Agenda Humanitas Wirtschaft (ver)sucht Menschlichkeit Die Dokumentation
bayreuther dialoge
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir freuen uns, Ihnen die Dokumentation der VI. Bayreuther Dialoge am 7. & 8. November 2009 vorstellen zu dürfen. Auf den folgenden Seiten finden Sie Berichte über Vorträge, Workshops, die Podiumsdiskussion, das World Café sowie den inhaltlichen Rahmen der „Agenda Humanitas“. Wir haben versucht, ein präzises Abbild des Symposiums zu entwickeln, und hoffen, dass Sie den einen oder anderen Gedankengang noch einmal Revue passieren lassen können. Möge Sie die Lektüre inspirieren und mögen Ihnen die VI. Bayreuther Dialoge in guter Erinnerung bleiben! Im Namen des Organisationsteams herzlichst, Ihre Projektleitung
Britta Rumpf, Johannes Rosenbaum,
Jan Stöckmann
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Grußwort der Projektleitung
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Studierende, liebe Freunde von P&E und den Bayreuther Dialogen, meine Kommilitonen Britta Rumpf, Johannes Rosenbaum und ich, Jan Stöckmann, begrüßen Sie im Namen des gesamten Organisationsteams recht herzlich zu den VI. Bayreuther Dialogen auf dem Campus der Universität Bayreuth. Ihnen allen ist sicher gegenwärtig, welche Inflation Themen an der Schnittstelle von Philosophie und Ökonomie in der Öffentlichkeit erleben. Kürzlich hat ein italienischer Modedesigner in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut den ersten nachhaltigen Damenschuh entworfen. Diese Wahrnehmung brauchen wir hier wohl nicht weiter untermauern. Unsere Diskussion muss grundlegender sein. Wer ist eigentlich der Mensch? Was ist eigentlich die Wirtschaft? Gier und Habsucht sind Motive, die angeführt werden, wenn Erklärungsmuster für jene Exzesse in der Finanzbranche gesucht werden, die uns in eine weltweite Wirtschaftskrise gestürzt haben. Das übersteigerte, rücksichtslose Streben nach materiellem Besitz ist so alt wie die Menschheit selbst. Im Lukasevangelium heißt es: „Seht zu und hütet euch vor aller Habgier, denn niemand lebt davon, daß er viele Güter hat.“ Der Mensch ist also schlecht? Die menschliche Spezies verwirklicht sich aber auch auf ganz andere Weise. Ein gutes Drittel der deutschen Bevölkerung übt ein Ehrenamt aus. Die Motivation eines demokratischen Politikers lässt sich wohl kaum allein auf finanzielle Anreize oder Ruhm zurückführen. Service Clubs, Mäzen, Pro bono, Nachbarschaftshilfe, Sportvereine – lang könnte man diese Liste fortführen.
Jedenfalls: Der Mensch hat eine klare Vorstellung vom Guten. Und – das sollten wir besonders in diesem Kreis betonen – der Mensch realisiert allem gesellschaftlichen Wandel zum Trotz auf vielfältigste Weise Humanität. Der Mensch ist gut. Und der Mensch kann noch viel mehr. Wir besitzen besitzen ein System, das nach rein logischen Regeln Informationen verarbeitet. Wir können also Wesentliches ohne den Einfluss von Emotionen wahrnehmen, Überlegungen dazu anstellen, danach handeln. Schon nach Aristoteles ist der Mensch ein „animal rationale“, ein rationales Tier. Jedoch verarbeiten wir Informtionen intentional, das heißt wir beziehen uns immer auf Sachverhalte der Welt. Wir sprechen, wir beurteilen, wir analysieren – und dies immer in einem gewissen Kontext. Stehen wir dabei der Welt immer gedanklich und distanziert gegenüber? Oder erleben wir vieles nicht eher subjekitv und emotional? Der Mensch, also nicht ein „animal rationale“, sondern zugleich ein emotionales Wesen? Wir entscheiden uns zwischen emotionaler Anteilnahme und rationalem Sachverstand. Arbeitgeber vollziehen eine emotionale Gratwanderung zwischen Existenzangst und Pflichtgefühl gegenüber den Mitarbeitern. Eine klare Trennung scheint also nicht möglich und ehrlich gesagt auch nicht wünschenswert. Denn die Fähigkeit zur Emotion, das Bewusstsein für das Gute schafft Verantwortung. Verantwortung für einen selbst, für die Mitmenschen, für die Umwelt. Die Entscheidung fällt jeden Tag und jeder einzelne muss für sich abwägen, inwieweit er diese Verantwortung übernehmen kann.
