SolidarMed aktuell 47

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Nr. 47 / 4. Dezember 2006

www.solidarmed.ch

Gesundheitsversorgung: die Situation in Zimbabwe

Im Heim auf die Geburt warten

16 Jahre als Ă„rztin in Lesotho im Einsatz

Seiten 2 - 4

Seiten 6-7

Seiten 8-9

Helfen, dort wo der Staat versagt.

ZIMBABWE


Die Wirtschaft in Zimbabwe ist am Boden. Bild: Eugen Anderhalden

ZIMBABWE

Helfen, dort wo der Staat versagt . Auf Einladung von SolidarMed besuchte der Schweizer Botschafter Marcel Stutz im vergangenen Oktober das Missionsspital Musiso in Jerera (Zimbabwe). Hier berichtet er über seine persönliche Erfahrung, wie sich ein solches Missionsspital präsentiert und in welchem Umfeld die Ärztinnen und Ärzte von SolidarMed arbeiten.

Von Marcel Stutz, schweizerischer Botschafter in Harare, Zimbabwe

Jerera liegt im Hinterland von Zimbabwe, rund vier Stunden südlich der Hauptstadt Harare und etwa zwei Stunden östlich von Masvingo. In Jerera gibt es keine zuverlässige Stromversorgung. Das Wasser muss teilweise aus Bohrlöchern gepumpt und gefiltert werden, damit es gesundheitlich unbedenklich ist. Es gibt keine Mobilfunkabdeckung. Die Linien des Telefonnetzes funktionieren nur sporadisch. Post wird in Jerera kaum zugestellt. Das staatliche Fernsehen kann mehr schlecht als recht empfangen werden; aufgrund seiner inhaltlichen Qualität will es sowieso kaum jemand sehen. Wer in Jerera lebt, führt ein bescheidenes Leben. Man muss mit sich selbst im Reinen sein. Es gibt kaum Ablenkung. Nur Arbeit gibt es reichlich, überreichlich. 2

In Zimbabwe funktionieren heute Kreisspitäler kaum mehr oder bieten nur noch rudimentärste Dienstleistungen an. Regionale Grossspitäler können nur noch mit reduziertem Personalbestand betrieben werden. Dienstleistungen, welche über die Katastrophenmedizin hinausgehen, können sie kaum mehr anbieten.

Zwei Ärzte für eine Viertelmillion Menschen Das Missionsspital Musiso hat ein Einzugsgebiet von rund 270'000 Menschen und verfügt über 220 Betten. Die SolidarMed-Ärzte Dr. med. Renate Albrecht und Dr. med. Engelbert Bruhin sind für die medizinische Leitung und somit für eine Viertelmillion Menschen verantwortlich. Unterstützt werden sie von einheimischen Krankenschwestern. Die beiden Ärzte leisten in erster Linie Notfallmedizin und Geburtshilfe. Seit 2005


behandelt das Spital auch HIV- und Aids-Patienten. Indirekt ans Spital angeschlossen ist eine Schwesternschule. Diese ist zur Zeit wegen Spannungen zwischen dem Bischof und Regierungsstellen geschlossen. SolidarMed versucht, vermittelnd zu helfen. Ohne das Engagement von SolidarMed am MusisoSpital gäbe es heute für 270'000 Personen in und um Jerera keine menschenwürdige medizinische Versorgung. Aus meiner Sicht bieten die SolidarMed-Ärzte eine vorbildliche Notfall- und Geburtshilfe an. Wegen der dünnen Personaldecke müssen sie allerdings rund um die Uhr erreichbar sein. Das zehrt an den Reserven und belastet jedes Familienleben und jede Person individuell. Bitte lesen Sie weiter auf Seite 4

Botschafter Marcel Stutz blickt Dr. med. Renate Albrecht während einer Behandlung über die Schulter.

