Solidarität 2/2010

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www.sah.ch

Das Magazin des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks SAH • Mai 2/2010

An toss Südafrika Gelbe Karte für Sepp Blatter


Editorial

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Medienschau

Liebe Leserin, lieber Leser Die Fifa muss bei sportlichen Mega-Events ihre soziale Verantwortung wahrnehmen. Bei der Fussball-WM in Südafrika hat sie dies verpasst: ArbeiterInnen auf den

Stadien-Baustellen erhielten Hungerlöhne, Slumbe­woh­nerInnen wurden umgesiedelt ohne anständige Kompen­sation. Dies alles trotz erwarteter Gewinne von zwei Milliarden Franken. Wir zeigen Sepp Blatter die

17.3.2010 Steiniger Weg zu «fairen» Produkten (…) Der Staatsrat ist der Meinung, «dass der Staat die Kriterien der nachhaltigen Entwicklung bei den öffentlichen Beschaffungen systematischer beachten muss». Dies antwortet die Regierung auf ein Postulat der SP-Parlamentarier Xavier Ganioz und Andrea Burgener aus Freiburg. (…) Eine Arbeitsgruppe werde untersuchen, (…) wie die Kriterien der nachhaltigen Entwicklung bei den Beschaffungen systematisch berücksichtigt werden könnten. Ausserdem werde sie die Ausarbeitung eines Leitfadens zuhanden der Stellen prüfen, die öffentliche Ausschreibungen durchführen. (…)

gelbe Karte und fordern: Die Fifa muss handeln! Das SAH hat im Rahmen der Kampagne «Fair games – Fair play» die südafrikanischen Baugewerkschaften darin unterstützt, bei den Vorbereitungsarbeiten für die WM Arbeitsrechte einzufordern. Die Kampagne zeigte

Wirkung: Die Löhne auf den Baustellen wurden ange­ hoben, blieben jedoch unter dem Existenzminimum. Am 22. Mai übergeben die südafrikanischen Gewerkschaften in Johannesburg die Kampagne an ihre KollegInnen aus Brasilien, wo die WM 2014 stattfinden wird. SAH-­ Präsident Hans-Jürg Fehr wird die Übergabe begleiten. In der Schweiz sammeln wir unterdessen Unterschriften zuhanden der Fifa, damit sie bei künftigen WMs soziale und arbeitsrechtliche Standards in ihre Verträge mit

19.2.2010 Fair Trade bei öffentlichen Beschaffungen (…) Das Schweizerische Arbeiterhilfswerk (SAH) lancierte vor zwei Jahren eine Kampagne, die FairTrade-Regeln auch bei öffentlichen Beschaffungen zum Thema machte. (…) Ein Leitfaden für die zuständigen Verwaltungsstellen informiert über Handlungsspielräume, internationale arbeitsrechtliche Standards und die Bedeutung von einschlägigen Labels. Die Öffentlichkeitsarbeit und etwa hundert politische Vorstösse in Gemeinden und Kantonen (…) hatten offenbar einige Wirkung. Indirekt gerieten Importeure seitens staatlicher Abnehmer unter Druck, für ihre Steine Zertifikate vorzulegen.

den Ländern aufnimmt, welche die Spiele austragen. Unter­stützen Sie uns mit Ihrer Unterschrift! Wir wissen um die Be­deutung von menschenwürdiger Arbeit in der Bekämpfung der Armut. Wir engagieren uns im südlichen Afrika in weiteren Projekten: Eines zielt auf

die Verbesserung der Bedingungen für Land­arbeiterInnen, ein anderes nutzt das Radio, um über Arbeitsrechte zu informieren. Mehr dazu auf www.sah.ch – dort finden sie auch die Petition an die Fifa. Ruth Daellenbach, Geschäftsleiterin SAH

3.2.2010 Alles, nur kein Ramsch Atelier, Projektwerkstatt, Holzwerkstatt – und dazu noch ein Laden. Stellensuchende Jugendliche stellen im «boa» nicht nur allerhand Schönes und Praktisches her, sondern können auch gleich ein Detailhandelspraktikum absolvieren. (…) Während die 25 Teilnehmenden im Bereich «Bildung» allfällige schulische Lücken aufarbeiten, Themen aus der Berufswelt vertieft angehen und sich mit der Bewerbungstechnik auseinandersetzen, können sie im Bereich «Arbeit» ihre handwerklichen und kreativen Qualitäten ins Spiel bringen. (…)


inhalt

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SCHWEIZ Werkladen Thun: Vielfältiges Angebot für Erwerbslose Das SAH Bern engagiert sich gegen die Missbrauchsdebatte in der Sozialhilfe STANDPUNKT Erhöhung der Entwicklungshilfe trotz Milliardenüberschüssen in Gefahr

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INTERNATIONAL Olivenöl als Existenzgrundlage für palästinensische BäuerInnen

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WM in Südafrika: Gewinne für die Fifa, Hungerlöhne und Vertreibung für die Armen

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SPENDEN Machen Sie mit beim WM-Tippspiel für eine gerechtere Welt

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EINBLICK Michèle Schupbach setzt sich dafür ein, dass MigrantInnen in der Schweiz ihren Platz finden 18

SCHWEIZ Im Werkladen des SAH Bern bauen Erwerbslose innere Blockaden ab und entfalten ihre Fähigkeiten, um im Arbeitsmarkt zu bestehen. S. 4–6

STANDPUNKT Obwohl die Schweiz sich verpflichtet hat, zur Halbierung der Armut beizutragen, droht sie nun bei der Erhöhung der Entwicklungshilfe zu kneifen. S. 9

Umschlagbilder: Auf den Stadienbaustellen in Südafrika erhalten die ArbeiterInnen Hungerlöhne. Fotos: Spinas | Gemperle (vorne), Emilio Pedrina (hinten)

Impressum Herausgeber: Schweizerisches Arbeiterhilfswerk SAH, Quellenstrasse 31, Postfach 2228, 8031 Zürich, Tel. 044 444 19 19, E-Mail: info@sah.ch, www.sah.ch, Postkonto 80-188-1 Zürich Redaktion: Katja Schurter (verantwortliche Redaktorin), Rosanna Clarelli, Christian Engeli, Hans Fröhlich, Alexandre Mariéthoz, Cyrill Rogger

INTERNATIONAL Das SAH fordert die Fifa auf, sich aktiv gegen Ausbeutung und für die Einhaltung der Menschen­ rechte im Rahmen der Fussball-WM einzusetzen. S. 14–15

Layout: Atelier Binkert, www.atelierbinkert.ch Übersetzungen: Irene Bisang, Marianne Enckell, Ursula Gaillard, Milena Hrdina, Walter Rosselli, Peter Schrembs Korrektorat: Angelo Ciampi, Jeannine Horni, Marianne Enckell Druck und Versand: Unionsdruckerei/subito AG, Platz 8, 8201 Schaffhausen Erscheint vierteljährlich, Auflage: 37 000 Der Abonnementspreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen (Einzelmitglieder mindestens Fr. 50.–, Organisationen mindestens Fr. 250.– pro Jahr). Gedruckt auf umweltfreundlichem Recycling-Papier.

INTERNATIONAL Mit der Umstellung auf Bio-Produktion hilft das SAH palästinensischen BäuerInnen, ihre Existenzgrundlage zu sichern. S. 11–13


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Es geht nicht allein ums Arbeiten Der Werkladen Thun des SAH Bern bietet Erwerbslosen einen Arbeitseinsatz und Weiterbildung mit dem Ziel, zurück in den ersten Arbeitsmarkt zu finden. Ein Besuch. Text: Katja Schurter, Fotos: Sabine Rock Der Werkladen öffnet um neun Uhr. Wir Besucherinnen werden freundlich be­grüsst und als erstes durch das Haus und seine verschiedenen Angebote geführt: Der Laden mit einer ganzen Reihe von Produkten aus SAH- und anderen sozialen Projekten; das Buchantiquariat im ersten Stock, wo zwei Mitarbeiter Bücher in Regale räumen; das angrenzende Nähatelier, wo die Morgensonne hereinscheint und die Teilnehmenden bereits konzentriert nähen, stricken und flicken.

