Solidarität 1/2014

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Ausgabe Februar 1/2014

thema Alte Menschen PHILIPPINEN Wiederaufbau nach dem Taifun Das Magazin von


2 EDITORIAL Liebe Leserin, lieber Leser, «I have a dream» – es gibt kaum ein berühmteres Zitat als dieses von Martin Luther King, anlässlich seiner Rede am 28. August 1963, beim «March on Washington for Jobs and Freedom». Als unsere Kommunikationschefin Eva Geel und ich anfangs Oktober in Moçambique die Projekte von Solidar Suisse besuchten, haben wir für eine welsche Zeitschrift einige Interviews durchgeführt: Weltweit sollten älteren Ehepaaren Fragen zu ihrer Lebensweise, ihren täglichen Gewohnheiten und Herausforderungen gestellt werden. Die Antworten waren so interessant, dass wir daraus einen Schwerpunkt in der Solidarität gemacht haben.

nun die/der EhepartnerIn dazu sagen würde – all das sehe ich noch vor mir. Und ich höre die Stimmen, sehe die leuchtenden Augen oder den Ausdruck erloschener Lebensfreude. Die sechs älteren Leute gaben fünf fast analoge Antworten: Man wolle die Enkelkinder durchbringen, deren Eltern zum Teil an Aids gestorben seien; man wolle für sie ein besseres Leben. Ein Mann aber, der vor einem kleinen Haus aus selbstgebrannten Ziegelsteinen sass, reagierte anders. Er hatte früher eine Anstellung bei einer Firma, die dann Konkurs ging. Damals habe seine Familie ein gutes Leben gehabt. Nun sei er alt, aber er träume noch davon, in seinem Haus Strom zu haben: Strom!

Esther Maurer Solidar will nicht einfach träumen. Wir wisGeschäftsleiterin Solidar Suisse Eine der Fragen, die Eva Geel drei mosambikanischen Ehepaaren zwischen 65 sen, dass es möglich ist, mit gemeinsamen und 78 stellte, war: Wovon träumen Sie Anstrengungen etwas zu verändern. Und noch? Da ich die Aufgabe übernommen hatte, das Gespräch dass jeder Mensch ein Recht hat auf ein gutes Leben. Träume fotografisch festzuhalten, konnte ich die Gesichter der Interview- sind vielleicht der erste Schritt zu solchen Veränderungen. ten genau beobachten, ihre Regungen und Reaktionen: Das Erstaunen über die Frage nach dem verbleibenden Traum, das Let’s make dreams come true! Nachfragen, das Nachdenken, das gegenseitige Abwarten, was Esther Maurer

Medienschau

13.11.2013 «Rasch erkennen, wo Hilfe am meisten gebraucht wird» Bei der Bewältigung einer Naturkatastrophe sei die Koordination zwischen den Hilfsorganisationen enorm wichtig, sagt Roland Hürlimann, Projektleiter des Hilfswerks Solidar Suisse. (…) Hürlimann fliegt heute Mittwoch auf die Philippinen, wo er auf der Insel Cebu die Hilfsaktivitäten von Solidar Suisse leiten wird. «Die Lage ist sehr schwierig und unübersichtlich», sagt Hürlimann. «Aber wir wissen, dass wir wenigstens punktuell schnell konkrete Hilfe leisten können.

14.11.2013 Zürich ist die solidarischste Stadt Solidar Suisse verteilt Zürich Bestnoten. In ihrem zweiten Gemeinderating erreicht die Stadt die höchste Punktzahl. Hochbauvorstand André Odermatt nahm gestern den Preis entgegen. Die Auszeichnung sei Bestätigung und zugleich Aufforderung, weiterhin in die überregionale Solidarität zu investieren, sagte er. Das «Solidar-Gemeinderating» bewertet, wie verantwortungsbewusst Schweizer Gemeinden im Alltag handeln. Im Mittelpunkt stehen entwicklungspolitisches Engagement und Beschaffungspraxis.

22.11.2013 Fifa für die Schweiz nicht mehr tragbar Seit Wochen wird in den Medien über die unmenschliche Ausbeutung und Sklavenhaltung der ausländischen Arbeiter in Qatar, einem der reichsten arabischen Länder und Austragungsstätte der Fussball-WM 2022, berichtet. (…) Dabei haben die schweizerischen Gewerkschaften und Solidar Suisse schon vor Monaten gegen die Situation in Qatar protestiert und die Fifa-Verantwortlichen zum Handeln aufgefordert. Passiert ist bisher noch nichts.


3 THEMA Alte Menschen

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Moçambique: Das Feld bestellen und die Enkelkinder versorgen

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Sri Lanka: Körbe flechten und alte sri-lankische Filmsongs hören

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Serbien: Reisen, spazieren und sich an der Enkelin freuen 9 Nicaragua: Früh aufs Feld und in Telenovelas schwelgen 10 Bolivien: Von der Rentenreform profitieren

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STANDPUNKT Luca Cirigliano: Social Protection Floor für ein würdiges Leben im Alter weltweit

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aktuell Massive Zerstörung nach dem Taifun auf den Philippinen: Solidar leistet Nothilfe

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THEMA

Wie leben alte Menschen in verschiedenen Ländern, in denen Solidar tätig ist? Porträts älterer Paare beleuchten eine häufig übersehene Realität.

aktuell

Taifun Haiyan hat fast 90 Prozent der Häuser auf der philippinischen Insel Panay zerstört. Roland Hürlimann erzählt, wie er vor Ort die Nothilfe von Solidar Suisse koordiniert.

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Kolumne 11

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PINGPONG 16 NETZWERK News aus den SAH-Vereinen 16 kulturell Eine Solidar-Partnerorganisation dokumentiert das Massaker von Marikana 17 EINBLICK Thabang Mohlala engagiert sich für die Rechte von temporär Beschäftigten in Südafrika

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EINBLICK

Thabang Mohlala kennt die Realität temporär Beschäftigter in Südafrika aus Erfahrung.

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kulturell

Eine Fotoausstellung erinnert an Marikana, das schlimmste Blutvergiessen seit Ende der Apartheid in Südafrika.

18 IMPRESSUM

Herausgeber: Solidar Suisse, Quellenstrasse 31, Postfach 2228, 8031 Zürich, Tel. 044 444 19 19, E-Mail: kontakt@solidar.ch, www.solidar.ch, Postkonto 80-188-1 Mitglied des europäischen Netzwerks Solidar Redaktion: Katja Schurter (verantwortliche Redaktorin), Rosanna Clarelli, Eva Geel, Alexandre Mariéthoz, Cyrill Rogger

Layout: Binkert Partner, www.binkertpartner.ch / Spinas Civil Voices Übersetzungen: Milena Hrdina, Interserv SA Lausanne, Jean-François Zurbriggen Korrektorat: Jeannine Horni, Milena Hrdina Druck und Versand: Unionsdruckerei/subito AG, Platz 8, 8201 Schaffhausen Erscheint vierteljährlich, Auflage: 37 000

Der Abonnementspreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen (Einzelmitglieder mindestens Fr. 50.–, Organisationen mindestens Fr. 250.– pro Jahr). Gedruckt auf umweltfreundlichem Recycling-Papier. Titelbild: Alte Menschen in Moçambique kennen keinen Ruhestand. Foto: Esther Maurer. Rückseite: Herzlichen Dank für Ihre Solidarität! Foto: Roland Hürlimann.