EDITORIAL

Zu arm zum Überleben Gesund bleiben oder gesund werden kostet Geld – nicht nur in der Schweiz, auch in Afrika. Gerade in einem Land wie Zimbabwe entwickelt sich immer mehr eine Zweiklassenmedizin: Die wenigen Reichen in der Stadt können sich eine mit Europa vergleichbare medizinische Versorgung leisten, die Armen haben nur Zugang zu Gesundheitsposten mit leeren Apotheken und fehlendem Personal. Die nationale Krise mit explodierender Verschuldung, lähmendem Devisenmangel, galoppierender Inflation und Verlust an Menschenrechten führt zu einer Spaltung der Bevölkerung auf diversen Ebenen. Der Konflikt kann politischer Art sein, aber letztendlich ergibt sich meistens eine Spaltung in Arm und Reich. Ganze ländliche Distrikte mit bis zu 300'000 Einwohnern haben in ihren Spitälern keine Ärzte. Die Armen sterben hier nicht nur wegen ihrer Krankheiten, sondern infolge fehlender Mittel zur Behandlung von eigentlich heil- oder behandelbaren Leiden. Häufig gibt es wegen Treibstoffmangels auch keine Transportmöglichkeiten, um Schwerkranke an das Provinzspital zu überweisen. Würden sie dennoch das Zentrumsspital erreichen, wären dort keine Spezialisten und kein Verbrauchsmaterial vorhanden. SolidarMed stemmt sich mit seinen Mitarbeitenden in drei Distrikten gegen diese humanitäre Katastrophe: An den Partnerspitälern gibt es die notwendigsten Medikamente und das Personal. In dieser «aktuell»-Ausgabe können Sie einen Artikel des Schweizer Botschafters in Zimbabwe zu diesem Thema lesen und in den nächsten Nummern werden wir uns weiter mit der Entwicklung in diesem Land beschäftigen, denn: Auch die Armen in Zimbabwe müssen überleben. Dr. med. Urs Allenspach Vorstandsmitglied, Länderverantwortlicher Zimbabwe

Medizinische Versorgung ist auch bei Kleinkindern nicht selbstverständlich. Schon bei der Geburt nimmt nur die Minderheit der Zimbabwerinnen Spitaldienste in Anspruch. Dr. med. Engelbert Bruhin bei der Visite. Bilder: Urs Allenspach 3


Botschafter Stutz zusammen mit einer Pflegefachfrau und Aids-Beraterin. Sie ist selber Aids-krank, doch dank der antiretroviralen Aids-Therapie wieder voll arbeitsfähig. Bild: Urs Allenspach

Aufgrund der mageren Finanzen wird das Spital möglichst als Ambulatorium geführt, Verpflegung und Übernachtung kosten zusätzlich. Ein durch Spenden finanzierter Neubau erlaubt eine gute Spitalorganisation und einen effizienten Arbeitsablauf.

SolidarMed für das Musiso-Spital langfristig ausgelegt sein muss. Der zimbabwische Staat wird in absehbarer Zukunft die nötigen Mittel nicht aufbringen können, welche erforderlich wären, um das Spital ausreichend zu unterhalten.

Besondere Beachtung findet die antiretrovirale AidsTherapie, welche SolidarMed 2005 im Musiso-Spital wie auch in den anderen Partnerspitälern mit Unterstützung der Humanitären Hilfe der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit des Bundes eingeführt hat. Gemäss Dr. Renate Albrecht findet diese Behandlung bei den Betroffenen grosse Akzeptanz. Die Medikamente für die Aids-Therapie werden vom zimbabwischen Gesundheitsministerium gratis zur Verfügung gestellt.

270'000 Menschen erhalten im Musiso-Spital Zugang zu lebensrettenden Sofortmassnahmen. Die Geisel Afrikas, HIV/Aids, wird dort bekämpft, wo sie am heftigsten wütet. Ohne SolidarMed hätten im Einzugsgebiet von Musiso über eine Viertelmillion Menschen keinen Zugang zu Notfallmedizin und Geburtshilfe. Dank SolidarMed lernen die Menschen in und um Jerera, dass es ein lebenswertes Leben gibt – trotz Aids und mangelnder staatlicher Versorgung.

