KINO DER ORTE 4 Pratersauna 11. & 12. Mai 2012 Waldsteingartenstr. 135, 1020 Wien Schauplatz der vierten KINO DER ORTE-Session ist die Pratersauna, eröffnet 1965 neben dem Messegelände. Über lange Zeit war der Ort mit einem halbseidenen und zwielichtigen Image behaftet: Prostitution und Unterwelt hatten den Raum für sich vereinnahmt, auch ein Swingerclub etablierte sich. Bis auf ein kleines Stammpublikum blieben die Gäste aus. 2008 wurde die Pratersauna geschlossen. Neue Pächter wurden gefunden, das Gebäude generalsaniert und zu einem Club mit Bar umgestaltet. Der charmante Stil des 1960er-Jahr-Interieurs blieb erhalten und vermischt sich mit zeitgemäßen, neu gestalteten Elementen. Die 2009 neu eröffnete Pratersauna hat sich in kürzester Zeit zu einem der wichtigsten Clubs in Wien entwickelt. Techno und Electro sind die Standbeine der originellen Location. In den Innenräumen werden mehrere Etagen bespielt; auch direkt neben den Kaltbecken der ehemaligen Sauna kann getanzt werden. An Sommerwochenenden wird im Freien gegrillt und der Gartenpool lädt an heißen Tagen zum nächtlichen Schwimmen ein. Seit Mai 2011 findet sich in der Pratersauna mit dem PS ArtSpace auch ein eigener Kunstraum. Hier sind laufend Ausstellungen und Installationen renommierter KünstlerInnen zu sehen.
In Kooperation mit dem »poolbar«-Festival.
Pratersauna
Filmdok.WIEN | Körperkult und Badekultur FR 11. Mai 2012, 21:30 Im Verlauf des 19. Jahrhunderts erfuhr das Badewesen in Wien einen Aufschwung. Entstanden in den 1840er-Jahren Badehäuser mit beheizbaren Schwimmhallen, so richtete die Gemeinde ab 1887 städtische Brausebäder (»Tröpferlbad«) ein, die der Körperreinigung dienten. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden am Donaukanal Strombäder errichtet. Diese standen im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege, ihr Betrieb war nicht auf Gewinn ausgerichtet. So nutzten zusehends breitere Bevölkerungsschichten die Schwimm- und Bademöglichkeiten. Das älteste Filmdokument zur Wiener Badekultur gibt Einblick in das heitere Treiben im Strandbad GÄNSEHÄUFL 1911. »Damen-Abteilung«, »Herrenbad« und »Familienbad« verweisen darauf, dass althergebrachte moralische Normen nachwirken. Doch der Weg hin zu einem neuen Körperverständnis und Lebensgefühl ist allseits spürbar.
Pure Lebensfreude vermittelt das Gezeigte: Plantschen, Spielen, Sonnenbaden, Rangeln. Erholungsraum und Erlebniswelt, Ertüchtigungsareal und Gesundheitsoase, Familientreff und Kontaktbörse – all diese Zuschreibungen finden sich bereits in diesem ersten Filmdokument, und in gleicher Weise wird der Ort »Bad« auch danach kinematographisch erkundet und definiert. Den »Stadtvätern« dient der positiv konnotierte Raum als beliebte Projektionsfläche der eigenen gesundheits-, sozial- und gesellschaftspolitischen Aktivitäten. Die Erschließung neuer Freizeiträume oder die Modernisierung bestehender Bäder bot sich für parteipolitische Werbezwecke an. Völlig ausgespart blieb in der audiovisuellen Überlieferung über lange Zeit die Freikörperkultur, die in der Zwischenkriegszeit auch in Wien zahlreiche Anhänger fand und zur Gründung diverser FKK-Vereine führte. Erst in den 1980er-Jahren wagte die staatliche Wochenschau einen Blick in die Lobau, wo die Naturisten-Kultur noch erlebbar war und ist. Das Zurückdrängen moralischer Gebote, die zunehmende Freizügigkeit und das Enthüllen und Zur-Schau-Stellen des Körpers zog neue Begehrlichkeiten und Zwänge nach sich. Was bislang verdeckt blieb, war nun zu sehen. Vergleiche waren möglich, Idealkörper wurden propagiert. Der Weg zum disziplinierten und genormten Körper wurde vorgeführt. Persifliert der Komiker Seff (Josef Holub) in einem Werbefilm für die Wiener Molkerei noch den neuen Körperkult und werden auch die Gerätschaften, welche schlank und schön machen sollen, mit schelmischem Unterton angepriesen, so verweisen sie unterschwellig schon auf ein normiertes Ideal, das den öffentlichen Körperdiskurs bald bestimmen sollte.
