaltanlagen sowie zwei Nothaltestellen, welche über separate Stollen direkt miteinander verbunden sind. Aufgrund der Geologie verläuft der Gotthard-Basistunnel – grossräumig betrachtet – S-förmig zwischen dem Nordportal Erstfeld und dem Südportal Bodio. Die Linie führt durch bautechnisch möglichst günstige Gesteine und vermeidet noch höhere Felsüberlagerungen. Weiter bestimmend bei der Wahl der Linienführung war die Lage der Portale und die Optimierung der Längen und der Lage der Zwischenangriffe. Bei der Wahl der Zwischenangriffe waren Erschliessungs- und Zugangsmöglichkeiten, Lawinen- und Überschwemmungsgefahr, Fels- und Bergstürze sowie das Grundwasser die wichtigsten Kriterien. Bau an fünf Abschnitten parallel Um Bauzeit und -kosten zu optimieren, erfolgte der Vortrieb gleichzeitig von den Portalen in Erstfeld und Bodio und den drei Zwischenangriffen in Amsteg, Sedrun und Faido aus. Die Zwischenangriffe erleichterten neben der Baulogistik auch die Versorgung mit Frischluft. In den Ab-
schnitten Erstfeld, Amsteg, Faido und Bodio kamen für den Ausbruch offene Hartgesteins-Tunnelbohrmaschinen (TBM) mit Bohrdurchmessern von 8.8 bis 9.58 Metern zum Einsatz. Im Abschnitt Sedrun wurden die Hauptröhren aus geologischen Gründen mit konventionellen Mitteln im Sprengvortrieb aufgefahren.
Die Ausbruchsicherung besteht aus einer systematischen Ankerung und einer Spritzbetonsicherung und erfolgt direkt ab den Tunnelbohrmaschinen. Die Maschinen sind auch in der Lage, Stahleinbau in Form von Teil- oder Vollbögen vorzunehmen. Die Tunnelsohle wird im rückwärtigen Bereich der TBM in Ortbeton hergestellt. In nachlaufenden Baustellen wird die Abdichtung der Tunnelröhren eingebaut. Bei grossem Wasserandrang oder im Bereich aggressiver Wasser wird eine Vollabdichtung realisiert. Das Innengewölbe ist im Normalquerschnitt nicht armiert. Die Baustärke beträgt in der Regel 30 bis 35 cm. Im druckhaften Gebirge kommen Innenschalen mit Wandstärken bis 120 cm zur Anwendung. In einem späteren Arbeitsgang werden Bankette, Bergwasserleitung und Kabelanlagen eingebaut. Die fertig gestellten Einspurröhren weisen einen minimalen freien Querschnitt von 41 m2 auf (Nutzdurchmesser rund 8.4 m). Aktueller Stand der Arbeiten am Gotthard Mitte Oktober 2010 verblieben von den insgesamt 151.8 km Tunnel, Schächte und Stollen des Gotthard-Basistunnels nur noch 2.4 km oder 1.6%, die noch auszubrechen sind. In beiden Röhren lau-
Abb. 3: Weltrekord am Gotthard: Am 15. Oktober 2010 feierten die Mineure in der Oströhre den Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel. 5
AlpTransit Gotthard
fen die Betonarbeiten. Von den insgesamt 114.6 km an Innenausbauarbeiten, die zu leisten sind, waren bis Anfang Oktober 104.9 km der Sohle (92%) und 67.8 km des Gewölbes (59%) fertig betoniert. Am 15. Oktober 2010 erfolgte in der Oströhre zwischen Sedrun und Faido der erste Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel. In der Weströhre wird voraussichtlich im April 2010 das letzte Stück Fels zwischen Faido und Sedrun ausgebrochen. Beim Durchschlagspunkt misst die die Überdeckung 2500 Meter. Der Durchschlag erfolgte mit hoher Genauigkeit: 8 cm horizontale und 1 cm vertikale Abweichung wurden gemessen. In den verschiedenen Baubabschnitten sind die Arbeiten unterschiedlich forgeschritten: An der offenen Zufahrtsstrecke Nord (Altdorf-Rynächt) sind die Arbeiten am Bahntrassee und den verschiedenen Kunstbauten im Gange. Temporär waren Strassen- und Gleisverlegungen notwendig. Im Teilabschnitt Erstfeld ist der Ausbruch der Tunnelröhren seit Mitte 2009 abgeschlossen. Die Arbeiten an den beiden Tagbautunnels, welche dereinst den nördlichsten Teil des Gotthard-Basistunnel bilden werden, schreiten voran. Der Teilabschnitt Amsteg ist seit Dezember 2009 bereit für den Einbau der Bahntechnik. In den Teilabschnitten Faido und
Sedrun liegt der Schwerpunkt auf dem Abschluss der Vortriebsarbeiten sowie beim Innenausbau der Multifunktionsstellen und der Auskleidung der Tunnelröhren. Im Teilabschnitt Bodio hat in der Weströhre bereits der Einbau der Bahntechnik begonnen. Die Oströhre wird weiterhin für die Versorgung der Tunnelbaustellen in Faido benutzt. Der Bau der offenen Zufahrtsstrecke Süd ist abgeschlossen, der Bau an der neuen Betriebsleitzentrale der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) ist im Gange. Von dieser «Centrale d’esercizio di Pollegio» (CEP) aus wird künftig der gesamte Eisenbahnverkehr zwischen Arth-Goldau und Chiasso geleitet. Einbau der Bahntechnik In den drei Abschnitten Amsteg, Sedrun Nord und Bodio West sind die Einspurröhren auf mehr als 40 Kilometern bereits fertig betoniert und bereit für den Einbau der Bahntechnik. Im Mai 2010 hat der Einbau der bahntechnischen Anlagen beim Südportal des Gotthard-Basistunnels, im Abschnitt Faido-Bodio West, begonnen, und zwar parallel zur Fertigstellung des Rohbaus in anderen Tunnelabschnitten. Im Abschnitt Faido–Bodio West werden über insgesamt 14 Kilometer Fahrbahn, Fahrleitung und die Stromversorgung
eingebaut sowie Anlagen für die Telekommunikation, die Zugsicherung und Einrichtungen in den Querschlägen installiert. Anschliessend werden umfangreiche Testfahrten auf dem Abschnitt durchgeführt. Im Norden erfolgt der Haupteinbau der Bahntechnik ab 2013. Voraussichtlich 2017 kann der kommerzielle fahrplanmässige Betrieb des Gotthard-Basistunnels aufgenommen werden. Die Bahntechnik umfasst einerseits feste Anlagen wie die betonierte Fahrbahn, die Fahrleitungen, die Stromversorgung, die Fahrstromversorgung mit 16.7 HZ sowie Telekommunikationsinstallationen für Festnetz, Funk und Sicherungsanlagen. Für die Zeit des bahntechnischen Einbaus sind andererseits temporäre Anlagen, beispielsweise Baustromversorgung, Baufunk oder Baulüftung notwendig. Diese Installationen werden zuerst errichtet. Die grössten Herausforderungen für den Einbau der Bahntechnik sind die engen Platzverhältnisse im Gotthard-Basistunnel. Sämtliches Material muss über die beiden Portale eingebracht werden, was ausschliesslich über die Schiene erfolgt. Die Zufahrt für Pneufahrzeuge und vor allem die Wendemöglichkeiten im 57 km langen Tunnel sind beschränkt. Logistisch sichergestellt werden kann der Bahntechnikeinbau durch die zwei Installationsplätze Biasca im Süden und Altdorf/Rynächt im Norden. Über 1000 technische Nahtstellen sind aufeinander abzustimmen, damit im Gotthard-Basistunnel ein reibungsloser Bahnverkehr möglich ist. An Material werden unter anderem 31 000 m³ Beton für die Fahrbahn, 308 km Schienen, 3200 km Kupferkabel für die Stromversorgung, 417 Notrufsäulen und 120 km strahlendes Kabel für den Funk benötigt.
Ceneri-Basistunnel
Abb. 4: Im Abschnitt Bodio hat in der fertigen Weströhre im Mai 2010 der Einbau der Bahntechnik begonnen. 6
Baukonzept Der Ceneri-Basistunnel besteht ebenfalls aus zwei parallelen Einspurröhren, die etwa alle 325 m durch Querschläge miteinander verbunden sind. Beim CeneriBasistunnel mit einer Länge von 15.4 km
AlpTransit Gotthard
beiten. Zudem werden Gegenvortriebe von den Portalen im Norden (Vigana) und im Süden (Vezia bei Lugano) ausgeführt. Die Vortriebsarbeiten dürften 2015 beendet sein. Anschliessend wird auch im Ceneri-Basistunnel die Bahntechnik eingebaut. Die Inbetriebnahme erfolgt voraussichtlich 2019.
Abb. 5: Bohrung von Löchern für den Sprengvortrieb beim Nordportal des Ceneri-Basistunnels. sind keine Spurwechsel oder Multifunktionsstellen vorgesehen. Von den insgesamt 39.78 km Tunnel und Stollen des Ceneri-Basistunnels waren Anfang Oktober 2010 fast 24% ausgebrochen. Der Vortrieb im Ceneri-Basistunnel erfolgt ausschliesslich konventionell mittels Sprengungen. Der Hauptvortrieb erfolgt von Sigirino aus, wo sich die Mineure in beiden Röhren Richtung Norden und Süden vorar-
Aktueller Stand der Arbeiten am Ceneri-Basistunnel In Camorino, dem Gebiet nördlich des Nordportals des künftigen Ceneri-Basistunnels, wurden verschiedene Arbeiten an Kunstbauten und Teilprojekten wie Kanälen, Brücken und Unterführungen ausgeführt. Sie stellen künftig die Anbindung des Ceneri-Basistunnels an die bestehende SBB-Linie sicher. Bereits 2009 wurden im Bereich des Nordportals Vigana die Vortriebsarbeiten aufgenommen. Diese waren wegen der geringen vertikalen Distanz zur darüber liegenden Autobahn A2 mit besonderer Vorsicht auszuführen. Im März 2010 erfolgte beim Zwischenangriff Sigirino die erste Sprengung für den Hauptvortrieb in Richtung Nord und Süd. Beim Südportal in Vezia erfolgte im April 2010 die erste Sprengung für die ersten 300 Meter Tunnelvortrieb Richtung Norden. Auch beim Südportal sind die Vortriebsarbeiten aufgrund der geringen Distanz zu Siedlungs- und Bauinfrastrukturen, darunter die Villa Negroni aus dem späten 17. Jahrhundert, mit besonderer Vorsicht auszuführen. Zusammenfassung Mit AlpTransit Gotthard entsteht eine zukunftsorientierte Flachbahn durch die Al-
pen. Zentrale Infrastruktur dafür sind die beiden Basistunnels am Gotthard und am Ceneri. Sie werden die Reisezeit im Zug von Mailand nach Zürich auf unter drei Stunden verkürzen. Ebenso wird eine markante Verbesserung für den schienenbasierten Güterverkehr durch die Alpen geschaffen. Der Gotthard-Basistunnel ist mit 57 km zwischen dem Nordportal Erstfeld und dem Südportal Bodio der längste und mit bis zu 2500 Metern Gebirgsüberdeckung der tiefste Tunnel der Welt. Der Hauptdurchschlag in der Oströhre erfolgte am 15. Oktober 2010. Voraussichtlich Ende 2017 wird der fahrplanmässige Betrieb aufgenommen werden können. Der Ceneri-Basistunnel mit einer Länge von 15.4 km verbindet Vigana im Norden mit Vezia bei Lugano im Süden. Voraussichtlich 2019 wird der erste Zug durch den Ceneri fahren können.
Dr. Renzo Simoni Vorsitzender der Geschäftsleitung AlpTransit Gotthard AG Zentralstrasse 5 CH-6003 Luzern renzo.simoni@alptransit.ch
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AlpTransit Gotthard
AlpTransit: ein europäischer Verkehrsweg durch die Schweizer Alpen Gebirgsbahnen sind speziell: Die Erschliessung der Gebirgsregion selbst steht im Hintergrund, viel bedeutender ist die Verbindung jener Regionen, welche das Gebirge trennt. Liegen diese im gleichen Land, so soll die Bahn dem nationalen Zusammenhalt dienen, liegen sie in verschiedenen Ländern, so wird die Strecke international. Besonders anspruchsvoll ist die Kombination von beidem. Daher ist auch die Entscheidfindung ungewöhnlich. Fällt sie in eine aussenpolitisch heikle Phase, so wird dieser Aspekt sogar massgebend – wie etwa bei der Gotthardbahn. In der Schweiz bündeln sich die alpenquerenden Verkehrsströme nicht organisch auf einer vorgezeichneten Achse, sondern im Westen, in der Mitte und im Osten stehen drei Korridore in Konkurrenz zueinander. Für drei Bahntransversalen genügt indessen das Potenzial nicht, weshalb im 19. und wieder im 20. Jahrhundert eine Auswahl zu treffen war. Diese wiederum wurde massgeblich geprägt durch die Kantone, wobei die Mehrheitsverhältnisse nicht eindeutig waren und die Entscheidfindung erschwerten. Les trains de montagne ont une particularité: la desserte de la région de montagne en elle-même est reléguée à l’arrière-plan alors que la liaison des régions séparées par la montagne est bien plus importante. Si celles-ci sont situées dans le même pays le train est censé promouvoir la cohésion nationale, si elles sont situées dans des pays différents la ligne devient internationale. La combinaison des deux cas de figure est très exigeante. Pour cette raison la prise de décision est inhabituelle. Si celle-ci tombe dans une phase de politique extérieure délicate cette aspect-là prend une importance déterminante – comme pour la ligne du Saint-Gothard par exemple. En Suisse les flux de trafic ne se concentrent pas sur un axe organique prédominant car trois corridors se concurrencent à l’ouest, au milieu et à l’est. Toutefois, le potentiel ne suffit pas pour trois transversales ferrovières, raison pour laquelle au 19 ème puis à nouveau au 20 ème siècle il a fallu faire un choix. Celui-ci a été marqué de façon déterminante par les cantons, mais les proportions des majorités n’étaient pas très claires et ont rendu les prises de décisions difficiles. Le ferrovie di montagna sono speciali: il collegamento delle regioni di montagna riveste una portata secondaria, mentre in primo piano sta il collegamento delle regioni separate dalle montagne. Se queste regioni si trovano nello stesso paese, la ferrovia assume la funzione di elemento di coesione nazionale, se sono in paesi diversi, la tratta assume un carattere internazionale. Se invece i due elementi sono mescolati, la questione diventa complessa. Di conseguenza, anche l’aspetto decisionale assume tratti inconsueti. Se il tutto avviene in un momento urgente per la politica estera, quest’aspetto diventa determinante, come ha dimostrato il caso della ferrovia del Gottardo. In Svizzera i flussi di traffico attraverso le Alpi non scorrono organicamente su un asse predefinito, ma a est, al centro e ad ovest ci sono tre corridoi in concorrenza tra loro. Nel frattempo il potenziale è insufficiente su tutte e tre le trasversali ferroviarie, motivo per cui nel 19° e successivamente nel 20° secolo si sono dovute prendere delle decisioni. Queste ultime sono state, a loro volta, fortemente contrassegnate dai cantoni, anche se i rapporti maggioritari non erano chiaramente definiti e hanno quindi reso difficile il processo decisionale.
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U. Weidmann
1845–1882: Entstehung der Gotthard-Bergstrecke Der Transitverkehr über den Gotthardpass hatte seit der Überwindung der Schöllenenschlucht stets eine erhebliche wirtschaftliche und strategische Bedeutung, auch wenn die beförderten Mengen aus heutiger Sicht bescheiden anmuten. Erste Planungen für Bahnen durch die Schweizer Alpen gehen daher auf 1845 zurück, also noch vor die Inbetriebnahme der ersten Bahn des Landes. Die Zweifel waren aber gross und die Herren Stephenson und Swinburne, bundesrätliche Gutachter in Bahnfragen, empfahlen noch 1850 den Verzicht auf Alpenbahnen. Sie waren zum einen in der grosszügigen britischen Trassierungsphilosophie gefangen, zumindest in Europa stand der Machbarkeitsnachweis für solche Bahnen aber auch noch aus. Drei Basisinnovationen ebneten den Weg: Zum ersten zeigte 1854 die Semmeringbahn, dass Steigungen von 25‰ und Radien von 190 m beherrschbar sind. Zum zweiten wurde 1871 die Streckenneigung der Schwarzwaldbahn erstmals mittels künstlicher Linienverlängerungen vom natürlichen Geländeverlauf entkoppelt. Zum dritten schliesslich wurde beim Bau der ebenfalls 1871 eröffneten Mont Cenis-Bahn ein Quantensprung in der Bohrtechnik erreicht. In einem konfliktreichen Prozess ebnete parallel dazu Alfred Escher der Gotthardbahn mit seiner Neubeurteilung von 1869 den politischen Weg, nachdem er zunächst der Ostalpenbahn zugeneigt hatte. Dazu trug die strategische Interessenlage von Italien und Deutschland bei, welche 45 Mio. CHF respektive 20 Mio. CHF der geschätzten Baukosten von 187 Mio. CHF übernahmen. Bei der konkreten Trassierung standen sich grosszügige Ansätze wie etwa ein Basistunnel auf 800 m.ü.M. und veraltete Seilbahn-Steilrampen gegenüber. Die Parameter der bis 1882 realisierten Strecke ordnen sich schliesslich in jene der anderen grossen Gebirgsbahnen jener Zeit ein.
AlpTransit Gotthard
Abb. 1: Ideenskizze eines Gotthard-Basistunnels von Eduard Gruner, publiziert 1947 (Sammlung des Verfassers).
1946–1983: Ergebnislose Projekte des GotthardBasistunnels Trotz technischer Verbesserungen blieb der Betrieb der Gotthardbahn kostspielig, weshalb 1946 der Gedanke eines Basistunnels wieder aufgenommen wurde. 1963 empfahl die Studienkommission «Wintersichere Strassenverbindung durch den Gotthard» eine Gotthard-Autobahn zusammen mit einer GotthardBasislinie. Diese Priorisierung des Gotthards provozierte westliche und östliche Gegenvorschläge. Zwar wurde sie 1970 durch die Kommission Eisenbahntunnel durch die Alpen (KEA) bestätigt und 1973 veröffentlichte das damalige EVED sein Ausbaukonzept, umfassend den Doppelspurausbau der Lötschbergstrecke und den längerfristigen Bau eines GotthardBasistunnels. Zumindest ersterer wurde 1977 bis 1992 umgesetzt. Der zwischenregionale Konflikt insbesondere zwischen Gotthard und Splügen setzte sich dagegen fort, mit Berufung auf das sogenannte «Ostalpenbahnversprechen» des Bundesrates von 1878. Die Kontaktgruppe Gotthard – Splügen vermochte sich 1979 nicht zu einer eindeutigen Empfehlung durchringen. Mittlerweile war der Transitgüterverkehr konjunkturbedingt erodiert und der unmittelbare Handlungsdruck schwand. 1983 sistierte der Bundesrat das Dossier.
Die 1981 eröffnete Autobahn A2 beendete parallel dazu die verkehrliche Erfolgsgeschichte der Gotthardbahn: Der Personenverkehr brach von 7 Mio. Reisenden in 1979 auf 3 Mio. in 2009 zusammen. Im Güterverkehr sank der Bahnanteil gegenüber dem Lastwagen von 90% auf derzeit noch 65%. 1999 folgte die Liberalisierung des Bahngüterverkehrs und die Lötschberg-Simplon-Achse gewann sukzessive Marktanteile zulasten des Gotthards. Statt der traditionellen 75% bewältigt er derzeit gerade noch 55% des schweizerischen Bahntransitverkehrs.
Situation platzte die Forderung der EU nach einem unbehinderten Transit von Lastwagen mit 40 t Gesamtgewicht. In diesem unauflösbar scheinenden Widerspruch wurden neue Alpenbahnen zum politischen Schlüssel. Umgehend liess der Bundesrat die Linienführungsvarianten nochmals überprüfen. Dreizehn Kantone sprachen sich für den Gotthard, sieben für den Lötschberg und sechs für den Splügen aus. Unter dem als extrem wahrgenommenen Handlungsdruck schlug die Alpentransit-Botschaft von 1990 den gleichzeitigen Bau zweier Achsen, nämlich Lötschberg und Gotthard, vor, was von den Bürgerinnen und Bürgern bereits 1992 gutgeheissen wurde. Damit konnte sich die Schweiz bei der EU das Recht einhandeln, die Leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe LSVA ab Inbetriebnahme des Lötschbergtunnels auf ihren Maximalsatz zu erhöhen sowie das Nacht- und Sonntagsfahrverbot bei-
1985–1994: Alpentransitbeschluss und Alpenschutzartikel 1986 wurde im Parlament die Botschaft über die Bahn 2000 behandelt, in welcher die Alpenbahnfrage ausgeklammert blieb. Damit fehlten auf unabsehbare Zeit valable Perspektiven für die Kantone Tessin und Wallis. Politische Vorstösse forderten daher den Bau einer neuen Alpentransversale – und das Zeitfenster passte: Der wachsende Lastwagenverkehr widersprach den Beteuerungen, wonach die A2 eine Personenverkehrsverbindung sei. Gleichzeitig befürchtete man die Zerstörung der Schutzwälder aufgrund des damals vermuteten und nicht zuletzt dem Strassenverkehr zugeschriebenen Waldsterbens. Und genau in diese
Abb. 2: Vorschlag 6c der Kommission «Wintersichere Strassenverbindung durch den Gotthard» von 1963 (Sammlung des Verfassers). 9
AlpTransit Gotthard
zubehalten. Sie musste indessen einer Anhebung der Lastwagengewichte auf 40 t ab 2005 zustimmen. Als Sofortmassnahme wurde die Lötschberg-Bergstrecke bis 2001 für den Huckepack-Transport von Lastwagen mit 4.0 m Eckhöhe hergerichtet. Dies genügte den betroffenen Landesteilen indessen nicht: Bereits 1989 lancierte der Verein «Alpen-Initiative – Zum Schutz des Alpengebietes vor dem Transitverkehr» die gleichnamige Initiative, mit folgender Kernbestimmung: «Der alpenquerende Gütertransitverkehr von Grenze zu Grenze erfolgt auf der Schiene». Nach einem emotionalen Abstimmungskampf wurde ihr 1994 mit 51.9% zugestimmt und sie bildet nun Art. 84 der Bundesverfassung.
1995–2010: Redimensionierung und Güterverkehrsverlagerungsgesetz 1992 hatte die Ertragskraft des Güterverkehrs den höchsten Wert seit langem erreicht, zerfiel aber schon bis 1996 um einen Viertel. Ab 1994 wuchsen die Zweifel an der Wirtschaftlichkeit und 1995 wurde die Redimensionierung eingeleitet: Im Lötschbergtunnel wurde insbesonde-
Abb. 3: Das etwas andere Basistunnelprojekt: Studie TRANSAS von 1972 des Bundesamtes für Verkehr, Autoverlad mit einer Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h (Sammlung des Verfassers). re die Doppelspur auf das südliche Drittel beschränkt. Auf der Gotthardachse wurde auf den Zimmerbergtunnel 2, die Neubaustrecke Arth-Goldau – Erstfeld (Urmiberg- und Axentunnel) sowie die Umfahrung von Bellinzona verzichtet. Damals ging man noch von der Inbetriebnahme des Lötschbergtunnels in 2006 und des Gotthards in 2008 aus, weshalb sich die Reduktion des ersteren rechtfertigen liess. In der Realität entwickelten sich die Bauwerke zeitlich stetig auseinander: Während der Lötschbergbasistunnel im Dezember 2007 den Vollbetrieb aufnehmen konnte, erstreckt sich die Inbetriebnahme des Gotthardbasistunnels voraussichtlich bis 2016 oder 2017, jene
des Ceneri-Basistunnels bis 2019. Die Einspur am Lötschberg ist daher heute ein schmerzhafter betrieblicher Engpass. Auch das Gesetz zum Alpenschutzartikel nahm aus naheliegenden Gründen erhebliche Zeit in Anspruch und konnte erst 2001 in Kraft gesetzt werden. Es formulierte das Verlagerungsziel, wonach die Zahl der Lastwagen bis spätestens 2009 auf 650 000 zu senken ist. Nach Anfangserfolgen stieg der Lastwagenverkehr ab 2007 indessen wieder an und für 2010 werden wieder etwa 1.3 Mio Fahrten erwartet. Mit Blick auf die offensichtliche Unmöglichkeit der Zielerreichung wurde der Zielwert von 650 000 Lastwagen im Güterverkehrsverlagerungsgesetz
Strecke
Durchgehender Betrieb
Grösste Neigung [‰]
Minimaler Radius [m]
Semmering
1854
25.0
190
898
1430
Brenner
1867
25.0
285
1371
–
Mont-Cenis
1871
30.2
345
1298
13 657
Schwarzwald
1871
20.0
300
832
1698
Gotthard
1882
27.0
280
1155
15 003
Arlberg
1884
31.0
250
1311
10 250
Simplon
1906
25.0
300
705
19 803
Tauern
1909
27.0
250
1226
8551
Karwendel
1912
36.5
200
1185
–
Ausserfern
1913
32.0
190
1128
512
Lötschberg
1913
27.0
300
1240
14 612
Tenda
1928
25.0
300
1073
8099
Tab. 1: Parameter der europäischen Gebirgsbahnen der 1. Generation. 10
Höhe des Scheitelpunktes [m.ü.M.]
Länge des Scheitelpunktes [m]
AlpTransit Gotthard
Abb. 4: Güterzug des kombinierten Verkehrs auf der Gotthard-Südrampe bei Lavorgo (Foto SBB AG).
von 2008 zwar beibehalten, der Zeithorizont aber auf 2019 erstreckt.
Der Gotthard-Basistunnel im Personenverkehr Im Bahnpersonenverkehr wird mit dem Gotthard-Basustunnel durch die Fahrzeitverkürzung um rund eine Stunde gleichsam eine neue Geographie entstehen und der Kanton Tessin gelangt in Tagesausflugsdistanz für grösste Teile der Deutschschweiz. Schlagartig wird die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn gegenüber der Strasse signifikant gestärkt. Schon der Lötschberg-Basistunnel bewirkte eine Nachfragesteigerung um rund einen Drittel, beim Gotthard wird der Effekt eher noch ausgeprägter sein. Längerfristig dürfte wieder mit 18 000 bis 19 000 Reisenden pro Tag zu rechnen sein, was dem Niveau vor Eröffnung der Autobahn entspräche. Verkehrsträger/ Achse
Abb. 5: NEAT als Schlüsselelement des Interessenausgleiches zwischen der Schweiz, Europa und den betroffenen Regionen (eigene Abbildung).
Den Hauptbeitrag wird der Binnenverkehr, insbesondere der Freizeit- und Geschäftsreiseverkehr, leisten, in kleinerem Ausmass der Reiseverkehr Schweiz–Italien. Ein nennenswerter Transitverkehr wird dagegen auch langfristig ausbleiben, denn die grossen Zentren nördlich und südlich der Alpen liegen zu weit auseinander. Verändern wird sich in der Folge die Siedlungsstruktur der Südschweiz. Festzustellen ist bereits heute eine verstärkte Investitionstätigkeit im Umfeld der grösseren Bahnhöfe. Beim LötschbergBasistunnel stellt man zunehmend Personen fest, welche täglich zu einem Arbeitsplatz nördlich der Alpen pendeln. Ähnliches ist beim Gotthard-Basistunnel nur in kleinem Ausmass zu erwarten, da der Zeitbedarf nach Zug, Luzern oder Zürich deutlich über einer Stunde bleibt. Vielmehr dürfte das Kongress- und Seminarwesen gestärkt werden.
Der Gotthard-Basistunnel im Güterverkehr Brisanter sind die Perspektiven beim Güterverkehr. Mit dem Gotthardtunnel allein sind die Zielwerte des Güterverkehrsverlagerungsgesetzes jedenfalls nicht erreichbar: Die Fahrzeit und damit der betriebliche Aufwand sinken zwar auch für die Güterzüge. Die langen Transitrelationen relativieren dies aber und es wird mit einem Marktanteilsgewinn der Bahn von höchsten 2.5% gerechnet. Entscheidender für die Just-in-Time-Logistik sind die Pünktlichkeit und die zeitliche Flexibilität der Fahrplanlagen. Dies verlangt Spielräume seitens der Bahninfrastruktur. Die erwähnten Projektreduktionen führen indessen gerade im Zulauf zum Gotthardbasistunnel zu einer Abfolge von Engpässen, welche auch mit dem Vorhaben «Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur» (ZEB) kaum eliminiert werden.
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
8.9
10.4
10.6
11.6
12.5
12.9
12.9
14.2
14.6
Bahn total
20.6
20.8
19.3
20.5
23.0
23.7
25.2
25.3
25.5
Davon Gotthard
16.8
16.0
16.2
15.5
15.5
Davon Simplon
3.8
7.0
9.0
9.8
10.0
38.1
39.5
40.1
Strasse
Gesamttotal
29.5
31.2
29.9
32.1
35.5
36.6
Tab: 2: Transportierte Gütermengen über die schweizerischen Alpenübergänge in Mio. Nettotonnen (UVEK: Verlagerungsbericht Januar 2007 – Juni 2009). 11
AlpTransit Gotthard
Erschwerend ist weiter, dass derzeit über eine halbe Million Lastwagen die Schweiz umfahren, insbesondere über den Brenner. Das Verständnis der Nachbarländer für den schweizerischen Sonderweg hält sich daher bisweilen in Grenzen. Eine nennenswerte Angleichung der Sicherheitsund Sozialstandards von Bahn und Strasse ist zudem kaum feststellbar. Schliesslich wäre die von einigen Ländern propagierte Einführung von Lastwagen mit 25 m Länge und einem Maximalgewicht von bis 60 t ein schmerzhafter Schlag gegen die ökologisch orientierte schweizerische Verkehrspolitik. Hoffnung weckt immerhin, dass grössere Lastwagen auch in den europäischen Ländern umstritten sind und dass die EU die strategische Bedeutung der Bahnachse durch die Schweiz anerkennt. Der sogenannte Korridor A (Rotterdam – Genua) wurde dazu ausersehen, als erster bis 2015 voll interoperabel umgerüstet zu werden.
12
Schluss Ist der Gotthardbasistunnel ein europäischer Verkehrsweg? Hinsichtlich seiner Entstehungsgeschichte ist er es und hinsichtlich des Gütertransits wird er es bleiben. Er liegt auf einer der wichtigsten Güterverkehrsachsen des Kontinents. Finanziert wird er allerdings ausschliesslich durch die Schweiz und selbst dessen Benützung durch ausländische Unternehmungen wird bei gegebenem Trassenpreissystem für die Schweiz völlig unrentabel sein. Klar überwiegt die nationale Bedeutung im Personenverkehr. Und bezüglich seiner räumlichen Auswirkungen – positiven wie negativen – hat er sogar eine starke regionale Komponente. Die NEAT ist am ehesten als Bindeglied zu sehen, dies im realen und im übertragenen Sinn. Sie bildet das Schlüsselelement in einem nun seit rund 25 Jahren währenden und noch nicht abgeschlossenen
Aushandlungsprozess zwischen der Schweiz, den direkt betroffenen Regionen und der EU. Die Schweiz hat in einer ungewöhnlichen aussenpolitischen Situation eine spezifisch schweizerische Antwort formuliert. Deren Erfolg kann sie aber nur noch beschränkt selbst beeinflussen. Möglicherweise wird die NEAT für die EU immerhin ein bisschen mehr zum Prüfstein für die eigenen verkehrs- und umweltpolitischen Deklarationen, als ihr dies selbst im Moment bewusst sein dürfte. Quellennachweis beim Verfasser
Prof. Dr. Ulrich Weidmann Institut für Verkehrsplanung/ Transportsysteme ETH Zürich Wolfgang-Pauli-Strasse 15 CH-8093 Zürich weidmann@ivt.baug.ethz.ch
AlpTransit Gotthard
Moderne Technologien und Konzepte zur Lösung der messtechnischen Herausforderungen bei AlpTransit Mit dem Bau des Gotthard-Basistunnels ergaben sich extrem hohe Forderungen an die Vermessungsexperten, die nur mit innovativen Ideen und der Entwicklung neuer Messmethoden erfüllt werden konnten. Parallel zu den Bauabsteckungen und Monitoringaufgaben erfolgten insbesondere in den 1990er Jahren wegweisende Entwicklungen im Instrumentenbau, ohne die die Genauigkeitsforderungen nicht erreichbar gewesen wären. Lors de la construction du tunnel de base du Gothard des exigences extrèmement élevées se sont posées aux spécialistes de la mensuration qui n’ont pu être satisfaites qu’avec des idées novatrices et le développement de nouvelles méthodes de mensuration. Parallèlement aux piquetages d’ouvrages et tâches de monitoring des développements d’avant-garde dans la construction d’instruments ont été réalisés notamment dans les annés 90 sans lesquels les exigences de précision n’auraient pas pu être remplies. Con la costruzione della galleria di base del Gottardo gli esperti in misurazioni sono stati esposti a sollecitazioni estreme che sono state superate solo grazie a idee innovative e allo sviluppo di nuovi metodi di misurazione. Negli anni ’90, parallelamente ai picchettamenti edili e ai compiti di monitoraggio, si sono avuti degli sviluppi significativi nella costruzione di strumentazioni, senza le quali non sarebbe stato possibile soddisfare i requisiti di precisione richiesti.
H. Ingensand
Neuentwickelte Messtechnologien beim Gotthard-Basistunnel Projekt Die frühere Triangulation und Trilateration zur Erstellung eines Referenznetzes (Elmiger et al., 1993) wurde durch GPS und später GNSS völlig ersetzt. Im Jahre 2005 wurde von der ETH ein Weltrekord aufgestellt, indem simultan mit 28 GNSSEmpfängern das Fixpunktnetz überprüft wurde (Ryf, 2006). Digitale Präzisionsnivelliere, die 1995 erstmals von allen namhaften Herstellern angeboten wurden,
sind aus der heutigen Höhenmesstechnik nicht mehr wegzudenken. Die bisherigen geringen Höhenabweichungen bei den Durchschlägen sprechen für die Genauigkeit dieser auf Bildverarbeitung basierenden Technik. Speziell für die Messungen in Tunneln wurden homogene Beleuchtungen für Nivellierlatten entwickelt. Mithilfe von Digitalnivellieren wurden auch die Bodensenkungen über dem Gotthard-Strassentunnel aufgedeckt (Swisstopo, 1998). Das im Jahr 1999 infolge dieser Bodensenkungen installierte Monitoringsystem für die Staumauern Nalps, Cunera, St. Maria und die umliegende Geländeoberfläche wäre ohne die zeitgleich entwickelte neue Generation von motorisierten
und automatisch zielenden Tachymetern undenkbar gewesen. Mit diesen Systemen, in Kombination mit GPS und weiteren geotechnischen Sensoren, konnten Bewegungen der Staumauern und der Talflanken im Submillimeterbereich aufgedeckt und weitere Bodensenkungen über dem Tunnelvortrieb durch gezielte Gegenmassnahmen gestoppt werden. Auch die anfangs des neuen Jahrtausends aufkommende Laserscanningtechnik eroberte die Messtechnik im Tunnelbau. Bereits 2002 wurden erste Versuche mit Laserscanning zur Bestimmung der Tunnelgeometrie vorgenommen. Inzwischen wird Laserscanning als Standardmethode im Tunnelmonitoring (Zogg, 2007) und in der Tunneldokumentation eingesetzt. Neben diesen Technologien wurde 1997 an der ETH im Rahmen einer Studie zur Risikominimierung ein so genanntes Tubemeter entwickelt, welches in einer Probebohrung vor dem Durchschlag die Differenz geometrisch erfassen sollte. Technologisch handelt es sich um einen «gleitenden» Polygonzug, wobei die Höhendifferenzen fortlaufend aus Neigungsmessungen bestimmt werden.
Refraktion und Turbulenz in Tunnelbauprojekten Die grössten Probleme der optischen Präzisionsmesstechnik sind bei den heutigen Messverfahren, die eine immer höhere innere Genauigkeit aufweisen, vor allem die äusseren Einflüsse der Atmosphäre in Form von Refraktion und Turbulenz. Insbesondere in einem Tunnelprojekt und dem Monitoring der Staumauern sind diese Einflüsse sorgfältig zu erfassen und modellieren. Ausführliche Messungen in Tunneln insbesondere im Portalbereich wurden ab 1997 mit einem eigens an der ETH entwickelten mobilen Temperaturgradientenmesssystem im Vereina- und Albulatunnel vorgenommen (Hennes et al., 1999). Parallel dazu wurde an der ETH ein Zweifarbdispersometer entwickelt, welches eine refraktionsfreie Richtungsmessung ermöglicht, indem aus der Differenz der von der Atmosphäre unterschiedlich abge13
AlpTransit Gotthard
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Abb. 3: Temperaturgradientenmesssystem.
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Abb. 1: Technologiefortschritte und Bauphasen beim Gotthardbasistunnel. lenkten roten und blauen Laserstrahlen die refraktionsfreie Richtung hypothesenfrei abgeleitet werden kann (Abb. 4). Leider sind die technologischen Herausforderungen an die Dispersometrie hinsichtlich der Zweifarblichtquelle und der Detektion des blauen und roten Laserspots sehr hoch, so dass es bis heute nicht zu einer Implementation in geodätischen Instrumenten gekommen ist. Die Mach-
barkeit wurde aber bewiesen (Böckem, 2001).
Richtungsübertragung im Vertikalschacht von Sedrun Eine weitere Herausforderung war die Richtungsübertragung im 800 Meter Vertikalschacht von Sedrun. Alternative Lö-
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Abb. 4: Prinzip des ETH Dispersometers. sungen wie Richtungsübertragung mit polarisiertem Licht, räumliches Trilaterationsnetz oder Doppellotung mussten aus Genauigkeits- und Kostengründen verworfen werden, so dass zunächst nur die Richtungsübertragung mit nordweisenden Kreiseln, wie sie ursprünglich für das Markscheidewesen entwickelt wurden, in Frage kam. Auch diese Messungen unterliegen äusseren Einflüssen wie Lotabweichungen, die ihrerseits wiederum aus Modellen abgeleitet werden, und Tem-
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Abb. 5: Richtungsübertragung mit einem IMAR Inertialmesssystem.
Abb. 2: ETH Tubemeter. 14
AlpTransit Gotthard
Abb. 6: Gleismesswagen Swisstrolley (terra) und RACER (UniBw). peratureinflüssen. Bereits 1997 wurde als unabhängige Richtungsübertragung der Einsatz von einem Inertialsystem erwogen. Erst die Versuche der TU München zur Richtungsübertragung mit einem Inertialsystem im Olympiaturm liessen die Experten hoffen, dass ein Inertialsystem eine der Kreiselmessung vergleichbare Genauigkeit liefern kann (Neuhierl et al., 2006). Der Vergleich dieser 2004 und 2005 durchgeführten Messungen zeigte eine Differenz von 2.2 mgon gegenüber den mit Kreiselmessungen übertragenen Richtungen.
Kinematische Gleismesstechnik Im Hinblick auf den Einbau der Gleise wurde im Rahmen eines Projektes der Kommission für Technologie und Innovationen (KTI) der Gleismesswagen SwisstrolleyTM entwickelt (Glaus, 2006). Dieser wurde erfolgreich im Thalwiltunnel eingesetzt, der ja ein Teil der Zubringerstrecke zum Gotthardbasistunnel darstellt. Bei der so genannten festen Fahrbahn werden Genauigkeiten im Submillimeterbereich für die Absteckung verlangt, die mit diesem Gleismesswagen in Verbindung mit Präzisionstachymetern erreichbar ist. Für Gleismessungen im Lötschbergtunnel wurde von der Universität der Bundeswehr das kinematisch messende System
RACER entwickelt, welches nun auch im Gotthardbasistunnel zum Einsatz kommen wird.
Zusammenfassung Das Projekt AlpTransit mit seinen hohen Forderungen an die Vermessung hat in allen Bereichen der Messtechnik, dem Instrumentenbau und in der Auswertung einen Technologiefortschritt initiiert. Ausserdem haben insbesondere die permanenten Messsysteme zur Staumauer- und Geländebeobachtung neue Erkenntnisse in den mit dem Tunnelbau zusammenhängenden geologischen Modellen gebracht. Mit dem erfolgreichen Durchschlag wurde die Leistungsfähigkeit geodätischer Messmethoden und der Modellierung der speziellen Einflussfaktoren in Tunneln unter Beweis gestellt.
geophysikalische Arbeiten in der Schweiz (SGK), Band 70. Zogg, H.-M. (2007): Terrestrisches Laserscanning zur Aufnahme von technischen Bauwerken am Beispiel von Schachtkammern. In: Beiträge zum 74. DVW-Seminar «Terrestrisches Laserscanning – Ein Messverfahren erobert den Raum» (Red.: Barth/Foppe/Schäfer), Fulda. Elmiger, A., Köchle, R., Ryf, A., Chaperon, F. (1993): Geodätische Alpentraverse Gotthard. Geodätisch-geophysikalische Arbeiten in der Schweiz , Nr. 50. Böckem, B. (2001): Development of a dispersometer for the implementation into geodetic high-accuracy measurement systems. Diss. ETH No 14252. Swiss Federal Office of Topography Swisstopo (1998): Bodensenkungen über dem Gotthardstrassentunnel. Presse Mitteilung 22.1.1998.
Literatur: Neuhierl, T., Ryf, A., Wunderlich, T., Ingensand, H. (2006): AlpTransit Sedrun: Weltpremiere mit inertialer Messtechnik. Geomatik Schweiz, 6/2006. Ryf, A. (2006): Gotthardtunnel: Weltrekord. Reporter 55: Das Magazin der Leica Geosystems. Heerbrugg, Oktober 2006. Hennes, M., Dönicke, R., Christ, H. (1999): Zur Bestimmung der temperaturgradienteninduzierten Richtungsverschwenkung beim Tunnelvortrieb. VPK, 8/99, S. 418–426. Glaus, R. (2006): The Swiss Trolley – A Modular System for Track Surveying. Geodätisch-
Prof. Hilmar Ingesand Geodätische Messtechnik und Ingenieurgeodäsie Institut für Geodäsie und Photogrammetrie ETH Zürich Wolfgang-Pauli-Strasse 15 CH-8093 Zürich ingensand@geod.baug.ethz.ch 15
AlpTransit Gotthard
Grundlagen- und Hauptkontrollmessung im Gotthard-Basistunnel Der vorliegende Bericht fasst die Vermessungsarbeiten des Konsortiums Vermessung Gotthard-Basistunnel im Zeitraum 1995 bis 2010 zusammen. Ausgehend von den vertraglichen Anforderungen werden die geodätischen Grundlagen und die Erstellung der Referenzrahmen NetzGBT_Lage und NetzGBT_Höhe beschrieben. Das Konzept der Tunnelvermessung, die Durchführung und Auswertung der Stollenkontrollen sowie die Vermessung im 800-m-Vertikalschacht Sedrun werden vorgestellt. Auf die Analyse der Beobachtungsdaten und die Beurteilung von Genauigkeit und Zuverlässigkeit wird eingegangen. Für die vier Hauptdurchschläge im Gotthard-Basistunnel werden die theoretisch zu erwartenden Durchschlagsgenauigkeiten (Durchschlagsprognosen) und die effektiv realisierten Durchschlagsergebnisse gegenübergestellt und im historischen Kontext bewertet. Le présent rapport résume les travaux de mensuration du Consortium mensuration tunnel de base du Gothard durant les années 1995 à 2010. A partir des exigences contractuelles les bases géodésiques et l’établissement des cadres de référence RéseauGBT_Situation et RéseauGBT_Altitutude sont stipulés. Le concept de la mensuration du tunnel, l’exécution et l’évaluation des contrôles des cavernes ainsi que la mensuration dans le puits vertical de 800 m de profondeur de Sedrun sont présentés. En plus on évoquera l’analyse des données observées et l’appréciation de la précision et de la fiabilité. Pour les quatre percements principaux dans le tunnel de base du Gothard on comparera les précisions de percement théoriquement attendues (prognostics de percement) avec les résultats de percement effectivement réalisés, les deux éléments étant appréciés dans le contexte historique. Quest’articolo illustra una ricapitolazione delle opere di misurazione, effettuate dal 1995 al 2010 dal Consorzio misurazioni galleria di base del Gottardo. Partendo dai requisiti contrattuali, vengono descritte le basi geodetiche e l’allestimento dei quadri di riferimento NetzGBT in posizione ed in quota. Inoltre, vengono presentati il concetto di misurazione in galleria, l’attuazione e la valutazione dei controlli dei cunicoli e la misurazione nel pozzo verticale di Sedrun a 800 m. Non manca l’analisi dei dati rilevati e la valutazione della precisione e dell’affidabilità. Per la caduta dei quattro diaframmi principali nella galleria di base del Gottardo viene effettuato un confronto tra le precisioni teoriche a priori e i risultati a posteriori ottenuti al momento della caduta dei diaframmi. Il tutto viene pure analizzato nel contesto storico.
16
R. Stengele, I. Schätti-Stählin
1. Aufgaben und Verantwortungen des Konsortiums Vermessung Gotthard-Basistunnel (VI-GBT) Das Konsortium Vermessung Gotthard-Basistunnel Im Jahr 1995 bewarb sich das Konsortium Vermessung Gotthard-Basistunnel (VIGBT) für die Planung und Durchfüh-rung der geodätischen Arbeiten im NEAT-Los «Gotthard-Basistunnel». Dieses Konsortium bündelt die Kompetenz von vier schweizerischen Ingenieur- und Vermessungsbüros mit total 120 Mitarbeitern: • Grünenfelder und Partner AG in Domat/Ems • BSF Swissphoto AG in Regensdorf • Studio Meier SA in Minusio • Studio Gisi SA in Lugano Aufgaben und Verantwortungen Nachdem sich dieses Konsortium in einem internationalen Bieterwettbewerb durchsetzen konnte, übertrug die AlpTransit Gotthard AG im Jahr 1995 die Verantwortung für folgende Aufgaben: 1. Geodätischen Grundlagen 2. Oberirdisches Grundlagennetz in Lage und Höhe 3. Verdichtung des Grundlagennetzes in fünf Portalbereichen 4. Vermessungskonzept für die Tunnelvermessung 5. Periodische Stollenkontrollen und Hauptkontrollvermessungen als Grundlage für die Vortriebssteuerung in Lage und Höhe 6. Vertikallotung im 800-m-Schacht Sedrun 7. Vermessungstechnische Optimierung der Durchschlagsbereiche 8. Laufende Überwachungsmessungen (Setzungen, Verschiebungen) unterund übertage 9. Kontrollaufnahmen des ausgeführten Bauwerks: Profile, Bankette, Schächte, flächendeckendes Laserscanning, Feste Fahrbahn und Anlagen Bahntechnik.
AlpTransit Gotthard
Der vorliegende Bericht gibt zusammen mit den weiterführenden Publikationen einen Überblick über die Aufgaben 1 bis 6. Bei einem Projekt mit einem Zeithorizont von 20 Jahren müssen Konzepte und Technologien laufend den neuen Entwicklungen angepasst werden. Dies erfordert Innovationskraft, Prozessorientierung und akribische Know-how-Dokumentation auf allen Ebenen. Projekt- und Qualitätsmanagement sind eine Schlüsselkompetenz und stellen – neben der rein fachtechnischen Anforderung – eine sehr grosse Herausforderung für die verantwortlichen Projektleiter dar. Genauigkeit und Toleranz Hauptaufgabe und -verantwortung ist die Steuerung der Vortriebe (TBM- und Sprengvortriebe) mit einer Genauigkeit von 10 cm quer und längs und 5 cm in der Höhe. Wie in der Messtechnik üblich, ist diese Genauigkeitsanforderung als einfache Standardabweichungen (1 σ) im statistischen Sinne definiert. Im Werkvertrag wurde der maximal zulässige Fehler (Toleranz, Worst Case) als 2.5 σ und damit ein Vertrauensintervall von 95% (Lage) bzw. 99% (Höhe) definiert. Der durch die Vermessung bedingte maximal zulässige Quer-/Längsfehler beträgt somit 25 cm und in der Höhe 12.5 cm. In anderen Worten: «Um die geforderte Genauigkeit auf den > 20 km langen Tunnelabschnitten einhalten zu können, darf auf eine Distanz von 100 m die Quer-/ Längsabweichung nur 1 mm und in der Höhe sogar nur 0.5 mm betragen.»
merttransformation des hochgenauen, freien GPS-Netzes auf Anschlusspunkte im Bereich der Hauptportale in Erstfeld und Bodio minimierte die Lagedifferenzen zu den bestehenden Vermessungswerken (amtliche Vermessung, SBBStammgleise), ohne dass sich die hohe innere Genauigkeit des GPS-Grundlagennetzes verschlechterte. Auf Grund der Ausgleichung aller Messungen wurde die Genauigkeit des «NetzGBT_Lage» mit 1 σ y,x < 7 mm bzw. 1 σ Lage < 10 mm geschätzt. Die Relativgenauigkeit zwischen zwei beliebigen Punkten ist in jedem Fall < 10–6. Im Bereich der 5 Portale erfolgten 3D-Verdichtungsmessungen durch Präzisionstachymetrie. Damit wurde die Relativgenauigkeit innerhalb der Portalnetze verbessert, geeignete Referenzstrecken für die spätere Kreiselkalibrierung etabliert und die Grundlagen zur optimalen Übertragung von Massstab und Orientierung des Grundlagennetzes nach untertage geschaffen. Durch Rückversicherungen für alle Punkte der Grundlagen- und Portalnetze konnten lokale Verschiebungen über die 20 Jahre Projektdauer überwacht werden Im Sommer 2005 – also zehn Jahre nach der Etablierung des Grundlagennetzes und ein Jahr vor dem 1. Hauptdurch-
schlag in Bodio-Faido – fand eine komplette Wiederholungsmessung des GPSGrundlagennetzes statt. Dabei wurden in Zusammenarbeit zwischen dem VI-GBT und der ETH Zürich das gesamte Netz «in einem Guss» mit 28 GPS-Empfängern gemessen und ausgewertet. Die Lagedifferenzen zwischen den Messungen 1995 und 2005 lagen – bis auf einen Punkt – alle innerhalb des 95%-Vertrauensintervalls. Ebenfalls im Sommer 2005 erfolgte eine Überprüfung der Orientierung jeweils einer Seite der Portalnetze durch astrogeodätische Messungen des Schweizerischen Konsortiums Schwere (SKS) in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich und dem Institut für Erdmessung der Universität Hannover. Ein direkter Vergleich zwischen den astronomisch gemessenen und in die Projektionsebene reduzierten Azimuten mit den Azimuten des NetzGBT_Lage ergab eine Orientierungsdifferenz von ~ 1 mgon zwischen Erstfeld und Bodio. Die Orientierungsdifferenzen zwischen den «benachbarten» Portalen waren < 0.3 mgon. Ausserdem wurden astrogedätisch gemessene Lotrichtungen mit denjenigen des Geoidmodells CHGeo98 verglichen (Abb. 1). Auf Grund dieser Ergebnisse konnte man davon ausgehen, dass die Eichung/Kalibrierung/Re-
2. Grundlagennetz in Lage: NetzGBT_Lage Das oberirdische Grundlagennetz besteht aus 28 Hauptvermessungspunkten, die – verteilt über die Portale – auf geologisch stabilem Fels dauerhaft vermarkt wurden und erstmals 1995 mit GPS nach dem damaligen Stand der Technik gemessen und ausgewertet wurde. Zur Steigerung von Genauigkeit und Zuverlässigkeit wurde im weiteren Umfeld der fünf Portale zusätzlich jeweils ein Punkt der Landesvermessung LV95 eingebunden. Eine Hel-
Abb. 1: Topographie, Geoid und Lotabweichungskomponenten auf der GBTTunnelachse. 17
AlpTransit Gotthard
duktion der geographischen Kreiselazimute ohne systematischen Fehler erfolgen konnte.
