SolidarMed aktuell Nr. 58 / August 2009

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Nr. 58 / 18. August 2009 Spendenkonto 60-1433-9

www.solidarmed.ch

Afrika braucht dringend

Gesundheitspersonal

Editorial 2 Zambia: Mangel an medizinischem Personal 3 Tanzania: Theater gegen HIV/Aids 6 Zimbabwe: Bildung Gesundheitspersonal 7 Stephan Lichtsteiner ist SolidarMed-Botschafter 8


Editorial

Auf dem afrikanischen Kontinent leben 14 Prozent der Weltbevölkerung, auf welche ein Viertel der weltweiten «Krankheits­belastung» fällt. Nur 1,3 Prozent aller Angestellten im Gesundheitswesen sind in dieser Region im Einsatz. Die HIV/Aids-Epidemie hat durch den Tod von Gesundheitspersonal bei gleichzeitig steigender Patientenzahl die Situation zusätzlich verschlimmert. In den ländlichen Spitälern, wie zum Beispiel im «St. Lukes Mission Mpanshya Hospital» (Bild rechts) sollen mehr medizinische Fachleute arbeiten. Ab 2010 bildet SolidarMed jährlich 20 aus, also doppelt so viele wie heute.

Afrika braucht dringend Gesundheits­personal

Die Herausforderungen im Kampf gegen Armut und Hun­ ger können nur erfolgversprechend bewältigt werden, wenn die Staaten zu einer Partnerschaft finden, die geprägt ist von gegenseitiger Achtung und vom Prinzip der Fairness. Entwicklung ist nur zwischen gleichberechtigten Partnern möglich, was wiederum bedeutet, dass das Weltwirtschafts­ system neu ausgerichtet werden muss.

Tanzania

Mbulu Dareda-Spital Dodoma

Grundlage jeder nachhaltigen Entwicklung ist die Bil­ dung. Sie ermöglicht es den Menschen, ihre Situation zu reflektieren, die Gesellschaft zweckmässig zu organi­ sieren und dem Prinzip der Gleichberechtigung Nachach­ tung zu verschaffen.

Ifakara Lugala-Spital

Ancuabe Chiúre

Zambia Jeder meiner Besuche in Partnerländern des Liechtenstei­ nischen Entwicklungsdienstes hat mir vor Augen geführt, wie wichtig, aber auch erfolgversprechend Projekte sind, die die Verantwortung in die Hände der ortsansässigen Be­ völkerung legen und sie zu einem gleichberechtigten Part­ ner machen. So hat mich auch die Arbeit von SolidarMed in Zambia überzeugt. Das «Medical Licentiate»-Projekt ist ein Ausbildungsprogramm für medizinische Berufe, das ganz auf die Notwendigkeit in diesem Land abge­stimmt ist. Es bildet Menschen im Gesundheitsbereich aus, um die ländliche medizinische Versorgung zu verbessern und nimmt die Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft in die Pflicht. Entwicklungsprozesse sind Lernprozesse. Sie müssen richtig angelegt sein und benötigen Geduld und Zeit. Von einer verbesserten Gesundheitsversorgung auf dem Land profi­tieren Frauen, Kinder und Männer. Das «Medical Licentiate»-Projekt ist eingebettet in die nationale Strate­ gie des Gesundheitsministeriums und ermöglicht deshalb eine nachhaltige Entwicklung. Diese Perspektive lässt mich hoffen, bedeutet aber auch Verpflichtung, sich weiter für die notleidende Bevölkerung zu engagieren. Otmar Hasler, ehemaliger Regierungschef Liechtensteins. Er hat die politische Landschaft im Fürstentum Liechtenstein von 2001–2009 nachhaltig geprägt. Im März 2009 besuchte er das «Medical Licentiate»-Projekt in Zambia.