4 Trotz ihres Alters betreuen Mariana und Seveni Zeca aus Moçambique 15 Grosskinder und pflanzen Mais an, um ihre Familie zu versorgen.

Alte Menschen Wie leben alte Menschen in verschiedenen Ländern der Welt? Wie bestreiten sie ihren Unterhalt, was beschäftigt sie, wie sieht ihr Tagesablauf aus? Um einen Einblick in ihr Leben zu geben, porträtieren wir ältere Paare aus Moçambique, Serbien, Nicaragua und Sri Lanka, stellen die Rentenreform in Bolivien vor und wollen von einem Gewerkschaftsvertreter wissen, wie ein würdiges Leben im Alter weltweit garantiert werden kann. Foto: Esther Maurer


THEMA

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Thema

Alte versorgen Junge

In Moçambique sind nicht die Kinder die Altersver­ sorgung, sondern die Alten unter­stützen ihre Töchter und Söhne und kümmern sich um die Enkelkinder.

Mariana (Mitte) und Seveni (2. von rechts) Zeca müssen ihre Tochter Rosita (2. von links) unterstützen, da sie keine Arbeit findet.

Text: Eva Geel, Fotos: Esther Maurer

Der Nachmittag in Chimoio, einer Stadt rund 1000 Kilometer nördlich der mosambikanischen Hauptstadt Maputo, ist drückend heiss. Rosita Zeca liegt auf einem dünnen Tuch auf dem festgestampften Boden vor ihrer Kochhütte und schläft, ein Kleinkind an ihrer Seite. Die

Ihre Spende wirkt Solidar Suisse unterstützt die Beteiligung der BürgerInnen in den Quartieren Chimoios, bei der Verbesserung ihrer prekären Lebensverhältnisse. Mit Ihrem Beitrag von 70 Franken können zwei Personen an einer zweitägigen Weiterbildung teilnehmen, damit sie ihre Anliegen in die Planungsprozesse der Gemeinde einbringen können. www.solidar.ch/chimoio

44-Jährige hält sich mit Gelegenheitsarbeiten über Wasser. Doch diese sind rar, und eine regelmässige Erwerbsarbeit ist kaum zu finden in Moçambique. Die Konkurrenz unter den Arbeitssuchenden ist gross. Rosita Zeca ist deshalb auf die Unterstützung ihrer Eltern angewiesen. Arbeitslosigkeit und Aids Kinder, so wird hierzulande häufig kolportiert, sind die Altersversorgung vieler afrikanischer Familien. Zumindest in Moçambique ist es jedoch gerade umgekehrt. Denn die Jungen finden kaum Arbeit, viele sterben an Aids und hinterlassen Waisenkinder, um die sich die Grosseltern kümmern müssen. Die alten Menschen wiederum haben häufig selbst kaum das Nötigste zum Leben. Die Renten sind knapp bemessen: BäuerInnen und informell Beschäftigte erhalten vom

Staat eine Art minimale Sozialhilfe. Etwas besser gestellt sind ehemalige Angestellte: Sie bekommen eine ihrem Lohn entsprechende Pension. Doch auch diese reicht kaum zum Überleben. Die Eltern von Rosita beispielsweise erhalten als BäuerInnen gerade mal 300 Meticais (zehn US-Dollar) monatlich. Das muss für 17 Personen reichen, denn Seveni (68) und Mariana (63) leben mit ihren 15 Grosskindern auf engstem Raum. Sie ernähren sie, schicken sie zur Schule und spielen mit ihnen. Die Enkelkinder befinden sich in ihrer Obhut, weil die Eltern nicht für sie sorgen können – sie leben wie Rosita von schlecht bezahlten Gelegenheitsjobs und Arbeit auf Abruf. Seveni und Mariana Zeca bebauen noch ein kleines Stück Land, rund 40 Minuten Fussmarsch von ihrem Haus entfernt. Dort pflanzen sie Mais an – zur Selbst-


THEMA 7 haben sie ihre Familie bei sich: «Was immer wir tun, dient einem Ziel – den Enkelkindern weiterzuhelfen, ihnen Schulbücher, Essen und Kleidung zu kaufen.» Alle Grosskinder gehen zur Schule. «Aber nicht alle gern», fügt Adriano Reis hinzu, und die Kinder lachen.

Felipe und Costanzia Zambezi (Mitte) halten sich mit Sozialhilfe, den Früchten ihres Feldes und der Unterstützung ihrer Kinder über Wasser.

Adriano (links) und Joana (rechts) Reis leben von Adrianos Rente, Joanas Tontöpfen und dem gemeinsamen Maisfeld, mit dem sie auch ihre Kinder unterstützen.

versorgung und zum Weiterverkauf auf dem lokalen Markt. Damit sichern sie sich ein Zubrot. Aber das Leben der Zecas ist weit entfernt vom Ruhestand, wie ihn Schweizer RentnerInnen geniessen. Rente reicht nicht zum Überleben Ein paar Schritte weiter wohnen die 68-jährige Joana Fanita Faustino und ihr 73-jähriger Ehemann Adriano Armando Reis. Auch sie sorgen für ihre Enkelkinder. Bei ihnen sind es sieben – die Kinder ihrer verstorbenen zwei Söhne. Und das sind längst nicht alle Grosskinder. «Wir haben viele, alle wohnen in der Nähe», meinen sie lachend und beginnen gar nicht erst mit dem Aufzählen. Der Familie Reis geht es besser als den Zecas. Adriano Reis hat in einer Textilfabrik gearbeitet und erhält eine monatliche Rente von rund 70 US-Dollars. Aber auch er

Harte Feldarbeit Bei der Familie Zambezi auf der anderen Seite der Naturstrasse, die quer durchs Quartier führt, herrscht ein ständiges Kommen und Gehen. Die elf Enkel und Urenkelinnen bewegen sich frei zwischen den Hütten der Grosseltern und Eltern, die nah beieinander stehen. «Sie schlafen, wo sie gerade wollen», erklärt Grossvater Felipe Charles Zambezi. Der 70-Jährige und seine 50-jährige Frau Costanzia leben in ärmlichen Verhältnissen. Eine Rente bekommt der ehemalige Busmechaniker nicht, weil er die Mindestanforderungen nicht erfüllt. Zumindest habe man ihm das so gesagt. Er und seine Frau erhalten umgerechnet rund acht US-Dollar Sozialhilfe. Costanzia Zambezi bewirtschaftet das Feld. Er sei zu alt dafür, meint der 70-Jährige, «ich kann nicht mehr». Die beiden werden von ihren Kindern unterstützt – diese bringen Maisbrei und Sauce und kochen Reis für Costanzia, die abends müde von der Feldarbeit kommt. Die Verbitterung ist beiden ins Gesicht geschrieben – sie haben bessere Zeiten erlebt, als Felipe noch Arbeit hatte. Der Abstieg in die Ar-

sagt: «Das reicht nicht. Wir überleben nur dank des Maisfeldes und weil meine Frau Tontöpfe herstellt und verkauft.» Wie die Zecas unterstützen auch Joana und Adriano Reis ihre Kinder mit selbst angebautem Mais und Gemüse. Unterstützung von ihren «Was immer wir tun, dient Kindern bekommen sie nicht: dem Ziel, den Enkelkindern «Was unsere Kinder verdienen, reicht kaum für ihre eigeweiterzuhelfen.» ne Familie.» Gerne hätten sie etwas Geld, um ein kleines Geschäft zu eröffnen und mut ist schwer zu verkraften. Nur wenn Bier und Gemüse zu verkaufen. Aber das sie von den EnkelInnen erzählen, werden können sie sich nicht leisten. So sind sie sie wieder lebhaft: Felipe Zambezi kümweiterhin auf die Feldarbeit angewiesen, mert sich tagsüber um die Kinder und die ihnen immer schwerer fällt: «Wir sind spielt mit ihnen. Abends erzählen die alt und haben keine Maschinen, sondern Grosseltern Geschichten und Witze. In nur unsere Hände. Damit hacken wir, einem sind sich die sechs alten Leute eipflügen wir und bebauen den Boden.» nig: «Die Kinder», sagen sie alle, «die KinDoch sie wollen nicht klagen, schliesslich der sind das Wichtigste.»


