SolidarMed aktuell Nr. 57 / Mai 2009

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11. Mai 2009 Nr. 57/Jahresbericht 2008 Spendenkonto 60-1433-9

www.solidarmed.ch

Gemeinsam haben wir viel erreicht R端ckblick 2008

Editorial 2 Ein bewegendes Jahr f端r Filomena 3 Aus dem Jahresbericht 2008 6 Zimbabwe: Cholera auf dem R端ckzug 7 Vermischtes 8


Editorial

SolidarMed bewahrt Babys vor HIV/Aids. Die Übertragung von HIV von der Mutter auf das Kind kann verhindert werden. Ohne Behandlung «erben» 40 Prozent der Babys HIV vor, während oder nach der Geburt von ihrer Mutter. Mit den richtigen Medikamenten und Fachwissen kann diese Quote auf 2 Prozent gesenkt werden. Bild: Silvia Bucher

Wir haben viel erreicht! Bei SolidarMed stehen Begriffe wie Wirkung, Nachhal­ tig­­keit und Effizienz im Zentrum der Arbeit. Aber wie lassen sich diese wohlklingenden Worte überhaupt mes­ sen? ­SolidarMed überprüft seine Projekte jedes Jahr nach genauen Kriterien. Daraus gehen die Zahlen hervor, die uns über die Wirkung der Projekte informieren. Seit kurzem sind die Zahlen aus dem vergangenen Jahr verfügbar und deren Auswertung stellt SolidarMed ein schmeichelhaftes Zeugnis aus. Mit Freude präsentieren wir Ihnen in dieser Ausgabe von «aktuell» einige Beispiele. Anhand der Geschichte von Filomena Amisse möchten wir Ihnen exemplarisch zeigen, was die Projekte von ­SolidarMed für die Lebensqualität eines Menschen und seiner ganzen Familie bedeuten kann. Sie fand Hilfe in einem der rund 40 von SolidarMed unterstützten Gesundheitszentren, die auch Menschen in den abgelegenen Regionen Afrikas Zugang zu medizinischer Versorgung ermöglichen. Einer der zahlreichen freiwilligen «Gesundheitsarbeiter», die SolidarMed für die Dörfer ausbildet, verhalf ihr überhaupt zu der dringend benötigten medizinischen Hilfe. SolidarMed stärkte im vergangenen Jahr über 300 lokale Gesundheitskomitees, welche die lokale Bevölkerung massgeblich an der Gesundheitserziehung und -planung beteiligen. Die 9 von SolidarMed im Jahr 2008 gebauten und unterstützten «Mütter-Wartehäuser» bieten schwan­ geren Frauen aus entlegenen Dörfern die Möglichkeit, frühzeitig ein Spital aufzusuchen. Die professionelle Ge­ burtshilfe hat einen positiven Effekt im Kampf gegen die Mütter- und Kindersterblichkeit. Solche Resultate lassen sich nur dank der grosszügigen Unterstützung von Spender/innen und Gönner/innen reali­ sieren. Sie alle verhalfen SolidarMed und damit tausenden von Menschen im südlichen Afrika zu ihrem Recht auf mehr Gesundheit.

Tanzania

Mbulu Dareda-Spital Dodoma

Dar es Salaam Ifakara

Lugala-Spital

Chiúre

Ancuabe

Zambia (ab 2009)