Dar es Salaam

Mpanshya-Spital Lusaka

Moçambique

Chainama College Kafue-Spital

Harare

Livingstone-Spital

Zimbabwe Silveira-Spital Musiso-Spital

Maputo

Lesotho

Paray-Spital

Seboche-Spital Maseru Roma-Spital

Impressum «SolidarMed aktuell» 58/09 SolidarMed, Obergrundstrasse 97, Postfach, CH-6000 Luzern 4, Telefon +41 41 310 66 60, Fax +41 41 310 66 62, www.solidarmed.ch Text: Benjamin Gross Gestaltung: Silvia Bucher Umschlagbild: Moçambique, Maurice Haas Druck: Brunner AG, Druck und Medien, Kriens Auflage: 15 000 Exemplare «SolidarMed aktuell» erscheint vier Mal jährlich – das nächste im November 2009. Das Abonnement kostet jährlich CHF 5.— und wird einmalig von Ihrer Spende abgezogen. Für Mitglieder ist es im Jahresbeitrag enthalten. Mitgliedschaft: CHF 50.— für Einzelmitglieder; CHF 80.— für Familien und Institutionen. Spenden und Mitgliederbeiträge überweisen Sie bitte mit entsprechendem Vermerk an: Schweiz: Postkonto 60-1433-9, lautend auf: SolidarMed, CH-6000 Luzern 4 Ausland: IBAN: CH090900000060014339, Swift: POFICHBEXXX, Geldinstitut: Swiss Post, Post­finance, Nordring 8, 3030 Bern, Konto 60-1433-9, SolidarMed, CH-6000 Luzern 4 Herzlichen Dank! SolidarMed ist ZEWO-zertifiziert und steht für einen effizienten und gewissenhaften Einsatz Ihrer Spende. Spenden an ZEWO-zertifizierte Organisationen können in den meisten Kantonen der Schweiz von den Steuern abgezogen werden. Bitte informieren Sie sich direkt in Ihrer Gemeinde.


Brennpunkt

Bild: Martina Weber

In Zambia fehlen 1500 Ärzte In einem Land, in dem es für kranke Kinder und Erwachsene oft ums nackte Überleben geht, kümmert sich 1 Arzt um 40 000 Menschen. Jedenfalls statistisch gesehen – in der Praxis aber sehen die meisten nie einen Doktor. Seit diesem Jahr setzt sich SolidarMed auch in Zambia für die Gesundheit der benachteiligten Kinder, Frauen und Männer ein. Das afrikanische Binnenland Zambia beeindruckt mit sei­ nem Reich­t um an Naturschätzen. Die tosenden Victo­r ia­ fäl­le des Zambesi-Flusses oder die atemberaubenden Na­ tionalparks mit ihrer beeindruckenden Vielfalt an Tieren und Pflanzen im Herzen Afrikas sind nur zwei Beispiele dafür. So reich Zambia an Naturwundern ist, so arm lebt die Be­völkerung.

Zambia universitär ausgebildeten Ärzte sind heute im Aus­ land tätig oder arbeiten für den Staat in der Admi­nistration. Weil sie andernorts bessere Bedingungen vor­finden, ist es schier unmöglich, gut ausgebildete Medizi­ner/innen zu halten. In vielen ländlichen Regionen Afrikas führte die Abwanderung sogar zu einer ernsten Krise. Das zeigt auch das Beispiel Zambia.

Armut ist eines der grössten Probleme der Menschen Zambias. 64 Prozent aller Leute müssen mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen. Die Regierung hat mitt­lerweile auf die wirtschaftliche Krise reagiert und mit einem radikalen Sparkurs konnte während der letzten Jah­ re wenigstens die Inflation etwas gebremst werden. Diese Massnahmen wirken sich jedoch auf das Gesundheitswe­ sen aus. Wegen ungenügender Bezahlung ziehen viele vom Staat angestellte medizinische Angestellte vom Land in die Städte, andere finden Arbeit bei privaten Unternehmen – in der Folge fehlen wichtige Fachleute. 80 Prozent der in

Um wirksam zu arbeiten, braucht das sambische Gesund­ heitswesen rund 2 300 Ärzt/innen. Im Jahr 2005 konnten aber beispielsweise nur 646 Stellen besetzt werden. Dieser akute Mangel an Personal trifft einmal mehr die länd­ liche Bevölkerung am härtesten. Ausserhalb der grossen Städte gibt es derzeit durchschnittlich nur einen Arzt pro 40 000 Einwohner. Um die Millenniums-Entwicklungs­ ziele der UNO zu erreichen, sollte für 4 000 potenzielle­ Patient/innen ein Arzt zur Verfügung stehen. Als Ver­ gleich: In der Schweiz «teilen» sich derzeit 489 Menschen  Seite 4 einen Arzt. SolidarMed aktuell