Musikbegleitung Stummfilmprogramm: Florian C. Reithner Kuratorin: Karin Moser
SEFF AUF DEM WEGE ZUR KRAFT UND SCHÖNHEIT, A 1926
CinemaSessions | Schau/Lust SA 12. Mai 2012, 21:30 Das frühe Kino zelebriert die Körperlichkeit, erotische Darstellungen zählen zum Standardrepertoire der Produktionsfirmen. Das Programm verhandelt Themen wie Blickbeziehungen und Voyeurismus im frühen Kino. In der Tradition der Vorbilder aus Frankreich produzierte auch die Wiener Produktionsfirma Saturn Film über mehrere Jahre (1906– 1910) kurze erotische Filme. Diese wurden international distribuiert und machten durch ihre »sujets viennois« erstmals die Marke »Wiener Film« weltweit bekannt. Die Filme der Saturn Film boten immer ein wenig mehr an entblößter Haut als die Konkurrenz. Den Unwillen der Zensurbehörden zogen sie sich nicht so sehr wegen der heute fast unschuldig wirkenden Nuditäten zu, sondern aufgrund ihrer gesellschaftlichen Positionen, die wie in EINE MODERNE EHE oder WEIBLICHE ASSENTIERUNG sakrosankte Institutionen der
bürgerlichen Gesellschaft verunglimpften. Eine besondere Rarität in diesem Programm sind Oskar Messters AKT-SKULPTUREN, die als älteste deutsche Spielfilme gelten und deren ästhetische Ausführung noch ganz dem Stil des 19. Jahrhunderts verschrieben ist. Wie alle Männer der See ist auch Spike Madden in A GIRL IN EVERY PORT von Howard Hawks ein Liebhaber der Frauen, sein Aktionsradius erstreckt sich auf die unzähligen Häfen des Atlantiks. Dass seine Verführungskunst ihm nicht nur Zuneigung,sondern auch Schläge einbringt, erfährt er spätestens, als ihm Bill Salami einen kräftigen Kinnhaken verpasst. Nach einer Nacht im Gefängnis werden die beiden Schwerenöter unzertrennliche Freunde und segeln gemeinsam um den Erdball … bis sie in Paris »Mamsell Godivas« (Louise Brooks’) Beinerblicken. »I ain’t sailing. I am in love«, stößt es da aus Spike hervor, der plötzlich von Sesshaftigkeit und Familie mit der Angebeteten träumt. Bill traut seinen Ohren nicht, denn er weiß über die Lasterhaftigkeit der Mamsell nur zu gut Bescheid. »A ship divided by water from land – friends divided by a woman.«
Musik: In Broken.Heart.Collector geben sich fünf Vertreter unausgesteckter Pfade die Klinke in die Hand: Vokalkünstlerin und Bassflötistin Maja Osojnik, die Bassklarinettistin Susanna Gartmayer und die avantgardistische Rockformation Bulbul, die das klassische Rock-Line-Up (Bass, Gitarre, Schlagzeug) seit Jahren dazu verwenden, um es bis über die Grenzen hinaus zu treten.
Kurator: Karl Wratschko
EINE MODERNE EHE, A 1907
Die Reihe KINO DER ORTE wird monatlich bis Juni 2012 präsentiert und entsteht in Kooperation mit St. Balbach Art Production.