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Der Mensch, so Büchner, – ist er nicht ein interessanter Casus? Und die Wirtschaft … ? Sie erscheint uns heute janusköpfiger denn je: Auf der einen Seite sagt uns das Lehrbuch: Wirtschaft diene innerhalb des menschlichen Daseins der materiellen Erhaltung und Sicherung des Lebens; sowohl dem Einzelnen, als auch einer ganzen Volkswirtschaft. Ihre Aufgabe und ihr Ziel sei die dauernde Deckung des menschlichen Bedarfs an Gütern und Leistungen. So der Brockhaus . Der freie innere und vor allem internationale Verkehr bewirkt nach Adam Smith die beste Förderung des Gemeinwohls. Das allgemeine, gesellschaftliche Glück werde maximiert, indem jedes Individuum im Rahmen seiner ethischen Gefühle versucht, sein persönliches Glück zu erhöhen. Durch die unsichtbare Hand werde gleichzeitig auch das allgemeine, gesellschaftliche Glück erhöht. Auf der anderen Seite des Kopfes - ein ganz anderes Bild: Die Finanzkrise hat in aller Welt helle Empörung ausgelöst. Am Pranger stehen seitdem gierige Manager, die ohne Rücksicht auf Verluste agierten, sich nicht um die Folgen für die Allgemeinheit scherten. Die Beteiligten lösten also nicht nur einen handfesten Wirtschaftsabschwung mit unermesslichen finanziellen Schäden aus – sie ließen auch erneut die Frage aufkommen, ob der Kapitalismus moralisch akzeptabel sei. Das Rufen nach dem Staate ist laut geworden: Ob zur Rettung angeschlagener Landesbanken, Privatbanken oder ganzer Unternehmen, die Hand des Staates ist uns allen sichtbar geworden. Niemals seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges war die komplette Weltwirtschaft derart im Abschwung. Das ist neu und hat mit der enorm gewachsenen wirtschaftlichen Verflechtung der Welt zu tun. Die globale Krise trifft die Anleger, den Staat – als Retter – und alle darin lebenden Menschen dieser und der nächsten Generation. Auch die Ratschläge der modernen Wirtschaftsforscher gelten nicht mehr, selbst prämierte Prognosemodelle versagen. Alte wie neue Erklärungen liefern keine Lösungen mehr,
eine Ratlosigkeit hat sich breit gemacht. Deshalb mein Appell: Halten wir das Fließband von Charlie Chaplins „Modern Times“ für einen Moment an - treten wir ein, in unseren Dialog. Agenda Humanitas: Was ist das aber nun eigentlich? Sicher haben Sie festgestellt, dass schon die beiden Worte im Titel sich gegenüberstehen, Agenda aus der wirtschaftlichen Praxis, Humanitas aus der geisteswissenschaftlichen Theorie. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie selbst werden dazu beitragen müssen, dass sich die scheinbare Genialität unseres Titels nicht als Trugschluss entpuppt! Darüber hinaus ermöglicht der Untertitel mit seinem Silbenspiel zwei Interpretationen: Zum einen lautet er beinahe skeptisch „Wirtschaft versucht Menschlichkeit“, zum anderen enthält er aber die normative Aussage „Wirtschaft sucht Menschlichkeit“ eher im Sinne von Wirtschaft braucht Menschlichkeit. Was heißt denn nun eigentlich Menschlichkeit? Das Handeln eines Menschen ist doch zwangsläufig „menschlich“, ist der Begriff deswegen tautologisch (immer wahr)? Wenn nicht – was meinen wir dann mit Menschlichkeit? Kommen Verantwortung, Menschenrechte und Mäßigung in Frage? Vielleicht die Goldene Regel „Was du nicht willst, das man dir tu‘, das füg‘ auch keinem andern zu“? Aber was meinen wir im konkreten Unternehmensalltag damit? Wie viel Menschlichkeit verträgt ein Unternehmen – dazu gleich mehr von Dr. Walter? Wie kann ich selbst zu einer menschlichen Wirtschaft beitragen? Sie sehen, meine Damen und Herren, liebe Studenten, für jeden ist eine spannende Frage dabei. Vielleicht können wir manche Fragen diskutieren, möglicherweise finden wir sogar einige Antworten. Und das hieße als Philosoph schon sehr viel!