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Brennpunkt 

Das Land braucht dringend Ärzt/innen, die eine Diagnose erstellen und wenn nötig auch operieren können. Vor allem aber auch solche, die in den abgelegenen Gebie­ten arbei­ ten. In Zambia, wo 170 von 1 000 Kindern ihren 5. Ge­ burtstag wegen vermeidbaren Krankheiten nicht erleben, könnten viele Leben gerettet werden. SolidarMed und der Liechtensteinische Entwicklungs­dienst LED (Kasten un­ ten) begegnen dem akuten Mangel an Ärzten in Zambia seit Anfang 2009 mit der Unterstützung des «Medical Licentiate»-Programms (Kasten Seite 5), dank dem in Zu­ kunft doppelt so viele Ärzte pro Jahr ausgebildet werden. Zu Beginn die­ses Jahres reiste der ehemalige Liech­ tensteinische Regie­rungschef Otmar Hasler, mit einer Delegation des LED ins Pro­jektland, um sich ein Bild der Arbeit von SolidarMed zu machen. «SolidarMed aktuell» durfte ihn während der Reise über seine Ein­ drücke befragen. SolidarMed aktuell: Sie reisten in Ihrer Funktion als Regierungschef schon in verschiedene afrikanische Län­der. Was fiel ihnen an Zambia besonderes auf? Otmar Hasler: Ich habe den Eindruck, dass im Unter­ schied zu andern Ländern, die ich besucht habe, hier schon vieles geleistet wurde und eine gute Grundlage für wei­ tere wichtige Schritte vorhanden ist. Die Ausbildung der «Medical Licentiates-Ärzten», die wir hier gemeinsam mit SolidarMed initiieren, kann von davon nur profitieren. Warum ist ein Engagement für den Liechtensteinischen Entwicklungsdienst in Zambia wichtig? In Zambia finden wir zu unseren Schwerpunktthemen die passenden Aufgaben und Herausforderungen. Ausserdem arbeiten hier die für unsere Projekte geeigneten, zuverlässi­ gen Partner. SolidarMed überzeugt, weil es die Grundsätze befolgt, die auch für uns stimmen: Entwicklungen anstos­ sen und eine gute Basis schaffen. Zambia scheint dafür als Land besonders geeignet zu sein. Das zeigt sich auch an der konstruktiven Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern.

Liechtensteinischer Entwicklungsdienst (LED) Die privatrechtliche Stiftung Liechtensteinischer Ent­ wicklungsdienst implementiert im Auftrag der Re­ gie­r ung die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit Liechtensteins. Der LED ist in 13 Schwerpunkts­ ländern in den Sektoren Gesundheit, Bildung und ländliche Entwicklung tätig. Im Jahr 2008 setzte er CHF 19.9 Millionen um. Der LED und SolidarMed ar­ beiten seit mehreren Jahren in Chiúre, Moçambique, zusammen, seit 2009 nun auch in Zambia. www.led.li 4