«Ich schaue, dass der Laden attraktiv aussieht» Elinor Karp* arbeitet seit zwei Monaten mit einem 80-Prozent-Pensum im Werk­ laden. Sie ist für alles zuständig, was den Verkauf betrifft: Bestellungen, Sortiment, Administration und das Bedienen der KundInnen. «Ich schaue dafür, dass der Laden attraktiv aussieht, dazu gehört auch die Gestaltung des Schaufensters», erklärt sie. Das gefällt ihr, denn sie war schon immer gerne kreativ. Auch den Umgang mit Menschen ist sie gewohnt. Als Ungelernte hat sie im jungen Alter mal hier, mal dort gearbeitet, sei es in einer Bar oder als Snowboardlehrerin. Doch Elinor Karp spricht nicht gerne von früher. «Weil ich es vermasselt habe», erklärt die 31-Jährige. Als das Geld nicht mehr reichte, wandte sich Elinor Karp an den Sozialdienst. Dort wurde ihr ein Einsatz im Werkladen vermittelt: «Das Ziel ist, nach einem halben Jahr eine Stelle zu finden.» Sie würde gerne eine Büroanlehre machen oder im

kreativen Bereich arbeiten. Eine Heraus­ forderung ist für sie, alles langsam anzugehen. «Ich hatte schon stressigere Jobs», lacht sie. «Aber hier lerne ich, meine Arbeit selbst einzuteilen.» «Früher wäre Elinor nicht aus dem Arbeitsprozess rausgefallen», ist Simone Guhl überzeugt. «Weil die Zahl der Stellen für wenig qualifizierte Leute gesunken ist, werden diese viel schneller aus der Arbeitswelt herauskatapultiert als früher. Häufig sind die TeilnehmerInnen auch durch mangelndes Selbstwertgefühl blockiert. Dass sie ihre Fähigkeiten und Potenziale entdecken und entfalten können, ist unser wichtigstes Ziel.» Solche Blockaden abzubauen ist nicht immer einfach, weshalb Simone Guhl die individuelle Begleitung wichtig ist: «So kannst du die Leute befähigen, im Arbeitsmarkt bestehen zu können. Daran hängt mein Herzblut.»

Schweiz-Israel retour Im Buchantiquariat einen Stock höher recherchiert David Simcha gerade im Internet nach Büchern, die von KundInnen verlangt wurden. Er arbeitet seit einem knappen Jahr an drei Tagen in der Woche hier, berät KundInnen, holt Bücher ab, ordnet sie in die Regale ein und gestaltet das zweite Schaufenster. Ihm gefällt es hier, weil die MitarbeiterInnen im Werkladen ein gutes Team sind: «Es geht um die Wiedereingliederung in die Gesellschaft, um die gegenseitige Unterstützung. Das ist das Positive, nicht die Arbeit alleine.» Auch Simone Guhl ist dieser Aspekt wich-

tig: «Als Erfolg empfinde ich, wenn es gelingt, eine gute Atmosphäre zu schaffen, und wenn die Teilnehmenden als Team funktionieren.» David Simcha hat 16 Jahre in Israel als Silberschmied gearbeitet. Ohne Lehre hat er sich einiges an Berufserfahrung angeeignet. Doch in der Schweiz bringt ihm dies wenig: «Alle wollen ein Diplom sehen», meint er resigniert. Darüber hinaus gebe es hier nicht viele Ateliers, im Gegensatz zu Israel, das einen grossen Markt für religiöse Kultgegenstände aus Silber kenne. David Simcha ist vor zwei Jahren krank aus Israel zurückgekehrt. Zum Glück war die Behandlung in der Schweiz erfolgreich, und er hat sich gut erholt. «Seither bin ich arbeitslos.» Zwar hat er sich nach einer Ausbildung umgesehen, doch seine Bewerbung für den Vorkurs an der Schule für Gestaltung wurde abge­ wiesen. «Vielleicht lag es an meinen 47 Jahren», mutmasst er. Er kann sich vorstellen, in der Schweiz eine Stelle zu suchen oder nach Israel zurückzukehren, «aber ich müsste mich gut vorbereiten». Klar ist für David Simcha jedoch, dass er nicht zurück zum Theater will, wo er vor seinem Israel-Aufenthalt fünf Jahre tätig war. «Das macht mich schizophren. Ich bin auf der Suche, wer ich als Mensch bin, nicht auf der Suche nach einer Rolle», meint er. Dabei kommt ihm die Arbeit im Bücherladen entgegen, gibt sie ihm doch neben einer Tagesstruktur auch Impulse: «Ich kann einfach ein Buch aus dem Gestell ziehen und erfahre Neues.»


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«Hier lerne ich, meine Arbeit selbst einzuteilen.» David Simcha, Elinor Karp und Susanne Burger (v. oben n. unten) eignen sich in den verschiedenen Bereichen des Werkladens Fähigkeiten an, um wieder eine Stelle finden zu können.


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Simone Guhl, Leiterin des Werkladens, und Barbara Wandfluh, Mitarbeiterin im Nähatelier, unterstützen die Teilnehmenden auf dem Weg zurück ins Arbeitsleben.

Stricken und Flicken Im Nähatelier treffen wir auf Jian Sun*, der Handschuhe strickt. Neben der Bearbeitung zahlreicher externer Flickaufträge werden hier Produkte für den Laden hergestellt. Weil Jian Sun kein Interesse am Nähen hatte, schlug ihm Atelierleiterin Barbara Wandfluh vor, stattdessen zu stricken. Nun produziert er mit Hingabe Handschuhe, die im Laden verkauft werden. Von den beiden SAH-Mitarbeiterinnen ist Flexibilität gefordert, da sie auf zwei Ebenen arbeiten: «Einerseits muss das Geschäft mit den KundInnen funktionieren,

Werkladen Thun Der Werkladen Thun, bestehend aus Laden, Buchantiquariat und Atelier, bietet 20 Erwerbslosen einen sechsmonatigen Arbeitseinsatz im Bereich Verkauf oder textiles Arbeiten. Die Teilnehmenden erhalten eine Tagesstruktur und können sich beruflich wie persönlich weiterbilden. Das Ziel ist die Integration in den ersten Arbeitsmarkt. Es finden regelmässig Veranstaltungen statt wie zum Beispiel Lesungen für Kinder oder Büchertauschbörsen (siehe www.sah-be.ch).

andererseits brauchen die Teilnehmenden eine sinnvolle Beschäftigung. Wir müssen vernetzt denken. Eine besondere Herausforderung ist, die TeilnehmerInnen mit ihren individuellen Schwierigkeiten auch dann nicht zu überfordern, wenn alles drunter und drüber geht. Es macht Spass, aber manchmal schwirrt mir am Abend der Kopf», lacht Simone Guhl.

Übungsfeld für die Lehre Anders als Jian Sun, ist Susanne Burger* vor drei Monaten explizit wegen des Nähens ins Atelier gekommen. Sie möchte an der Berufs-, Fach- und Fortbildungsschule Bern (BFF) eine Lehre als Damenschneiderin machen. Am Tag nach unserem Besuch geht die 26-Jährige an die Aufnahmeprüfung. Sie fühlt sich dank der Arbeit im Nähatelier gut vorbereitet. Als sie ein Kind bekam, hatte Susanne Burger ihre Kochlehre abgebrochen, weil sie die Arbeitszeiten nicht mehr einhalten konnte. Seither hat sie im Service und anderswo gejobbt. Doch die allein erziehende Mutter verdiente zu wenig, um davon leben zu können: «Ich musste als Working poor zum Sozialdienst.» Zuletzt hat sie in

einer Seilerei gearbeitet. An den Maschinen war sie für das Einfädeln der Garne zuständig, «eine ‹Nifeliarbeit›, wie ich sie gerne mache», lacht Susanne Burger. Doch dann bedrängte sie ihr Vorgesetzter. Als sie seine Avancen abwehrte, erhielt sie die Kündigung, und da sie erst elf Monate dort gearbeitet hatte, blieb ihr der Gang zum Arbeitsamt verwehrt. Susanne Burger hat einen Prozess wegen ungerechtfertigter Kündigung angestrengt, das Urteil steht noch aus. Inzwischen ist ihr Kind sechs Jahre alt und wird während ihrer Arbeitszeiten von einer Tagesmutter betreut. «Wenn ich die Prüfung morgen bestehe, habe ich eine

«Wenig Qualifizierte werden schneller aus dem Arbeitsmarkt herauskatapultiert.» Lehrstelle», freut sie sich. Sie ist überzeugt, dass sie im August mit der Lehre beginnen kann. Bis dahin will sie weiter im Werkladen arbeiten: «Ich kann noch viel dazulernen, denn Barbara macht mich auf Fehler aufmerksam und zeigt mir, wie ich es besser machen kann.» * Namen geändert.


