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ATLAS-Expertengruppen und -Foren
besonderen Stellenwert. Regelmäßig begrüßen die Fallschirmspringer des EKO Cobra Gäste des österreichischen Jagdkommandos, der deutschen GSG 9 und der italienischen GIS im Ort Lienz, der sich mittlerweile seit 1994 als Kursort etabliert hat.
Präzisionsschießen
Die Ausbildung zum Präzisionsschützen beim EKO Cobra umfasst unter anderem Waffen- und Gerätekunde, Schießen aus verschiedenen Positionen und auf verschiedene Distanzen, spezielle Kommandosprache und Funkverkehr, Waffengebrauchsrechtsschulungen, psychologische Schulungen. Die Schützen erlernen das Schießen unter Zeitdruck und auf Kommando. Die Präzisionsschützen schießen bei jedem Training den sogenannten kalten Schuss – das ist der allererste Schuss an einem Trainingstag. Dabei muss jeder Schütze auch bei schlechten äußeren Bedingungen (Wind, Regen, Kälte etc.) ein Kreisziel mit einem Durchmesser von ca. 2,5 cm aus 100 m Entfernung treffen. Bei den monatlichen Fortbildungen werden auch das Nachtschießen bzw. das Schießen bei schlechten Lichtverhältnissen trainiert.
Diensthundewesen
Diensthunde werden seit jeher in Spezialeinheiten bei verschiedenen Einsätzen verwendet. Beim EKO Cobra/ DSE werden seit 1987 Malinois-Rüden (Belgische Schäferhunde) als Zugriffshunde eingesetzt. Diese Rasse bringt ideale Voraussetzungen und Eigenschaften für Zugriffe bei besonders gefährlichen Einsätzen in Objekten und im Gelände mit. Als Junghunde beginnen sie ihre Ausbildung, mit elf Jahren gehen sie meist in Pension und bleiben danach bei ihrem Hundeführer. „Nur wenn der Hund zum Menschen und der Mensch zum Hund vollstes Vertrauen hat, kann man die schwierigen Aufgaben, die sich in den Einsätzen stellen, bewältigen.“ So lautet das Motto in der Ausbildung im Diensthundewesen beim EKO Cobra/DSE. Die Zugriffshundeführer müssen sich einer zweijährigen Ausbildung neben ihren anderen Aufgaben stellen. Während dieser Zeit lernen der Hundeführer und sein vierbeiniger Kamerad einander genau kennen. Die Ausbildung schließt mit einer dreitägigen Prüfung ab, in der die Beziehung und die Fertigkeiten von Hundeführer und Hund auf Herz und Nieren geprüft werden. Nur wer es schafft, mit seinem Hund eine echte Einheit zu bilden, und gleichzeitig offen ist, für seinen tierischen Begleiter alles zu geben, darf am Ende dieser Prüfung seinen Dienst als Teil eines neuen Hundeteams antreten.
Die Mitnahme eines Diensthundes ist in der Einsatzplanung immer vorgesehen, wobei letztendlich der Hundeführer entscheidet, ob er den Hund losschickt oder nicht. Hier müssen vorher von der Einsatzleitung die rechtlichen Rahmenbedingungen geprüft werden. Die Aufgabe des Hundes ist ein zielgerichteter, lautloser Angriff auf den Täter, ohne sich ablenken zu lassen.
Personenschutz
Die Ausbildung zum Personenschützer ist Teil der sechsmonatigen Grundausbildung. Aufbauend auf den Fähigkeiten, die in der Grundausbildung vermittelt werden, ist eine mehrwöchige spezielle Personenschutzausbildung zu absolvieren. Jeder Einsatzbeamte hat sich im Regelbetrieb neben seiner vorgeschriebenen Schwerpunktausbildung, in der die Inhalte aus der Grundausbildung verfestigt und ausgebaut werden, mehrmals im Jahr einer eintägigen Personenschutz-Weiterbildung zu unterziehen. Zusätzlich ist ein spezielles Personenschutz-Fahrtraining zu absolvieren. Die Ausbildungsqualität und auch -quantität ist im internationalen Vergleich adäquat. Eine Besonderheit des Personenschutzdienstes beim EKO Cobra stellt die ständige Verfügbarkeit dar. Die Beamten sind an allen Standorten jederzeit einsatzbereit und können Schutzpersonen über längere Zeiträume begleiten. Das EKO Cobra ist eine Einheit, die den Personenschutzdienst leitbildkonform leistet. In diesem Leitbild, das vom EKO Cobra formuliert wurde, werden die Philosophie und die Werte des Personenschutzes beim EKO Cobra dargestellt. Dieses Leitbild stellt die Grundsätze des Handelns dar und macht Ausbildung, Ziele und Aufgaben im Personenschutz klar und transparent. Das ist in diesem sensiblen Bereich von enormer Bedeutung.
