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1 Einleitung

1.1 Die neuen Qualitätsprüfungen in Pflegeeinrichtungen nach § 114SGBXI

Seit 2005 führt der MDK (Medizinischer Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen e. V.) Qualitätsprüfungen in der stationären Pflege durch. Diese Qualitätsprüfungen haben das Ziel, dass Menschen, die Pflegeleistungen beziehen, bestmöglich versorgt sind und die Pflegequalität nachhaltig gesichert ist. Alle Pflegeheime und ambulanten Dienste unterziehen sich seit 2011 jährlich den Regelprüfungen des MDK. Gesetzliche Grundlage dafür sind §§ 114ff des SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz). Die MDK-Prüfergebnisse werden im Internet mit einer Gesamtnote und Transparenzbericht veröffentlicht. So können die Verbraucher/innen, also die zu Pflegenden, die Angehörigen oder gesetzlichen Betreuer/ innen, diese vom MDK beurteilten Qualitätsstände als Entscheidungsgrundlage für die Wahl der Pflegeeinrichtung nutzen und sich über die Gesamtnote informieren. Besonderen Wert legt der MDK auf die Dokumentation aller Abteilungen der Pflegeeinrichtung, darunter auch die soziale Betreuung. Die Dokumentation wird durch eine Qualitätsprüfung beurteilt, ungenügende oder fachlich nicht korrekte Dokumentation wird bemängelt und verringert die Gesamtnote des Hauses. Da keine einheitlichen Dokumentationsbögen für Altenpflegeeinrichtungen vorliegen, gibt es große konzeptionelle Unterschiede bei der Dokumentation. Jedes Haus dokumentiert anders und arbeitet entweder mit selbst entwickelten Dokumentationsbögen oder mit anderen Programmen, die meiner Meinung nach nicht auf die soziale Betreuung abgestimmt sind.

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In den alten Qualitätsprüfungen wurde besonders beachtet, ob folgende Punkte im Dokumentationssystem der sozialen Betreuung auftauchen:

Werden Leistungen der sozialen Betreuung angeboten?

Gruppenangebote Einzelangebote jahreszeitliche Feste Aktivitäten zur Kontaktaufnahme/Kontaktpflege mit dem örtlichen Gemeinwesen

Maßnahmen zur Kontaktpflege zu den Angehörigen

Sind die Angebote der sozialen Betreuung auf die Bedürfnisse der Bewohner

ausgerichtet?

Wird die soziale Betreuung durch festangestellte Mitarbeiter koordiniert?

Besitzt der für die Betreuung der gerontopsychiatrisch beeinträchtigten Be

wohner zuständige Mitarbeiter spezielle Kenntnisse (Fort- und/oder Weiter

bildung)? Wenn ja, welche?

Ist das Angebot an sozialer Betreuung ausreichend?

Angebot nahezu täglich

Angebot zu unterschiedlichen Tageszeiten (z. B. montagvormittags, diens

tagnachmittags)

für Bewohner mit vollständiger Immobilität nahezu tägliches Angebot zur

Tagesstrukturierung

für Bewohner mit gerontopsychiatrischen Beeinträchtigungen (z. B. De

menz, Depression) nahezu tägliches Angebot zur Tagesstrukturierung Werden diese Angebote den Bewohnern in geeigneter Weise zur Kenntnis gebracht? Wird Beratung angeboten?

Die Daten und Beurteilungen bezogen sich unter anderem auf die Auswertung dieser Prüfkriterien der Dokumentation. Das bedeutete: Eine qualitativ gute Dokumentation nach den Richtlinien sorgte für eine gute Gesamtnote.

1.2 Veränderungen

Bereits 2016 hat der Gesetzgeber mit dem Pflegestärkungsgesetz II den Qualitätsausschuss Pflege eingerichtet und beauftragt, wissenschaftliche Projekte mit dem Ziel durchzuführen, ein neues Prüfverfahren und eine Alternative zur bisherigen MDK-Qualitätsprüfung und Pflegenotendarstellung zu entwickeln. Das Institut für Pflegewissenschaften der Universität Bielefeld mit unabhängigen Wissenschaftler/innen hat neue Umsetzungsvorschläge geliefert und das entwickelte Qualitätskonzept und das neue Prüfinstrument in 38 Pflegeeinrichtungen erprobt. Anhand dieser Grundlage hat der Deutsche Bundestag im November 2018 ein neues Qualitätsprüfungssystem beschlossen, das seit Oktober 2019 angewendet wird.

Seit Oktober 2019 gelten die neuen Qualitätsprüfungsrichtlinien (QPR)

Das Qualitätsprüfungssystem umfasst drei Bausteine:

1. 2. 3.