Es braucht die Hilfe weiterhin Die Arbeit von SolidarMed und seinen Ärzten im Musiso-Spital hat mich stark beeindruckt. Ohne das Engagement von SolidarMed, der Humanitären Hilfe des Bundes, der Spenderinnen und Spender sowie der Ärztinnen und Ärzte wäre dieser grosse Einsatz nicht möglich. Ich danke allen, die einen Beitrag geleistet haben, für ihre Hilfe. Persönlich unterstütze ich dieses Projekt. Ich bin überzeugt, dass das Engagement von 4


KURZINFORMATIONEN Jahres-Wandkalender 2007 von SolidarMed: KINDER IN MOÇAMBIQUE Der dritte Kalender aus der Reihe des Luzerner Fotografen Jean-Pierre Grüter unter dem Titel «Kinder in Moçambique» mit 14 schönen Farbfotografien zeigt Kinder und Kindergruppen in verschiedenen spielerischen Situationen. Entstanden sind die Bilder an den Stränden von Pemba und in der Umgebung von Chiúre, wo SolidarMed mit einem umfassenden Gesundheitsprogramm die medizinische Grundversorgung verbessert. Mit dem Kauf des Kalenders unterstützen Sie die Gesundheitsprojekte von SolidarMed in Afrika. Verwenden Sie hierzu einfach die beiliegende Bestellkarte. Vielen Dank! Kalenderbild Dezember 2007 von Jean-Pierre Grüter.

Vorschau 2007 Generalversammlung am 5. Mai 2007 Die Generalversammlung 2007 findet am Samstag, 5. Mai im Fokolarzentrum in Baar (ZG) statt. Für die ehemaligen Mitarbeitenden in Afrika sowie die Secondos und Secondas von SolidarMed besteht im Anschluss an die Generalversammlung wiederum die Gelegenheit für einen gemeinsamen Gedankenaustausch. Detailinformationen sowie Einladungen folgen Anfang 2007.

swisseglise vom 9. bis 11. März 2007 SolidarMed ist mit seinen Partnerorganisationen Miva und Kolping vom 9. bis 11. März an der swisseglise, der Schweizer Kirchenmesse in Weinfelden (SG), präsent und informiert über laufende Projekte. Weitere Informationen unter www.swisseglise.ch

Rückblick Oktober war Konzertmonat für SolidarMed Die diesjährigen Spenden-Sammelaktionen an den MephaClassic-Konzerten in Montreux, Luzern und Basel, welche von der Mepha Pharma AG organisiert worden sind, haben die letztjährigen sogar übertroffen: An den drei Oktober-Abenden haben die

Konzert-Besucherinnen und -Besucher insgesamt Franken 48'906.— für den Bau von Personalhäusern des Seboche-Spitals in Lesotho gespendet. Dank des stolzen Betrags kann mit dem Bau, dessen Kosten auf insgesamt Franken 60'000.— veranschlagt sind, begonnen werden. Allen Spenderinnen und Spendern und natürlich auch der Mepha AG danken wir ganz herzlich für die grossartige Unterstützung. Dem Lions Club Fricktal war es gelungen, den Klarinettisten Dimitri Ashkenazy und das renommierte Stuttgarter Kammerorchester für ein einmaliges Benefiz-Konzert in Rheinfelden vom 19. Oktober zu gewinnen. Die Konzerteinnahmen kommen vollumfänglich SolidarMed zugute. Herzlichen Dank an die Spenderinnen und Spender sowie dem Lions Club Fricktal für die grossartige Hilfe! Durch verschiedene private Initiativen können und konnten bis Ende Jahr diverse weitere Veranstaltungen zugunsten von SolidarMed durchgeführt werden: Benefizkonzerte, Bazare, Ausstellungen, Informationsveranstaltungen und vieles mehr. Allen, die zum Gelingen solcher Engagements beigetragen haben, danken wir ganz herzlich!

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Eine Basotho mit ihren Drillingen: Ihre Geburt hätte ohne medizinische Versorgung zwangsläufig zum Tod von Mutter und/oder Kindern geführt. Bild: Eugen Anderhalden LESOTHO