3. Höhen-Grundlagennetz: NetzGBT_Höhe Bereits in der Offertphase war dem VIGBT klar, dass ein vollständiges Präzisionsnivellement über mehrere Alpenpässe als direkte Verbindung aller fünf Portale aus wirtschaftlichen Gründen nicht in Frage kommen kann. Genauso klar war aber auch, dass sich das bestehende Landesnivellement aus mehreren Gründen nicht als Höhenbezugssystem für die Absteckung des GBT eignete: «Gebrauchshöhen», keine potenzialtheoretisch streng reduzierten Höhen, keine Gesamtausgleichung der Nivellementsschleifen, keine Berücksichtigung rezenter Krustenbewegungen, bekannte Inkonsistenzen (zwischen Amsteg-Sedrun, 8-cm-Höhensprung im Tessin). Im Zuge der Erneuerung des Landesnivellements für den Aufbau des neuen Höhenbezugsrahmens LHN95 arbeitete das Bundesamt für Landestopographie/swisstopo aber ohnehin bereits an der Beseitigung dieser Schwächen. Im geographischen Einzugsgebiet der NEAT wurden deshalb die LHN95-Arbeiten in enger Zusammenarbeit zwischen swisstopo und VI-GBT beschleunigt. Alle im Laufe der letzten Jahrzehnte gemessenen Landenivellemente wurden digital erfasst, gravimetrisch reduziert und unter Berücksichtigung eines kinematischen Ansatzes für die Alpenhebung streng ausgeglichen. Durch dieses Vorgehen beschränkten sich die aufwändigen Präzisionsnivellemente im Feld auf ca. 30 km Anschlussnivellemente von den Portalen zum Landesnivellements. Ein ausgezeichneter Synergieeffekt durch Gleichschaltung der Interessen der Landesvermessung mit denjenigen des Projektes Gotthard-Basistunnel! Mit der Definition des Höhenbezugsrahmens im GBT (NetzGBT_Höhe) war gleichzeitig klar, dass der Einfluss des Schwerefeldes bei allen untertägigen Messungen in Form von orthometrischen Korrekturen 18
Abb. 2: Modellbasierte Orthometrische Korrekturen und Schleifenschlussfehler des Nivellements. zu berücksichtigen war. Die orthometrischen Korrekturen und die sich theoretisch ergebenden Schleifenschlussfehler (Nicht-Parallelität der Äquipotenzialflächen 씮 Wegabhängigkeit des Nivellements) wurden für jeden Tunnelabschnitt entlang der Tunnelachse und im 800-mVertikalschacht Sedrun mit Hilfe des Massen-, Dichte- und Schweremodells durch swisstopo berechnet (Abb. 2). Die verschiedenen modellbasierten Korrekturen im Höhensystem summierten sich in einzelnen Tunnelabschnitten auf Beträge > 10 cm. Sie überstiegen damit deutlich die geforderte Höhengenauigkeit und sogar die Genauigkeit, mit der Höhenunterschiede nivelliert werden können. Alleine das Modell der Alpenhebung (vertikale Geschwindigkeiten = 1.3 mm/y im Tessin, 0.8 mm/y in Sedrun) bewirkt für den Tunnelabschnitt Faido–Sedrun in einem Zeitraum von 15 Jahren einen differentiellen Höhenunterschied von 7 mm und somit > 10% der erforderlichen Höhengenauigkeit. Für die praktische Umsetzung auf der Baustelle waren die verschiedenen Höhenkorrekturen (orthometrische Korrektur, Alpenhebung extrapoliert auf den Durchschlagszeitpunkt, Lagerungsdefek-
te) natürlich nicht geeignet. Aus diesem Grund wurde für jeden Tunnelvortrieb eine lineare Gesamtkorrektur berechnet, die der VI-GBT bei der Auswertung der untertägigen Höhenmessungen berücksichtigte. Alle anderen Projektbeteiligten blieben somit von dieser Problematik der Höhenkorrektur verschont. Das von swisstopo verwendete – nicht hypothesenfreie – Schweremodell wurde im Sommer 1995 in den bis dahin aufgefahrenen Stollen in Bodio und Sedrun durch Gravimetermessungen der ETH Lausanne überprüft. Dabei ergaben sich Differenzen zwischen modellbasierten und gemessenen Schweren von < 3 mGal im Abschnitt Bodio mit einer (theoretischen) Auswirkung auf den Durchschlagsfehler < 1 mm. Vor allem die sehr gute Übereinstimmung im Vertikalschacht Sedrun wurde zum damaligen Zeitpunkt sehr positiv zur Kenntnis genommen. Vor dem komplexen Hintergrund der Höhenproblematik an der Nahtstelle von geophysikalischen und geometrischen Messgrössen im geographisch-topographisch anspruchsvollsten Gebiet Europas, sind die ausgezeichneten Durchschlagsergebnisse in der Höhe äusserst bemer-
AlpTransit Gotthard
kenswert und ein echter Leistungsausweis für alle, die an der Konzeption und Realisierung des Höhenbezugsrahmens NetzGBT_Höhe beteiligt waren.
keit: 1 σ (y, x, H) < 10 mm, Azimutgenauigkeit: 1 σ (Azimut) < 0.5 mgon. Damit wäre die zulässige Querablage von 10 cm bei einer (theoretischen) Visurlänge von 11.4 km erreicht.
4. Grundlagennetz untertage: Tunnelvermessung
Vermessungskonzept untertage Zur Anordnung und Eignung von Polygonnetzen untertage sind unzählige Ansätze und Konzepte bekannt. Alle zielen darauf ab, die ungünstige Fehlerfortpflanzung in langgestreckten Polygonzügen und einseitig wirkende systematische Effekte auf Grund der gefährlichen Horizontalrefraktion zu minimieren. Eine allseits anerkannte Lehrmeinung – also die «optimale» Lösung – gibt es allerdings nicht. Der VI-GBT hat sich 1995 für folgendes Vermessungskonzept (Abb. 3) entschieden und an diesem über 15 Jahre konsequent und weitgehend kompromisslos festgehalten. • Paralleler Präzisionspolygonzug in beiden Einspurtunneln mit Verbindungsmessungen zwischen jedem 3. bis 4. Polygonpunkt. • Platzierung der Polygonpunkte streng in der Tunnelmitte im Abstand von 400 bis 450 m. • Übergreifende Visuren, also Messung zu den jeweils zwei nächsten Polygonpunkten in beiden Richtungen, Zielweiten bis max. 900 m. • Kreiselstützung des Polygonzuges nach 5 bis 7 Polygonpunkten (2 bis 3 km). Mehrfachbestimmung von gegenseitigen Kreiselazimuten auf denselben Polygonseiten in verschiedenen Kampagnen. • Höhenübertragung durch Präzisionsnivellement (hin/rück), Kontrolle durch trigonometrisches Nivellement des Polygonzuges. • In Kurvenbereichen: Verschiebung der Polygonpunkte um max. 1 m nach aussen, Reduktion des Punktabstandes bis 300 m, Einhaltung von > 1.5 m Visurabstand von der Tunnelwand, Verzicht auf übergreifende Visuren. • Wechselnder Einsatz von Personal und Instrumentarium (insbesondere Kreiselinstrumente), um systematische Effekte zu minimieren.
Die Arbeiten an den Bezugsrahmen NetzGBT_Lage und NetzGBT_Höhe bildeten die Grundlage für das untertägige Tunnelnetz und damit für die Absteckung der Tunnelachse und Steuerung der Spreng- und TBM-Vortriebe. Zur Bedeutung der Portalnetze Sowohl in der Literatur als auch in der praktischen Arbeit auf der Baustelle wird sehr viel Wert gelegt auf Genauigkeitsmaximierung und Zuverlässigkeitssteigerung im Bereich der Grundlagennetze und der Tunnelnetze. Die Nahtstelle zwischen oberirdischer und untertägiger Vermessung im Bereich der Portale wird – sowohl in Theorie als auch in Praxis – allzu oft vernachlässigt. Dabei kann das Genauigkeitspotenzial nur dann optimal ausgeschöpft werden, wenn Massstab und Orientierung des Grundlagennetzes ohne signifikanten Genauigkeitsverlust über die Portalbereiche nach untertage übertragen werden kann. Diese Problematik wird sehr häufig unterschätzt und ungünstige Randbedingungen im Portalbereich sind eher Regel als Ausnahme: Schwierige topographische Verhältnisse, wechselnde Baustelleninstallationen, Lüftungseinrichtungen, Baustellenverkehr, lokale Deformationen, eingeschränkte Visuren und enge Kurvenradien in den Zugangsstollen erschweren diese Aufgabe erheblich. Die spezielle Refraktionsproblematik auf Grund des grossen Temperaturgefälles beim Portal wird durch zusätzliche Messungen über temporäre Hilfspunkte im unmittelbaren Portalbereich (wenige Meter ausserhalb und innerhalb) entschärft. Die Ausgangslage für die Tunnelvermessung im Anfangsbereich der Tunnelstrecke ist wie folgt: Koordinatengenauig-
Abb. 3: Vermessungskonzept untertage. Präanalyse Durch eine Netzsimulation (Präanalyse) wurde a priori verifiziert, dass mit diesem Vermessungskonzept die geforderten Genauigkeiten in Lage und Höhe eingehalten werden konnten. Die wichtigsten Parameter des stochastischen Modells wurden wie folgt festgelegt: • Richtungsmessungen • Distanzmessungen • Kreiselazimute (Einzelmessungen) • Zentrierung • Nivellierte Höhenunterschiede • Koordinatenübertragung im 800-m-Schacht Sedrun
3 cc 0.5 mm + 1 ppm 15 cc 0.5 mm 1.0 mm/km
24 mm («3 mm je 100 m»)
Es ist äusserst angebracht, bei Simulationsrechnungen eher konservative Annahmen zu treffen, die den suboptimalen Messbedingungen untertage gerecht werden. Umfang der Stollenkontrollen Sobald vom Bauunternehmer zwei (max. drei) neue Polygonpunkte in der betonierten Sohle vermarkt wurden – also nach maximal 1300 m Vortriebsleistung – wurden die Koordinaten im Zuge einer Kleinen Stollenkontrolle durch den VIGBT neu eingemessen. Dabei wurde mindestens an die letzten drei bestehenden Polygonpunkte angeschlossen und es ergab sich somit eine Polygonzugmessung über 2 bis 2.5 km. Nach jeweils 3 km Vor19
AlpTransit Gotthard
Abb. 4: Nadirlot am Schachtkopf. triebsleistung erfolgte eine Grosse Stollenkontrolle mit einer Polygonzugsmessung über 8 bis 10 Polygonpunkte, also 3.5 bis 4.5 km Länge. In jedem Vortrieb wurde nach Erreichen von ~ 50% der gesamten Vortriebslänge eine zusätzliche «Halbzeitkontrolle» eingeschaltet. Zusätzlich erfolgte eine Gesamtkontrolle ~ 1.5 km vor Erreichen der Losgrenze. Halbzeit- und Gesamtkontrolle umfassten Messungen im Portalnetz und das gesamte Vortriebsnetz untertage. Dieses Szenario stellte sicher, dass auf jedem Polygonpunkt Beobachtungen von mindestens 4 Stollenkontrollen zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten vorliegen. Im Zuge der Grossen Stollenkontrollen erfolgte in der Regel eine unabhängige Azimutkontrolle durch den Präzisionsvermessungskreisel Gyromat-2000. Bei je-
Abb. 6: Umlenkrolle mit Lotdraht.
dem Einsatz wurde das gegenseitige Azimut von 2 bis 3 Polygonseiten untertage gemessen. Um eine möglichst unabhängige Kontrolle der Kreiselmessungen zu gewährleisten, kamen drei verschiedene Gyromaten zum wechselseitigen Einsatz: DMT Essen, Universität der Bundeswehr München und ETH Zürich. Aus demselben Grund erfolgte die Messung streng getrennt von der Datenanaylse und Auswertung. Vermessungsarbeiten untertage finden stets unter erschwerten Bedingungen statt. Neben permanentem Zeitdruck sind ungünstige Randbedingungen (Sicht, Licht, Lärm, Temperatur, Feuchtigkeit, Lüftung, Verkehr…) sowie logistische oder sicherheitsbedingte Einschränkungen die Regel. Für die Kleinen Stollenkontrollen stand ein Zeitfenster von 12 h zur Verfügung. Grosse Stollenkontrollen wurden in aller Regel in die vortriebsfreie Zeit (Weihnachten/Neujahr, Ostern, Sommerferien) gelegt.
5. Vermessung im 800-mVertikalschacht Sedrun Im Zwischenangriff Sedrun erfolgten die Vortriebsarbeiten nach Norden und Süden vom Fuss eines 800 m tiefen Schachtes aus. Die Positionsübertragung von der Kaverne am Schachtkopf hinunter auf das Tunnelniveau wurde im Jahr 2002 mit zwei unterschiedlichen Methoden, einmal optisch und einmal mechanisch realisiert. Mit dem Bau des zweiten Schachtes im Jahr 2004 ergab sich die Möglich-
Abb. 5: Positionierung der Stative am Schachtfuss. keit, 39 m südlich des ersten Schachts eine zusätzliche optische Lotung durchzuführen. Im Januar 2007, knapp ein Jahr vor dem Durchschlag Amsteg–Sedrun, wurde eine weitere optische Kontrolllotung durchgeführt. Somit lagen für die Punktübertragung drei optische und eine mechanische Lotungsmessung vor. Optische Lotung Die optische Lotung von oben nach unten erfolgte mit einem Leica-Nadirlot (Auflösung 1: 200 000 = 0.5 mm auf 100 m), Abb. 4 und 5. Zur Steigerung der Genauigkeit und Zuverlässigkeit wurden drei Lotkorridore gemessen, wobei sich die Anordnung nach den vorhandenen Schachtinstallationen richtete. Auf den am Schachtfuss mit Näherungskoordinaten abgesteckten Lotpunkten dienten Prismen mit zentrischen Leuchtdioden als
Abb. 7: Lote mit 192 kg Gewicht. 20
AlpTransit Gotthard
Abb. 8: Lotrichtung und Lotkrümmung. Zielmarken. Die exakte Feinpositionierung auf den Stativen erfolgte mit Kreuzschlitten (Zweiachs-Verschiebetischen). Mechanische Lotung Auch die mechanische Lotung wurde über drei Korridore geführt. Die Installation der Winden, der Umlenkrollen und das Einfahren der 800 m langen Lotdrähte erforderte einen ganzen Arbeitstag (Abb. 6 und 7). Die Installation endete mit dem Auflegen der 390 kg schweren Gewichtsscheiben für jeden Lotdraht. Nach einer Ruhephase der Lote von 12 h konnten die Messungen am folgenden Morgen aufgenommen werden. Von zwei Stationen aus wurden mit je einem Theodolit jeweils 10 Umkehrpunkte der drei pendelnden Lote in beiden Fernrohrlagen gemessen. Die zweite Messreihe erfolgte nach einer Reduktion der Gewichte auf ~ 192 kg, die dritte wiederum mit Volllast von 390 kg. Modell für die Lotabweichungskorrekturen Die Lotabweichung geht bei der Punktübertragung direkt in die Genauigkeit der Koordinaten ein und muss zwingend berücksichtigt werden. Die Lotlinie ist zudem gekrümmt, die Korrekturwerte an Schachtfuss und -kopf unterscheiden sich (Abb. 8 und 9). Die Bestimmung der Lot-
Abb. 9: Lotkrümmungs-Korrektur der Koordinatenübertragung im Vertikalschacht. abweichungen erfolgte mit einer Genauigkeit von 0.3 mgon mit dem Programm CHGeo98. Lotabweichungen und Lotkrümmung verursachen Korrekturwerte für die Koordinatenübertragung bis zu 34 mm. Ergebnisse der Lotungsmessungen Der unmittelbare Vergleich aller Lotungsmessungen ergab einen Streubereich von < 20 mm. Die innere Genauigkeit einer Lotungs-Kampagne ergab sich aus der Kongruenz der beiden Dreiecke, welche die drei Lotkorridore am Schachtkopf und am Schachtfuss bilden. Für die Gesamtausgleichung wurde die mechanische Lotung mit einer Genauigkeit 1 σ ΔyΔx = 5 mm und die optischen Lotungen mit 1 σ ΔyΔx = 10 mm eingeführt. Die Lotverfahren erreichten somit eine weitaus bessere Genauigkeit als a priori angenommen. Erwähnenswert auch hier, dass die
modellbasierten Lotabweichungs-/Lotkrümmungskorrekturen die reine Genauigkeit der Lotungsmessung um das Mehrfache übersteigen. Die Genauigkeit der Höhenübertragung über den 800-m-Vertikalschacht beträgt 1 σ ΔH = 3 mm. Durch die Vertikallotungen in den beiden Schächten ergab sich ein Azimut für eine 39 m lange Basis, das lediglich um 0.2 mgon vom Kreiselazimut (als Mittel aus mehreren Kampagnen) abweicht.
6. Ausgleichung der Tunnelnetze und Durchschlagsprognosen Genauigkeit der Beobachtungen Alle Ausgleichungen der Tunnelnetze erfolgten in Lage und Höhe als Vermittelnde Ausgleichung mit dem Programm LTOP 21
AlpTransit Gotthard
Vortrieb
Länge [km]
Anz. Beob.
Unbekannte
Fehlerquotient
Bodio–Faido
19.8
7535 2364
2149 821
0.80 0.53
Amsteg–Sedrun
17.3
9499 4379
2820 1170
0.92 1.10
Erstfeld–Amsteg
10.1
2846 1350
742 284
1.19 1.17
Sedrun–Faido
23.4
7205 2478
1991 799
0.62
0.80
Tab. 1: Beobachtungsgenauigkeiten und Fehlerquotienten a posteriori vs. a priori. gen in jeder Stollenkontrolle im Zuge einer Freien Ausgleichung bewertet. Es zeigte sich, dass die Häufigkeitsverteilungen der normierten Verbesserungen an den Beobachtungen in allen Vortrieben der theoretischen Normalverteilung sehr nahe kommen (Abb. 10). Auch der generelle Vergleich der Varianzen «a posteriori vs. a priori» über alle Beobachtungen (Globaltest nach Baarda) bestätigte, dass die Wahl des stochastischen Modells richtig und angemessen erfolgte (Tab. 1). Als Mittel über alle Stollenkontrollen in allen Abschnitten ergaben sich für die wichtigsten Varianzkomponenten folgende Beobachtungsgenauigkeiten a posteriori: • 12 406 Richtungsmessungen 2.7 cc • 2 809 Kreiselazimute (Einzelmessungen, nicht gemittelt) 10.8 cc • 11 600 Distanzmessungen 1.6 mm/km
Abb. 10: Normierte Verbesserungen an den Beobachtungen in den Vortrieben Sedrun (oben), Faido (mitte) und Bodio (unten). von swisstopo. Nach der Rohdatenaufbereitung (Satzmittel, Meteo-Reduktion etc.) wurde die Qualität der Beobachtun22
Berechnung der Koordinaten Die Koordinatenberechnung erfolgte jeweils durch eine Gesamtausgleichung, wobei jeweils alle Messungen aller relevanten Stollenkontrollen in einem Guss ausgeglichen wurden. Messungen in Deformationszonen wurden bei dieser Gesamtausgleichung vorgängig eliminiert. Eine minimale Verschlechterung der inneren Genauigkeit in Folge kleiner, nicht
signifikanter Deformationen zwischen den Epochen wurde bewusst zu Gunsten einer hohen Redundanz in Kauf genommen. Als Festpunkte wurden ausschliesslich die Punkte der Portalnetze eingeführt, wodurch sich für alle Polygonpunkte untertage die aus statistischer Sicht wahrscheinlichste Lösung ergab. Als Nachteil erwies sich die Tatsache, dass laufende Verschwenkungen und Koordinatenänderungen zu erheblichen Umtrieben auf der Baustelle und zu Unstetigkeiten im Steuerleitsystem der Tunnelbohrmaschinen führten. Aus diesem Grund wurde ein spezielles Verfahren zur «Glättung» der Korrekturwerte entwickelt, mit dem Koordinatenänderungen auf max. 2 cm begrenzt werden konnten. Die Dokumentation und Resultatmeldung erfolgte stufengerecht. Dem Bauunternehmer wurden Kurzberichte mit den jeweils aktuell gültigen Koordinaten für die Polygonpunkte geliefert. Messung und Auswertung der Grossen Stollenkontrollen wurde in Technischen Berichten dokumentiert, die an ATG Geomatik und an externe Experten zu Begutachtung gingen. Beurteilung der Genauigkeit untertage und Durchschlagsprognose Auf Grund der vorliegenden Gesamtausgleichungen der Vortriebsnetze konnte die Genauigkeit von Lage und Höhe der Polygonpunkte abgeschätzt werden. Auf Grund der ungünstigen Fehlerfortpflanzung ergab sich dabei das für Tunnelnetze typische Anwachsen der Fehlerellipse mit zunehmender Vortriebslänge. Der zu erwartende, theoretische Durchschlagsfehler berechnete sich als relative Fehlerellipse zwischen den beiden zum Durchschlagspunkt am nächsten gelegenen Polygonpunkten beider Vortriebe (Abb. 11). Unmittelbar vor den Durchschlägen wurden für die vier Hauptdurchschläge im Gotthard-Basistunnel folgende Prognosen formuliert: «Die Wahrscheinlichkeit beträgt 95%, dass der Durchschlagsfehler maximal folgende Werte annimmt.» (Tab. 2.)
AlpTransit Gotthard
Abb. 11: Durchschlagsprognose und Durchschlagsfehler im 1. Hauptdurchschlag Bodio–Faido.
7. Durchschlagsergebnisse im Gotthard-Basistunnel Durchschlagsereignisse sind im Tunnelbau in vielerlei Hinsicht grosse Ereignisse. Am Tag des Durchschlags zeigt sich, ob die gesamte konzeptionelle, theoretische und praktische Arbeit des Vermessungsteams über mehrere Jahre erfolgreich war oder nicht. Obwohl alle Anstrengungen darauf ausgerichtet sind, mit den genauesten Sensoren, den besten geodätischen Grundlagen und den zuverlässigsten Mess- und Auswertekonzepten das optimale Ergebnis zu realisieren, bleiben solange Restrisiken und -zweifel vorhanden, bis der letzte Meter durchbrochen ist (Abb. 12). Im Gotthard-Basistunnel wurden die folgenden Durchschlagsgenauigkeiten realisiert (Tab. 3). Je nach beruflichem Hintergrund und Sichtweise, werden diese Durchschlagsergebnisse sehr unterschiedlich bewertet: • Aus der bautechnischen Sicht des Projektingenieurs: «Die Durchschlagsfehler können beim Einbau des Innengewölbes kompensiert werden. Kostspielige Profilkorrekturen sind nicht nötig.» • Aus der fahrdynamischen Sicht des Trassierers: «Die Durchschlagsfehler können durch eine minimale Gleisverziehung ausgeglichen werden.» • Aus der Sicht des nüchternen Statistikers: «Die Ergebnisse entsprechen
Abb. 12: Bohrkopf der Tunnelbohrmaschine im Moment des Durchschlags.
Vortrieb
Länge [km]
quer [cm]
längs [cm]
hoch [cm]
Bodio–Faido
19.8
< 22
< 8
<6
Amsteg–Sedrun
17.3
< 22
< 10
<6
Erstfeld–Amsteg
10.1
< 15
< 9
<5
Sedrun–Faido
23.4
< 27
< 13
<7
Tab. 2: Durchschlagsprognose a priori (95%-Konfidenzniveau) in den vier Hauptdurchschlägen.
Datum
Vortrieb
Längen inkl. Zugangsstollen und Schächte [km]
quer [mm]
längs [mm]
hoch [mm]
22.08.2006
Faido Bodio
4.1 15.7
19.8
92
12
17
14.10.2007
Amsteg Sedrun
13.3 4.0
17.3
137
21
3
16.06.2009
Erstfeld Amsteg
7.8 2.3
10.1
14
33
5
15.10.2010
Sedrun Faido
15.0 8.4
23.4
81
136
11
32%
20%
7%
Ausnutzung der max. Toleranz (im Mittel)
Tab. 3: Durchschlagsergebnisse in den vier Hauptdurchschlägen des GotthardBasistunnels. 23
AlpTransit Gotthard
Datum
Vortrieb
Länge [km]
quer [cm]
28.02.1880
längs [cm]
hoch [cm]
Gotthard-Bahntunnel
15.0
33
710
7
24.05.1905
Simplontunnel
19.8
20
< 200
9
31.03.1911
Lötschbergtunnel
14.6
26
41
10
01.12.1990
Eurotunnel
37.9
36
7
6
28.04.2005
Lötschberg-Basistunnel Mitholz-Ferden
34.6 20.9
13
10
0
2
Gotthard-Basistunnel
57.0
22.08.2006
Faido–Bodio
19.8
9
1
14.10.2007
Amsteg–Sedrun
17.3
14
2
0
16.06.2009
Erstfeld–Amsteg
10.1
1
3
0
15.10.2010
Sedrun–Faido
23.4
8
14
1
Tab. 4: Durchschlagsergebnisse der grossen Alpendurchstiche und im Eurotunnel. ziemlich genau den jeweiligen Erwartungswerten.» • Aus der Sicht der Versicherung: «Die Restrisiken waren unter Kontrolle. Es liegen keine Haftpflicht-Schäden vor.» • Aus der Sicht des Baujuristen: «Ein offensichtlicher Vermessungsfehler liegt nicht vor. Aber wurde auch formal wirklich alles richtig und mit der bei einem Jahrhundertprojekt gebotenen Sorgfaltspflicht erledigt?» • Aus der Sicht des technologiegläubigen Ignoranten: «Wo lag das Problem? Das ist doch heutzutage mit GPS und Laser kein Problem mehr, oder?» • Aus der Sicht des Geodäten: «Offensichtlich sind unsere Modelle gar nicht so schlecht. Das Resultat bestätigt unsere Arbeit der letzten Jahre.» • …und aus der Sicht der verantwortlichen Vermesser: «Wir haben weniger als 1/3 der maximal zulässigen Toleranzen in Anspruch genommen. Wir wussten immer, dass wir mit genauen und zuverlässigen Konzepten und unserem ausgereiften Qualitätsmanagement auf Kurs sind. Trotzdem sind wir erleichtert und zufrieden, dass der Worst Case nicht eingetreten ist.» Die im Gotthard-Basistunnel realisierten Durchschlagsergebnisse können im historischen Kontext bewertet werden (Tab. 4). 24
Dank Vermessung ist Teamwork! Das Konsortium Vermessung Gotthard-Basistunnel arbeitete in den vergangenen 15 Jahren sehr eng mit verschiedensten Organsiationen und Firmen zusammen (Abb. 13). Alle diese Partner haben einen Beitrag zu den guten Ergebnissen im Gotthard-Basistunnel geleistet. Unser Dank gilt insbesondere den Projektleitern F. Ebneter und
A. Ryf bei der AlpTransit Gotthard AG sowie dem Experten Prof. em. A. Carosio für die vertrauensvolle und zielorientierte Zusammenarbeit. Literatur: Über die Vermessung im Gotthard-Basistunnel ist eine grosse Anzahl von Publikationen entstanden. Weitere Publikationen können auf www.bsf-swissphoto.com heruntergeladen werden. Carosio A., Reis O. (1996): Geodetic Methods and Mathematical Methods for the Establishment of New Trans-Alpine Transportation Routes, Bericht IGP No. 206, ETH Zürich. Carosio A. (2010): Die Vermessung des längsten Eisenbahntunnels der Welt. Die Sicht des Experten des Bauherrn. Geomatik Schweiz, Ausgabe Dez. 2010. Ebneter F. (2004): AlpTransit Gotthard: Aufgaben und Organisation der Vermessung. XIV. Internationaler Kurs für Ingenieurvermessung, Zürich. Gesellschaft für Ingenieurskunst (1996): Historische Alpendurchstiche in der Schweiz: Gotthard – Simplon – Lötschberg. Haag R., Stengele R. (1997): The Gotthard-Basetunnel. Surveying of a 57 km long Underground Project in the Swiss Alps. FIG-Symposium «Surveying of Large Bridge and Tunnel Projects», Kopenhagen.
Abb. 13: Partner und Netzwerk des VI-GBT.
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Kobold F. (1982): Vor hundert Jahren: Die Absteckung des Gotthard-Basistunnels. Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik 3/1982. Kobold F. (1981): Tunnelabsteckungen im Gotthardgebiet von Koppe bis zur Gegenwart. Deutsche Geodätische Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Reihe E, Heft Nr. 20. Korittke N. (1997): Zur Anwendung hochpräziser Kreiselmessungen im Bergbau und Tunnelbau. Geodätische Schriftenreihe der Technischen Universität Braunschweig, Nr. 14.
XVI. Internationaler Kurs für Ingenieurvermessung, Zürich. Schätti I., Ryf A. (2007): AlpTransit GotthardBasistunnel: Grundlagenvermessung, letzte Kontrollen vor dem ersten Durchschlag. XV. Internationaler Kurs für Ingenieurvermessung, Graz. Stengele R. (2007): Erster Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel: Tunnelvermessung in Theorie und Praxis. XV. Internationaler Kurs für Ingenieurvermessung, Graz.
Riesen H.-U., Schweizer B., Schlatter A., Wiget A. (2005): Tunnelvermessung des BLS-AlpTransit Lötschberg-Basistunnels. Geomatik Schweiz 11/2005.
Stengele R., Ryf A., Schätti I., Studer M., Salvini D. (2010): Vermessung im Gotthard-Basistunnel: Vortriebsvermessung, Laserscanning, Langzeit-Monitoring. XVI. Internationaler Kurs für Ingenieurvermessung, Graz.
Schätti I., Ryf A. (2004): Hochpräzise Lotung im Schacht Sedrun des Gotthard-Basistunnels.
Zanini M., Stengele R., Plazibat M. (1993): Kreiselazimute in Tunnelnetzen unter Einfluss des
Erdschwerefeldes, Berichte des Instituts für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich, Nr. 214.
Roland Stengele BSF Swissphoto AG Ivo Schätti-Stählin Studio Meier SA Dorfstrasse 53 Postfach CH-8105 Regensdorf-Watt roland.stengele@bsf-swissphoto.com
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AlpTransit Gotthard
Die (vermessungstechnischen) Herausforderungen am Anfang des Projektes, als noch alles neu und unbekannt war Als anfangs der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts die Vermessung für die neue Alpentransversale am Gotthard organisiert und aufgebaut werden musste, war vieles im Umbruch. Mit der Reform der amtlichen Vermessung, der Einführung der neuen Landesvermessung, mit neu entwickelten automatisierten Messinstrumenten und entsprechenden Auswerteprogrammen oder mit neuen Möglichkeiten der Datenkommunikation konnten die vielfältigen Vermessungsbedürfnisse optimal realisiert werden. Der Beitrag zeigt, dass die Herausforderungen beim Projektstart mit dem Aufbau der Vermessungsorganisation, der Regelung der Verantwortlichkeiten oder der Ausschreibung und Vergabe der Vermessungsarbeiten für eine erfolgreiche Vermessung ebenso wichtig sind wie die Anwendung der bekannten und neuen vermessungstechnischen Möglichkeiten. Lorsqu’au début des années 90 du siècle passé la mensuration pour les nouvelles transversales alpines a dû être organisée et installée beaucoup de choses étaient en transformation. Avec la réforme de la mensuration officielle, l’introduction de la nouvelle mensuration nationale, de nouveaux instruments de mensuration automatiques et les programmes d’exploitation correspondants ou de nouvelles possibilités de communication de données les multiples besoins de la mensuration ont pu être réalisés de façon optimale. L’article démontre que les défis lors du démarrage du projet concernant l’établissement de l’organisation de la mensuration, la définition des responsabilités ou la mise en concurrence et l’adjudication des mandats sont autant importants pour une mensuration réussie que l’application des méthodes techniques de mensuration connues ou nouvelles. Molte cose si trovavano in una fase di mutamento quando all’inizio degli anni ‘90 del secolo scorso si è provveduto a organizzare la misurazione della nuova trasversale alpina del Gottardo. Con la riforma della misurazione ufficiale, l’introduzione della nuova misurazione nazionale, i nuovi strumenti di misurazione automatizzati, i rispettivi programmi di elaborazione e le nuove possibilità nella comunicazione di dati, si è riusciti a soddisfare in modo ottimale le innumerevoli esigenze imposte dalla misurazione. Quest’articolo dimostra che le sfide all’inizio della progettazione, con l’organizzazione della misurazione, la regolamentazione delle responsabilità o il bando di concorso e l’assegnazione delle opere di misurazione sono importanti tanto quanto l’utilizzazione degli elementi di misurazione già noti o nuovi.
F. Ebneter Herausforderungen sind für uns Ingenieure notwendig wie das Salz in der Suppe. Ohne sie wäre unser Berufsleben fade und unsere Aktivitäten würden zur Routine führen. Die Herausforderungen, 26
wie sie beim Projektstart von grossen Bauvorhaben, in unserem Fall im Projekt AlpTransit auf uns Ingenieure zukommen, finden sich nicht nur im rein technischen Bereich. Das Erkennen der wesentlichen Aufgaben und deren zeitliche Abfolge und der Projektrisiken, die Festlegung der Verantwortlichkeiten, die Regelung der Pro-
zesse, der Aufbau der Organisation, die Abschätzung der Kosten, die Verfahren für die Ausschreibung und Vergabe von Aufträgen an Dritte mit den dazugehörenden vertraglichen Regelungen sind Beispiele von ebenso anforderungsreichen Aufgaben, die den Erfolg unserer Ingenieur-Tätigkeiten massgebend beeinflussen.
Aufgaben und Organisation der Vermessung In den ersten Kontakten mit der Projektleitung legten wir die Aufgaben der Vermessung fest. Als Kernaufgabe war die Tunnelabsteckung gesetzt. Dazu wurden dem Vermessungsdienst die Beschaffung, die laufende Aktualisierung und die Verwaltung der Geodaten des Ist-Zustandes und des Projektes für alle Projektbeteiligten übertragen. Ebenso wurde der Vermessungsdienst verantwortlich für die Überwachung des Bauwerks und von gefährdeten Objekten, die im Einflussbereich des Projektes stehen. ATG in der Funktion als Bauherrin der neuen Alpentransversale auf der Gotthardachse leitet das Projekt mit einer schlanken Organisation. Mit der Planung und Projektierung wurde eine Vielzahl von Ingenieurbüros beauftragt. Es war ein weitsichtiger, nicht selbstverständlicher Entscheid, ein Vermessungsteam in die Projektleitung zu integrieren und diesem die Gesamtleitung der Vermessung zu übertragen. Die Aufgaben und Verantwortlichkeiten wurden aufgeteilt in bauherrenseitige Leistungen und Vermessungsleistungen der beauftragten Unternehmer des Rohbaus und der Bahntechnik. Ein beauftragter externer Vermessungsexperte hat die Projektleitung Vermessung im Sinne des Vieraugen-Prinzips bei der technischen Beurteilung von Konzepten, Verfahren und bei der Prüfung von Kontrollberichten unterstützt. Für die Ausführung der bauherrenseitigen Vermessungsarbeiten wurden externe Vermessungsunternehmen meist als Konsortien beauftragt.
AlpTransit Gotthard
Abb. 1: Projektvarianten und daraus abgeleiteter Perimeter für die Erfassung der Projektierungsgrundlagen.
Projektierungsgrundlagen mit Daten der amtlichen Vermessung Eine besondere Herausforderung stellte die Beschaffung der notwendigen Projektierungsgrundlagen dar. Noch im Verlauf der Phasen Grob- und Feinvariantenvergleich mussten aktuelle Grundlagen des Katasters, der Bodenbedeckung und der Topographie auf der Gotthard-Achse zwischen Arth-Goldau und Lugano, über fünf Kantone und 50 Gemeinden beschafft werden. Der Variantenfächer der Linienführung war zu diesem Zeitpunkt noch weit offen, was die Festlegung des Perimeters nicht einfach machte. Es war gegeben, dass diese Projektie-
rungsgrundlagen allen Projektbeteiligten über eine Projektdauer von über 20 Jahren laufend und immer aktuell zur Verfügung gestellt werden mussten. Dabei war unser Ziel, diese Daten digital zu erheben und deren laufende Aktualisierung bis zum Bauabschluss sicherzustellen. Mit den Organen der amtlichen Vermessung, die mit der Grundbuchvermessung über einen grossen Teil dieser Daten in graphischer Form verfügten und die zu diesem Zeitpunkt das Projekt «Reform der amtlichen Vermessung» initialisierten, konnte eine vorzeitige, vereinfachte Datenerfassung über unseren Projektperimeter vereinbart werden. Aus photogrammetrischen Aufnahmen und deren Auswertungen entstanden so die digitalen Daten
der Bodenbedeckung und des Geländemodells. Die Grenzen und weitere Informationen wurden aus den graphischen Katasterplänen digitalisiert. Da diese Daten Teil der amtlichen Vermessung wurden, ist auch deren laufende Aktualisierung gewährleistet.
Datenkoordination Neben der Datenbeschaffung war der Datenaustausch zwischen den Projektbeteiligten (AlpTransit, BAV, SBB, Projektingenieure von Rohbau und Bahntechnik, Unternehmungen, kantonale Ämter u.a.) eine weitere enorme Herausforderung. Die einzelnen Beteiligten erstellen mit den von ihnen eingesetzten Systemen Doku27
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tes Leistungsverzeichnis mit einem nur annähernd tauglichen Mengengerüst vorzugeben. Trotzdem war es wichtig, dass für alle möglichen Vermessungsleistungen bindende Preise vorlagen. In dieser Situation wählte ATG einerseits umfassende Pauschalpositionen für die Hauptarbeiten, wie die Erstellung des oberirdischen Netzes oder die Hauptabsteckung eines ganzen Tunnels, und andererseits viele Einzelpositionen für verschiedenste zu erwartende Kontroll- und Deformationsmessungen, die vor allem der Preisbindung galten.
Tunnelabsteckung: Vorgaben an Projektierende und Unternehmer Abb. 2: Vertragsbestandteile der Bauunternehmen mit den Vorgaben für die Vermessung. mentationen in Form von Plänen, Tabellen, Präsentationen und Berichten. Diese werden in Dossiers verpackt und dann wieder breit verteilt. Unser Ziel war, diese Informationen nicht nur analog, sondern bevorzugt auch digital auszutauschen und so eine effiziente und qualitativ optimale Weiterverarbeitung zu gewährleisten. Wir strebten als Idealfall an, dass alle Projektbeiteiligten diese – unter anderem georeferenzierten – Informationen redundanzfrei in einem GIS verwalten und bearbeiten. Leider war dies mit den vielen Projektbeteiligten zu dieser Zeit nicht realisierbar. ATG hat den Grundsatz vertreten, dass sie ihren Beauftragten keine Vorgaben zu den von ihnen eingesetzten Informatik-Systemen machen will. Es musste realistischerweise eine heterogene CAD/GIS-Umgebung bei allen Projektbeteiligten akzeptiert werden. ATG hat sich darauf auf CAD-Leistung beschränkt und den Beauftragten nur Vorgaben zu den Datenstrukturen, zu den Formaten und zu den Schnittstellen gestellt. Jahre später verschärfte ATG diese Vorgaben, indem für die Bahntechnik auch das CADSystem vorgegeben wurde. Für die Übergabe der Bauwerksdokumentation an den zukünftigen Betreiber 28
wurde mit der SBB vereinbart, dass diese in digitaler Form, nach den Vorgaben der Datenbank der festen Anlagen, dem GIS der SBB erfolgen muss. Die Datenkoordinationsstelle als Teil der Projektleitung hat sich bestens bewährt. Sie stellt sicher, dass laufende Projektänderungen unverzüglich allen Projektbeteiligten zur Verfügung stehen, und dass alle jederzeit auf die verbindlichen, aktuellen Projektdaten zugreifen können.
Ausschreibung der Vermessungsarbeiten Rechtzeitig vor Beginn der Bauarbeiten galt es, in einem zweiphasigen Auswahlverfahren für die Vermessungsarbeiten in den Projektabschnitten auf den Achsen Gotthard und Lötschberg die fähigsten Bewerber zum wirtschaftlich günstigsten Preis zu verpflichten. Die grosse Herausforderung dabei war, mit den zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Projekt- und Ausführungskenntnissen die zu erbringenden Leistungen mit dem dabei herrschenden Umfeld und den Baustellenbedingungen so zu beschreiben, dass die Anbieter taugliche Konzepte und realistische Preise offerieren konnten. Es war nicht möglich, ein detaillier-
Damit die hohe Qualität der Messungen auf den komplexen Tunnelbaustellen erzielt werden kann, mussten frühzeitig bei der Projektierung und anschliessend bei der Ausschreibung und Vergabe der Vortriebs- und Rohbauarbeiten die notwendigen Messbedingungen festgelegt und eingebracht werden. Die grosse Herausforderung war, alle möglichen kritischen Situationen voraus zu erkennen, die daraus abgeleiteten Massnahmen bei den Projektierenden und in den SubmissionsDokumenten und Verträgen mit den Rohbauunternehmen durchzusetzen. Neben konstruktiven, baulichen Massnahmen waren dabei Dispositionen für die Arbeitssicherheit, für den Zeitpunkt und die Dauer von Messeinsätzen, für ein akzeptables Tunnelklima beim Messen, für das Freihalten von Visuren bis zu den Transporten der Messequipen zu regeln. Die Herausforderung war, alle möglichen Leistungen der Unternehmer für die bauherrenseitige Vermessung so vollständig wie möglich mit der Submission zu regeln. Ein Beispiel von konstruktiven Massnahmen kann am 800 m tiefen Schacht Sedrun gezeigt werden: Im Vermessungskonzept waren durch diesen Schacht eine mechanische Mehrgewichtslotung über drei Lotstellen an der Schachtwand und eine optische Lotung in Schachtmitte vorgesehen. Diese Lotungen müssen bis zum
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Abb. 3: Transformationsvektoren zwischen dem Werknetz ATG und der alten Landesvermessung LV03. Zeitpunkt des letzten Durchschlages möglich sein. Für die Vermessung sind in diesem Schacht mit einem Durchmesser von acht Metern und vollgestopft mit der Liftanlage und Leitungen jeder Art Lotungs-Korridore so offen zu halten, dass diese Messungen möglich sind.
ATG wollte von der hohen Qualität der neuen Landesvermessung profitieren. Gleichzeit war zu berücksichtigen, dass alle bestehenden Projektunterlagen von ATG lückenlos auf die alte Landesvermessung referenziert waren. Es war zu entscheiden, ob alle bestehenden Projektunterlagen in die neue Landesvermessung transformiert werden sollten, oder ob das auf den Grundlagen der neuen Landesvermessung erstellte Werknetz in die alte Landesvermessung eingepasst werden sollte. Die technische Machbarkeit beider Varianten wurde geprüft und bestätigt. Weil der Aufwand für die Transformation aller bestehenden Projektunterlagen in die neue Landesvermessung zusammen mit allen Projektierenden als gross und fehleranfällig beurteilt wurde, kam zum Schluss der Entscheid auf die Einpassung in die alte Landesvermessung zustande. Bei der praktischen Umsetzung musste mit entsprechenden Massnahmen sichergestellt werden, dass bereits ausgeführte Absteckungen aus dem Netz der zu diesem Zeitpunkt gültigen alten Landesvermessung mit dem Werknetz von ATG in Übereinstimmung gebracht werden konnten. So wurde zum Beispiel der Zugangsstollen zum Schacht Sedrun noch
auf den Grundlagen der alten Landesvermessung aufgefahren. Eine organisatorische Herausforderung war die Kommunikation dieser Festlegungen unter allen Projektbeteiligten Vermessern und Projektierenden.
Überwachungsarbeiten Aus aktuellen Erfahrungen (Zeuzier, Gotthard Strassentunnel) wussten wir, dass als Folge der Gebirgsentwässerung durch den Tunnelbau an der Oberfläche Setzungen entstehen können. Der Vortrieb des GBT von Sedrun nach Faido unterquert drei Stauanlagen im gefährdeten Setzungsbereich. Im Rahmen der Risikoüberlegungen der ATG wurde eine mögliche Beeinträchtigung der Sicherheit und der Betriebsfähigkeit dieser Stauhaltungen durch die Tunnelvortriebe frühzeitig als massgebende Gefahr erkannt. Ein Vortrieb ohne unzulässige Beeinträchtigung der Stauanlagen gehörte deshalb zu den obersten Projektzielen. Dementsprechend wurden umfangreiche vermessungstechnische und bauliche Massnahmen in das Projekt integriert. Die Vermessung wurde gefordert, vom Tunnelvortrieb verursachte Geländedeformationen an der Oberfläche bei den
Tunnelabsteckung: Grundlagennetz Lage/Höhe Eine fundamentale Voraussetzung für eine erfolgreiche Tunnelabsteckung ist der Aufbau eines präzisen und homogenen übertägigen Werknetzes über den ganzen Projektperimeter. Als 1995 dieses Netz realisiert wurde, war das Bundesamt für Landestopographie mit dem Aufbau eines modernen GPS-Referenznetzes und einem neuen Höhenbezugsrahmen, dem «Neuen Landeshöhennetz LHN95», mit denen die alte Landesvermessung abgelöst werden sollte, beschäftigt.
Abb. 4: Linienführung des Gotthard-Basistunnels im Bereich der Stauanlagen Curnera, Nalps und Sta.Maria auf dem Projektabschnitt Sedrun – Faido. 29
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Stauanlagen und in deren Vorfeldern jederzeit in hoher Genauigkeit zu erkennen. Das Messkonzept umfasste im Wesentlichen die Überwachung von Talquerschnitten bei den Staumauern und in deren Vorfeldern, ein ausgedehntes Netz von über 100 km Nivellementslinien längs und quer zur Tunnelachse an der Oberfläche und in Kraftwerksstollen sowie mehrere Einzelpunkte an schwer zugänglichen Punkten. Aus den Präzisionsnivellements und den Einzelpunkten sollen periodisch – mindestens jährlich – die Ausdehnung und der Betrag von Setzungsmulden festgestellt werden. In den Talquerschnitten müssen Talflankenbewegungen permanent, mit einer Messtoleranz von ± 4 mm erfasst werden. Die grosse Herausforderung bestand darin, einen Vermessungsunternehmer zu finden, der diese Anforderungen zu einem wirtschaftlich günstigen Preis umsetzen konnte. Zum Zeitpunkt der Ausschreibung dieser Arbeiten (1989/1990) waren wichtige notwendige Technologien und Instrumentarien entwickelt, jedoch zum Teil noch in der Einführungsphase: Vollautomatische Präzisions-Tachymeter, GPS-Empfänger, Meteo-Sensoren, automatische Steuerung der Mess-
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abläufe und Datenübertragung via ISDN/GSM-Verbindungen, autonome Energieversorgung, Datenverwaltungsund Auswertungssoftware. Das raue Klima stellt besondere Bedingungen an die Messanlage. Tiefe Temperaturen, grosse Schneemengen im Winter mit Lawinenniedergängen oder starke elektrostatische Entladungen im Sommer dürfen die Messanlagen nicht behindern. Ein grosser Teil der Messpunkte ist im Winter während 5–6 Monaten nicht begehbar. Es war nicht selbstverständlich, einen Anbieter zu finden, der aus all den Einzelkomponenten ein taugliches, auf eine Messdauer von 20–25 Jahre ausgelegtes Messsystem in dieser Hochgebirgsregion aufbauen und betreiben konnte. Dank einem mindestens zweijährigen Betrieb der Messanlage ohne Beeinflussung durch den Tunnelvortrieb konnten aussagekräftige Informationen zum «Normalverhalten» der Talquerschnitte erfasst werden.
Sorgfalt aller direkt und indirekt Beteiligten bewältigt werden. Die intensive Zusammenarbeit mit den Eidg. Technischen Hochschulen, dem Bundesamt für Landestopographie, der eidgenössischen Vermessungsdirektion und den kantonalen Vermessungsämtern hat massgebend zum Erfolg beigetragen. Die jeweiligen Geschäftsleiter der AlpTransit Gotthard AG haben die Bedeutung und Notwendigkeit der Vermessung erkannt und deren Anliegen respektvoll unterstützt. Die weiteren Beiträge in diesem Heft zeigen, wie die vielen Herausforderungen von den verschiedenen Projektmitarbeitenden angegangen und gelöst wurden und bis zum Projektabschluss noch gelöst werden.
Schlussbemerkungen Diese und viele weitere Herausforderungen an die Vermesser am GBT konnten dank dem grossen Engagement, dem Know-how, der Kreativität und der hohen
Franz Ebneter Kreuzbuchstrasse 123 CH-6006 Luzern fh.ebneter@hispeed.ch
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Die Vermessung des längsten Eisenbahntunnels der Welt Die Sicht des Experten des Bauherrn Der Gotthard-Basistunnel ist auch aus vermessungstechnischer Sicht eine grosse Herausforderung. Der Autor hatte während mehr als 20 Jahren als externer Geodäsie-Experte des Bauherrn gewirkt und hatte so die Möglichkeit, eine tiefe Einsicht in die Bedürfnisse und Abläufe eines solch riesigen Projektes zu erhalten. In der langen Zeit von den ersten Studien bis zur Projektierung und zum Hauptdurchschlag wurden viele Entscheide getroffen, viele Probleme gelöst und eine Menge Erfahrungen gesammelt. Im vorliegenden Artikel beschreibt der Autor aus der Perspektive des Ingenieurs und des Professors die wesentlichen Schritte, die wichtig waren und im Hinblick auf zukünftige Projekte wichtig sein werden. Le tunnel de base du S. Gotthard est aussi un défi technologique en matière d'ingénierie géodésique. L’auteur a été pendant plus de 20 ans, consultant de la direction de l’ouvrage. Il avait ainsi la possibilité de connaitre à fond les besoins et les processus d'un tel projet gigantesque. Dans cette longue période des premières études, à la planification, jusqu’au récent percement principal quantités inimaginables de.décisions ont été prises, de problèmes ont été résolus et d’expériences ont été accumulées. Avec le présent article l’auteur décrit dans la perspective de l’ingénieur et du professeur les étapes importantes des activités qui resteront fondamentales dans le cadre de projets futurs. La galleria di base del S. Gottardo è una sfida tecnologica anche dal punto di vista dell’ingegneria geodetica. L’autore è stato per più di 20 anni il consulente esterno per la geodesia del committente. Ha avuto così l’opportunità di conoscere a fondo esigenze e procedimenti di un tale progetto gigantesco. Nel lungo periodo dai i primi studi, alla progettazione fino all’attuale caduta dell’ultimo diaframma sono state prese decisioni, risolti problemi e raccolte esperienze in quantità inimmaginabile. Nel presente articolo l’autore cerca di descrivere dal punto di vista dell’ingegnere e del professore gli eventi salienti dell’attività svolta che avranno di nuovo grande importanza nel quadro di progetti futuri.
A. Carosio
Eine Herausforderung aus allen Perspektiven Die Tunnelvermessung ist eine technische und organisatorische Herausforderung auch aus dem Blickwinkel des Bauherrn. Die Dauer des Projektes erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte. Dadurch entstehen hohe organisatorische Anforderungen. Die gewonnenen Erfahrungen sind über die Zeit zu erhalten. Man muss mit Personalwechsel und Reorganisationen rechnen. Mit der heutigen Dynamik ist anzu-
nehmen, dass die geplanten Verfahren dem technischen Fortschritt mehrmals angepasst werden müssen. Vermessungsleistungen werden von unterschiedlichen Partnern benötigt: zuerst von den projektierenden Ingenieuren, später von den Tunnelbaufirmen und dann von den Verantwortlichen der Bahntechnik und vom Bauherrn für die Überwachung und die Dokumentation des Bauwerks. Die Vermessungsingenieure müssen in allen Bauphasen Aufträge erhalten und sie schnell und zuverlässig erledigen. Der Bauherr muss die Bedürfnisse fristgerecht erkennen, die entsprechenden Anweisungen erteilen und die
Ergebnisse überprüfen und genehmigen. Er muss daher möglichst früh Vermessungsspezialisten beauftragen (z.B. ein Vermessungskonsortium) aber auch über eigene Fachleute verfügen, die in seinem Namen Entscheide treffen, Leistungen anfordern und überprüfen. Es ist vor allem zu beachten, dass die ersten Vermessungsarbeiten vor der Wahl des Vermessungskonsortiums und vor der Wahl der Tunnelbaufirmen benötigt werden. Für den Gotthard-Basistunnel hatten die SBB zu Beginn die Funktion des Bauherrn. Sie verfügten über eine effiziente und erfahrene Vermessungsabteilung, die die erforderlichen Kompetenzen besass. Die Vielfalt der Aufgaben und vor allem die Dringlichkeit der erforderlichen Vermessungsleistungen und -untersuchungen sprachen für die Ernennung eines externen Experten des Bauherrn, um die SBBFachleute zu unterstützen. Als frisch gewählter Professor der ETH Zürich mit kompetenten Mitarbeitenden und einigen Jahren Erfahrung in der Ingenieur- und Landesvermessung war ich an der Aufgabe interessiert und erhielt 1991 diesen Auftrag, der bis heute dauert.