8 «wir haben 30 Jahre im Krieg gelebt»

Trotz ihres hohen Alters flechten Theivanai und Rathinam Suppaiya weiterhin täglich Körbe. Denn eine Rente erhalten die meisten TamilInnen im Norden Sri Lankas nicht. Text und Foto: Daniel Bronkal, Solidar Suisse Theivanai Suppaiya auf den lokalen Markt, um Reis und Gemüse für das Mittagessen einzukaufen. Für Rathinam Suppaiya ist der Weg zu weit: «Ich kann nicht mehr so gut gehen», meint er. Er kümmert sich da«Ich bin froh, dass wir für tagsüber um drei seiner unseren Kindern nicht zur 30 Enkelkinder. Nach dem Mittagessen arbeiten die beiLast fallen müssen.» den weiter an ihren Körben. «Früher fing ich manchmal im fige verwendet. Auch mit ihren 60 res- nahen Teich Fische für uns», erzählt pektive 71 Jahren arbeiten sie weiter als Rathinam weiter. Nun fischt Theivanai an KorbflechterInnen: «Wir erhalten keine seiner Stelle. Sie besorgt auch die RohRente», erzählt Theivanai Suppaiya, «aber materialien aus Bambus für die Körbe. unsere Kinder helfen uns, wenn wir et- Ihre Produkte verkauft Theivanai Suppaiya auf dem lokalen Markt. Inzwischen gewas brauchen.» hen sie kaum mehr zum grösseren Markt, der 60 Kilometer entfernt ist und nur mit Ein voller Arbeitstag Nach einem Frühstück aus Tee und ein dem Bus erreicht werden kann. Was sie paar Süssigkeiten beginnen sie mit dem von dort brauchen, bringen ihre Töchter Flechten. Kurz vor dem Mittag geht und Söhne. Diese kommen manchmal Die Körbe von Theivanai und Rathinam Suppaiya werden für die Aufbewahrung und den Transport von Gemüse und anderen Lebensmitteln oder als Hühnerkä-

Theivanai und Rathinam Suppaiya flechten Körbe und betreuen ihren Enkel.

mit ihren Kindern zu Besuch, Theivanai und Rathinam Suppaiya verlassen ihr Haus nicht mehr häufig. «Nur wenn jemand krank ist, gehen wir sie oder ihn besuchen», erzählt Theivanai Suppaiya. Und wenn sie selber krank werden, nehmen sie den Bus in die 15 Kilometer weit entfernte nächste Arztpraxis. Sechs Kinder und 30 EnkelInnen Insgesamt hat das Paar 30 EnkelInnen – das wissen sie genau. Ihr Heiratsdatum haben die beiden jedoch vergessen. «Wahrscheinlich sind wir 50 Jahre verheiratet», meint Rathinam. «30 davon haben wir im Krieg verbracht», ergänzt Theivanai. Wie die meisten der etwa 300 EinwohnerInnen ihres Heimatdorfs Panikkaiyadi, das etwa 350 Kilometer von Colombo entfernt liegt, mussten sie vor dem Bürgerkrieg fliehen. Als sie 2010 zurückkehrten, lag kein Stein mehr auf dem anderen. Nun leben sie in einer temporären Unterkunft. Mit einem Startbeitrag von Solidar Suisse konnten sie sich Bambus, Werkzeuge und ein Fahrrad für die Fahrt zum Markt kaufen. «Ich bin sehr froh, dass wir unser eigenes Einkommen haben und nicht unseren Kindern zur Last fallen müssen», meint Theivanai Suppaiya. Theivanai und Rathinam Suppaiya arbeiten bis etwa um sechs Uhr, wenn es dunkel wird. Dann ist es Zeit, auf ihrem Transistorradio Lieder aus alten sri-lankischen Filmen zu hören – ihre Leidenschaft neben dem Korbmachen.

Solidar in Sri Lanka Solidar Suisse hilft intern Vertriebenen, die nach dem Bürgerkrieg in Sri Lanka in ihre zerstörten Dörfer zurückgekehrt sind, ihre Häuser wieder aufzubauen und sich eine Existenzgrundlage zu schaffen. www.solidar.ch/vertriebene


THEMA 9

Anka und Momcilo Djurovic freuen sich an ihrer Enkelin Lena.

leben umgekrempelt Die pensionierten LehrerInnen Anka und Momcilo Djurovic erinnern sich mit Wehmut an das Leben im ehemaligen Jugoslawien. Text und Foto: Katarina Jovanovic Als Jugosla­wien noch sozialistisch war, lebten Anka und Momcilo Djurovic als GymnasiallehrerInnen in Novi Pazar, einer Stadt im Südwesten Serbiens. Die heute 69-jährige Anka unterrichtete Biologie, der 80-jährige Momcilo Franzö-

«Die Pension könnte höher sein.» sisch. Seit sie pensioniert sind, erhalten sie eine staatliche Rente. «Die Pension könnte höher sein, aber ich beklage mich nicht», meint Momcilo Djurovic. «Ich habe mein Arbeitsleben damit verbracht, Kinder zu überzeugen, dass sie das Erlernen von Fremdsprachen bereichert.» Für die beiden, die zweimal pro Jahr andere Länder bereisten, eine Selbstverständlichkeit. Auch heute noch reisen sie viel: Sie

besuchen zweimal jährlich ihre Tochter Svetlana, die mit ihrem Ehemann in Frankreich lebt, und kümmern sich um ihre Enkelin Lena. Ausserdem verbringen sie zwei Sommermonate in Bar, einer Küstenstadt in Montenegro. Weniger Geselligkeit Seit 35 Jahren sind Anka und Momcilo Djurovic verheiratet. Sie wohnen in einer Dreizimmerwohung, zusammen mit ihrer zweiten Tochter Gordana, die Forst­ wissenschaften studiert hat. Weil sie in Belgrad keine Anstellung gefunden hat, ist die 34-Jährige nach Novi Pazar zurückgekehrt. Um neun Uhr stehen die beiden auf und trinken ihren ersten Morgenkaffee. «Es ist ja nicht nötig, früher aufzustehen», meint Anka Djurovic. «Nach dem Frühstück geht Momcilo auf den Markt, um