Das Ziel der internen Qualitätssicherung Die Einrichtungen müssen künftig zweimal im Jahr Indikatorendaten für alle Bewohnerinnen und Bewohner erheben. Diese Indikatorendatenerhebung dient einmal dem eigenen Qualitätsmanagement, aber auch der Analyse von Schwachstellen und der Eruierung von Verbesserungspotenzial. Das bedeutet, dass die Pflegeeinrichtung selbst eine hohe Verantwortung hat. Die Indikatorendaten werden an eine Datenauswertungsstelle (DAS) übermittelt und dort ausgewertet. Im Ergebnis erhält man sogenannte Qualitätskennzahlen (Indikatoren). Diese geben an, ob eine Einrichtung im Vergleich zu anderen besser oder schlechter ist. Erhoben werden 10 Indikatoren aus 3 Qualitätsbereichen:

Die Qualitätsbereiche und -indikatoren der internen Qualitäts sicherung

interne Qualitätssicherung externe Qualitätssicherung Qualitätsdarstellung

Die Philosophie der neuen MDK-Qualitätsprüfung ist: „Nicht alles wird neu, aber vieles wird sich ändern.“ Dieser Satz sollte genauer betrachtet werden, da er bedeutend für die Dokumentation in der sozialen Betreuung ist. Dafür ist jedoch zunächst eine Definition der drei Bausteine notwendig.

1.2.1 Interne Qualitätssicherung

1. Qualitätsbereich: Erhalt und Förderung von Selbständigkeit

Erhaltene Mobilität Erhaltene Selbstständigkeit bei Alltagsverrichtungen* Erhaltene Selbstständigkeit bei der Gestaltung des Lebensalltags

2. Qualitätsbereich: Schutz vor gesundheitlichen Schädigungen und Belastungen

Dekubitusentstehung Schwerwiegende Sturzfolgen Unbeabsichtigter Gewichtsverlust

3. Qualitätsbereich: Unterstützungbei spezifischen Bedarfslagen

Durchführung eines Integrationsgesprächs Anwendung von Gurten Anwendung von Bettseitenteilen Aktualität der Schmerzeinschätzung

Die Bewertung der Indikatoren erfolgt mithilfe von Referenzwerten und einer fünfstufigen Systematik:

Ergebnisqualität liegt weit über dem Durchschnitt Ergebnisqualität liegt leicht über dem Durchschnitt Ergebnisqualität liegt nahe beim Durchschnitt Ergebnisqualität liegt leicht unter dem Durchschnitt Ergebnisqualität liegt weit unter dem Durchschnitt

1.2.2 Externe Qualitätssicherung

Wie seit 2005 prüft der MDK vor Ort weiterhin mit einer externen Qualitätsprüfung die Pflegeeinrichtungen. Methodisch und inhaltlich gibt es jedoch umfangreiche Änderungen.

Folgende Qualitätsbereiche stehen im Fokus der Prüfung:

1. Unterstützung bei der Mobilität und Selbstversorgung

1.1 Unterstützung im Bereich der Mobilität 1.2 Unterstützung bei der Ernährung und Flüssigkeitsversorgung 1.3 Unterstützung bei Kontinenzverlust, Kontinenzförderung 1.4 Unterstützung bei der Körperpflege

2. Unterstützung bei der Bewältigung von krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen

2.1 Medikamentöse Therapie 2.2 Schmerzmanagement 2.3 Wundversorgung

Die Qualitätsbereiche und -indikatoren der externen

Qualitäts sicherung

2.4 Unterstützung bei besonderen medizinisch-pflegerischen Bedarfslagen 2.5 Unterstützung bei der Bewältigung von sonstigen therapiebedingten Anforderungen

3. Unterstützungbei derGestaltungdesAlltagslebensund sozialer Kontakte

3.1 Unterstützung bei der Beeinträchtigung der Sinneswahrnehmung 3.2 Unterstützung bei der Tagesstrukturierung, Beschäftigung und

Kommunikation 3.3 Nächtliche Versorgung

4. Unterstützung in besonderen Bedarfs- und Versorgungsituationen

4.1 Unterstützung der versorgten Person in der Eingewöhnungsphase nach dem Einzug 4.2 Überleitung bei Krankenhausaufenthalten 4.3 Unterstützung von versorgten Personen mit herausforderndem

Verhalten und psychischen Problemlagen 4.4 Freiheitsentziehende Maßnahmen

5. Bedarfsübergreifende fachliche Aspekte

5.1 Abwehr von Risiken und Gefährdungen 5.2 Biografieorientierte Unterstützung 5.3 Einhaltung von Hygieneanforderungen 5.4 Hilfsmittelversorgung 5.5 Schutz von Persönlichkeitsrechten und Unversehrtheit

6. Einrichtungsinterne Organisation und Qualitätsmanagement

6.1 Qualifikation und Aufgabenwahrnehmung durch die verantwortliche Pflegefachkraft 6.2 Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen 6.3 Maßnahmen zur Vermeidung und zur Behebung von Qualitätsdefiziten