Einflüsse der Vergangenheit Als 1972 die SBB das Projekt für einen Gotthard-Basistunnel realisieren wollten, erteilten sie der ETH Zürich den Auftrag für die Grundlagenvermessung (hochgenaue Bestimmung der Portale, um später die Tunnelarbeit steuern zu können). Die Aufgabe war in der damaligen Zeit an der Grenze des Machbaren. Distanzmessgeräte für lange Strecken standen nur an der ETH zur Verfügung. Nur die neue Computertechnologie ermöglichte die komplexen Auswertungen, und nur wenige Fachleute konnten diese Möglichkeiten nutzen. Beauftragt wurde Prof. Dr. Fritz Kobold, Vorsteher des Instituts für Geodäsie und Photogrammetrie (IGP) der ETH Zürich, der die technische Leitung des Projektes dipl. Ing. Peter Gerber anvertraute. Dieser führte den Auftrag mit grossem Einsatz aus. Er gestaltete die Triangulations31
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Meine ersten Aufgaben für den Gotthard-Basistunnel
Abb.1: Das Geoidmodell der Schweiz. netze, berechnete die erreichbaren Genauigkeiten, beschaffte die neuesten Messgeräte, plante die Helikoptereinsätze und lieferte fristgerecht die erforderlichen genauen Koordinaten aus. Die durchgeführten Studien wurden später in einer Dissertation zusammengefasst (1). Die Politik verzichtete aber aus finanziellen Gründen auf eine sofortige Realisierung des Tunnels. Gleichzeitig wurden von Prof. Kobold die Studien über das Geoid der Schweiz initiiert (wahrscheinlich ohne zu ahnen, welche Bedeutung sie für den späteren Basistunnel erlangen würden) (2). Diese bahnbrechenden Arbeiten wurden von Kobolds Nachfolger, Prof. Dr. Max Schürer (Prof. der Uni Bern, Lehrbeauftragter an der ETH) fortgesetzt. Das Ergebnis war ein operationelles Computer-Geoidmodell der Schweiz, das in jedem Ingenieurbüro eingesetzt werden konnte (3). Die Schweiz war so das einzige Land mit einem Geoid-Modell, für jedermann zugänglich und in einer operationell brauchbaren Genauigkeit (Sigma der Lotabweichung 0.3 mGon, Sigma der Geoidhöhe lokal 1 cm, landesweit 10 cm). Die Professur für Geodäsie und Geodynamik unter der Leitung von Prof. HansGert Kahle setzte die Forschung in diesem wichtigen Bereich fort und berücksichtigte neben den astrogeodätischen auch die gravimetrischen Komponenten und verbesserte die instrumentelle Infrastruktur. So konnte 1997 ein neues und besseres Geoidmodell der Schweiz operationell werden (4). Das neue Modell war zum richtigen Zeitpunkt bereit, um für die Auswertungen am Gotthardtunnel eingesetzt zu werden. 32
Als ich 1987 die Professur am IGP übernahm, stellte ich fest, dass in der Praxis die neuesten Entwicklungen der modernen Geodäsie bekannt waren, aber dass oft die praktische Erfahrung fehlte, um sie mit Vorteil in Projekten einzusetzen. Gerade zu dieser Zeit sprach man von einer Wiederaufnahme des Gotthard-Tunnelprojektes, und die Arbeiten am Eurotunnel unter dem Ärmelkanal waren startbereit. Aus regionalpolitischen Gründen wurden dort lokale, nicht besonders erfahrene Firmen aus Grossbritannien und Frankreich beauftragt. Bald traten technische Schwierigkeiten in Erscheinung. Deutsche Vermessungsingenieure wurden dann beigezogen, um die Arbeit zu unterstützen. Sie waren unter den gegebenen Umständen erfolgreich. Der Durchschlagsfehler von 35 cm war allerdings grösser als erwartet; Ursache des grösseren Fehlers war die ungenügende Berücksichtigung der Refraktion im Tunnel, die Vernachlässigung der Lotabweichung und Schwächen bei den Portalorientierungen. Diese Situation war am IGP vor dem Durchschlag am Eurotunnel bekannt. Einen ersten Auftrag für den GotthardBasistunnel erhielt ich 1990, die neu möglich gewordenen GPS-Messungen mit den Messungen der Triangulation Kobold der 70er Jahre zu vergleichen. Weitere Abklärungen in Zusammenhang mit dem damaligen Stand der Technik und mit dem Umfang der vorhandenen Vermessungsgrundlagen kamen unmittelbar danach. Die am Ärmelkanal festgestellten Mängel hätten für den Gotthardtunnel verheerende Folgen gehabt, da die Orientierung wegen der Tunnellänge mit Kreiselmessungen im Tunnelinnern verbessert werden muss und die unberücksichtigten unregelmässigen Lotabweichungen des Alpenraums die Kreiselnordrichtung sehr stark verfälscht hätten. Man muss wesentlich bessere Modelle für die Auswertung einsetzen, um eine den heutigen Anforderungen entsprechende Genauigkeit
Abb. 2: Student mit F. Ebneter, A. Gisi und A. Carosio im Sicherheitsstollen des Gotthard-Strassentunnels (Airolo 1992). zu erreichen. Ich konnte damit weitere Studien begründen, die von meiner Forschungsgruppe aus eigener Initiative mit ETH-Krediten in Angriff genommen wurden. Im Einvernehmen mit den damaligen Kollegen F. Chaperon und H. Matthias beantragte ich die Beschaffung (bei DMT in Deutschland) eines Kreiseltheodoliten höchster Genauigkeit und einen Forschungskredit, um die erforderlichen mathematischen Modelle zu entwickeln und zu erproben. Die ETH war weitsichtig. Der Vizepräsident Dienste (C.A. Zehnder) bewilligte die Finanzierung beider Vorhaben, und so konnte die ETH ab 1992 eine Reihe Untersuchungen durchführen. Da wir über eine Klimakammer verfügen, die auch für hochgenaue Richtungsmessungen ausgerüstet ist, konnten wir auch umfassende und realitätsnahe instrumentelle Analysen gestalten. Die wichtigsten Arbeiten in dieser Anfangszeit waren allerdings die Studien über die Wirkung auf die Kreiselazimute des unregelmässigen Schwerefeldes im Alpengebiet und über die Möglichkeit, sie rechnerisch mit dem verfügbaren Geoidmodell (Lotabweichungen) zu korrigieren. Weitere Abklärungen richteten wir auf die Genauigkeitsschätzung der vorgesehenen Messungen unter realitätsnahen Bedingungen. Damit konnte man die erreichbaren Durchschlagsgenauigkeiten realistisch schätzen (5), (6), (7), (8), (9).
AlpTransit AlpTransit Gotthard Gotthard
c) Die Kombination von terrestrischen Messungen und Satellitenbeobachtungen in ebenen Netzen (11). Diese Verfahren werden noch heute in der Praxis täglich eingesetzt und sind die Standardverfahren, die für die Auswertung und Beurteilung der geodätischen Messungen des Gotthardtunnels verwendet werden. Sie werden ebenfalls für den Lötschberg- und Monte-Ceneri-Tunnel gebraucht. Abb. 3: Diplomvermessungskurs in Lugano 1994.
Operative Mitwirkung
Der Wissenstransfer
Die Aufgaben des Geodäsie-Experten ändern mit der Zeit. Während in der ersten Phase die wissenschaftlichen Abklärungen im Vordergrund standen, begann ich mich 1994 auch mit dem operativen Teil der Tunnelvermessung zu befassen. Ich wirkte mit den anderen Experten (F. Ebneter, K. Egger und St. Flury) im Redaktionskomitee des Vorprojekts mit, in welchem die Anforderungen an die Vermessung des Gotthard-Basistunnels formuliert wurden. Die bereits erwähnten ETH-Untersuchungen (Simulationen, Zuverlässigkeitsindikatoren usw.) fanden dabei Anwendung. Das Vorprojekt war die Grundlage für die internationale Ausschreibung der Vermessungsarbeiten. Anfangs 1995 war ich dann Mitglied der Evaluationskommission, die unter der Lei-
Da 1992 das Projekt des Gotthard-Basistunnels vom Volk angenommen wurde, war der dringende Technologie-Transfer in die Praxis ein grosses Anliegen. Dies geschah zum Teil durch Beteiligung von Institutsmitarbeitern und auch von Studierenden an den Untersuchungen. Sie konnten damit Fachwissen sammeln und weiterentwickeln. Das Publikationsverzeichnis zeigt die Namen der Autoren der damaligen Studien. Sie waren später mehrheitlich am Erfolg der Vermessungsarbeiten am Gotthard als Verantwortliche im Vermessungskonsortium direkt beteiligt und konnten dort ihr Wissen mitbringen und einsetzen. Die erfolgreiche Nachwuchssicherung war daher eine indirekte Folge des Expertenauftrags. Eine weitere wichtige Folge der Expertentätigkeit für den Gotthard-Basistunnel war eine erfolgreiche Serie von Weiterbildungsseminaren über aktuelle Themen der Ingenieurgeodäsie (Messtechnik, Auswerteverfahren, Geoid, Kreiseltheodolite usw.), die wir 1993 und 1994 im Hinblick auf die zukünftige Tunnelprojekte organisierten, in welchen die Autoren unserer Untersuchungen über die praktischen Folgen der Resultate orientierten. Es gibt gute Gründe zu glauben, dass die Ergebnisse der internationalen Ausschreibung der Tunnelvermessung des Basistunnels von diesen mehrmals wiederholten Seminaren massgebend beeinflusst wurden. Die Angebote der schweizerischen Firmen waren in allen Hinsichten am erfolgreichsten. Sie konnten sich für
die Aufträge in allen Losen von AlpTransit durchsetzen. Die ETH hatte für den Wissenstransfer fristgerecht und erfolgreich gesorgt und wirksame Voraussetzungen für die Nachwuchsförderung geschaffen.
Weitere Forschungsaktivitäten In der gleichen Zeit wurden andere Forschungsprojekte zu Ende geführt, die ebenfalls für die Alpentransversalen, wenn auch indirekt, von Bedeutung waren: a) Das Zuverlässigkeitsmodell für die Schweizerische Landesvermessung, in der Praxis bekannt unter dem Begriff «Zuverlässigkeitsrechtecke» (10). b) Methoden der Robusten Statistik in der Geodäsie (12), (13).
Abb. 4: Seminarprogramm 1994.
Abb. 5: Vorprojektbericht vom April 1994. 33
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nen Expertisen im Auftrag vom Vermessungskonsortium VIGBT ausgeführt. Auf Wunsch der AlpTransit AG und VIGBT wurden Teile der Kreiselazimute auch vom Instrumentenhersteller (DMT Essen) und von der Uni der Bundeswehr gemessen, um von Zeit zu Zeit eine unabhängige Kontrolle zu haben.
tung von Vermessungsdirektor W. Bregenzer Offerten bewertete und zur Auftragserteilung an das Vermessungsingenieurkonsortium VIGBT für den Gotthard-Basistunnel führte. Nach der Auftragserteilung an das Vermessungsingenieurkonsortium übergab der Bauherr die Verantwortung den beauftragten Vermessungsingenieuren. Trotzdem blieb die Bedeutung der ETH für die Tunnelvermessung am Gotthard nicht weniger wichtig.
Forschung nach Bedarf Wenn Fragen auftauchten oder Unsicherheiten bestanden, starteten wir Studien über die aufgetretenen Unklarheiten. Die Ergebnisse wurden sofort dokumentiert und AlpTransit Gotthard AG und den Vermessungsingenieuren zur Verfügung gestellt, z.B. (14), (15), (16), (17). Die Forschungsarbeiten und ihre Ergebnisse fanden national und international Relevanz. Sie wurden oft an internationalen Kongressen präsentiert und in Proceedings und Fachzeitschriften veröffentlicht.
Überprüfung der Vermessungsleistungen Im Laufe der Zeit erhielt ich in zunehmendem Mass Berichte mit Ergebnissen von Vermessungsleistungen zur Überprüfung. Diese Arbeit dient zur Risikominimierung. In der Regel werden dabei keine bedeutenden Mängel festgestellt. Die Überprüfung gibt aber Gelegenheit, technische Herausforderungen zu besprechen, Alternativen zu vergleichen und allfällige Verbesserungen zu planen.
Abb. 6: Die laufenden Expertisen. 34
Abb. 7: Systematische Fehler und Nivellemente. Es gab wenige Ausnahmen: 1991 konnte ein Implementierungsproblem beim Geoidmodell identifiziert werden, welches je nach Installation andere Ergebnisse lieferte. Die Ursache konnte korrigiert werden, bevor die Tunneltrassierung beeinflusst wurde. Später (1998) tauchte ein Problem mit den damals neuen Digitalnivelliergeräten der höchsten Genauigkeitsklasse auf. Es gab systematische Höhenfehler bei Messungen unter Tag. Die Fehlerquelle konnte identifiziert werden. Das Vermessungskonsortium des Lötschbergtunnels entwickelte eine homogene Lattenbeleuchtung mit LED und Dank neuen Einsatzregeln für diese Instrumente konnten die Messungen im Basistunnel so durchgeführt werden, dass systematische Einflüsse immer im vernachlässigbaren Bereich blieben.
Die Azimutmessungen mit dem Kreiseltheodoliten Während den Tunnelarbeiten wurde das Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der ETH Zürich periodisch beauftragt, im Tunnel Kreiseltheodolitmessungen durchzuführen. Da die ETH als einzige Institution der Schweiz ein solches Gerät besass und in der Lage war es auch zu kalibrieren, waren diese Messungen notwendig. Um die Unabhängigkeit meiner Expertenfunktion nicht zu gefährden, wurden diese Arbeiten mehrheitlich von D. Salvini selbstständig und unabhängig von mei-
Abb. 8: Der Kreiseltheodolit der ETH Zürich im Einsatz im Gotthardtunnel.
Die wichtigste Aufgabe des Experten des Bauherrn Ein externer Experte ist in der ersten Phase des Projektes eine Anlaufstelle für wissenschaftliche Untersuchungen. Er hat oft auch eine beurteilende Funktion. Während der ganzen Zeit, aber vor allem bei der Arbeitsausführung, hat er eine sehr wichtige Sicherungsaufgabe für den Notfall. Bei unerwarteten Ereignissen sowohl im technischen als auch im organisatorischen Bereich kann er mit seinem Mitarbeiterstab die primär Verantwortlichen unterstützen oder notfalls ersetzen. Das Unerwartete kann nicht geplant werden, man kann höchstens versuchen, Risikoszenarien zu konstruieren. Dies wurde von AlpTransit Geomatik zusammen mit VIGBT und mit dem hier schreibenden Experten auch getan. Glücklicherweise konnte man feststellen, dass die geplanten Massnahmen bis zuletzt hinreichend waren. Wir sind von Notfallsituationen
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verschont geblieben. Es wäre aber unverantwortlich gewesen, sich nicht auch auf solche Ereignisse vorzubereiten.
Abschliessende Bemerkungen Die Vermessung eines modernen Tunnelsystems ist keine Routinearbeit. Es braucht kompetente, erfahrene und ausgewiesene Geomatikingenieure, die auch unerwartete Ereignisse meistern können. Voraussetzung für die Erteilung der Aufträge der Ingenieurvermessung ist die Festlegung von strengen Kriterien für die Bewerber, die sich über hinreichende Referenzen bei vergleichbaren Arbeiten auszuweisen haben. Ebenfalls müssen die Bewerber über einen Mitarbeiterstab verfügen, in welchem Ingenieure mit universitärer Ausbildung und Fachhochschuldiplomierte geodätischer Richtung zum ständigen Personalbestand gehören. Ausbildung und Erfahrung können nicht improvisiert werden. Man muss beachten, dass die Vermessungsleistungen über Jahrzehnte zu erbringen sind und dass in dieser Periode Mitarbeiter das Rentenalter erreichen oder sich sonst anders orientieren können. Die gewählte Firma muss Gewähr bieten, dass eine Kontinuität in der Kompetenz unter allen Umständen gesichert ist. Das leitende Personal muss die heute erforderliche TBM-Genauigkeit schon bei Projektbeginn garantieren können und muss die wissenschaftlichen Entwicklungen verfolgen und die neuen Errungenschaften im Planungskonzept laufend integrieren. Ungeplante Vorkommnisse können neue Leistungen erfordern oder Notfalleinsätze verlangen. Dies kann nur ein spezialisierter Unternehmer leisten, der vielfältige Aufträge bearbeitet und in der Lage ist, Personal und Kompetenzen nach Bedarf zur Verfügung zu stellen. Für den Gotthard-Basistunnel waren diese Voraussetzungen erfüllt, und dazu sind zum Glück (oder vielleicht dank der Kompetenz der Beteiligten) keine Notsituationen oder unerwarteten Vorfälle entstanden. Die organisatorischen Voraussetzungen, um auch in einem solchen Fall
zum Ziel zu kommen, waren allerdings gegeben. Die Kosten der Vermessung im Verhältnis zu den Gesamtkosten sind sehr gering. Eine hoch qualitative Vermessung ermöglicht die Reduktion des Tunnelprofils, macht nachträgliche Profilkorrekturen überflüssig, signalisiert unmittelbar ein unerwartetes Verhalten des Gebirges usw. Sie bewirkt dadurch Einsparungen, die ohne weiteres 100 Mio. bis 1 Mia. CHF betragen können, auch wenn man sie nicht genau nachweisen kann. Es lohnt sich daher, in die Vermessungsleistungen genug zu investieren, um möglichst wenig Risiken in diesem Bereich einzugehen. Für den Gotthard-Basistunnel hat sich diese Politik bewährt. Literatur: (1) Peter Gerber: Das Durchschlagsnetz zur Gotthardbasislinie, Doktorarbeit ETH Zürich 1974. (2) Alois Elmiger: Studien über die Berechnung von Lotabweichungen aus Massen, Interpolation von Lotabweichungen und Geoidbestimmung in der Schweiz, Doktorarbeit ETH Zürich 1969. (3) Werner Gurtner: Das Geoid in der Schweiz, Doktorarbeit ETH Zürich 1978, www.igp-data.ethz.ch/berichte/Blaue_ Berichte_PDF/20.pdf. (4) Urs Marti: Integrierte Geoidbestimmung in der Schweiz, Doktorarbeit ETHZ 1997), http://e-collection.ethbib.ethz.ch/eserv/ eth:40540/eth-40540-01.pdf. (5) M. Zanini: Hochpräzise Azimutbestimmung mit Vermessungskreiseln, IGP Bericht 209, ETH Zürich 1992, www.igp-data.ethz.ch/berichte/Graue_Berichte_PDF/ 209.pdf. (6) K. Maser: Alptransit, Portalnetz Polmengo. Absteckung des Portals des Sondierstollens zur Untersuchung der Pioramulde, IGP Bericht 213, ETH Zürich 1993, www.igp-data.ethz.ch/berichte/Graue_ Berichte_PDF/213.pdf. (7) M. Zanini, R. Stengele, M. Plazibat: Kreiselazimute in Tunnelnetzen unter Einfluss des Erdschwerefeldes, IGP Bericht 214, ETH Zürich 1993, www.igp-data.ethz. ch/berichte/Graue_Berichte_PDF/214.pdf. (8) O. Reis: Die Überprüfung des Gotthardbasisnetzes, IGP Bericht 224, ETH Zürich
1993, www.igp-data.ethz.ch/berichte/ Graue_ Berichte_PDF/224.pdf. (9) O. Reis: Calculs de simulation pour la ligne de base du St. Gothard, IGP Bericht 231, ETH Zürich 1994, www.igp-data. ethz.ch/berichte/Graue_Berichte_PDF/231 .pdf. (10) A. Carosio, Hsg.: Zuverlässigkeit in der Vermessung Weiterbildungstagung ETHHönggerberg 15. und 16. März 1990, www.igp-data.ethz.ch/berichte/Graue_ Berichte_PDF/169.pdf. (11) A. Carosio: La combinaison de mesures terrestres et par satellite dans les réseaux planimétriques, Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik 10/1992, www.igpdata.ethz.ch/berichte/Graue_Berichte_P DF/311.pdf (siehe Kap. 14). (12) Fridolin Wicki: Robuste Ausgleichung geodätischer Netze , IGP Bericht 189, ETH Zürich 1992, www.igp-data.ethz.ch/berichte/Graue_Berichte_PDF/189.pdf. (13) Fridolin Wicki, M-Schätzer: IGP Bericht 190, ETH Zürich 1992, www.igp-data. ethz.ch/berichte/Graue_Berichte_PDF/190 .pdf. (14) O. Reis: Mesures gyroscopiques et déviation de la verticale, IGP Bericht 249, ETH Zürich 1995, www.igp-data.ethz.ch/berichte/Graue_Berichte_PDF/249.pdf. (15) A. Carosio, O .Reis: Geodetic Methods and Mathematical Models for the Establishment of New Trans-Alpine Transportation Routes, IGP Bericht 260, ETH Zürich 1996, www.igp-data.ethz.ch/berichte/ Graue_Berichte_PDF/260.pdf. (16) Desiderio, R. Koch: Der Einfluss der Temperatur auf Kreiselazimute hoher Präzision., IGP Bericht 281, ETH Zürich 1998, www.igp-data.ethz.ch/berichte/Graue_ Berichte_PDF/281.pdf. (17) Dante Salvini: Deformationsanalyse im Gotthardgebiet, IGP Bericht 297, ETH Zürich 2002, www.igp-data.ethz.ch/berichte/Graue_Berichte_PDF/297.pdf.
Prof. Dr. Alessandro Carosio em. Prof. für Geoinformationssysteme und Fehlertheorie Institut für Geodäsie und Photogrammetrie ETH-Hönggerberg CH-8093 Zürich alessandro.carosio@geod.baug.ethz.ch 35
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Vermessungstechnische Herausforderung beim Bau des Gotthard-Basistunnels aus Sicht des Unternehmers Im Januar 2002 nahm die Vermessung vom Consorzio TAT für die Lose Bodio-Faido und Faido-Sedrun ihre Arbeit auf. Es erfolgte die Übergabe aller vermessungstechnischen Daten durch den Vermesser des Bauherrn, dem VIGBT (Vermessungsingenieur Gotthard-Basistunnel), an die Unternehmung. Am Anfang ein Ein-Mann-Betrieb, mussten aber schnell weitere Kollegen auf die Baustelle. Da beide Bauabschnitte gleichzeitig liefen, entschloss sich das Consorzio TAT den Sprengvortrieb in Faido, zum Bau der Multifunktionsstelle und die gesamten geotechnischen Messungen, an Amberg Technologies zu übergeben. Der maschinelle Vortrieb, der Innenausbau und die Vermessung für den Ausbruch der Querschläge blieben bei beiden Losen bei der Vermessung des Unternehmers. En janvier 2002 l’équipe de mensuration du Consorzio TAT a commencé ses travaux pour les lots Bodio-Faido et Faido-Sedrun. L’arpenteur du maître de l’ouvrage, le VIGBT (Vermessungsingenieur Gotthard-Basistunnel) a transmis toutes les données de mensuration à l’entreprise de construction qui au début a affecté une seule personne puis plusieurs au chantier. Puisque les deux lots ont été mis en chantier simultanément le Consorzio TAT décida de remettre le minage pour la construction de la place multifonction à Faido ainsi que l’intégralité des mensurations géotechniques à Amberg Technologies. Le forage mécanique, les installations intérieures et la mensuration des tunnels de liaison latéraux sont restés pour les deux lots du ressort de l’arpenteur de l’entreprise de construction. Nel gennaio 2002 il Consorzio TAT ha iniziato le opere di misurazione del lotto BodioFaido e Faido-Sedrun. Successivamente il Consorzio TAT ha consegnato al VIGBT del committente (ingegnere geometra della galleria di base del Gottardo) tutti i dati relativi alle misurazioni. All’inizio il VIGBT era solo a svolgere il suo lavoro ma è stato ben presto affiancato da altri colleghi. Visto che i due lotti procedevano in contemporanea, il consorzio TAT ha deciso di affidare alla Amberg Technologies l’avanzamento convenzionale (con esplosivo) di Faido per la costruzione del centro multifunzionale e la realizzazione di tutte le misurazioni geotecniche. I lavori di misurazione del committente si sono occupati di calcolare l’avanzamento degli scavi, l’ampliamento interno e la misurazione per ll’avanzamento convenzionale delle gallerie trasversali dei due lotti.
R. Deicke Die ersten Arbeiten waren Absteckungen auf beiden Installationsplätzen sowie das Vorbereiten des Sprengvortriebs in Faido. Letzterer wurde durch Motorlaser gesteuert und mit den Programmen TMSOffice und TMS-Setout begleitet. In den 36
Spitzenzeiten gab es bis zu zehn Angriffsstellen gleichzeitig. Die Vermessungsdaten gingen in den Bohrwagen ein, der dadurch automatisch das gewünschte Profil abbohrte. In der Multifunktionsstelle war das Gebirge sehr aktiv und so mancher Verbruch musste gemeistert werden. Intensive Deformationsmessungen in 3D sowie Messungen
Abb. 1: Motorlaser mit Massen zum Ringeinbau. mit Extensometern, Inklinometern, Tape, Druckmessdosen und Strain-Gauge machten den Vermessern das Leben schwer. Dazu immer wieder neue Kontrollen des Fixpunktnetzes gaben den Vermessern keine Ruhe. 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Nebst der vielen Arbeit im Tunnel musste auch alles ausgewertet und dokumentiert werden. Es waren lange Arbeitstage und nach 4½ Jahren war der Sprengvortrieb beendet und ~9500 m verschiedenster Tunnel ausgebrochen und gesichert. Nachdem die Tunnelbohrmaschinen beim Hersteller Herrenknecht im Werk eingemessen und mit Passpunkten versehen wurden, startete die erste im November 2002 im Tunnel Ost, die zweite im Tunnel West im März 2003. Gesteuert wurden beide Tunnelbohrmaschinen durch ein Steuerleitsystem der Firma VMT. Beide Maschinen hatten ihren Startpunkt im Berg, die Ost-TBM bei TM 2500, die WestTBM bei TM 1500. Vor dem Start der Tunnelbohrmaschinen wurde vom Portalnetz in beide Tunnel ein Vermessungsnetz gelegt, um von dort die Messpunkte für das Steuerleitsystem einzumessen. Die Netzpunkte sind Konsolen, die in der Höhe in Tunnelmitte und 1 m von der Ulme entfernt sind. Somit wurde die Refraktion sehr gering gehalten, was auch in unserer Netzauswertung zu erkennen war. Netzmessungen wurden nach ~150 m Vortrieb, mit genügend Überlappung zur vorherigen Netzmessung erweitert und
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Abb. 2: Abbildung der zu bohrenden Löcher. die entsprechenden Vermessungspunkte zur Steuerung der Tunnelbohrmaschinen und der Absteckungspunkte zum Bau der endgültigen Sohle neu bestimmt. Innerhalb der Tunnelbohrmaschinen wurden an das Vermessungsnetz zwei Polygonzüge angehängt, einer in der Lasergasse zur Steuerung der TBM, ein anderer im Sohlbereich zur Absteckung der Sohle. Im
vorderen Bereich wurden die zwei Polygonzüge zusammengeführt, um ein einheitliches Netz für die Steuerung der TBM und die Absteckung der Sohle zu garantieren. Nebst den fast wöchentlichen Netzmessungen in den beiden Tunneln und der Betreuung der Steuerleitsysteme, der Umsetzung von Lasern und der Kontrollen aller Steuerkomponenten wurde im weiter hinter liegenden Teil des Tunnels der Ausbruch der Querschläge eingemessen. Dazu kamen regelmässige Profilkontrollen in den Querschlägen sowie in den Bereichen, die einer Deformation unterlagen. Die gebohrten Tunnel wurden, bevor sie abgedichtet wurden, gescannt. Aus diesen Daten wurde die Ebenheit des Spritzbetons ermittelt, die ein wichtiger Faktor für die Abdichtung ist. Aus den Scanndaten ergaben sich auch Profildaten die später zum Innenausbau der Tunnel verwendet werden. Aus den Synopsisplänen des Innenausbaus wurden die Fugen für die Schalwagen abgesteckt. Nach der Erstellung der einzelnen Blöcke wurden Tunnelmetertafeln gesetzt und das Profil kontrolliert. Als letztes erfolgt die Absteckung und der Bau des Banketts, womit der Rohbau vollendet ist. Die gesamten Tunnelabschnitte werden erneut gescannt, um das Licht-
Abb. 3: Verschiedenste Einbauteile zur Deformationsmessung.
Abb. 4: Tunnelbohrmaschine im Werk Herrenknecht.
Abb. 5: Komponenten des Steuerleitsystems. 37
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Abb. 6: Netzkonfiguration. raumprofil nachzuweisen und eventuelle Risse im Beton zu erkennen, damit diese, falls nötig, saniert werden können. Zur gleichen Zeit liefen Absteck- und Kontrollvermessungen in Faido in der Multifunktionsstelle. Im Moment finden Betonarbeiten in den vier Tunnelverzweigungen, Verbindungstunneln, Abluftstollen, Absaugstollen und Seitenstollen statt. Die Vermessung der Hauptpunkte vom Unternehmer wurden alle 500–800 m vom VIGBT kontrolliert. Die Abweichungen betrugen in all den Jahren in Lage und Höhe nur wenige mm. Gearbeitet wird in der Vermessung in Dekaden: neun Tage Arbeit, fünf Tage frei.
Abb. 8: Bau des Banketts.
Abb. 7: Messkonsole mit Standbühne. In den Spitzenzeiten waren in Bodio und Faido 18 Personen in der Vermessung tätig, heute sind es nur noch neun Personen. Nun ist es im Tunnel Ost endlich soweit. Der Durchschlag erfolgte am 15. Oktober 2010 und somit ist die Oströhre von Bodio bis Erstfeld durchgängig, 57 Kilometer. Durch die gute Zusammenarbeit zwischen dem VIGBT, Amberg Technologies als Subunternehmer in der Vermessung und der Vermessung des Consorzio TAT
konnte das gute Durchschlagsergebnis von 8 cm quer, 0 cm hoch und 14 cm längs erreicht werden. Glück auf zusammen.
Reinhard Deicke Consorzio TAT Isengrundstrasse 18 CH-8134 Adliswil reinhard.deicke@tat-ti.ch
Abb. 9: Fertiger, ausbetonierter Tunnel. 38
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Steuerung der Tunnelbohrmaschine am Gotthard Besondere Anforderungen des Tunnelvortriebs am Gotthard stellten hohe Herausforderungen an die Navigationssysteme der vier Tunnelbohrmaschinen. Zusätzliche Beeinträchtigungen durch parallel zum Vortrieb vorgenommene Tunnelarbeiten (Staub, Hitze, Vibrationen) verhinderten einen normalen Messablauf. Im Artikel wird vorgestellt, wie durch Auswahl an Materialien und durch Änderung der Vermessungsabläufe trotzdem eine sichere Navigation der Tunnelbohrmaschinen gewährleistet werden konnte. Les exigences particulières de l’avancement du perçage du Gothard ont posé des défis élevés aux systèmes de navigation des quatre tunneliers. Des entraves supplémentaires par des travaux entrepris en parallèle au perçage (poussière, chaleur, vibrations) ont empêché une procédure de mensuration normale. Dans le présent article ont décrit comment, par le choix des matériaux et par la modification des procédés de mesurage la navigation des tunneliers a néanmoins pu être assurée. Le esigenze particolari nell’avanzamento della galleria del Gottardo hanno rappresentato grandi sfide per i sistemi di navigazione delle quattro perforatrici. Ulteriori perturbazioni (polvere, calore, vibrazioni) dovute alle opere realizzate parallelamente nella galleria non hanno permesso di avere delle condizioni ideali per lo svolgimento delle misurazioni. In quest’articolo viene illustrato come si è riusciti a garantire una guida sicura delle perforatrici in base alla giusta scelta di materiali e al cambiamento delle abitudini di misurazione.
M. Messing Die Steuerung einer Tunnelbohrmaschine (TBM) ist vergleichbar mit der eines Supertankers: die Wirkung einer Kurskorrektur wird erst viel später sichtbar. Erfahrene Maschinenführer kennen das Verhalten «ihrer» Maschine bei unterschiedlichsten geologischen Bedingungen. Dabei ist eine genaue und zuverlässige Positionsbestimmung der TBM die wichtigste Information zur Steuerung. Obwohl die TBM sich eher langsam vorwärts bewegt, kann sie vom geplanten Kurs abkommen und die geforderte Genauigkeit von 100 mm um die geplante Achse überschreiten. Dies zu vermeiden, ist bei einem Tunnel dieser Länge eine echte Herausforderung, die nur durch eine perfekte Abstimmung zwischen Vermessung und Maschinenführung gemeistert werden kann. Sämtliche geodätischen In-
formationen müssen über klassische Polygonierung von aussen nach vorne in den Vortrieb getragen werden. Im Maschinenbereich steht hierzu nur ein «Laserfenster» an der Tunnelwand zur Verfügung, das sich über den gesamten Nachläuferbereich bis nach vorne hinzieht. Eine Besonderheit beim Gotthard-Projekt war ausserdem die gleichzeitig zum Vortrieb durchgeführten verschiedenen Tunnelarbeiten. Dementsprechend war das Maschinen- und Nachläuferkonzept ausgelegt. Deshalb musste sich auch das Steuerleitsystem diesen Gegebenheiten anpassen.
Anforderungen an das Steuerleitsystem (Navigationssystem) Ein Steuerleitsystem entspricht einem Navigationssystem. Es gibt Informationen zur Einleitung der Steuerung bzw. Kurskorrektur. Deshalb ist es unabdingbar,
dass die aktuelle Position der TBM in Bezug auf die geplante Tunnelachse ständig präsent ist und angezeigt werden muss. Da eine Verfügbarkeit der TBM-Position von 98% gefordert wird, ist eine permanente Einmessung der TBM-Position erforderlich. Zusätzlich sind die Längs- und Querneigungswerte der TBM ununterbrochen zu erfassen und darzustellen. Eine Statusanzeige aller relevanten Sensorkomponenten des Leitsystems ist genauso gefordert wie eine automatisierte Richtungskontrolle. Üblicherweise werden Navigationsaufgaben mit Hilfe von GPS gelöst. In einem Tunnel hat man jedoch keinen Satellitenempfang und muss daher auf klassische Weise unter Zuhilfenahme von motorisierten Vermessungsinstrumenten für die Positionsbestimmung sorgen.
Besonderheiten der Gotthard-Systeme Bei den Projekten des Gotthard Tunnels sind für die Abschnitte Nord und Süd zwei unterschiedliche Nachläuferkonzepte eingesetzt worden. Um diesen Gegebenheiten gerecht zu werden, mussten unterschiedliche Navigationssysteme konzipiert werden, jedoch mit gleichen Hardwarekomponenten. Dazu gehörten motorisierte Tachymeter, elektronische Inklinometer zur Bestimmung von Neigungen sowie die softwaregesteuerten Klappprismen, welche die Passpunkte darstellten. Zusätzlich wurden geometrische Maschinendaten (Zylinderhub) von der SPS der TBM kontinuierlich gespeichert und zur Berechnung der aktuellen Position herangezogen. Gleichzeitig zum Vortrieb sollten Spritzbetonarbeiten, Netz- und Bogeneinbau und Ankerbohrungen durchgeführt werden können. Diese beeinträchtigten natürlich die Sicht zu den Maschinenpasspunkten, weshalb ein klassisches Vermessungsverfahren nicht mehr einsetzbar war. Ausserdem wurden die Hardwarekomponenten, von der Totalstation über den Rechner bis zu den Motorprismen, durch die auftretenden Vibrationen äusserst beansprucht. 39
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bewegliche Nachläufer, während Vortrieb
Maschinenprismen
Während Vortrieb kurzzeitstabil (stehend)
Vorlegeschienen Maschinen-TCA mit AD-12
Zweiachsiges Inklinometer
Abb. 1: Nachläuferkonzept im Gotthard-Nord Abschnitt.
Steuerleitsystem im Abschnitt Gotthard-Nord – Amsteg Im Nordabschnitt wurden die ersten drei Nachläufer während eines Vortriebs über Vorlegeschienen mitgezogen. Die folgenden Nachläufereinheiten hingen auf Rollkonsolen an der Wand und wurden erst nach dem Vortrieb mitgezogen (Abb. 1). Damit war dieser Bereich kurzzeitstabil und konnte für eine Einmessung des Bohrkopfes verwendet werden. Allerdings nur in einem unteren «Laserfenster». Die Koordinaten und die Orientierung für die automatische Totalstation mussten daher im unteren Bereich nach jedem Vortrieb neu bestimmt werden. Das wurde in diesem Abschnitt über das regelmässige Vortragen von Passpunkten im Sohlbereich realisiert. Für die Einmessung von Vorlegeschienen, auf denen der
Abb. 2: Totalstation Gotthard-Nord. 40
erste Bereich des Nachläufers mitgezogen wurde, mussten ohnehin Passpunkte abgesteckt werden. Diese Punkte wurden auch für eine automatische Einmessung über eine «freie Stationierung» der Totalstation (Abb. 2) verwendet.
Nach jedem Vortrieb wurde dieser Nachläuferbereich nach vorne gezogen – womit sich die Koordinaten und die Orientierung der Totalstation veränderten. Wenn die Gripper wieder verspannt waren, wurde ein Signal an den Steuerleitrechner gesendet, der dann die automatische Einmessung der Totalstation mit den vorhandenen Passpunkten auslöste. Waren die Koordinaten und die Orientierung der Totalstation bekannt, konnte die TBM Position über die automatischen Maschinenprismen am Bohrkopf (Abb. 3) eingemessen werden. Die Totalstation war auf einem automatischen Dreifuss (AD-12) montiert, der eventuell auftretende Verrollungen und Längsneigungen des Nachläufers kompensierte und die Totalstation immer automatisch horizontierte.
Spritzbetonarbeiten Gripper
Maschinenstation
Spritzbetonarbeiten
Nachläufer
Bohrkopf
Motorprismen
Wandstation
Schreitwerke
Nachläufer
Anschlussziel
Abb. 4: Nachläuferkonzept im Gotthard-Süd Abschnitt.
Abb. 3: Eingebaute Klappprismen (geschlossen).
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Abb. 5: Klappprismen auf Maschinenrahmen.
Steuerleitsystem im Abschnitt Gotthard Süd – Bodio Im südlichen Abschnitt wurde der Nachläufer über zwei Schreitwerke gezogen, die während des Vortriebs unbeweglich waren. Nach dem Vortrieb sind diese Schreitwerke eingezogen und nach vorne bewegt worden. Hier waren die Schreitwerke als kurzzeitstabile Konstruktion anzunehmen (Abb. 4). Auf dem Maschinenrahmen wurden vier motorisierte Klappprismen (Motorprismen) installiert (Abb. 5) und auf die Maschinenachse eingemessen. Dieses «lokale» Koordinatensystem wurde im Rechner hinterlegt. Während des Vortriebs bewegte sich der Maschinenrahmen nach vorne. Die Maschinenstation (motorisierte Totalstation auf einem automatischen Dreifuss AD-12) war auf einem Umlenkrahmen montiert (siehe Abb. 6), der mit dem vorderen Schreitwerk verbunden und vom Nachläufer unabhängig war. Beim Vortrieb war dieses Schreitwerk nicht in Bewegung. Es wurde erst nach dem Vortrieb mit nach vorne gezogen. Mit der kurzzeitstabilen Maschinenstation wurden die Motorprismen eingemessen und die Globalkoordinaten berechnet (Messzyklus). Über eine entsprechende Transformation wurde dann die TBM-Position (Abb. 7) bestimmt. Da sich die TBM aber
Abb. 6: Umlenkrahmen mit Maschinenstation.
innerhalb dieser Messzyklen im Vortrieb befindet, wird eine Streckenkorrektur an den Messungen zu den Motorprismen angebracht (dynamische Transformation). Wie auch beim System Gotthard-Nord waren die Koordinaten und Orientierung der Maschinenstation nur kurzzeitstabil – d.h. sie veränderten sich mit jedem Vortrieb. Wenn ein Vortrieb gefahren wurde, wurden die Gripper eingezogen, nach vorne bewegt und danach wieder an der
Wand verspannt. Die TBM gab mit der Verspannung ein Signal an den Steuerleitrechner, der daraufhin die Einmessung der Maschinenstation über die weiter hinten montierte Wandstation veranlasste. Die Maschinenstation setzte die Orientierung automatisch über die Wandstation. Der Einmessungsvorgang dauerte ca. zwei Minuten. Danach konnten die Spritzbetonarbeiten im hinteren Bereich wieder fortgesetzt werden.
Abb. 7: Über Transformation berechnete TBM-Position in Relation zur geplanten Tunnelachse. 41
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Anzeige der TBM Position
Zusammenfassung
In der Bildschirm-Anzeige (Abb. 7) werden dem Maschinenführer alle relevanten Daten zur Steuerung sichtbar gemacht. Neben den Abweichungen von der geplanten Achse (horizontal und vertikal) werden auch die Verrollung und Längsneigung angezeigt. Die Indikationen über die Betriebsbereitschaft der angeschlossenen Sensorik sowie Station und Vortriebsnummer sind ebenfalls dargestellt. Aus diesem Bildschirm lassen sich die Richtungskontrolle und auch die Anzeige der zurückliegenden (historischen) Schildfahrt aktivieren. Letztere dient vor allem zur Erkennung des Fahrverhaltens der TBM, was sich direkt auf die Steuerung auswirkt.
Die Anpassung des Steuerleitsystems auf das Vortriebsgeschehen war sicherlich eine grosse technische Herausforderung. Die verwendeten Komponenten und Materialien waren schwierigsten Bedingungen ausgesetzt, sei es durch Vibrationen, Staub oder Hitze. Da der Vortriebsprozess in keiner Weise gestört werden durfte, musste sich die Funktionsweise des Leitsystems daran orientieren. Es waren nicht nur geometrische Systemanpassungen mehrmals während des Vortriebs erforderlich, sondern auch Änderungen an den Hardware-Komponenten. So musste z.B. die Controller-Unit (Datenwandlung und Netzwerk) mit Pressluft gekühlt werden und trotzdem noch der Schutzklasse IP62 entsprechen. Es war von Vorteil, dass gleichartige Hardwarekomponenten und ein modulares
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Softwarekonzept verwendet wurden. So konnten Anpassungen mit relativ geringem Aufwand durchgeführt werden. Nicht immer lief alles reibungslos – deshalb sei allen Beteiligten gedankt für die Geduld und auch das Verständnis bei der Einrichtung des Systems und den erforderlichen Änderungsphasen. Alles in allem hat das Projekt in vielen Aspekten sehr zur Weiterentwicklung der Technik und der Verfahrensweisen beigetragen, so dass nachfolgende Projekte davon profitieren können.
Manfred Messing VMT GmbH Gesellschaft für Vermessungstechnik Stegwiesenstrasse 24 DE-76646 Bruchsal m.messing@vmt-gmbh.de
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Beiträge der Landesvermessung zum AlpTransit GotthardBasistunnel Das Bundesamt für Landestopografie swisstopo hat in den 1990er Jahren die neue Landesvermessung der Schweiz LV95 konzipiert und als wichtigstes Element das GPSLandesnetz realisiert. Als zusätzliche Komponenten des neuen Landesvermessungswerkes wurden das Landeshöhennetz LHN95 und ein neues Geoidmodell der Schweiz berechnet. Die neue Landesvermessung erfüllt dank ihrer landesweit homogenen Genauigkeit im Zentimeterbereich auch die Anforderungen der Grundlagenvermessungen für grosse Ingenieurprojekte wie den Gotthard- und den Lötschberg-Basistunnel. Au cours des années 1990, l’Office fédéral de topographie swisstopo a conçu la nouvelle mensuration nationale MN95 en réalisant sa pièce maîtresse, soit le réseau national GPS. La nouvelle œuvre de la mensuration nationale a été complétée par le réseau altimétrique national RAN95 et par le calcul d’un nouveau modèle de géoïde de la Suisse. Par sa précision homogène de l’ordre du centimètre sur l’ensemble du territoire, la nouvelle mensuration nationale répond également aux exigences des mensurations de base pour les grands projets comme les tunnels de base du Gothard ou du Lötschberg. L’Ufficio federale di topografia swisstopo ha concepito negli anni Novanta la nuova misurazione nazionale della Svizzera MN95, realizzando quale elemento principale la rete nazionale GPS. La nuova opera della misurazione nazionale è stata completata con il calcolo di una nuova rete nazionale altimetrica RAN95 e di un nuovo modello del geoide della Svizzera. Per la sua precisione omogenea nell'ordine del centimetro su tutto il territorio, la nuova misurazione nazionale risponde ugualmente alle esigenze delle misurazioni di base per i grandi progetti quali i tunnel del San Gottardo e del Lötschberg.
A. Wiget, U. Marti, A. Schlatter
Das Landesvermessungswerk 1995 Die geodätische Landesvermessung ist eine der Hauptaufgaben des Bundesamtes für Landestopografie swisstopo. Sie umfasst die Erstellung, Weiterentwicklung und Erhaltung der geodätischen Grundlagen, namentlich der terrestrischen Bezugssysteme und deren Realisierung durch sog. Bezugsrahmen mittels geodätischer Fixpunkt- und Permanentnetze. Ab Mitte der 1980er Jahre ermöglichten es die modernen Technologien der Satellitengeodäsie, insbesondere GPS, die Landesvermessung auf wirtschaftliche Art und Weise zu erneuern und dabei ihre Ge-
nauigkeit und Verwendbarkeit stark zu verbessern. swisstopo hat die Landesvermessung im Rahmen des Projektes Landesvermessung 1995 (LV95) erneuert [Signer 2002]. Die wichtigsten Komponenten des sog. Landesvermessungswerkes 1995 sind: Die Definition der geodätischen Bezugssysteme CHTRS95 und CH1903+, die Fundamentalstation Zimmerwald, das GPS-Landesnetz, das Automatische GNSS Netz Schweiz (AGNES), der Positionierungsdienst swipos, das Landeshöhennetz LHN95, das Landesschwerenetz LSN2004, das Geoidmodell der Schweiz CHGeo2004 und das kinematische Modell CHKM95. Zwischen 1989 und 1995 hat swisstopo das GPS-Landesnetz mit über 200 stabil versicherten Punkten aufgebaut, gemessen und an internationale Referenznetze
angeschlossen. Zusammen mit dem GNSS-Permanentnetz AGNES realisieren diese Punkte den neuen Bezugsrahmen der Landesvermessung LV95, welcher praktisch die Landestriangulation LV03 (1. bis 3. Ordnung) ersetzt. Aus Vergleichsmessungen konnten (gebietsweise systematische) Verzerrungen in der hundertjährigen LV03 bis zu 1.5 m nachgewiesen werden. Demgegenüber ist die landesweite Genauigkeit (1 Sigma) der Lagekoordinaten des Bezugsrahmens LV95 besser als 1 cm. Die neue Landesvermessung vermochte somit die Lagegenauigkeit um den Faktor 100 zu verbessern. Das neue Landeshöhennetz LHN95 stützt sich zwar weiterhin auf das Landesnivellement (LN) ab. Bei der vollständigen Neubearbeitung aller LN-Daten seit 1903 werden aber auch die räumlichen Variationen des Erdschwerefeldes bzw. der Äquipotenzialflächen (Geoidmodell) berücksichtigt. Zudem werden die tektonischen Bewegungen der Messpunkte (Kinematik der obersten Erdkruste) modelliert und die LN-Messungen einer kinematischen Ausgleichung unterzogen. Im Gegensatz zu den offiziell gültigen Gebrauchshöhen im amtlichen Höhenbezug des Landesnivellements LN02 werden die Höhen im LHN95 potenzialtheoretisch streng als orthometrische Höhen über dem Geoid berechnet und ausgeglichen. Zum neuen Landesvermessungswerk gehört daher auch ein neues Geoidmodell (CHGeo2004), welches wie das bisherige vor allem auf astrogeodätischen Lotabweichungsmessungen basiert, zusätzlich aber durch GPS-Messungen auf Punkten des Landeshöhennetzes und durch gravimetrische Daten gestützt wird. Die Genauigkeitssteigerung ist insbesondere eine Folge der vielen zusätzlichen Messungen, aber auch der verbesserten Höhenund Massenmodelle. Um die Konsistenz zwischen den ellipsoidischen Höhen im GPS-Landesnetz (LV95), den orthometrischen Höhen des LHN95 sowie den Geoidundulationen des neuen Geoidmodelles zu gewährleisten, wurden deren Messungen und Daten im sog. «Swiss Combined Geodetic Network (CHCGN)» gesamthaft kombiniert ausgeglichen. 43
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Vorprojekt Gotthard-Basistunnel Von Anfang an hatte das Bundesamt für Landestopografie mit LV95 das Ziel, neben den Anforderungen der amtlichen Vermessung in der Schweiz auch die Bedürfnisse grosser Ingenieurprojekte erfüllen zu können und entsprechende Synergien zu anforderungsreichen Ingenieurvermessungen zu schaffen [Schneider et al. 1996]. Dank den frühen praktischen Anwendungen der Satellitengeodäsie (GPS) in der Landesvermessung sowie der engen Zusammenarbeit mit dem Astronomischen Institut der Universität Bern (AIUB) und dem Institut für Geodäsie und Photogrammetrie (IGP) der ETH Zürich im Rahmen von Forschungsprojekten der Schweizerischen Geodätischen Kommission (SGK) bekam swisstopo rasch eine führende Stellung bei GPS-Anwendungen in der Ingenieurvermessung. swisstopo verfügte zudem über langjährige Erfahrung mit Triangulationsmessungen, mit überregionalen Präzisionsnivellements und Schwerefeldbestimmungen ebenso wie mit Deformationsmessungen und damit über das notwendige Wissen, diese Messmethoden optimal zu kombinieren. Schon Ende der 1980er Jahre war swisstopo an verschiedenen Grundlagenvermessungsaufgaben für grosse Ingenieurprojekte beteiligt, insbesondere Tunnelvermessungen der BAHN2000. Zur optimalen Koordination der Aufgaben der Grundlagenvermessung für AlpTransit mit der Landesvermessung und der amtlichen Vermessung wurde die Koordinationsgruppe «Vermessung AlpTransit» gebildet, in welcher neben Vertretern der Bauherrschaft (SBB und BLS) auch Experten der Vermessungsbehörden auf Bundesebene und der ETHZ Einsitz nahmen. Im Auftrag dieser Gruppe wurden sowohl vom IGP wie auch von swisstopo verschiedene Probleme im Rahmen des Vorprojektes bearbeitet. Diese Studien dienten dann als Grundlage für die öffentliche Ausschreibung der Vermessungsarbeiten. Im Zusammenhang mit den hohen Genauigkeitsanforderungen für grosse Tun44
nel-Durchschlagsnetze sind besonders im alpinen Raum geodätische Besonderheiten wie die räumliche Variation des Schwerefeldes, die Kinematik der obersten Erdkruste sowie die Einflüsse der Refraktion auf die GPS-Messungen zu berücksichtigen. swisstopo konnte verschiedenste Erfahrungen aus der GPSLandesvermessung und dem Landesnivellement in das Projekt GotthardBasistunnel (GBT) einfliessen lassen. Hinzu kamen Erkenntnisse, welche nicht in einem direkten Zusammenhang mit dem Durchschlag stehen, aber dennoch im Gesamtprojekt berücksichtigt wurden (z.B. die im Landesnivellement gemessenen Setzungen über dem Gotthard-Strassentunnel (vgl. Abb. 6), welche zu einem Konzept für die Überwachung der Staumauern über dem GBT während dem Vortrieb führten).