Moçambique

Lusaka Harare

Zimbabwe Silveira-Spital Musiso-Spital

Maputo

Lesotho

Paray-Spital

Seboche-Spital Maseru Roma

Einsatzländer SolidarMed

Impressum «SolidarMed aktuell» 57/09 SolidarMed, Obergrundstrasse 97, Postfach, CH-6000 Luzern 4, Telefon +41 41 310 66 60, Fax +41 41 310 66 62, www.solidarmed.ch Redaktion: Benjamin Gross Visuelle Gestaltung: Silvia Bucher Umschlagbild: Alexander Jaquemet, Tanzania Druck: Brunner AG, Druck und Medien, Kriens Auflage: 13 500 Exemplare «SolidarMed aktuell» erscheint vier Mal jährlich – die Mai-Ausgabe enthält eine Zusammenfassung des Jahresberichts 2008. Das nächste «aktuell» erscheint im August 2009. Das Abonnement ist im Mitgliederbeitrag enthalten. Für einen günstigeren Posttarif gelten pro Jahr fünf Franken Ihrer Spende als Abobeitrag. Mitgliedschaft: Franken 20.— für Einzelmitglieder; Franken 50.— für Vereine und Institutionen. Spenden und Mitgliederbeiträge überweisen Sie bitte mit entsprechender Mitteilung an: Schweiz: Postkonto 60-1433-9, lautend auf: SolidarMed, CH-6000 Luzern 4 Ausland: IBAN: CH090900000060014339, Swift: POFICHBEXXX, Geldinstitut: Swiss Post, Postfinance, Nordring 8, 3030 Bern, Konto 60-1433-9, lautend auf: SolidarMed, CH-6000 Luzern 4 Herzlichen Dank!

Svend Capol, Präsident SolidarMed 2 SolidarMed aktuell

SolidarMed ist ZEWO-zertifiziert und steht für einen effizienten und gewissenhaften Einsatz Ihrer Spende. Spenden an ZEWO-zertifizierte Organisationen können in den meisten Kantonen der Schweiz von den Steuern abgezogen werden. Bitte informieren Sie sich direkt in Ihrer Gemeinde.


Rückblick 2008

Ein bewegendes Jahr für Filomena Hustenanfälle, Durchfall, Kopfweh und schmerzhaft geschwollene Beine. So begann für die 26 Jahre junge Mosambikanerin Filomena Amisse das vergangene Jahr. Sie konnte kaum gehen, lag den ganzen Tag in ihrer Hütte, war im fünften Monat schwanger. Dank der Hilfe von gut ausgebildeten Gesundheitsfachleuten in den von SolidarMed unterstützen Projek­ ten wurde das Jahr trotz schwierigem Start gleich auf zweifache Weise ein erfreuliches: Filomena ist wieder wohlauf und gebar einen gesunden Jungen.

Ein Nachbar wusste Bescheid, wie krank die Schwangere zu Beginn des vergangenen Jahres war. Eines Tages teilte er dem Gesundheitsarbeiter des Dorfes seine Sorgen um die Nachbarin mit. Der Gesundheitsarbeiter ist ein von der Bevölkerung gewählter freiwilliger Helfer, der von SolidarMed in den wichtigsten medizinischen Bereichen ausgebildet wurde. Dank seines Wissens über Gesundheit ist er für die Menschen im Dorf die erste Ansprechper­ son, wenn jemand ernsthaft krank ist. Nach einem ersten Besuch empfahl er Filomena dringend im Spital Hilfe zu suchen. Mit der Erlaubnis ihres Schwagers – die lokale Tradition verlangt, dass das Familienoberhaupt mit solchen Entscheidungen einverstanden ist – nahm Filomena den ­beschwerlichen Fussmarsch ins Spital trotz ihrer schlech­ ten Verfassung auf sich. Die Diagnose des Arztes war für sie ein Schock. Filomena hatte sich mit HIV infiziert und ihre Beschwerden waren auf Aids zurückzuführen. «An­

fänglich hatte ich grosse Mühe, mich damit abzufinden», hält sie rückblickend fest. Von einer SolidarMed-Veranstal­ tung im Dorf her wusste sie Bescheid über die Krankheit und deren Verbreitung. Die Sorgen um ihr ungeborenes Kind waren gross, denn ohne Behandlung liegt das Risiko für ein Kind bei 40 Prozent, sich mit dem Virus vor, wäh­ rend oder nach der Geburt anzustecken. Hinzu kam, dass Filomena unter dem Kaposi-Sarkom litt, einem durch HIV ausgelösten Hauttumor, der nur mit einer Chemotherapie behandelt werden kann. An eine solche war jedoch wegen der Schwangerschaft nicht zu denken. Mit ihrem Mann konnte Filomena glücklicherweise alles besprechen. Beide wurden im Spital ins HIV/Aids-Be­ handlungsprogramm aufgenommen und achteten darauf, dass sie die Medikamente zur Stabilisierung von HIV im­ mer pünktlich einnahmen. Der Erfolg stellte sich bald ein: SolidarMed aktuell 3