Das EKO Cobra legt besonders großen Wert auf den Austausch und die Zusammenarbeit mit internationalen Personenschutzdiensten, damit die Taktiken in gemeinsamen Einsätzen kompatibel sind. Dies ist vor allem bei Auslandseinsätzen und bei Besuchen von ausländischen Gästen in Österreich von Bedeutung, denn hier arbeiten öfters „gemischte“ Teams miteinander. Es bestehen Mitgliedschaften beim European Network of People Protecting Forces (ENPPF) – mit regelmäßigen halbjährlichen Konferenzen und Workshops – sowie bei der Association of People Protecting Services (APPS), in der weltweit 68 staatliche Personenschutzorganisationen aus 60 Ländern verbunden sind. Bei der APPS werden Koordinationskonferenzen und diverse Ausbildungen und Workshops abgehalten. Darüber hinaus besteht seit 2015 eine Mitgliedschaft beim europäischen Black Griffin-Projekt. Unter der Führung der holländischen und deutschen Spezialeinheiten werden Standards im Personen- und Objektschutz in Krisenregionen erarbeitet. Die Taktiken des EKO Cobra sind hier kompatibel und es besteht auch ein sehr hoher Anerkennungsgrad bei fremden Einheiten hinsichtlich der Leistungen des EKO Cobra im Personenschutzdienst.
Seiltechnik
Diese Spezialverwendung umfasst Seiltechnik, Alpinwesen und „Flugbeobachter für sicherheitspolizeiliche Sondereinsätze (FBS)“. Seit einigen Jahren gibt es beim EKO Cobra die „Taktische Ausbildung im unwegsamen Gelände“ (TAUG). Im Zuge der TAUG-Schulung muss jeder Einsatzbeamte einige Stunden pro Jahr in die Aus- und Fortbildung investieren. Der Fokus dieser Ausbildung liegt auf Tarnen und Bewegen im Gelände sowie Orientie-
rungskunde mit Karten oder technischen Hilfsmitteln wie GPS-Geräten oder Kompass.
Bei der Basisausbildung in Seiltechnik wird unter anderem am Trainingsturm am Cobra-Gelände trainiert. Der 20 m hohe Turm mit sechs Etagen dient als Übungsobjekt in seiltechnischen und taktischen Belangen. Seiltechniker sind Spezialisten auf dem Gebiet der Knotenkunde, beherrschen verschiedene Abseilmethoden, Standplatzbau und Bergetechniken. Am Turm wird besonders an Teamwork, Konzentrationsfähigkeit, Kraft und Ausdauer gearbeitet. Für den Einsatz bei schwierigen Lagebildern muss die einsatztaktische Seiltechnik erlernt werden. Dazu gehören Eindringtools und verschiedene Ausrüstungen je nach Einsatzlage.
Um speziell erhöhte Gefährdungslagen bewältigen zu können, wurde Anfang der 1980er-Jahre mit den damals zur Verfügung stehenden Hubschraubern der Flugpolizei (Jet Ranger Bell 206B und später auch Airbus Écureuil) ein Ausbildungs- und Einsatzkonzept für das EKO Cobra erstellt. Aus diesem Konzept entwickelte sich der „Flugbeobachter für sicherheitspolizeiliche Sondereinsätze (FBS)“. Seit 2008 stehen dem EKO Cobra/DSE auch die Eurocopter 135 zur Verfügung. Der FBS deckt neben grundsätzlichen Tätigkeiten wie Einweisen des Hubschraubers, Navigieren, Funk usw. auch folgende Verfahren ab: • Mitwirkung bei Fahndungsflügen • Anhalten von Fahrzeugen und Personen • taktische Sicherung von Kollegen aus der Luft • taktisches Abseilen • Gefangenentransporte • Bergeseilflüge (außer Alpinbergungen).