Lage-Bezugsrahmen Noch Mitte der 1970er Jahre wurde für die oberirdische Grundlagenvermessung des GBT ein kombiniertes Triangulationsnetz mit Richtungs- und Distanzmessungen vorgeschlagen [Gerber 1974]. Zwanzig Jahre später war ein hochpräzises GPSGrundlagennetz in Kombination mit konventionell gemessenen Portalnetzen (Richtungen, Distanzen, Höhenwinkel) unbestritten. Die Portalnetze, in denen zusätzlich hochgenaue astronomische Azimute und Lotrichtungsmessungen durchgeführt wurden, dienten dazu, die Lagerung, den Massstab und die Orientierung des oberirdischen Grundlagennetzes mit möglichst kleinem Genauigkeitsverlust in den Berg zu übertragen. GPS-Grundlagennetz Mit dem GPS-Landesnetz LV95 hatte swisstopo Mitte der 1990er Jahre einen modernen geodätischen Bezugsrahmen höchster Präzision bereitgestellt (siehe oben), der auch den genauen Bezug zu globalen Referenzsystemen ermöglichte, wie sie in der Satellitengeodäsie verwendet wurden. Durch die gemessenen Beziehungen zur Landestriangulation 1./2. Ordnung und zum Landesnivellement
Abb. 1: Netzteil LV95 mit Landesnivellement (LHN), Schwere- und AstroPunkten der Grundlagenvermessung Gotthard-Basistunnel. liessen sich die Verzerrungen in den bestehenden Vermessungsgrundlagen erkennen. Abgestimmt auf das Konzept und die Messung des Grundlagennetzes für den GBT und den südlich anschliessenden Abschnitt «Gotthard Süd» (Bodio – Lugano) wurden von swisstopo 1995 zusätzliche LV95-Punkte erstellt und gemessen. Damit standen für das Grundlagennetz AlpTransit insgesamt acht LV95Punkte zur Verfügung: Altdorf, Amsteg, Oberalp, Disentis, Dalpe, Biasca, Bellinzona und Sonvico (vgl. Abb. 1 und Abb. 2). Die ersten sechs wurden für den GBT verwendet, die letzten drei im Abschnitt «Süd». Das Konzept des Grundlagennetzes sah vor, dass über diese Referenzpunkte der Bezug zur neuen Landesvermessung LV95 hergestellt wurde. Andererseits wurden in jedem Portal und bei jedem Zwischenangriff lokale Triangulationspunkte mitgemessen, welche den Bezug zur Landesvermessung LV03 und zur amtlichen Ver-
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Abb. 2: LV95-Station Biasca. messung ermöglichten. Im Mai 1996 fällte die Koordinationsgruppe «Vermessung AlpTransit» (unter Vorbehalt weiterer Abklärungen) den Vorentscheid, die Vermessungen für AlpTransit grundsätzlich im Bezugsrahmen LV95 durchzuführen. In enger Zusammenarbeit mit den SBB und dem Kanton Uri und kombiniert mit dem AV93-Projekt RAV Subito führte swisstopo 1996 in der Reussebene von Altdorf bis Amsteg Tests für den Übergang raumbezogener Daten von LV03 auf LV95 und die optimale Dreiecksvermaschung zur Transformationsmethode FINELTRA durch. Die GPS-Messungen für die Abschnitte «Gotthard-Basistunnel» und «Gotthard Süd» wurden vom Konsortium Vermessung Gotthard-Basistunnel (VI-GBT) bzw. dem Consorzio Geodetico Sud (COGESUD) je an zwei Tagen im November 1995 bzw. im Januar 1996 durchgeführt. Während der ganzen Messdauer des Grundlangennetzes GBT wurden LV95-Punkte permanent besetzt, um das Netz optimal zu lagern. Ein Vergleich mit den Koordinaten des GPS-Landesnetzes LV95 zeigte maximale Differenzen (Restklaffungen einer Helmert-Transformation) von 5 mm auf [Haag et al. 1996]. Anlässlich einer Wiederholungsmessung im Jahr 2005 lagen die Differenzen ebenfalls im Bereich von 2–6 mm [Schätti und Ryf 2007]. Die LV95-Punkte trugen aber nicht nur zur Genauigkeitssteigerung des Grundlagen-
netzes bei, sondern leisteten durch die zusätzliche Kontrolle auch einen Beitrag an die Erhöhung der Zuverlässigkeit, einer wichtigen Komponente der Tunnelabsteckung. Lagerung in LV03 Als Resultat der kombinierten Ausgleichungen der GPS-Messungen und der konventionellen Messungen stand ein Koordinatensatz mit einer sehr hohen inneren Genauigkeit (cm) zur Verfügung. Diesen galt es in einem wohl definierten Bezugsrahmen zu lagern. Auf Antrag der beiden Vermessungskonsortien und gestützt auf eine Neubeurteilung durch die Koordinationsgruppe «Vermessung AlpTransit» fasste die Projektleitung AlpTransit 1997 den definitiven Beschluss, die Vermessung des GBT in einem Werknetz (NetzGBT Lage) durchzuführen. Das NetzGBT mit 31 Punkten und das Netz für den Abschnitt Gotthard-Süd mit 21 Punkten machten sich zwar die hohe Genauigkeit des LV95 zu Nutzen, wurden aber durch Transformationen im Bezugsrahmen der Landesvermessung LV03 gelagert, um die Klaffungen der Lagekoordinaten in den Anschlussbereichen der Portale und Zwischenangriffe möglichst klein zu halten. Die Verzerrungen in LV03 zwischen Altdorf und Lugano erforderten allerdings zwei unterschiedliche Transformationen für den GBT bzw. für den Abschnitt Gotthard-Süd, welche sich
hauptsächlich in einer Massstabsdifferenz von 10 ppm unterschieden. Die Gründe für diese Rahmenwahl und damit die Abkehr vom vermessungstechnischen Idealfall der (von swisstopo vorgeschlagenen) unverzerrten Lagerung in LV95 waren: • Die Planungsarbeiten für AlpTransit erfolgten in LV03. • Die Bahnvermessung der bestehenden SBB-Linien (DfA, Bahnanlagen und Gleisgeometrien) waren in LV03 vorhanden. • Die Katastervermessung der betroffenen Gemeinden lagen in LV03 vor; Entscheide der amtlichen Vermessung für die Umstellung auf LV95 waren ausstehend. • Für die Umstellung auf LV95 wurde mit massiven Zusatzkosten gerechnet. • Die Zusammenarbeit mit externen Partnern würde durch die Umstellung auf LV95 zusätzlich erschwert (Missverständnisse durch Parallelität von LV95 und LV03). An dieser Stelle sei erwähnt, dass für die Absteckung des BLS-AlpTransit Lötschberg-Basistunnels eine andere Wahl des Lage-Bezugsrahmens getroffen wurde: Der Lötschberg-Basistunnel wurde vollständig im neuen Bezugsrahmen der Landesvermessung LV95 abgesteckt [Riesen et al. 2005]. Die beiden Lösungen zeigen, dass bei konsequenter Umsetzung der Rahmenwahl beide Varianten erfolgreich umgesetzt werden konnten.
Schwerefeld Das Schwerefeld der Erde beeinflusst praktisch alle geodätischen Messungen und muss in einem grossen Projekt wie dem GBT auf jeden Fall berücksichtigt werden. Dies reicht von der Korrektur der mit GPS bestimmten ellipsoidischen Höhen um die Geoidhöhe, über die Netzorientierung mittels astronomischer Azimute, der Korrektur von terrestrischen Messungen (insbesondere Kreiselmessungen) um den Einfluss der Lotabweichung bis zur Korrektur der nivellierten Höhen um den Einfluss der Schwere (orthometrische Korrektur; siehe nächstes Kapitel). 45
AlpTransit Gotthard
Abb. 3: Geoidmodell CHGeo98. Zu Beginn des Baus des GBT war das Geoidmodell CHGeo98 aktuell, welches sich im Wesentlichen auf Lotabweichungsmessungen, aber auch auf GPS/Nivellement-Daten stützt [Marti 1997]. Bei diesem Modell handelt es sich aber nicht nur um eine einfache Bezugsfläche für die Höhenbestimmung, sondern um ein wirkliches 3D-Modell, welches auch die Interpolation von Schwerewerten und Lotabweichungen an beliebigen Punkten innerhalb und ausserhalb der Erdoberfläche erlaubt. 2004 wurde CHGeo98 durch ein aktuelleres Modell CHGeo2004 ersetzt, welches sich stärker auf GPS/Nivellement aber auch weiterhin auf Lotabweichungsmessungen und zusätzlich auf Schweremessungen abstützt. Für den Bau des GBT wurde aber bis zum Abschluss CHGeo98 verwendet (vgl. Abb. 3). Anfänglich war noch nicht klar, ob die Qualität von CHGeo98 genügen würde, um die geforderten Toleranzen beim Bau und beim Durchschlag einzuhalten. Deshalb wurden einige zusätzliche Messungen und Studien durchgeführt. Eine der Studien [Marti 2002] sollte die Frage beantworten, ob für den GBT ein gegenüber CHGeo98 verfeinertes Dichtemodell ver46
wendet werden müsste, um die geforderte Genauigkeit für Lotabweichungen und orthometrische Korrektur zu erreichen. Da sich CHGeo98 nur auf Oberflächenmessungen stützte und nur ein sehr rudimentäres Dichtemodell verwendet wurde, war es unsicher, ob dieses Modell beim Bau des Tunnels problemlos anwendbar sei. Deshalb wurde aus den vorhandenen geologischen Profilen ein lokales, dreidimensionales Dichtemodell gebildet und dessen Einfluss auf Lotabweichung, Schwere und orthometrische Korrektur berechnet. Gegenüber dem Standardmodell von CHGeo98 ergaben sich Unterschiede in den Lotabweichungskomponenten von bis zu 0.5 mgon, welche vor allem an den geologischen Schichtgrenzen mit grossen Dichtekontrasten auftreten. Dieser Betrag liegt an der Grenze zur Signifikanz für die Korrektur von Kreiselmessungen und es wurde gefolgert, dass das Standardmodell verwendet werden kann und die Kreiselmessungen wenn möglich nicht direkt an geologischen Übergängen durchzuführen sind. In der Schwere ergab die Verwendung des Dichtemodells Unterschiede von bis ca. 6 mgal gegenüber CHGeo98. Dies hatte aber auf die orthometrischen Korrekturen nur maximale Einflüsse von etwa 2 mm. Für die Höhenkorrektur reichte folglich das Standardmodell mit einer einheitlichen Dichte ebenfalls vollständig aus. Mit dieser Studie wurde somit festgestellt, dass die Massenmodelle von CHGeo98 für den Bau des GBT genügten und keine weiteren, verfeinerten Dichtemodelle nötig waren. Die Studie beantwortete jedoch noch nicht die Frage, ob im Tunnel Schweremessungen durchzuführen sind, oder ob die von der Erdoberfläche in die Tunnelröhre extrapolierten Werte für die Höhenkorrektur genügen würden. Um dies abzuklären, wurden 2005 in Zusammenarbeit mit dem Institut für Geophysik der Universität Lausanne an einigen wenigen Punkten in den Portalbereichen und im damals bereits zugänglichen Teil des Tunnels Schweremessungen durchgeführt und mit den aus CHGeo98 interpolierten Werten verglichen (vgl.
Abb. 4: Schweremessung im Tunnel. Abb. 1 und Abb. 4). Dabei haben sich maximale Unterschiede von weniger als 3 mgal ergeben, was für die Berechnung der orthometrischen Korrektur vernachlässigbar ist. Es wurde also festgelegt, dass keine systematische gravimetrische Vermessung des GBT nötig sein würde und dass CHGeo98 genügend genaue interpolierte Schwerewerte liefert. Diese Untersuchungen sind im swisstopo-Report 05-34 [Bürki et al. 2005] dokumentiert. Ähnlich wie für die Schweremessungen musste auch für die Lotabweichungen und astronomischen Azimute verifiziert werden, dass die aus CHGeo98 berechneten Werte genügen, oder ob zusätzliche Messungen nötig waren. Dazu wurden im Sommer 2005 von der ETH Zürich und der TU Hannover in den Portalbereichen und in der Umgebung der weiteren Zugangsstollen astrogeodätische Messungen durchgeführt. Diese Messungen und deren Interpretation sind in einem separaten Beitrag [Bürki und Guillaume] im vorliegenden Heft beschrieben. Das Hauptresultat war aber auch in dieser Untersuchung, dass die aus CHGeo98 interpolierten Werte für den Bau des GBT durchaus ausreichen und keine weiteren Messungen nötig sein würden. Die verschiedenen Untersuchungen über das Schwerefeld haben also gezeigt, dass bereits das Geoidmodell CHGeo98 der Schweizerischen Landesvermessung auch für Grossprojekte wie den GBT genügend gute Resultate liefert und keine teuren Zusatzmessungen nötig waren. Das Nach-
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folgemodell CHGeo2004 brachte dann noch einmal eine Verbesserung insbesondere bei der Konsistenz in der Höhenbestimmung mit GPS und Nivellement.
Höhen-Grundlagennetz Landesnivellement als Hauptbestandteil Im Abschlussbericht zum «Gerber-Netz», dem ersten Grundlagennetz eines 1970 am Gotthard geplanten Basistunnels wird bezüglich der Höhe einzig festgehalten: Die beiden Portale und die drei Zwischenangriffschächte wurden in ihrer Höhe durch die Nivellemente der Eidgenössischen Landestopographie festgelegt. … es wäre wohl müssig, an dieser Stelle von der hohen Genauigkeit der bereits legendär gewordenen und international anerkannten Arbeiten der traditionsbewussten Landestopographie auf diesem Gebiet weitere Worte zu verlieren [Gerber 1974]. Grundsätzlich gilt die erste Aussage auch für den durchgeschlagenen Basistunnel. Der nachfolgende Teil soll zeigen, dass für ein derart anforderungsreiches Projekt mehr Konzepte, Messungen und Berechnungen als unbescheidenes Lob notwendig waren. Tatsächlich beruht das Höhengrundlagennetz des GBT auf den Messungen des Landesnivellements (wesentlich sogar auf den in [Gerber 1974] angedeuteten Linien aus den Jahren 1970–1973) sowie auf der Berechnung des neuen Landeshöhennetzes LHN95 (vgl. Abb. 1). Für den Durchschlag des 57 km langen Tunnels waren oberirdisch nur ca. 30 km zusätzliche Präzisionsnivellements notwendig. Sie dienten dem Anschluss der Portale Erstfeld, Amsteg, Sedrun, Polmengo (Faido) und Bodio (Biasca) an stabile Punkte des Landeshöhennetzes (LHN). Alle späteren Messungen im Umfang von mehreren hundert km wurden für Setzungsüberwachungen, Ergänzungen der Portalnetze und tektonische Untersuchungen angeordnet (vgl. Beiträge in diesem Band). Sie hatten auf die Durchschläge keinen direkten Einfluss.
Höhen im Alpenraum Höhenbestimmung mittels Nivellement ist bekanntlich eine simple Methode, die Behandlung der Höhen in der Geodäsie wird eher als komplizierte akademische (und lästige) Notwendigkeit betrachtet. Eine Messschleife «Passstrasse – Vertikalschacht – Bahntunnel» hat jedoch besondere Eigenschaften. Für die Fachleute zusammengefasst: Entlang der Passstrasse erhält man übliche Nivellementhöhen, die weder Fisch noch Vogel sind, im Vertikalschacht orthometrische Höhen und in Tunnels mit geringem Gefälle fast exakt dynamische Höhen. Für die Laien am Beispiel des GBT: Ohne Berücksichtigung des Schwerefeldes schliessen selbst fehlerfreie Messungen nur im Dezimeterbereich. Wenig Spielraum also, um zusammen mit den unvermeidlichen zufälligen Messfehlern die geforderte Durchschlagstoleranz von 12.5 cm (2.5 σ) zu erreichen. LHN95 als Basis Die Idee, die Höhengrundlage auf der damals erst geplanten Neuauswertung des LHN zu basieren, beruhte auf einer Vereinbarung zwischen swisstopo und VIGBT [Schneider und Haag 1995]. Sie ist eng verbunden mit der Realisierung der neuen Landesvermessung LV95 und insbesondere dem neuen Landeshöhennetz LHN95 [Schlatter und Marti 2007]. Dasselbe Konzept wurde auch für den Bau des Lötschberg-Basistunnels erfolgreich umgesetzt [Riesen et al. 2005]. LHN95 basiert auf einem orthometrischen Höhensystem und wurde durch eine ki-
Portal
Höhe
nematische Neuausgleichung aller seit 1903 getätigten Messungen realisiert. Zusätzlich zur Reduktion der Schwerefeldeinflüsse werden auch die tektonischen Bewegungen («Alpenhebung» von bis zu 1.5 mm/Jahr) berücksichtigt. Folgende Vorteile waren nebst dem minimalen Aufwand an Neumessungen für den Bau des GBT relevant: • hohe Genauigkeit und verbesserte Zuverlässigkeit • keine Fehlereinflüsse bei den Durchschlägen infolge des Schwerefeldes • keine Fehlereinflüsse bei der Verwendung von Messungen aus verschiedenen Zeiträumen • kombinierbarkeit mit ellipsoidischen Höhen aus GPS-Netzen und dem Geoid der Schweiz CHGeo98. Aus einer ersten, prov. Berechnung von LHN95 im Jahre 1999 (mit ca. 6800 km der Total 12 000 km Nivellement) wurden VI-GBT orthometrische Höhen und Vertikalgeschwindigkeiten der Portalpunkte abgeliefert. Die relativen mittleren Fehler (1 σ) gegenüber dem Portal Erstfeld betragen in Sedrun ± 9 mm und in Biasca ± 8 mm (vgl. Tab. 1). Diese Genauigkeitsmasse ergeben sich aus der Gesamtausgleichung der Messungen (Potenzialdifferenzen) zusammen mit dem Einfluss der mittleren Schweren, welcher nicht hypothesenfrei berechnet werden kann. Tabelle 1 enthält die Differenzen zwischen LHN95 und den Gebrauchshöhen LN02 relativ zum Portal Erstfeld sowie die berechneten Vertikalgeschwindigkeiten. Die Kolonne «LNIV–LN02» zeigt zudem die Differenz der Resultate einer kinema-
Länge GBT m. F. LHN95 LHN95 - LN02 LNIV - LN02 Hebung
[m ü. M.]
[km]
[mm; 1σ]
[m]
[m]
[mm/a]
Erstfeld
460
0
± 0 (Ref.)
0 (Ref.)
0 (Ref.)
0.67
Amsteg
510
8
±3
0.02
0.01
0.78
Sedrun
1410
21
±9
0.13
0.01
0.80
Faido
760
40
±7
0.11
0.05
1.25
Biasca
300
57
±8
0.11
0.09
1.22
Tab. 1: Die Genauigkeit von LHN95, der Vergleich zwischen LHN95, reinen Nivellementhöhen (LNIV) und LN02 relativ zum Portal Erstfeld sowie die Vertikalgeschwindigkeiten bez. dem Referenzpunkt Aarburg. 47
AlpTransit Gotthard
gegen wirken, müssen an der vortriebsbegleitenden Höhenübertragung Korrekturen angebracht werden, nämlich: • Einfluss des Schwerefeldes im Tunnel (orthometrische Korrekturen resp. theoretischer Schleifenschluss) • Einfluss des Unterschiedes LHN95 / LN02 (vgl. Tab. 1) • Einfluss der unterschiedlichen Hebungsraten (vgl. Tab. 1), welcher theoretisch in 10–20 Jahren Bauzeit nur knapp 1 cm überschreitet.
Abb. 5: Orthometrische Korrekturen a priori im Tunnel ausgehend von orthometrischen Höhen in den Portalen. tischen Ausgleichung von reinen Nivellement-Höhendifferenzen zu LN02. LN02 als Projekthöhenrahmen Wieso die offiziellen Höhen (LN02) im Dezimeterbereich von den orthometrischen Höhen abweichen, wurde in [Schlatter und Marti 2005] dargelegt. Zusammengefasst nochmals die drei wichtigsten Ursachen in LN02: • keine Berücksichtigung des Schwerefeldeinflusses (resp. unterschiedliche Höhenarten) • präzise Messungen werden nach wie vor in Knotenpunkte eingezwängt, deren Höhen auf das «Nivellement de Précision» aus den Jahren 1864–91 zurück gehen • dadurch auch keine Berücksichtigung der bekannten rezenten Höhenänderungen. Die Projektleitung und VI-GBT entschieden sich trotzdem für den Verbleib in LN02, da die Projektierung und auch die Anschlussbauwerke bereits in diesem Rahmen vorlagen [Haag und Stengele 1999]. Dass es auch umgekehrt geht, bewies die Realisierung des Lötschberg Basistunnels, wo LHN95 als Werkshöhenrahmen verwendet wurde. Will man den Nachteilen und Mängeln von LN02 ent48
Orthometrische Korrekturen Selbst wenn der Tunnel ausgehend von LHN95-Höhen abgesteckt worden wäre, hätten die Vortriebs-Nivellemente um die Schwerefeldeinflüsse korrigiert oder zumindest der zu erwartende Schleifenschluss berücksichtigt werden müssen. Aufgrund der vorhandenen Höhen- und Dichtemodelle, wie sie auch für die Geoidbestimmung verwendet wurden, berechnete swisstopo anhand der Projektkoordinaten für VI-GBT orthometrische Korrekturen a priori. Abb. 5 zeigt den Verlauf am Beispiel des Durchschlags Amsteg–Sedrun Nord. Auffallend ist, dass der Vertikalschacht direkt keinen Einfluss hat; die Vertikaldistanz entspricht quasi einer orthometrischen Höhendifferenz. Der Fehler im Durchschlag, welchen man sich
bei einer Nichtberücksichtigung einhandeln würde, beträgt immerhin ca. 3.8 cm. Bemerkungen und Fazit Im Rückblick ist es bemerkenswert und das Verdienst der damaligen Verantwortlichen, mit nur 30 km Neumessungen eine solide Höhenbasis für den Bau des ATGBT festzulegen. Als Ergänzung noch einige Bemerkungen: • Grundsätzlich ist es egal, welcher Höhenrahmen beim Bau der alpenquerenden Bahntunnels verwendet wird. Dies haben die beiden Projekte Gotthard und Lötschberg bewiesen. Ohne die Kenntnisse des exakteren LHN95 wäre aber kein entsprechender Erfolg möglich gewesen. • Viel wichtiger ist es, die unterschiedlichen Korrekturen, Vorteile und Nachteile richtig zu handhaben. Diese weitaus gefährlichere Hürde haben beide Projektvermesser vorbildlich gemeistert. • Nicht immer sind es die neusten Sensoren, welche uns mit noch besseren Resultaten beglücken (vgl. [Riesen et al. 2005]). Manchmal genügen auch über 30 Jahre alte Messungen. • Der Einfluss der Alpenhebung auf die Höhengrundlage ist wohl interessant aber für den Durchschlag von unterge-
Abb. 6: Senkungen am Gotthardpass aufgrund des Baus des Strassentunnels [Schlatter 2007].
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ordneter Bedeutung. Die Hebungsraten beruhen im Projektgebiet GBT meist auf dem Vergleich von zwei Messepochen (ca. 1920/1970). Die viel grösseren Senkungen im Gotthardgebiet (vgl. Abb. 6 und [Geiger und Schlatter in diesem Heft]) wurden 1997 von swisstopo eher zufällig entdeckt. Rückblickend betrachtet bestand also das Risiko, dass auch die Portalbereiche von unbekannten Einflüssen betroffen hätten sein können. • Wer heute (oder gar vor 15 Jahren) behauptet, die GNSS-Messungen ersetzen die aufwändigen Nivellementmessungen vollständig, liegt nicht richtig. Gerne wird vergessen, dass die ebenso notwendigen Geoidmodelle z. Z. nicht ohne die Informationen aus LHN95 realisierbar sind, wenn man eine ansprechende Genauigkeit erreichen will. Von Unabhängigkeit also keine Spur. Das grosse Lob für die erfolgreichen Durchschläge gehört zweifelsohne denjenigen Vermessern, welche unter den erschwerten und teilweise misslichen Bedingungen im Tunnel beharrlich ihr Ziel verfolgten. Ohne entsprechende Ausgangswerte an den Portalen wären ihre Anstrengungen aber in Frage gestellt gewesen. Auch für die Verantwortlichen der Landesvermessung war AlpTransit eine grosse Herausforderung. Literatur: Bürki B., M. Ganz, Ch. Hirt, U. Marti, A. Müller, P.V. Radogna, A. Schlatter, A. Wiget (2005): Astrogeodätische und gravimetrische Zusatz-
messungen für den Gotthard-Basistunnel. swisstopo-Report 05–34.
«LV95». Teil 12: Landeshöhennetz «LHN95». swisstopo Doku Nr. 20.
Gerber P. (1974): Das Durchschlagsnetz zur Gotthard-Basislinie. Mitteilungen aus dem Institut für Geodäsie und Photogrammetrie der EHTZ Nr. 17.
Schneider D. und R. Haag (1995): AlpTransit Gotthard Basistunnel: Höhengrundlagennetz auf der Basis des Landesnivellements. Technischer Bericht 95–22, Bundesamt für Landestopographie.
Haag R., A. Ryf und R. Stengele (1996): Grundlagennetze für extrem lange Tunnel am Beispiel des Gotthard-Basistunnels. Beiträge zum XII. Internationalen Kurs für Ingenieurvermessung, Graz. Haag R. und R. Stengele (1999): Vermessungstechnische Grundlagen und Herausforderungen beim Projekt «AlpTransit Gotthard Basistunnel». VDI Berichte 1454, VDI-Gesellschaft Bautechnik. Marti U. (1997): Geoid der Schweiz 1997. Geodätisch-geophysikalische Arbeiten in der Schweiz Band 56. SGK 1997.
Schneider D, U. Marti und A. Wiget (1996): Die neue Landesvermessung der Schweiz LV95 als Grundlage für die Vermessung der neuen Eisenbahn-Alpentransversen «AlpTransit». Beiträge zum XII. Internationalen Kurs für Ingenieurvermessung, Graz. Signer T. (2002): Landesvermessung LV95: Übersicht und Stand des Projektes. Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik 1/2002.
Marti U. (2002): Alptransit Gotthard Basistunnel: Schwerefeldstudie. Technischer Bericht 01-36; Bundesamt für Landestopographie. Riesen H.-U., B. Schweizer, A. Schlatter, A. Wiget (2005): Tunnelvermessung des BLS-AlpTransit Lötschberg-Basistunnels. Geomatik Schweiz 11/2005. Schätti I. und A. Ryf (2007): AlpTransit Gotthard-Basistunnel: Grundlagenvermessung, letzte Kontrollen vor dem ersten Durchlag. Ingenieurvermessung 2007, Graz. Schlatter A. (2007): Das neue Landeshöhennetz der Schweiz. Geodätisch-geophysikalische Arbeiten in der Schweiz Band 72. SGK 2007. Schlatter A. und U. Marti (2005): Höhentransformation zwischen LHN95 und den Gebrauchshöhen LN02. Geomatik Schweiz 8/2005. Schlatter A. und U. Marti (2007): Aufbau der neuen Landesvermessung der Schweiz
Adrian Wiget Dr. Urs Marti Dr. Andreas Schlatter Bereich Geodäsie Bundesamt für Landestopografie swisstopo Seftigenstrasse 264 CH-3084 Wabern adrian.wiget@swisstopo.ch
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Vermessung der Bahntechnik im Gotthard-Basistunnel Am Gotthard wurde mit dem Hauptdurchstich im Oktober 2010 ein grosses Etappenziel erreicht. Im selben Monat wurden, etwas abseits vom Rampenlicht, im Abschnitt Bodio – Faido die ersten Meter Feste Fahrbahn betoniert. Die industrielle Fertigung des Gleises ist der zentrale Prozess des Loses Bahntechnik, welcher logistisch, bau- und vermessungstechnisch höchste Anforderungen stellt. Das Gleis wird dereinst in beiden Tunnelröhren auf über hundert Kilometern millimetergenau eingebaut sein, um die Sicherheit der Hochgeschwindigkeitszüge im Tunnel gewährleisten zu können. Au Gothard, en octobre 2010 le percement principal constitua le franchissement d’une étape très importante. Dans le même mois, un peu à l’écart des gros projecteurs, les premiers mètres de la voie sur dalle furent bétonnés sur le tronçon Bodio – Faido. La construction industrielle de la voie est le processus central du lot technique ferroviaire qui sur les plans de la logistique, de la construction et de la technique de mensuration doit répondre aux éxigences les plus élevées. Un jour, la voie ferrée aura été installée au millimètre près dans les deux tubes sur plus de cent kilomètres afin de garantir dans le tunnel la sécurité des trains à grande vitesse. Nell’ottobre 2010, con la caduta del diaframma principale si è raggiunta una tappa importante al Gottardo. Sempre lo stesso mese, un po’ lontano dalle luci della ribalta, sulla tratta Bodio – Faido, si sono cementati i primi metri del percorso. La produzione industriale del binario costituisce l’asse portante del lotto che si occupa della tecnica ferroviaria e che si trova logicamente confrontato a forti sollecitazioni dal punto di vista della logistica, dell’edilizia e delle misurazioni. Il binario sarà posato, con precisione millimetrica, su oltre cento chilometri in ambedue le canne del tunnel al fine di garantire la sicurezza dei treni ad alta velocità che attraverseranno la galleria.
D. Stähli, M. Baumeler, Th. Silbermann Im Oktober 2010 feierten Beteiligte und Politik nach langjähriger Bauzeit den Hauptdurchstich des Gotthard Basistunnels. Schon vor diesem Meilenstein ist mit der nächsten anstehenden Bauphase, dem Einbau der Bahntechnik, begonnen worden. Die vollständige bahntechnische Ausrüstung der Weströhre des 16 km langen Abschnitts Bodio – Faido schreitet seit Sommer 2010 zügig voran. Der Versuchsbetrieb ist ab 2013 geplant, dabei steht im Vordergrund, die Zuverlässigkeit des Gesamtsystems zu verifizieren und Verbesserungspotenziale zu erörtern. Der Einbau der Bahntechnik der restlichen ca. 100 km erfolgt ab 2012 unter Berücksichtigung der aus dem ersten Abschnitt gewonnenen Erkenntnissen. 50
Die Bahntechnik beinhaltet alle nötigen technischen Elemente, um Züge sicher durch den künftigen Basistunnel führen zu können. Dazu gehören in erster Linie Gleis und Fahrleitung, darüber hinaus auch Leittechnik, Belüftung, Beleuchtung, Beschilderung, Sicherheitstechnik, Erdung, Kommunikation, die Energieversorgung für den Zugverkehr sowie die Energieversorgung aller technischen Ausrüstungen. Um die Dimensionen der Aufgaben noch etwas zu verdeutlichen, ist es sinnvoll, sich die folgenden Daten etwas genauer anzusehen. In den beiden voneinander getrennten Tunnelröhren mit einer Gesamtstreckenlänge von 117 000 m inklusive der vier Weichenverbindungen, werden in den nächsten Jahren etwa 119 000 m3 Beton eingebaut und 234 000 m Schienen verlegt. Zusätzlich werden etwa 180 Querschläge mit neus-
ter Leit- und Sicherungstechnik und mit mehreren hundert Kilometer Kabel der neusten Generation verbunden, damit die Züge später mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten den Tunnel passieren können.
Organisation Bahntechnik All diese Anforderungen bedingen grosses spezifisches Fachwissen in den jeweiligen Fachbereichen. Dessen wurde durch die Aufteilung in mehrere Leistungspakete Rechnung getragen. So gründeten vier starke und international erfahrene Grossfirmen ein Konsortium mit dem Namen «Transtec Gotthard». Innerhalb dieses Konsortiums mit den Firmen ALPINE Bau GmbH, Balfour Beatty Rail GmbH, Alcatel-Lucent/Thales und Alpiq wurden Unterarbeitsgemeinschaften gebildet, in welchen sämtliche Fachbereiche wie Fahrleitung, Fahrbahn, Kabelbau, Sicherungs- und Leittechnik bearbeitet werden. In diesem Beitrag wird näher auf den Einbau der Fahrbahn eingegangen, welcher durch eine Arbeitsgemeinschaft von ALPINE Bau GmbH und Balfour Beatty Rail GmbH durchgeführt wird.
Abb. 1: Trainingsgleis Installationsplatz Biasca.
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Abb. 2: Feinrichten Trainingsgleis. Im Auftrag des Leistungspaketes Fahrbahn sind auch ca. 20 km Schotteroberbau im Süden und ca. 16 km Schotteroberbau im Norden und gesamt 27 Schotterweichen enthalten. Der Einbau der Schotterstrecken im Tessin ist nahezu abgeschlossen und wurde von der Schweizer Gleisbaufirma Scheuchzer ausgeführt. Für die Vermessungsarbeiten aller Leistungspakete der Transtec Gotthard ist die Firma Grunder Ingenieure AG aus Burgdorf verantwortlich.
nötigen Bedingungen (wie z.B. Vibrationsfreiheit) einzuhalten. Der Zeitpunkt des Gleiseinbaus ist der grösste Einflussfaktor auf die Logistik im Tunnel. Zuvor werden mittels Spezialfahrzeugen alle Kabel in den dafür vorgesehenen Kabelkanälen verlegt. Anschliessend steht der Einbau der Fahrbahn auf dem Programm. Danach können alle Arbeitsleistungen nur noch mit gleisgebundener Logistik erbracht werden. Dies gilt insbesondere auch für die Vermessung.
Anforderungen
Einbauprozess Feste Fahrbahn
Im Gegensatz zu offenen Strecken sind die logistischen Herausforderungen im Tunnel ungleich höher. Es gibt keinen Platz um ausweichen zu können. Entkoppelbare Prozesse werden daher gestaffelt durchgeführt, um die Produktivität hoch und das Störpotenzial zwischen den Gewerken tief zu halten. Im Mittelpunkt aller Bahntechnik-Aktivitäten steht die industrielle Fertigung des Gleises. Hier sind die Prozesse von Bau und Vermessung komplex ineinander verzahnt und daher sehr detailliert aufeinander abgestimmt. Ziel ist es, einerseits einen optimalen Baufortschritt zu gewährleisten und andererseits die für die Vermessung
Auf dem Installationsplatz im Süden wurde im Vorfeld der eigentlichen Einbauarbeiten eine 250 m lange Trainings- und Musterstrecke gebaut, an welcher bereits alle für den Tunneleinbau geplanten Maschinen erprobt werden konnten. Diese Strecke wurde auch dazu genutzt, die geplante Vermessungstechnik zu erproben. Der Fahrwegausbau des Gotthard-Basistunnels wird voraussichtlich in sechs Einbauabschnitten mit Einzellängen von 16 bis 20 km erfolgen. Zwei Drittel der Ausbauarbeiten werden vom Norden, vom Installationsplatz Erstfeld aus realisiert, der Rest vom Installationsplatz Biasca im Tes-
sin. Jeder Einbauabschnitt ist in sogenannte Einbauintervalle mit maximalen Längen von 2160 m unterteilt. Diese ungerade Zahl hängt unmittelbar mit den verwendeten 120 m Langschienen zusammen. Ein Einbauintervall wird ca. 20 Tage in Anspruch nehmen, in welchem der komplette Oberbau eingebaut wird. Ist ein Intervall fertig, wird unmittelbar am darauf folgenden Tag mit dem nächsten Intervall begonnen. Für den ersten Einbauabschnitt sind bis März 2011 etwa 8 Einbauintervalle vorgesehen. Am Anfang eines Einbauintervalls werden alle Schienen in den Tunnel eingebracht, auf Spurstangen abgelegt und mittels Abbrennstumpfschweissung endlos verschweisst. Am darauf folgenden Tag werden in einem speziell entwickelten Verlegeverfahren alle LVT-Schwellenblöcke auf der kompletten Länge eines Einbauintervalls auf den Tunnelboden zwischen den Schienen abgelegt. Mit der Verlegung der Schwellenblöcke werden auch alle anderen Materialien in den Tunnel eingefahren und vorsortiert verteilt. Danach erfolgen Montage und die Aufständerung des Gleisrostes. Schon bei dem Aufständern auf ein speziell für dieses Projekt entwickeltes Stützsystem wird der Gleisrost in einer Lagegenauigkeit von ± 15 mm und
Abb. 3: Betonzug auf Fahrt zum Portal Bodio. 51
AlpTransit Gotthard
Vermessungsarbeiten
Abb. 4: Aufständern des Gleises im Abschnitt Bodio – Faido West. einer Höhengenauigkeit von –10 mm abgestellt. In einem nächsten Schritt wird das Gleis dann «grob» gerichtet. Bei der Festen Fahrbahn heisst dies, dass das Gleis mittels Gleismesswagen und Richtrahmen in einen Bereich von 0 bis ±3 mm (Lage) und –3 mm Höhe gerichtet wird. Diese Position ist ausreichend genau um alle anderen, zum Gleisbau notwendigen Arbeiten zu erledigen und an der Schiene auszurichten. Sind alle Gleisbauarbeiten fertig, wird in einer Schicht, unmittelbar vor dem Betoneinbau, das Gleis nochmals im Submillimeterbereich «fein» gerichtet. Ist das Gleis feingerichtet, kann an jedem 7. Tag eines Zwanzigtageintervalls damit begonnen werden den Füllbeton einzubringen. Um eine durchschnittliche Einbaulänge von etwa 200 m pro Betoneinbautag realisieren zu können, wurde eigens für den Gotthard-Basistunnel ein 480 m langer Betonzug hergestellt. Der Betonzug fährt mit der kompletten Mischgutmenge in den Tunnel bis an die Einbaustelle heran und mischt vor Ort den Beton frisch an. Ein auf den Banketten fahrendes Transportsystem bringt den frischen Beton über die an den Vortagen bearbeiteten Einbaubereiche berührungsfrei bis zur eigentlichen Betoneinbauspitze. Dort wird 52
der Beton mittels speziellen Maschinen sehr systematisch in den Einbaubereich eingebracht. Nach ca. 10–11 Einbautagen ist der Betoneinbau für das aktuelle Intervall fertig und es wird mit den restlichen Fertigstellungsarbeiten begonnen. Nach 20 Einbautagen ist das Intervall fertig gestellt und es kann mit dem Folgeintervall begonnen werden.
Im Folgenden wird aufgezeigt, welche vermessungstechnischen Aufgaben im Rahmen der Bahntechnik zu erledigen sind. Nach Übernahme und Verifikation der Projektdaten wie Achsen und Gleisversicherungen werden in einem ersten Schritt der übernommene, leere Tunnel kontrolliert. Sind die Toleranzen von Sohle und Banketten in Höhe und Lage eingehalten? Diese Information ist wichtiger Ausgangspunkt, um später einen reibungslosen Einbauprozess des Gleises gewährleisten zu können. In einem weiteren Arbeitsgang werden alle 20 m Hilfspunkte auf dem Bankettauftritt abgesteckt, welche beim Aufständern des Gleises als Referenz verwendet werden. Dadurch kommt das fürs Aufständern zuständige Team ohne vermessungstechnisches Personal aus und kann trotzdem das Gleis im Zentimeterbereich auf die korrekte Position bringen. Während dieses Prozesses werden Schienenneigung gerichtet und die Schwellenblöcke im korrekten Abstand montiert. Das Richten der Gleise mittels Gleismesswagen erfolgt in zwei Durchgängen. Die einzuhaltenden Genauigkeitsanforde-
Abb. 5: Funktionsschema des Gleismesswagens.
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Abb. 6: Messbildschirm Gleismesswagen. rungen sind sehr hoch und liegen im Bereich von wenigen Zehntelmillimetern, deshalb werden ausschliesslich die genausten Geräte am Markt eingesetzt. Alle Prozessschritte werden nach Gesichtspunkten der Fehlerfortpflanzung optimiert, um bestmögliche Resultate zu erreichen. Die permanente Kontrolle und Dokumentation aller vermessungstechnischen Arbeiten bildet ein integraler Bestandteil des angewendeten Qualitätsmanagements. Dazu gehören die Richtprotokolle vor dem Betonieren und die Resultate der Kontrollmessung des produzierten Gleises. Alle Richtprozesse werden mit dem Gleissmesssystem der Firma Intermetric GmbH durchgeführt. Nebst hochgenauer Spurweiten- und Überhöhungsmessung besticht dieses Messsystem insbesondere dadurch, dass Höhe und Querlage des Gleises mit Hilfe einer eingemessenen, starren Lasersehne bestimmt wird. Anfang und Ende dieser Sehne werden durch freie Stationierung auf acht
Gleisversicherungspunkte mit dem Tachymeter Leica TS30 gemessen. Die Gleisposition wird danach mit Hilfe einer aktiven Zieltafel, auf welche die starre Lasersehne trifft, berechnet. Die Differenzen zu den Sollwerten werden online am Bildschirm angezeigt und können mit dem Richtsystem korrigiert werden. Durch dieses Verfahren wird eine sehr hohe innere Genauigkeit des gerichteten Gleises erzielt, die höher ist als bei Systemen, welche sich ausschliesslich mit Hilfe eines Tachymeters positionieren. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass das System die vorgegebenen Tagesleistungen hinsichtlich Quantität und Qualität erreicht. Dem Gleiseinbau folgen die Absteckungen für die weiteren Bahnanlage-Installationen. Die Absteckung der Aufhängepunkte der Tunneltragwerke erfolgen mittels Hebebühnen vom Gleis aus. Des weitern werden auch Funkkabelaufhängungen, Balisen, Beschilderung und Merktafeln der Hauptsignale abgesteckt.
All diese Arbeiten werden zwischen Portal und Gleiseinbauspitze erbracht. Das bedeutet, dass fast täglich das Gleis durch den Betonzug befahren wird, um die Gleiseinbauspitze zu erreichen. Alle Absteckarbeiten, auch wenn sie sich örtlich weit weg vom Gleiseinbau befinden, müssen koordiniert werden. Nach Abschluss des gesamten Einbaus erfolgt die Kontrollaufnahme aller Einbauten für das gesamte System «Gotthard Basistunnel» für die Aufnahme in die Datenbank Feste Anlagen (DfA) der SBB. Momentan stehen wir am spannenden Startpunkt des Gleiseinbaus. Die ersten paar hundert Meter sind im Tunnel, über hundert weitere Kilometer werden zur Vollendung nötig sein. Es ist für uns eine grosse Befriedigung, bei diesem interessanten Projekt dabei sein zu dürfen und einen Beitrag zur erfolgreichen Realisierung leisten zu können.
Daniel Stähli dipl. Kulturing. ETH Grunder Ingenieure AG Bernstrasse 21 CH-3400 Burgdorf daniel.staehli@grunder.ch Martin Baumeler dipl. Ing. ETH Grunder Ingenieure AG Bernstrasse 21 CH-3400 Burgdorf martin.baumeler@grunder.ch Dipl. Ing. Thomas Silbermann Leitung Ausführung ARGE Fahrbahn Transtec Gotthard Alpine Bau GmbH Hansmatt 32 CH-6370 Stans thomas.silbermann@afttg.ch
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AlpTransit Gotthard
Zur Messunsicherheit von Kreiselmessungen im GotthardBasistunnel Bei grossen Tunnelprojekten wie dem Gotthard-Basistunnel (GBT) sind Kreiselmessungen unverzichtbarer Bestandteil geodätischer Messungen. In diesem Beitrag wird nochmals die ungünstige Fehlerfortpflanzung in lang gestreckten Polygonzügen im Verhältnis zu Zügen mit Kreiselmessungen dargestellt. Schwerpunkt liegt jedoch einerseits auf der Diskussion von systematischen Einflussgrössen bei diesen Orientierungsmessungen, andererseits auf einer zusammenfassenden Darstellung der durchgeführten Kreiselmessungen im GBT einschliesslich einer repräsentativen Abschätzung der hierbei erreichten Messunsicherheit. Weiterhin wurde auch nachgewiesen, dass diese Messungen nicht nur zu Genauigkeitssteigerungen, sondern auch zur Aufdeckung von systematischen Messabweichungen wie z.B. der Horizontalrefraktion herangezogen werden konnten. Pour de grands projets de construction de tunnels tels que le tunnel de base du SaintGothard les mesures au gyroscope font partie intégrante et indispensable de mesures géodétiques. Dans cet article on mentionnera encore une fois la propagation défavorable des erreurs dans des polygonales tendues par rapport à celles mesurées au gyroscope. Le point essentiel réside cepedant d’une part dans la discussion des grandeurs systématiques influant sur ces mesures d’oriention et d’autre part dans une présentation résumant les mesures gyroscopiques exécutées dans le tunnel de base y compris une appréciation représentative de l’insécurité de mesure atteinte dans ce contexte.De plus il a été démontré que ces mesures n’ont pas seulemment contribué à augmenter la précision mais également à la découverte de déviations systématiques de mesures telles que la réfraction horizontale. Nei grossi progetti di gallerie – come quello della galleria di base del Gottardo (GBG) – le misurazioni col giroscopio sono una componente imprescindibile delle misure geodesiche. In quest’articolo si presenta ancora una volta la svantaggiosa propagazione dell’errore sulle poligonali rispetto ai tratti ottenuti con la misurazione col giroscopio. L’accento viene posto, da una parte, sulla discussione dei parametri sistematici in queste misurazioni d’orientamento e, dall’altra, su una rappresentazione riassuntiva delle misurazioni col giroscopio nella GBG, ivi compresa una stima rappresentativa dell’insicurezza di misurazione ottenuta. In aggiunta si è anche dimostrato che queste misurazioni possono essere impiegate non solo per aumentare la precisione ma anche per individuare le differenze sistematiche di misurazione, come, per es., della rifrazione orizzontale. H. Heister, W. Liebl Kreiselmessungen sind heute bei grösseren Tunnelbauprojekten unverzichtbarer Bestandteil der geodätischen Messungen zur Kontrolle des Vortriebs. Dies liegt zum einen daran, dass Tachymetermessungen bei der unvermeidbar lang gestreckten Messkonfiguration eine ungünstige Fortpflanzung zufälliger und systematischer 54
Messabweichungen haben, zum anderen, dass die systematischen Messabweichungen – insbesondere die Horizontalrefraktion – durch eine veränderte Messanordnung kaum kompensiert werden können. Wenn auch über die Anordnung von Kreiselmessungen bereits in den früheren Jahren ausführlich berichtet wurde (TárczyHornoch, 1935, Halmos, 1971, 1972), so sei hier doch noch einmal exemplarisch
die unterschiedliche Fehlerfortpflanzung dargestellt. Es gilt für den einseitig angeschlossenen, gestreckten Polygong mit n gleichen Seitenlängen d und einer gesamten Länge L der Näherungsausdruck für die statistische Unsicherheit der Querabweichung , wobei die Standardabweichung einer Polygonwinkelmessung bedeutet. Entsprechend gilt für den Kreiselzug, bei dem jede Seite durch eine Kreiselmessung mit einer Standardabweichung orientiert wurde . In der nachfolgenden Abbildung 1 wurden für einen speziellen, aber doch typischen Fall die statistischen Querabweichungen für jeweils gleiche Seitenlängen von d = 250 m für unterschiedliche Polygonzuglängen graphisch dargestellt. Dabei soll nochmals hervorgehoben werden, dass bei der Vorgabe der Standardabweichungen sowohl für die Richtungs- als auch Kreiselmessungen nur zufällige Messabweichungen angenommen wurden. Somit ist den nach den o. a. Formeln bestimmten statistischen Grössen auch nur eine Wahrscheinlichkeit von p=68% zuzuordnen. Für weitere Wahrscheinlichkeiten von p=95% und p=99% können die entsprechenden Werte ebenfalls der Grafik entnommen werden, wobei dem letzten Fall besondere Bedeutung zukommt, da das hierdurch bestimmte Intervall ± q einer Messtoleranz gleichgesetzt werden kann. Zusammenfassend ist jedoch aus den Graphiken abzulesen, dass sich die beiden Messverfahren in der zu erwartenden Querabweichung bis zu einem Faktor 20 unterscheiden; folglich ist festzuhalten, dass selbst bei nur zufälligen Messabweichungen in den Polygonwinkelmessungen bei längeren Tunnelbauwerken die vorgegebenen Messtoleranzen nicht mehr eingehalten werden können. Somit wird eine Stützung durch Kreiselmessun-
AlpTransit Gotthard
Querabweichung qw qw
Querabweichung qk qk
toleranz, erheblich vermindert werden kann. Diese nicht neuen Überlegungen und Schlussfolgerungen beruhen jedoch nur auf einer Berücksichtigung von zufälligen Messabweichungen und der damit verbundenen experimentellen Standardabweichungen sw und sk. Schwerpunkt der nachfolgenden Ausführungen ist es deshalb, die gerade in der Tunnelvermessung auftretenden systematischen Einflussgrössen, die sowohl im Instrument als auch im Umfeld der Messungen wirksam werden können, zusätzlich im Genauigkeitsbudget zu berücksichtigen.
Das Konzept der Messunsicherheit
Abb. 1: Statistische Querabweichungen qw und qk bei gestreckten Polygonzügen ohne und mit Kreiselmessungen. gen unumgänglich, zum einen um die Genauigkeit zu steigern, zum anderen aber auch aus Zuverlässigkeitsaspekten. Nun wird es aus unterschiedlichen Gründen nicht praktikabel sein, jede Polygonseite durch Kreiselmessungen unabhängig zu orientieren. Deshalb erhebt sich häufig die Frage, wie oft und an welchen Stellen Kreiselmessungen durchgeführt werden sollen. Diese Frage ist prinzipiell nur projektbezogen korrekt zu beantworten. Jedoch gibt es auch hierzu theoretische Überlegungen, die zumindest eine Entscheidungshilfe sein können. Nach Halmos, 1972 ergibt sich für dieses Optimierungsproblem folgende Lösung: Grundsätzlich ist das Optimum nur dann zu erreichen, wenn die Orientierungsmessungen symmetrisch auf die Gesamtlänge L verteilt werden. Danach ergibt sich für die Bereiche eines freien Polygonzuges, in denen eine Kreiselmessung durchgeführt werden sollte, folgende allgemeine Regel, wenn mit z die Anzahl der geplanten Orientierungsmessungen bezeichnet wird:
Ist z=1, also nur eine Kreiselmessung geplant, dann liegt der Bereich bei L/2, demnach in der Mitte des Zuges; für z=2 liegen die Bereiche bei 1/4 L und 3/4 L; für z=3 können schliesslich die Bereiche 1/6 L, 1/2 L und 5/6 L angegeben werden usw. Bereits durch eine Kreiselorientierung der letzten Polygonseite (vor der Ortsbrust) eines einseitig angeschlossenen Polygonzuges kann der Wert von qw auf die Hälfte reduziert werden. Wird dann zusätzlich noch in der Mitte eine weitere Orientierungsmessung durchgeführt, dann vermindert sich bei grossem n die Querabweichung nochmals um den Faktor 0,5, bei um zwei symmetrisch angeordnete Kreiselmessungen gar um den Faktor 1/9 (s.a. Jordan, Eggert, Kneissl, 1967, S.582). Somit wird deutlich, dass durch relativ wenige aber genaue Kreiselmessungen die statistische Querabweichung, selbst bei einer Wahrscheinlichkeit von p=99%, innerhalb der vorgegebenen Vermessungs-
Seit einigen Jahren setzt sich auch in der geodätischen Messtechnik das Konzept der Messunsicherheit nach dem «Guide to the expression of uncertainty in measurement» (GUM) zunehmend durch (BIPM, 2008). Die Definition des Begriffs Messunsicherheit besagt, dass das Messergebnis nach Korrektur aller bekannten systematischen Einflüsse immer nur ein Schätzwert der Messgrösse ist, der mit einer Unsicherheit behaftet ist, die sich aus zufälligen Messabweichungen und unvollkommener Berichtigung des Ergebnisses bezüglich der systematischen Einflussparameter ableitet. Wurden in der vorangegangenen Betrachtung für die Ermittlung der zu erwartenden Querabweichung nur zufällige Messabweichungen berücksichtigt, erlaubt dieses Konzept die Einbeziehung von systematischen Messabweichungen. Die quantitative Ermittlung der Messunsicherheit setzt sich grundsätzlich aus mehreren Komponenten zusammen. Dabei unterscheidet der GUM zwei Kategorien: A: Komponenten, die mit statistischen Methoden berechnet werden. B: Komponenten, die auf andere Weise ermittelt werden. Die Komponenten der Kategorie A werden durch die empirische Standardabweichung si sowie ihren Freiheitsgrad 55
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vi angegeben. Berechnungsmethoden (Fehlerfortpflanzungsgesetz, Methode der kleinsten Quadrate) einschliesslich ihrer Zusammenfassung sowie die Berücksichtigung von Korrelationen sind dem Geodäten wohlbekannt. Die auf dieser Basis ermittelte Unsicherheit uAi = si wird auch Standardunsicherheit genannt. Die Komponenten der Kategorie B werden als Näherungen entsprechender Standardabweichungen betrachtet. Sie sind durch Grössen uBi zu charakterisieren. Dieses Vorgehen wird leider bisher bei geodätischen Messverfahren wenig angewendet. Hier besteht aber erstmals die Möglichkeit, eine Messunsicherheit abzuschätzen. Dabei sollen alle verfügbaren Informationen – also auch die in langjähriger Messerfahrung erworbenen – über die Streuung einfliessen. Alle Standardunsicherheiten, die auf dieser Weise einer Messgrösse zuzuordnen sind, können nach dem Unsicherheitenfortpflanzungsgesetz wie Standardabweichungen quadratisch zur kombinierten Standardunsicherheit uc zusammengefasst werden:
Messprozess im Instrument, die Konzeption des Messverfahrens und schliesslich die Auswirkungen des Messumfeldes. Da die klassischen, statistischen Verfahren hierbei weitgehend keine Lösungsansätze zur Quantifizierung der Genauigkeitsaussage ermöglichen, sind Verfahren zur realistischen Abschätzung der Messunsicherheit (vom Typ B) gefordert. Diese können auch dann notwendig werden, wenn die Überbestimmung der Messgrösse gering ist und somit die empirische Standardabweichung mit einer grossen Varianz behaftet ist. Der GUM sieht hierfür verschiedene Ansätze vor, nämlich Eingangsgrössen unterschiedlicher Verteilung und Wahrscheinlichkeiten zuzulassen, z.B. • Normalverteilung bei einer Wahrscheinlichkeit von 50%, 68% und 100%; • Gleichverteilung in einem Intervall a – bis a + ; symmetrische oder unsymmetrische Lage in Bezug auf den Schätzwert xi der Eingangsgrösse; • symmetrische Trapezverteilung; • u.a.
Die Messunsicherheit u bzw. uc wird dabei als Mass einer Streuung immer als positiver Wert (ohne Vorzeichen) zusammen mit dem Messwert angegeben. In der Regel wird diese Genauigkeitsangabe ausreichen. Dort aber, wo eine höhere Sicherheitswahrscheinlichkeit gefordert ist, oder auch die Beziehungen zu Toleranzen herzustellen sind wie z.B. auch im Tunnelbau, ist es vorzuziehen, einen Bereich für die Messunsicherheit festzulegen. Somit gelangt man über die Festlegung eines Erweiterungsfaktors k zur erweiterten Messunsicherheit U = k · uc . Häufig wird dabei k = 2 gewählt, was zu einem Intervall ± U (Angabe immer mit Vorzeichen) führt und in statistischer Analogie einen Vertrauensbereich von ca. 95% Sicherheitswahrscheinlichkeit festlegt. Die Beschreibung aller Einflussgrössen erfordert umfassende Kenntnisse über den
Abb. 2: Änderung des Kalibrierwertes des Gyromat 2000, Ser. Nr. 225 über die Zeitachse des Einsatzes beim GBT.
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Dieser kurze Abriss über die Angabe und Bestimmung der Messunsicherheit zielte darauf ab, das Konzept und die Übertragung auf das Problem der Tunnelvermessung und speziell der Kreiselmessung ohne Ausbreitung eines theoretischen Hintergrundes zusammenfassend darzustellen. Eine ausführliche Darstellung zur Berechnung der aus unterschiedlichen Verteilungs- und Wahrscheinlichkeitsvorgaben resultierenden Standardunsicherheiten ist in Heister, 2005a und 2005 b sowie BIPM (GUM), 2008 gegeben.