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Grußwort Projektleitung der Bayreuther Dialoge 2009
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Wie viel Menschlichkeit verträgt ein Unternehmen? Dr. Herbert Walter
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Das Schwanken der ökonomischen Wahrheiten mit der Konjunktur Prof. Dr. G unter Dueck
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Mut zur Nachhaltigkeit Klaus Wiegandt
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Das Menschenbild der Sozialen Marktwirtschaft Prof. Dr. Dr. Michael Aßländer
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Stiftungen und Leadership Dr. Markus Baumanns
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Nachhaltigkeit – Menschlichkeit der Zukunft Thomas Pütter
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Workshops
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Menschlichkeit in der Krise Podiumsdiskussion
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World Café
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Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch Lisa Herzog
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Bayreuther Vorbildpreis
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Partner der Bayreuther Dialoge 2009
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Fazit Projektleitung der Bayreuther Dialoge 2009
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Dr. Herbert Walter Ehemaliger Vorstandsvorsitzender der Dresdner Bank AG
Wie viel Menschlichkeit verträgt ein Unternehmen? Menschlichkeit in der Wirtschaft: Das wirft auf betriebswirtschaftlicher Ebene sofort die Frage nach einer menschlichen Unternehmensführung auf. Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Dresdner Bank näherte sich dieser aus der Perspektive der Erfahrung eines Bankers. Zur allgemeinen Analyse der Thematik nahm Herbert Walter die Ursachen der Finanz- und Wirtschaftskrise zum Ausgangspunkt. Zum einen habe die Suboptimierung der einzelnen Abteilungen dazu geführt, den Blick für das große Ganze eines Unternehmens zu verlieren. Zum anderen verursache die erzwungene Rechtfertigung von Quartalsergebnissen einen enormen Druck auf Manager, der die Ursache von kurzfristigem Denken und Handeln sei. Darüber hinaus lenkte Herbert Walter den Blick der Zuhörer auf die Auswirkungen der Krise. Inzwischen sei ein Punkt erreicht, an dem ernsthaft über die Zukunftsfähigkeit des heutigen Systems diskutiert werden müsse: Den Staaten fehle schlicht das Geld für eine erneute Rettungsaktion von Unternehmen im Falle einer weiteren Krise. Weiterhin präsentierte Walter Statistiken, die belegen, dass weite Teile der Gesellschaft dem Finanzsystem in seiner jetzigen Ordnung misstrauen. Dieser „Vertrauensverlust in Institutionen“ müsse durch den Berater ausgeglichen werden. Dazu gelte es, die Beratung nachhaltig zu verbessern und unabhängiger zu gestalten. Als menschlich bezeichnete er, den Kunden und seine Bedürfnisse ernst zu nehmen. Allerdings betonte er auch, dass es nun mal die Aufgabe von Bankberatern sei und bleibe, Produkte ihres Arbeitgebers zu verkaufen. Zu guter Letzt bedeutet für Walter Menschlichkeit in einem Unternehmen auch ein partnerschaftlich aufgebautes Konzept der Unternehmensführung bei dem grundsätzlich einer Bedürfnisorientierung Vorrang vor einer Leistungsorientierung zu gewähren sei.