frisches Obst und Gemüse einzukaufen. Oft begleite ich ihn. Wir gehen so häufig wie möglich zu Fuss, das tut uns gut.» Anschliessend kocht Anka, denn «wir mögen kein Fastfood. Und hier ist es nicht üblich, ins Restaurant zu gehen». Den Nachmittag verbringen die beiden zuhause oder sie besuchen FreundInnen und Verwandte. Anka Djurovic ist täglich im Kontakt mit ihrer Schwester, die ebenfalls in Novi Pazar lebt. «Bei schlechtem Wetter kommen FreundInnen zu Besuch und wir spielen Karten», erzählt sie weiter. «Doch die Besuche sind seltener geworden, die Menschen leben heute mehr für sich alleine.» Momcilo Djurovic, der aus Montenegro stammt, hat keine Verwandten in Novi Pazar: «Ich verbringe meine Freizeit mit einem Buch in der Hand und kaufe jeden Tag die Zeitung, denn ich lese nicht gerne am Bildschirm.» Schlechte Gesundheitsversorgung Ausserdem geht Momcilo Djurovic gerne schwimmen. «Ich fühle mich jünger, als ich bin, und sitze nicht gerne rum», meint er. Wegen seiner Gehörprobleme muss er dennoch manchmal ins Krankenhaus: «Ich muss das Taxi nehmen oder unsere Tochter bitten, mich hinzufahren. Die Gesundheitsversorgung ist nicht gut. Obwohl die Termine im Voraus abgemacht werden müssen, sind die Wartezeiten lang, und man kann nicht einmal sicher sein, aufgenommen zu werden», beklagt er sich. Anka Djurovic muss bis Belgrad fahren, um ihre Blutkrankheit zu behandeln, da es in Novi Pazar nicht die nötigen FachärztInnen gibt. Wehmütig erinnern sich die beiden an das Leben im sozialistischen Jugoslawien. Nie hätten sie gedacht, dass sich alles von einem Augenblick auf den anderen verändern könnte. «Ich wünschte, ich könnte die Kriege im ehemaligen Jugoslawien ungeschehen machen. Auch die ständige Sorge ums Überleben der letzten zwanzig Jahren war hart», meint Anka Djurovic. «Doch nun freue ich mich an unserer Enkelin Lena, die unser Leben verschönert und uns jünger macht.» www.solidar.ch/serbien


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Doña Flora und Don Úrsulo in ihrem Haus, das sie selbst gebaut haben.

«Zu meiner Zeit gingen die Frauen nicht zur Schule» Die Geschichte von Flora Peralta Escobar und Úrsulo López Montenegro zeigt, wie sich das Leben in Nicaragua in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Text: Nelly Miranda, Foto: Andreas Schwaiger


KOLUMNE

THEMA 11

Flora Peralta Escobar steht um vier Uhr morgens auf und wäscht sich mit eiskaltem Wasser – und das zu jeder Jahreszeit. «Deshalb haben wir infarktsichere Herzen», meint die 70-Jährige lachend. Um fünf Uhr erwacht auch ihr Ehemann Úrsulo López Montenegro, 71. Die beiden trinken Kaffee und essen die Tortillas, die

war sieben, als er eine Magen-DarmGrippe bekam. «Damals waren die Distanzen zu medizinischer Hilfe sehr weit und die Wege schwierig zu passieren», erzählt Doña Flora. «Unser Sohn dehydrierte innerhalb von vier Stunden. Ich wusste nicht, dass man so schnell an Durchfall sterben kann.» Dies würde heute nicht mehr passieren. Das nächste Ge«Wir möchten wissen, sundheitszentrum ist drei was in Nicaragua und auf Kilometer entfernt – auch der Welt geschieht.» wenn der Weg während der Regenzeit mühsam ist. Von Doña Flora zubereitet hat. Dann schleift dort gibt es nun eine Strasse zum KranDon Úrsulo die Machete, nimmt Hacke kenhaus in La Dalia. Doch in Zeiten, in und Schaufel und geht aufs Feld. Die bei- denen Schädlinge ihre Felder heimsuden sind seit 31 Jahren Mitglieder der chen – wie aktuell der Kaffeerost-Pilz – Kaffeekooperative Ramón Raudales, die haben sie kein Geld für Medikamente. So von Solidar unterstützt wird. «Von der Ko- kann Doña Flora auch ihre kaputte Leseoperative haben wir Weiterbildung, tech- brille nicht ersetzen. nische Hilfe und Saatgut er­halten. Und wir unterstützen uns gegenseitig», erzählt Bessere Schulbildung Während Don Úrsulo nur bis zur zweiten Doña Flora. Klasse und Doña Flora gar nicht zur Schule ging – «zu meiner Zeit besuchten Nachrichten und Telenovelas Manchmal begleitet Doña Flora ihren die Frauen keine Schule, sondern bereiMann zur Feldarbeit. Vor dem Mittag teten sich auf die Heirat vor» –, haben kehrt sie zurück, um zu kochen. «Wir ha- ihre fünf Töchter und vier Söhne alle eine ben das Glück, zusammen mit unseren weiterführende Schule besucht. Auf dieSöhnen, Schwiegertöchtern und EnkelIn- se Errungenschaft ist Don Úrsulo stolz: nen zu essen», meint Don Úrsulo. «Weil «Früher konnten die Armen nicht zur wir arm sind, gibt es meist Reis und Boh- Schule. Seit der Revolution ist sie gratis, nen – in schlechten Zeiten nur das eine und unsere heutige Regierung hilft den Armen. Ich bin in der Somoza-Diktatur oder das andere», ergänzt Doña Flora. Am Nachmittag bleiben sie zuhause und aufgewachsen: Wenn wir von Problemen schauen fern, vor allem Nachrichten: «Wir sprachen, wurden wir umgebracht.» möchten wissen, was in Nicaragua und Die beiden leben mit zwei Söhnen, deren auf der Welt geschieht», meint sie. «Wir Ehefrauen und drei ihrer 31 Enkelkinder schauen auch gerne Serien mit Liebes- in ihrem Haus aus Holzlatten, Wellblechgeschichten, am schönsten sind die bra- dach und Lehmboden, das sie selbst gesilianischen Telenovelas.» Seit 48 Jahren baut haben. sind die beiden ein Paar: «Nach drei Jah- Wenn sie nicht vor dem Fernseher sitzen, ren heirateten wir katholisch und schwo- spielt Don Úrsulo nachmittags Fussball ren uns ewige Liebe», erinnert sich Don oder trainiert Jugendliche dabei. Doña Úrsulo «Sie hat Armut und Schicksals- Flora besucht ihre Nachbarinnen für eischläge wie den Tod von zwei unserer elf nen Schwatz. Glücksspiele hingegen mögen sie ebenso wenig wie den Gang zur Kinder überdauert.» Kirche: «Wir sind alt und erschöpft von der vielen Arbeit, nun widmen wir uns der Zwei Söhne verloren Ein Sohn starb mit 15 Jahren im Krieg Erholung», meint Doña Flora. Anfang der 1980er Jahre, der andere www.solidar.ch/nicaragua projekte