Warten auf «Tsepo». Me Palesa freut sich: Vor zwei Wochen ist sie in Seboche angekommen, mit kugelrundem Bauch und voller Erwartungen auf ihr Kind. Sie hat die stundenlange Wanderung durch die Berge hinunter nach Seboche gern auf sich genommen, um im Spital gebären zu können. Me Palesa ist mit ungefähr dreissig weiteren hochschwangeren Frauen in den «Maternity Waiting Homes» auf dem Gelände des Seboche-Spitals untergebracht. So nennt man hier diese Unterkünfte für werdende Mütter, die als Geburtswarteheim dienen. Es besteht aus einzelnen Rundhütten, die ein eigenständiges kleines Dörflein unterhalb des Spitalgebäudes bilden. Das Geburtswarteheim konnte Ende letzten Jahres dank Spenden an den MephaClassic-Konzerten fertig gebaut werden. In Lesotho werden 45 Prozent aller Kinder zu Hause geboren, in den Berggebieten sogar über 60 Prozent. Führt man sich vor Augen, dass die meisten Menschen auf dem Lande in traditionellen Rundhütten mit barem Lehmboden, ohne fliessend Wasser oder Heizung leben, und die Frauen dort gebären, dann verwundert es nicht, dass in Lesotho über 80 von 1000 Kindern ihren ersten Geburtstag nicht erleben. Auch die Müttersterblichkeit

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und Erkrankungen der Mütter in Folge von Schwangerschaften sind häufig. In ländlichen, meist gebirgigen Gegenden liegen die Spitäler in grosser Entfernung von den Dörfern, als Verkehrsmittel, falls überhaupt, stehen oft lediglich Pferde oder Esel zur Verfügung. Die meisten Frauen haben bei einsetzenden Wehen also nicht die Möglichkeit, ein Spital aufzusuchen und somit auch keinen Zugang zu medizinischer Versorgung vor, während oder nach der Geburt. Um auch Frauen, welche weit vom Spital entfernt leben, eine möglichst sichere Geburt zu gewährleisten, existieren in vielen Entwicklungsländern deshalb solche Geburtswarteheime. Die schwangeren Frauen reisen etwa zwei Wochen vor dem Geburtstermin an und können gegen ein kleines Entgelt Unterkunft, Verpflegung, vorgeburtliche Untersuchungen und vor allem eine medizinisch betreute Geburt in Anspruch nehmen. Viele der Frauen haben


Das neue Geburtswarteheim besteht aus sechs Rundhütten für je fünf bis sieben Schwangere, einer Rundhütte als Aufenthaltsraum...

eine oder mehrere problematische Geburten hinter sich und wollen dieses Risiko nicht nochmals eingehen. Oft trifft man auch junge Erstgebärende an, welche sich der Risiken einer Hausgeburt bewusst sind und eine Spitalgeburt vorziehen.

Im September war Hochsaison im «Schwangerendorf». Viele Basotho (Bewohner Lesothos) arbeiten in den Minen im benachbarten Südafrika. Zu Weihnachten haben sie grosse Ferien und kommen heim zu ihren Familien in Lesotho. Neun Monate später, im September, kommen dann unzählige kleine «Weihnachtsgeschenke» zur Welt. Für Hebammen und Ärzte bedeutet dies eine hektische Zeit. Täglich werden bis zu zehn Kinder geboren, mehrmals wöchentlich treten Komplikationen auf, welche einen Kaiserschnitt oder eine Vakuumsgeburt benötigen. Ohne die unmittelbare Nähe von medizinischem Fachpersonal bedeuten solche Komplikationen ein grosses Risiko für Mutter und Kind, oft sogar den Tod.

Auch Me Palesa hat ihre Erfahrungen machen müssen. Ihr erstes Kind war eine schwierige Totgeburt, auf dem Boden einer Lehmhütte, ohne geburtshilfliche Betreuung, mitten in einer bitterkalten Winternacht. Nach der Geburt wurde sie in sehr kritischem Zustand von ihren Verwandten ins Seboche-Spital gebracht und hat glücklicherweise überlebt. Dort hat sie erfahren, dass SolidarMed den Bau des Geburtswarteheims plant und sie hatte sich damals geschworen, ihre weiteren Kinder in der sicheren Umgebung des Seboche-Spitals zur Welt zu bringen. Nun ist sie zuversichtlich: Die Ultraschalluntersuchung vor ein paar Tagen deutete darauf hin, dass im Schwangerschaftsverlauf alles in Ordnung und der Termin nahe ist. Sie weiss auch schon, wie ihr Kind heissen soll: Tsepo, dies bedeutet Hoffnung. Maria Thiess, Lesotho