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Prof. Dr. Gunter Dueck Chefstratege bei IBM, Mathematiker, Philosoph
Das Schwanken der ökonomischen Wahrheiten mit der Konjunktur Gunter Dueck, der Autor des Buches „Der lange Abschied vom Homo Oeconomicus“, kritisierte bei seinem Vorhaben, einen Weg aus der Wirtschaftskrise aufzuzeigen, die Fähigkeit der Wirtschaftswissenschaften zu präzisen Zukunftsaussagen – und stellte damit ihre Legitimation in Frage. Ausgehend von der Kondratieff-Theorie, die eine zyklische Entwicklung der Wirtschaft auf Basis des technologischen Fortschritts nachzuweisen versucht, beschrieb er analog, wie solche Zyklen auch gesellschaftlich wahrzunehmen seien. Im Abschwung würden Mitarbeiter eher als Kostenfaktoren angesehen, im Aufschwung dagegen als wertvolle Ressourcen. Und genauso hätten in den Wirtschaftswissenschaften mal die Verfechter der einen und mal die der anderen Richtung Oberwasser, sei es Adam Smiths „unsichtbare Hand des Marktes“, sei es Keynes’ Staatsintervention. In der heutigen Zeit sei die Wirtschaftskrise nur vordergründig auf ein Fehlverhalten von Banken zurückzuführen. Verantwortlich für den Abschwung sei auch die Ausbreitung des Internets, die zunächst zahlreiche Arbeitsplätze vernichtet habe, so Dueck. Aber hier sei, gemäß der zyklischen Theorie, das Potential für einen neuen Boom auf der globalen Internetplattform. Als gefährliche Entwicklungen, die diesen neuen Umständen nicht gerecht würden, benannte er beispielsweise das Verschwinden einer Mittelschicht oder auch unethische, von einer „Geiz-ist-geil-Mentalität“ getriebene Managementmethoden. Dem gegenüber stellte Dueck sein Modell der Exzellenzgesellschaft, die auf Bildung („Jeder macht Abitur“), Forschung und Innovationen basiere. Dabei sollten Inhalte wichtiger werden als Effizienz und Kooperation den Vorzug vor Egoismen erhalten. Dementsprechend müsse die Wirtschaftswissenschaft sich vom Homo-Oeconomicus-Modell verabschieden und der Tatsache ins Auge sehen, dass die Realität viele verschiedene Menschentypen biete – und ebenso viele unterschiedliche ökonomische Verhaltensweisen. 12 | 13
Klaus Wiegandt Ehemaliger Vorstandssprecher der Metro AG
Mut zur Nachhaltigkeit
Zu Beginn seines Aufrufs zu mehr „Mut zur Nachhaltigkeit“ schilderte Klaus Wiegandt den dramatischen Mangel an gesellschaftlichem Bewusstsein für die Problematik: Obwohl Wissenschaftler seit mehr als 30 Jahren davor warnen, Grundsätze der Nachhaltigkeit zu ignorieren, beschäftigen sich schätzungsweise nur rund 0,5% der Bundesbürger mit dem Thema. In politischen Entscheidungsprozessen spiele Nachhaltigkeit ebenfalls eine untergeordnete Rolle. Zum einen fehlten Personen, die vehement für die Grundsätze einträten, und zum anderen sei der Glaube an technologischen Fortschritt als Lösung zukünftiger Probleme zu stark. Politische und wirtschaftliche Eliten vertrauten darauf, dass sich nachhaltiges Wirtschaften auf diese Weise von selbst einstellen würde. Allerdings betonte Wiegandt auch, dass er „selbst bei seinem heutigen Wissen“ in seiner Position bei der Metro AG unter dem Druck der Konkurrenz nur „einen Bruchteil“ der möglichen Maßnahmen verwirklichen hätte können. Deshalb sei es vor allem Aufgabe der Politik, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, innerhalb derer das unternehmerische Gewinnziel unter nachhaltigen Bedingungen verfolgt werden könne. Eine solche Politik ließe sich aber nur durchsetzen, wenn die Grundsätze gesellschaftlich allgemein anerkannt seien und eingefordert würden. Vor diesem Hintergrund ist es auch erklärtes Ziel von Wiegandts Stiftung „Forum für Verantwortung“, den nötigen öffentlichen Diskurs zu erzeugen und Druck auf die Politik auszuüben. Abschließend richtete Wiegandt einen Appell an jeden Einzelnen, durch seine Verhaltensweise und Konsumentscheidungen die Prinzipien der Nachhaltigkeit in das alltägliche Leben zu integrieren. Jeder könne dadurch ein Statement für oder eben gegen Nachhaltigkeit setzen.