Unsicherheitskomponenten bei Kreiselmessungen Mit dem Gyromat der Westfälischen Berggewerkschaftskasse (WBK, heute DMT, Essen) wurde Ende der 70er Jahre (Eichholz und Schäfler, 1978) der erste automatisierte und auf dem zivilen Markt erhältliche Präzisions-Kreiseltheodolit vorgestellt. Er hat sich als Referenz bei allen grossen Tunnelbauwerken durchgesetzt und wurde deshalb auch bei den später beschriebenen Messungen des Projektes Gotthard-Basistunnel (GBT) von verschiedenen Institutionen eingesetzt. Obwohl dieses Gerät einen hohen Automatisie-
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rungsgrad erreicht hat und auf eine lange Entwicklungshistorie zurückblicken kann, verbleiben doch noch einige Einflussgrössen, die Messabweichungen hervorrufen können, die teilweise korrigiert werden können oder/und zusätzlich im Genauigkeitsbudget berücksichtigt werden müssen. Grundsätzlich sind die Unsicherheitskomponenten zu unterscheiden in • Instrumentenbezogene Komponenten, • Komponenten durch Reduktionen der Messgrösse, • Einflussgrössen des Messumfeldes. Lassen sich diese Einflüsse im Einzelnen in diesem Beitrag nicht alle diskutieren – es sei hierzu z.B. auf folgende Literaturstellen verwiesen Halmos, 1971, Heister u.a., 1990, Heister, 1992, Korritke, 1997, Grillmayer, 2003 – so sollen doch einige wesentliche Einflussgrössen kurz angesprochen werden:
Abb. 3: Änderung der Messgrösse des Gyromat 2000, Ser. Nr. 225 in Abhängigkeit der Instrumententemperatur.
Kalibrierwertstabilität Obwohl der bandgehängte nordsuchende Kreiseltheodolit ein absolut messendes System ist, erfolgt über die Instrumentenkonstante, dem Kalibrierwert E, der numerische Zusammenhang zwischen der Ableseeinrichtung des Kreiselmesssystems und Teilkreis «Null» des damit verbundenen Theodoliten. Durch Montage, Transport und Stoss sowie Wartung und Alterung kann sich dieser Wert ändern. Deshalb ist zum einen eine regelmässige Überprüfung bzw. Neubestimmung notwendig, zum anderen sind Möglichkeiten der Veränderung auch in das Messkonzept mit einzubeziehen. Nachfolgende Abbildung 2 zeigt die Kalibrierwertänderung des vom Geodätischen Institut der UniBw beim GBT eingesetzten Gyromat 2000.
rekturwerte berücksichtigt werden. Intensive Untersuchungen (Heister, 1992, Grillmayer, 2003) haben aber gezeigt, dass durchaus noch signifikante Restverbesserung – je nach Instrument unterschiedlich – bestimmt werden können. Deshalb wurde der Gyromat des Geodätischen Instituts der UniBwM nochmals einer unabhängigen Temperaturkalibrierung unterzogen. Die Ergebnisse sind in der Abbildung 3 graphisch dargestellt. Die daraus bestimmte Kalibrierfunktion ermöglicht für jeden Messwert die Berechnung einer Verbesserung in Abhängigkeit der aktuellen, internen Temperatur; Referenztemperatur ist dabei 20 °C. Die Graphik zeigt auch, dass insbesondere bei hohen Temperaturunterschieden, wie sie z.B. im Winter zwischen den Messungen im Portalnetz und im Tunnel auftreten können, diese Temperaturverbesserungen nicht vernachlässigt werden sollten.
Temperatureinfluss im Instrument Der Gyromat ist ein komplexes opto-elektronisches aber auch mechanisches Messsystem, bei dem in unterschiedlichen Komponenten Temperaturänderungen Messabweichungen bewirken können. Dies hat beim Hersteller ein umfangreiches Kalibrierprogramm zur Folge, so dass temperaturabhängig bereits intern Kor-
Horizontalrefraktion Die durch den horizontalen Temperaturgradienten verursachte Ablenkung des Zielstrahls stellt bei nahezu allen geodätischen Messungen eine Einflussgrösse dar, die erhebliche systematische Messabweichungen bewirken kann. Insbesondere im Tunnel muss bei extremen Temperaturverhältnissen diesem möglichen Fehler-
einfluss besondere Beachtung geschenkt werden. Umfangreiche praktische Untersuchungen in Heister, 1997, haben gezeigt, dass Messabweichungen im Horizontalwinkel von mehreren mgon hierbei keine Seltenheit sind. Grundsätzlich kann dieses Phenomen durch eine entsprechende Messanordnung minimiert werden. Dabei gelten folgende Hinweise: • Wandnahe Zielungen sind i.d.R. in hohem Masse refraktionsgefährdet; • in unmittelbarer Nähe der Tunnelachse herrscht ein thermisch stabiler Bereich vor, der nahezu refraktionsfreie Messungen ermöglicht; • diagonale Visuren sind ca. 70% geringer refraktionsbehaftet als die wandnahen Zielungen; • bei der Richtungsübertragung im Portalbereich sollte die thermisch unruhige Mischzone weiträumig überbrückt werden. Zur Abschätzung möglicher Refraktionseinflüsse d(t) kann folgende Näherungsformel genutzt werden: . Z. B. bei einer d = 300 m langen Visur und einem horizontalen Temperaturgradienten von grd t = 0,3 °C / m ergibt sich bereits ein d(t) = 3,0 mgon. 57
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Dies mag nochmals verdeutlichen, dass es sich bei der Horizontalrefraktion einerseits um eine Einflussgrösse handelt, die die Genauigkeitserwartungen beim Durchschlag erheblich mindern kann; andererseits ist der Refraktionswinkel aber auch eine Funktion von Parametern, die in der Praxis nicht mit der Schärfe und Dichte erfasst werden können, um eine Korrekturgrösse zur Horizontalwinkelmessung bestimmen zu können. Erwähnt werden sollte schliesslich noch, dass bei gegenseitigen Kreiselmessungen
Refraktionseinfluss messbar wird; die bei der Hin- und Rückmessung auftretende Differenz kann u.a. auch auf den zweifachen Wert d(t) zurückgeführt werden (Heister, 1992). Somit sind Kreiselmessungen auch dazu geeignet refraktionsbehaftete Visuren zu lokalisieren.
Kreiselmessungen im GBT Im Rahmen des Jahrhundert-Projektes Gotthard-Basistunnel (GBT) wurde dem Institut für Geodäsie der UniBwM neben anderen Institutionen die Durchführung von Orientierungsmessungen bei den Hauptkontrollmessungen mit Hilfe des Präzisionskreisels Gyromat übertragen. Hierbei konnte bei der Erstellung des Messkonzeptes auf Erfahrungen beim Lötschberg-Basistunnel zurückgegriffen werden. Insgesamt fanden Kontrollmessungen in allen Portalnetzen Erstfeld, Amsteg, Sedrun, Faido und Bodio sowie Messungen in den entsprechenden Tunnelabschnitten im Zeitraum August 2004 bis April 2010 in sechs Messkampagnen statt. Innerhalb dieses Zeitraums wurden mit dem eingesetzten Gyromat 2000, Ser. Nr. 225 ständig Referenzmessungen auf der Azimut-Kalibrierlinie des Geodätischen Labors der UniBwM und vier Temperaturkalibrierungen durchgeführt.
Abb. 5: Kreiselmessungen mit dem Gyromat 2000, Version UniBwM (Drahtlose Steuerung, Datenübertragung und Auswertung über PDA). statt fanden (Abb. 5). Die anschliessende Datenübertragung sollte zum einen Übertragungsfehler der Messwerte ausschliessen, zum anderen aber auch eine direkte Auswertung einschliesslich aller Korrektionen und Reduktionen bis hin zur Kreiselrichtung tK im Projektionssystem der Schweizerischen Landesvermessung ermöglichen:
tK = A + E0 + DE + vT – dA + da – c + dT
Abb. 4: Ablaufplan einer Kreisel-Messkampagne im GBT. 58
Messkonzept und durchgeführte Messungen Der Messablauf für die Orientierungsübertragung wurde so konzipiert, dass • eine angestrebte Messunsicherheit von < 1 mgon garantiert, • die Messungen in sich kontrolliert, • Änderungen des Kalibrierwertes identifiziert und lokalisiert, • Refraktionseinflüsse erkannt und • die Stabilität der lokalen Referenzlinien überwacht werden konnten. Der daraus resultierende Ablaufplan einer Messkampagne ist aus dem in Abbildung 4 dargestellten Blockdiagramm ersichtlich. Die Kreiselmessungen selbst wurden dabei «wireless» über einen PDA gesteuert, so dass keine manuellen Interventionen am Gerät während des Messprozesses
Hierin bedeuten A das Rohazimut (Kreiselmessung) E0 Kalibrierwert, bestimmt auf der Kalibrierlinie der UniBwM DE lokale Kalibrierwertkorrektur ELOK = E0 + DE vT Temperaturverbesserung, Referenz 20 °C dA Korrektur wegen Lotabweichungen da Reduktion wegen Zielpunkthöhe c Meridiankonvergenz dT Richtungsreduktion ins ebene Projektionssystem Insgesamt wurden im Rahmen dieses Projektes 1383 einzelne Kreiselmessungen durchgeführt, die sich wie folgend aufteilen:
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• 130 Messungen auf der Azimut-Kalibrierlinie der UniBw (vor und nach jeder Messkampagne am GBT) • 555 Messungen zur Temperaturkalibrierung in der Klimakammer des Geodätischen Labors der UniBwM • 100 Messungen auf der Azimut-Kalibrierlinie der UniBwM (vor und nach jeder Temperaturkalibrierung) • 598 Messungen am und im GBT in 116 Messreihen
Abb. 6: Standardabweichungen der einzelnen Kreiselmessungen und des Mittelwertes der 116 Messreihen.
Standardabweichungen
Mittel [mgon]
Minimum [mgon]
Maximum [mgon]
eines Rohazimutes a : sa
1,03
0,13
2,66
des Mittelwertes A :
0,46
0,06
1,25
0,33
0,04
0,88
sA
des Mittelwertes aus Hin- und Rückmessung A : S A
Tab. 1: Standardabweichungen der Rohazimute.
Kreisel-Temperatur [°C] Portalnetz Tunnel
Temperaturverb. vT [mgon] Portalnetz Tunnel
Maximum
26,6
31,9
0,68
1,45
Minimum
–5,5
12,7
–1,22
–0,12
Mittelwert
10,2
25,1
–0,27
0,45
Tab. 2: Kreiseltemperaturen und Temperaturverbesserungen.
Differenzen der Kreislrichtungen tK aus Hin- und Rück
Mittel [mgon]
Minimum [mgon]
Maximum [mgon]
Portalnetze
0,36
0,01
1,36
Tunnellinien
0,32
0,01
1,60
Tab. 3: Differenzen der ebenen Kreiselrichtungen aus Hin- und Rückmessungen.
Diese hohe Anzahl an Messungen erlaubt natürlich einige statistische Aussagen über Genauigkeit und Messumfeld. Abbildung 6 zeigt zunächst graphisch die Verteilung der Standardabweichungen der Einzelmessungen und des Mittels der 116 Messreihen. Über alle Messreihen gemittelt, lassen sich dann die nachfolgende Genauigkeitsaussagen machen (Tab. 1). Das Messumfeld kann zum einen durch die vorherrschenden Temperaturen beschrieben werden; sie und die daraus resultierenden Restverbesserungen sind in Tabelle 2 für die Messungen am und im GBT zusammengestellt. Zum anderen können aus den Differenzen der Hin- und Rückmessungen Aussagen über mögliche horizontale Temperaturgradienten sowohl auf den Referenzlinien als auch auf den Polygonlinien im Tunnel abgeleitet werden. Die Zusammenstellung in Tabelle 3 zeigt, dass es im Mittel bis auf wenige Ausnahmen keine signifikanten Hinweise auf mögliche Horizontalrefraktion gegeben hat. Dies deutet sowohl auf eine gute Auswahl der Referenzlinien hin als auch auf eine gute Anlage des Tunnelpolygons; hierbei wurde die Anordnung in Tunnelmitte bevorzugt, die ja, wie bereits oben erwähnt, i.d.R. minimal refraktionsbelastet ist. Dies hat sich auch im GBT deutlich gezeigt und dürfte sich auf die Fehlerfortpflanzung bei den Horizontalwinkelmessungen positiv ausgewirkt haben. Abschätzungen der Einflussgrössen Um zu einer realistischen Bestimmung der Messunsicherheit einer Kreiselrichtung gemäss GUM zu kommen, ist es von be59
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sonderer Bedeutung, die Standardunsicherheiten von Typ A und B möglichst umfassend abzuschätzen. Gemäss den im vorangegangenen Abschnitt diskutierten wichtigsten systematischen Einflussgrössen kommt man zu folgender Zusammenstellung: 1. Messungen auf der Referenzlinie im Portalnetz und Bestimmung des lokalen Kalibrierwertes ELOK Kreiselmessung aus Hin und Rückmessung (aus Tab. 1) u A ref = 0,35 mgon (Typ A) Temperaturverbesserung vT (aus Kalibrierprotokoll) (Typ A) uvT = 0,2 mgon Lotabweichungskorrektur dA mit sh = 0,5’’ gilt näherungsweise sh udA udA = 0,15 mgon (Typ B)
Lotabweichungskorrektur dA mit sh = 1,0’’ gilt näherungsweise sh udA udA = 0,3 mgon (Typ B) Zentriergenauigkeit e e = ± 2,0 mm (Gleichverteilung) u(e) = 0,58 e = 1,2 mm (s. Heister, 2005 a,b) auf 350 m Visur gilt für Stand- und Zielpunkt ue = 0,31 mgon (Typ B) 3. Genauigkeitsbudget für die Orientierungsübertragung auf eine Tunnellinie, Bestimmung der Kreiselrichtung tk gemäss o. a. Formel Hiernach gilt für die kombinierte Standardunsicherheit für die Kreiselrichtung tK
Unter Beachtung der unter 1. und 2. ermittelten numerischen Werte ergibt sich
Lokale Vergleichsrichtung tR utR = 0,4 mgon (Typ B) Zentriergenauigkeit e e = ± 0,3 mm (Gleichverteilung) u(e) = 0,58 e = 0,17 mm (s. Heister, 2005 a,b) für 500 m Visur gilt für Stand- und Zielpunkt ue = 0,03 mgon (Typ B) Horizontaleinfluss kann vernachlässigt werden, da er bei allen Messungen beim GBT als nicht signifikant erkannt wurde. Somit ergibt die Unsicherheitenfortpflanzung für ELOK
und somit uc(tK) = 0,84 mgon. Ordnet man noch der Kreiselrichtung im Tunnel einen Grad des Vertrauens von 95% zu (analog zum statistischen Vertrauensintervall) gelangt man mit k = 2 zur erweiterten Messunsicherheit: U(tK) = k · uc(tK) = 2 · 0,84 mgon Die erweiterte Messunsicherheit einer aus dem Portalnetz übertragenen Kreiselrich-
.
2. Messungen auf den Polygonlinien im Tunnel (analog zu unter 1.)
tung kann schliesslich für das GBT-Projekt angegeben werden zu
Kreiselmessung aus Hin und Rückmessung u A = 0,35 mgon (Typ A)
U(tK) = ± 1,68 mgon.
Temperaturverbesserung vT (aus Kalibrierprotokoll) uvT = 0,2 mgon (Typ A) 60
Diese Genauigkeitsangabe ist als Intervall zu betrachten, in dem sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit von ca. 95% der angegeben Messwert (Messergebnis) befindet.
Abschliessende Bewertung Es wurde dargelegt, dass bei grossen Tunnelprojekten, wo eine lang gestreckte Messkonfiguration unumgänglich ist, Kreiselmessungen aus Gründen der Genauigkeitssteigerung aber auch aus Zuverlässigkeitsaspekten nicht verzichtbare Messgrössen sind. Zusätzlich gibt dieses spezielle und autonome Verfahren der Richtungsübertragung noch wichtige Informationen über das Messumfeld bezüglich systematischer Einflussgrössen. Die beim Projekt Gotthard-Basistunnel durchgeführten Messungen haben gezeigt, dass die dort verfolgte Messanordnung zur Orientierungsübertragung zu zuverlässigen Messergebnissen geführt hat und über die lange Zeitachse der Projektdurchführung selbst Orientierungsänderungen in den Portalnetzen detektieren konnte. Das angestrebte Ziel, eine Standardunsicherheit für die autonome Richtungsbestimmung einer Polygonlinie im Tunnel von < 1 mgon, konnte deutlich erreicht werden. Durch die hohe Messgenauigkeit konnte auch signifikant nachgewiesen werden, dass durch die bewährte Messanordnung in Tunnelmitte (Heister, 1992, Korittke 1997) im GBT nur in Ausnahmefällen mit dem systematischen Einfluss von Horizontalrefraktion zu rechnen war. Abschliessend sei noch bemerkt, dass die Aufstellung eines Unsicherheitenbudgets nach GUM neben der Berücksichtigung von statistischen Grössen auch die Beachtung anderweitiger Informationen einschliesslich der Einbringung von Erfahrenswerten ermöglicht. Somit ist eine weitaus umfassendere und repräsentativere Genauigkeitsabschätzung möglich. Zusätzlich ist noch der Übergang auf ein Genauigkeitsintervall vorgesehen, das insbesondere den mit statistischen Genauigkeitsangaben nicht so vertrauten Fachkollegen die Interpretation wesentlich erleichtert. Literatur: BIPM (GUM) (2008): Evaluation of measurement data – Guide to the expression of uncertainty in measurement. JCGM 100.
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BIPM (2008): Evaluation of measurement data – Supplement 1 to the «Guide to the expression of uncertainty in measurement» – Propagation of the distributions using the Monte Carlo method, JCGM 101. Eichholz, K. und Schäfler, R. (1978): «Gyromat», ein automatischer Vermessungskreisel hoher Genauigkeit und kurzer Messzeit. Mitteilungen aus dem Markscheidewesen, Jg. 85, S. 281–293. Grillmayer, E. (2003): Untersuchungen systematischer Fehlereinflüsse bei Messungen mit dem Kreisel DMT Gyromat 2000. In: Brunner, F.K., (Hrsg.): Schriftenreihe des Instituts für Ingenieurgeodäsie und Messsysteme der technischen Universität Graz, Shaker Verlag, Aachen. Halmos, F. (1971): Systematic and random errors of direction measurements with gyrotheodolites. MOM Review, 4, S. 24–32. Halmos, F. (1972): Zeitbedarfs- und Genauigkeitsuntersuchungen bei Polygonierungen mit Orientierungs- und Winkelmessungen. Das Markscheidewesen in den Sozialistischen Ländern, Bd. 6, S. 59–67. Heister, H., Lechner, W., Schödlbauer, A. (1990): Zur Genauigkeit und Kalibrierwertstabilität automatisierter Vermessungskreisel. In
Schödlbauer, A.: Moderne Verfahren der Landesvermessung, Schriftenreihe des Studiengangs Vermessungswesen der Universität der Bundeswehr München, Heft 38-2, S. 501–528.
Korittke, N. (1997): Zur Anwendung hochpräziser Kreiselmessungen im Bergbau und Tunnelbau. Geodätische Schriftenreihe der Technischen Universität Braunschweig, Nr. 14.
Heister, H. (1992): Zur Anordnung von Kreiselmessungen unter besonderer Berücksichtigung von systematischen Fehlereinflüssen. In: Matthias, H.J., Grün, A.: Ingenieurvrmessung 92, Beiträge zum XI. Internationalen Kurs für Ingenieurgeodäsie, Bd. 1, Ferd. Dümmler s Verlag, Bonn, S. I 7/1-7/14.
Tárzcy-Hornoch, A. (1935): Die durch den Einrechnungszug erzielbare Orientierungsgenauigkeit. Mitteilungen der Berg- und Hüttenmännischen Abteilung, Sopron.
Heister, H. (1997): Experimentelle Untersuchungen zur Horizontalrefraktion im Tunnelbau. In: IX. Internationale Geodätische Woche Obergurgl 1997 – Fachvorträge, Institut für Geodäsie, Universität Innsbruck, Institutsmitteilungen, Heft 17, S. 79–91. Heister, H. (2005a): Zur Messunsicherheit im Vermessungswesen (I). Geomatik Schweiz, Geoinformation und Landmanagement, 11/2005, S. 604–607. Heister, H. (2005b): Zur Messunsicherheit im Vermessungswesen (II). Geomatik Schweiz, Geoinformation und Landmanagement, 12/2005, S. 670–673. Jordan/Eggert/Kneissl (1963): Handbuch der Vermessungskunde. Band II, Metzlersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, S. 572 ff.
Prof. Dr.-Ing. habil. Hansbert Heister Dipl.Ing. Wolfgang Liebl Institut für Geodäsie der UniBwM DE-85577 Neubiberg H.Heister@unibw.de
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AlpTransit Gotthard
Geodätisches LangzeitMonitoring von Stauanlagen im Hochgebirge Für die Stauanlagen Curnera, Nalps und Sta. Maria im Vorderrheintal wurden spezielle geodätische Messanlagen eingerichtet, um allfällige, durch den Bau des Basistunnels verursachte Geländedeformationen zu überwachen. Nach mehreren Jahren Erfahrung kann im Wesentlichen gesagt werden, dass die Anlagen ihren Zweck erfüllen, die Talflanken – entgegen den Erwartungen – natürliche zyklische Bewegungen durchleben und der Einfluss des Tunnelbaus an der Erdoberfläche signifikant gemessen werden konnte. Pour les barrages Curnera, Nalps et Sta. Maria dans la vallée du Rhin antérieur des stations spéciales pour des mesures géodésiques ont été installées afin de surveiller d’éventuelles déformations de terrain provoquées par la construction du tunnel de base. Après plusieurs années d’expérience on peut affirmer pour l’essentiel que ces installations remplissent leur fonction, que les flancs de coteau – contrairement aux attentes – accusent des mouvements cycliques naturelles et que l’influence de la construction du tunnel sur la surface du terrain a pu être mesurée de façon significative. Per gli impianti collettori Curnera, Nalps e Sta. Maria nella valle del Reno anteriore si sono allestiti speciali impianti geodesici di misurazione per sorvegliare le deformazioni del terreno, provocate dalla costruzione della galleria di base. Dopo diversi anni di esperienza si può fondamentalmente affermare che gli impianti soddisfano lo scopo a cui sono stati destinati, che i fianchi della vallata – contrariamente alle aspettative – sono esposti a oscillazioni cicliche naturali e che si è riusciti a misurare l’influsso sulla superficie terrestre della costruzione della galleria.
zungen an den Talsperren von bis zu 5 cm auftreten können (Abb. 1). Aufgrund dieser prognostizierten Oberflächendeformationen wurden die Ein-
D. Salvini, M. Studer
1. Einleitung 1.1 Ausgangslage Der Vortrieb des Gotthard-Basistunnels macht sich trotz der grossen Gebirgsüberdeckung von bis zu 2500 m auch an der Erdoberfläche bemerkbar. Das Gebirgswasser, welches durch den Tunnel aus dem Untergrund abfliesst, verursacht eine Entwässerung des Gebirges. Diese führt zu Setzungen an der Erdoberfläche und damit zu Talaufweitungen oder -schliessungen. Diese Untergrunddynamik wurde bereits während der Planungsphase durch theoretische Analysen erkannt. Dabei wurde aufgezeigt, dass ohne entsprechende Massnahmen beim Tunnelvortrieb, wie z.B. konsequente und rasche Abdichtungen, Oberflächenset62
flüsse auf die drei Stauanlagen Curnera, Nalps und Sta. Maria im Bündner Oberland näher untersucht. Deren Einflussgebiet wird durch das Trassee des 57 km langen Gotthard-Basistunnels unterquert. Es wurden entsprechende Risikoanalysen durchgeführt, welche die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadensereignisses als sehr klein, den daraus entstehenden Schaden jedoch als sehr gross einstuften. Deshalb wurden verschiedene Massnahmen zur Risikominimierung angeordnet. Unter anderem wurde beschlossen, die Überwachung der Geländeoberfläche im Bereich der drei Stauanlagen im Hinblick auf die spezifischen Bedürfnisse des Tunnelbaus zu intensivieren. Dazu wurde ein dreistufiges Konzept vorgeschlagen. In diesem Artikel wird auf das Konzept und die Realisierung der Überwachungssysteme der Stufe 3 sowie auf die Erfahrungen nach zehn Jahren Betrieb eingegangen. Die dritte Stufe umfasst Überwachungsmessungen im Auftrag der AlpTransit Gotthard AG zur Beherrschung der Projektrisiken bei der Unterquerung der Stauanlagen. 1.2 Auftrag Die breit gefasste Aufgabenstellung für die Überwachungsstufe 3 beinhaltet die grossräumige Überwachung des Geländes im unmittelbaren Bereich der drei Talsperren. Im Konkreten geht es um die Erfassung des natürlichen Zustands des Ge-
Abb. 1: Schematische Darstellung der Gebirgsentwässerung.
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ländes bzw. des Gebirges an geologisch repräsentativen Stellen vor einer allfälligen Beeinflussung durch den Tunnelbau. Des Weiteren sollen das Normalverhalten des Geländes erfasst und die Messsysteme entsprechend kalibriert werden. Bei der dritten und wohl wichtigsten Aufgabe geht es um die sofortige Erfassung ungewöhnlicher Oberflächenbewegungen während des Tunnelbaus, welche die Sicherheit der Talsperren gefährden könnten. Bei der Umsetzung eines solchen Überwachungssystems mussten einerseits die Anforderungen des Auftraggebers bezüglich Genauigkeit (Talflankenbewegungen ±4 mm, nivellitisch gemessene Höhenänderungen 2.5 mm/km) und Verfügbarkeit der Resultate berücksichtigt werden. Andererseits durften die Herausforderungen der Installation und des ganzjährigen Betriebs der Messanlagen im Hochgebirge bei widrigsten Bedingungen nicht unterschätzt werden.
2. Realisierung 2.1 Konzept Das vom Auftragnehmer offerierte Messkonzept sah ein mehrstufiges Überwachungssystem vor, welches die jeweiligen Stärken bzw. Vorteile verschiedener geodätischer Messtechniken optimal nutzt: Die Stauanlagen und deren unmittelbare Umgebung werden mit automatisch betriebenen Tachymetersystemen überwacht. Mit autonomen GPS-Messstationen werden, ebenfalls ganzjährig, punktuelle Informationen über allfällige Geländebewegungen erfasst. Mittels Präzisionsnivellements, welche entlang von Strassen oder durch Stollen führen, werden die räumliche Ausdehnung und die Tiefe von grossräumigen Setzungsmulden mit hoher Genauigkeit bestimmt. Falls das Nivellement weit genug über die Setzungsmulde hinausreicht, lassen sich daraus auch absolute Höhenbewegungen ableiten. 2.2 Bau und Sensoren Für die geodätischen Sensoren und das Zubehör der automatischen Messanlagen
konnten handelsübliche Geräte eingesetzt werden. Auch bei den elektrischen und elektronischen Vorrichtungen konnten meist Standardkomponenten genutzt werden. Die grosse Herausforderung bei der Installation der Messanlage war die Wahl der richtigen Materialien, Befestigungen und Datenkommunikationslösungen. Diese waren für jeden Standort zu optimieren, um den Bedingungen entsprechend eine ganzjährig funktionstüchtige Anlage zu realisieren. Das raue Gebirgsklima stellt harte Anforderungen an sämtliche Installationen: weder tiefe Temperaturen, starke Winde und grosse Schneemengen, noch elektrostatische Entladungen durch Gewitter dürfen die Funktionstüchtigkeit der Messanlage nicht länger als einen Tag unterbrechen. Die Querschnittsüberwachung wurde mit je zwei Tachymetern auf den Staumauerkronen und bei den drei Vorfeldquerschnitten (Abb. 2) mit je einem Tachymeter entweder im Talfuss oder an der Talflanke realisiert. Zusammen mit einem zusätzlich installierten Tachymeter als Verbindung zwischen einem Mauer- und einem Vorfeldquerschnitt sind seit dem Jahr 2000 zehn Tachymeter in Betrieb. Die Überwachung der Einzelhöhenpunkte erfolgt mit zehn Zweifrequenz-GPS-Empfängern. Bei der Wahl der GPS-Standorte mussten neben der Berücksichtigung der
Abb. 2: Überwachungsperimeter und Messmethoden. geologischen Gegebenheiten auch mögliche Naturgefahren (z.B. Lawinen) beachtet werden. Die einzelnen GPS-Messanlagen verfügen über eine unabhängige Stromversorgung (Solar) und Datenkommunikation (GSM-Netz). Im Vorfeld
Abb. 3: Impressionen der Montagearbeiten. 63
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Abb. 4: Nivellementmessung beim Ritomsee.
der Mauern Nalps und Sta. Maria wurden ausserdem durch den ARGE-Partner Amberg Technologies sechs Mehrfachextensometer installiert und in den automatischen Messprozess integriert. Diese Extensometer sollen allfällige Felsbewegungen unmittelbar bei den Staumauern registrieren. Die Organisation der Prozesse und des lückenlosen Datenflusses sowie die Programmierung bzw. Automatisierung der Auswertungen bis hin zur Resultatabgabe benötigten ein hohes technisches und fachliches Know-how. Nach einigen baulichen Verbesserungen aufgrund erster Wintererfahrungen erreichen die Messanlagen heute eine fast hundertprozentige Verfügbarkeit während des ganzen Jahres. 2.3 Betrieb der Messanlagen Die automatisch betriebenen Tachymetersysteme erfassen jeweils nachts im Stundenrhythmus die umliegenden Überwachungspunkte. Zeitgleich mit den geodätischen Messungen werden die meteorologischen Daten erfasst, welche für die Berechnung der genauen dreidimensionalen Koordinaten der Punkte notwendig sind. Die nächtlich erfassten Messdaten werden von den Steuerrechnern vor Ort jeweils morgens aufbereitet und per Email in das Rechenzentrum nach Regensdorf übertragen, wo diese in einem automatischen Prozess ausgewertet 64
Abb. 6: GPS-Anlage oberhalb des GBT-Trassees bei Mauer Nalps.
werden. Vor der Resultatabgabe kontrolliert ein Ingenieur jeweils die neuesten Grafiken, damit in den Abgaberesultaten keine offensichtlichen Messfehler enthalten sind. Trotz ausgereifter Auswertealgorithmen und Filtermethoden kann man nicht ausschliessen, dass einzelne Messfehler die Auswertungen verfälschen würden. Die GPS-Messstationen werden direkt aus dem Rechenzentrum gesteuert. Diese erfassen die Satellitensignale wöchentlich jeweils nachts von Freitag bis Montag. Die Übertragung der Daten ins Rechenzentrum geschieht ebenfalls automatisch, während die Auswertung manuell durchgeführt wird. Die Messbarkeit des Nivellements ist auf die schneefreie Zeit beschränkt (i.d.R. Mai bis Oktober). Zwei Messequipen messen in den Monaten August und September nach den Qualitätsstandards des eidgenössischen Landesnivellements (RückVor-Vor-Rück) ein Nivellementnetz ent-
lang von Strassen, Wegen und Stollen, dessen Länge annähernd 100 km beträgt (Abb. 4). 2.4 Auswertung der Messungen Normalerweise werden Deformationsmessungen auf Punkte abgestützt, von denen man annimmt, dass sie keinen Bewegungen unterliegen, also fest sind. Da im vorliegenden Fall mit weiträumigen Geländebewegungen zu rechnen ist, muss das Auswertungskonzept angepasst werden; d.h. die Lagerungspunkte werden gleichzeitig als Beobachtungspunkte betrachtet. Die geodätische Statistik bietet hierfür das Ausgleichsverfahren mittels einer sogenannten stochastischen Lagerung an. Aufgrund der räumlichen Punktanordnung im Überwachungsgebiet lassen sich Punktepaare bilden, welche die relativen Bewegungen quer und längs zum Tal sowie in der Höhe innerhalb eines bestimmten Zeitraumes beschreiben. Die
Abb. 5: Grafische Darstellung der Talschliessung bei der Staumauer Nalps.
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Informationen werden in Form einer halbvollen Matrix numerisch zusammengefasst und dem Auftraggeber zur Verfügung gestellt. Zur besseren Les- und Interpretierbarkeit werden die Resultate auch graphisch als Zeit/Weg-Diagramme dargestellt (Abb. 5). Die GPS-Messungen werden mit der Standard-GPS-Auswertesoftware des Herstellers ausgewertet und anschliessend mit einem erweiterten meteorologischen Korrekturmodell verbessert. Dies ist nötig, um bei den meteorologisch beeinflussten GPS-Messungen höchste Genauigkeiten zu erreichen. Das jährliche Nivellement wird jeweils nach Abschluss der Messkampagne mit einer Gesamtausgleichung ausgewertet. Die Resultate werden ebenfalls in numerischer und graphischer Form aufbereitet.
3. Resultate Die ersten Betriebsjahre der Messanlage erfassten den Zustand der Geländeoberfläche, als der Vortrieb des Gotthardbasistunnels noch mehrere Kilometer vom Überwachungsgebiet entfernt war. Während dieser Zeit konnten das Normalverhalten des Geländes erfasst und das Instrumentarium sowie die Auswertung kalibriert werden. Dabei wurden unerwartete Talöffnungen von Anfang Sommer bis Ende Winter und rasche Talschliessungen im Frühsommer beobachtet. Diese Bewegungen zeigen einen zyklischen Zusammenhang mit der Jahreszeit und somit mit dem Grundwasserspiegel. Diese saisonalen, reversiblen Bewegungen wurden in allen Talquerschnitten gemessen, jedoch mit unterschiedlicher Ausprägung. Die maximalen zyklischen Bewegungen betragen bis zu 16 mm zwischen Punkten auf gegenüberliegenden Talflanken. Ähnliche saisonale Schwankungen wurden bei den GPS-Messstationen beobachtet. Mit der Annäherung des Vortriebs von Norden (TA Sedrun) und von Süden (TA Faido) wurden auf der Geländeoberfläche irreversible Bewegungen detektiert, welche eindeutig in kausalem Zusammenhang mit dem Bau des Gotthardbasis-
tunnels standen. Dabei handelt es sich um Setzungen und gleichzeitige Talschliessungen (siehe Abb. 5). Je nach Standort liegen diese Bewegungen im Millimeterbis Zentimeterbereich. Wegen der relativ geringen Grösse und Gleichmässigkeit der Bewegungen im Bereich der Staumauern sind bisher weder eine theoretische Gefährdung noch irgendwelche Schäden an den Stauanlagen festgestellt worden. Auch das Verhalten der GPS-Punkte ist deutlich durch den Vortrieb beeinflusst. So bewegen sich alle Messstationen lagemässig in Richtung der Tunnelachse, ausserdem wurden Setzungen im Zentimeterbereich detektiert.
4. Erkenntnisse und Fazit Die gesamte Messanlage ist nun seit zehn Jahren in Betrieb und liefert täglich zuverlässige und genaue Resultate. In dieser Zeit wurden wertvolle Erkenntnisse gesammelt, welche auch ausserhalb des geodätischen Umfelds Interesse geweckt haben: • In den Gebirgstälern treten aufgrund des sich ändernden Gebirgswasserspiegels jahreszeitlich wiederkehrende Talöffnungen und -schliessungen im Bereich von Zentimetern auf. Dieses Phänomen war selbst den Geologen bisher nicht bekannt. • Mit Nivellements kann eine Setzungsmulde «absolut» überwacht werden. Die Netzausdehnung muss jedoch gross genug gewählt werden, damit die Festpunkte ausserhalb des Setzungsgebiets liegen. Des Weiteren hat sich bewährt, dass seit mehreren Jahren dieselben Strecken nivelliert werden. Damit können Langzeitbewegungen viel zuverlässiger und meist weit unterhalb der Signifikanzschwelle gemäss der theoretischen Messgenauigkeit interpretiert werden. • Autonome GPS-Messanlagen können auch im Hochgebirge zuverlässig betrieben werden. Sie erfüllen bei sorgfältiger Auswertung und Trendanalyse höchste Genauigkeitsanforderungen im Millimeterbereich.
• Die Kombination von manuellen und automatischen Messsystemen hat sich in verschiedener Hinsicht als ideale Lösung im Spannungsfeld einer maximalen Sicherheit und eines kostengünstigen Geldmitteleinsatzes gezeigt. • Um nicht kompensierbare (z.B. temperaturbedingte) Messfehler auszuschliessen bzw. zu minimieren, sind spezielle Massnahmen zu ergreifen (z.B. Beschränkung auf Nachtmessungen, periodische Tachymeterkalibrierungen beim Hersteller etc.). • Die Kombination von manuellen mit automatischen Datenfluss- und Auswerteprozessen bringt zwei Vorteile: Automatische Prozesse sind zeiteffizient und vermeiden menschliche Flüchtigkeitsfehler; der Vermessungsspezialist überprüft dank seines Know-hows die Plausibilität der Resultate, bevor diese an den Auftraggeber abgegeben werden. • Grossräumige Gebiete sind mit einer genügend langen Vorlaufzeit zu überwachen, um den von Baumassnahmen unbeeinflussten Zustand zu erfassen und um die Messsysteme zu kalibrieren. • Regelmässige Berichterstattungen und Besprechungen mit dem Auftraggeber gewähren ein beidseitig gleiches Verständnis der Messanlagen und ihrer Einschränkungen (z.B. infolge kurzfristig widriger Witterungsbedingungen). Dies gilt ebenso für die Interpretation der daraus resultierenden Tabellen und Grafiken.
Dante Salvini Mario Studer BSF Swissphoto AG Dorfstrasse 53 CH-8105 Regensdorf-Watt dante.salvini@bsf-swissphoto.com mario.studer@bsf-swissphoto.com 65
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Vielseitige Vermessungsarbeiten ausserhalb des Tunnels auf den Aussenanlagen Altdorf– Erstfeld, Amsteg und Faido Die IG GEOSWISS bearbeitet seit 1995 im Auftrag der AlpTransit Gotthard AG (ATG) die bauherrenseitigen Vermessungsaufträge. Die Arbeiten decken ein breites Spektrum an Ingenieurvermessungsarbeiten ab: Angefangen vom Unterhalt des Fixpunktnetzes, den Aufnahmen für die Projektierung und die Dokumentation der ausgeführten Bauwerke, den Kontrollen von Bauwerken, Absteckungen von Hauptachsen, bis hin zu den Überwachungen von diversen Objekten auf Deformationen. All die Arbeiten fordern die Vermessungsfachleute täglich. Teils bei räumlich engen Verhältnissen und teils auf lang gezogenen Baustellen. Je nach Auftrag werden an die Vermessungsfachleute unterschiedliche Genauigkeitsvorgaben gestellt. All die Arbeiten müssen termintreu ausgeführt werden, damit das grosse Räderwerk der NEAT-Baustelle nicht ins Stocken gerät. Und zwischendurch fordert der starke Föhn oder der intensive Regen die Vermessungsequipen noch zusätzlich. IG GEOSWISS exécute depuis 1995, par mandat d’AlpTransit Gothard SA (ATG) les travaux de mensuration pour le maître de l’ouvrage. Ces travaux recouvrent un large spectre d’activités d’ingénierie de mensuration: entretien du réseau des points fixes, relevés pour le projet et la documentation des ouvrages éxécutés, le contrôle d’ouvages, le piquetage d’axes principaux et enfin la surveillance de la déformation de divers objets. Tous ces travaux présentent un défi journalier pour les spécialistes de la mensuration et ceci dans des conditions d’étroitesse des lieux et de chantiers de longeur considérable. Selon le mandat les spécialistes doivent répondre à des exigences de précision différentes. Tous ces travaux doivent être exécutés dans des délais précis afin de ne pas enrayer les rouages du chantier des NLFA. De plus les équipes de mensuration sont soumises de temps à autre au violent foehn ou à d’intenses chutes de pluie. IG GEOSWISS effettua dal 1995, su mandato della AlpTransit Gotthard AG (ATG), i mandati di misurazione da parte della committenza. Le opere incorporano una vasta gamma di lavori ingegneristici da realizzarsi: iniziando dalla manutenzione della rete di punti fissi, per poi estendersi all’allestimento della progettazione e alla documentazione delle opere edili realizzate, ai controlli di tali opere, al picchettamento degli assi principali, fino ad arrivare alla vigilanza delle deformazioni di vari oggetti. Il tutto si svolge in parte in ambienti di lavoro con spazi ristretti e in parte su cantieri di grande estensione. A dipendenza del mandato, gli specialisti della misurazione sono confrontati a prescrizioni diverse per quello che riguarda le precisioni da ottenere. Tutti i mandati devono essere eseguiti nel rispetto assoluto delle scadenze per non creare intoppi sul cantiere monumentale della NEAT. Senza dimenticare che, talvolta, le squadre di misurazione sono ulteriormente sollecitate dal forte favonio o da piogge torrenziali.
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U. Bättig, S. Bühler, D. Eberhart, R. Bänziger
IG GEOSWISS Im Jahr 1995 wurde die Ingenieurgemeinschaft IG GEOSWISS mit den Vermessungsarbeiten im Bereich der Baustellen ausserhalb des Gotthard-Basistunnels auf den Abschnitten Altdorf/Erstfeld, Amsteg und Faido betraut. Die IG GEOSWISS setzt sich aus vier Ingenieurbüros zusammen. Es sind dies: • Gruner AG, Basel (BS) • Kost + Partner AG, Sursee (LU) • Markwalder & Partner AG, Burgdorf (BE) • Ingenieurbüro Robert Bänziger, Niederhasli (ZH) Die Führung liegt bei der Gruner AG. Gemeinsam nehmen wir im Auftrag der ATG die Aufgaben der Aussenanlagen des VI Nord (Vermessungsingenieur Nord), des VI-A (Vermessungsingenieur Amsteg) und des VI-F (Vermessungsingenieur Faido) wahr.
Auftrag Im Auftrag der ATG führt die IG GEOSWISS die bauherrenseitigen Vermessungsarbeiten auf den Tagbaustellen (Aussenanlagen) von Altdorf/Erstfeld, Amsteg und Faido aus (Abb. 1, 2 und 3). Die Arbeiten umfassen die Verdichtung und den Unterhalt des Fixpunktbasisnetzes im Baustellenbereich, Absteckungsarbeiten, Kontrollen und Überwachungen, sowie verschiedene weitere meist kleine Vermessungsaufgaben im Auftrag der Oberbauleitung und der örtlichen Bauleitung.
Fixpunktnetz Altdorf bis Erstfeld Eine der Hauptaufgaben neben den Überwachungs- und Kontrollarbeiten liegt in der Verdichtung und im Unterhalt des geodätischen Grundlagennetzes NetzGBT im Baustellenbereich, welches den Unternehmungen als Grundlage für ihre vermessungstechnischen Arbeiten und als Basis für objektspezifische Abste-
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hören zum Alltag. Damit zumindest die Punktsicherheit auch auf längere Sicht gewährleistet werden kann, werden neue Punkte so oft als möglich mittels SBB-Bolzen auf oder an Bauwerken versichert. Bedingt durch den schnellen Baufortschritt und den neu errichteten Bauwerken oder Ausbruchdeponien ändern die Sichtverhältnisse zwischen den Fixpunkten rasch. Daher ist das Baustellen-Basisnetz ständig im Wandel und wird regelmässig durch neue Punkte ergänzt.
Abb. 1: Übersicht Baustelle Altdorf/Rynächt bis Teilabschnitt Erstfeld. ckungen, Überwachungen und Kontrollen dient. Baustellen-Fixpunktbasisnetz Das Baustellen-Fixpunktbasisnetz stützt sich vorwiegend auf das übergeordnete Grundlagennetz NetzGBT der ATG ab und ist eine Verdichtung dieses Netzes. Neben diesem so genannten NetzGBT werden auch die Fixpunkte aus dem SBB-Netz in die Bestimmung des Baustellen-Fixpunktbasisnetzes einbezogen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Bauarbeiten ideal, unter Berücksichtigung der geforderten Genauigkeiten für die Fixpunkte, ebenfalls auf die bestehenden Infrastrukturen abgestimmt werden können. Zum heutigen Zeitpunkt umfasst das Baustellen-Fixpunktbasisnetz im Bereich Altdorf/Erstfeld rund 120 Punkte. Genauigkeitsanforderungen und Bestimmungsmethoden Die Anforderungen an die Bauarbeiten sind punkto Genauigkeit hoch. Dem entsprechend muss auch das verwendete Fixpunktnetz gewissen Mindestanforderungen an die Genauigkeit erfüllen. Grundsätzlich darf die Nachbargenauigkeit zwischen den Netzpunkten 15 mm in Lage und Höhe nicht überschreiten. Die Lagebestimmung der Fixpunkte erfolgt terrestrisch mittels Präzisions-Tachymeter,
die Höhenbestimmung mittels Nivellement. Dank dieser Methodenwahl können die geforderten Genauigkeitsanforderungen eingehalten werden. Die Genauigkeiten liegen flächendeckend im Subzentimeter-Bereich. Unterhalt Aufgrund der intensiven Bautätigkeit auf den jeweiligen Abschnitten kommt dem Unterhalt des Fixpunktsnetzes eine sehr grosse Bedeutung zu. Beschädigte Punkte und «verlorengegangene» Visuren ge-
Fixpunkte für Präzisionsüberwachung Für die millimetergenaue Überwachung von Objekten, wie zum Beispiel der SBBStammlinie, werden auf das BaustellenFixpunktbasisnetz lokale Netze verwendet. Mit diesen lokalen Netzen, welche ausschliesslich für diese speziellen Überwachungsaufgaben installiert werden, können Genauigkeiten in der Grössenordnung von 1 σ = ± 1 mm erreicht werden. Für Setzungsmessungen, welche mittels Nivellement durchgeführt werden können, liegen die erreichten Genauigkeiten im Submillimeter-Bereich.
Überwachungen Der VI (Vermessungsingenieur) hat den Auftrag, die Deformationen von ver-
Abb. 2: Übersicht Aussenanlagen und Zugangsstollen Teilabschnitt Amsteg. 67
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schiedenen Objekten zu überwachen. Darunter fallen natürliche Objekte, bestehende Bauten und neue ATG-Bauten. Je nach Objekt werden verschiedene Genauigkeiten und Überwachungsintervalle gefordert. Hauptsächlich sind zwei Gründe ausschlaggebend, weshalb die Überwachungen notwendig sind. Einerseits muss die Sicherheit der ATG-Baustellen und andererseits die Sicherheit und uneingeschränkte Funktionalität der bestehenden Infrastrukturen sichergestellt werden. Die meisten Überwachungen werden ausgeführt, um die Sicherheit von bestehenden Infrastrukturen zu garantieren und allfällige Deformationen frühzeitig zu erkennen und geeignete Massnahmen einleiten zu können. Vereinzelte Objekte werden auch zur Beweissicherung überwacht, um deformationsbedingte Bauwerksschäden zu dokumentieren. Da im Bereich der ATG Baustellen von Rynächt bis Altdorf, in Amsteg und Faido sehr viele Infrastrukturen auf engstem Raum sind und oft im Bauperimeter liegen, ist eine grosse Zahl von Überwachungen nötig. Die zu überwachenden Objekte sind von der ATG in einem Gesamtüberwachungskonzept festgelegt. Im nachfolgenden werden einzelne exemplarische Überwachungsobjekte näher umschrieben. Altdorf/Erstfeld die SBB Stammlinie: das Herzstück Das längste und wohl wichtigste zu überwachende Objekt ist die SBB-Stammlinie zwischen Altdorf und Erstfeld. Auf einer Länge von ca. 3.6 km wird das SBB-Trassee überwacht. Diese Überwachung kann als das Herzstück aller Überwachungen bezeichnet werden. Dabei steht die Sicherheit und die Gewährleistung des Nord-Süd Verkehr im Zentrum: Der Bahnverkehr darf durch die Bauarbeiten, welche sehr nahe am bestehenden SBB-Trassee stattfinden, nicht beeinträchtigt werden. Der ganze Überwachungsperimeter ist in 7 Abschnitte eingeteilt, die je nach Bautätigkeit verschiedene Überwachungsintervalle aufweisen. In den Bereichen mit grosser Bautätigkeit finden 68
wöchentliche und in den Bereichen mit geringerer Bautätigkeit nur noch zweimonatliche Überwachungen statt. Die Genauigkeiten für die Überwachungen in Lage und Höhe liegen bei 1 σ = ± 2 mm. Um diese Genauigkeiten zu erreichen, wurde ein eigenes Fixpunktnetz angelegt. In diesem Netz wird mit der Methode der Freien Station gearbeitet. Überwacht werden die Fahrleitungsmasten der SBB. Diese wurden mit Reflektorfolien bestückt und können so, ohne das Bahntrassee betreten zu müssen, gemessen werden. Die Resultate werden von den ATG-Verantwortlichen sowie von den Fachspezialisten der SBB als Grundlage für allfällige Interventionen verwendet. Altdorf/Erstfeld Bahnbrücke, Gleis und Spundwand Stille Reuss Neben der bestehenden Bahnbrücke über die Stille Reuss wurde unmittelbar daneben eine weitere Bahnbrücke gebaut, auf welcher zukünftig die Zufahrtsgleise des Gotthard-Basistunnels zu liegen kommen. Da die Bauarbeiten bis ca. 1 m an die bestehenden Gleise der SBB-Stammlinie heran kamen und auch das bestehende Bahnbrückenbauwerk tangierten, musste lokal eine zusätzliche Überwachung aufgezogen werden. Die Überwachung der SBB Stammlinie konnte die lokalen Bedürfnisse mit den Fahrleitungsmasten nicht genügend abdecken. Dies erforderte ein spezielles Überwachungskonzept. Überwacht wurden die bestehenden SBB Gleise, der Brückenkörper und die Brückenfundamente. In einer späteren Phase wurden dann die Spundwände für die Baugrubensicherung der neuen Bahnbrücke überwacht. In einer ersten Phase, als die Spundwände über Nacht einen Meter neben dem Gleis eingerammt wurden, musste jeweils am Morgen zwischen 4.30 und 5.00 Uhr das Gleis in Lage und Höhe sowie die Überhöhung/Verwindung auf einer Länge von ca. 50 m auf beiden Gleisen kontrolliert werden. Die Auswertung musste vor Ort innerhalb dieser halben Stunde zuverlässig durchgeführt werden, damit ein allfälliger Einsatz der Kramp- und Richtmaschine von 5.00 bis 6.00 Uhr
stattfinden konnte; denn um 6.00 Uhr musste die Stammlinie wieder zweispurig für den Bahnverkehr befahrbar sein. Die geforderte Genauigkeit für Lage und Höhe lag bei 1 σ = ± 1 mm. Eine Intervention der Kramp- und Richtmaschine war bei einer Lageverschiebung > 4 mm, einer Setzung > 20 mm oder einer Verwindung > 2 ‰ notwendig. Bei der Brücke galten andere Werte für die Setzung: Alarmierungswert = 50 mm und Interventionswert = 100 mm. Für die Überwachung kam wieder die Methode der Freien Station zur Anwendung. Die Gleise wurden mit der Gleislehre und die Brücke mit fest montierten SBB Gleisversicherungen kontrolliert. Damit konnten sehr rasch die Lage und Höhe der Gleisachse sowie die Überhöhung kontrolliert werden. Im gleichen Arbeitsgang konnten auch die Lage und die Höhe der Brücke überwacht werden. Die Werte der Kontrollen wurden tabellarisch erfasst und konnten fortlaufend mit den Fachspezialisten der SBB besprochen werden. In der zweiten Phase, während der Bauarbeiten der Brücke, war eine wöchentliche Überwachung nötig. Das Überwachungskonzept wurde beibehalten, weil es auch für die wöchentlichen Überwachungen unter Verkehr geeignet war. Ebenfalls wurde in dieser zweiten Phase mit der Spundwandüberwachung begonnen. Altdorf/Erstfeld RUAG Reusshalle Die RUAG Reusshalle in Altdorf ist ein Beispiel für ein Überwachungsobjekt, das ausserhalb des Bauperimeters liegt. Die Halle, respektive die darin installierten Präzisionsmaschinen, sind äusserst neigungs- und erschütterungsempfindlich. Aus diesem Grund wurde die Halle mit zwei verschiedenen Methoden überwacht. Zum einen wurde ein Präzisionsnivellement zur Beweissicherung in der Halle gemessen, um das Setzungsverhalten aufgrund der angrenzenden Bautätigkeit zu beobachten, und zum anderen wurden Erschütterungsmessgeräte in der Nähe von erschütterungsempfindlichen Maschinen installiert und ein Grenzwert für Erschütterungen festgelegt. Die Er-
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Abb. 3: Übersicht Deponie Chiggiogna/Cavienca, südlich des Zwischenangriffs Faido. schütterungsmessgeräte zeichneten in einem vorgegebenen Abtastintervall die Erschütterungen auf. Die Resultate konnten von den Verantwortlichen Online eingesehen werden. Da die permanente Überwachung durch die Erschütterungsmessgeräte sichergestellt war, wurden mit dem Nivellement nur eine Nullmessung und eine Abschlussmessung durchgeführt. Die Genauigkeit des Nivellement lag bei 1 σ = ± 0.3 mm. Faido Deponie Chiggiogna/Cavienca und Polmengo In Chiggiogna/Cavienca und Polmengo wurden zwischen 2000 und 2002 in der Nähe von der Kantonsstrasse und der Bahnlinie Deponien geschüttet. In Polmengo ist es eine vorübergehende Zwischendeponie, welche wieder vollständig rückgebaut wird. In Chiggiogna/Cavienca (Abb. 3) wird eine definitive Deponie erstellt. Dies war der Grund, dass die bestehenden Infrastrukturen, vor allem die bestehende Gotthardbahnlinie, überwacht werden. Auf Grund von festgestellten Bewegungen bei den ersten Grundmessungen wurde der Messumfang in der Anzahl der zu beobachtenden Objekte und auch in der örtlichen Ausdehnung mit der Zeit kontinuierlich erweitert. Heute werden folgende Infrastrukturobjekte auf
einer Länge von fast zwei Kilometern in Lage und Höhe überwacht: Mastfundamente der Bahnlinie, Schutzmauer entlang Bahnlinie, Kantonsstrasse neben Bahnlinie und Geländepunkte (GolenaPunkte). All die zu überwachenden Punkte befinden sich auf engstem Raum. Auch bei diesem Objekt steht die Sicherheit und die Gewährleistung des Nord-Süd Verkehrs im Zentrum – analog der SBB Stammlinie in Altdorf/Erstfeld. Die Messintervalle der Folgemessungen der verschiedenen Objekte wurden vorgängig durch den verantwortlichen Projektingenieur definiert. Sie reichen von heute halbjährlichen Messungen, Quartals- und in den kritischen Phasen bis zu monatlichen Messungen. Die Lage wird tachymetrisch mit freien Stationen und die Höhe mit einem Präzisionsnivellement gemessen. Die Genauigkeit für die Überwachungen in der Lage liegt bei 1 σ = ± 2 mm und in der Höhe bei 1 σ = ± 0.5 mm. Besonders herausfordernd war es die Fixpunkte in sicherem Gelände anzubringen. Für die Lage wurden im gegenüberliegenden Fels drei Fixpunkte auf Konsolen montiert. Es musste auf den Felsen ausgewichen werden, weil der ganze Talboden im Überwachungsperimeter liegt und den Bewegungen unterworfen ist. Die Höhenfixpunkte waren zu Beginn
auf dem Bahngleis ausserhalb des Überwachungsperimeters. Es wurde bei den ersten Grundmessungen jedoch festgestellt, dass sich die Höhenfixpunkte ebenfalls bewegen. Deshalb musste der Überwachungsperimeter in mehreren Schritten vergrössert werden und die Fixpunkte wurden an die Felsflanken und in den Dörfern an das Netz der Amtlichen Landesvermessung, weit ausserhalb des Überwachungsperimeters, gelegt. Räumlich sind sehr grosse Unterschiede in den Setzungen und Lageverschiebungen festzustellen. Die Setzungen und Lageverschiebungen der einzelnen Objekte korrelieren jedoch räumlich miteinander. Seit der Grundmessung im Jahre 2000 sind bei einzelnen Objekten (vor allem die Mastfundamente der auf einem Damm liegenden Gotthard Stammlinie) signifikante Lage- und Höhenverschiebungen von bis zu 0.30 m ausgewiesen worden. Die vielseitigen und interessanten Vermessungsarbeiten bei diesem Jahrhundertprojekt haben unsere Vermessungsingenieure der Ingenieurgemeinschaft sowohl in fachlicher, logistischer und persönlicher Hinsicht herausgefordert. Wir können mit Stolz sagen, dass wir diese Herausforderung mit Erfolg gemeistert haben. Unsere Ingenieurgemeinschaft IG GEOSWISS ist dabei zu einer Einheit zusammengewachsen.