Oft fehlt schwangeren Frauen und Kindern der Zugang zu einer HIV/Aids-Therapie. Um dem entgegenzuwirken, bietet SolidarMed die Therapie auch in entlegenen Gesundheitszentren an. Mütter können dank der richtigen Behandlung weiterhin für ihre Familie da sein.

Die Beschwerden verschwanden, die Kräfte kamen zurück und beide konnten wieder für ihre Familie sorgen und den drei Töchtern ein Zuhause bieten. Besser noch: Dank der richtigen Therapie in dem von SolidarMed unterstützten Spital konnte die Übertragung des HI-Virus auf den noch ungeborenen Sohn verhindert werden. Heute ist der Jun­ ge zwei Jahre alt und kerngesund. Filomena ist eine von mindestens 4 100 Menschen, die im Jahr 2008 in den Pro­ jektgebieten vor dem Tod durch HIV/Aids bewahrt werden konnten.

SMART gegen HIV/Aids Das Projekt SMART von SolidarMed beinhaltet die Thera­ pie, die bei Filomena das HI-Virus unter Kontrolle brachte. An Medikamenten für die Betroffenen mangelt es nicht, sie erreichen aber zu selten die HIV/Aids-Kranken in den abgelegenen Gebieten. Das zeigt ein Beispiel aus Tanza­ nia, einem anderen Projektland: Globale Initiativen wie der «Global Fund» oder «PEPFAR» unterstützen die Regie­ rung finanziell, um die HIV/Aids-Therapie landesweit zur Verfügung zu stellen. Diese Medikamente erreichen aber die betroffenen Menschen in den entlegenen Gebieten nur ungenügend oder gar nicht. Insbesondere benachteiligte Bevölkerungsgruppen wie schwangere Frauen und Kinder bleiben aussen vor. 4 SolidarMed aktuell

SolidarMed arbeitet sehr nahe an der einheimischen Bevöl­ kerung. Trotzdem braucht es sehr viel Arbeit und Finger­ spitzengefühl, die Menschen in der Region überhaupt ein­ mal davon zu überzeugen, sich testen zu lassen. Mit über 240 Veranstaltungen in den Dörfern kämpfte SolidarMed im vergangenen Jahr gegen die Stigmatisierung von HIV/ Aids-Kranken. Solche Anlässe sind sehr wirksam. Insge­ samt konnten im vergangenen Jahr rund 145 000 Menschen informiert werden. Nur wer informiert ist über die Krank­ heit, lässt sich testen und erhält falls notwendig die entspre­ chende Therapie. Dass diese Anstrengungen wirken, zeigen die Zahlen aus dem vergangenen Jahr eindrücklich: Insge­ samt wurden von SolidarMed 40 237 Menschen auf HIV getestet. Mittlerweile sind 16 000 HIV-positive Menschen registriert. Davon profitieren bis jetzt die oben erwähnten 4 100 von der Behandlung. 300 davon sind Kinder. Viele dieser Kinder werden vor, während oder nach der Geburt zu Trägern des Virus. In Tanzania werden jährlich 72 000 Babys vor ihrer Geburt oder als Neugeborene zu Trägern von HIV. Viele kommen mit einer Lungenentzün­ dung, chronischem Durchfall oder den Symptomen einer anderen Kinderkrankheit in eine Gesundheitseinrichtung, wo ihnen HIV/Aids diagnostiziert wird. 30 Prozent der HIV-positiven Kinder sterben im ersten Lebensjahr, wenn sie nicht von Geburt weg medizinisch betreut werden.