...sowie einem Sanitärblock. Bilder: Eugen Anderhalden

Maria Thiess arbeitet seit Juni 2005 in Lesotho als SolidarMed-Landeskoordinatorin des Aids-TherapieProjekts und ist für die technische Unterstützung des Labors verantwortlich. Ihr Partner Roland Dürig ist Arzt am Seboche-Spital. Bilder: Eugen Anderhalden 7


Dr. med. Vera Bieler während der Sprechstunde im Roma-Spital in einer Aufnahme um ca. 1972. Bilder: Familie Ebner

LESOTHO

16 Jahre im Dienst für die Armen und Kranken Dr. med. Vera Bieler war von 1969 bis 1985 für SolidarMed am Roma-Spital in Lesotho tätig. Mit ihrem 16 Jahre dauernden Einsatz als Missionsärztin gilt sie einerseits als eine der Pionierinnen, andererseits aber auch als eine der letzten ihrer Art. Nachruf Dr. med. Vera Bieler, Bonaduz 4. September 1933 bis 31. Juli 2006 Von Dr. med. Josef Jeker, Basel (als Arzt 1974 – 1976 in Lesotho im Einsatz)

«Ich hatte einen missionarischen Auftrag. Meine Motivation war vor allem die Nächstenliebe. In Afrika hatte es keine Ärzte», so hatte Dr. med. Vera Bieler im 2001 ihr Engagement von 1969 bis 1985 in Lesotho zusammengefasst. Im Jahr 1962 muss es gewesen sein: Die erste weisse Ärztin im Bergland von Lesotho überhaupt, Dr. med. Bertha Hardegger, hielt während eines Heimaturlaubs im Spital Chur einen Vortrag über ihre medizinischen Erfahrungen in Lesotho. Dr. med. Vera Bieler war damals auf der Chirurgie in Chur tätig. Sie hatte Bertha Hardeggers Bericht gehört und beschlossen: «Ich gehe auch!» Aufgewachsen ist Vera Bieler mit zwei Schwestern in Bonaduz. Ihre Medizinstudien hat sie in Fribourg und Zürich absolviert. Nach guter, breiter Ausbildung schrieb sie im November 1968 aus Bonaduz an Dr. Bertha Hardegger, sie werde im Februar 1969 in Lesotho ankommen. 8

Lesotho wurde Vera Bielers zweite Heimat. Das 200Betten-Spital in Roma hatte durch die Vorgängerin Dr. med. Sigmund bereits einen guten chirurgischen Ruf. Vera Bieler hat die anspruchsvolle Aufgabe der SpitalLeitung während 16 Jahren erfolgreich weiter getragen. Das Roma-Spital galt auch als einer der wichtigsten Tuberkulose-Behandlungsorte im Land. Während dieser Zeit entstanden auch die für die Bevölkerung des grossen Einzugsgebiets wichtigen Aussenstationen, welche Vera Bieler mit ihren Kolleginnen und Kollegen regelmässig betreut hat. Ganz besonders freute sie sich damals über die Gründung der Krankenschwesternschule in Roma, weil dadurch einheimische Arbeitskräfte gefördert werden konnten. Lesotho mit seinen über 300 Sonnentagen hatte auch seine dunklen Seiten: Die Arbeitsbelastung im Spital war enorm, dazu kamen Besuche der Aussenstationen, wo jeweils bis zu 150 Patienten bereits auf Vera Bieler warteten, nächtliche Notoperationen nach bereits hart durchgearbeiteten Tagen. Zu schaffen machten auch politisch bedingte Ängste, die medizinisch-fachliche Einsamkeit in schwersten Situationen, Sorgen mit dem Personal und Spannungen mit der Verwaltung, und oftmals – bei aller Vertrautheit – das letztlich doch bleibende kulturelle


L’Afrique m’avait motivé…

Dr. med. Vera Bieler beim Besuch von Patienten in der Nähe einer Aussenstation in Mamohau, Lesotho in den 1970-er-Jahren. Bild: Archiv SolidarMed