Urs Bättig (Gruner AG, Basel) Samuel Bühler (Kost + Partner AG, Sursee) Daniel Eberhart (Markwalder & Partner AG, Burgdorf) Robert Bänziger (Ingenieurbüro Robert Bänziger, Niederhasli) IG GEOSWISS c/o Gruner AG Gellertstrasse 55 CH-4020 Basel urs.baettig@gruner.ch 69
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Überwachungsmessungen am Portal Erstfeld Die ersten 600 Meter des Gotthard-Basistunnels im Kanton Uri werden nicht bergmännisch, sondern als Tagbautunnel erstellt. Bis zu 30 Meter tief schneidet der Tagbautunnel bei Erstfeld die Bergflanke an. Hangsicherungen, Schüttungen und der Tagbautunnel selbst müssen während der gesamten Bauzeit messtechnisch überwacht werden. Das stellt höchste Ansprüche an Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Flexibilität der Messtechnik. Les premiers 600 m du tunnel de base du Saint-Gothard côté Uri ne sont pas excavés par minage mais construits à ciel ouvert. Près d’Erstfeld ce tronçon du tunnel se situe dans une entaille dans le coteau mesurant jusqu’à 30 m de profondeur. Les installations sécurisant les pentes, les remblais et le tunnel à ciel ouvert lui-même font l’objet d’une surveillance par des techniques de mensuration pendant toute la durée des travaux. A cet effet des exigences maximales en précision, fiabiliité et fléxibilité de la technique de mensuration sont de mise. I primi 600 metri della galleria di base del Gottardo nel canton Uri non sono realizzati come opera mineraria ma come galleria costruita a cielo aperto. La galleria a cielo aperto a Erstfeld penetra nel fianco della montagna a una profondità di 30 metri. Durante tutta la durata del cantiere bisogna sorvegliare – con tecniche di misurazione – la stabilizzazione dei versanti, i rinfianchi e la galleria a cielo aperto. Questo presuppone esigenze elevatissime di precisione, affidabilità e flessibilità nella tecnica di misurazione.
Überwachungsaufgaben Aus Sicherheitsgründen müssen folgende Objekte messtechnisch überwacht werden: • Vorbelastungsschüttung • Bohrpfahlwand • Tagbautunnel Vor allem bei den Hangsicherungen und den Bauwerken müssen allfällige Veränderungen frühzeitig erkannt und mit den prognostizierten Werten verglichen werden. Dafür werden sowohl geodätische als auch geotechnische Messinstrumente eingesetzt.
Aufbau des Festpunktfeldes Als Grundlage für alle geodätischen Überwachungsaufgaben wurde ein Festpunktfeld aufgebaut, das den Ansprüchen an Stabilität und Genauigkeit gerecht wird. Zudem muss es stets nutzbar bleiben, auch wenn die Baustelleninstallationen sich ständig ändern. Das Fest-
J. Gämperle, M. Furrer
Tagbautunnel in Lockergestein Das eigentliche Nordportal des GotthardBasistunnels liegt dort, wo die Linienführung auf kompakten Fels trifft und der Tunnel bergmännisch ausgebrochen werden kann. Davor erstreckt sich ein 600 Meter langer Tagbautunnel, der in die Bergflanke aus Lockergestein eingebettet ist (Abb. 1). Um die Setzungen durch die Auflast des späteren Tagbautunnels möglichst gering zu halten, wurde der gesamte Bereich vorgängig mit meterhohen Aufschüttungen vorbelastet. Direkt vor dem bergmännischen Tunnelportal muss auf einer Länge von rund 200 Metern der Hanganschnitt für den Bau des Tagbautunnels mit armierten, bis zu 30 Meter hohen Bohrpfählen gesichert werden, die mit Longarinen in mehreren Lagen im Fels verankert sind (Abb. 2). 70
Abb. 1: Der Portalbereich bei Erstfeld: Die Bohrpfahlwand rechts sichert den Hangbereich unmittelbar vor dem bergmännischen Tunnelportal, links davon ist bereits der Tagbautunnel erstellt. Förderbänder und der Installationsplatz umgeben die Baustelle (Foto: AlpTransit Gotthard AG, Adrian Wildbolz).
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Abb. 2: Die rund 30 Meter hohe Bohrpfahlwand (Foto: Basler & Hofmann). punktfeld besteht aus circa 40 Lage- und Höhenfixpunkten rund um den Portalbereich. Davon befinden sich 10 Punkte auf oder an Gebäuden in der Talsohle in Entfernungen von bis zu 600 Metern vom Portal. Die vorfabrizierten Messpfeiler konnten mit einem lokalen Helikopterunternehmen auf die Flachdächer transportiert werden. Die Punkte im Fels über dem Portal mussten mit Klettereinsätzen versi-
chert werden (Abb. 3). Das Fixpunktnetz ist zwangsfrei im übergeordneten Netz GBT gelagert.
Überwachung der Schüttungen Zur Überwachung der effektiv eintretenden Setzungen, welche mit der Vorbelastung erzwungen wurden, wurden an verschiedenen Stellen Stahlrohre im Boden verankert. Die Rohre wurden in Kanalschächten nach oben geführt und konnten je nach Setzungsverhalten verlängert oder verkürzt werden. Mittels Präzisionsnivellement wurden die Höhen der 21 Pegel bestimmt. Zusätzlich wurden zwei Sondierbohrungen mit SE-Sonden überwacht. Mit den SE-Sonden können Stauchungen im Untergrund festgestellt werden. Die gemessenen Setzungen von bis zu 35 Zentimetern entsprechen den Erwartungen.
Sicherheit der Bohrpfahlwand Abb. 3: Befestigen der Messpunkte oberhalb des bergmännischen Tunnelportals (Foto: Basler & Hofmann).
Um die Sicherheit der Arbeiten unmittelbar vor dem Tunnelportal sicherzustellen, müssen die beiden Seitenwände während der gesamten Bauzeit auf Verformungen
hin überwacht werden. Bei mindestens 5 Prozent der Felsanker werden die Ankerkräfte automatisch überwacht. Bei Toleranzüberschreitungen wird ein automatisierter Alarm ausgelöst und direkt die örtliche Bauleitung informiert. Zudem werden in einem Turnus von drei Monaten 60 Punkte in der Bohrpfahlwand geodätisch überwacht. Die Überwachungspunkte sind mit Miniprismen dauerhaft versichert und werden jeweils in einer Netzmessung bestimmt. Eine Messung besteht aus 10 bis 15 Stationierungen auf den Wandabschlüssen, so dass jeder Punkt von mindestens zwei Stationen aus gemessen werden kann. Da sich die Situation durch den Baufortschritt ständig ändert, müssen die Messpositionen flexibel angepasst werden. Mit der geodätischen Messung können Lageverschiebungen von mehr als 5 Millimetern signifikant bestimmt werden. Ebenfalls im Drei-Monats-Turnus werden die in den Bohrpfählen eingelassenen Inklinometerrohre gemessen. Dabei wird eine Sonde in die Rohre eingeführt, welche die Abweichung von der Bohrlochachse in Abständen von 60 Zentimetern erfasst. Damit kann eine Aussage über das Verformungsverhalten der Pfähle und die Stabilität des Hangs gemacht werden.
Der Tagbautunnel Der Tagbautunnel besteht aus zwei parallelen Röhren. Da der Bereich unmittelbar vor dem bergmännischen Tunnelportal für die Montage und Demontage der Tunnelbohrmaschine frei gehalten werden muss, wird der Tagbautunnel von Norden her erstellt. Im Tunnel werden circa 30 Querschnitte mit je sieben Punkten überwacht. Dabei ist eine Messtoleranz von 4 Millimetern für die räumliche Verschiebung zwischen zwei Epochen einzuhalten. Die Überwachungspunkte im oberen Bereich des Tunnelprofils werden mit Miniprismen ausgerüstet, diejenigen im unteren Bereich mit Dübeln und SBB-Bolzen. Parallel dazu werden die Bodenplatten der Röhren an circa 35 Querschnitten mit Setzungsmessungen überwacht. Im Sommer 2009 konnten die ersten Profile 71
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10 Meter nach Süden verlagert, zeigen auch die Verschiebungen in diese Richtung.
Flexible Überwachung
Abb. 4: Geodätische Vermessung auf der Bohrpfahlwand (Foto: Basler & Hofmann). im Tagbautunnel versichert werden. Seither werden laufend Folgemessungen ausgeführt.
Verschiebungen nach Süden Die Resultate der ersten Folgemessungen zeigten Verschiebungen von bis 15 Millimetern in Tunnellängsrichtung. Sie nehmen nach Süden ab. Verschiebungen in Tunnellängsrichtung sind ungewöhnlich, eher würde man eine Verformung des
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Profils erwarten. Der Grund für die Verschiebungen liegt in der Bauweise des Tunnels: Die einzelnen Abschnitte wurden in monolithischer Blockbauweise mit durchgehender Armierung erstellt. Die temperaturbedingten Ausdehnungen des Betonkörpers werden so nicht wie normalerweise durch die Dilatationsfugen abgefangen, sondern kumulieren sich. Der Tunnel zieht sich je nach Temperatur gegen den momentanen Schwerpunkt zusammen, respektive dehnt sich aus. Da sich der Schwerpunkt des Tunnels mit dem Baufortschritt wöchentlich um
Das Baustellenumfeld verlangt den Vermessern ein hohes Mass an Flexibilität ab: Förderbänder, Lüftungszentralen, Lutten und Portalkräne verstellen häufig die Sicht auf die Fixpunkte, weshalb für die geodätische Überwachungsmessung stets neue Standorte gesucht werden müssen (Abb. 4). Die Miniprismen in der Bohrpfahlwand wurden durch die darunterliegenden Förderbänder, mit denen das Aushubmaterial aus dem Tunnel abtransportiert wurde, oft so stark verschmutzt, dass sie in Abseilaktionen gereinigt werden mussten. Positiv sind dagegen die Messergebnisse für die Bauingenieure zu werten: Zu keinem Zeitpunkt ging von den überwachten Objekten eine Gefahr für die Baustelle aus. Alle Verformungen lagen innerhalb der berechneten Toleranzen. Die Messungen der Bohrpfahlwand und des Tagbautunnels werden noch bis zur vollständigen Überschüttung fortgesetzt. Jörg Gämperle, Michael Furrer Basler & Hofmann Fachbereich GIS und Geomatik Forchstrasse 395, Postfach CH-8032 Zürich joerg.gaemperle@baslerhofmann.ch
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Die Rolle der Vermessung beim Bau des Ceneri-Basistunnels Die Rolle der Vermessung wird bei Bauprojekten oft vernachlässigt. Für die Realisierung von komplexen und anspruchsvollen Bauwerken wie dem Ceneri-Eisenbahn-Basistunnel ist sie hingegen ein grundlegendes Element. In den Vorbereitungsphasen sind die Vermessungsfachleute involviert, um die notwendigen Basisgeodaten für die Projektierung aufzunehmen und zu liefern. Später definieren sie die Fixpunktnetze ausserhalb des Tunnels und bestimmen die Hauptpunkte im Tunnel, um die korrekte Orientierung der Vortriebsarbeiten zu garantieren. Ausserdem müssen während dem Fortschreiten der Arbeiten die Tunnelprofile überprüft und die Bauwerke im Freien (sowohl die bereits existierenden als auch die im Bau befindlichen) überwacht werden, um eventuelle Deformationen rechtzeitig erkennen zu können. Schliesslich sind mit hohen Genauigkeiten (unterhalb eines Millimeters) die Bezugspunkte für die Verlegung der Schienen und für alle technischen Anlagen der Hochgeschwindigkeitsbahn zu versetzen und zu bestimmen.
C. Bernasconi Der Bau des Ceneri-Eisenbahn-Basistunnels erstreckt sich über eine Länge von 15.4 km und beinhaltet eine gesamte Vortriebslänge von ca. 40 km Tunnel und Stollen (Abb. 1). Das Nordportal befindet sich bei der Magadinoebene, auf dem Gemeindegebiet von Camorino auf einer Höhe von ca. 220 m über Meer, während sich das Südportal in Vezia auf einer Höhe von 330 m über Meer befindet. Aus technischen und logistischen Gründen werden grosse Teile des Vortriebes vom Zwischenangriff Sigirino realisiert. Von Sigirino aus erreicht man durch einen 2.3 km langen Tunnel (dem sogenannten «Fensterstollen Sigirino») das Herz des Bauwerks: die «Caverna operativa centrale» CAOP (zentrale Betriebskaverne). Die Spezialisten der Vermessung sind seit anfangs der neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in das Projekt involviert. Sie lieferten die kartografischen Grundlagedaten für die Vorprojektierung der Tunnel und der Zufahrtsstrecken. Die dazu geeignetste Aufnahmemethode war die Flugphotogrammetrie, die es erlaubte in relativ kurzen Zeiten präzise topografische Modelle des umfangreichen
Perimeters und hunderte von Profilen und Querschnitte des Geländes den Projektierenden zur Verfügung zu stellen. Im Jahr 1995 führten die SBB eine öffentliche Ausschreibung durch, um einem externen Vertreter die Rolle des Bauherrenvermessers zu übertragen. Dieser trägt somit die Verantwortung für die Vermessungsarbeiten, verbunden mit der kor-
rekten Realisierung des gesamten Ceneri-Basistunnels. Die Ausschreibung wurde von COGESUD gewonnen, einem Konsortium bestehend aus fünf Tessiner Vermessungsbüros (siehe Kasten). Die erste Arbeitsphase von COGESUD beinhaltete den Aufbau des Basisnetzes, einem zuverlässigen Grundlagenetz, auf welchem alle künftigen Vermessungsarbeiten beruhen sollten. Kurz nach dessen Erstellung wurden die ersten Vortriebsarbeiten am Erkundungsstollen Sigirino (Länge 2.7 km) aufgenommen, welche für die präliminären geologischen und geotechnischen Untersuchungen nötig waren. Im Zusammenhang mit diesen Bauarbeiten wurden die Vermesser von COGESUD beauftragt die ersten unentbehrlichen Messungen untertage durchzuführen, sodass der Vortrieb mit Präzision an die Stelle der späteren «zentralen Betriebskaverne» CAOP geleitet wurde. Seit diesem Zeitpunkt führt das Konsortium COGSUD die ihm übertragenen vertraglichen Verpflichtungen zur Unterstützung der Auftraggeberin (im folgenden AlpTransit Gotthard AG genannt) durch und beschäftigt sich mit den diversen Fragestellungen im Zusammenhang mit der Vermessung, also den konzeptionellen, organisatorischen und vermessungstech-
Abb. 1: Schema des Ceneri-Basistunnels. 73
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0.26
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0.57
0.27
0.51 2
: CAOP-W.3 35cm (No. 2) : 0.000 % : CAOP-W.3 (No. 1)
8 0.6
0.6
8
7
0.57
0.63
6
: 717'495.452 m : 104'510.849 m : 274.692 m
Auswertung Referenzprofil A Querneigung Referenzprofil B
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Ost Nord Höhe
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0.52
0.65
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0.59
0.59
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0.2
0.4
0.70
8
: 282.568 m : TM282.5 :6 : 1282 : Cattaneo : 10.5.2009 11:57 : TCRP1201 (SN: 213609)
Koordinaten der Achse
5 0.2
Abb. 3: Schema des übergreifenden Polygonzuges.
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7 0.2
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Portal- und Baustellenfixpunktnetz Um eine einwandfreie Absteckung der Hauptpunkte im Tunnel zu garantieren und um alle Bauwerke mit ausreichender Genauigkeit relativ zueinander anzuschliessen, benötigt man ein dichtes Fixpunktnetz. Aus diesen Gründen wurde in den Portalbereichen des Tunnels und den Zugangsstollen das Basisnetz (Lage und Höhe) verdichtet. Dadurch ergab sich die definitive Form der Portalnetze (mit hoher Präzision, für die Absteckung des Tun-
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25
ReteSUD (NetzSüd) Das lagemässige Grundlagenetz für die Realisierung des Ceneri-Basistunnels besteht aus dem ReteSUD (NetzSüd), welches sich aus 24 Fixpunkten zusammensetzt. Diese Punkte sind zwischen Biasca und Lugano verteilt und sind gleichzeitig Bestandteil des Gesamtgrundlagenetzes für AlpTransit zwischen Erstfeld und Lugano. Die komplexen Bestimmungsarbeiten dieses Netzes wurden von der AlpTransit Gotthard AG und COGESUD schon Mitte der neunziger Jahre begonnen. Wegen den hohen Anforderungen an diese Arbeit wurde in einer ersten Phase die Eidgenössische technische Hochschule Zürich (ETHZ) als Beraterin mit einbezogen. Es wurden anschliessend kombinierte Vermessungskampagnen mit GPS-Empfängern und Tachymetern durchgeführt. Bei den darauf folgenden Berechnungen wurden einige Varianten verglichen, um am Ende ein homogenes und zuverlässiges geodätisches Grundlagennetz zu erhalten. Die innere Genauigkeit des Netzes beträgt ± 1 cm.
Stationierung Profil ID DBNr. STNr. Vermesser Messdatum Instrument
0.
Fixpunktnetze
Graphik des Messprofils Massstab 1:75
0.24
nischen Aspekten. Der direkte Ansprechpartner von COGESUD ist die Abteilung «Geomatik» der Auftraggeberin (ATG Geomatik). Mit dem Beginn des Hauptvortriebs am Ceneri Basistunnels im Verlauf des Jahres 2010, sind die Arbeiten seit kurzem in die komplexeste und faszinierendste Phase des Projektes eingetreten.
SIGIRINO CAOP-W Controllo Profili COGESUD Data Asse 25.03.09 Direzione di vista = avanzamento del CAOP-W
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0.23
Abb. 2: Absteckung im Tunnel.
0.22
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Misurazione parete grezza Referenzprofil A: CAOP-W.3 35cm NB: Dati del progetto asse "piano ITC.PES.851.0301B"
-8
ReteSUD altezze (NetzSüd Höhennetz) Im Zusammenhang mit dem Bau des Ceneri-Basistunnels war es nötig ein eigenes Höhennetz für die Höhenbestimmungen im über- und untertägigen Bereich zu realisieren. Diese Vorbereitungsarbeit wurde beim Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) in Auftrag gegeben. Es galt die Faktoren zu bestimmen, die die theoretischen Abweichungen zum Zeitpunkt der Verbindung der Vortriebe beeinflussen, besonders der gravimetrische Einfluss und der Einfluss von eventuellen Zwängen zwischen den Höhenfixpunkten des Höhenbezugsrahmen LN02. Aus dem Bericht der swisstopo ging als Fazit hervor, dass sich die Einflüsse zu grossen Teilen kompensieren, sodass der theoretische Fehler vernachlässigbar ist. Die Verwendung des Höhenbezugsrahmen LN02 (Gebrauchshöhen) erlaubt folglich die verlangte Durchschlagsgenauigkeit zu erreichen. Im Juli 2004 wurden Nivellements bei allen drei Portalen durchgeführt, um lokale Setzungen zwischen den Fixpunktgruppen in LN02 auszuschliessen. Die Überprüfungen ergaben nur minime Bewegungen.
COGESUD c/o Gisi e Bernasconi SA Via Lugano 2A 6924 Sorengo Tel +41 91 960 17 50 Fax +41 91 960 17 55
Abb. 4: Kontrolle der Ausbruchprofile. nels) und Baustellennetze (niedrigere Anforderungen, für die Bedürfnisse der Baustellen ausserhalb des Tunnels). In diesen Netzen müssen die Visuren zwischen den Fixpunkten und zu den Fernzielpunkten freigehalten werden, was nicht selbstverständlich ist bei solch komplexen Baustellen. Die Stabilität der Zonen, in welchen die neuen Fixpunkte gesetzt wurden, wurde vorgängig von einem Geologen beurteilt. Ende 2005 wurden die Höhennetze für die Baustellen mit weiteren Nivellements ergänzt. Ausgehend von einigen Höhenfixpunkten des Landesnivellements wurden neue Fixpunkte im Fels in der Nähe der Portale versichert. Auf der Strecke Biasca – Lugano wurden total 42 neue Höhenfixpunkte materialisiert. Die Landesnivellementpunkte wurden als Lagerungspunkte verwendet. Um Spannungen innerhalb der Netze zu vermeiden, wurde eine freie Lagerung gewählt. Die Differenzen gegenüber den Höhen aus LN02 betragen weniger als 3 mm. Die lagemässige Verdichtung erfolgte in den Jahren 2007 und 2008. Es wurden die Portal- und Baustellennetze in Camorino, Sigirino, und Vezia bestimmt. Diese wurden mit GNSS- und terrestrischen Messungen ins Basisnetz integriert. Portalnetz Sigirino Ausgehend vom Zwischenangriff Sigirino werden grosse Teile des Basistunnels abgesteckt und ausgebrochen, wodurch dieses Portalnetz von besonders grosser
04.06.2009 10:16 TMS OFFICE
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Abb. 5: Überwachung auf den Baustellen. Wichtigkeit ist. Das Basisnetz wurde schon teilweise im Zusammenhang mit der Absteckung des Erkundungsstollens Sigirino verdichtet, aber für den neuen Hauptzugangsstollen waren einige wichtige Ergänzungen notwendig. Es wurden vier neue Fixpunkte hinzugefügt, darunter der Hauptportalpfeiler auf der Verlängerung der Achse des Zugangsstollens. Zudem wurde eine Referenzstrecke für den Kreisel eingerichtet, welcher zu einem späteren Zeitpunkt während den Absteckungskontrollen im Tunnel für die unabhängigen Orientierungskontrollen dienen wird. Diese Referenzstrecke hat eine Länge von 500 m und beinhaltet zwei Pfeiler in der südlichen Zone des Portals. Portalnetz Camorino/Vigana Gemäss den Arbeitsplänen werden vom Portal bei Camorino nur einige wenige hundert Meter Tunnel aufgefahren. In Abhängigkeit der anderen Vortriebe ist eine optionale Verlängerung von 2 km in Richtung Süden möglich. In Camorino wurden drei neue Vermessungspfeiler vorbereitet. Diese sind auf den Flanken des Berges oberhalb der Portale gelegen und im Fels verankert. Dieser Hang ist die einzige geologisch stabile Zone in der Umgebung. Die neuen Fixpunkte bilden eine gute Basis für die Bestimmung der Portalpunkte auf der Magadinoebene. Weil es sich bei der Magadinoebene um Schwemmland handelt, ist dieses Gebiet
Abb. 6: Voreinschnitt Vezia.
Setzungen unterlegen und kann nicht als stabil betrachtet werden. Die Portalpunkte müssen deshalb bei jedem Einsatz neu bestimmt werden. Portalnetz Vezia Der Gegenvortrieb Vezia besteht aus einem künstlichen Tunnel (Tagbautunnel) und einem Tunnel, welcher im Fels konventionell vorgetrieben wird. Der Gesamtabschnitt erreicht eine Länge von 500 m. Die Absteckung des Tunnels im Fels erfolgt aus dem Voreinschnitt heraus, welcher vorgängig erstellt wurde. Der Tagbautunnel wird erst später im Voreinschnitt erstellt. Die äussere Situation lässt
nicht viel Freiraum für die Anordnung eines stabilen und sicheren Portalnetzes. Ein Fixpunkt wurde auf dem einzigen existierenden Felsaufschluss erstellt. Er ist nördlich des Portals, entlang der SBB-Linie gelegen. Der Hauptportalpfeiler wurde relativ weit davon entfernt auf einer Wiese in der Verlängerung der neuen Tunnelachse in Richtung Lugano erstellt. Die Schwierigkeit dieser Baustelle ist, dass sie sich örtlich und zeitlich mit jener des Strassentunnels Vedeggio – Cassarate überlagert. Diese Situation erfordert eine grosse Koordinationsanstrengung aller Beteiligter, auch der Verantwortlichen der Vermessung.
Abb. 7: 3D-Darstellung der Deponie Sigirino. 75
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Absteckung der Vermessungshauptpunkte im Tunnel Die Absteckung der untertägigen Vermessungshauptpunkte ist die anspruchsvollste und gleichzeitig faszinierendste Aufgabe von COGESUD (Abb. 2). Alle Arbeiten der involvierten Bauunternehmungen basieren auf diesen Punkten. Diese Vorgehensweise garantiert die Einhaltung der korrekten Richtung der Vortriebe. Als beauftragtes Vermessungskonsortium des Auftragsgebers muss COGESUD garantieren, dass sich die Vortriebe mit einer Genauigkeit im Zentimeter-Bereich dort treffen, wo es die Projektingenieure vorgesehen. Zum Zeitpunkt des Zusammentreffens der Vortriebe beträgt der maximal zulässige Durchschlagsfehler 25 cm. Die Hauptpunkte im Tunnel sind ca. alle 200 m mit speziellen Bolzen versichert. Diese werden durch Schächte mit befahrbaren Deckeln geschützt. An den Tunnelwänden werden Rückversicherungspunkte angebracht, welche zur Überprüfung der Stabilität der Hauptpunkte dienen. Die Höhen der Hauptpunkte werden mit Nivellement, ausgehend von den Höhenfixpunkten des Portalnetzes, bestimmt. Für die Lagebestimmung wird ein übergreifender Polygonzug mit Zwangszentrierung gemessen (Abb. 3). Die Messungen auf allen Punkten des untertägigen Netzes werden in verschiedenen Kampagnen mehrfach gemessen, um die nötige Redundanz zu erhalten und das Fehlerrisiko durch negative Einflüsse zu verkleinern. Der gesamte Polygonzug beginnt beim Hauptportalpfeiler des jeweiligen Portalnetzes. Von dieser Station aus werden alle Punkte des Portalnetzes sowie die ersten Punkte des untertägigen Netzes gemessen, um die bestmögliche Verbindung zwischen dem Aussennetz und dem untertägigen Netz zu erhalten. Im Tunnelnetz bestehen keine Möglichkeiten der direkten Kontrolle der Orientierung anhand der Aussenpunkte des ReteSUD und alle Koordinaten basieren auf der Genauigkeit und Zuverlässigkeit der untertägigen Messungen. Viele verschiedene 76
Regeln dienen zur Vermeidung von möglichen negativen Einflüssen. Oft sind dies auch sehr einfache Massnahmen, wie zum Beispiel der doppelten Ablesung der Instrumentenhöhe oder es werden die nötigen Akklimatisierungszeiten der Instrumente bei Temperaturänderungen berücksichtigt. Jedes Detail ist wichtig und muss notiert werden! In der Berechnungsphase wird die innere Genauigkeit der ausgeführten Messungen mit einer freien Ausgleichung beurteilt. In seltenen Fällen und nur aufgrund von eindeutigen Hinweisen, werden widersprüchliche Messungen eliminiert. In der Folge wird kontrolliert, ob sich das stochastische Modell bestätigt, welches alle a priori-Genauigkeiten beinhaltet (in Abhängigkeit des eingesetzten Instrumentes und der Messbedingungen). In der anschliessenden Gesamtausgleichung, bei welcher die neuen Messungen mit allen bisherigen kombiniert ausgewertet werden, werden weitere technische Parameter berücksichtigt, wie beispielsweise die Lotabweichungen, Geoidundulationen und Distanzreduktion aufgrund der Schweizerischen Kartenprojektion.
Kontrolle Ausbruchprofile Kombiniert mit den Absteckungskontrollen der Hauptpunkte im Tunnel werden oft Profilkontrollen des Ausbruchs oder der verschiedenen Tunnelauskleidungen durchgeführt. Ausgehend von den Koordinaten der bekannten Hauptpunkte werden die Profile reflektorlos gemäss der Bestellung der Bauleitung aufgenommen. Mit dafür geeigneter Software werden die gemessen Profile ausgewertet und mit den vom Projektingenieur definierten Referenzprofilen verglichen (Abb. 4). Dadurch ist es der Bauleitung möglich die Einhaltung der Vortriebsgenauigkeit des Unternehmers zu kontrollieren und die benötigten Volumen für die Auskleidungen (Beton) zu quantifizieren.
Abb. 8: Laserscan des Voreinschnittes Vezia.
Überwachung von Bauwerken Eine andere wichtige Aufgabe von COGESUD ist die Überwachung der Stabilität von Bauwerken ausserhalb des Tunnels, die sich im Einflussbereich der Baustellen des Ceneri Basistunnels befinden. In die Kategorie der zu überwachenden Objekte gehören hunderte, bestehende Gebäude oder Bauwerke in den sensiblen Zonen des Projektes, für welche eine «prove a futura memoria» (Zustandserhebung) erstellt wurde. Zu den gewählten Methoden für diese Erhebungen gehören auch präzise vermessungstechnische Aufnahmeverfahren, um den aktuellen Zustand und die Entwicklungen im Verlauf der Zeit zu erfassen. Neben den existierenden Objekten müssen laufend zahlreiche neue Objekte wie Mauern, Viadukte oder andere Bauwerke überwacht werden, die in Verbindung mit dem Bau des Basistunnels im Bereich der Portale oder entlang der angepassten Eisenbahnstrecken erbaut werden (Abb. 5). Von diesen Objekten kann der Voreinschnitt Vezia (Abb. 6) als Beispiel genannt werden. Die Ausarbeitung dieses Überwachungsprojektes war aufgrund der gesamten Umgebung, welche als potentiell instabil betrachtet werden muss (zwei grosse Baustellen im Gang), herausfordernd. Folglich hat die Lokalisierung von stabilen Punkten einige Probleme geboten. Ausserdem verunmöglichten verschiedene Faktoren viele Visuren. Zu diesen Faktoren zählen, der relativ tiefe Aus-
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Mitglieder des Konsortiums COGESUD • Gisi e Bernasconi ingegneria e misurazioni SA Via Lugano 2a, 6924 Sorengo • Studio Meier SA Via Architetto Frizzi 26, 6648 Minusio • Studio d’ingegneria Antonio Barudoni Via San Gottardo 20, 6600 Muralto • Studio d’ingegneria Antonio Bottani Via Stazione 7, 6987 Caslano • Studio d’ingegneria Maderni-Capezzoli-Forrer Sagl Via San Salvatore 3, 6900 Massagno Charakteristiken des Konsortiums • erfahrenes Fachpersonal 12 Ingenieure / 40 technische Mitarbeiter / 8 Mitarbeiter Administration • vollständige Palette von Vermessungsleistungen klassische geodätische Vermessung, Photogrammetrie, terrestrisches Laserscanning • schnelle Verfügbarkeit und Flexibilität ca. 150 Einsätze (5000 Stunden) / Jahr Vertragliche Aufgaben • Zur Verfügung stellen der benötigten, geodätischen und topografischen Grundlagedaten für die Projektierung und den Bau des Basistunnels und der angegliederten Bauwerke. • Überprüfung, dass alle vorgesehenen Bauwerke an der richtigen Stelle und mit der geforderten Genauigkeit realisiert werden. • Erkennen und überwachen von eventuellen Deformationen des Geländes und anderen betroffenen Objekten; vor, während und nach der Durchführung der Arbeiten.
hub (mehr als 20 m), die Krümmung des Voreinschnittes sowie die Infrastrukturen und Aktivitäten der Baustelle. Trotz dieser erschwerten Situation waren die Genauigkeitsanforderungen der Projektingenieure zur Erkennung von möglichen Bewegungen der Überwachungspunkte sehr hoch (einfache Standardabweichung für die Bestimmung eines Punktes: ± 1 – 2 mm). Mit einer angemessenen Verdichtung des Baustellennetzes und einer komplexen Konfiguration von Fixpunkten und Messstationen (die bei jedem Einsatz neu bestimmt werden müssen) wurde die Errichtung eines zweckmässigen Überwachungsnetzes erreicht. Der Messrhythmus war zu Beginn des Aushubs vierzehntäglich. In der Zwischenzeit wurde der Rhythmus verlangsamt und es finden vierteljährlich Kontrollmessungen statt. Ein anderes Überwachungsbeispiel der Baustelle Vezia ist die verankerte Pfahlwand, welche sich ca. 100 m südlich des Tunnelportals befindet. Weil sich bergseitig der Wand die SBB-Linie befindet, welche sich ständig in Betrieb befindet, ist es wichtig die Stabilität dieses Bauwerks zu überprüfen. Ausgehend von den Fixpunkten des Portalnetzes werden deshalb tachymetrischen Messungen ausgeführt. COGESUD übermittelt aktuell alle zwei Wochen den Projektingenieuren die Bewegungen von einigen ausgewählten Punkten der Wand. Die verlangte Genauigkeit der Koordinatenbestimmung ist analog zu jener der Punkte des nahegelegenen Voreinschnittes.
Hauptaktivitäten • Bestimmung der Fixpunktnetze Basisnetz / Portalnetze / Baustellennetze • Absteckungskontrollen der Bauunternehmungen für die Bauwerke ausserhalb des Tunnels und für die Installationen der Bahntechnik • «Prove a futura memoria» (Zustandserhebung) und Überwachung von Gebäuden und angegliederten Bauwerken Nivellement / tachymetrische Aufnahmen / fotografische Aufnahmen • Absteckung der enteigneten Flächen und Erstellen der Bauprofile für die Projekte ausserhalb des Tunnels für die öffentliche Auflage • Spezielle Aufnahmeverfahren für die Projektingenieure topografische Modelle / Laserscanning / photogrammetrische Auswertung / Orthofotos
Absteckungskontrollen und spezielle Aufnahmeverfahren COGESUD hat als beauftragtes Vermessungskonsortium der AlpTransit Gotthard AG auch die Aufgabe zu kontrollieren, ob alle Bauwerke an der richtigen Stelle und mit der geforderten Genauigkeit realisiert werden. Diese Werte wurden vorgängig durch die Projektingenieure definiert. Dies bedeutet, dass Lage und Höhe von allen Bauwerken, die auf den Baustellen erstellt werden, regelmässig kontrolliert werden 77
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müssen. Diese Aufgebote werden durch die Bauleitungen koordiniert, welche eine wichtige Rolle zwischen Bauunternehmung, Projektingenieuren und COGESUD einnehmen. Mit dem Fortschreiten der Arbeiten wurden die Vermessungsspezialisten auch mit Sonderaufgaben beauftragt, zum Beispiel der Erstellung eines 3D-Modells der Hauptmaterialdeponie in Sigirino. Aufgrund dieses Modells wurde ein virtueller Film generiert, welcher die Situation am Ende der Schüttungsarbeiten darstellt. (Abb. 7). Im Weiteren wurde Laserscanning im Zusammenhang mit der «prove a futura memoria» (Zustandserhebung) eingesetzt, um den Zustand des Belages und der Geometrie von Strassen zu dokumentieren
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oder im Fall des Voreinschnittes Vezia, für eine präzise Bestimmung der ausgehobenen Volumen und der Berechnung von Querprofilen (Abb. 8). Schliesslich dürfen die Kontrollarbeiten im Zusammenhang mit dem Gleiseinbau im Tunnel nicht vergessen werden. Diese Arbeiten liegen zwar aktuell noch in ferner Zukunft, werden aber eine weitere wichtige Herausforderung im Projekte darstellen. Alle Absteckungs- und Kontrollarbeiten im Zusammenhang mit dem Einbau der Bahntechnik (Geleise usw.) werden auf den sogenannten Gleisversicherungspunkten basieren, welche zuerst mit einer Submillimeter-Genauigkeit bestimmt werden müssen. Die Gleisversicherungspunkte dienen dann später auch den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) für
die Unterhaltsarbeiten der neuen Strecke, über welche die Züge mit mehr als 200 km pro Stunde flitzen werden.
Cristiano Bernasconi dipl. ing. ETH Projektleiter Konsortium COGESUD Via Lugano 2a CH-6924 Sorengo info@aggeo.ch Übersetzung: Stefan Krummenacher, dipl. Ing. ETH, Konsortium COGESUD
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Geomonitoring beim Nordportal des CeneriBasistunnels Die Unterquerung der Autobahn A2 ist eine der grossen Herausforderungen im nördlichen Abschnitt des Ceneri-Basistunnels. Neben manuellen Messungen ist ein automatisches Monitoringsystem das Herzstück der Überwachung für die A2 während der Unterquerung. Während zwei Jahren Vortriebsarbeiten stellte die Monitoringanlage die Sicherheit des Transitverkehrs auf der Autobahn A2 sicher.
Th. Heiniger Im Norden des Ceneri steigt die geplante NEAT Linienführung über einen Viadukt in der Magadino-Schwemmebene auf die Höhe des Tunnelportals. Dieses befindet sich direkt unter der wichtigsten NordSüd Strassen-Transitroute, der Autobahn A2. Die Schwemmebene wird durch die Erstellung der Trasse stark belastet. Sie hat bereits in der Vergangenheit bei verschiedenen Bauvorhaben Setzungen bis zu 1.2 m verursacht. Um diesen erwarteten Setzungen vorzubeugen, wird die ganze Ebene im Bereich der zukünftigen Linienführung mit Ausbruchsmaterial aus dem Gotthard-Basistunnel vorbelastet. Um die Auswirkungen der Vorbelastung zu überprüfen und die Sicherheit der Autobahn A2 während der Unterquerung durch den Ceneri-Basistunnel zu gewährleisten, wurde eine Überwachung des Gebietes mit Fokus auf die Unterquerung der Autobahn A2 beschlossen. Die Unterquerung der A2 findet innerhalb den ersten 50 Tunnelmeter im Material des geschütteten Autobahndammes statt.
für die Überwachung der anschliessend beschriebenen Gebiete erhalten. Beide Unternehmen haben ihren Geschäftssitz in Regensdorf und überwachen für die AlpTransit Gotthard AG bereits die Umgebung von drei Staumauern über dem Gotthard-Basistunnel. Manuelle Überwachungen An über 110 Punkten wird die Setzung der Ebene periodisch geprüft. Dazu wurden zu Beginn der Schüttung Setzungspegel installiert, die mit dem Anwachsen der Schüttung jeweils erhöht wurden. Die Messung dieser Pegel erfolgt geodätisch mit Tachymeter bezüglich eines überge-
ordneten Bezugssystems. Die maximalen Setzungen in diesem Bereich betragen 90 cm, was den Vorhersagen des Projektingenieurs entspricht. Zusätzlich werden im gleichen Messeinsatz auch Punkte auf dem bestehenden SBB-Bahndamm inklusive Brücke kontrolliert. Das Messintervall wird dabei den Bautätigkeiten flexibel angepasst, wobei der normale Rhythmus 14 Tage beträgt. Diese Messungen erlauben Aussagen über das langfristige und grossflächige Setzungsverhalten. Automatische Überwachung der A2 Für die Überwachung der Autobahn-Unterquerung A2 wird das netzwerkbasierte DC3 Monitoring-System eingesetzt. Dieses erfasst relevante Deformationen im Bereich der Autobahn und stellt mittels automatischer Alarmierung bei der Überschreitung von Grenzwerten den gefahrlosen Betrieb der wichtigsten Schweizer Nord-Süd-Verbindung sicher. Im Bereich von zwei geplanten Viaduktpfeilern in der Magadinoebene sind Setzungsund Wasserstandsmessungen im Untergrund an das Monitoring-System angeschlossen. Damit wird das Setzungsverhalten während der Vorbelastung in verschiedenen Tiefen bis 60 m Tiefe überprüft.
Los704: Monitorraggio sedimenti Das Monitoring wurde als separates Los öffentlich ausgeschrieben. Die IG CeneriMonitor mit Amberg Technologies als federführendes Unternehmen, zusammen mit BSF Swissphoto, haben den Zuschlag
Abb.1: Vigana: Blick auf das Nordportal Vigana, darüber verläuft die A2 – eine der beiden Haupt-Verkehrsachsen durch die Schweiz. 79
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entlang der senkrechten Bohrlöcher und damit Setzungen im Untergrund. Messungen der Piezometer stellen den Wasserdruck in den verschiedenen wasserführenden Schichten des Dammkörpers dar. Die Tachymeter messen die absoluten Verschiebungen und Setzungen der Bohrlöcher ein. Damit können die Resultate der Bohrlochmessungen besser interpretiert und mit den geodätischen Messungen verglichen werden. Abb. 2: Messpfeiler: Automatische Überwachung entlang der Autobahn A2 – das Monitoringsystem detektiert Bewegungen mit einer vorgegebenen Sensitivität von 3 mm. Geodätisches Monitoring an der Oberfläche Entlang der Autobahn A2, in der Böschung und im Bereich des geplanten Portals sind insgesamt 48 Prismen installiert, welche durch zwei Tachymeter vom Typ Leica TCA1800 stündlich angemessen werden. Diese Daten dienen der Erfassung von Deformationen an der Oberfläche. Dieses System, das insbesondere auch die Langzeitbeobachtung des Dammkörpers abdeckt, detektiert Bewegungen mit einer vorgegebenen Sensitivität von 3 mm. Dies stellt hohe Anforderungen an die Stabilität des Systems. Die Langzeitbeobachtung zeigt auf, dass die Einhaltung dieser hohen Anforderungen bei guten meteorologischen Verhältnissen erreicht wird. Um die Langzeitstabilität der Festpunkte zu überwachen, wurden zusätzlich vier GPS-Punkte installiert. Geotechnisches Monitoring im Untergrund Um Bewegungen bei einem plötzlich auftretenden Ereignis möglichst schnell zu erfassen, sind Tachymeter nicht geeignet. Diese Bewegungen werden daher mit einem verdichteten Netz von geotechnischen Sensoren in einem Intervall von ca. 3 Minuten registriert. Diese wurden in bis zu 50 m lange horizontale Bohrlöcher zwischen 4–8 m unter der Fahrbahn installiert. Am talseitigen Rand des Dammkörpers wurden 30 m tiefe Bohrungen mit Sensoren bestückt. Zum Einsatz kamen dabei folgende Sensoren: 80
• 4 horizontale Bohrungen mit 70 verketteten unaxialen Inklinometern • 6 vertikale Bohrungen mit 75 verketteten biaxialen Inklinometern • In 2 vertikalen Bohrungen je 3 Längenmesssensoren • 2 bergseitige Bohrungen mit je 5 Piezometersensoren Die horizontalen Ketteninklinometer messen Setzungen, die vertikalen biaxialen Inklinometer messen Querverschiebungen in 2 Achsen. Die Längenänderungssensoren zeigen Verschiebungen
Auswertung Die Messdaten der automatischen Messungen werden direkt vor Ort im System analysiert und verwaltet. Dies erlaubt eine automatische Generierung von Grafiken nach jedem Messdurchgang. Diese werden in einem vordefinierten Intervall auf das webbasierte Datenvisualisierungsportal GEOvis von Amberg Technologies geladen. Die Projektverantwortlichen können die aktuellen Grafiken dort jederzeit einsehen und auch auf archivierte Daten zugreifen. Die manuellen Messungen werden innerhalb eines Tages ausgewertet und die Diagramme werden ebenfalls in GEOvis bereitgestellt.
Abb. 3: GEOvis: Mit dem Webinterface GEOvis können die Messdaten jederzeit interaktiv abgefragt werden.
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Alarmierung Der Projektingenieur hat zweistufige Grenzwerte für maximal erlaubte Bewegungen festgelegt. Wird nach einem Messdurchgang eine Überschreitung dieser Werte festgestellt, alarmiert das Monitoring-System automatisch die verantwortlichen Personen per SMS und über Anruf mit Sprachmitteilung. Die Empfänger sind gezwungen, die Meldung aktiv zu quittieren, ansonsten werden die Meldungen an die stellvertretenden Personen weitergeleitet. Im Alarmfall werden die neusten Grafiken sofort im GEOvis bereitgestellt und stehen den verantwortlichen Personen zur Interpretation der Situation zur Verfügung.
Fazit Der Start der automatischen Messungen erfolgte ca. 1 Jahr vor Beginn des Tunnelvortriebs. Dies ist in solch komplexen Monitoring-Projekten wichtig, um Erfahrungen mit dem System zu sammeln und das Verhalten des Systems bei den verschiedensten Umweltverhältnissen ken-
nenzulernen. Im November 2008 wurde die Alarmierung «scharf» gestellt und die kritische Phase der Unterquerung wurde Mitte 2010 erfolgreich bewältigt. Die gemessenen Setzungen von maximal 14 cm lagen im Bereich der berechneten Vorhersage des Projektingenieurs. Dank intelligenter interner Systemprüfungen konnten Fehlalarme bis auf zwei Ausnahmen vermieden werden. Während die geotechnischen Sensoren von Umweltbedingungen weitgehend unbeeinflusst blieben, und damit auch die Alarmierung jederzeit sichergestellt war, gab es bei den geodätischen Messungen verschiedene Herausforderungen. Das schnelle Wachstum der Vegetation und die starke Gischt bei Regen erforderte einen erhöhten Aufwand für Rodungen der Visuren und Reinigung der Prismen. Extrem starker Schneefall verunmöglichte teilweise die freie Sicht auf die Prismen und nicht zuletzt wurden wir mit der Zerstörung von Messpunkten infolge von Unfällen auf der Autobahn, Bautätigkeiten und Vandalismus konfrontiert. Abschliessend kann festgehalten werden,
dass sich das gewählte Mess- und Alarmierungskonzept vollumfänglich bewährt hat, wobei der 24 Stunden Bereitschaftsdienst doch eine hohe Belastung für das Personal der IG Ceneri-Monitor darstellte. Daher sind nicht nur alle Projektbeteiligten erleichtert, dass die Unterquerung der A2 erfolgreich durchgeführt werden konnte, sondern auch die Monitoringspezialisten der IG CeneriMonitor freuen sich auf eine Zeit ohne Handy neben dem Bett.
Thomas Heiniger Amberg Technologies AG Trockenloostrasse 21 CH 8105 Regensdorf-Watt theiniger@amberg.ch
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Astrogeodätische Lotabweichungs- und Azimutmessungen für AlpTransit Bereits vor Baubeginn erforderten die auszuführenden Vermessungsarbeiten am Jahrhundert-Bauwerk Gotthard-Basistunnel zwingenderweise eine umfassende Machbarkeits- und Genauigkeitsanalyse. Zur Steigerung der Zuverlässigkeit solch anspruchsvoller Vermessungswerke sind möglichst alle zur Verfügung stehenden unabhängigen Messverfahren beizuziehen. Insbesondere muss der systematisch wirkende Einfluss des Schwerefeldes auf alle lotbezogenen Messungen wie Nivellements-, Lotungs-, Theodolit- und Kreiselmessungen möglichst genau bekannt bzw. berechenbar sein. Voraussetzung dazu ist die genaue Kenntnis des Schwerefeldes in Form des Geoidverlaufes, von Lotabweichungen und von Schwerewerten. Der vorliegende Artikel beschreibt die astrogeodätischen Kontrollmessungen, die von der ETH Zürich im Auftrag des Vermessungskonsortiums VI-GBT zur Überprüfung der verwendeten Korrekturwerte bei Kreiselmessungen im Sommer 2005 durchgeführt wurden. Ein weiterer Punkt fokussiert auf die Frage, ob das im Projekt verwendete Geoidmodell CHGeo98 den Genauigkeitsansprüchen zu genügen vermochte, oder ob neue Lotrichtungsmessungen und das daraus neu berechnete Geoidmodell CHGeo2004 eine Neuberechnung der Korrekturwerte erforderlich machten. Avant-même le début de la construction de l’ouvrage séculaire du tunnel de base du Saint-Gothard les travaux de mensuration y relatifs exigent obligatoirement une analyse globale de faisabilité et de précision. Afin d’augmenter la fiabilité d’une oeuvre de mensuration aussi importante il y a lieu d’utiliser si possible toutes les méthodes de mensuration indépendantes disponibles. Il s’agit notamment de connaître et pouvoir calculer le mieux possible l’influence systématique du champ de gravitation sur toutes les mesures dépendant de l’aplomb soit nivellement, verticalité, théodolite et gyroscope. La condition indispensable à ce sujet est la connaissance précise du champ de gravitation en ce qui concerne la forme du géoïde, les déviations de l’aplomb et les valeurs de gravité. Le présent article décrit les mesures de contrôle astrogéodésiques exécutées en été 2005 par l’EPF Zürich par mandat du Consortium de mensuration VI-GBT pour l’examen des valeurs de correction utilisées pour des mesures au gyroscope. Un autre point se focalise sur la question de savoir si le modèle du géoïde CHGeo98 utilisé dans le projet a pu satisfaire aux exigences de précision ou si de nouvelles mesures d’aplomb et le modèle du géoïde CHGeo2004 nouvellement calculé sur cette base ont rendu nécessaire une nouvelle calculation des valeurs de correction. Già prima dell’inizio della costruzione, le opere di misurazione dell’opera del secolo, cioè la galleria di base del Gottardo, hanno obbligatoriamente comportato un’analisi esaustiva di fattibilità e precisione. Per aumentare l’affidabilità di misurazioni così esigenti bisogna prendere in considerazione tutti i processi indipendenti di misurazione. In particolare, bisogna conoscere e calcolare l’influsso sistematico del campo gravitazionale su tutte le misurazioni inerenti al lotto, come le misurazioni di livellazione e scandagliamento, con il teodolite e il giroscopio. Il presupposto consiste nella conoscenza esatta del campo gravitazionale sotto forma di andamento geoide, degli scostamenti di scandagliamento e dei valori gravitazionali. In quest’articolo vengono 82
B. Bürki, S. Guillaume
1. Einleitung Die erfolgreiche Durchführung eines so ambitiösen Jahrhundert-Projektes wie die neue Eisenbahn-Alpentransversale (NEAT) mit dem Gotthard-Basistunnel ist von zahlreichen Faktoren abhängig. Neben finanztechnischen Aspekten, die vor allem parlamentarische Hürden zu überwinden haben, müssen zahllose Fragen zur Durchführbarkeit aus politischer, technischer, ökonomischer und ökologischer Hinsicht bearbeitet und beantwortet werden. Dazu beschäftigt sich ein ganzes Heer von Planern, Ingenieuren, Geologen, Hydrologen, Verkehrs- und Energieexperten, Bergbauspezialisten, Juristen, und, nicht zuletzt, Vermessungs- bzw. Geomatikingenieuren mit einem breiten Spektrum von Problemen, die ein solches Jahrhundertbauwerk mit sich bringt. Aus vermessungstechnischer Hinsicht stellt die Einhaltung der von der Bauherrschaft vorgegebenen Durchschlagsgenauigkeit die wohl grösste Herausforderung dar. Um diese alles entscheidende Vorgabe einhalten zu können, müssen sämtliche möglichen Fehlerquellen und deren Auswirkung auf die Ausführungsgenauigkeit genau untersucht und ins Pflichtenheft der Vermessungsspezialisten aufgenommen werden. Die bisher weltweit noch nie realisierte Länge des Gotthard-Basistunnels stellt mit 57 km die grosse Herausforderung an die Vermessung dar. Dank der bautechnischen Aufteilung des Vortriebs auf fünf Teilvortriebe, die einen beschleunigten Bauablauf ermöglichten, erreichen die einzelnen Vortriebslängen maximal 23.3 km (Vortrieb Faido–Sedrun). Trotz dieser «Vereinfachung» stellen die einzelnen Lose eine grosse Herausforderung an die Qualität der Vermessung dar. Infolge erschwerter Umgebungsbedingungen auf den Baustellen müssen die vorausberechneten Vortriebsrichtungen mit grösster Sorgfalt und unter Beachtung aller möglichen Fehlerquellen auf die Tunnelbrust übertragen werden (Haag, R. et. al. 1996, Haag, R. et al. 1998, Stengele und Haag 1998,
AlpTransit Gotthard
descritte le misurazioni astrogeodesiche di controllo, effettuate nell’estate 2005 dal Politecnico di Zurigo su incarico del consorzio di VI-GBT per verificare i valori di correzione utilizzati nelle misurazioni con il giroscopio. Un ulteriore accento viene posto sull’interrogativo se il modello di geoide CHGeo98 utilizzato nel progetto soddisfi requisiti di precisione oppure se si impongono nuove misurazioni di scandagliamento e se il modello di geoide nuovamente calcolato CHGeo2004 necessita di un nuovo calcolo dei valori di correzione.