SolidarMed verbessert die medizinische Versorgung der Menschen in zwei ländlichen Distrikten in Moçambique. Hier in Ancuabe wurde 2008 das medizinische Angebot entscheidend verbessert. Bereits profitieren die Menschen in 52 von 75 Dörfern von dem Angebot von SolidarMed. Bilder: Silvia Bucher

Um diese Kinder besser zu schützen, legte SolidarMed 2008 besonderen Wert auf Tests bei schwangeren Frauen. 22 858 schwangere Frauen konnten im vergangenen Jahr zu diesem Schritt bewegt werden. 609 tansanische HIVpositive Frauen erhielten anschliessend Medikamente und das notwendige Wissen, um die noch ungeborenen Kinder zu schützen. SMART wurde 2008 in allen Partnerspitälern und Gesund­ heitszentren von SolidarMed in Tansania, Moçambique, Lesotho und Zimbabwe durchgeführt. Dank der Unterdrü­ ckung des HI-Virus durch die lebensrettende ART (viren­ hemmende Therapie) erholt sich bei vielen Patienten das Immunsystem. Dank lebenslanger Therapie gewinnen sie ihr gesundheitliches Wohlbefinden zurück und können ih­ ren Alltag wieder selber meistern.

Zugang für alle schaffen Die Dezentralisierung der HIV-Dienstleistungen hat vor allem in Tansania und Lesotho in den letzten Monaten be­ deutende Fortschritte gemacht. Nicht zuletzt, weil beides Länder sind, in denen der Staat mithilft, die Bevölkerung in den abgelegenen Gebieten durch Gesundheitszentren zu erreichen. In Ancuabe (Moçambique) konnte SMART 2008 sogar um ein Spital erweitert werden.

Dass die Bevölkerung über die Gefahren und Chancen be­ züglich HIV/Aids informiert ist, ist entscheidend für den Erfolg der Bemühungen. Dank ihrer positiven Erfahrung hilft nun auch Filomena Amisse mit, in ihrem Dorf dieses Wissen zu verbreiten. Auf die Frage, ob sie offen über ihre Krankheit spricht, entgegnet sie: «Ja! Ich habe meinem jün­ geren Bruder von meiner Krankheit erzählt und davon, dass es mir dank der HIV/Aids-Behandlung wieder viel besser geht. Er will sich jedoch nicht testen lassen, da er keine Be­ schwerden hat. Und das, obwohl seine Frau auch schon seit längerem schwer krank ist.» Filomena hofft noch immer, ihren Bruder von der Arbeit der Gesundheitszentren zu überzeugen. Ohne seine Erlaubnis kann sich ihre Schwäge­ rin nicht behandeln lassen, da ihr ansonsten die Scheidung droht und sie ohne Einkommen dastehen würde. Noch ist viel Präventionsarbeit nötig. Mit dem notwendigen Respekt, Fingerspitzengefühl, Wissen und den richtigen Medikamenten können HIV-positive Menschen ein lebens­ wertes Leben führen und ihre Aufgabe in der Gesellschaft weiterhin wahrnehmen. Filomena ist der beste Beweis! ▪

Die folgende Seite gibt einen Einblick in den Jahresbericht 2008 und zeigt, dass SolidarMed die Ressourcen effizient einzusetzen weiss.  SolidarMed aktuell 5


Aus dem Jahresbericht 2008

Die vorangegangenen Seiten zeigen anhand von Beispielen auf, was SolidarMed in den Projekten im vergangenen Jahr bewirkte. Der zeitgleich mit dieser Ausgabe «SolidarMed aktuell» erscheinende Jahresbericht 2008 gibt einen trans­ parenten Einblick in die Zahlen von SolidarMed.

Herkunft der Mittel

Spenden (36,1 %)

Die höheren Einnahmen wirkten sich positiv für die Men­ schen in den Projektländern aus. Insgesamt flossen 6 Mio. Franken in die Programme in Lesotho, Moçambique, Tan­ zania und Zimbabwe. Im Bereich der Buchhaltung gelang die erfolgreiche Ein­ führung eines neuen, einheitlichen Systems für alle Pro­ jektländer. Die Abläufe wurden angepasst, die Struktur verändert und eine neue Software führte zu zusätzlicher Klarheit und Effizienz.