Unverständnis. Diese Lebensphase in Lesotho war für Vera Bieler beileibe nicht nur ein Zuckerschlecken. Zurück in der Schweiz eröffnete Vera Bieler eine Praxis in Bonaduz, welche sie bis 1997 führte. Mit ihrer Schwester Hedi konnte sie noch einige Reisen unternehmen. Dann wurde sie von ihrer Krankheit überwältigt. Sie hat ihr Leiden tapfer getragen. Am 30. Juni dieses Jahres haben Marie-Thérèse, meine Frau, und ich Vera Bieler ganz zufällig in Luzern getroffen. Sie war schwer gezeichnet von ihrer Krankheit. Aber im Gespräch war es plötzlich wieder lebendig da: Lesotho. Ein Wort ergab das andere. «Erinnert ihr euch, als wir 1975 gemeinsam an den Kongress der Medizinischen Gesellschaft von Lesotho in die Hauptstadt fuhren? Ich hatte extra ein langes Kleid gekauft!», sagte sie und ihre Augen begannen zu strahlen. Ich denke, das unglaublich Schöne, Faszinierende und das unsäglich Leidvolle des afrikanischen Kontinents sieht Vera Bieler jetzt mit anderen Augen in einem erlösten Licht. Dies möge uns und allen, die ihren Spuren zu folgen versuchen, immer neuer Ansporn sein.

...durant mes études et ma formation post-graduée. Par la suite mes engagements avec ma famille au Kénya, Cameroun et Lesotho m’ont permis de vivre au cœur de ce continent et d’en ressentir les joies et les peines. Ces périodes restent pour moi inoubliables et ont contribué à structurer ma personnalité et celle des trois autres membres de ma famille. De retour en Suisse en 1981 j’ai maintenu des relations avec nos amis africains par des voyages occasionnels. Dans le cadre de SolidarMed je fais partie de la Commission du Lesotho depuis plusieurs années et du Comité depuis deux ans. En avril 2006 je suis retourné au Lesotho avec ma femme Verena et après 25 ans j’ai fonctionné à nouveau comme médecin à l’hôpital St Joseph de Roma. Cette expérience s’est avérée passionnante. A mon retour j’ai transmis mes impressions positives à Dr Vera Bieler – quelques semaines avant sa mort. Dr. med. Serge Tettamanti, Membre du comité de SolidarMed SolidarMed aktuell 47/06 Anschrift SolidarMed, Obergrundstrasse 97 Postfach, CH-6000 Luzern 4 Tel. +41 41 310 66 60, Fax +41 41 310 66 62 solidarmed@solidarmed.ch, www.solidarmed.ch Redaktion Barbara Zimmermann, Eugen Anderhalden (Personalnachrichten) Redaktionskommission Dr. med. Svend Capol, Kathi Jungen, Dr. med. Serge Tettamanti, Rita Borer Gestaltung Silvia Bucher Druck Druckerei Brunner AG, Kriens Auflage 5 500 Exemplare «SolidarMed aktuell» erscheint vier Mal jährlich – ein Mal als Jahresbericht. Die nächste Ausgabe erscheint im März 2007. Das Abonnement ist in den SolidarMed-Mitgliederbeiträgen eingeschlossen. «SolidarMed aktuell» ist auch als PDF auf www.solidarmed.ch erhältlich. Mitgliedschaft: Franken 20.— für Einzelmitglieder, Franken 50.— für Vereine und Institutionen. Spenden und Mitgliederbeiträge überweisen Sie (bitte mit entsprechendem Vermerk) an: SolidarMed, Luzern, Postkonto 60-1433-9; Danke!

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PERSONALNACHRICHTEN

Jochen und Céline Ehmer mit ihrem Sohn Leo. Bild: Eugen Anderhalden

Rückreise aus Moçambique

Rückreise aus Moçambique

Ende November haben Jochen und Céline Ehmer ihren Einsatz in Chiúre beendet. Jochen hatte in den vergangenen zwei Jahren als Projektleiter die Verantwortung für das Gesamtprogramm in Moçambique inne. Auch die Beratertätigkeit bei der Gesundheitsbehörde des Distriktes sowie der Aufbau des Aids-Therapie-Projekts fielen in den direkten Zuständigkeitsbereich von Jochen. Nicht zuletzt dank Jochens Dynamik und seines Kommunikationstalents erzielten die Projekte in Moçambique in den letzten Jahren grosse Fortschritte. Céline war bis Ende September im Rahmen einer Teilzeitanstellung für die Finanzführung des Projekts zuständig – eine grosse Herausforderung angesichts der verschiedenen, gleichzeitig laufenden Projekte, des grossen Bauvolumens, sowie eines Personalbestands von mittlerweile rund 50 einheimischen Angestellten.