Schätti 2006, Schätti und Ryf 2007, Stengele 2007). Die Richtungsübertragung von den Portalnetzen auf die Tunnelbrust erfolgt klassischerweise mittels Richtungsübertragung in offenen und übergreifenden Polygonzügen. Anhand einer umfassenden Netzanalyse wurde im Vorfeld des Vorhabens von der Bauherrschaft dem mit allen vermessungstechnischen Arbeiten beauftragten «Konsortium Vermessung Gotthard-Basistunnel» (VI-GBT) der zulässige Durchschlagsfehler in Querrichtung mit 10 cm (1 Sigma) und mit 5 cm in der Höhe vorgegeben. Zudem sollen Lagekoordinaten mit einer Zuverlässigkeit (maximal zulässiger Fehler) von 25 cm und Höhen mit 12.5 cm bestimmt werden (Haag et. al. 1996, Haag und Stengele 1999, Stengele 2007). Diese strengen Genauigkeitsvorgaben können nur unter Beizug von unabhängigen Messmethoden wie zum Beispiel Schwere- und Kreiselmessungen erreicht werden. Die Resultate der Grundlagen- und Kreiselmessungen ihrerseits können von astro-geodätischen Azimut- und Lotrichtungsmessungen als weitere methodisch unabhängige Kontrolle profitieren und so die Zuverlässigkeit des gesamten Vermessungswerkes erhöhen. Im Kontext von Untertagebauten wie dem Gotthard-Basistunnel spielt der Einfluss des Erdschwerefeldes auf die Messungen eine wichtige Rolle. Die auffälligste Ausprägung des Schwerefeldes macht sich in Form der Lotabweichung bemerkbar, die die Abweichung der örtlichen Lotlinie gegenüber der Normalen auf die Rechenfläche des Bezugsellipsoids beschreibt. Diese Abweichung wird üblicherweise in zwei Komponenten in Nord-Süd und in Ost-West Richtung dargestellt:
Nord-Südkomponente: ξ = Φ − φ Ost-Westkomponente: η = (Λ − λ) cos(φ)
(1) (2)
mit: Φ,Λ = astronomische Breite und Länge, bestimmt mit astro-geodätischen Messverfahren (z.B. mittels Zenitkamera) oder berechnet, basierend auf gemessenen Stützpunkten und digitalen Massen- und Geländemodellen. mit: φ, λ = geodätische (ellipsoidische) Breite und Länge, bestimmt mit GNSS oder aus Landeskoordinaten auf das Bezugsellipsoid transformiert. Durch die Schiefe der physikalischen Lotlinie gegenüber der mathematischen (ellipsoidischen) Lotlinie beeinflusst die Lotabweichung die Messungen systematisch wie eine Stehachsschiefe des Instrumentes. Eine Richtungskorrektur infolge der Lotabweichung bzw. Stehachsschiefe ist vom Azimut α der Visur und dem Zenitwinkel z abhängig: dr = – (ξ⋅sin α – η⋅cos α)⋅cot(z)
(3)
Die Laplace-Gleichung beschreibt die Differenz zwischen astronomischen und ellipsoidischen Azimuten: dA = – η ⋅ tan φ – (ξ⋅sin α – η⋅cos α) ⋅ cot(z) (4) Bei Messungen mit Instrumenten früherer Bauweise wurde die Stehachsschiefe in aller Regel nicht erfasst. Daher war es nicht möglich, diese, durch ungenaue Instrumentenhorizontierung bedingte Fehlerquelle, vom systematischen Einfluss der Lotabweichung zu trennen. Im Gegensatz
dazu sind moderne Tachymeter bzw. Totalstationen mit Zweiachskompensatoren (Neigungsmessern) ausgestattet, die die Stehachsschiefe messen und die Messwerte rechnerisch korrigieren (sofern der Kompensator eingeschaltet ist!). Dadurch beeinflusst einzig die Lotabweichung die einzelnen Messungen gem. Formel (4). Bei der Reduktion der Kreiselazimute ist zu beachten, dass die Komponenten ξ und η der Lotabweichung infolge der Lotkrümmung jeweils auf die Meereshöhe der Instrumentenstationierung bezogen sein müssen. Ein exemplarischer Vergleich am Vertikalschacht in Sedrun zeigt, dass sich die Lotabweichung auf die rund 800 m zwischen Schachtkopf und Schachtfuss in Nord-Südrichtung um –6.1 cc (-0.61 mgon) und in Ost-Westrichtung um –3.2cc (–0.32 mgon) ändert. Bezogen auf die Tunnelsohle ergibt die genaue Analyse der Laplace-Gleichung folgende Korrekturen: 1. Term: –49 cc bis +20 cc 2. Term: –-0.11cc bis + 0.05cc (für Visuren im Azimut 0°) und –0.35cc bis +0.11cc (für Visuren im Azimut 90°) Diese Zahlen zeigen, dass der erste Term signifikant grösser ist als die Messgenauigkeit. Daher ist er zwingend zu berücksichtigen, um die gemessenen Kreiselazimute auf die Rechenfläche des Ellipsoids (Landeskoordinaten) reduzieren und mit den terrestrischen Netzazimuten vergleichen zu können. Der zweite Term kann hingegen problemlos vernachlässigt werden, da er wesentlich kleiner als die Messgenauigkeit ausfällt. Theoretisch sind zusätzlich noch weitere Korrekturen zu berücksichtigen: Instrumenten-unabhängige Korrekturen: • Momentane Lage der Erdrotationsachse 씮 Reduktion auf mittleren Pol CIO (Conventional International Origin) • Meridiankonvergenz 씮 Reduktion auf geographisch Nord • Meereshöhe der Zielpunkte (Schiefe der Ellipsoidnormalen im Zielpunkt gegenüber Ellipsoidnormalen im Standpunkt) • Richtungsreduktion Ellipsoid – Kugel – Ebene (geodätische Linie – Grosskreis – Gerade in Projektionsebene) 83
AlpTransit Gotthard
Abb. 1: Verlauf der Lotabweichungen auf Tunnelhöhe entlang der Achse des Gotthard Basistunnels. Die gelben Sterne bezeichnen die Zenitkamera-Standorte und die blauen Pfeile verweisen auf die gemessenen astronomischen Azimute. Instrumentelle Kreisel-Korrekturen: • Nullpunktkorrektur (Eichwert) • Driftverhalten (zeitliche Konstanz des Kalibrierwertes) • Reaktionsverhalten des Instruments bei Temperaturschwankungen Für die praktische Arbeit auf der Baustelle bedeutet dies, dass der mit Kreiselmessungen beauftragte Vermessungs- bzw. Geomatikingenieur das Instrument regelmässigen Kontrollmessungen bei guten Bedingungen unterziehen muss und zwingend über Kenntnisse des Schwerefeldes verfügen muss (Zanini, 1993).
mit Zenitkameras), oder aufgrund von Gelände- und Massenmodellen berechnen. Die erreichbare Genauigkeit hängt dabei von der Qualität und Dichte des bestehenden Stationsnetzes mit gemessenen Lotabweichungen ab. In der Schweiz be-
steht ein Netz von rund 650 beobachteten Lotabweichungsstationen, die in erster Linie für die Geoidberechnung gemessen wurden. Dieses bildet nunmehr die Grundlage für die Interpolation von Lotabweichungen an beliebigen Punkten
2. Das Schwerefeld im Gebiet des GotthardBasistunnels 2.1 Lotabweichungen Lotabweichungen lassen sich entweder im Feld direkt beobachten (zum Beispiel 84
Abb. 2: Verlauf der Lotabweichungskomponenten ξ und η entlang der Tunnelachse.
AlpTransit Gotthard
Abb. 3: Verlauf des Geoids CHGeo98 im Bereich des Gotthard Basistunnels als Profil (links) und in der Ansicht. Erkennbar ist die schwache Korrelation zwischen der Topographie und dem Geoidverlauf. Auffallend ist auch der praktisch lineare Verlauf in den Bereichen Erstfeld-Amsteg und Faido-Bodio.
mit einer Genauigkeit von 0.8“ bis 1“. Basierend auf der Geoidlösung CHGeo98 und den verfügbaren Gelände- und Massenmodellen wurden die Lotabweichungen entlang der Achse des Gotthard-Basistunnels auf Höhe der Tunnelsohle berechnet und für die Korrekturen der Kreiselmessungen bereitgestellt. Die grafische Darstellung in Abbildung 1 zeigt den Verlauf der Lotabweichungen sowie die astrogeodätischen Messstationen der ETH Zürich im Projektbereich. Eine modellbasierte Berechnung der Lotabweichung als Profile entlang der Tunnelachse ergibt den in Abbildung 2 gezeigten Verlauf. 2.2 Geoidundulationen Die Lagebestimmung von Punktkoordinaten bezieht sich auf das mathematisch einfach beschreibbare Bessel-Ellipsoid im Datum der Schweizerischen Landesvermessung. Die Höhenbestimmung anderseits beruht auf der physikalisch definierten Fläche des Geoids. Mathematisch lässt sich die Struktur des Geoids nicht so einfach wie das Ellipsoid beschreiben, da das Geoid von der Massenverteilung abhängt und dadurch Korrelationen mit der Topographie zeigt. Dies ist auch der Grund, dass klassischerweise die Lage- und Höhenberechnungen getrennt behandelt werden, wie zum Beispiel bei der Software Ltop. Im Projekt Alptransit wurde mit dem Höhenbezugsrahmen LN02 unter Berücksichtigung des neuen streng or-
thometrischen Höhensystems LHN95 gerechnet. Als Bezugsfläche diente dazu das Geoidmodell CHGeo98. Die Abbildung 3 zeigt den Verlauf des Geoids entlang der Tunnelachse.
3. Die astro-geodätischen Kontrollmessungen der ETH Zürich
messungskurs) der ETH Zürich von den Studenten David Grimm, Florian Buol und Sébastien Guillaume unter der Leitung von Dr. B. Bürki und Dipl. Ing. A. Ryf durchgeführt. Zu diesem Zweck kam das das am GGL entwickelte on-line Messsystem «ICARUS» bzw. «AZIMUT» zum Einsatz. Dieses automatisierte Messsystem be-
Durch Vermittlung des Schweizerischen Konsortiums Schwere (SKS) erhielt das Geodäsie und Geodynamik Labor (GGL) der ETH Zürich vom VI-GBT den Auftrag, Lotabweichungen bzw. astronomische Azimute auf den Kreisel-Eichstrecken der Portalnetze Amsteg, Erstfeld, Sedrun, Faido und Bodio durch zu führen (Lage der Stationen siehe Abb. 1). Parallel dazu wurden von der Universität Lausanne (P.V. Radogna) Schweremessungen zur Berechnung der orthometrischen Korrekturen durchgeführt. Die Messungen sollen zur Validierung und unabhängigen Qualitätskontrolle der verwendeten Lage- und Höhenkorrekturen und Lotabweichungen für die Kreiselmessungen dienen. Die Resultate dieser Arbeiten wurden dokumentiert und der Auftraggeberin VI-GBT bzw. ATG weiter geleitet (Bürki et. al, 2005). 3.1 Azimutmessungen Die astrogeodätischen Azimutmessungen wurden im Rahmen des Geodätischen Projektkurses 2005 (Diplomver-
Abb. 4: Mitautor Sébastien Guillaume als Geomatik-Student am Messen eines astro-geodätischen Azimuts zwischen einer terrestrischen Mire und dem Polarstern (α Ursae Minoris). 85
AlpTransit Gotthard
steht aus einer mit Steilsichtprisma ausgerüsteten Totalstation TCA 1800 von Leica Geosystems, einem speziellen GPSEmpfänger für die Zeitregistrierung mittels Handstopper, einer Interfacebox, einem Feldrechner sowie der entsprechenden Software (s. Abbildung 4). Diese hat einen angepassten Sternkatalog hinterlegt und steuert den motorisierten Theodoliten, besorgt die automatisierte Datenerfassung und erledigt die Datenauswertung inklusive der erzielten Genauigkeiten in Echtzeit direkt im Feld. Nach einer sorgfältig geplanten Überprüfung der verschiedenen Miren (Zielmarken für die astronomischen Azimutmessungen) wurde der Beschluss gefasst, für die Messungen einfache und unbeleuchtete Rundprismen zu verwenden und dazu die Automatische Target Recognition Funktion (ATR) der Totalstation einzusetzen. Im Verlauf der Messungen hat sich die ATR-Methode als sehr zuverlässig erwiesen, mit dem grossen Vorteil, dass die Miren keine aktive Beleuchtung benötigten. Einzig das Auffinden der Zielpunkte in der Nacht war nicht immer einfach, aber die von den Reflektoren zurückgeschickten Such-Strahlen einer starken Taschenlampe genügten für die erste Grobanzielung mit der Totalstation. In der Folge waren die Messungen sehr einfach durchzuführen, da das verwendete Messsystem ICARUS/AZIMUT die Einstellelemente kennt und die Ziele automatisch angefahren werden. Dies vereinfacht den Messablauf und verhindert zudem Ablesefehler. Erstaunlicherweise funktionierte die ATR-Methode über wesentlich längere Distanzen als in den Hersteller-Spezifikationen angegeben. Diese sind als Werte für den Tagesbetrieb unter Normalbedingungen zu verstehen. Die Nachtmessungen konnten so ohne Einschränkungen auf Strecken bis 6.5 km ausgedehnt werden. Unterschiede in den Anzielungen mit und ohne ATR konnten anhand gezielter Vergleichsmessungen nicht festgestellt werden. Sämtliche mit dieser Ausrüstung durchgeführten Azimutmessungen wurden in zwei Lagen und, je nach Wettersituation, bis zu fünf Mal gemessen. Die Resultate 86
der 5 Azimutmessungen ergaben innere Genauigkeiten zwischen 0.1“ und 0.8“ (0.03 und 0.24 mgon), was in Anbetracht der von Leica angegebenen instrumentellen Genauigkeit des TCA 1800 von 1“ bzw. 0.3 mgon als sehr gut betrachtet werden kann. 3.2 Lotrichtungsmessungen Diese konnten mit zwei nahezu baugleichen Zenitkamera-Messsystemen durchgeführt werden. Im Zuge einer gemeinsamen Messkampagne unmittelbar vor den Messungen für AlpTransit standen das ETH-Messsystem DIADEM ( DIgital Astronomical DEflection Measuring System) und das System TZK2-D (Transportable ZenitKamera 2- Digitale Version) der Leibniz Universität Hannover im Unterengadin im Einsatz. Durch diese günstige Konstellation ermöglichten die vom Auftraggeber gewünschten Lotrichtungsmessungen mit zwei hochgenauen Messsystemen, was eine willkommene gegenseitige Kontrolle ermöglichte. Abbildung 5 zeigt die beiden Instrumente im Einsatz. 3.3 Das Messprinzip von astrogeodätischen Zenitkameras Digitale Zenitkameras, wie sie am Geodäsie und Geodynamik Labor (GGL) der
ETH Zürich und am Institut für Erdmessung der Leibniz Universität Hannover (IfE) eingesetzt werden, dienen der hochgenauen Bestimmung der physikalischen Lotrichtung mittels photographischer Richtungsmessung zu Sternen. Das auf einem CCD-Sensor abgebildete Sternfeld im Zenit wird unter Kenntnis der exakten Belichtungszeitpunkte (sog. Epochen) und der Näherungskoordinaten der Station dem berechneten Referenzsternfeld aus dem Sternkatalog (z.B. Tycho-2 oder UCAC) gegenübergestellt und automatisch identifiziert. Neben einer leistungsfähigen Optik und einer geeigneten CCDKamera sind beim DIADEM drei Paare von äusserst empfindlichen Neigungssensoren in jeweils paarweise rechtwinkliger Anordnung montiert. Nach Anbringung der gemessenen und in Echtzeit gefilterten Neigungswerte und weiterer umfangreicher Korrektionen, repräsentiert der in das Sternfeld interpolierte Durchstosspunkt der Kameradrehachse (gemittelt aus zwei Lagen) die Richtung der physikalischen Lotlinie, ausgedrückt durch die Lotrichtungsparameter astronomische Breite Φ und Länge Λ. Mit den Gleichungen (1) und (2) lassen sich daraus die Lotabweichungskomponenten ξ und η bestimmen (Hirt und Bürki, 2002, Bürki
Abb. 5: Die beiden digitalen Zenitkamera-Systeme der Leibnitz Universität Hannover (links) und der ETH Zürich (rechts) im Einsatz bei der Messung des Portalpfeilers Erstfeld (im Hintergrund sichtbar).
AlpTransit Gotthard
et. al. 2005). Mit den neuesten und verbesserten Versionen der Kameras wird eine Genauigkeit der LotabweichungsKomponenten von 0.05 Bogensekunden erreicht. 3.4 Durchführung Für Zenitkamerasysteme sind zentrische Aufstellungen direkt auf den Beobachtungspfeilern nicht möglich. Die Beobachtungen sollten aber nach Möglichkeit möglichst in der Nähe erfolgen. Aufgrund des teilweise schwierigen oder gar unmöglichen Zugangs, mussten die Kamerastandorte zum Teil in einiger Entfernung eingerichtet werden. Exzentrische Aufstellungen sind aber insofern problemlos, da die Bestimmung der ellipsoidischen Koordinaten mittels RTK-GPS-Messungen am tatsächlichen Standort der Kamera erfolgten, und zudem die Zentrierung der Lotabweichungen von den exzentrischen Kamerastandorten auf die Pfeiler durch Modellrechnungen ohne nennenswerten Genauigkeitsverlust möglich ist. Die erste Beobachtungsserie mit beiden Zenitkamerasystemen wurde am 13.07.05 auf den Stationen Bodio, Faido, Erstfeld und Amsteg durchgeführt (s. Abb. 4). Pro Station und System wurden zwischen 40–80 Einzellösungen (Bildpaare in zwei Lagen) gesammelt und zur Berechnung der Lotrichtung herangezogen. In einer zweiten Beobachtungsnacht am 19.07.05 wurde die Station Sedrun mit DIADEM gemessen. Während einer
Station
Ergebnis
Genauigkeit a posteriori
Bodio
Pfeiler 12735901
Definitives Azimut 12735901 → 12735902 = 320° 40’ 26.55”
σ(Az) = 0.10“
Faido
Pfeiler 12525901
Definitives Azimut 12525901→ 12525902 = 111° 57’ 24.43”
σ(Az) = 0.21“
Sedrun
Pfeiler 12122901
Definitives Azimut 12122901→ 12122930 = 244° 51’ 55.96”
σ(Az) = 0.41“
Amsteg
Pfeiler 12124902
Definitives Azimut 12734902 → 11924910 = 356° 13’ 05.80”
σ(Az) = 0.40“
Erstfeld
Pfeiler 11924903
Definitives Azimut 11924903 → 11924145 = 145° 40’ 10.17”
σ(Az) = 0.81“
Tab. 2: Gemessene astronomische Azimute zur Kontrolle der Kreiselmessungen. Beobachtungszeit von ca. 6 Stunden wurden 130 Einzellösungen gesammelt. Die lange Beobachtungsdauer kann mit den schlechten Wetterverhältnissen mit zahlreichen, langsam vorüber ziehenden Wolkenfeldern begründet werden, welche eine zügigere Beobachtung verunmöglichten.
4. Messresultate 4.1 Lotabweichungen Die Resultate der Lotrichtungsmessungen lassen sich mit einer einfachen Tabelle umfassend beschreiben. Tabelle 1 widerspie-
gelt die auf die Beobachtungspfeiler zentrierten Lotrichtungen F und L sowie die daraus gemäss Formeln (1) und (2) abgeleiteten Lotabweichungen. Die Genauigkeit der einzelnen Komponenten kann mit σ(ξ,η) = 0.1“ angegeben werden. 4.2 Azimute Die Datenerfassung im Feld durch das Programmsystem ICARUS bzw. AZIMUT erfolgt automatisch und mögliche Ausreisser können bereits im Feld ohne Probleme eliminiert werden. Grobe Fehler auf Seiten der Messdaten sind dadurch ausgeschlossen. Aus Gründen der Zuverlässigkeit wurden
Lotabweichungen im Datum CH1903, bezogen auf Karten-Nord Station
ξ ["]
η ["]
ξ [cc]
η [cc]
Bodio Pfeiler
3.67
13.64
11.32
42.12
Faido Pfeiler
–4.93
9.79
–15.22
30.23
Erstfeld Pfeiler
16.74
10.72
51.64
33.09
Amsteg Pfeiler
18.85
–9.15
58.17
–28.24
Sedrun Pfeiler
2.25
4.41
6.93
13.62
Tab. 1: 2005 gemessene Lotabweichungen als Kontrolle der Geoidlösung CHGeo98 sowie für die im NEATProjekt verwendeten Korrekturwerte der Kreiselmessungen.
Abb. 6: Die Geoidlösungen CHGeo98 und CHGeo2004 im Vergleich. Obwohl die neuere Lösung bis zu 7 cm höhere Undulationen aufweist, bleiben die Auswirkungen auf die Höhen-Durchschlagsgenauigkeit moderat. 87
AlpTransit Gotthard
Differenzen Lotabweichungen (CHGeo2004) – LA beobachtet Datum CH1903, auf Kartennord bezogen Modell CHGeo2004 Station
gemessen
Differenz
ξ ber. ["]
η ber. ["]
ξ beob. ["]
η beob. ["]
dξ ["]
dη ["]
Bodio
Pfeiler
3.66
13.19
3.67
13.64
–0.01
–0.45
Faido
Pfeiler
–5.37
9.10
–4.93
9.79
–0.44
–0.69
Erstfeld Pfeiler
16.87
10.09
16.74
10.72
–0.13
–0.63
Amsteg Pfeiler
18.53
–9.79
18.85
–9.15
–0.32
–0.64
Sedrun Pfeiler
1.24
4.37
2.25
4.41
–1.01
–0.04
Tab. 3: Vergleich der Lotabweichungen bezogen auf die Geoidlösungen CHGeo98 und CHGeo2004. im Anschluss an die Feldmessungen folgende Aspekte überprüft: • Die korrekte Berechnung der Azimutwerte auf Grund der Felddaten (Satzmittel etc.) innerhalb des Programmsystems AZIMUT • Die korrekte Berechnung des scheinbaren Ortes (α, δ) von Polaris unter Berücksichtigung aller modellierbaren Effekte wie Eigenbewegung, Präzession, Nutation, Parallaxe, Aberration und Polbewegung. • Die korrekte Berechnung der astronomischen Azimute, basierend auf scheinbaren Örtern. Die vom Astronomischen Institut der Universität Bern (Ploner 2005) und von C. Hirt (2005) durchgeführten Kontrollen der scheinbaren Sternörter zeigten eine hervorragende Übereinstimmung mit den ICARUS/AZIMUT-Werten, womit die Resultate als gesicherte und zuverlässige Werte an den Auftraggeber übergeben werden konnten (Tab. 2).
5.1 Vergleich der Geoidundulationen Der berechnete Unterschied zwischen der im Projekt verwendeten Höhenreferenz CHGeo98 und dem mit neuen Messungen verbesserten Modell CHGeo2004 verläuft gemäss Abbildung 6 recht moderat, so dass kein signifikanter Einfluss zu erwarten ist. Ab Kilometer 17 bis zum Südportal bei km 57 bleibt die Differenz innerhalb von 2 cm. 5.2 Vergleich der Lotabweichungen Die ermittelten Unterschiede bezüglich der Lotabweichungen sind in Tabelle 3 ausgewiesen.
Der Vergleich der Lotabweichungen zeigt, dass die Geoidlösung CHGeo98 den Ansprüchen an die Genauigkeitsanforderungen von Alptransit vollauf zu genügen vermochte. Die in Abbildung 7 ausgewiesenen Unterschiede zu CHGeo2004 bleiben in der Grössenordnung der Messgenauigkeit oder darunter.
6. Schlussfolgerungen Die Ergebnisse der astro-geodätischen Kontrollmessungen zeigten folgende Erkenntnisse: 1) Sowohl die Azimut- wie auch die Lotrichtungsmessungen sind sehr genau durchgeführt worden und die Resultate sind dementsprechend zuverlässig. Sie erfüllen vollumfänglich die hohen Genauigkeitsansprüche der Auftraggeber. 2) Die astronomischen Azimute unterscheiden sich nicht signifikant von den Azimuten aus GPS-Koordinaten (Schätti und Ryf, 2007) 3) Die astronomischen Azimute wurden als Beobachtungen in einem LTOP-Gesamtausgleich zur Bestimmung der Koordinaten des Grundlagennetzes verwendet und zeigten eine kleine aber tolerierbare Verdrehung der Portalnetze im Norden. Die Grössenordnung
5. Vergleich der Geoidlösungen CHGeo98 und CHGeo2004 Zur Kontrolle und Sicherstellung der bis dato verwendeten Geoidhöhen und Lotabweichungen wurde von U. Marti (swisstopo) die neue Geoidlösung CHGeo2004 mit Einbezug der neuen Lotabweichungen gem. Tabelle 1 berechnet und mit CHGeo98 verglichen. 88
ξ2 + η2 zwischen den Abb. 7: Der Unterschied in der Gesamt-Lotabweichung 앀옽옽옽옽옽옽 Geoidlösungen CHGeo98 und CHGeo2004 bleibt in einem engen Band von ±1.7 cc (0.17 mgon), was beweist, dass das Modell CHGeo98 den Genauigkeitsvorgaben des Projektes Gotthard-Basistunnel zu genügen vermag.
AlpTransit Gotthard
bleibt innerhalb der statistischen Signifikanzgrenze. 4) Die Unterschiede zu den Kreiselreduzierten Werten sind tolerierbar, ohne dass befürchtet werden muss, dass die Durchschlagsgenauigkeit vermindert wird. 5) Die Ergebnisse der Lotrichtungsmessungen zeigten, dass die verbesserte Geoidlösung CHGeo2004 gegenüber der im Projekt verwendeten Geoidlösung CHGeo98 kleine Änderungen hervorruft. Diese bleiben aber so gering, dass sich der Aufwand für eine Projektanpassung nicht gerechtfertigt hätte. Zusammenfassend darf gesagt werden, dass die Astro-geodätischen Messungen zu gesicherten Validierungen von durchgeführten Schwerefeld-Reduktionen verhalfen und dadurch die Zuverlässigkeit der Tunnelvermessung zu steigern vermochten.
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Beat Bürki und Sébastien Guillaume ETH Zürich, Institut für Geodäsie und Photogrammetrie CH-8093 Zürich buerki@geod.baug.ethz.ch guillaume@geod.baug.ethz.ch
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AlpTransit Gotthard
Von der Potenzialtheorie zu den Senkungen am Gotthardpass Was als harmloser potenzial theoretischer, akademischer Feldversuch im Vorfeld des Baus des Gotthard Basistunnels begann, endete 1997 in der überraschenden Entdeckung von massiven Senkungen am Gotthardpass. Ein kleiner Rückblick, wie die Suche nach der Bestätigung der Potenzialtheorie zu einem ganz anderen Fund führte. Ce qui commença comme essai anondin dans le terrain potentiellement théorique, avant la construction du tunnel de base du Gothard finira en 1997 par la découverte surprenante de tassements massifs au col du Saint-Gothard. Une petite rétrospective montre comment la confirmation de la théorie du potentiel mena à une toute autre trouvaille. Ciò che è iniziato come un’innocua prova accademica sul campo prima della costruzione della galleria di base del Gottardo ha portato, nel 1997, alla sorprendente scoperta di massicci cedimenti di terreno sul passo del Gottardo. Qui di seguito una breve retrospettiva di come la ricerca della conferma della teoria del potenziale ha portato a tutt’altra scoperta.
A. Geiger, A. Schlatter
Was hat die Potenzialtheorie mit einem Tunnel zu tun? Diese Frage wird wohl so selten gestellt, wie längste Eisenbahntunnels gebaut werden. Trotzdem, deren Beantwortung ist gerade im Zusammenhang mit dem Tunnelbau oder genauer mit dem Bau des momentan längsten Eisenbahntunnels von Belang. Auch wenn die Antwort nicht ausgesprochen wissenschaftlich daher kommt, soll sie doch einen kleinen Nebenaspekt der geodätischen Forschung herausgreifen und kurz aufleuchten lassen. 1990er Jahre: Eigentlich wusste jedermann, mindestens jede und jeder geologisch nur schon halbwegs Interessierte, dass auch das Gotthardmassiv nicht in letzter Konsequenz unverrückbar dastand. Alpenhebung hiess das Stichwort. Spätestens nach den Arbeiten von F. Jeanrichard und E. Gubler (beide Direktoren des Bundesamtes für Landestopografie swisstopo, nicht parallel aber konsekutiv) 90
und nach den unermüdlich geführten geodätisch-tektonischen Untersuchungen vom damaligen ETH-Geodäsie-Professor und Präsidenten der Schweizerischen Geodätischen Kommission H.-G. Kahle war klar, dass die Alpen sich zum Teil jährlich millimeterweise heben. Deformationen im soliden Gestein also. Neben der «grossräumigen» Tektonik zeichnen sich auf den Talschultern entlang der Rhein-Rhone-Linie aber auch lokale, jungquartäre Verwerfungen ab. Diese im Gelände gut erkennbaren, differentiellen Verstellungen, auf ihrer Bergseite sogenannte Nackentälchen bildend, tauchen auch oberhalb Andermatt auf. Dort, beim Stöckli – Lutersee zeigten geodätische Messungen insbesondere des Instituts für Geodäsie und Photogrammetrie der ETHZ kleine vertikale, differentielle Bewegungen von etlichen Zehntel Millimetern pro Jahr. P. Eckardt et al. (2/1983) beschreiben diese Verwerfungen in «Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik», der Vorgänger-Zeitschrift von «Geomatik Schweiz». Möglicherweise sind die im Bereich des «Kilometer 4» des Strassentunnels bald nach der Eröffnung aufgetretenen Deformationspro-
Abb. 1: Senkungen am Gotthardpass zwischen Wassen–Göschenen–Hospental und Guspisbach; Originalgrafik der Erstpublikation aus dem Pressecommuniqué vom 22.1.1998 (Schneider, Schlatter 1998). bleme auf diesen Bewegungsmechanismus zurückzuführen. Oberhalb Sedrun, im Gebiet der Alp Caschlé, hoch über dem geplanten Gotthard Basistunnel, waren diese postglazialen Störungen ebenfalls auszumachen. Sie wurden im Wissen um mögliche Bewegungen in den 90er Jahren vom Konsortium Vermessung Gotthard Basistunnel (VI-GBT) wiederholt geodätisch eingemessen. D. Schneider, als Leiter der damaligen Sektion Geodätische Grundlagen bei swisstopo und Förderer des Einbezugs deformations-theoretischer Erkenntnisse in die Landesvermessung, entwarf ein Konzept zur Wiederholungsmessung des Strassentunnelnivellements, vor allem im Hinblick auf die Feststellung von Deformationen. Die Messungen wurden vom VIGBT und swisstopo während eines unterhaltsbedingten Betriebsunterbruchs im Juni 1997 durchgeführt. Zwischen dem Projektleiter Vermessung GBT, F. Bräker, R. Haag vom VI-GBT, swisstopo und dem IGP (ETHZ) entspannten sich interessante Diskussionen, die sich um die Frage drehten, was weitere Messungen an
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Zusatzerkenntnissen bringen könnten. Da war zum Einen die Frage nach dem Zusammenhang von Oberflächen- und Tunneldeformationen und zum Anderen das eher potenzialtheoretische Interesse an der Untersuchung einer «vertikalen» Nivellementschlaufe. Die Versuchsanlage ist ideal, da das Oberflächennivellement zwischen den beiden Lüftungsschächten Hospental und Guspisbach praktisch genau über dem Nivellement im Tunnel verläuft. An den Enden der Nivellementstrecken können die «Höhen unten und oben» mit einer vertikalen Distanzmessung direkt miteinander verknüpft werden. Man kann also direkt die Länge der Lotlinie messen, im Erdinneren sozusagen, und das an zwei Stellen, so nahe beieinander, dass die verbindenden Nivellements sehr genau ausfallen und mit vertretbarem Aufwand durchzuführen sind. Kurz, ideal für geodätische Untersuchungen, und wer kann sich schon ein geodätisches Labor mit einem Tunnel und zwei vertikalen Schächten von 320 und 530 m Länge leisten?
Von den Messungen zur grossen Überraschung Durch das Entgegenkommen aller Parteien und der finanziellen Zusatzunterstützung durch die Schweizerische Geodätische Kommission der scnat wurde es möglich, die Messungen alsbald durchzuführen. Sie mussten mit einem TunnelUnterhaltsblock zusammenfallen. Vom 23. auf den 24. und vom 24. auf den 25. September 1997 blieben also wenige Nachmitternachtstunden, um die Distanzmessungen mit dem KERN Mekometer 5000 in den Vertikalschächten durchzuführen. Ende des gleichen Monats erfolgte auch das Nivellement entlang der Passstrasse durch swisstopo und VI-GBT. Die ersten Auswertungen der Messungen von Hospental zum Guspisbach hoch (5 km Länge und 330 m Höhendifferenz) zeigten eine erhebliche Diskrepanz zum früheren Passnivellement von 1970. Ganze acht Zentimeter Senkungen! Welten für einen Nivelleur. Nach weiteren Kontrollmessungen und Auswertungen war
es nicht mehr wegzudiskutieren, von Hospental bis Guspisbach hatte sich der Fels eingesenkt. Im Januar 1998 erfolgte die Publikation dieses, sozusagen Berge versetzenden Resultates in einem swisstopoPressecommuniqué (vgl. Abb. 1 aus Schneider, Schlatter 1998). Darin sprechen die Autoren von den «massivsten Senkungserscheinungen im anstehenden Fels, die in der Schweiz je beobachtet wurden». Die Aktion löste eine Wiederholung des restlichen Gotthard-Passnivellementes von Guspisbach bis Airolo aus. Deren Auswertungen bestätigten eindeutig die zum Teil befürchteten aber sicher bedenkenswerten Ergebnisse. Im zentralen Abschnitt des Alpendurchstichs mussten sich tatsächlich Einsackungen bemerkbar gemacht haben. Eine zusammenfassende Darstellung (Schlatter, 2007) dieser Einsenkung ist in Wiget et al., (dieses Heft, 2010) zu sehen. Diese Erkenntnisse bewogen die Aufsichtsbehörden und die Bauherrschaft, umfangreiche Untersuchungen gekoppelt mit ersten geodätischen Null-Messungen im ganzen AlpTransit-Gebiet zu veranlassen. Die Null-Messungen sollten den momentanen Ist-Zustand dokumentieren, auf den man sich zu späteren Zeitpunkten referenzieren konnte. So wurden unter der Leitung von swisstopo breit angelegte Nivellementmessungen über den Furka-, Oberalp-, Lukmanierpass und ins Val Nalps durchgeführt. Im Rahmen von Mess- und Monitoring-Aufträgen sollten die Deformationen der unterfahrenen Stauanlagen auch geodätisch überwacht werden. Mit dem Blick in den Rückspiegel auf den Fall Zeuzier (Staudammdeformation, z.B. Biedermann 1980) war man sich offenbar über die proaktive, vorwärtsgerichtete Strategie in Bezug auf die geodätischen Überwachungsmassnahmen einig. Nicht zuletzt musste auch der Einfluss von Felsdrainagen auf das durchbohrte Gestein in neuem Lichte betrachtet werden. Wer hat nicht schon Bestimmtes gesucht und ganz Anderes gefunden? Sollte man nicht die nächste grössere Tunnelstilllegung als Zeichen wahrnehmen, die Potenzialtheorie nochmals überprü-
fen zu müssen. Gibt es noch weitere Überraschungen? Referenzen: Biedermann, R. (1980). Ausserordentliches Verhalten der Staumauer Zeuzier. Wasser, Energie. Luft, 72. Jahrgang, Heft 7/8. Eckhardt, P., H. Funk, T. Labhart mit Beiträgen von W. Fischer und E. Gubler (1983). Postglaziale Krustenbewegungen an der Rhein-Rhone-Linie; Vermessung, Photogrammetrie, Kulturtechnik, 2/83. Schlatter, A. (2007). Das neue Landeshöhennetz der Schweiz LHN95. Geodätisch-geophysikalische Arbeiten in der Schweiz, Band 72, Schweizerische Geodätische Kommission, 373 Seiten. ISBN 978-3-908440-16-1. Schlatter, A., E. Gubler, B. Mattli, D. Schneider (1997). Neues Landeshöhennetz LHN95: Deformations-Analyse Gotthard. Untersuchungen der Senkungserscheinungen im Bereich des Gotthard-Strassentunnels. Technischer Bericht 97-40, Bundesamt für Landestopographie, Wabern. Schneider, D. (1997). AlpTransit Gotthard-Basistunnel: Deformationsmessungen im Gotthard-Strassentunnel (A2). Technischer Bericht 97-13, Bundesamt für Landestopographie, Wabern. Schneider, D., A. Schlatter (1998): RCM – Analyse Gotthard. Pressecommuniqué, L+T, 22.1.1998. Schneider, F. (1978). Nivellement und Schweremessungen am Gotthard. Bericht 17, Institut für Geodäsie und Photogrammetrie, ETH Zürich. Wiget, A., U. Marti und A. Schlatter (2010). Beiträge der Landesvermessung zum AlpTransit Gotthard-Basistunnel, Geomatik Schweiz, 12/2010.
Alain Geiger Institut für Geodäsie und Photogrammetrie ETH Zürich Schafmattstrasse 34 CH-8093 Zürich alain.geiger@geod.baug.ethz.ch Andreas Schlatter Bundesamt für Landestopografie swisstopo Seftigenstrasse 264 CH-3084 Bern-Wabern andreas.schlatter@swisstopo.ch 91
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Vermessungsarbeiten am Lötschberg-Basistunnel nach dem Hauptdurchschlag Der Lötschberg-Basistunnel bildet zusammen mit dem bereits bestehenden Simplontunnel die erste schnelle Nord-Süd-Verbindung durch die Alpen. Für alle beteiligten Fachleute war das Projekt Lötschberg-Basistunnel eine Herausforderung. Auch die Vermessung eines so langen Tunnels stellte eine äusserst anspruchsvolle Aufgabe dar. In der Fachzeitschrift «Geomatik Schweiz» 11/2005 widmet sich der Artikel «Tunnelvermessung des BLS AlpTransit Lötschberg-Basistunnels» hauptsächlich der Tunnelvermessung bis zum Hauptdurchschlag. Neben einer zusammenfassenden Darstellung der Resultate nach dem Hauptdurchschlag thematisiert der vorliegende Bericht die drei folgenden Vermessungsaufgaben: die Kompensierung des Durchschlagsfehlers, die Kontrolle der festen Fahrbahn und die Installation der Bauwerksüberwachung. Le tunnel de base du Lötschberg, conjointement avec le tunnel du Simplon déjà existant forme la première liaison rapide nord-sud à travers les Alpes. Pour tous les professionnels affectés à ce projet le tunnel de base du Lötschberg constituait un vrai défi. La mensuration d’un si long tunnel représentait également une tâche particulièrement exigeante. Le journal spécialisé «Géomatique Suisse», dans son édition 11/2005 consacre l’article «Mensuration du tunnel de base du Lötschberg BLS AlpTransit» essentiellement à la mensuration du tunnel jusqu’à son percement principal. A part une présentation résumant les résultats suite au percement principal le présent article a pour thème les trois tâches de mensuration suivantes: la compensation de l’erreur de percement, le contrôle de la voie sur dalle et l’installation de la surveillance des ouvrages. La galleria di base del Lötschberg rappresenta, assieme a quella del Sempione già esistente, il primo collegamento rapido nord-sud attraverso le Alpi. Per tutti gli esperti coinvolti, il progetto della galleria di base del Lötschberg ha costituito una sfida. Uno dei compiti molto complessi è pure racchiuso nella misurazione di un tunnel così lungo. La rivista specializzata «Geomatica Svizzera», nel suo numero 11/2005, ha dedicato l’articolo «Misurazione nella galleria di base BLS AlpTransit Lötschberg» principalmente alla misurazione in galleria fino alla caduta del diaframma principale. Oltre alla rappresentazione riassuntiva dei risultati dopo la caduta del diaframma principale, nell’articolo si esaminano i tre compiti di misurazione seguenti: i calcoli di compensazione, il controllo della carreggiata fissa e l’installazione della sorveglianza del cantiere.
H.-U. Riesen
Projektbeschreibung Der Lötschberg-Basistunnel führt von Frutigen im Kandertal (Berner Oberland) nach Raron im Rhonetal (Kanton Wallis). Er ist 34.6 km lang und als zweiröhriger, richtungsgetrennter Einspur-Eisenbahntunnel konzipiert. Aus Kostengründen wird der Tunnel in mehreren Etappen rea92
lisiert. In der ersten Ausbauetappe verbleiben der Westast Steg mit dem Portal Niedergesteln sowie die Weströhre ab Ferden bis nach Mitholz im Rohbau. Im Abschnitt Mitholz-Frutigen wird nur eine Röhre ausgebrochen; auf dieser Strecke verläuft parallel dazu der 1994 bis 1996 erstellte Sondierstollen Kandertal. Die Bauarbeiten an den Basistunnelröhren haben 1999 begonnen. Der Hauptdurchschlag zwischen den Kantonen Wallis und Bern wurde am 28. April 2005
Abb. 1: Schematische Darstellung der Vortriebsarten (grün und rot: Sprengvortrieb; blau: Tunnelbohrmaschine). gefeiert, womit die Ausbrucharbeiten beendet waren. Der Innenausbau und die bahntechnischen Ausrüstungen dauerten bis November 2006. Am 15. Juni 2007 fanden die Eröffnungsfeier und die Übergabe an die Betreiberin, die BLS AG, statt. Pünktlich zum Fahrplanwechsel Dezember 2007 konnte der Lötschberg-Basistunnel ins Streckennetz aufgenommen werden. Der Lötschberg-Basistunnel entstand gleichzeitig von fünf Baustellen aus. Neben den beiden Portalbaustellen Frutigen und Raron sind dies die Zwischenangriffe Mitholz, Ferden und Steg/Niedergesteln. Wichtige Aussenbauwerke sind die beiden Rhonebrücken in Raron und der Tagbautunnel Engstlige in Frutigen (Abb. 1). Die gesamte Länge der ausgebrochenen Röhren und Stollen beträgt 88.1 km. Davon wurden 80% des Tunnelsystems im Sprengvortrieb ausgebrochen, die restlichen 20% wurden mit Tunnelbohrmaschinen aufgefahren (Abb. 1). Bei der Systemwahl entschied man sich für zwei parallele Einspurröhren, die alle 330 m durch einen Querschlag verbunden sind. Diese Variante stellt die Opti-
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Durchschlag zwischen
Quer [cm]
Höhe [cm]
Längs [cm]
8.6
0.5
2.4
10.4
1.1
2.3
Mitholz – Frutigen
1.5
0.6
0.0
Lötschen – Ferden
2.0
0.3
0.4
Steg – Ferden Raron – Lötschen
Tab. 1: Resultate der Teildurchschläge. mallösung bezüglich der Kriterien Bau (Kosten, Bauzeit, Umwelt), Betrieb (betriebliche Anforderungen, Erhaltung/ Wartung, Aero- und Thermodynamik) und Sicherheit (Akzeptanz, Risiko) dar.
Projektbeteiligte Projektvermesser Die Ingenieurgemeinschaft Bern-Wallis (IG BeWa) erhielt vom Bauherrn BLS AlpTransit AG in einem zweistufigen Offertverfahren das Mandat als Projektvermesser (PV). Die IG BeWa bestand aus folgenden Firmen: • ristag Ingenieure AG (vormals Riesen & Stettler AG), Urtenen-Schönbühl • BSAP Ingenieure und Berater, Brig-Glis • Häberli + Toneatti AG, Spiez • Klaus Aufdenblatten Geomatik AG, Zermatt
Fehler
Effektiv [cm]
Toleranz 99% [cm]
Ausnützung der Toleranz
Quer
13.4
25.0
54 %
Höhe
0.4
12.5
3%
Längs
10.3
–
–
Tab. 2: Resultat des Hauptdurchschlages. Aktualisierung des Gleisgeometrieprojekts und der Anlagedokumentation (GIS DfA).
Resultate der Tunneldurchschläge Aufgrund der beschränkten Kontrollmöglichkeiten im Tunnel lebte der Vermesser bis zuletzt mit einer gewissen Unsicherheit. Erst nach dem Durchschlag konnte im Rahmen einer Verbindungsmessung definitiv festgestellt werden, ob die Genauigkeitsanforderungen erfüllt worden sind resp. unsere Modellannahmen richtig waren. In Tab. 1 sind die Resultate der wichtigsten Teildurchschläge ersichtlich. Am 28. April 2005 erfolgte 2026 m unter dem Balmhorn der Hauptdurchschlag (620 392/142 841) zwischen dem Berner Oberland und dem Wallis (Mitholz – Fer-
den). Die Kontrollmessung ergab folgenden Durchschlagsfehler für eine Vortriebslänge von 20.9 km (Tab. 2). Beim Lötschberg-Basistunnel zeigten somit alle Teildurchschläge und der Hauptdurchschlag sehr zufriedenstellende Resultate. Die Anforderungen des Bauherrn wurden vollumfänglich erfüllt.
Kompensierung des Durchschlagsfehlers nach dem TBM-Vortrieb In Tunnelabschnitten mit Tunnelbohrmaschine (TBM) wurde unmittelbar hinter der TBM die definitive Sohle inklusive Kicker (Vorbereitung für Innenschale) eingebaut. Dadurch war die Position der Innenschale und somit auch der Bankette bereits im Wesentlichen vorgegeben. Nach dem Durchschlag und der definitiven Berechnung der Fixpunktkoordinaten
Spezialisten Für die Erstellung und Ergänzung des oberirdischen Grundlagennetzes wurde das Bundesamt für Landestopografie swisstopo als Subunternehmer beigezogen. Der Lötschberg-Basistunnel wurde vollständig im Bezugsrahmen der neuen Landesvermessung LV95 (GPS) und gestützt auf das Landeshöhennetz LHN95 abgesteckt. Die Kreiselmessungen führten verschiedene Institute als Subunternehmer durch: • ETH Zürich, Institut für Geodäsie und Photogrammetrie (IGP-ETHZ) • Universität der Bundeswehr München, Institut für Geodäsie (IfG), Deutschland BLS Netz AG Die Vermessungsabteilung der BLS Netz AG war zuständig für die Erstellung und
Abb. 2: Auswertung Profilmessung Steg – Ferden. 93
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Abb. 3: Gleismesswagen RACER. wurde das ausgebrochene Tunnelgewölbe mit der Methode der flächendeckenden Profilmessungen (Laser-Scanning) aufgenommen. Diese Grundlage ermöglichte es uns, alle 2.5 m Querprofile für den Vergleich von Ist- und Sollprofil zu erstellen. Mit dieser Profilauswertung wurde das Zusammenwirken der verschiedenen Fehlerkomponenten analysiert. Die Gesamtabweichung des Rohbautunnels von der Projektachse setzte sich aus drei Komponenten zusammen: 1. Absteckungsfehler des Projektvermessers (PV) 2. Absteckungsfehler des Unternehmervermessers (UV) 3. Abweichung der TBM-Fahrt von der Absteckungsachse des UV Die Auswertung ergab, dass alle Beteiligten ihre Toleranzen eingehalten hatten. Weil sich die Fehler stellenweise ungünstig addiert haben, sind jedoch grössere Gesamtabweichungen aufgetreten. Die grössten Abweichungen betrugen bis zu 24 cm (siehe Abb. 2). Mit einer leichten Anpassung der Gleisgeometrie über die gesamte Tunnellänge konnten diese Abweichungen aber – ohne fahrdynamische Verluste – problemlos kompensiert werden.
Kompensierung des Durchschlagsfehlers nach dem Sprengvortrieb In Tunnelabschnitten mit Sprengvortrieb wurden schon während des Tunnelvor94
triebs im rückwärtigen Bereich die Sohle, die Innenschale und die Bankette betoniert. Zum Zeitpunkt des Durchschlags waren ungefähr 75% der Bankette fertiggestellt; es fehlten lediglich noch rund 4 km. Auf der Basis der neuen Fixpunktkoordinaten wurden die Vorderkanten aller erstellten Bankette in Lage und Höhe eingemessen (alle 25 m ein Kontrollpunkt). In der Folge wurde die Gleisgeometrie auf dem Abschnitt Mitholz – Ferden geringfügig angepasst, so dass die neue Gleisachse exakt zwischen die bereits betonierten Bankette zu liegen kam. Dadurch konnte man den Durchschlagsfehler kompensieren und das Unterschreiten der Minimalabstände der Bankettkante zur Solllage mit einer Achsoptimierung lösen. Die effektiven Durchschlagsfehler wurden also mit einer geringfügigen Anpassung der Gleisgeometrie kompensiert. Je nach Situation könnte dies nicht ohne Nachprofilierung im Bereich des Durchschlagspunktes geschehen. Im Lötschberg-Basistunnel war dies glücklicherweise nicht der Fall, weil der Durchschlagsfehler relativ gering war und der Tunnel im Sprengvortrieb ohnehin tendenziell mit etwas Überprofil ausgebrochen wurde.
Kontrollabnahme der festen Fahrbahn Für die präzise Überprüfung der Gleisabsteckung bzw. des verlegten Gleises, wurde speziell der neue Gleismesswagen RACER – Rapid Automated Control Equipment for Rails – entwickelt (Abb. 3). Das neue Messkonzept ermöglicht dem Bauherrn eine vollständig unabhängige Kontrollabnahme der festen Fahrbahn. Systemkonzept • Der motorisierte Tachymeter wird auf dem Gleismesswagen fest montiert • 3D-Positionsbestimmung der Gleisachse durch freie Stationierung über bekannte Anschlusspunkte • Automatische Erfassung der Spurweite, Längs- und Querneigung • Motorisierte Fortbewegung des Messwagens mit variabler Schrittweite
• Online-Auswertung und Soll-Ist-Vergleich der Resultate In Zusammenarbeit mit den Entwicklungspartnern wurde das Messkonzept entwickelt, die Steuersoftware programmiert und ein Prototyp des Messwagens konstruiert. Der Betriebsablauf wurde in umfangreichen Tests optimiert und eine Systemkalibrierung durchgeführt. Aus den umfangreichen Vergleichsmessungen und Tests mit einem unabhängigen System konnten folgende mittlere Messfehler (1 σ) abgeleitet werden (Tab. 3). Messgrösse
Messfehler (1 σ)
Lage
< 0.4 mm
Höhe
< 0.5 mm
Spurweite
< 0.3 mm
Neigung
< 0.3 ‰
Tab. 3: Mittlere Messfehler RACER. Anforderungen des Bauherrn Von Seiten der Bauherrschaft wurden die Anforderungen an die Verlegetoleranzen der festen Fahrbahn definiert (Tab. 4). Dabei wird von einer absoluten und relativen Verlegetoleranz unterschieden. Die absoluten Toleranzwerte beziehen sich auf die maximalen Abweichungen in horizontaler und vertikaler Richtung bezüglich der Projektachse. Die relativen Toleranzen sind fahrdynamisch relevant. Das Messintervall wurde auf 2.5 m festgelegt. Abnahmeparameter
Toleranz
Lage
± 3 mm
Höhe
± 3 mm
Pfeilhöhenfehler 1)
< 2 mm
Überhöhung
± 2 mm
Spurweite
–1/+3 mm
Tab. 4: Verlegetoleranzen. 1) Bei einer Messbasis von 20 m muss der Unterschied zweier benachbarter Pfeilhöhen in der Sehnenmitte, jeweils in Abständen von 5 m gemessen, sowohl in horizontaler als auch in vertikaler Richtung kleiner als 2 mm sein.