Der Missbrauchsverdacht ist eine Form von Ausgrenzung Das SAH Bern bekämpft mit einem Bericht das Misstrauen gegenüber SozialhilfebezügerInnen. Ein Gespräch mit Beat Baumann, Co-Präsident des SAH Bern und Dozent an der Hochschule für Soziale Arbeit Luzern. Interview: Katja Schurter Anlass für euren Bericht* war die Berner Debatte um Sozialhilfemissbrauch. Worum ging es dabei konkret? Im Jahr 2007 gab es zwei spektakuläre Beat baumann Fälle von SozialhilCo-Präsident femissbrauch. Ein SAH Bern Bericht des Fi­nanz­ inspektorats dazu suggerierte eine Missbrauchsquote von 30 Prozent, was hohe Wellen warf. Obwohl das Ergebnis einer verzerrten Stichprobe und keineswegs verallgemeinerbar, war die Zahl dann medial gesetzt. Es war kaum mehr möglich, das Thema sachlich zu behandeln. Was sind die wichtigsten Resultate des SAH-Berichts? Eine Missbrauchsquote von 30 Prozent ist völlig haltlos. Die SozialhilfebezügerInnen werden vom Generalverdacht des Missbrauchs befreit. Es gibt zwar Missbrauch, doch strafrechtlich relevant sind weniger als zwei Prozent. Missbrauch im weiteren Sinn – d.h. das zweckfremde Verwenden der Mittel oder das Nichtannehmen einer zumutbaren Arbeit – beträgt etwa drei Prozent und zieht keine Kosten für den Staat nach sich, da die betreffende Person das Geld zurückzahlen muss. Die SozialarbeiterInnen erkennen Fälle von Missbrauch durchaus und bringen sie auch zur Anzeige.

Es wird festgestellt, dass Missbrauch auf Seiten der Behörden nicht thematisiert werde. Was ist damit gemeint? Es gibt viele Leute, die Anspruch auf Sozialhilfe haben, ohne diese zu beantragen. Wenn Behörden die Hürden höher halten, als sie per Gesetz sind, indem sie Leute nicht über ihren Anspruch informieren oder keine beschwerdefähigen Verfügungen ausstellen, ist dies nicht okay. Was sind die Folgen des Missbrauchsdiskurses? Der Generalverdacht, unter den die laufende Debatte SozialhilfebezügerInnen stellt, ruft emotionalen Druck und Schuldgefühle hervor. So kann es vorkommen, dass sie aus Scham keine Sozialhilfe beanspruchen, obwohl sie in existenziellen Nöten sind. Ebenfalls davon betroffen sind dann häufig PartnerInnen und Kinder. Gefährlich ist auch, wenn das Sozialamt nur als Zahlstelle gesehen und sein Integrationsauftrag vernachlässigt wird. Viele bemühen sich um eine Arbeitsstelle, sind aber durch ihre Misserfolge demotiviert. Um sie wieder zu gewinnen, damit sie mit Eigeninitiative ihre Situation zu verbessern versuchen, braucht es Vertrauen zwischen Sozialarbeitenden und KlientInnen. Der Diskurs belastet jedoch das Vertrauen auf beiden Seiten. Wie kommt es zu einer solchen Missbrauchsdebatte? Gerade in wirtschaftlich schlechten Zeiten wird auf einzelne Bevölkerungsgrup-

pen, die Sozialleistungen von der Gesellschaft beziehen, medial eingeschlagen. Soziale Probleme zu individualisieren, ist eine generelle Tendenz. Dabei macht die Sozialhilfe nur einen bescheidenen Anteil des gesamten Sozialbudgets der Schweiz aus: Von 132 Milliarden Sozialleistungen im Jahr 2007 waren es lediglich 2,5 Milliarden. Gleichzeitig muss sie sich immer mehr um Bereiche kümmern, die eigentlich anderweitig finanziert werden sollten, wie z.B. die Langzeiterwerbslosigkeit. Wofür setzt sich das SAH Bern ein? Wir engagieren uns dafür, dass die Gewichtung auf sozialpolitisch relevantere Themen verschoben wird, wie Armut und soziale Ausgrenzung. Um diese zu verhindern, gibt es sinnvollere Instrumente als Sozialhilfe, zum Beispiel Ergänzungsleistungen für Familien oder die Anhebung von Niedriglöhnen. Ausserdem sollte der Sicht der Betroffenen mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Was möchtet ihr mit eurem Bericht erreichen? Wir wollen im Kanton Bern eine Fachdiskussion initiieren und organisieren dazu auch Veranstaltungen mit Sozialdiensten. Denn Sozialarbeitende sollen ihren KlientInnen nicht mit Misstrauen begegnen und sie unnötig sanktionieren. Wir möchten, dass ihre Arbeit weiterhin auf einem Vertrauensverhältnis aufbaut. * Der Bericht ist unter www.sah-be.ch zu finden.

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Notizen

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Bildung hinter Gittern wird erweitert Das SAH Zentralschweiz erhält den Auftrag, die Basisbildung im Strafvollzug schrittweise in allen Anstalten des Straf- und Massnahmenvollzugs zu verankern. Die Konferenz der Kan­ tonalen Justiz- und PolizeidirektorInnen (KKJPD) hat entschieden, das bislang von der Drosos Stiftung finanzierte Projekt «Bildung im Strafvollzug (BiSt)» ab 2011 als feste Einrichtung mit öffentlichen Mitteln durchzuführen. Die bisher in acht Pilotanstalten durchgeführte Basisbildung kann somit auf 27 Anstalten ausgedehnt werden. Bis Ende 2015 wird ein Drittel der InsassInnen einen halben Tag pro Woche die Schulbank drücken. Schweizweit werden künftig 875 Inhaftierte in 155 Lerngruppen in Lesen, Schreiben, Rechnen, im Umgang mit Computern sowie in ihren sozialen Fähigkeiten gefördert. www.sah-zs.ch

SAHltimbocca Das SAH Zürich hat Anfang Mai ein neues Arbeitsintegrationsprogramm namens SAHltimbocca gestartet. Es bietet Arbeitsplätze in der Küche und im Hauswirtschaftsbereich für 20 erwerbslose Personen mit Sprachförderungsbedarf. In Kursen und mit Deutsch­ unterricht während der Arbeit wird ein berufsorientiertes sprachliches Basis­ wissen aufgebaut. Die Teilnehmenden werden mit Coaching dabei unterstützt, Strategien für die Stellensuche zu entwickeln und sich zunehmend autonom auf offene Stellen zu bewerben. In der ersten Phase wird das dazugehörige Restaurant noch nicht für die Öffentlichkeit zugänglich sein. In einer zweiten Phase ist ein öffentliches Mittagsangebot geplant. Möglich ist auch die Öffnung einzelner Abende für kulturelle Veranstaltungen. www.sah-zh.ch