Ende Jahr wird Carine Pin ihre Mitarbeit in Chiúre beenden, wo sie seit Juli 2004 als Ethnologin die einheimischen Mitarbeitenden bei der Umsetzung von Gesundheitsförderungsmassnahmen auf Dorfebene unterstützt. Dieser innovative Teil im SolidarMed-Programm in Moçambique fand in den letzten Jahren nicht nur bei der lokalen Bevölkerung Beachtung und grossen Anklang, sondern auch bei den bedeutenden Geldgebern, welche die Ausdehnung dieser Aktivitäten auf ein weiteres Gebiet im Distrikt wünschten.

Wir danken Jochen und Céline für ihr unermüdliches Engagement und freuen uns, dass Jochen ab 2007 die Projekte in Moçambique und Tanzania als Programmbeauftragter von der Geschäftsstelle in Luzern aus koordinieren wird. Wir heissen ihn und seine Familie jetzt schon herzlich willkommen in der Schweiz. Ende September übernahm Angelika Hässig von Céline Ehmer die Aufgabe der Finanzverantwortlichen. Angelika ist die Ehefrau des Projektlogistikers François da Felicidade und verfügt über eine Ausbildung im kaufmännischen Bereich. Wir sind froh, mit Angelika wiederum eine vertrauensvolle Nachfolge gefunden zu haben und danken ihr ganz herzlich für ihren Einsatz. 10

Carine Pin und Florian Diener. Bild: Eugen Anderhalden

Florian Diener, der Mann von Carine Pin, arbeitete zu Beginn des Einsatzes während acht Monaten als Projektlogistiker, und er half so mit, eine Verzögerung bei der Besetzung dieser Stelle zu überbrücken. Wir danken Carine und Florian herzlich für die Zusammenarbeit und wünschen ihnen, dass sich ihr Wunsch erfüllt, nämlich bei einer weiteren Anstellung Auslanderfahrung zu sammeln.


Esther Oester. Bild: Barbara Zimmermann

Patrice Hounnou und Bori Lampérth mit László und Csaba. Bild: Eugen Anderhalden

Übergabe in Tanzania

Rückreise aus Zimbabwe

Ende September übergab Esther Oester die Leitung des SolidarMed-Büros in Ifakara an ihre Nachfolgerin Elisabeth Rotzetter. Während etwas mehr als zwei Jahren war Esther als Landeskoordinatorin für die Führung des rund zehnköpfigen Teams und für die Abwicklung der Projekte in Tanzania verantwortlich. Esther bleibt in Tanzania, wo sie neu für Swissaid arbeitet. Wir danken ihr herzlich für ihren grossen Einsatz und wünschen ihr bei ihrer neuen Aufgabe viel Freude und Erfolg.

Ende Dezember werden Patrice Hounnou und Bori Lampérth, zusammen mit ihren Söhnen László und Csaba, ihren Einsatz am Regina Coeli-Spital beenden. Das Krankenhaus hatte zuvor während längerer Zeit über keinen Arzt verfügt, deshalb übernahm Patrice Mitte 2003 keine einfache Aufgabe. Dank Patrice konnte der Betrieb des Ambulatoriums wieder vollständig aufgenommen werden. Insbesondere hervorheben möchten wir Patrices Einsatz und die Geduld, welche er bei der Zusammenstellung des Teams und bei der Aufnahme der Tätigkeiten im Operationssaal aufgebracht hat. Angesichts der von Patrice erzielten Erfolge sowie der Notwendigkeit eines Arztes für das Regina CoeliSpital bedauern wir, dass wir die Stelle von Patrice nicht unmittelbar benachfolgen können.