Hans-Jürg Fehr Präsident Solidar Suisse

Einkaufsmacht nutzen Die öffentliche Hand hat viel Einkaufsmacht. Allein Kantone und Gemeinden kaufen jährlich für ungefähr 40 Milliarden Franken Waren und Dienstleistungen ein, vieles davon in Entwicklungsländern: Steine, Textilien, Sportartikel, Computer. Der Staat befindet sich als Konsument in der gleichen Situation wie wir als Privatpersonen: Er kann wählen, ob er das billigste Produkt kaufen will, das beste oder das am fairsten produzierte. Wenn ihm Fairness ein wichtiger Wert ist, fragt er nach den Arbeitsbedingungen bei der Herstellung einer Ware. Er will sie nicht denen abkaufen, die Hungerlöhne bezahlen oder denen Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz egal sind, und schon gar nicht jenen, die Kinder oder ZwangsarbeiterInnen für sich schuften lassen. Er will den fairen Marktteilnehmenden einen Konkurrenzvorteil verschaffen, nicht den unfairen. Weil die staatlichen Einkäuferinnen nicht selber beurteilen können, wie die Arbeitsbedingungen in fernen Ländern sind, stützen sie sich auf Zertifikate von spezialisierten Organisationen ab, die ihnen die notwendigen Garantien liefern. Mit dem Solidar-Gemeinderating greifen wir in die Einkaufspraxis der öffentlichen Hand ein. Wir bewerten sie und erstellen eine Fairness-Rangliste, die zeigt, wer verantwortlich handelt und wer nicht. Das Rating ist ein Werkzeug für unsere Mitglieder, die in unfairen Gemeinden wohnen und Einfluss auf die Behörden nehmen möchten, um dies zu ändern. Nutzen Sie es, wir helfen Ihnen gerne dabei.


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Trotz Reformen können alte Menschen in Bolivien von ihrer Rente kaum leben.

tieferes Renten­ alter und Mindestrente In Bolivien tragen Rentenreformen zur Versorgung alter Menschen bei, doch informelle Beschäftigung gefährdet die Finanzierung. Text: Joachim Merz, Foto: Barbara Klitzke Gegen den globalen Trend verbessert die Regierung von Evo Morales mit weitgehenden Reformen die Lebenssituation älterer Menschen in Bolivien und senkt das Rentenalter auf 58 Jahre. Das ist nachvollziehbar in einem Land, in dem die Lebenserwartung bei lediglich 67 Jahren liegt. Frauen mit drei oder mehr Kindern können sich sogar bereits mit 55 Jahren pensionieren lassen. Höhere Renten Zudem wurde eine Mindestrente eingeführt, für die es staatliche Zuschüsse gibt. Dafür muss man mindestens zehn Jahre in die Rentenkasse eingezahlt haben. Die Höhe der Mindestrente hängt vom Einkommen und den geleisteten Beiträgen ab. Wer 20 Jahre Beiträge einbezahlt hat, erhält eine Rente zwischen 130 und 220 Franken pro Monat, 35 Jahre Beitragsdauer – was kaum je-

mand erzielt – ergeben zwischen 200 und 450 Franken. Wer die gesetzlich festgelegte Summe aus eigenen Beiträgen nicht erreicht, erhält die erwähnten Zuschüsse. Diese Neuerung ist für viele Menschen essenziell, da sich ihre Rente dadurch erhöht. Die allgemeine Altersrente wiederum, die bereits von den Vorgängerregierungen eingeführt wurde, ist beitragsunabhängig. Unter der aktuellen Regierung stieg die so genannte Renta dig­nidad, die allen ab 60 ausbezahlt wird, von 27 auf 35 Franken pro Monat. Für den Staat anfallende Kosten der Rentenreform werden grösstenteils aus den Einnahmen der Erdgasexporte finanziert. Auch die ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebenden werden zur Kasse gebeten: Sie müssen zusätzlich zu den regulären Beitragszahlungen einen Solidaritätsbeitrag leisten, der für Besserverdienende höher ausfällt

Die Armutsraten in Bolivien sind in den letzten Jahren stetig zurückgegangen. Der UN-Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) zufolge ist die relative Armut zwischen 2002 und 2009 von 62,4 auf 54 Prozent gesunken, die absolute Armut von 37,1 auf 31,2 Prozent. Hauptgrund dafür ist die gute wirtschaftliche Konjunktur mit hohen Rohstoffpreisen. Die von der Regierung Morales initiierten sozialpolitischen Reformen – neben der Rentenreform auch staatliche Zuschüsse für Schulkinder und für junge Mütter – werden diese Tendenz wohl verstärken. Keine langfristige Finanzierung Trotzdem bleiben grundlegende Fragen offen. Nur 15 Prozent der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung Boliviens bezahlt Beiträge an die sozialen Sicherungssysteme. Wenig im Vergleich zum lateinamerikanischen Durchschnitt von 45 Prozent. Grund dafür ist, dass die grosse Mehrheit der BolivianerInnen informell beschäftigt ist und daher nicht einzahlt. Dieser Trend wurde in den letzten Jahren nicht gestoppt und zehrt an der Nachhaltigkeit des sozialen Systems. Um die Voraussetzungen für die Schaffung neuer Arbeitsstellen zu verbessern, unterstützt Solidar den sozialen Dialog zwischen Regierung, Arbeitgebenden und Gewerkschaften. Die Zukunft der Renten in Bolivien ist unklar. Offiziellen Berechnungen zufolge ist ihre Finanzierung für rund 30 Jahre gesichert – zu wenig für zukünftige Generationen. Und: Wer nie in die Rentenkasse eingezahlt hat – sprich die grosse Mehrheit der BolivianerInnen – erhält lediglich die 35 Franken der Renta dignidad. So auch die 64-jährige María Elena Quispe: «Die Renta dignidad reicht hinten und vorne nicht. Ich brauche die Unterstützung meiner Kinder, um einigermassen in Würde altern zu können.» www.solidar.ch/bolivien


standpunkt 13

globaler Kompass für ein würdiges alter Ein menschenwürdiges Leben für alle ist das erklärte Ziel des Social Protection Floor, der eine Basis für die Existenzsicherung alter Menschen darstellt. Text: Luca Cirigliano, SGB-Zentralsekretär Social Protection Floor (SPF) soll ein menschenwürdiges Leben und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben für alle ermöglichen. Er wird durch Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation IAO und die Uno-Menschenrechtsdeklaration garantiert. Konkret ist damit neben dem Zugang zu Dienstleistungen wie Gesundheit, Bildung, Wohnen und Hygiene auch Mobilität, Freizeit und politische Partizipation gemeint. Auch die Existenzsicherung für alle, die – sei es aufgrund von Alter, Gesund-

scheine, Wegfall von Versicherungsfranchisen, vergünstigte Bahn- oder Eintrittskarten in Museen etc. – zur Verfügung gestellt.

SPF als Garantin für ein würdiges Leben im Alter Ziel des Social Protection Floor ist, besonders verletzliche und von prekären Verhältnissen bedrohte Menschen zu schützen. So ist ein garantiertes Mindesteinkommen für alte Menschen zentral, um ihnen ein würdiges Leben zu garantieren. In Zeiten, in denen erfreuli«Ein garantiertes Mindest­ cherweise immer mehr Meneinkommen für alte schen ein hohes Alter erreichen, muss intensiv über die Menschen ist zentral» Ausgestaltung des SPF für all jene nachgedacht werden, heitszustand oder Arbeitslosigkeit – kei- die aus Altersgründen aus dem Arbeitsner Erwerbsarbeit nachgehen können, prozess ausscheiden. Die Schaffung von gehört dazu. Die konkrete Ausgestaltung Sozialwerken, die älteren Menschen ein dieses menschenrechtlichen Minimums menschenwürdiges Leben ermöglichen, unterscheidet sich von Land zu Land. Die ist also nicht nur ein Gebot der MenSozialwerke, die den SPF ermöglichen, schenrechte. Sie entspricht auch den können über staatliche Zahlungen wie wirtschaftlichen Erfordernissen einer Renten oder Sozialtransfers gespiesen vom technologischen Wandel geprägten werden. Oder es werden Dienstleistun- Arbeitswelt und den Bedürfnissen einer gen und Produkte – verbilligte oder kos- über die Generationen hinweg solidaritenlose Nahrungsmittel, Einkaufsgut- schen und dynamischen Gesellschaft.