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Prof. Dr. Dr. Michael Aßländer Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik an der Universität Kassel
Das Menschenbild der Sozialen Marktwirtschaft Will man ein Wirtschaftssystem auf den Prüfstand der Menschlichkeit stellen, darf die Thematisierung von Menschenbildern in Ökonomie und Gesellschaft nicht fehlen. Welche Eigenschaften des Menschen die Soziale Marktwirtschaft voraussetzt, war die Frage, der sich Michael Aßländer in seinem Vortrag stellte. Er veranschaulichte zunächst, dass konstituierende Prinzipien unseres heutigen Systems, wie das Recht auf Privateigentum oder der Abbau von Wettbewerbsschranken, als Grundgedanken der Gründerväter der sozialen Marktwirtschaft mittlerweile schon Teil eines allgemeinen Verständnisses von sozialer Gerechtigkeit geworden sind. „Menschlichkeit“ finde sich, so Aßländer weiter, vor allem in den regulierenden Prinzipien unserer Wirtschaftsordnung wieder. Von den regulierenden Prinzipien schlug er den Bogen zu den individuellen Voraussetzungen. Konkurrenzwirtschaft bedürfe eines moralischen Ordnungsrahmens, dem sich die Akteure verpflichtet fühlen, weil sonst der Wettbewerb „aufs Schwerste entartet“ werde, wie es Wilhelm Röpke formulierte. Keine menschliche Wirtschaftsordnung könne auf einem bloßen „nackt-materiellen Reizkult“ (wiederum ein Zitat Röpkes) gegründet sein. Dieser moralische Ordnungsrahmen basiere auf einem ganz bestimmten Menschenbild, das durch die Vorstellung der Gründerväter und nicht zuletzt der christlichen Soziallehre geprägt worden sei: Der Mensch als „sittliches Wesen“, das sich von Grundsätzen der Ehrlichkeit, Fairness, Selbstbeschränkung und Gemeinsinn leiten ließe. Professor Aßländer schloss mit dem Hinweis darauf, dass die ursprünglichen Anforderungen der Sozialen Marktwirtschaft in unserer, dem Wandel unterliegenden, Gesellschaft teilweise nicht mehr gegeben seien. Deswegen bleibe letztlich offen, ob eine Rückkehr zu dem „Grundkonsens Soziale Marktwirtschaft“ möglich – und überhaupt wünschenswert sei. 16 | 17
Dr. Markus Baumanns Gesch채ftsf체hrendes Vorstandsmitglied der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius
Stiftungen und Leadership
Orientierung an kurzfristigen Gewinnzielen, waghalsige Risikobereitschaft, mangelndes Verständnis für die verkauften Produkte und dies alles abgesegnet durch die Vorgaben der Führungsebene – Markus Baumanns ist sich sicher: „Die Wirtschafts- und Finanzkrise ist auch eine Krise der Führung“, so stellte der geschäftsführende Vorstand der ZEIT-Stiftung zu Beginn seines Vortrags fest und fragte: Was für eine Haltung sollten Führungskräfte in Zukunft lernen? An der bisherigen universitären Ausbildung sei, so Baumanns, Einiges im Argen: In zweifelhaften MBA-Programmen und Case-Studies gehe jegliches Einfühlungsvermögen für den Menschen verloren. Dabei erleichtere doch gerade das Kennenlernen emotionaler Verhaltensweisen in schwierigen Zeiten, einen klaren Kopf zu behalten. Weiterhin habe der Mangel an Transdiszplinarität ein Silodenken befördert, das den Blick über den Tellerrand und kritisches Hinterfragen