Mit diesen sechs Qualitätsbereichen will die Prüfung alle Lebensbereiche der pflegebedürftigen Menschen abdecken. Nicht nur körperbezogene Aspekte, sondern auch die Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte wird berücksichtigt. Da diese Punkte hauptsächlich in den Zuständigkeitsbereich der sozialen Betreuung fallen, ist eine gute Dokumentation sehr wichtig. Allgemein kann man sagen, dass durch das neue Qualitätsprüfungssystem der Stellenwert der bewohnerbezogenen Versorgungsqualität an Bedeutung gewinnt. Der MDK prüft die Versorgungssituation anhand einer vierstufigen Bewertung (AD) von „A – Keine Auffälligkeiten oder Defizite“ bis zu „D – Defizit mit eingetretenen negativen Folgen für den Bewohner“.

Nach Zusammenführung der Einzelbewertungen kommt es zu einer der folgenden Bewertungen:

Das Ziel der externen Qualitätssicherung

A. Keine Auffälligkeiten B. Auffälligkeiten, die keine Risiken oder negative Folgen für die versorgte Person erwarten lassen C. Defizit mit Risiko negativer Folgen für die versorgte Person D. Defizit mit eingetretenen negativen Folgen

Als Informationsgrundlagen zur Prüfung dienen:

Gespräche mit ausgewählten Pflegebedürftigen Fachgespräche mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtung Zufällige Beobachtungen Dokumentation allgemein Gesonderte Dokumentation, die im Rahmen des internen Qualitätsmanagements erstellt wurde Einrichtungsinterne Konzepte

1.2.3 Die Qualitätsdarstellung

Aus dem Transparenzbericht mit Schulnoten wird eine Qualitätsdarstellung im Zusammenhang mit den neuen QPR erstellt. Die Qualitätsdarstellung erfolgt in drei verschiedenen Formaten. Es gibt ein Standarddokument, ein webbasiertes Informationsangebot und ein individuell gestaltbares Dokument. So kann je nach Bedürfnissen und Möglichkeiten die Qualitätsdarstellung benutzerspezifisch angepasst werden.

Arten der Qualitätsdarstellung

Alle drei Darstellungsformen enthalten Hinweise und Ausführungen bezüglich Details des Systems der Qualitätsprüfung und der Qualitätsindikatoren.

Die Bewertungsergebnisse werden bei allen drei Formen folgendermaßen dargestellt:

Gesamtüberblick über die Bewertung der „Drei Säulen“ (Indikatorendaten, MDK-Prüfergebnisse und Informationen zur Einrichtung) Punktesystem im Überblick über die Ergebnisqualität jedes einzelnen Bereichs einer Pflegeeinrichtung

1.3 Dokumentation in der sozialen Betreuung

Für die Dokumentation der sozialen Betreuung ist es elementar, die folgenden Qualitätsbereiche aus der internen und externen Qualitätssicherung zu berücksichtigen und zu fokussieren:

1.3.1 Interne Qualitätssicherung:

1. Qualitätsbereich: Erhalt und Förderung von Selbständigkeit: 1.1 Erhaltene Mobilität 1.2 Erhaltene Selbstständigkeit bei Alltagsverrichtungen 1.3 Erhaltene Selbständigkeit bei der Gestaltung des Lebensalltags 3. Qualitätsbereich: Unterstützung bei spezifischen Bedarfslagen: 3.1 Durchführung eines Integrationsgesprächs

1.3.2 Externe Qualitätssicherung:

1. Unterstützung bei der Mobilität und Selbstversorgung 1.1 Unterstützung im Bereich der Mobilität 3. Unterstützung bei der Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte 3.1 Unterstützung bei Beeinträchtigung der Sinneswahrnehmung 3.2 Unterstützung bei der Tagesstrukturierung, Beschäftigung und Kommunikation

4. Unterstützung in besonderen Bedarfs- und Versorgungsituationen 4.1 Unterstützung der versorgten Person in der Eingewöhnungsphase nach dem

Einzug 4.2 Überleitung bei Krankenhausaufenthalten 4.3 Unterstützung von versorgten Personen mit herausforderndem Verhalten und psychischen Problemlagen 5. Bedarfsübergreifende fachliche Aspekte 5.2 Biografieorientierte Unterstützung 6. Einrichtungsinterne Organisation und Qualitätsmanagement 6.2 Begleitung Sterbender und ihrer Angehörigen

Anhand dieser Auflistung der bedeutenden Qualitätsbereiche wird in Kapitel 2 ein Dokumentationssystem beschrieben, das die neuen Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes für die Qualitätsprüfung in Pflegeeinrichtungen nach § 114 SGB XI berücksichtigt.

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