Länderspezifische Ausgestaltung Wie erwähnt, kann und muss nicht jedes Land die gleichen Lösungen anstreben. Während ein Versicherungssystem mit Beitragszahlungen in der Schweiz gut funktioniert, ist ein solches für Entwicklungs- und Schwellenländer mit einer ausgeprägten informellen Wirtschaft, wo die Arbeitenden weder registriert sind noch Beiträge leisten, nicht umsetzbar. In Ländern des Südens mit einem grossen Anteil an jungen Menschen beinhaltet die Alters-Demographie andere Probleme als in Osteuropa oder in gewissen Regionen Asiens, wo Staat und Hilfsorganisationen durch eine ausgeprägte «Überalterung» herausgefordert sind. Gerade in Afrika, Südamerika oder Südostasien ist die niederschwellige und kostenlose Versorgung mit Dienstleistungen und Gütern eine wichtige Aufgabe eines menschenwürdig gestalteten SPF. Hier sollte die Schweiz eine Rolle spielen, indem sie Erfahrungen mit bewährten Modellen der Existenzsicherung im Alter zugänglich macht und sich in ihrer Entwicklungspolitik für eine auf die Realität des Südens angepasste Umsetzung einsetzt.


14 Notizen Qualitätssicherung bei Solidar Suisse

Bedrohter Frieden in Moçambique Ende Oktober 2013 kündigte die Oppositionspartei Renamo das seit 1992 gültige Friedensabkommen auf, nachdem Regierungstruppen das Dschungelcamp des Renamo-Präsidenten Dhlakama nahe Gorongosa gestürmt hatten. Vorausgegangen waren gewalttätige Übergriffe bewaffneter Renamo-Kämpfer auf Polizeieinheiten und ZivilistInnen in der Provinz Sofala. Seither geht die Angst vor einem neuen bewaffneten Konflikt um. Die gewalttätigen Auseinandersetzungen beeinträchtigen auch SolidarProjekte in mehreren Distrikten der Provinz Sofala. Die Projektaktivitäten sind weitestgehend sistiert, bis sich die Sicherheitslage bessert. Das Friedensabkommen hatte 1992 einen 16-jährigen blutigen Bürgerkrieg zwischen der Regierungspartei Frelimo und der Renamo beendet. Seit Mitte 2013 sind die Spannungen zwischen den beiden Parteien aber wieder angewachsen. Die Renamo, die in den vier Präsidentschaftswahlen der letzten 20 Jahre unterlag und kontinuierlich an politischem Gewicht eingebüsst hat, fühlt sich politisch wie wirtschaftlich marginalisiert. Die Uno, die katholische Kirche und Regierungen von Geberstaaten äusserten sich besorgt und forderten die Konfliktparteien zu Verhandlungen auf. Beide Seiten zeigen sich prinzipiell zum Dialog bereit, doch fordert die Renamo internationale BeobachterInnen bei den Verhandlungen.

Solidar Suisse führt das Qualitätsmanagement-System «Qualität als Prozess» (QaP) ein. QaP ist eine auf die Entwicklungszusammenarbeit zugeschnittene Version des EFQM-Modells (European Foundation for Quality Management) und wird von der Schweizerischen Vereinigung für Qualitäts- und ManagementSysteme SQS zertifiziert. Unterstützt

BWI feiert Welttag für menschenwürdige Arbeit Am Treffen der internationalen Bau- und Holzarbeitergewerkschaft BWI in Johannesburg war Aufbruchstimmung zu spüren. Immerhin feierte man am 7. Oktober 2013 den Welttag für menschenwürdige

Winterhilfe für syrische Flüchtlinge im Libanon Im November 2013 hat Solidar Suisse in Nabatyie ein Büro eröffnet, um die Nothilfe für syrische Flüchtlinge im Süden des Libanon zu koordinieren. Solidar ist neu Implementierungspartner des Flüchtlingshilfswerks UNHCR bei der Verteilung von Hilfsgütern. Im Dezember lief die Winterhilfe auf Hochtouren. 1300 Familien, d.h. etwa 10 000 Personen, haben Decken, Heizöl und Heizungen erhalten. Ausserdem wurde Bauund Isoliermaterial verteilt, damit die Menschen ihre Unterkünfte winterfest machen können. Die Hilfe wird dringend benötigt,

wird Solidar dabei von der Firma proEval. Wir nutzen die nächsten zwei Jahre dazu, nachhaltige interne Lern- und Entwicklungsprozesse einzuleiten sowie eine konsequente Wirkungsorientierung zu verankern. Zurzeit werden drei Mitarbeitende ausgebildet, die künftig diese Prozesse intern anleiten und moderieren. Dies garantiert, dass QaP nach der Phase der externen Begleitung selbständig weitergeführt werden kann.

Arbeit. Obwohl die Arbeitsbedingungen im südlichen Afrika prekär sind und keine Besserung in Sicht ist, erhielten die RednerInnen viel Beifall, nach südafrikanischer Sitte ausgedrückt in Applaus, Tanz und Gesang. So auch Regionalkoordinatorin Crecentia Mofokeng, die erklärte: «Die BWI muss wieder an die Basis, näher zu den Leuten.» Die enge Zusammenarbeit mit der südafrikanischen Regierung und dem ANC habe die eigenständige Position der gewerkschaftlichen Bewegung geschwächt. Unterstützt wurde Mofokeng durch Grussadressen von Solidar-Geschäftsleiterin Esther Maurer und dem Programmverantwortlichen für das südliche Afrika, Joachim Merz, die anlässlich ihres Süd­ afrika-Besuch aufs BWI-Podium geladen waren.

denn die Temperaturen können im Libanon tief sinken. So brachte Mitte Dezember ein Sturm Schnee und Temperaturen unter Null bis auf 500 Meter. Es kam zu lebensbedrohlichen Zuständen, wobei Klein­kinder erfroren sind.


Aktuell 15

Der Taifun Haiyan hat zerstörte Häuser und Ernten hinterlassen.

nisieren. Doch wir haben sie genutzt, um die Verteilung seriös vorzubereiten. Mit Erfolg: Es kam zu keinerlei Zwischen­ fällen.