SAH Bern eröffnet neues Etcetera Am 1. Februar 2010 hat das SAH Bern in Spiez ein neues Etcetera eröffnet und so deren Zahl auf sechs erweitert. Etceteras vermitteln Menschen, die Sozialhilfe beziehen, stundenweise Arbeitseinsätze, um einen Teil ihres Einkommens selbständig zu sichern und ihre Abhängigkeit von der Sozialhilfe zu vermindern. So können sie ihre Arbeitsfähigkeit erhalten und je nachdem den Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit schaffen. Das neue Etcetera ergänzt die Beschäftigungsprogramme des SAH Bern in Spiez. Personen, die aus gesundheitlichen, zeitlichen oder sonstigen Gründen in kein Beschäftigungsprogramm vermittelt werden können, erhalten hier die Möglichkeit, einen Einsatz zu leisten. Weitere Etcetera-Standorte sind Bern, Interlaken, Langenthal, Langnau und Thun, wo das Etcetera seit April 2010 an der Oberen Hauptgasse 44 zu finden ist. www.sah-be.ch

Gelder zweckmässig eingesetzt Im März hat der Bundesrat in seiner Antwort auf den Bericht der ständerätlichen Geschäftsprüfungskommission zur Zusammenarbeit der Bundesverwaltung mit Hilfswerken festgestellt, dass es keine Hinweise auf eine Zweckentfremdung von Finanzmitteln gebe. Zusätzliche Kontrollen seien nicht nötig; es reiche, die bestehenden Mechanismen zu verbessern und systematisch anzuwenden. Die GPK zeigte sich mit der Antwort zufrieden und wird in einem Jahr die Verbesserungen im Rahmen der üblichen Nachkontrolle überprüfen. Das SAH hat im Februar einen Bericht zu Rolle und Aufgaben von Schweizer Entwicklungs-NRO herausgegeben. Er kann bestellt werden unter: www.sah.ch

Neue Leitung des SAH Tessin Per 1. Juli 2010 übernehmen Chiara Orelli Vassere und Alba Peirasso gemeinsam die Leitung des SAH Tessin. Sie ersetzen den scheidenden Fra Martino Dotta. Mit der Co-Leitung möchte das SAH Tessin einerseits der Komplexität der Realität im Kanton, auf der anderen Seite seinen vielen und unterschiedlichen Interventionsfeldern Rechnung tragen. www.sos-ti.ch


Wartet nicht auf bessere Zeiten Obwohl die Schweiz zu den GewinnerInnen der Globalisierung gehört, wollen Bundes- und Nationalrat die Entwicklungshilfe nicht erhöhen. Der Ball liegt nun beim Ständerat. Text: Michèle Laubscher

Michèle Laubscher Alliance Sud

Armut hin, Hunger her, der Nationalrat ist dem Druck des Bundesrates gewichen und hat die Erhöhung der Entwicklungszusammenarbeit auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens auf unbestimmte Zeit verschoben. Begründung: Erst einmal müsse es der Schweiz finanziell besser gehen. Besser? Entgegen aller Warnrufe erwirtschaftete der Bund im Krisenjahr 2009 einen Überschuss von 2,7 Milliarden Franken – 1,8 Milliarden mehr als budgetiert. Allein dieses ungeplante Plus würde für das 0,5-Prozent-Ziel genügen, denn nötig wären dafür rund 1,7 Milliarden Franken. Aber da wäre noch mehr: Der Ver­kauf der UBS-Pflichtwandelanleihe schwemmte weitere sieben Milliarden Franken in die Bundeskasse. Seit Monaten weisen die Wachstumsprognosen nach oben und die Arbeitslosenzahlen nach unten. Angesichts dieser Lage erblassten andere Länder vor Neid, brüsten sich jene Bundesräte, Parlamentarierinnen und Medienschaffende, die stets Gründe finden, weshalb mehr Hilfe nicht opportun sei. Sie selber müssten erröten, wenn sie auf die letzten zehn Jahre zurückblicken.

Die Schweiz stagniert Im Jahr 2000 hat sich die Schweiz zusammen mit den anderen Uno-Mitgliedstaaten verpflichtet, zur Halbierung von Armut und Hunger beizutragen und die Entwicklungshilfegelder zu erhöhen, die damals bei 0,34 Prozent des Bruttonationaleinkommens lagen. Seither hat sie von Schuldenerlassen über friedensfördernde

Aktivitäten der Armee bis zu Kosten für Asyl Suchende immer mehr Ausgaben der Entwicklungshilfe zugerechnet. So kam sie 2008 auf 0,42 Prozent. Ohne die erwähnten «Zugaben» wären es 0,34 Prozent gewesen – gleich viel wie im Jahr 2000. Das ist eine magere Bilanz für ein Land, das zu den grossen GewinnerInnen der Globalisierung gehört. Wer die VerliererInnen sind, zeigt sich seit 2007 in brutaler Deutlichkeit. Die Explosion der Nahrungsmittel- und Energiepreise schwächte die ärmsten Länder massiv. Bevor sie sich davon erholen konnten, traf sie die Wirtschaftskrise mit voller Wucht. Hunger, Armut und Krankheiten nehmen wieder zu, Kinder verlassen die Schulen, um ihren Familien im täglichen Kampf ums Überleben beizustehen. Viele Erfolge auf dem Weg zu den Millenniums-Entwicklungszielen wurden und werden noch vernichtet. Und es bleiben nur noch fünf Jahre, um sie zu erreichen.

Hilfe in Krise umso notwendiger Der Ball liegt nun beim Ständerat. Hält er im Juni seinen Kurs, muss der Bundesrat die nötigen Grundlagen liefern, damit das Parlament noch dieses Jahr über das 0,5-Prozent-Ziel entscheiden kann. Die Schweiz kann sich mehr Entwicklungshilfe leisten. Trotz der Krise. Und wegen der Krise. Sie ist besser als erwartet davongekommen. Für die ärmsten Länder gilt das nicht. Es wäre äusserst schäbig, sie mit zwei Zeilen von Erich Kästner abzuwimmeln: Einmal kommt auch Eure Zeit. Morgen ist’s noch nicht so weit.

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Spielregeln Finden Sie die Antworten auf folgende Fragen im Buchstabenfeld und streichen Sie diese Buchstaben durch. Die Antworten können vorwärts oder rückwärts, waagerecht, senkrecht oder diagonal stehen. Jeder Buchstabe kann zu mehreren Antworten gehören. Die übrig bleibenden Buchstaben ergeben das Lösungswort.

Preis Eine Flasche palästinensisches Bio-Olivenöl aus dem Projekt «Qualität plus» (siehe Artikel auf S.11).

Lösungswort:

1 Dagegen sollte sich die Fifa bei der Fussball-WM aktiv einsetzen. 2 Wer im Gefängnis dazu Zugang hat, hat bessere Chancen auf einen Neustart. 3 Das brauchen BäuerInnen in Moçambique im Moment. 4 So heisst ein Projekt des SAH Bern in Thun. 5 Dadurch erhalten Heimgekehrte in Sri Lanka mehr Bewegungsfreiheit. 6 Das SAH unterstützt palästinensische BäuerInnen, auf diese Produktion umzustellen. 7 Dieser SAH-Regionalverein wehrt sich gegen die Missbrauchsdebatte. 8 Die korrekte Schreibweise von Hilfe. 9 Damit trägt Fussball schauen zu einer gerechteren Welt bei. 10 Diese behindert den Zugang zu den Olivenhainen im Westjordanland. 11 Das möchten Menschen finden, die einen Kurs des SAH Wallis besuchen. 12 So viele Millionen Arme gibt es in Südafrika. 13 Dieser hat in Palästina Tradition. 14 Vom Entscheid dieses Rats hängt die Erhöhung der Entwicklungshilfe ab. Das Lösungswort des Rätsels in Solidarität 1/10 lautete «Willkommen». Die GewinnerInnen sind ausgelost: Raymonde und Philippe Gaume aus Le Noirmont haben eine Tasche aus Segeltuch und Vreni Staub aus Dornach hat Kerzenständer gewonnen, alles Produkte aus dem Werkladen Thun (siehe Artikel auf S. 4). Wir danken den MitspielerInnen für ihre Teilnahme und dem Werkladen für die gestifteten Preise. Einsendeschluss für dieses Rätsel ist der 21. Juni 2010. Die Namen der GewinnerInnen werden in der Solidarität 3/2010 veröffentlicht. Über den Wettbewerb wird keine Korrespondenz geführt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Von der Teilnahme ausgeschlossen sind Mitarbeitende des SAH und der SAH-Regionalvereine.