SolidarMed aktuell

Der LED unterstützt in diesem Fall ein Gesundheitsbil­ dungsprojekt von SolidarMed. Warum lohnt es sich in Bildung zu investieren? Bildung und Gesundheit gelten als Grundlage für jede weitere Entwicklung. Fehlendes Wissen kann einen gros­ sen Einfluss auf die gesundheitliche Verfassung der Men­ schen haben – oft mit tragischen Folgen. Wir haben die Möglichkeit, mit unseren Mitteln einen Bildungsprozess anzustossen, der sich mit der Zeit selber trägt und nach­ haltig wirkt. Vor Ihrer Zeit als Regierungschef waren Sie Sekun­ darlehrer. Welche Bedeutung hat Bildung für Sie persönlich? Mir ist sehr bewusst, dass Bildung ein hohes Gut ist. Ohne Bildung gibt es nur sehr wenige Perspektiven für die Einzelnen und eigentlich auch für jedes Kollektiv. Ganze Gesellschaften und Länder profitieren von gut ausgebil­ deten Fachleuten. Ich bin davon überzeugt, dass die in diesem Projekt ausgebildeten Gesundheitsexperten einen positiven Effekt auf die ganze Gesellschaft haben. Was fällt Ihnen an der Arbeit von SolidarMed beson­ ders auf? Die Arbeit von SolidarMed beobachte ich schon seit langem. Ich stelle einen ausserordentlich hohen Grad an Idealismus und Professionalität fest. Eine erfolgreiche Or­ ganisation braucht beide Komponenten. Die Projekte von SolidarMed sind gut komponiert, sehr strukturiert und nachhaltig angelegt. So bringt SolidarMed viel Hoffnung in die armen Gegenden und schafft gute Voraussetzungen für die Gesundheit der Bevölkerung. Ihre Meinung als Politiker interessiert uns: Wie wert­ voll ist Entwicklungszusammenarbeit (EZA) für In­ dustrienationen? Was bringt uns dieses Engagement? Erstens ist EZA ein Akt der Solidarität! Es ist eine ur­ christliche Handlung, die selbstverständlich sein muss. Zweitens haben wir auch ein direktes Interesse daran, dass sich unsere Partnerländer im Süden zu gleichberechtigten Partnern entwickeln. In der globalisierten Welt erreicht man mit einer partnerschaftlichen Beziehung am meisten. Im Übrigen glaube ich auch, dass ein solches Engagement der Psychohygiene eines Volkes sehr gut tut. Möchten Sie abschliessend noch etwas anfügen? Ja. Ich bin dankbar für diese gute Partnerschaft. SolidarMed ergänzt den LED in idealer Weise. Ein herzli­ ches Dankeschön für die gute Zusammenarbeit.


Alarmierende Zahlen aus Zambia: – 68 Prozent der Menschen können weder lesen noch schreiben – Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt 42 Jahre – 170 von 1 000 Kindern sterben innerhalb der ersten 5 Lebensjahre – 1 Arzt auf 40 000 Menschen (Schweiz: 1 Arzt auf 489 Menschen)

Bild: Martina Weber

«Nicht-universitäre Ärzte» gegen den Personalmangel im Gesundheitswesen Eine Antwort auf den akuten Mangel an Ärzten in Zambia ist das staatliche Programm zur Ausbildung von nichtuniversitären Allgemeinmedizinern, sogenannten Medical Licentiates (ML) am Chainama College. Dabei handelt es sich um ein Auf baustudium für bereits ausgebildete Hilfsärzte (Clinical Officers) mit zweijähriger Berufser­ fahrung. Clinical Officers üben eine tragende Funktion im sambischen Gesundheitswesen aus und arbeiten meist in ländlichen Gesundheitszentren. Das ML-Studium vertieft die Fachgebiete innere Medizin, Pädiatrie, Gynäkologie und Chirurgie und befähigt die Studierenden selber Diagnosen zu erstellen, zu operieren und Distriktspitäler zu leiten. Die Ausbildung ist auf das Wichtigste reduziert und nur regional anerkannt. Dies reduziert wiederum die Ab­ wanderung, was sich positiv auf den enormen Bedarf an Medizinern in Zambia auswirkt. Das ML-Programm ist speziell auf die sambischen Bedürfnisse und Gegebenheiten ausgelegt.