Beiträge Medicor (8,9 %)

Beiträge LED (20,6 %)

Beiträge DEZA (34,4 %)

Verwendung der Mittel

Sensibilisierung (3,6 %)

Fundraising (4,2 %) Verwaltungsaufwand (6,6 %)

Die wichtigsten Zahlen der Jahresrechnung 2008: Projekte in Afrika (85,6 %)

▪ Für das Jahr 2008 weist SolidarMed ein positives Jahres­ ergebnis von 2 269 Franken aus. Die Spendeneinnahmen waren mit 952 000 Franken leicht rückläufig.

Zusammensetzung der Einnahmen (Herkunft der Mittel) und Ausgaben (Verwendung der Mittel) 2008

▪ Die Bilanzsumme beträgt per Ende 2008 rund 4,8 Mio. Franken. Der um 1,4 Mio. Franken höhere Betrag ist auf den Zufluss von Projektmitteln zurückzuführen.

SolidarMed-Vereinsmitglied werden ▪ Das Organisationskapital ist durch die Rückführung des Kapitals der SolidarMed-Stiftung von 50 000 Fran­ ken und aufgrund des positiven Jahresergebnisses auf 841 693 Franken angestiegen. ▪ Der Betriebsertrag konnte auf 7 Mio. Franken gesteigert werden. Ungefähr im gleichen Verhältnis erhöhte sich der Projektaufwand. Dieser liegt bei 6 Mio. Franken.

6 SolidarMed aktuell

SolidarMed ist als Verein organisiert. Werden Sie Mit­ glied und helfen Sie aktiv, die Gesundheit der Menschen im südlichen Afrika zu verbessern. Die vier Ausgaben des «SolidarMed aktuell» und der Jah­res­bericht sind im jährlichen Beitrag (CHF 20.— für Einzelmitglieder; CHF 50.— für Institutio­nen) eingeschlossen. Kontakt: Lisbeth Bühlmann, l.buehlmann@solidarmed.ch oder Telefon 041 310 66 60. Postkonto: 60-1433-9 (Vermerk: Mitgliederbeitrag). Herzlich Willkommen!

Vollversion des Jahresberichts 2008

Dank

Sie können die Vollversion auf unserer Webseite: www.solidarmed.ch unter der Rub­r ik «Publikati­ onen» als pdf-Datei herunterladen – oder in ge­ druckter Form (bitte genaue Anschrift notieren) per E-Mail bestellen: s.lerch@solidarmed.ch

Auch im vergangenen Jahr setzten sich viele Menschen für die Ziele von ­SolidarMed ein. Sie engagierten sich in Fachkommissionen, für Spen­den­sammlungen, an Ak­ tionstagen, in Pfarreien und in regionalen Gruppen. Allen ein herzliches Dankeschön!