Am Solidaritäts-Barometer der letzten Nummer haben 65 Personen teilgenommen, 48 aus der Deutsch­ schweiz und 17 aus der Romandie. Wir möchten Ihnen die Antworten nicht vorenthalten:

Sollen Sprachkurse für neu in die Schweiz eingereiste MigrantInnen obligatorisch sein?

ja 81,5 % nein 15,5 % weiss nicht 3 %

Viele BefürworterInnen begründen ihr Ja damit, dass die Sprache der Schlüssel zur Integration sei. Einige betonen, dass die Kurse finanziert werden müssten. Ein günstiger Preis ohne Obligatorium führe jedoch leicht zu unregel­mässiger Teilnahme. Jemand ist der Meinung, dass ein Obligatorium vor allem für Frauen wichtig sei, denen der Mann sonst keine Teilnahme an Kursen erlauben würde. Bei den zehn Personen, die sich dagegen aus­sprechen, findet es die Mehrheit wichtig, ein leicht zugängliches, günstiges Angebot zu schaffen. Ein Argument gegen Zwang ist, dass nicht lerne, wer nicht interessiert sei.

Sollte etwas an der Schweizer Migrationspolitik verändert werden?

ja 57 % nein 7,5 % weiss nicht 20 % keine Antwort 15.5 %

Schicken Sie das Lösungswort ans SAH – mit dem beiliegenden vorfrankierten Antworttalon, einer Postkarte oder per E-Mail an: info@sah.ch, Betreff «Rätsel». Jede richtige Lösung nimmt an der Verlosung teil.

Solidaritäts-Barometer Sollte sich die Fifa aktiv gegen Ausbeutung bei der Fussball-WM einsetzen? Ist es sinnvoll, sportliche Grossanlässe wie die Fussball-WM in Entwicklungs- und Schwellenländern durchzuführen? Beantworten Sie die Fragen des Solidaritäts-Barometers auf dem beigelegten Antworttalon.

Die Personen, welche etwas verändern möchten, würden die Migrationspolitik menschenwürdiger gestalten und nicht dauernd verschärfen. Sie fordern die Regularisierung von Sans-papiers, die Schliessung des Ausschaffungsgefängnisses und mehr Offenheit bei der humanitären Aufnahme. Einige betonen, dass die Einheimischen für das Gelingen einer Integration mitverantwortlich seien: Die SchweizerInnen müssten offener sein und ein kommunales Stimmrecht für AusländerInnen geschaffen werden. Andere würden die Hilfe in den Herkunftsländern verstärken, damit die Leute nicht migrieren müssen. Drei Stimmen fordern die Ausschaffung von Straffälligen.


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Amro Kharashah vor Olivenhainen und der Sperranlage, die das Westjordanland von Israel trennt.

Existenzgrundlage dank biologischem Olivenanbau Olivenöl ist eine der wenigen verbleibenden Einkommensquellen der ländlichen palästinensischen Bevölkerung. Das SAH unterstützt die ProduzentInnen bei der Umstellung auf Bioproduktion. Text und Fotos: Cyrill Rogger Jaious liegt nahe der Stadt Qalqilia im Westjordanland. Das Haus der Familie Kharashah steht auf einer Anhöhe mit Blick über die grüne Frühlingslandschaft mit ihren unzähligen Olivenbäumen. Hier pflanzte der Grossvater in den 1950er Jahren die ersten Olivenbäume. Heute erwirtschaftet die Familie ihr Einkommen mit rund 300 Bäumen, verteilt auf sechs Hektaren Land. Während die Pflege der Plantage Männersache ist, insbesondere das Schneiden der Bäume und die Bodenbearbeitung, helfen bei der Ernte zum

Jahresende alle Familienmitglieder mit. «Das ist eine schöne Arbeit», meint Tochter Batool Kharashah. Geerntet wird von Hand. Das ist zwar arbeitsintensiv, dafür aber schonend für die Früchte, was sich durch den höheren Preis bei Tafeloliven und Olivenöl auszahlt. «Die Menge und die Qualität des Öls bestimmen massgeblich unseren Lebensstandard», sagt Vater Hasan Kharashah. Doch der Erlös aus dem Verkauf des Öls reicht nach einer schlechten Ernte nicht zum Leben. Die Familienmitglieder müssen sich mit Gele-

genheitsjobs über Wasser halten, die angesichts der geringen Bewegungsfreiheit der Menschen schwierig zu finden sind.

Mauer behindert den Zugang Vor dem Haus zeigen die beiden Söhne Mosa’ab und Amro Kharashah auf den Olivenhain der Familie. Gerne hätten wir uns die Bäume, die um diese Zeit zu blühen beginnen, aus der Nähe angeschaut. Doch diese befinden sich hinter der Mauer, die das Westjordanland auf einer Länge von 800 km vom israelischen Kern-


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Familie Kharashah, deren Olivenhain (o.) jenseits der Sperranlage liegt, beim Mittagessen (u.).

gebiet trennt. Wie ein Flusslauf schlängelt sich die von der israelischen Armee streng bewachte Sperranlage durch die Landschaft und zerschneidet landwirtschaftli-

Das Projekt «Qualität plus» «Qualität plus» ist ein gemeinsames Projekt der «Kampagne Olivenöl» (www.olivenoel-palaestina.ch) und des SAH. In enger Zusammenarbeit mit der Arab Agronomists Association (AAA) will es das Einkommen von 300 OlivenproduzentInnen in Palästina mit kompetenter Beratung und Weiterbildung erhöhen. Die Zertifizierung für biologische und faire Produktion garantiert einen höheren Marktpreis, und dank der Vermarktung des Öls durch die Kampagne in der Schweiz erhalten die Bauernfamilien eine Absatzgarantie. www.sah.ch

Ein Produzent der Kooperative Jaious (u.).

ches Anbaugebiet. Wie an vielen Orten, hält sich die Grenzziehung bei Jaious nicht an die Waffenstillstandslinie von 1949, sondern schneidet einen Teil des Westjordanlandes ab. Dies bezeichnete der internationale Gerichtshof in einem von der UN-Vollversammlung in Auftrag gegebenen, aber rechtlich nicht bindenden Gutachten als illegal. Die Mauer erschwert der Familie Kharashah die Pflege ihres Olivenhaines ungemein. Zwar erhält sie jeweils eine Bewilligung, um die Mauer zu passieren, jedoch oft nur für ein paar Stunden und nur für einzelne Familienmitglieder. Oft werden die Zeiten kurzfristig geändert. Die Kharashahs empfinden die Art und Weise der Vergabe der Passierscheine als systematische Willkür und Demütigung.

Mehrarbeit aber keine Mehrkosten Trotz der schwierigen politischen Bedingungen ist der ältere Sohn Mosa’ab

Kharashah zuversichtlich, dass die kommende Ernte überdurchschnittlich gut wird. Er verbringe viel Zeit im Olivenhain, wenn es Schule und Passierschein zuliessen, und habe die zahlreichen neuen Triebe und Blütenknospen gesehen. Saad Dagher, Leiter der Arab Agronomists Association (AAA), welche die OlivenbäuerInnen in Jaious mit Weiterbildung und Beratung unterstützt, bestätigt: «Es sieht in der Tat gut aus, doch erst nach der Blüte sind zuverlässige Schätzungen der Erntemenge möglich. Bis dahin sind die Bäume besonders anfällig auf Schädlinge wie die Olivenfliege oder Pilzkrankheiten.» 2008 hat die Kooperative Jaious, zu der sich Familie Kharashah mit 15 anderen Oli­ venproduzentInnen zusammenge­schlos­sen hat, auf biologischen Anbau umgestellt. «Das bedeutet mehr Arbeit, aber Schädlinge und Krankheiten lassen sich auch mit ­umweltschonenden Methoden in Schach halten», sagt Mosa’ab Kharashah. Er hat


Kolumne

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z­ usammen mit seinem Vater im letzten Jahr eine Weiterbildung der AAA zum ­Thema biologische Schädlingsbekämpfung besucht und erklärt, wie die leuchtenden Farben der Klebefallen die Olivenfliege anziehen, die ihnen dann im wahrsten Sinne des Wortes auf den Leim kriecht.