Dank SolidarMed doppelt so viele Ärzte pro Jahr Insgesamt dauert die Ausbildung zum ML-Arzt drei Jahre, wovon sechs Monate für den Theorieunterricht aufge­ wendet werden. Die Student/innen absolvieren vier praktische Trainingseinheiten à vier Monaten in unterschied­ lichen Ausbildungskrankenhäusern. Den Abschluss bildet ein Jahrespraktikum. Angestrebt wird, künftig doppelt so viele ML-Ärzte pro Jahr zur Hälfte der Kos­ten auszubilden. Um dieses Ziel zu erreichen, unterstützt SolidarMed drei Ausbildungskrankenhäuser in Mpanshya, Livingstone und Kafue mit je einem Spezialisten. Diese unterrichten zusätzlich im Rahmen der theoretischen Ausbildung. Durch gezielte Investitionen sichert SolidarMed die Anerkennung der neuen Ausbildungsspitäler durch das Chainama College. Ein weiterer SolidarMed-Berater unterstützt das College selber bei der institutionellen Entwicklung. Das Projekt ist durch den LED finanziert. SolidarMed aktuell

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Tanzania

Kinder proben für ein bevorstehendes Dorftheater. Im Stück werden auch sensible Themen wie sexuell übertragbare Krankheiten thematisiert.

«SolidarMed aktuell»: Was tun die Gesundheitsarbeiter/ innen nach ihrer Ausbildung in den Dörfern konkret? Mary Yagalla: Sie gehen zurück in ihre Dörfer und moti­vieren Schüler, Jugendliche, Fischer und Frauen, HIV-Diskussionsgruppen zu gründen. Die Dorf­ge­sund­ heitsar­bei­ter/innen informieren dabei stets auch über die Mög­lichkeit, sich auf HIV testen zu lassen und verkaufen Kondome. In Tanzania ist es kulturell üblich, soziale Kon­ flik­te in Form von Rollenspielen und Theaterstücken zu thematisieren. Gemeinsam mit dem Kulturbeauftrag­ten des Distrikts koordinieren die Gesundheitsar­­beiter/innen dorfeigene The­atergruppen.

Bild: Alexander Jaquemet

Dorftheater gegen HIV/Aids Im Distrikt Ulanga im Süden Tanzanias leben rund 7 000 Menschen mit HIV/Aids. Um die weitere Verbreitung der Immunschwächekrankheit einzudämmen, braucht es einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel, auch bei heiklen Themen. Um die Leute zu erreichen, bildet SolidarMed in den 70 Gemeinden des Distrikts je zwei Personen zu Dorf­ gesundheitsarbeiter/innen aus, welche die Menschen in den Dörfern sensibilisieren. Mit Rücksicht auf die lokalen Bräuche und Gewohnheiten werden traditionelle Kommu­ nikationsformen verwendet. Dies kann ein Theaterstück sein, in dem das Thema HIV/Aids angesprochen und der Umgang damit thematisiert wird.

Bild: SolidarMed

Die tansanische Projektleiterin von ­SolidarMed, Mary Yagalla, koordiniert die vierwöchige Ausbildung dieser freiwilligen Dorfgesundheitsarbeiter/innen. «SolidarMed aktuell» hat mir ihr gesprochen: 6

SolidarMed aktuell

Worum geht es bei diesen Theaterstücken? Kürzlich spielte eine Gruppe ein Theater über die Ge­ Bild: Thomas Gass schichte von zwei jugendlichen Mädchen, deren Eltern für mehrere Monate in die Reisfelder arbeiten gehen. Die Töchter lassen sie alleine zu Hause. Die Mädchen kommen in dieser Zeit beide in sexuellen Kontakt mit Männern, die ihnen dafür etwas Geld fürs Überleben geben. Eines der Mädchen wird schwanger und steckt sich mit HIV an. Als die Eltern zurückkehren, schickt der Vater das Mädchen mit Schimpf und Schande fort. Diese Geschichte berührt zentrale Probleme des Lebens im Dorf. Die Theatergrup­ pe involviert dann jeweils das Publikum und es entstehen Diskussionen und Debatten darüber, wie solche Familien­ dramen verhindert werden können. Im Zentrum der Ausbildung steht der Ansatz «Stepping Stones» (Sprungbretter). Worum geht es da? Die Kernüberlegung von Stepping Stones ist, dass sich lokale Gemeinschaften in Gedanken auf eine Reise bege­ ben, um ihre Einstellung und ihr Verhalten in Bezug auf Sexualität und HIV/Aids zu überdenken. Unter Anleitung von Dorf­gesundheitsarbeiter/innen lernen die Menschen, offen und respektvoll über das Thema Sexualität und HIV/ Aids zu diskutieren. Was macht SolidarMed konkret? Wir bilden 140 Freiwillige aus mit dem Ziel, dass sie in ihren Dörfern nach dieser Methode Jugendliche und andere Gruppen motivieren, diese «gedankliche Reise» mitzumachen. In einem ersten Schritt werden die Teil­ neh­mer/innen unseres Kurses ermutigt, ihre eigenen Vor­ stellungen und Verhaltensweisen in diesen heiklen The­  Seite 7 men kritisch zu hinterfragen.