Tanzania

Zambia

Moçambique

Harare Zimbabwe

Silveira-Spital Musiso-Spital

Lesotho

Zimbabwe: Cholera auf dem Rückzug Im letzten «aktuell» berichteten wir ausführlich über die Probleme des Gesundheitssystems in Zimbabwe. Unter­ dessen gibt es wenigstens bezüglich Cholera-Epidemie eine vorläufige Entwarnung. SolidarMed-Arzt Dr. Christian Seelhofer ist seit sieben Jahren in Zimbabwe im Einsatz. Im Interview erzählt er, wie er die Epidemie erlebt hat. „aktuell“: Die Cholera beherrscht seit Monaten die Berichterstattung über Zimbabwe in der Schweiz. Wie akut ist die Situation im Moment? Seelhofer: Unterdessen ist die Epidemie wieder gröss­ tenteils unter Kontrolle. In unseren Spitälern haben wir nicht mehr so viele Fälle wie damals. In den vergangenen Wochen hat sich die Situation dank der Hilfe von interna­ tionalen Organisationen stark verbessert. Medikamente, angelieferte Flüssigkeit, ausländische Ärzt/innen und das einheimische Gesundheitspersonal trugen massgeblich zur Stabilisierung der Situation bei. Im Moment sehe ich keine wesentlichen Engpässe mehr. Warum konnte sich die Cholera so stark verbreiten? Das hat verschiedene Gründe: Einerseits kam die Reaktion auf die Krankheit viel zu spät. Der Ausbruch wurde lange Zeit verleugnet. Dazu kamen die erschwerten Lebensver­ hältnisse der Erkrankten. Oft sind sie zu schwach, um den Weg ins nächste Spital auf sich zu nehmen. Die Transport­ kosten können sie sich auch nicht leisten. Das Silveira-Spital und das Musiso-Spital waren von der Cholera beeinträchtigt. Wie wirkte sich dies auf die Arbeit von SolidarMed aus? Das Silveira-Spital ist eine Anlaufstation für allgemeine Er­ krankungen. Es gibt keine räumlich abgetrennte Isolations­ abteilung. In Musiso ist dies der Fall. Die Cholera bedeutete einen Mehraufwand, der durch den ohnehin herrschenden Personalmangel nur schwer zu leisten war. In den Spitälern lagen zusätzlich schwer kranke Patient/innen, die mit aus­ reichend Flüssigkeit versorgt werden mussten.

Das Silveira-Spital verfügt über keine Isolationsabteilung. Um die Verbreitung der Cholera im Spital zu verhindern, behandelte SolidarMed die Patient/innen unter dem Vordach des Laborgebäudes. Bild: Eugen Anderhalden

Die Spitäler waren also nicht auf die Cholera vorbereitet? Nein. Das ist auch nicht ihre Aufgabe. Dank der auslän­ dischen Hilfe wurden so genannte «Camps» aufgebaut, in denen alle Durchfallerkrankungen untersucht wurden. Für die Bekämpfung der Cholera haben sich diese Camps sehr gut bewährt, viele Patient/innen konnten direkt wie­ der nach Hause. Nur Schwerkranke kamen ins Spital. So konnten sich die Spitäler wieder mit voller Kraft um die restlichen Patient/innen kümmern. Indem dass die Spitäler nicht direkt in die Bekämpfung der Cholera eingebunden wurden, sollte verhindert werden, dass die Bakterien sich im Spital verbreiteten. ▪

Sauberes Wasser für Silveira Die Leitungssysteme in Zimbabwe stammen gröss­ tenteils noch aus der Zeit der weissen Siedler. Seit der Unabhängigkeit wurde nur wenig saniert. Die marode Wasserver- und entsorgung ist mit ein Grund für die beispiellose Ausbreitung der Cholera in den letzten Monaten. Zur Versorgung mit sauberem Wasser verfügt das Silveira-Spital eigentlich über eine Quelle und vier Bohrlöcher. Von den Bohrlöchern funktioniert jedoch nur noch eines einwandfrei, ein anderes noch halbwegs. Die Quelle und die zwei weiteren Bohrlöcher liefern kein Wasser mehr. SolidarMed nimmt 2009 die umfassende Sanierung der Wasserversorgung am Silveira-Spital in Angriff, um die Patient/innen und das Personal weiterhin mit sauberem Trinkwasser versorgen zu können. SolidarMed aktuell 7


Vermischtes Sonntag, 17. Mai 2009, 10.00 -12.00 Uhr, Hochschule Soziale Arbeit, Werftstrasse 1, Luzern, Raum PL 142/143