Bessere Qualität und höhere Erträge Hasan Kharashah sieht die Vorteile des biologischen Anbaus vor allem im höheren Erlös. «Der Preis für biologisches Öl ist in der besten Qualitätsklasse rund 20 Prozent höher, während die Kosten für die Pflege der Plantagen mit Ausnahme des höheren Zeitaufwands nicht gestiegen sind. Seit der Unterstützung des AAA im Rahmen des Projekts ‹Qualität Plus› hat sich vieles verbessert», meint er weiter. «Durch den engeren Kontakt unter den Produzenten können anstehende Probleme schneller gelöst werden, und die Beratung durch AAA schlägt sich in höheren Erträgen nieder. Der Säuregehalt im Öl – das wichtigste Qualitätskriterium – ist dank der schonenden Erntemethode und

der verkürzten Lagerdauer zwischen Ernte und Presse gesunken. Besonders wichtig sind für uns die vorteilhaften Abnahmeverträge mit der Handelsfirma, die unser Öl in die Schweiz exportiert.»

Hans-Jürg Fehr SAH-Präsident und SP-Nationalrat

Tradition des Ölbaums Die Ertragsschwankungen stellen jedoch nach wie vor ein grosses Problem dar. «Mit verbessertem Baumschnitt und einem pfluglosen Verfahren, welches das Wasser im Boden vor Verdunstung schützen soll, hoffen wir die Erträge ausgleichen und die Einkommenssicherheit der Bauernfamilien verbessern zu können», meint Saad Dagher. Entsprechende Versuche sind dieses Jahr geplant. Pläne hat auch Mosa’ab Kharashah. Er will nächstes Jahr die Ausbildung als Röntgenassistent beginnen. Er hofft, dass er auch dann noch genügend Zeit für die Arbeit im Olivenhain findet, denn er möchte die lange Tradition des Ölbaums in Palästina weiterführen. Es ist zu hoffen, dass sich dafür nicht nur die agronomischen, sondern auch die politischen Rahmenbedingungen verbessern.

Umfassende Einschränkungen lähmen Ökonomie Laut dem Bericht der ILO zur Lage in den besetzten Gebieten von 2009 haben sich die Einkommen der PalästinenserInnen im Westjordanland weiter verringert, und die Beschäftigungsaussichten bleiben düster. Der Bau der Mauer und die fortgesetzte Expansion der israelischen Siedlungen schaden den PalästinenserInnen ökonomisch: Es schliesst sie vom Zugang zu Land, Wasser und anderen Ressourcen aus, verhindert den Bau von Häusern und ökonomischer Infrastruktur und schränkt die Bewegungsfreiheit von Menschen und Gütern ein. Über die Hälfte der 15- bis 29-Jährigen besuchen weder eine Schule noch haben sie eine Arbeitsstelle. Die palästinensische Ökonomie und der Arbeitsmarkt funktionieren unter der Besetzung nicht, das Bruttoinlandprodukt ist seit 1999 um 28 Prozent gesunken. Die hohe Arbeitslosigkeit und geringe Produktivität der Beschäftigung gehen mit grosser Armut einher. Als Schlüssel für Veränderungen erwähnt der ILO-Bericht die Aufhebung der Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, die innerpalästinensische Versöhnung und Verbesserung der palästinensischen Verwaltung sowie eine Erhöhung des Beschäftigungsanteils internationaler Unterstützung. (Quelle: www.ilo.org)

Aid is tax «The correct spelling oft he word aid is tax» – die korrekte Schreibweise von Hilfe ist Steuern. Das Zitat von Jeffrey Owens, dem Leiter des Zentrums für Steuerpolitik der OECD, bringt eine Diskussion auf den Punkt, die sich in der Entwicklungspolitik immer mehr aufdrängt. Sie knüpft an die Tatsache an, dass via Steuerflucht mehr Geld aus den Ländern des Südens in die Banken des Nordens abfliesst, als umgekehrt von den Staaten des Nordens für Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben wird. Daraus folgt: Es braucht eine entwicklungspolitisch motivierte internationale Steuerpolitik mit dem Ziel, diesen Mittelabfluss zu unterbinden. Das ist leichter gesagt als getan, denn eine Allianz von Nordbanken und Südoberschichten versucht genau dies zu verhindern. Die Nordbanken kassieren üppige Provisionen für die Verwaltung der milliardenschweren Fluchtgelder, die herrschenden Südoberschichten hinterziehen in grossem Stil Steuern und betrügen ihre eigenen Völker. Die politische Aufgabe besteht darin, diese Allianz zu sprengen. An Ideen, wie das gemacht werden könnte, fehlt es nicht. Ein Abkommen über Zinsbesteuerung, wie es zwischen der EU und der Schweiz existiert, könnte bilateral oder multilateral zwischen Ländern des Südens und des Nordens ausgehandelt werden. Ergänzt werden müsste es durch ein griffiges Amtshilfeverfahren, das der Steuerflucht einen Riegel schiebt. Da die Südoberschichten dies nicht verlangen werden, ist es Aufgabe der Nordstaaten, in die Offensive zu gehen.


INTERNATIONAL

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Zum Wohl der Welt... Über 4,5 Milliarden Franken investiert Südafrika in die Fuss­ball-WM. Die Baukonzerne haben ihre Gewinne verfünffacht, die Fifa rechnet mit zwei Milliarden Gewinn. Doch bei den 20 Millionen Armen in Südafrika kommt nichts davon an. Text: Christian Engeli, Fotos: Joachim Merz

Südafrika ist ein Land, durch das auch 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid eine tiefe Kluft geht. Zwar ist die Apartheid abgeschafft, sie wurde aber durch eine wirtschaftliche Spaltung des Landes ersetzt. Trotz rasantem Wirtschaftswachstum wurden seit 1994 über eine Million Jobs vernichtet, immer mehr Menschen arbeiten informell, also ohne Arbeitsvertrag und ohne Arbeitsrechte. 40 Prozent der Bevölkerung müssen heute mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen. Die Lebenserwartung ist von 62 Jahren im Jahr 1990 auf heute unter 51 Jahre gesunken.

Menschen in Lager verfrachtet

Ist die WM eine Chance?

Cartoon von ANNA

Die Erwartungen an die Fussball-WM waren deshalb gross: Sie sollte Hunderttausende von Jobs bringen und Südafrika einen Entwicklungsschub verleihen. Die südafrikanische Regierung investierte in die Infrastrukturbauten für die WM – Fussballstadien, Zugverbindungen etc. – über 4,5 Milliarden Franken. Heute zeigt sich aber: Profitiert haben vor allem internationale Baukonzerne und die Fifa. Die ArbeiterInnen auf den WM-Baustellen hingegen wurden mit Löhnen von 2500 Rand pro Monat (etwa 360 Franken) abgespeist – weit unter den 4500 Rand, die Gewerkschaften als Existenzminimum fordern. Erst dank Streiks und internationaler Proteste* haben sich die Löhne gegen Ende der Bauzeit auf durchschnittlich 3000 Rand verbessert. Für ein menschenwürdiges Leben ist auch das zu wenig.

In Südafrika leben Hunderttausende Menschen in Slums oder sind obdachlos. An der WM 2010 will sich die südafrika­ nische Regierung den erwarteten TouristInnen und den Millionen FernsehzuschauerInnen aber als blühende Nation präsentieren. In vielen Stadtzentren sollen deshalb neue Einkaufspassagen für die zahlungskräftigen TouristInnen aus aller Welt entstehen. Dabei stören die Bilder von Elendsvierteln an den Austragungs­ orten. Aus diesen Gründen wurden und werden Zehntausende so genannter shack

dwellers (wörtlich: HüttenbewohnerInnen) umgesiedelt. Im Klartext bedeutet dies, dass shack dwellers und Obdachlose während der WM in Übergangslagern untergebracht werden. Oftmals bieten diese Camps zwar eine bessere Infrastruktur als die Slums, die Umsiedlung hat aber dennoch verheerende Folgen. Weil sich die Camps weit ausserhalb der Städte befinden, steigen die Transportkosten für Familien teilweise auf ein Existenz gefährdendes Niveau, denn die ArbeiterInnen und Schulkinder müssen jeden Tag in die Stadt fahren.


international

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Soziale Beziehungen werden auseinandergerissen. Diese Netzwerke sind aber in einem Land, in dem weder die Gesundheits- noch die Altersvorsorge funktionieren, für die Menschen überlebenswichtig.