Zimbabwe

Wer spricht diese Themen an? Jedes Dorf hat in einer Versammlung zwei Bewohner/ in­nen bestimmt, die in der lokalen Bevölkerung res­pek­ tiert werden und denen man vertraut. Mit diesem Aus­­­ wahlverfahren wollen wir sicherstellen, dass die Dorf­ gesund­heitsarbeiter/innen von der lokalen Bevöl­ke­r ung akzeptiert sind. SolidarMed bildet sie anschliessend aus.

Strenge Sitten in der wieder eröffneten Schwesternschule Von Maggie und Andreas Widmer, SolidarMed Musiso-Spital, Zimbabwe

Im Januar 2009 durften wir die Schwesternschule am Musiso-Spital nach einer langen Zwangspause und ei­ner Teilrenovation wieder eröffnen. Jedes Jahr er­ hal­ten nun wieder 22 Schüler/innen die Möglichkeit, sich während einer 3-jährigen Ausbildung zur Pflege­ fachangestellten ausbilden zu lassen. So wurden am Eröffnungstag die Pflegedienstleiterin, die beiden Ärzte und die Spitaladministratorin feierlich ins Klassenzimmer geladen. Als wir eintraten, standen alle auf und begrüssten uns im Chor. Die Schüler/innen wa­ ren alle in einen weissen Kittel gekleidet, immer zwei an einem kleinen Tisch. Wichtigster Teil der Eröffnungsfeier war das Verlesen der Schulregeln: Wann man abends im Zimmer sein muss. Wann Bettruhe ist. Unter welchen Umständen Besuch empfangen werden darf. Ausserdem definieren die Regeln die Länge eines Damenrocks, der bis mindestens unters Knie reichen muss. Abends mal noch ein Bier trinken in Jerera geht nicht. Für Gänge ausserhalb des Missionsareals braucht es eine Ausgangsbewilligung. Andreas fühlte sich stark an seine Militärzeit erinnert. Du meine Güte! Und das müssen die Schüler/innen drei Jahre lang durchhalten. Als er eine Bemerkung machte, dass die Regeln verglichen mit der Schweiz doch deutlich strenger sind, lachten alle. Für die Zimbabwer/innen ist das normal.

Bild: Eugen Anderhalden

In der wiedereröffneten Schwesternschule im Musiso-Spital werden jährlich 22 dringend benötigte Pflegefachangestellte ausgebildet.

Krankenpflegeschule am Musisio-Spital Die Krankenpflegeschule am Musiso-Spital in Zim­ babwe wurde mit Projektgeldern von SolidarMed reno­ viert. Intakte Gebäude waren eine Grundvoraussetzung dafür, dass der Unterricht nach langem Unterbruch im Januar 2009 überhaupt wieder aufgenommen werden konnte. SolidarMed unterstützt die Schule zusätzlich mit Lehrmitteln. Die ausgebildeten Pflegefachleute sind eine gewichtige Stütze im Gesundheitssystem Zimbab­ wes. Sie nehmen vielseitige Aufgaben wahr und sind die wichtigste Ansprechperson für die Patient/innen. Zusätzliche Informationen über SolidarMed in Zim­ babwe finden Sie unter  www.solidarmed.ch.