Beim EKO Cobra/DSE sind derzeit ca. 120 Beamte als Flugbeobachter für sicherheitspolizeiliche Sondereinsätze ausgebildet. Sie unterstützen Polizisten auf lokaler und regionaler Ebene, unter anderem bei Naturkatastrophen (Hochwasser, Lawinenabgänge usw.).
Des Weiteren gibt es derzeit beim EKO Cobra/DSE ca. 35 Personen, die für den taktischen Einsatz im alpinen bis hochalpinen Gelände ausgebildet sind. Elf davon sind ausgebildete Polizeibergführer. Die Ausbildung wird der Jahreszeit und den Witterungsbedingungen entsprechend angepasst (Skitouren, Klettern, Orientierung usw.).
Air Marshals
Seit 1981 schützen verdeckt operierende EKO CobraBedienstete Passagierflüge österreichischer Fluglinien. In den Monaten nach dem 11. September 2001 stiegen die Einsätze der Air Marshals rasant an. Bis heute gilt das EKO Cobra als einzige Antiterror-Einheit der Welt, die eine Flugzeugentführung noch in der Luft beenden konnte. Die Air-Marshal-Tätigkeit verlangt einen hohen Ausbildungsstand der eingesetzten Polizistinnen und Polizisten. Sehr viel Wert wird auf Nahkampftechniken gelegt. Das fordernde Training findet im eigens dafür gebauten Air-Marshal-Trainingszentrum im Areal des EKO Cobra in Wiener Neustadt statt. Die vorhandene Ausbildungsinfrastruktur (u.a. Flugzeugnachbauten und interaktive Raumschießanlage) wurde für den Zweck der Air-Marshal-Ausbildung konzipiert und ist international absolut wettbewerbsfähig. Auch die Schulungen der Abschiebepool-Beamtinnen und -Beamten werden hier durchgeführt.
Das EKO Cobra-Air-Marshal-Programm ist neben denen der Schweiz und Israels eines der ältesten Programme weltweit und hoch angesehen. Dadurch konnte ein sehr gut funktionierendes Netzwerk im Bereich der
Schnelligkeit und Präzision: Vier CobraOperator beim Schießtraining.
Airlines, internationaler Behörden und Ansprechpartner aufgebaut werden. Das Kernpersonal im Fachbereich Air Marshal und Abschiebungen beim EKO Cobra hat durch die langjährige Spezialisierung, die internationale, laufende Zusammenarbeit und die stetige Weiterentwicklung ein hohes Ansehen im Air-Marshal-Verbund und wird daher als Partner in der internationalen Kooperation geschätzt. Das österreichische Air-Marshal-Programm ist im Rahmen des Air-Marshal-Verbunds IIFSOC (International In-Flight Security Officer Committee) weltweit vernetzt. Das EKO Cobra ist als Gründungsmitglied im Lenkungsausschuss verankert.
Ziel des Air-Marshal-Verbunds ist die gegenseitige Unterstützung sowie internationale Zusammenarbeit gegen terroristische Bedrohungen in der Zivilluftfahrt. Bei Trainerworkshops und jährlichen Konferenzen werden Erfahrungen ausgetauscht und Lösungsansätze für mögliche Bedrohungen erarbeitet. Auch technische Entwicklungen werden dabei diskutiert.
Spezialeinsatztechnik und Drohnen
Seit 2020 gibt es innerhalb des EKO Cobra/DSE einen eigenen Fachbereich, der sich mit dem Einsatz und der Abwehr von Drohnen beschäftigt. Spezialtechniker sind bundesweit bei Einsätzen für die Herstellung von Satellitenkommunikation, Unterstützung der Zugriffsteams mit Robotern und unbemannten Luftfahrzeugen (Unmanned Aerial Vehicle, UAV) aller Art, Aufbau von Abhöranlagen und Videoübertragungen und Radarsystemen und anderen Sensoren zur Personendetektion innerhalb von Gebäuden und im freien Feld zuständig. Bei Hochrisikoeinsätzen führen die Techniker Öffnungen von Türen, Fenstern und Wänden mittels Öffnungstechnik durch. Ein weiteres Aufgabenfeld ist die Drohnenabwehr im Rahmen von Staatsbesuchen oder sensiblen Veranstaltungen.