Welche Verantwortung hat die Fifa? Auf solche Missstände angesprochen, betont Fifa-Präsident Sepp Blatter jeweils, dass nicht die Fifa selbst Arbeits- und Menschenrechtsverletzungen begehe. Verantwortlich seien vielmehr die südafrikanische Regierung, lokale Behörden, Bauunternehmen etc. Rein legalistisch mag dies stimmen. Doch mit Verlaub: In dicken Vertragswerken regelt die Fifa sämtliche Bereiche, die einen reibungslosen, Gewinn bringenden Ablauf der Spiele garantieren – von der Höhe der Grashalme auf den Spielfeldern bis hin zur zu­lässigen Bildschirmdiagonale bei Public-Viewings. Die Fifa hätte es in der Hand, griffige Regelungen zur Verhinderung von Ausbeutung und Vertreibung zu formulieren und auf Gastgeberländer, beteiligte Unternehmen und Sponsoren Druck auszuüben.

Ignoranz der Fifa Doch die Fifa setzt diesbezüglich auf Ignoranz und Gesprächsverweigerung. Dies zumindest ist der Schluss der UnoBerichterstatterin Raquel Rolnik in einem aktuellen Bericht zu den Vertreibungen in Südafrika. In den Hochglanz-Landschaften der Fifa-Broschüren und -Verlautbarungen tönt es anders. Vor ziemlich genau drei Jahren schrieb sich die Fifa mit einem neuen Slogan die soziale Verantwortung auf ihre Fahne. «For the Game. For the World»: Zum Wohl der Spiele. Zum Wohl der Welt. Bislang ist davon leider wenig zu spüren. Unterschreiben Sie unsere Petition und helfen Sie so mit, den Druck auf die Fifa zu erhöhen. * Wesentlich dazu beigetragen hat die internationale Kampagne «Fair Games – Fair Play», die vom SAH mitlanciert wurde (siehe Solidarität 2/2009).

ArbeiterInnen wehren sich gegen Hungerlöhne auf den Stadionbaustellen.

Lieber Sepp Blatter Ich fordere die Fifa auf, dass sie sich in Zukunft aktiv gegen Ausbeutung und für die Einhaltung der Menschenrechte bei der Fussball-Weltmeisterschaft einsetzt. Die Fifa muss von Ländern und Städten, die Gastgeber einer WM sein wollen, die Einhaltung der Menschenrechte verlangen. Lizenznehmer, Sponsoren und Baukonsortien müssen vertraglich verpflichtet werden, Existenz sichernde Löhne zu zahlen und die Einhaltung von grundlegenden Arbeitsrechten zu überwachen. Länder und Unternehmen, die nicht bereit sind, diese Bedingungen zu erfüllen, sollen in Zukunft keine WM mehr veranstalten können. Unterschreiben Sie unseren Aufruf an Fifa-Präsident Sepp Blatter unter www.anstosssüdafrika.ch oder auf beiliegendem Talon.


notizen

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Fahrräder für Rück­ Saatgut für kehrerInnen in Sri Lanka Moçambique Nach dem Ende des Bürgerkriegs in Sri Lanka im Mai 2009 sind über 250 000 Flüchtlinge in Lagern in der Region Vavuniya festgehalten worden. Das SAH leistete Nothilfe. Auf internationalen Druck wurde den Flüchtlingen im Dezember 2009 endlich erlaubt, nach Hause zurückzukehren. Seither haben 160 000 Menschen die Lager verlassen und sind in ihre Wohnorte im Norden Sri Lankas zurückgegangen. Da die Infrastruktur zerstört ist, müssen die RückkehrerInnen weit gehen, um Zugang zu Wasser, Schulen, Gesundheitsversorgung und Arbeitsmöglich­ keiten zu erhalten. Öffentliche Transportmittel gibt es kaum. Damit Wasser und andere benötigte Güter transportiert werden und LehrerInnen wie auch SchülerInnen wieder in die Schulen gelangen können, verteilt das SAH im Mullati­vu-Distrikt in der Region Vanni 1100 Velos mit Transportkiste.

Nachdem Moçambique 2007 und 2008 von schweren Überschwemmungen heimgesucht worden war, setzte im Oktober 2009 im Süden und Zentrum des Landes eine Dürreperiode ein. In der Folge vertrockneten rund 60 Prozent der Erstaussaat, was hohe Ernteverluste nach sich zieht. Nun ermöglichten starke Regenfälle im Februar eine Zweitaussaat und damit die Chance, den Ernteverlust wettzu­ machen. Damit hat sich aber auch die Nachfrage nach Saatgut erhöht, und die Preise sind ge­stiegen. Gerade die ärmsten Familien können es sich daher nicht leisten. Deshalb hat das SAH Anfang März 27 500 Kilo Saatgut an 5000 armuts­betroffene Familien verteilt, deren Erstaussaat zerstört worden war. Zudem arbeitet das SAH mit erfahrenen BäuerInnen zusammen, um Saatgut für dürreresistente Produkte (wie z.B. Süsskartoffeln) zu ziehen und dieses an die Gemeindemitglieder zu verteilen.

Kredit für nicaraguanische Bäuerinnen Ende 2009 hat das SAH der Bauernorganisation UNAG in Chinandega 30 000 US-Dollar für einen Kreditfonds bereitgestellt. Arme Bäuerinnen können zwischen 100 und 300 Dollar ausleihen, um z.B. eine Schweinezucht aufzubauen, Bohnen anzupflanzen oder Tortillas herzustellen. Sie können einen Kleinkredit beantragen, wenn sie als Gruppe von drei bis fünf Frauen solidarisch dafür haften. Bereits im März zeigten sich bei der Versammlung der UNAG-Frauen erste Auswirkungen: Die 185 begünstigten Frauen haben ein Einkommen, dank dem sie nicht zum Arbeiten nach Costa Rica reisen müssen, um ihren Familien das Über­ leben zu sichern. Bis dahin mussten sie das jede Saison tun, wobei die Kinder allein zurückblieben.

Afrikanische Sprachen und Kultur in der Erziehung Ende Januar fand in Burkina Faso eine Konferenz zur Integration afrikanischer Sprachen und Kultur in die Erziehung statt (siehe Solidarität 1/10). ErziehungsministerInnen aus über 20 afrikanischen Ländern kamen zusammen, um gemeinsame Schritte zur Reform der Schulsysteme zu beschliessen. Einge­laden war auch das SAH, das sich seit vielen Jahren für die mehr­ sprachige Bildung in Burkina Faso einsetzt. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die Erziehung auf den Werten und der Sprache der eigenen Kultur basieren soll und nicht auf der Erbschaft ehe­ma­liger KolonialistInnen – wie in vielen Ländern noch üblich. Jetzt ist der politische Wille und das Engagement von Regierung und Gesellschaft gefragt: Die Regierungen müssen eine Bildungspolitik entwickeln, welche die einheimischen Sprachen und die Kultur integriert. Internationale Organisationen wie die UNESCO sollen die Resultate beobachten, Mechanismen der Qualitätssicherung aufbauen und den Dialog zwischen den Ländern fördern. PartnerInnen der Entwicklungszusammenarbeit – wie z.B. das SAH – sind aufgerufen, Ressourcen zur Unterstützung im Erziehungs­bereich zu mobilisieren.