massive zerstörung Roland Hürlimann koordiniert die SolidarNothilfe nach dem Taifun im November 2013 auf den Philippinen. Er ist beeindruckt von der grossen Solidarität der Bevölkerung. Interview: Katja Schurter, Foto: Roland Hürlimann Wie ist die gegenwärtige Situation auf den Philippinen? Es gibt weiterhin einen enormen Bedarf nach Nothilfe. Die Zerstörungen sind massiv. Im Norden von Panay, wo Solidar Suisse tätig ist, sind 80 bis 90 Prozent der Häuser und 90 Prozent der Fischerboote zerstört. Der Grossteil der Bäume liegt am Boden, die Ernte an Mais, Bananen oder Kokosnüssen wurde vernichtet. Haben die meisten Betroffenen inzwischen Hilfe erhalten? Essen wird genügend verteilt, das braucht es auch weiterhin, weil die Leute ihre Einkommensmöglichkeiten verloren haben. Am schlimmsten ist, dass es nach wie vor an Unterkünften fehlt, denn im Moment

regnet es dauernd. Gegenwärtig leben die Menschen zwischen Bauschutt. Es gibt viel Selbstinitiative und gegenseitige Solidarität auf den Philippinen. Im Gegensatz zu anderen Krisengebieten hatte ich nie den Eindruck, dass die Menschen untätig auf uns warten. Was tut Solidar konkret auf Panay? Wir haben Anfang Januar in 17 Dörfern so genannte Shelter Emergency Repair Kits an 2500 arme Familien verteilt, wovon gut 12 000 Menschen profitieren. Wir geben ihnen Wellbleche für das Dach sowie Nägel und Werkzeuge ab, damit sie ihre Häuser reparieren können. Für die Wände verwenden sie das Holz ihrer zerstörten Behausungen. Warum wurde erst so spät verteilt? In der Krisensituation brauchte es einige Zeit, um das notwendige Material zu orga-

Wie wurde eruiert, wer Hilfe braucht? Wir haben mit der Gemeindeverwaltung gesprochen, welche die Ärmsten registriert. Wir fragten sie, wo sie den grössten Bedarf sieht. Denn wir wollen nicht dort tätig werden, wo bereits Hilfe geleistet wird. Sie hat uns sehr unterstützt. In den Barangays (Dörfern) haben wir mit den von der Bevölkerung gewählten Captains gesprochen – ausschliesslich Männer. Deren Frauen haben jedoch an den Sitzungen auch Inputs gegeben. Wir erhielten Listen und verifizierten vor Ort, ob die Familien wirklich arm sind, kein Haus mehr haben und sich nicht selbst helfen können. Anschliessend hängten wir eine Liste der Begünstigten öffentlich aus und gaben den Menschen ein paar Tage Zeit, um sich zu melden, wenn sie nicht einverstanden sind – was niemand tat. Dann luden wir alle DorfbewohnerInnen zu einem Treffen ein, an dem wir erklärten, wer warum was erhält. Dieses basisnahe Vorgehen ist wichtig: Denn nur wer die Kriterien kennt, kann die Entscheide nachvollziehen. Was ist für 2014 weiter geplant? Familien, die mit dem verteilten Material nicht fachgerecht umgehen können, erhalten Zimmerleute zur Verfügung gestellt. Diese bilden wir weiter, damit sie in Zukunft sturmresistent bauen können. Dann wollen wir vier bis fünf Primarschulhäuser wieder aufbauen. In einer nächsten Phase werden die Leute unterstützt, permanente Häuser zu bauen und sich wieder eine Existenzgrundlage zu schaffen. www.solidar.ch/philippinen


16 PINGPONG Solidar-sudoku 6

2 8

3

9

4 7

4

4

6 1

8

7 4

3 1

Spielregeln Füllen Sie die leeren Felder mit den Zahlen von 1 bis 9. Dabei darf jede Zahl in jeder Zeile, jeder Spalte und in jedem der neun 3x3Blöcke nur ein Mal vorkommen. Das Lösungswort ergibt sich aus den grauen Feldern waagrecht fortlaufend, nach folgendem Schlüssel: 1 = N, 2 = T, 3 = S, 4 = D, 5 = E, 6 = P, 7 = C, 8 = O, 9 = I

7

9 6

6 2

9

3

5

Schicken Sie das Lösungswort an Solidar Suisse, per Post­karte oder per E-Mail an: kontakt@solidar.ch, Betreff «Rätsel». 1. Preis Gutschein für ein Mittagessen für zwei Personen im Restaurant Sahltimbocca 2. und 3. Preis Je ein Säckchen Schokoladenmandeln Die Preise werden vom Sahltimbocca des SAH Zürich zur Verfügung gestellt. Einsendeschluss ist der 21. März 2014. Die Namen der GewinnerInnen werden in der Solidarität 2/2014 veröffentlicht. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Von der Teilnahme ausgeschlossen sind Mitarbeitende von Solidar Suisse. Das Lösungswort des Rätsels in Solidarität 4/2013 lautete «Eine andere Welt». 52 Personen haben die richtige Lösung eingeschickt, alle erhalten ein Buchzeichen aus Bolivien. Wir danken den Mitspielenden für ihre Teilnahme.

Lösungswort

Themenvorschläge für die Solidarität Wir haben unsere LeserInnen gefragt, ob es Themen gibt, über die sie in der Solidarität gerne mehr erfahren würden. Folgende Vorschläge haben wir erhalten: Das Leben bestimmen, soziales Bodenrecht, Solidarität mit MigrantInnen, Kunst für die Welt, Empfängnisverhütung in armen Ländern, Respekt der Armen und die Verfünffachung des Preises von Quinoa wegen der grossen Nachfrage in den Industrieländern. Herzlichen Dank für die Inputs. Wir werden uns bemühen, sie aufzunehmen.

NETZWERK

SAH-Personaltag Am 15. und 16. November 2013 fand der Personaltag der regionalen SAHVereine und von Solidar Suisse in Luzern statt. Am Freitagnachmittag gab es verschiedene Stadtführungen in Luzern. Anschliessend genossen rund 130 Mitarbeitende das Abendessen im Hotel Schweizerhof und nutzten die Gelegenheit, um sich SAH-übergreifend auszutauschen und die Mitarbeitenden der

SAH beteiligt sich am Zürcher Testzentrum für Asylsuchende

verschiedenen Vereine persönlich kennen zu lernen. Der Samstag war ganz dem Thema «Partizipative Führung» gewidmet. Referate, Arbeitsgruppen und ein Podiumsgespräch, moderiert von Felix Föhn, dem ehemaligen Geschäftsleiter des SAH Zentralschweiz, boten Inputs und Diskussionsmöglichkeiten. Zwischendurch liessen sich die Teilnehmenden mit kulinarischen Köstlichkeiten aus Sri Lanka, Marokko, Bosnien und Herzegowina verwöhnen.

Die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) übernimmt zusammen mit dem Netzwerk der regionalen SAH-Vereine und weiteren Organisationen die Beratung und Rechtsvertretung im Zürcher Testzentrum für das neue Asylverfahren. Der Bund will das Asylverfahren beschleunigen und erprobt die rascheren Verfahren in einer Testphase. Dazu gehört ein ausgebauter Rechtsschutz: Asylsuchende, deren Gesuch in der Testphase behandelt wird, haben Anspruch auf unentgeltliche Beratung und Rechtsvertretung. Im Testzentrum sollen bis Ende September 2015 jährlich bis zu 1400 Asylgesuche bearbeitet werden.


kulturell 17

Remember Marikana Fotos vom ersten Jahrestag erinnern an das Massaker im südafrikanischen Marikana. Text: Joachim Merz, Fotos: Khanya College

Am 16. August 2012 starben im südafrikanischen Marikana 34 Mineure des Bergbauunternehmens Lonmin im Kugelhagel der Polizei, als diese eine Versammlung von Streikenden brutal auflöste. Weitere 78 wurden verletzt. Das Massaker von Marikana ist das schlimmste Blutvergiessen seit dem Ende der Apartheid 1994 und markiert nach Ansicht vieler BeobachterInnen einen politischen Einschnitt in der jungen südafrikanischen Demokratie: die augenscheinliche Wende hin zu einem Staat, der mit Repression und Gewalt gegen die Anliegen kritischer BürgerInnen und sozialer Bewegungen vorgeht. Die Solidar-Partnerorganisation Khanya College in Johannesburg hat zusammen mit weiteren Basisorganisationen die Kampagne «We Are All Marikana» initiiert, um sich gegen Polizeigewalt und die Kriminalisierung sozialer Proteste zu wehren. Khanya College hat ausserdem die Wanderausstellung «Remember Marikana» mit rund 40 Aufnahmen der südafrikanischen Fotografen Greg Marinovich, Leon Sadiki und Sebabatso Mosamo konzipiert. Sie dokumentiert die Ereignisse vor, während und nach dem verhängnisvollen 16. August 2012 und wurde an verschiedenen Orten in Südafrika gezeigt, um an den tragischen Vorfall zu erinnern. www.solidar.ch/suedafrika

Am ersten Jahrestag versammelten sich die Menschen in Marikana, um an das Massaker zu erinnern, bei dem 34 Streikende getötet wurden.