Mit einigen technischen Entwicklungen wie zum Beispiel einem Teamtracking-, einem Air Marshal-Kommunikations- oder einem Sniper Control System waren EKO Cobra-Techniker Vorreiter für dieses Spezialequipment.
Die Ausbildung für diese Spezialverwendung dauert ca. zwei Monate und erfolgt in mehreren Stufen. Zuerst wird ein Öffnungstechnik-Kurs absolviert, danach die Berechtigung zum Einsatz- und Metallsprenger erworben. Parallel dazu erfolgt die Ausbildung an sämtlichem technischem Einsatzequipment der Fachbereiche Einsatztechnik und UAVNutzung und -Abwehr und die Ausbildung zum UAV-Piloten für Sonderlagen. Techniker des EKO Cobra übernahmen im Jahr 2015 im ATLAS-Netzwerk die Leitung der technischen Kompetenzgruppe. Die exzellente Vernetzung mit anderen europäischen
Cobra-Operator mit Sturmgewehr Steyr Mannlicher AUG, Kaliber .300 BLK. Spezialeinheiten gewährleistet den notwendigen Wissens- und Erfahrungsaustausch in diesem sich rasch entwickelnden Techniksegment.
Internationale Wettkämpfe
Alle vier Jahre wird die Combat Team Conference (CTC) von der GSG 9 in Sankt Augustin bei Bonn organisiert. Sie gilt als weltweit bedeutendste Veranstaltung für polizeiliche und militärische Antiterror-Einheiten. Ein Sieg bei der CTC ist mit sehr hohem Prestige verbunden. 1999 trat das GEK erstmals mit dem neuen Wettkampfteam in Sankt Augustin an. 2003 und 2015 ging das EKO Cobra bei der CTC als Gesamtsieger hervor. 2015 reisten 43 Mannschaften mit rund 350 Teilnehmenden an. 17 Teams kamen aus Deutschland, 26 aus dem Ausland, darunter Einheiten aus Japan, Thailand, Hongkong, Brasilien und Kolumbien.
Nach Siegen bei Spezialeinheiten-Wettkämpfen wie in Zürich (2008), in Györ (2010), in Jordanien (2011) oder im schweizerischen Neuchâtel (2014) und anderen Spitzenplatzierungen in Deutschland sowie den Niederlanden hat der Sieg des Cobra-Wettkampfteams bei der CTC 2015 das internationale Interesse am EKO Cobra weiter gestärkt.
Einsatzkommando Cobra/ Direktion für Spezialeinheiten (EKO Cobra/DSE) Land: Österreich Gründungsjahr: 1978 Beitritt ATLAS-Verbund: 2001 Homepage: www.bmi.gv.at
DER ATLASVERBUND
Europas Spezialeinheiten gegen Terror und Gewaltkriminalität
Der ATLAS-Verbund ist die europäische Antwort auf Gewaltkriminalität und Terrorismus. 38 polizeiliche Spezialeinheiten aus insgesamt 31 Ländern gehören diesem Netzwerk an, das im Jahr 2001 unter dem Leitspruch „All together to protect you“ gegründet wurde. Das Buch bietet zum einen eine exklusive und umfassende Übersicht über den ATLAS-Verbund, seine Geschichte, Organisation und Aktivitäten. Zum anderen stellt es alle beteiligten Einheiten detailliert vor, von ihren Anfängen bis heute, mit Blick auf ihre Ausbildung, Ausrüstung und spektakulärsten Einsätze. Zahlreiche, größtenteils unveröffentlichte Fotos vermitteln authentische und faszinierende Einblicke in die Arbeit der Antiterror-Experten. Die hochwertige und großformatige Aufmachung mit Bildbandcharakter bringt die Aufnahmen besonders zur Geltung. Mit Unterstützung von ATLAS, allen Einheiten sowie Europol ist ein einzigartiges Sachbuch mit Informationen aus erster Hand entstanden, in dem diese europäische Erfolgsgeschichte bei der Kriminalitäts- und Terrorismusbekämpfung vor Augen geführt wird.