Schuluniformen, Schlafsäle oder Stockschläge gehören für die meisten seit Beginn ihrer Schulzeit dazu. Ge­ nauso wie eine starke Autoritätsgläubigkeit und strenge ­Hie­rarchien. So ist dann auch das geplante Interview mit der Schulleitung und zwei Studentinnen kurz­f ristig geplatzt. Man müsse für ein solches Vorhaben erst eine Erlaubnis der oberen Autoritäten einholen, war die Be­ gründung für die Absage. So schreiben wir diesen Be­r icht nun halt «illegal». ▪ SolidarMed aktuell

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Vermischtes

Prominente Unterstützung aus der Fussball-Nationalmannschaft Stephan Lichtsteiner, Spieler der Schweizer FussballNationalmannschaft und italienischer Cupsieger mit Lazio Rom, macht sich für die Gesundheit der Men­ schen im südlichen Afrika stark. Während der kurzen Spielpause im Juni bereiste Lichtsteiner das ländliche Moçambique, um die Arbeit von SolidarMed kennen zu lernen. So konnte er sich mit eigenen Augen ein Bild davon machen, unter welchen Bedingungen die Men­ schen in der Region leben und wie SolidarMed hilft. Die Reise führte ihn in eine Gegend, die nichts mit der glamou­ rösen Welt des Profifussballs gemein hat.

Helfen ist Herzenssache Für Lichtsteiner ist die Partnerschaft mit SolidarMed Herzenssache: «Als Sportler ist mir sehr bewusst, wie wertvoll die Gesundheit für einen Menschen ist. Das Engagement der Mitarbeitenden von SolidarMed für die ländliche Bevölkerung hat mich tief beeindruckt. Wenn ich meinen Teil für eine bessere Gesundheit die­ ser Leute beisteuern kann, helfe ich gerne.» Als Bot­ schafter will Lichtsteiner in verschiedenen Aktionen auf

Bild: Maurice Haas

Fussball verbindet: Während der Reise nach Moçambique nutzte der Fuss­baller und SolidarMedBotschafter Stephan Lichtsteiner jede Gelegenheit, um mit den Einheimischen um die Wette zu kicken.

die Probleme im südlichen Afrika hinweisen. Gerade auch im Hinblick auf die bevorstehende Fussball-Weltmeister­ schaft, die in dieser Region durchgeführt wird. Fotos und Filme von Stephan Lichtsteiner in Mo­çam­bique:  www.solidarmed.ch unter «Botschafter».

Neue Kartensujets für Kondolenzspenden: Viele Menschen von Hinterbliebenen möchten auf Blumen verzichten und wünschen sich stattdessen eine Spende für einen karikativen Zweck. Falls Sie im Gedenken an eine/n Verstorbene/n für SolidarMed eine Spende tätigen möchten, können Sie bei uns Kondolenz­ karten bestellen: Sandra Lerch: s.lerch@solidarmed.ch oder per Telefon 041 310 66 60.

Stellenwechsel  Lesotho: Im Juni endete der Einsatz von Jürg Oehninger als Senior Technical Officer CHAL in Lesotho. Er arbeitete im Auftrag von SolidarMed sechs Jahre in dieser Funktion, wofür wir ihm ganz herzlich danken möchten.

Agenda  Mittwoch, 26. August 2009 am Jazz Festival Willisau: The African Jazz Allstars. SolidarMed präsentiert den in der Schweiz lebenden Ghanesen Peter John Kofi Donkor. Er spielt in verschiedenen Percussionsensembles, von Solo über Trio bis zur Big Band. Mit dem Trio «Wings of a Dove» spielt er soulgeladene Afrorhythmen, die ihre Wurzeln in Ghana haben. SolidarMed ist an diesem Abend Gast in Willisau und während dem ganzen Festival (www.jazzwillisau.ch) mit einem Stand mitten im musikalischen Her­ zen Willisaus.  23.–25. Oktober 2009, Mepha Classic-Konzerte 2009: Helfer/innen gesucht! Auch diesen Herbst finden die inzwischen schon fast traditionellen Mepha Classic-Konzerte mit Spendensammlungen zugunsten eines SolidarMed-Projekts statt. SolidarMed sucht für die Konzerte in Montreux (23.10.), St. Gallen (24.10.) und Luzern (25.10.) freiwillige Helfer/innen. Interessierte wenden sich bitte an Sandra Lerch: E-Mail s.lerch@solidarmed.ch, Telefon 041 310 66 60. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

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SolidarMed aktuell


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