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«Er schlug mir mit der Vieh­ peitsche ins Gesicht» Thabang Mohlala setzt sich für die Rechte der vielen temporär Beschäftigten in Südafrika ein. Ihre Arbeitsbedingungen kennt er aus eigener Erfahrung. Text: Eva Geel, Foto: Esther Maurer


Einblick 19

Die Narbe vom Angriff eines Arbeitgebers auf Thabang Mohlala ist ein Jahr später immer noch zu sehen.

das Unternehmen, das pikanterweise dem African National Congress ANC gehört, den StrassenwischerInnen nur noch 1700 Rand (170 Franken). Solche Fälle sind Alltag in Südafrika. Die Arbeitslosigkeit steigt, immer mehr Menschen leben von Gelegenheitsjobs und Arbeit auf Abruf, Festangestellte werden durch TemporärarbeiterInnen ersetzt. Doch die Gewerkschaften kümmern sich vor allem um die Festangestellten.

Thabang Mohlala hat schon einige Schikanen am Arbeitsplatz erlebt, doch was am 15. Oktober 2012 geschah, hatte er nicht erwartet: «Als ich dem Arbeitgeber sagte, er mache sich strafbar, wenn er unserem Beratungsteam mit Prügeln drohe, schlug er mich mit seiner Viehpeitsche* ins Gesicht.» Mohlala musste ins Spital, um die Wunde nähen zu lassen. Grund für die Attacke des Arbeitgebers: Er wollte eine Gruppe streikender StrassenkehrerInnen davon abhalten, bei der Beratungsstelle Casual Workers Advice Office CWAO (siehe Kasten) Unterstützung zu holen. Denn seine Firma hatte Auflagen der Gemeinde für die Übernahme der Strassenreinigung nicht eingehalten und die Löhne widerrechtlich gesenkt. Statt dem bisherigen Monatslohn von 6000 Rand (600 Franken) zahlte

Rechtlose TemporärarbeiterInnen Auch Thabang Mohlala war Temporärarbeiter. Er begann 2002 beim Chemieunternehmen Reckitt Benckiser. Als Allroundarbeiter bekam er pro Stunde 13 Rand (1.30 Franken), die Beförderung zum Maschinisten brachte gerade mal fünf Rappen mehr. «Bei Vertragsabschluss hiess es: Unterschreib, unterschreib, unterschreib», erinnert er sich. Eine Kopie des Vertrags erhielt Thabang Mohlala jedoch nicht. Das ist gängige Praxis: Befristete Arbeitsverträge werden den Arbeitnehmenden nicht ausgehändigt, denn meist steht darin kein Enddatum. So können die Arbeitgebenden die Angestellten unter Druck setzen. Wenn jemand nicht spurt, wird das Datum nach Belieben eingesetzt. Trotzdem arbeitete Thabang Mohlala viele Jahre bei Reckitt Benckiser in Johannesburg, fast 500 Kilometer weit von seiner Familie entfernt. Seine Frau lebt mit der 13-jährigen Tochter und dem achtjährigen Sohn in Mpumalanga. Dort findet er aber keine Arbeit. «Alle zwei Monate kann ich sie besuchen.» Entlassen wegen Arbeitskampf 2011 beteiligte sich Thabang Mohlala an einem Streik der ChemiearbeiterInnen: «Die Festangestellten streikten für höhere Löhne. Wir streikten aus Solidarität mit.» Die GelegenheitsarbeiterInnen forderten einen Mindestlohn, der Sozialleistungen und Ausfall bei Krankheit beinhaltet. Der Streik nützte den Festangestellten – doch die TemporärarbeiterInnen gingen leer aus: «Daraufhin traten 480 von uns erneut in Streik», berich-

tet Mohlala. Eine herbe Enttäuschung war, dass die Festangestellten nun nichts mehr von Solidarität wissen wollten. Und es kam, wie es kommen musste: Das Unternehmen ging nicht auf die Forderungen der prekär Beschäftigten ein. Als sie schliesslich zur Arbeit zurückkehren wollten, wurden 216 von ihnen entlassen. Die Entlassenen – unter ihnen Thabang Mohlala – verklagten Reckitt Benckiser wegen missbräuchlicher Kündigung. Das Unternehmen wurde zu einer Entschädigung von sechs Monatslöhnen verurteilt. «Bis jetzt ignoriert das Unternehmen die Urteile», meint Mohlala. Zurzeit ist Thabang Mohlala befristet bei CWAO angestellt und informiert die ArbeiterInnen über ihre Rechte. «Ich wünschte, ich könnte diese Arbeit weiter machen, aber CWAO fehlt das Geld», erzählt er. Das bedauert auch CWAO, denn Mohlalas Erfahrung ist wertvoll für die Organisation – er kennt die Arbeitsbedingungen und Probleme der temporär Beschäftigten und möchte sie unterstützen: «Die ArbeiterInnen sollen ihre Rechte kennen.» Wie schwierig der Kampf ist, weiss Thabang Mohlala aus eigener Erfahrung: Nach dem Peitschenhieb zeigte er den gewalttätigen Unternehmer an: «Ich wurde nicht einmal von einem Staatsanwalt angehört. Korruption ist alltäglich in diesem Land.» * Die traditionelle Viehpeitsche, Sjambok genannt, wird heute als Plastikpeitsche verkauft und häufig in Kämpfen verwendet.

Casual Workers Advice Office CWAO Die Beratungsstelle für TemporärarbeiterInnen unterstützt seit 2011 die wachsende Zahl prekär Beschäftigter in Südafrika. Die Solidar-Partnerorganisation bietet kostenlose Beratung und rechtliche Unterstützung, z.B. über einen Free cellphone service: Bei Problemen können Arbeitende ein SMS schicken und CWAO ruft zurück. www.solidar.ch/suedafrika


danke ! Bis Ende 2013 sind über 560 000 Franken für die Opfer des Taifuns auf den Philippinen bei uns eingetroffen. Wir danken Ihnen herzlich für Ihre Solidarität. Dank Ihres Beitrags konnte Solidar Suisse Nothilfe leisten und die Betroffenen beim Aufbau ihrer zerstörten Häuser unterstützen. Ausserdem helfen wir ihnen dabei, sich wieder eine Existenzgrundlage zu schaffen. Für den Wiederaufbau nehmen wir weiter Spenden entgegen: www.solidar.ch/spenden oder PC 80-188-1


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