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Abb. 4: Differenzen der Ist-Geometrie der festen Fahrbahn zur Projektachse. Dies ergab mit dem Gleismesswagen RACER eine Leistung von 150 m pro Stunde, was ungefähr einem Kilometer Messstrecke in 6.5 Stunden entspricht. Resultate Die Resultate der Schlusskontrolle wurden in Form von Differenzen zum Soll-Wert zusammengestellt. Aufgrund der statistischen Auswertungen wurde ersichtlich, dass die Verlegetoleranzen bezüglich der Projektachse über 99% vollständig eingehalten wurden (Tab. 5). Die wenigen Toleranzüberschreitungen betragen höchstens 1 mm. Zur übersichtlichen Dokumentation wurden alle Resultate der Kontrollmessungen grafisch in Form von Differenzen zum SollWert [mm] in Diagramm-Bändern zusammengestellt (Abb. 4). Die Messkampagnen erfolgten fortlaufend abschnittsweise nach Einbau der festen Fahrbahn im Zeitraum zwischen Juli 2005 bis November 2006. Dabei wurden in mehreren Messkampagnen insgesamt über 51 km Tunnelstrecke überprüft. Zusammenfassend zeigen die Kontrollmessungen ein hervorragendes Ergebnis, das
zum einen die qualitativ hochwertige Verlegetechnik bei der festen Fahrbahn, zum anderen aber auch die Genauigkeit und Zuverlässigkeit des RACERs bestätigt. Durch die Umsetzung innovativer Lösungen und der somit erzielten Zeit- und Kostenersparnis konnten dem Bauherrn rechtzeitig die notwendigen Resultate mit einem vernünftigen Aufwand geliefert werden.
Bauwerksüberwachung Ein Bauwerk dieser Grössenordnung bedarf einer Langzeitüberwachung. Die IG BeWa fragte swisstopo im Oktober 2003 an, ob sie Interesse hätte, vor Inbetriebnahme eine Landesnivellementslinie durch den Lötschberg-Basistunnel zu messen, was begrüsst wurde. Das Präzisions-Doppelnivellement vom November/Dezember 2006 unter der Leitung von swisstopo lieferte einerseits der IG BeWa eine hochgenaue Bestimmung der Höhenfixpunkte im Höhenbezugsrahmen LHN95. Andererseits konnte swisstopo ihr Landeshöhennetz ergänzen und den Schleifenschluss über die Lötsch-
Absolute Verlegetoleranz Anzahl Messungen
Überhöhung Spurweite
Relative Verlegetoleranz Pfeilhöhenfehler horizontal vertikal
Lage
Höhe
> 3mm
> 3mm
> 2mm
> –1/+3mm
> 2mm
> 2mm
20 440
29
108
11
136
3
1
100%
0.14%
0.53%
0.05%
0.67%
0.03%
0.01%
Tab. 5: Anzahl Toleranzüberschreitungen.
berg-Berglinie und den Scheiteltunnel kontrollieren. Entlang des gesamten Tunnels wurden in jedem Querschlag Punktgruppen und auf der östlichen Bankettseite sämtliche Zwischenpunkte mit Bolzen und Hilfsnieten materialisiert. In den kritischen Störzonen «Autochthon Nord», «Karbon» und «Jungfraukeil» wurde das Überwachungsnetz mit zusätzlichen Überwachungspunkten der westlichen Bankettseite verdichtet. Für die Bauwerksüberwachung wurden die Höhen auf einem Höhenfixpunkt im Portalbereich des Anschlusses Frutigen gelagert. Die Wahl des Gebrauchshöhenrahmens LN02 ermöglicht Folgemessungen ohne Kenntnis des orthometrischen Korrekturmodells und damit einen Vergleich der gemessenen Höhendifferenzen direkt vor Ort.
Schlussbemerkung Die IG BeWa war beim Bau des Lötschberg-Basistunnels von Beginn an bis zur Eröffnung mit den Vermessungsarbeiten betraut. Es gab weltweit bisher nur wenige Projekte in ähnlicher Grössenordnung und mit diesen Genauigkeitsanforderungen, so dass nur wenig Erfahrung für die Tunnel-Absteckung vorhanden war. Diese Aufgabe stellte für uns deshalb eine grosse Herausforderung dar. Die Resultate der verschiedenen Durchschläge belegen, dass wir diese Herausforderung gut gemeistert haben. Wir erlebten im Rahmen dieses Projekts viele spannende Momente und konnten wertvolle Erfahrungen sammeln. Nicht zuletzt dank der hervorragenden Zusammenarbeit mit allen Projektbeteiligten – Bauherrschaft, Projektingenieuren, Geologen, Bauleitern, Unternehmern – wird uns das Projekt Lötschberg-Basistunnel in bester Erinnerung bleiben.
Hans-Ueli Riesen ristag Ingenieure AG Eigerweg 4 CH-3322 Urtenen-Schönbühl h.riesen@ristag.ch 95
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Vermessung Bahntechnik für die Lötschberg-Basislinie Von 2004 bis 2006 wurde die Lötschberg-Basislinie bahntechnisch ausgerüstet. Die Baukosten der Bahntechnik betrugen CHF 791 Mio. Die Wild Ingenieure AG aus Küssnacht am Rigi wurde mit dem Vermessungsmandat beauftragt. Die Hauptarbeit bestand im Richten der 51.6 km Festen Fahrbahn im Basistunnel. In mehreren Arbeitsgängen wurde das Gleis mit Hilfe des Gleismesswagens HERGIE sowie einem Heberichtkeil-System von Rhomberg Bahntechnik AG in deren Soll-Lage gelegt. Die hohen Genauigkeitsanforderungen an das Verlegen des Gleises waren eine der grossen Herausforderungen. Die Ausrüstung der Bahntechnik erfolgte im Dreischicht-Betrieb und erforderte von der Vermessung hohe Flexibilität und eine enge Zusammenarbeit mit den Gleisbauern. Der permanente Zeitdruck, die Schichtarbeit sowie die ständige Erreichbarkeit über die gesamte Bauzeit war eine grosse Belastung für jeden einzelnen Vermesser. De 2004 à 2006 la ligne de base du Lötschberg a été munie des équipements de technique ferroviaire. Le coût de ces installations se montait à 791 millions de francs. Wild Ingénieurs SA de Küssnacht au Rigi ont été mandatés pour la mensuration. Le travail principal consistait en l’alignement des 51.6 km de voie sur dalle dans le tunnel de base. Dans plusieurs passages du wagon de mesure des voies HERGIE et à l’aide d’un système d’alignemment par levage conique de Rhomberg Bahntechnik AG la voie à été mise à la place requise. Les exigences élevées en précision de pose des voies représentaient un des grands défis. Les installations de techique ferroviaire ont été posées par des équipes journalières 3 sur 3 ce qui exigeait des arpenteurs une grande fléxibilité et une étroite collaboration avec les costructeurs de la voie. Le pression continuelle du temps pesait lourdement sur chacun des arpenteurs. Dal 2004 al 2006 la galleria di base del Lötschberg è stata equipaggiata a livello di tecnica ferroviaria. I costi per l’edificazione della tecnica ferroviaria sono ammontati a 791 mio. Di franchi. Il mandato di misurazione è stato assegnato alla Wild Ingenieure AG di Küssnacht am Rigi. Il lavoro principale consisteva nella realizzazione dei 51.6 km di carreggiata fissa nella galleria di base. In diverse fasi di lavoro si è posato il binario grazie alla carrozza di verifica del binario HERGIE e a uno specifico sistema con cuneo di sollevamento della Rhomberg Bahntechnik AG. La sfida principale consisteva negli elevati requisiti di precisione durante la posa del binario. La tecnica ferroviaria è stata allestita con il lavoro a tre turni e ha richiesto grande flessibilità e stretta collaborazione con i costruttori di binari. La permanente pressione del tempo, il lavoro in turni e la costante raggiungibilità durante tutto il periodo della costruzione hanno rappresentato un grosso onore per ogni singolo addetto alle misurazioni.
B. Tanner Die bahntechnische Ausrüstung realisierte der Totalunternehmer «ARGE Bahntechnik Lötschberg» unter der Federführung der beiden Bauunternehmen Implenia AG und Rhomberg Bahntechnik AG. Zur Arbeitsgemeinschaft zählten mehr als 35 spezialisierte Firmen, welche die zwölf eigenständigen Bahntechnikbereiche ab96
deckten. Die Wild Ingenieure AG wurde mit dem Vermessungsmandat für die bahntechnische Ausrüstung beauftragt und war hauptsächlich für die Bereiche Fahrbahn, Fahrleitung und für die Logistik (Bauinfrastruktur) tätig. Für die Ausführung der Vermessungsarbeiten waren über zwei Jahre drei Vermessungsteams im Vollzeitpensum und bis zu drei weitere Vermessungsteams sporadisch beschäftigt.
Feste Fahrbahn Der Bau der Festen Fahrbahn (FF) war der aufwendigste aller bahntechnischen Ausrüstungen. Rund 100 Arbeiter waren im Dreischichtbetrieb sieben Tage die Woche, bei rund 28 °C und hoher Luftfeuchtigkeit von Herbst 2004 bis Sommer 2006 im Einsatz. Bei einer FF wird der Schotter durch ein anderes lagebeständiges Material wie zum Beispiel Beton ersetzt. Ein Vorteil ist die Lagebeständigkeit des Gleises und somit die geringeren Instandhaltungs- und damit Betriebsbehinderungskosten gegenüber dem Schotteroberbau. Die FF hat eine Lebensdauer von 50–60 Jahren. Ein Nachteil sind die hohen Investitionskosten und der höhere Emissionswert im Luftschall. Bei der Lötschberg-Basislinie wurde im Basistunnel und im Tunnel Engstlige (2.4 km in Frutigen) eine FF eingebaut, die restlichen Gleise (4.6 km) wurden als Schotterfahrbahn ausgerüstet. Total sind 51.6 km FF eingebaut worden. Die starre Konstruktion der FF erfordert eine hohe Verlegegenauigkeit, nur so ist die fahrdynamische Qualität (u.a. Fahrkomfort und Verschleiss) gegeben. Für die Vermessung Bahntechnik begann das Projekt Lötschberg im Februar 2003 im Versuchsstollen Mitholz des Lötschberg Basistunnels. Auf zwei Strecken von rund 54 m und 36 m Länge fanden die ersten Versuche für den Einbau der FF statt. Im Jahre 2004 folgten weitere Tests in Dornbirn (A) (Abb. 1). Rhomberg Bahntechnik AG führte zusammen mit Wild Ingenieure AG auf einer rund 70 m langen Strecke mit massstabsgetreuem Tunnelquerschnitt Tests für den Einbau der FF durch. Die Aufgabe war es, die Einbauabläufe und das Heberichtsystem für die Positionierung der Gleise bezüglich Funktionalität zu testen und weiterzuentwickeln. Richtsystem Das von Rhomberg entwickelte Richtsystem besteht aus zwei Komponenten; einem Heberichtkeil (Abb. 6), der es er-
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Abb. 1: Teststrecke in Dornbirn (A). möglicht, das Gleis in Lage und Höhe stufenlos im Zentelsmilimeterbereich zu schieben sowie dem Gleismesswagen HERGIE (Abb. 2), mit welchem die relative und absolute Lage nachgewiesen werden kann. Die Echt-Zeit-Überprüfung der Gleislage erfolgte mit dem tachymetergestützten Gleismesswagensystem HERGIE. Dieser Messwagen ist eine Konstruktion aus Aluminium und wiegt nur gerade 25–30 kg. Er ist mit einem 100% witterungsbeständigem Industrierechner mit Touch-Screen ausgerüstet. Er bietet die Möglichkeit, eine externe Tastatur anzuhängen und besitzt einen PCMCIA-Steckplatz. Als Tachymeter wurde ein LEICA TCA2003 eingesetzt. Die Kommunikation zwischen dem Tachymeter und dem Gleismesswagen erfolgte über eine Funkverbindung. Die Position des TCA2003 wurde mittels Freier Station über die Gleisversicherungspunkte bestimmt. Der Gleismesswagen HERGIE besteht aus folgenden Komponenten: • Elektronischer Präzisions-Neigungssensor für die Überhöhungsmessung (Genauigkeit der Überhöhungsmessung: ±0.4 mm) • Abstandssensor für die Spurweite (Genauigkeit Spurweite: ±0.4 mm) • Elektronischer Präzisions-Neigungssensor für die Schienenneigungsmessung • Industrierechner mit Touch-Screen (Abbildung 3) • Reflektor
Abb. 2: Gleismesswagen HERGIE. HERGIE beruht auf einer sehr genauen, dreidimensionalen Einzelpunktbestimmung der Position in Echt-Zeit. Jeder Messpunkt wird durch sieben Parameter bestimmt: Seine 3D-Koordinaten, der Überhöhung, der Spurweite und der Schienenneigung der beiden Schienen. Dadurch können die folgenden Qualitätsmerkmale der Gleisgeometrie bestimmt werden: • die Querlage der führenden Schiene (In der Praxis wird nicht die Gleisachse sondern die führende Schiene gerichtet.), • die Schienenoberkante (SOK) beider Schienen, • die Überhöhung (Querneigung der Fahrbahn), • die Spurweite (Abstand zwischen den Innenkanten der Schienen), • die Bahn-Kilometrierung und • die Schienenneigung beider Schienen (die Schienen sind im Verhältnis 1:40 nach Innen geneigt). Die erfassten Messdaten können mit HERGIE gespeichert und in einer grafischen Darstellung oder als Listendatei im ASCIIFormat ausgegeben werden. Die Grundlagedaten für die Gleiskontrolle sind die Fixpunktkoordinaten und die Trassierungsdaten des Gleises. Es sind dies, die horizontale und vertikale Geometrie-Daten sowie die Daten der Überhöhung. Da die Gleisgeometrieachse oft nicht identisch ist mit der Geometrie der Kilometrierungsachse, besteht die Mög-
lichkeit, die Geometrie-Daten der Kilometrierungsachse zusätzlich zu laden. Zur Steigerung der Zuverlässigkeit können die einzelnen Komponenten (Sensoren) jederzeit sehr einfach und rasch überprüft und kalibriert werden. Zudem kann auch vom Gleismesswagen aus jederzeit die Orientierung des Tachymeters kontrolliert und korrigiert werden. Die Stromversorgung von HERGIE erfolgt über eine 12-V-Gleichstrom-Autobatterie (45 Ah). Dadurch ist ein durchgehender Betrieb des Systems von zwölf Stunden gewährleistet. Verlegetoleranzen Die Verlegetoleranzen einer FF sind wegen ihrer starren Konstruktion viel höher als bei einem Schottergleis. Nur so kann die fahrdynamische Qualität (z.B. Fahrkomfort und Verschleiss) sichergestellt werden. Folgende Anforderungen wurden an die FF gestellt (siehe Kasten).
Abb. 3: Touch Screen mit Darstellung der Messdaten. 97
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Verlegetoleranzen in horizontaler und vertikaler Richtung (Äussere Geometrie: Vermessungsbasis: ausgeglichenes Fixpunktnetz)
±3 mm
Pfeilhöhenfehler (Innere Geometrie: horizontal und vertikal, Messbasis 20 m, Unterschied zweier benachbarter Pfeilhöhen <2 mm, gemessen in Abständen von 5 m in der Mitte der Sehne)
<2 mm
Verlegetoleranzen Überhöhung
±2 mm
Verwindung
Nmax ≤0.5‰
Verlegetoleranzen Spurweite
–1/+3 mm (Standardabweichung ≤1 mm)
Verlegetoleranzen Schienenneigung
min. 1: 45, max. 1: 35
Verlegetoleranzen Stützpunktabstand (Schwellenabstand Längsrichtung)
±10 mm Winkelgenauigkeit: ±10 mm
Die grösste Schwierigkeit war die Erfüllung der Anforderung an den Pfeilhöhenfehler in der horizontalen und der vertikalen Geometrie (Innere Geometrie). Die Toleranz (= 98.8%-Wahrscheinlichkeit) eines zu richtenden Stützpunktes lag dabei bei ±0.6 mm und erforderte ein sorgfältiges und geübtes Richten. Die restlichen Anforderungen konnten mit unserem System problemlos erfüllt werden.
Abb. 4: Ablegen der 18-m-Gleisjoche. 98
Einbau der Festen Fahrbahn Für den Einbau der FF waren fünf Vermessungsdurchgänge notwendig: 1. Absteckung für das Ablegen der Gleisjoche 2. Grob-Richten der Gleisjoche 3. Fein-Richten der Gleisjoche 4. Kontrolle während dem Betoneinbau 5. Nachweis der Qualität der Gleisgeometrie Der Einbau der FF erfolgte in Zyklen zu
2160 m Länge. Aus logistischen Gründen wurden vormontierte 18-m-Gleisjoche mitsamt deren Schwellen in den Basistunnel transportiert und aneinandergereiht abgelegt. Damit die 18-m-Gleisjoche möglichst genau abgelegt werden konnten, wurde vorgängig die verlängerte Fahrbahnebene und der Achsabstand am Bankett markiert. Die Absteckung erfolgte rein tachymetrisch mittels eines Trasseeabsteckungsprogramms. Alle 12 m wurde links und rechts an der Bankettwand je ein Punkt bestimmt und anschliessend mit Hilfe einer Spickschnur (Schlagschnur) durchgehend markiert. Die Schwierigkeit lag schussendlich beim genauen Ablegen der Gleisjoche durch den Gleisbauer. Dieser hatte die Anforderung, die Gleisjoche in der Lage auf ±10 mm und in der Höhe auf ±5 mm auf die höhenverstellbaren Stützfüsse abzulegen (Abb. 4). Da es stets einfacher ist ein Gleis anzuheben, als abzusenken, wurden die Gleisjoche 1 cm unterhalb ihrer Sollhöhe positioniert. Beim Arbeitsgang Grob-Richten mit dem System HERGIE war das Ziel, die Gleisjoche in der Lage auf ±3 mm und in der Höhe auf 0 mm bis –5 mm zu richten. Das Gleis wurde in Abständen von 3.6 m mit Hilfe eines Gleisheberichtgeräts (Abb. 5) angehoben, in die gewünschte Position gebracht und mit den höhenverstellbaren Stützfüssen wieder stabilisiert. Um das Gleis durchgehend in die gewünschte Position zu legen waren itera-
Abb. 5: Grob-Richten des Gleises.
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Abb. 6: Fein-Richten des Gleisjochs mit Heberichtkeil. tive Richtdurchgänge notwendig. Je nachdem, wie gut die Gleisjoche vorgängig abgelegt wurden und wie sorgfältig das Grob-Richten erfolgte, waren ein bis drei Richtdurchgänge notwendig. Eine Schwierigkeit lag darin, dass durch ein Überkorrigieren die ganze Lage des Gleises in den dahinterliegenden, bereits gerichteten Positionen wieder verschoben werden konnte. Dieser Arbeitsschritt verlangte viel Fingerspitzengefühl, so galt es anhand der aufzuwendenden Muskelkraft für das Schieben der Gleisjoche abzuschätzen, ob der davorliegende Gleisabschnitt eher links oder rechts der Solllage lag. Dementsprechend wurde dies an der momentan zu richtenden Position berücksichtigt. Beim ersten Richtdurchgang wurde zudem die Schinenenneigung überprüft. Die Schienen mussten im Verhältnis 1:40 nach innen geneigt sein. Mithilfe von Einlageplättchen von 0.1 mm bis 0.5 mm Dicke konnte beim Spurhalter die geforderte Neigung der Schienen korrigiert werden. Beim darauffolgenden Arbeitsgang wurden die Gleisjoche alle 1.8 m beidseitig durch sogenannte Betonstützkörper gestützt und die nicht mehr notwendigen Stützfüsse hochgeklappt. Anschliessend wurde die rund 25 cm hohe Gleistragplatte betoniert und dadurch die Betonstützkörper fixiert. Die Schwellen lagen danach immer noch frei. Da allerdings ab diesem Zeitpunkt die Gleise nur noch über die Heberichtkeile in einem kleinen Ar-
Abb. 7: Langsehnenmesswagen PLASMA.
beitsbereich geschoben werden konnten, war es sehr wichtig, das vorangehende Grob-Richten mit genügender Sorgfalt auszuführen. Nur schon eine kleine Ungenauigkeit erschwerte oder verunmöglichte sogar das Fein-Richten mit dem Heberichtkeil-System und es musste mit einer aufwändigen Notlösung nachgeholfen werden. Das Fein-Richten (Abb. 6) erfolgte ebenfalls mit dem Gleismesswagen HERGIE über das Heberichtkeil-System und war der letzte Richtvorgang vor dem Einbetonieren der Schwellen. Beim Fein-Richten war allerhöchste Genauigkeit gefordert, galt es doch das Gleis relativ auf ±0.2 mm in der Lage und der Höhe zu richten. Es hat sich gezeigt, dass die Luftströmungen und Luftturbulenzen im Tunnel grosse Probleme darstellten. Um dem Entgegen zu wirken wurden nur gerade zwei Gleisjoche (36 m) pro Tachymeterstationierung positioniert. Das Gleis wurde alle 1.8 m mit einem Heberichtkeil-Paar, welches unter den beiden Schiene angeklammert war, gerichtet. Mit dem einen Heberichtkeil konnten die Lage und die Höhe der rechten Schiene und mit dem anderen Heberichtkeil die Höhe der linken Schiene eingestellt werden. Auch bei diesem Richtvorgang benötigte es viel Fingerspitzengefühl und mehrere iterative Richtdurchgänge. Insgesamt wurde das Gleis der FF mit Hilfe von mehr als 57 300 Heberichtkeilen durch Muskelkraft gerichtet. Eine halbe Arbeitsschicht (rund vier Stun-
den) später, erfolgte das Einbetonieren des gerichteten Gleises, respektive deren Schwellen. Während dem Einbau des sogenannten Vergussbetons wurde eine Kontrolle mittels eines Langsehnenmesswagens durchgeführt. Der Langsehnenmesswagen PLASMA von Rhomberg (Abb. 7) wurde direkt mit der Einheit des Betonfertigers verbunden und von diesem hinterher gezogen. Damit wurden die relative Höhenänderung, die relative Lageänderung, die Überhöhung, die Spurweite und die Verwindung überprüft. Diese Messungen dienten der Sicherung zur Beibehaltung der Qualität der Gleisgeometrie während des Betoniervorganges. Hätte der Langesehnenmesswagen eine Abweichung an der gerichteten Gleisgeometrie festgestellt, wäre ein akustisches Alarmsignal ertönt und hätte ein optisches Drehlicht eingesetzt. Nachdem der Vergussbeton ausgehärtet war, wurden die 18-m-Gleisjoche von den einbetonierten Schwellen gelöst und ausgebaut. Anschliessend wurden neue 120m-Langschienen (Fahrschienen) in die Schwellen eingezogen. Auf diesen Langschienen erfolgte, um einen Zyklus verschoben, die Schlusskontrolle der Fahrschiene mit dem Gleismesswagen HERGIE. Die Resultate wurden grafisch in einem Diagramm und in einer Liste mit statistischen Kennzahlen dargestellt. Die Messfahrten des Diagnosefahrzeugs der SBB Infrastruktur bestätigten die sehr guten Resultate an die Qualität der Gleisgeometrie. Die 51.6 km FF konnten ohne 99
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Abb. 8: Einbau der Gleistragplatte mit Schalungsfertiger. eine Nachbesserung eingebaut und im Juni 2006 dem Bauherrn für die Testfahrten übergeben werden. Massgebend für diese perfekte Leistung waren primär das ausgezeichnete Zusammenspiel und die grosse gegenseitige Hilfsbereitschaft aller Beteiligten. Nebst vermessungstechnischem Grundwissen führten auch die regelmässigen Wartungen, Justierungen und Kalibrierungen der Instrumente und der Gleismesswagen-Sensoren zum Erfolg. Der Gleismesswagen HERGIE eignete sich wegen seiner Zuverlässigkeit, Robustheit und der sehr leichten Bauart bestens für diesen Einsatz. Eine weitere Grundvoraussetzung für diese guten Resultate war das sehr genaue und dichte Fixpunktnetz im Tunnel. Trotz der scheinbar monotonen und wiederholenden Richt-Vermessungen waren die Arbeiten für das Vermessungsteam alles andere als langweilig. So wurden die Vermesser täglich mit neuen und unerwarteten Problemen konfrontiert und herausgefordert. Der enorm hohe Zeitdruck war nicht nur eine Belastung, sondern konnte auch Motivation zugleich sein.
Gleistragplatte Nachdem auf der Walliser Seite bereits einige Kilometer FF eingebaut waren, konnte der Rohbau auf der Berner Seite zwei100
te Hälfte 2005 fertiggestellt werden. Dies ermöglichte erstmals die Ausrüstung des Tunnels von zwei Seiten her. Als Beschleunigungsmassnahme wurde entschieden, auf der Berner Seite vorgängig 7.3 km Gleistragplatte (GTP) einzubauen, was den nachfolgenden Einbau der FF bedeutend verkürzte (Abb. 8). Die Aufgabe bestand darin, die vermessungstechnischen Leistungen für den tachymetergesteuerten Gleitschalungsfertiger zu erbringen. Der Einbau der GTP erfolgte im normalen Tages-Schichtbetrieb und wurde von einem Vermesser betreut. Seine Aufgabe war es, alle 50 m den Tachymeter für die Fertigersteuerung umzusetzen, neu zu orientieren und stichprobenweise die automatische Steuerung des Fertigers zu überprüfen. Zudem führte dieser Vermesser im Einmannbetrieb die Kontrollaufnahme der ausgehärteten GTP durch.
Fahrleitung Für die 60 km Fahrleitung mussten mehr als 10 000 Punkte auf ±10 mm respektive ±3 mm abgesteckt werden. Die meisten Punkte wurden in der Kalotte für die Fahrleitungs-Tragwerke abgesteckt. Die Absteckung erfolgte tachymetrisch mit einem Trasseeabsteckungsprogramm unter Berücksichtigung der Gleisüberhöhung. Versichert wurden die abgesteckten Punkte mit einem Bohrloch und einer
Farbmarkierung, welche eines der neun unterschiedlichen Bohrbilder für die Anker-Bohrungen definierte. Besonders aufwändig waren die Absteckungen der rund 100 Radspanner für die Gewichtsnachspanner des Fahrleitungsdrahts mit je 14 Punkten. In den Sprengvortrieb-Abschnitten wurde vorgängig auf der unebenen Spritzbetonoberfläche eine im Querschnitt über zwei Radien gekrümmte Schalung abgesteckt. Dabei behalf man sich mit meterlangen reissfesten Plottvorlagen, welche über drei abgesteckte Punkte eingepasst wurden und anschliessend die gekrümmte Oberflächenlinie durchgezeichnet wurde. Die Absteckung der Fahrleitungspunkte erfolgte in den wenigen Tagen der Vorbereitung zum nächsten Einbau-Zyklus der FF.
Schotterfahrbahn Die 4.6 km offenen Strecken der Lötschberg-Basislinie wurden mit einer Schotterfahrbahn ausgerüstet. Diese beinhaltete auch eine rund 160 m lange Schnellfahrweiche. Für den konventionellen Gleisbau waren relativ wenige Absteckungen notwendig. Die Hauptarbeit beschränkte sich dabei viel mehr auf die Übernahme und Verwaltung der vielen unterschiedlichen Gleisgeometrien und provisorischen Gleisversicherungspunkten pro Bauphase. Aus diesen Daten wurden für den Gleisbauer je nach Bauphase die entsprechenden Einbaulisten und Maschinenfiles für die Stopfmaschine erstellt.
Logistik Die Logistik nahm bei diesem Grossprojekt eine zentrale Rolle ein. So wurde für die bahntechnische Ausrüstung sowohl in Raron als auch in Frutigen ein rund 5 ha grosser Installationsplatz erstellt. Diese umfassten unter anderem einen grossen strassen- und schienengebundenen Umschlagplatz, je zwei riesige Hallen, eine Betonmischanlage, ein Wohncontainerlager und etliche Bürocontainer. Die provisorische Gleisanlage bestand insgesamt aus rund 9 km Gleis und 37 Weichen. Die
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Absteckung all dieser Bauprovisorien war ebenfalls Bestandteil des Vermessungsmandates Bahntechnik.
Weitere Vermessungsleistungen Neben den Hauptvermessungsarbeiten für die Fahrbahn, die Fahrleitung und die Logistik wurden viele weitere Vermessungen für die anderen Fachbereiche erbracht. Oft beschränkten sich diese auf Spezialberechnungen aus den Gleisgeometriedaten oder einfachen Absteckungen oder Aufnahmen. Eine Aufgabe beinhaltete zum Beispiel das Erstellen des Anforderungsprofils von Laserscanning-Aufnahmen und deren Beschaffung. Der bauherrenseitige Nachweis der Einhaltung der Tunnelrohbautoleranzen genügte zum optimierten Einbau der FF nicht. Die Kenntnis der exakten Lage der Tunnelsohle, der Bankette und insbesondere der Entwässerungsschächte innerhalb der Fahrbahn war für den rollenden Bauablauf von bedeutender Wichtigkeit. So wurde rasch klar, dass durch eine genauere und lückenlose Rohbauaufnahme des gesamten Basistunnels für den Einbau der FF viel Zeit erspart werden konnte. Zusammen mit der Übernahme des Rohbautunnels wurde auch das Gleisversicherungsnetz durch die Vermessung Bahntechnik übernommen und damit dessen Unterhalt. Die Erstellung dieses Grundlagenfixpunktnetzes erfolgte durch den Bauherrenvermesser. Es mussten ein paar wenige zerstörte Gleisversicherungspunkte ersetzt und neu bestimmt werden. Eine der letzten Aufgabe bestand in der Aufnahme des Punktehimmels für die Datenbank fester Anlagen (DfA) und deren strukturierten Datenabgabe.
Erfolg, Herausforderungen und Dank Für die Wild Ingenieure AG war die Vermessung der bahntechnischen Ausrüstung in jeder Hinsicht ein interessanter Auftrag. Dank einer guten Organisation,
motivierten und flexiblen Vermessern konnten wir alle Aufträge zuverlässig, speditiv und unfallfrei ausführen. Zu diesem Erfolg trug auch unser Grundwissen über den Bahnbau bei. Bei den grossen und stark termingebundenen Vermessungen stand den Vermessern vom Schraubenschlüssel bis hin zum Gleismesswagen und Tachymeter das ganze Mess-Equipement doppelt und mehrfach zur Verfügung. Das komplette Reservematerial der Vermessung wurde auf einem schienengebundenen Materialcontainer mitgeführt und war somit stets griffbereit und austauschbar. Zum Aufladen der verschiedenen Batterien stand alle 333 m in den Querverbindungen ein Stromanschluss zur Verfügung. Beim Schichtwechsel garantierten konstante Abläufe zu klaren Übergaben, auch bei grosser Hektik. Eine grosse Knacknuss war der Einbau der zwei 160 m langen Schnellfahrweichen in der FF. Da die Bautoleranzen der durchgehenden Betonschwellen grösser waren als die vorgegebenen Verlegetoleranzen der Weiche, war dies auch nicht weiter erstaunlich. Nach x-fachen Richtdurchgängen des Stammgleises und des Ablenkungsgleises, wurde schliesslich die Weiche parallel mit zwei Gleismesswagen gerichtet. Nach einigen Stunden lag die Weiche innerhalb der geforderten Verlegetoleranzen und konnte einbetoniert werden. Mit viel Erfahrung und Zuversicht ging man ein halbes Jahr später an das Richten der zweiten Schnellfahrweiche. Alle Erkenntnisse und Tricks aus dem ersten Weicheneinbau führten zwar zu weniger Kopfzerbrechen, dennoch dauerte das Richten der zweiten Weiche nicht weniger lang. Nach rund 48 Stunden war auch diese Schnellfahrweiche in der geforderten Toleranz fertig eingebaut. Eine der grössten Herausforderungen für das Vermessungsteam war allerdings das Arbeiten im 3-Schichtbetrieb unter belastenden klimatischen Bedingungen. Ein Vermesser musste zudem in dem ihm zugeteilten Schichtzyklus rund um die Uhr für Notfälle erreichbar und einsatzbereit sein. Die Vermessungsarbeiten waren strikte
an den Arbeitsablauf und den Arbeitsfortschritt der Gleisbaugruppe gebunden. Und bekanntlich sind es die Vermesser, welche sich kurzfristig dem Terminplan der andern anpassen müssen. Nicht anders war es beim Bau der FF. Regelmässig fielen Schichten aus oder mussten Schichten doppelt geführt werden, um den optimalen Arbeitszyklus aufrechtzuerhalten. Ein normaler Schichttag für einen Vermesser begann 1–2 Stunden vor Schichtbeginn. Vom Installationsplatz aus nahm er Funkkontakt mit dem Vermesser im Tunnel auf und erkundigte sich nach dem Stand der Arbeiten und allfälligen Problemen. Dann begab er sich zum Schichtzug, welcher ihn in einer bis zu 1-stündigen Fahrt an die Einbauspitze führte. Bei der Übernahme der Arbeit überprüfte er zuerst, in welcher Nische die Ersatzbatterien geladen wurden und führte anschliessend eine vollständige Kalibrierung der Sensoren durch. Nach acht Stunden Arbeit im Tunnel führte ihn der Schichtzug wieder zum Installationsplatz zurück. Ein langer, anstrengender Arbeitstag von 10–12 Stunden ging bei einem warmen Essen und einem Feierabendbier in der Kantine zu Ende. Während des Einbaus der FF waren unsere Vermesser ausschliesslich im 3Schichtbetrieb eingeteilt. In den 3–5 Tagen der Vorbereitung des nächsten Zyklus mussten die übrigen Vermessungsarbeiten, Auswertungen und Protokolle erledigt werden. Über die Dauer von zwei Jahren verlangte dieses Projekt von unseren Vermessern einen ausserordentlichen Einsatz. Dieser war nur durch grosses persönliches Engagement und Abstrichen im Privatleben jedes Einzelnen möglich. Dafür bedanke ich mich nochmals ganz herzlich bei unserem Vermessungsteam und ihren Familien.
Bruno Tanner Pat. Ingenieur-Geometer Wild Ingenieure AG CH-6403 Küssnacht am Rigi bruno.tanner@wilding.ch 101
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Monitoring – Herausforderung angenommen Baumassnahmen, wie sie im Zuge der NEAT durchgeführt wurden und werden, bieten in allen Bereichen Herausforderungen, denen sich die beteiligten Unternehmen stellen müssen… und wollen. Dies gilt selbstverständlich auch für Überwachungsmessungen Über- und Untertage. Einige dieser Herausforderungen werden nachfolgend beschrieben, rückblickend mit einer kleinen Portion Humor. Les procédés de construction tels que ceux appliqués dans le cadre des NLFA exigent dans tous les domaines des efforts auxquels doivent… et veulent consentir les entreprises mandataires. Ceci est bien entendu aussi le cas des mesurages de surveillance à terre et souterrains. Quelques-uns de ces défis sont décrits ci-après, en rétrospective avec un brin d’humour. I provvedimenti edili che sono state realizzati e implementati in ambito NEAT rappresentano delle sfide in tutti i settori. Tutte le aziende coinvolte sono fortemente sollecitate sia in superficie che in sotterraneo. Alcune di queste sfide sono qui di seguito descritte in una retrospettiva in cui non manca una punta di umorismo. Abb. 1: GNSS-Station.
M. Bertges Die Durchführung von Überwachungsmessungen, sei es im Zuge von Baumassnahmen, der Bauwerkserhaltung oder Verkehrssicherung, ist für die meisten Vermesser heute selbstverständlicher Teil ihrer Arbeit. Auf die notwendigen Einzelschritte angesprochen, werden «Erfassen», «Analysieren» und «Visualisieren/ Dokumentieren» genannt. Für die automatisierte Überwachungsmessung fehlt jedoch ein wichtiger Teil, die «Datenübertragung». Dass die hierfür notwendigen Kenntnisse oftmals über die vorhandenen der EDV und Kommunikationstechnik hinausgehen, zeigt nicht etwa einen Missstand in der Ausbildung des Vermessungsingenieurs auf. Vielmehr ist es ein schönes Beispiel für die fachübergreifende Arbeit im Ingenieurwesen.
GBT – ARGE Los349 Als im Sommer 2002 die Anfrage bezüglich eines automatischen Messsystems an 102
uns gestellt wurde, bestand die Herausforderung genau in der Lösung des Kommunikationsproblems. Während der Bauphase sollen durch die ARGE-Los349 fünf ausgewählte Geländepunkte über der Tunneltrasse mittels GNSS überwacht werden. Die GNSS-Sensorik war bereits vorhanden, ebenso die Spannungsversorgung über Photovoltaik. Das Problem waren die Standorte der fünf GPS-Messstationen. Zwischen 2000 und 2600 m hoch, im Hochgebirge, nur wenige Monate im Jahr zu Fuss zu erreichen – sonst per Helikopter-, lediglich GSM-Abdeckung, kein GPRS/UMTS, keine freien Funkfrequenzen in der benötigten Menge verfügbar, extreme Wetterbedingungen. Die Reaktion auf diese Herausforderungen konnte nur ein Netz aus automatischen, autark arbeitenden Stationen sein. DC3 verwendet kleine Steuerrechner, die sowohl den GNSS-Sensor als auch das GSM-Modem ständig überwachen. Im Fehlerfall führt die Steuereinheit, soweit dies Sensor und Modem zulassen, einen Reset mit anschliessender Reinitialisierung durch. Bei Bedarf kann der integ-
rierte Scheduler dazu verwendet werden, selbständig ohne GSM-Kontakt den GNSS-Sensor messen zu lassen. Um unerlaubten Zugriff auf die Stationen zu verhindern, ist eine Authentifizierung über Benutzername und Passwort notwendig. Während der Startphase mussten alle Beteiligten die Eigenheiten eines GSM-Netzwerks erfahren. So konnte es während der Skisaison schon mal passieren, dass einige Stationen am Wochenende nur schlecht erreichbar waren – die Folge einer Netzüberlastung. Die Ausrichtung der verschiedentlich eingesetzten GSMRichtantennen konnte mit den eingebauten Testfunktionen erfolgreich optimiert werden. Dass zu einem der Standorte im ersten Winter keine Verbindung mehr aufgebaut werden konnte, war dem eingeschneiten Photovoltaikpanel zu verdanken. Der Verbindungsverlust zu einer anderen Station konnte dadurch erklärt werden, dass findige Zeitgenossen für die Photovoltaikanlage eine eigene Verwendungsmöglichkeit fanden und diese entwendeten. Im Sommer 2007 wurden fünf weitere Stationen zur Geländeüberwachung mit DC3 installiert.
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MFS Faido – Amberg Technologies Im Frühjahr 2006 überraschten Bergschläge das Personal der Baustelle MFS Faido. Die Bergschläge wurden von der Bevölkerung in Form von Mikrobeben wahrgenommen. Zur Unterstützung der geologischen Untersuchungen im Bereich einer Störungszone wurden automatische Deformationsmesssysteme eingerichtet. Diese bestanden aus zwei autark arbeitenden DC3-Systemen mit jeweils einer Totalstation. Eine Alarmierung im Falle einer Grenzwertüberschreitung war nicht notwendig. Die Herausforderung bestand in der Sicherstellung der kontinuierlichen Datenerfassung. Konnten doch aus betriebstechnischen Gründen die beiden Überwachungssysteme nicht fest an die Netzspannungsversorgung angeschlossen werden. Der Anschluss erfolgte jeweils über einen Schutzkontaktstecker und einen Baustellenverteiler. Die vorhandenen Alarmierungseinrichtungen wurden dazu genutzt, den Akku-Betrieb der Systeme bei Verlust der Netzspannung anzuzeigen. Die während der Installation vorgefundene Vielzahl unbenutzer Steckdosen erwies sich im Verlauf der nächsten 1–1½ Jahre als nicht ausreichend. Die Multifunktionsstelle hatte zwei blitzende Signallampen zusätzlich, die leider die temporären Nutzer «unserer» Steckdosen seltenst dazu animierten, die Stecker wieder an die vorgesehenen Plätze zu stecken. Glücklicherweise führten die Wege der Vermesser häufig genug an den Überwachungssystemen vorbei, sodass die Datenverluste minimal blieben.
CBT – IG Ceneri Los704 Das Nordportal des Ceneri Basistunnel unterfährt die dort auf einer Rampe zum Ceneri Pass führende Autobahn A2. Dies ist die einzige Autobahn-Nord-Süd-Verbin-
dung im westlichen Teil der Alpen. Sollte es während der Baumassnahmen am Portal zu Deformationen der Autobahn oder der Rampenböschung kommen, müsste die Autobahn gesperrt werden. Bekanntlicherweise birgt ein ausreichend komplexes System bestehend aus technischen Einrichtungen mit menschlichem Zutun hinreichend viele Möglichkeiten für einen Fehlalarm. Unter Berücksichtigung der Allgemeingültigkeit von «Murphy’s Law» würden Fehlalarme mit Totalsperrung der Autobahn an einem Wochenende während den Ferienzeiten auftreten. Verständlicherweise mochte sich der Auftraggeber solche Szenarien nicht vorstellen wollen. Was war zu tun? Der erste Schritt bestand in der Verteilung der unterschiedlichen Sensoren – Geotechnik, Tachymeter, GNSS – auf getrennte Überwachungssysteme. Diese einzelnen Überwachungssysteme wurden über IP-Netzwerke miteinander verbunden und funktionell verschaltet. Die Rechner für Tachymeter und GNSS sowie ein Alarmierungsrechner und ein Reserverechner wurden in einem Container mit klimatisiertem Schaltschrank als Überwachungszentrale am Rand des Baustellengeländes platziert. Zweiter Schritt war die Aufteilung der Geosensorik in zwei sich überlagernde Hauptgruppen. Jede dieser Hauptgruppen besteht aus einem autark arbeitenden DC3-Überwachungssystem inklusive Analyse und automatischer Grafikerzeugung. Beide Systeme sind mit unterbrechungsfreien Stromversorgungen ausgestattet, die im Extremfall – Verlust der Kabelverbindung zur Zentrale – einen 90 minütigen Weiterbetrieb erlauben würden. WLAN-Strecken stehen in diesem Fall als Backup-Kanal bereit. Im dritten Schritt wurde ein Alarmauswertesystem implementiert, welches Kausalzusammenhänge zwischen den einzelnen Sensoren – innerhalb eines
Bohrlochs – und Sensorgruppen – mehreren Bohrlöchern – berücksichtigt. Als Resultate ergaben sich die Ereignisse «Hardware-Alarm», «Warnung» und «Alarm». Um die unterschiedlichen Personengruppen sicher alarmieren zu können, bedurfte es eines mehrstufigen Alarmierungskonzeptes mit Quittierungen. Alarmiert wurde und wird mittels SMS und nachfolgender Sprachmeldung. Der SMSText und der Inhalt der Sprachmeldung richtete sich nach der jeweiligen Ereignisstufe. Reagierten alarmierte Personen nicht innerhalb einer festgesetzten Frist, wurden automatisch ihre Vertreter alarmiert. Natürlich gab es auch bei diesem Projekt viele kleinere «Herausforderungen«, welche im Nachhinein die Betroffenen (hoffentlich) zum Schmunzeln bringen. So zum Beispiel die gerissene, unter Zeitdruck notdürftig reparierte und prompt beim anschliessenden Regen im Bohrloch «abgesoffene« Kabelverbindung, die Spinnen, welche im Regenschutz der Prismen ein wohnliches Zuhause bauten, die Ameisen im Schacht mit der Geotechnik, die Funkverbindung, die funktionierte, bis es auf der Baustelle einen weiteren Nutzer der selben Frequenz gab und vieles mehr. Abschliessend gilt der Dank allen Kollegen der beteiligten Unternehmen, die es uns durch eine freundschaftliche Zusammenarbeit ermöglichten, unseren Beitrag zum Gesamterfolg zu leisten.
Martin Bertges Dr. Bertges Vermessungstechnik Flurstrasse 7 D-66887 Neunkirchen am Potzberg mbertges@drbertges.de www.deformationsmesstechnik.de
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300 Vermesser würdigen langjährige Präzisionsarbeit Meisterleistung der Vermessung beim längsten Eisenbahntunnel der Welt: Nur 8 Zentimeter horizontal und 1 Zentimeter vertikal betrug am 15. Oktober 2010 die Abweichung beim Hauptdurchschlag des Gotthard-Basistunnels. An einer Fachtagung an der ETH Zürich würdigten rund 300 Vermessungsfachleute aus der Schweiz, Deutschland und Österreich die erzielte Präzision.
R. Probst, D. Fasler Isch
Fachveranstaltung anlässlich des GotthardHauptdurchschlags An der Fachtagung «Mit Millimietergenauigkeit durch den Gotthard» an der ETH Zürich, Science City Hönggerberg, kamen die vielfältigen Herausforderungen der Vermessung im Untertagebau zur Sprache. Die Veranstaltung fand am 29. Oktober 2010 statt, genau zwei Wochen nach dem erfolgreichen Hauptdurchschlag im Gotthard-Basistunnel zwischen Sedrun und Faido. Rund 300 Vermessungsspezialisten und Geomatiker aus der Schweiz, Deutschland und Österreich nahmen teil. Organisiert wurde der Anlass von der AlpTransit Gotthard AG so-
wie der ETH Zürich (Lehrstuhl Geodätische Messtechnik und Ingenieurgeodäsie, Professor Dr. H. Ingensand). Aus theoretischer und praktischer Perspektive wurden die Herausforderungen der Vermessung im Tunnelbau und speziell im Gotthard-Basistunnel beleuchtet. Hilmar Ingensand, Professor für Ingenieurgeodäsie, wies auf die verschiedenen Neu- und Weiterentwicklungen im Bereich der Messtechnik und Präzisionsinstrumente hin, die durch das Projekt AlpTransit gefördert und beschleunigt wurden. Aus Sicht des Vermessungskonsortiums Gotthard-Basistunnel (VI GBT), das im Auftrag der Bauherrschaft AlpTransit Gotthard AG die Vermessung im Gotthard-Basistunnel verantwortet, beleuchtete Roland Stengele die in den letzten 15 Jahren angetroffenen Diskrepanzen, die bei der Arbeit im Tunnel zwischen Theorie und Praxis festgestellt wurden.
Abb. 1: Das Fachpublikum folgt interessiert den Ausführungen von Prof. Dr. U. Weidmann. 104
Übersicht über vielfältige Vermessungsaufgaben Der Nachmittag bot mit einer Serie von Kurzreferaten von beteiligten Vermessungsspezialisten einen eindrücklichen Überblick über die zahlreichen Aufgaben des Fachbereichs Geomatik. Das Spektrum reicht von der Steuerung der Vortriebe, der Überwachung von Talsperren oder Autobahnen bis hin zum Laserscanning zur Überprüfung des Tunnelgewölbes. Auch die Kontrolle des Einbaus der festen Fahrbahn in den Tunnel, der sogar zehntelsmillimetergenau erfolgen muss, gehört dazu.
Herzlichen Dank den Beteiligten und Sponsoren Zum erfolgreichen Gelingen des Anlasses haben ganz wesentlich beigetragen: Das Organisationsteam der Professur Ingensand, Geodätische Messtechnik und Ingenieurgeodäsie der ETH, unter der Leitung von Susanna Naldi, der Chef der Bauhalle, Dominik Werne, und sein Team, Daniel Bäni, der den Aufbau der Ausstellung betreute, der SV-Service, der tagsüber und am Abend für eine ausgezeichnete Verpflegung sorgte, das Team der auviso, das für die Video-Audiotechnik verantwortlich war sowie die Medienstelle und die Geomatik der AlpTransit Gotthard AG. Ohne die grosszügigen Beiträ-
Abb. 2: Die Teilnehmer der Tagung informieren sich über die neusten Entwicklungen in der Messtechnik.
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Abb. 3: Ehemalige und aktuelle Mitarbeitende des VI-GBT und der AlpTransit Gotthard AG. ge der Sponsoren wäre der Anlass nicht realisierbar gewesen. Wir bedanken uns bei den Goldsponsoren BSF Swissphoto, Grünenfelder und Partner, dem Consorzio TAT und dem Bundesamt für Landestopographie; bei den Silbersponsoren Amberg Technologies, Gisi e Bernasconi / Geofoto und Studio Meier; und bei den Bronzesponsoren Dr. Bertges Vermes-
sungstechnik, Goecke, Grunder Ingenieure, Ingenieur-Geometer Schweiz und ristag Ingenieure. Ein besonderer Dank gebührt auch dem Gerold und Niklaus Schnitter-Fonds für Technikgeschichte an der ETH Zürich für seinen Unterstützungsbeitrag.
Rahel Probst Daniela Fasler Isch AlpTransit Gotthard AG Zentralstrasse 5 CH-6003 Luzern rahel.probst@alptransit.ch daniela.fasler@alptransit.ch
Aussteller an der Fachtagung präsent Nebst Vernetzung und kulinarischer Verpflegung bot die Veranstaltung «Mit Millimetergenauigkeit durch den Gotthard» auch Gelegenheit, sich an den zahlreichen Ständen folgender Aussteller über die Neuheiten im Bereich Geomatik informieren zu lassen: Amberg Technologies, ARGE Fahrbahn TTG / Grunder Ingenieure, BSF Swissphoto / Grünenfelder und Partner,
Bundesamt für Landestopografie, Departement Bau, Umwelt und Geomatik der ETH, DMT, Dr. Bertges Vermessungstechnik, Gesellschaft für Geschichte der Geodäsie in der Schweiz, Goecke, Leica Geosystems, ristag Ingenieure, Schenkel Vermessungen, Technische Universität München (Lehrstuhl für Geodäsie) und VMT.
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Wir liefern privaten Bauherren umfassende raumbezogene Informationen Wir liefern beliebige raumbezogene Informationen. Rasch, aktuell und zuverlässig. Und unterstützen damit die Realisierung baulicher Ideen – von A bis Z. Wir informieren Sie über: • mögliche Erschliessungsvarianten • den Verlauf aller unterirdischen Werkleitungen • die Grenzlinien benachbarter Grundstuücke • die mögliche Ausnutzung der Liegenschaft • die minimalen Abstandslinien (beispielsweise gegenüber dem Dorfbach) • die Gebäudevolumen oder -ansichten der Nachbarliegenschaften im geschützten Ortskern • die öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen Ihrer Liegenschaft Wir ermöglichen Architekten und Ingenieuren effizienten Projektfortschritt Wir unterstützen die Realisierung von Bauprojekten und Sachplanungen – in allen Phasen. Unsere Dienstleistungen und die enge Zusammenarbeit mit allen Beteiligten tragen wesentlich dazu bei, dass Projekte effizient abgewickelt werden können. Ingenieur-Geometer und -Geometerinnen: • ermitteln den Landbedarf und entsprechende Parzellierungsvorschläge • liefern und analysieren die erforderlichen Basisdaten • erfassen planungsrelevante Daten vor Ort • begleiten und überwachen Projekte vermessungstechnisch • führen Industriebrachen mit den Methoden des Landmanagements einer neuen Nutzung zu • beraten und koordinieren objektiv und unabhängig Wir leben mit Gemeinden, Kanton und Bund «Public Private Partnership» Mit unserer Tätigkeit tragen wir zur nach haltigen Entwicklung unserer begrenzten und gefährdeten Lebensräume bei. Dabei setzen wir auf kooperatives Vorgehen im Sinne der «Public Private Partnership». Beispielhafte Projekte: • Gewässerbau, Hochwasserschutz, Renaturierungen • Landwirtschaftliche Strukturverbesserungen und Landumlegungen • Erfassen, Verwalten und Nachführen raumbezogener Daten • Aufbau und Betrieb kommunaler und regionaler GIS-Zentren • Betreiben von SIGIS, dem Kataster der öffentlich-rechtlichen Eigentumsbeschränkungen • Realisierung und laufende Nachführung der amtlichen Vermessung im Standard AV93 und DM01 • Ingenieurvermessungen
Kontakt Ingenieur-Geometer Schweiz (IGS) Kapellenstrasse 14 | Postfach 5236 3001 Bern, Schweiz Telefon +41 (0)31 390 98 84 Fax +41 (0)31 390 99 03 info@igs-ch.ch | www.igs-ch.ch