Spenden

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WM 2010 in Südafrika – tippen, gewinnen, spenden Das SAH lanciert Mitte Mai das WM 2010-Tippspiel. Gründen Sie eine eigene Tippgruppe und spielen Sie gegen Ihre Freunde und Arbeitskolleginnen. Unterstützen Sie dabei das SAH mit einer Torspende. Text: Rosanna Clarelli

Unterschreiben Sie unseren Aufruf an Fifa-Präsident Sepp Blatter: Die Fifa muss sich in Zukunft aktiv gegen Ausbeutung und für die Einhaltung der Menschenrechte bei der Fussball-WM einsetzen. Online-Petition unter www.anstoss-südafrika.ch

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Bestellen Sie die Unterlagen mit beiliegendem Antwort-Talon. Haben Sie weitere Fragen? Wir sind für Sie da: info@sah.ch oder Tel. 044 444 19 19

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Regelmässige Spenden Mit einem Lastschrift-Auftrag bei der Post oder Ihrer Bank können Sie das SAH regelmässig unterstützen, und es entstehen weder Ihnen noch uns Kosten. Nachlass-Spenden In unseren Merkblättern finden Sie wertvolle Tipps zum Erbrecht und zur Testamentsverfassung. Siehe auch www.sah.ch/testament SAH-Patenschaft Übernehmen Sie eine SAH-Patenschaft und engagieren Sie sich gezielt für gerechte Arbeitsbedingungen weltweit.

Anmeldung und Infos zu Tippspiel, Torspende und Download des Spielplans auf www.anstoss-südafrika.ch oder mit beiliegendem Antwort-Talon. Bestellen Sie den SAH-Spielplan der WM 2010 mit interessanten Infos zum Gastgeberland Süd­ afrika.

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Weitere Unter­­stüt­zungsformen

In wenigen Wochen startet in Südafrika die Fussball-Weltmeisterschaft. Damit Sie bei jedem Spiel mitfiebern können, hat das SAH ein Online-Tippspiel eingerichtet. Gemeinsam mit Ihren Arbeitskollegen, Freundinnen und Verwandten können Sie eine Tippgruppe gründen und miteinander wetten, wer die Resultate der Spiele am besten tippt. Dabei gibt es auch drei exklusive Radios «Rainbow-Nation» aus einem südafrikanischen Erwerbslosenprojekt zu gewinnen. Damit bei der ganzen WM-Freude die Probleme in Südafrika nicht vergessen werden, haben wir die «Torspende» eingebaut. Sie spenden pro Tor, das ihre Lieblingsmannschaft erzielt, einen frei gewählten Betrag. Wenn Sie beispielsweise zehn Franken pro Tor von Honduras einsetzen und dieses Team im ganzen Turnier fünf Tore schiesst, spenden Sie 50 Franken an ein SAH-Projekt in Südafrika.


einblick

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Engagement für Ausgeschlossene Michèle Schupbach Constantin unterstützt im SAH Wallis Menschen ohne Französischkenntnisse dabei, eine Stelle zu finden. Text: Alexandre Mariéthoz, Foto: Robert Hofer «Die Menschen, die unseren Kurs besuchen, stammen aus rund zehn Ländern. So komme ich in Kontakt mit verschiedensten Kulturen.» Michèle Schupbach ist beim SAH Wallis verantwortlich für einen Kurs, der MigrantInnen den Wiedereinstieg ins Berufleben erleichtern soll (siehe Kasten). Die 45-jährige Mutter dreier Kinder stammt aus Bramois in der Nähe von Sitten und kennt die Verhältnisse im Wallis bestens.

Aufschlussreiche Auslanderfahrung Michèle Schupbachs Laufbahn war stets von Begegnungen mit anderen Kulturen geprägt. Nachdem die frisch diplomierte Heilpädagogin erste Berufserfahrungen in einer Walliser Institution für Jugendliche in schwierigen Situationen gesammelt hatte, verliess sie 1991 im Alter von 26 Jahren die Schweiz in Richtung Argentinien. Fast zwei Jahre lang war sie dort für eine kleine Nichtregierungsorganisation tätig, die sich um Strassenkinder kümmerte. Zu ihrer Arbeit gehörten auch Besuche in Gefängnissen, unter anderem bei ImmigrantInnen, die in die Kriminalität abgedriftet waren. «Diese Auslanderfahrung hat mir enorm viel gebracht und meinen Wunsch verstärkt, mich für Ausgeschlossene zu engagieren.» Nach ihrer Rückkehr in die Schweiz arbeitete Michèle Schupbach in einer Institution für die Wiedereingliederung von Jugendlichen, die ihre Lehre abgebrochen haben. Parallel dazu studierte sie am Institut universitaire d’études du développement (IUED) der Universität Genf. 1996 stiess sie schliesslich zum SAH Wallis, wo sie den Kurs zur beruflichen Wiedereingliederung von MigrantInnen aufbaute.

Das Selbstvertrauen stärken Der Kurs wird von Menschen besucht, die kaum Qualifikationen vorweisen können und meist in Sektoren wie Landwirtschaft, Hotellerie, Baugewerbe oder Verkauf tätig waren. «80 bis 90 Prozent von ihnen sind Frauen», so Michèle Schupbach. «Den meisten von ihnen fehlte bislang der Kontakt zur Aussenwelt. Zudem hatten sie an ihren vorherigen Stellen kaum Gelegenheit, ihre Französischkenntnisse anzuwenden.» Hinzu kommt, dass sie meist keine Ausbildung haben, wodurch ein Wechsel des Arbeitsfeldes sehr schwierig wird. Der Schwerpunkt des Kurses ist, Französisch zu lernen. «Wenn die TeilnehmerInnen an Vorstellungsgespräche gingen, mussten sie sich früher oft von jemandem begleiten lassen, der sich auf Französisch verständigen konnte. Dank unserem Kurs werden sie unabhängiger und gewinnen mehr Selbstvertrauen.» Und damit steigen auch ihre Chancen auf eine Stelle. Michèle Schupbach und ihr Team bemühen sich, den Kurs den Bedürfnissen der Teilnehmenden anzupassen, unter anderem mithilfe des computergestützten Unterrichts. «Inserate auf dem Internet lesen und einen Lebenslauf auf dem Computer erstellen zu können, sind wichtige Pluspunkte bei der Arbeitssuche», sagt sie. Es dreht sich aber nicht alles um Sprache und Arbeitsleben. Auch Themen wie Ergonomie am Arbeitsplatz und Geografie werden behandelt.

Verständnis wecken Auch nach 14-jähriger Tätigkeit für das SAH Wallis ist meine Gesprächspartnerin

noch immer voller Begeisterung: «Wenn ich Migrantinnen und Migranten dabei helfen kann, ihren Platz hier zu finden, dann ist dies für mich nach wie vor eine grosse Genugtuung.» Neben der Arbeit hat für Michèle Schupbach ihre Familie einen grossen Stellenwert. Ihr Mann, der von 1989 bis 1992 im Tschad mit Jugendlichen gearbeitet hat, ist heute ebenfalls beim SAH Wallis tätig und dort für das Motivationssemester verantwortlich. Beide arbeiten Teilzeit und teilen sich Haushalt und Erziehungsarbeit. Dabei legen sie grossen Wert darauf, ihren drei Kindern im Alter von neun, sieben und vier Jahren bewusst zu machen, «dass es verschiedene Realitäten und Kulturen gibt». Nicht nur am andern Ende der Welt, sondern auch im Wallis.

Sprachkurs und Praktikum Im Kurs zur Wiedereingliederung ins Berufsleben (Cours d’acquisitions de base) werden Grundkenntnisse in Französisch und Rechnen sowie allgemeine Informationen und Berufspraktika vermittelt. Er richtet sich an Erwerbslose, die kein Französisch sprechen und über geringe Qualifikationen verfügen. Während des viermonatigen Kurses verbessern die Teilnehmenden ihre mündlichen und schriftlichen Französischkenntnisse, ihre Rechenfähigkeiten sowie ihre Kompetenzen bei der Stellensuche. Sämtliche Bildungsangebote des SAH Wallis sind eduQua-zertifiert. www.oseo-vs.ch


einblick

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Michèle Schupbach setzt sich dafür ein, dass die KursteilnehmerInnen unabhängiger werden und an Selbstvertrauen gewinnen.


Die Fifa muss ihre soziale Verantwortung bei der Fussball-WM wahrnehmen! Unterschreiben Sie unsere Petition: www.anstoss-s端dafrika.ch

www.sah.ch


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