Drei Vorträge über die Eigenheiten des afrikanischen Gesundheitssystems Marcel Dreier: Vom Dienst an den Kranken zur medizinischen Entwicklungszusammenarbeit Der Basler Historiker Marcel Dreier forscht über die Ge­ schichte des ländlichen Gesundheitssystems in Tanzania. Für seine Studien öffnete SolidarMed das Archiv mit seinen unzähligen Zeitdokumenten. Der Vortrag beschreibt den Wandel der Entwicklungszusammenarbeit auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung in Tanzania, wo SolidarMed seit fast 80 Jahren mitwirkt. Der Blick auf diese Geschichte bringt viel Bemerkenswertes zum Vorschein. Niklaus Labhardt: Was traditionelle Heiler anders machen. Die mangelhafte Verständigung zwischen Patient/innen und medizinischem Personal aus Europa brachte schon grosse Gesundheitsprogramme zum Scheitern. Die lokale Bevölkerung wurde wegen des soziokulturellen Grabens nur teilweise oder überhaupt nicht erreicht. Zahlreiche Stu­ dien, die in jüngerer Zeit in Afrika durchgeführt wurden, weisen auf gravierende Mängel in der Kommunikation zwischen medizinischen Fachpersonen und ihren Patient/ innen hin. Niklaus Labhardt stellt in seinem Vortrag Re­ sultate aus mehreren Studien in Kamerun vor. Dabei zeigt

Der Graben ist kleiner als am Spital: Traditioneller Heiler trinkt Palmwein mit einer Patientin Bild: Niklaus Labhardt

er auf, was traditionelle Heiler im Umgang mit ihren Kun­ dinnen und Kunden anders machen als das Spitalpersonal. Thomas Gass: Zu weit, zu spät: Was tragen Dorfgesundheitsarbeiter zur medizinischen Versorgung bei? In Tanzania sucht nur eine Minderheit der Eltern eine Ge­ sundheitseinrichtung auf, wenn ihr Kleinkind Anzeichen einer Lungenentzündung hat. Drei von vier Frauen gebä­ ren ohne professionelle Geburtshilfe. Und nur jeder fünfte HIV/Aids-Patient ist in Therapie. Drei Beispiele, die auf­ zeigen, vor welch grossen Herausforderungen das Gesund­ heitswesen in Tanzania steht. Die Ursache des Problems ist in allen drei Fällen die gleiche: Es ist zu weit zum nächsten Spital. Die Folge davon: Die Menschen kommen zu spät in medizinische Behandlung.

Stellenwechsel  Moçambique: Im April reiste Marianne Villaret nach Moçambique aus, um von Frank Haupt die Leitung des Bereiches «Com­ munity Health» zu übernehmen. Ende Mai geht in Chiúre der Einsatz von Architekt Andreas Walther zu Ende. Für den Bereich «Bau» ist neu Paul Holenstein verantwortlich.  Tanzania: Mit Peter Hellmold ist SolidarMed seit Mitte April zum ersten Mal mit einem Arzt am Lugala-Spital in Tanzania vertreten.  Zambia: Seit Mai ist in Zambia Raphaela Scholz als Landeskoordinatorin im Einsatz. Im Juni werden das Ärztepaar Helge Köhler und Chanel Sinha, begleitet von Tochter Lia Roshan, ans St. Lukes-Hospital in ­Mpanshya ausreisen.  Schweiz: Auf der SolidarMed-Geschäftsstelle ist Sandra Lerch neu für Em­pfang und Administration zustän­ dig. Sie freut sich über Ihre Kontaktaufnahme via E-Mail: s.lerch@solidarmed.ch oder per Telefon: 041 310 66 60. Allen ein herzliches Dankeschön für ihr Engagement!

Agenda  Samstag, 16. Mai 2009 und Sonntag, 17. Mai 2009 in Luzern: SolidarMed-Generalversammlung mit öffentlichen Vorträgen am Sonntag (siehe oben). Das Online-Anmeldeformular und weitere Details finden Sie auf unserer Website: www.solidarmed.ch unter «News & Events».

Die Stiftung ZEWO hat ein neues Logo: Das Gütesiegel zeichnet gemeinnützige Organisationen für den gewissenhaften Umgang mit den ihnen anvertrauten Geldern aus. Es bescheinigt den zweckbestimmten, wirtschaftlichen und wirkungsvollen Einsatz von Spenden und steht für transparente und vertrauenswürdige Organisationen mit funktionierenden Kontrollstrukturen, die Ethik in der Mittelbeschaffung und Kommunikation wahren. Diese Organisationen werden regelmässig auf die Einhaltung der Kriterien geprüft. www.zewo.ch  SolidarMed ist ZEWO-zertifiziert! 8


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