Elisabeth Rotzetter verfügt über einen Universitätsabschluss in Politikwissenschaften und arbeitete mehrere Jahre in der eidgenössischen Steuerverwaltung. Vor ihrer Anstellung bei SolidarMed war sie während vier Jahren im Auftrag von Interteam in Tanzania tätig, bei der lokalen Nonprofit-Organisation Hakim Elimu, welche sich dafür einsetzt, das Engagement der Bevölkerung im Bildungsbereich zu fördern. Wir sind froh, Elisabeth als Landeskoordinatorin gewonnen zu haben und freuen uns auf die Zusammenarbeit.

Wir danken Patrice und Bori ganz herzlich für ihre Mitarbeit und wünschen ihnen einen guten Start in der Schweiz, wo Patrice eine Weiterbildung im Bereich Public Health beginnen, und Bori eine Arbeit als Ärztin in der Psychiatrie in Liestal aufnehmen wird.

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GESCHÄFTSSTELLE

Wechsel der Geschäftsleitung Per 1. Januar 2007 wird Joel Meir die Geschäftsführung von SolidarMed in Luzern übernehmen. Er tritt die Nachfolge von Dr. Rudolf Fischer an, welcher diese Funktion seit Oktober 1995 inne hatte.

derum ein stetiges und nachhaltiges Wachstum ermöglichten. In enger Zusammenarbeit mit dem Vorstand ist es Rudolf Fischer gelungen, den 1995 übernommenen kleinen «Laienverein» zu einer inzwischen beachtlichen mittelgrossen Entwicklungsorganisation zu wandeln. Ob all dieser Erfolge bedauern wir den Weggang von Rudolf Fischer und wünschen ihm bei seiner zukünftigen Herausforderung und auch privat alles Gute. Wir freuen uns, mit Joel Meir einen qualifizierten Nachfolger gefunden zu haben. Joel Meir ist Betriebsökonom HWV und verfügt über langjährige Beratungserfahrung in den Bereichen Nonprofit-Management, Organisationsentwicklung sowie Prozess-, Qualitäts- und Informationsmanagement. So genannte humanitäre Felderfahrung sammelte er während seines zweijährigen Einsatzes als administrativer Mitarbeiter des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz in Sierra Leone, in der Elfenbeinküste und in Afghanistan. Wir heissen Joel Meir bei SolidarMed herzlich willkommen und wünschen ihm bei seiner neuen Aufgabe alles Gute und viel Befriedigung.

Besetzung Finanz- und Rechnungswesen

Dr. phil. Rudolf Fischer. Bild: Eugen Anderhalden

SolidarMed dankt Rudolf Fischer ganz herzlich für seinen grossen persönlichen Einsatz und würdigt seine ausgezeichneten Leistungen. Rudolf Fischer hat es unter anderem dank seines umfassenden Branchenwissens und seiner persönlichen Vielseitigkeit verstanden, das Geschäft von SolidarMed stetig und nachhaltig zu professionalisieren und weiter zu entwickeln. Seine fundierten Kenntnisse und die langjährige Erfahrung in der Entwicklungszusammenarbeit erlaubten es, das Engagement von SolidarMed in Afrika zu anspruchsvollen Projekten und Programmen auszubauen, welche dem Verein wie12

Per 1. Dezember 2006 übernahm Ursula Furrer neu die Verantwortung für das Finanz- und Rechnungswesen von SolidarMed in Luzern. Ursula Furrer hat zuvor als Buchhalterin und Sachbearbeiterin unter anderem bei der kantonalen Steuerverwaltung Obwalden sowie in diversen Kleinbetrieben gearbeitet. Ursula Furrer tritt somit die Nachfolge von Bernadette Camenzind an, welche von 2001 bis Ende 2005 die Finanzen und das Rechnungswesen für SolidarMed betreut hatte. Da die Stelle zwischenzeitlich nicht fest besetzt werden konnte, hatten Eleni Stäheli und Andrea Wolfer die anspruchsvollen Aufgaben temporär übernommen. Wir danken Bernadette Camenzind, Eleni Stäheli und Andrea Wolfer für die vergangene gute Zusammenarbeit ganz herzlich und wünschen ihnen für die private und berufliche Zukunft alles Gute. Ursula Furrer heissen wir bei SolidarMed ganz herzlich willkommen und wünschen ihr bei ihrer neuen Aufgabe viel Glück und Befriedigung.


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