verschmäht. Führungskräfte von morgen mache eine Mentalität aus, in langfristigen Perioden zu denken, nicht mehr als das Vorhandene auszugeben und nur in Produkte zu investieren, die sie auch verstünden. Dahinter müsse ein Führungsstil stehen, der den Menschen als ersten Produktionsfaktor wertschätzt. Neben der Universität könnten auch Stiftungen einen Beitrag leisten, diese Charaktereigenschaften zu fördern. So gründete die ZEIT-Stiftung mit der Bucerius Law School eine Universität, die ihr Augenmerk auf sozial engagierte Studenten lege, um nicht nur Juristen und „ökonomischen Zinnsoldaten“ auszubilden, sondern auch Persönlichkeiten mit Verständnis für Menschen, die „nicht auf der Sonnenseite stehen“. Die aktuelle Krise stelle die Möglichkeit zum Umdenken bereit – auch in der Frage, wie wir unsere zukünftigen Führungskräfte ausbilden wollen, betonte Markus Baumanns und schloss: „Wir brauchen eine Führungskultur, die am Menschen orientiert ist.“ 18 | 19
Thomas P端tter Chairman Allianz Capital Partners
Nachhaltigkeit – Menschlichkeit der Zukunft Thomas Pütter schnitt mit seinem Vortrag ein Thema an, das Klaus Wiegandt am Vortag bereits in seinem eindrucksvollen Plädoyer zu „Mut zur Nachhaltigkeit“ behandelt hatte. Als Einstieg bot Thomas Pütter einige Zitate, so unter anderem die Aussage Gordon Browns, „die heutigen Ziele müssen Wohlstand, Fairness und Pflege der Umwelt sein“ (2007) oder ein Werbeslogan der Royal Dutch Shell: „Schmeiße nichts weg. Denn es gibt kein ‚weg’“ (2007). Darauf aufbauend legte er seine Auffassung dar: Der naheliegende und zielführende Verwirklichungsansatz sei ein Stakeholdermanagement, das auch die Natur als Stakeholder anerkenne. Schonende Verwendung von Ressourcen sei im langfristigen Interesse des Unternehmens und damit „Good Business“. Bei Investmententscheidungen der Allianz spielten neben den üblichen Größen auch Nachhaltigkeitsgrundsätze eine Rolle. Hierbei rückte auch die Menschlichkeit in den Fokus seines Vortrags: Fragen nach sozialer Verantwortung, die gelebten Werte eines Unternehmen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter seien als grundlegende langfristige Erfolgsfaktoren bei der Unternehmensbewertung stets zu berücksichtigen. Wer am Markt erfolgreich sein möchte, müsse sich also um Nachhaltigkeit und Menschlichkeit bemühen. Es sei für das einzelne Unternehmen eben nicht zu wenig betriebswirtschaftlicher Spielraum vorhanden, wie Klaus Wiegandt noch am Vortag argumentiert hatte. Thomas Pütter hielt daher auch wenig von Ideen, die das marktwirtschaftliche System umkrempeln wollen, wie beispielsweise das Konzept Soziales Unternehmertum. Denn ein guter Unternehmer mit Blick auf den langfristigen Erfolg investiere schon im bestehenden System gemäß sozialen und ökologischen Idealen.
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Workshops
Der Mensch ist das Maß aller Dinge – Auswege aus der Ökonomisierung des Denkens | Marcelo da Veiga In welchem Verhältnis stehen Mensch und Wirtschaft? Dient die Wirtschaft dem Menschen? Oder dient der Mensch der Wirtschaft? Zentrale Fragen unseres Veranstaltungstitels standen auch im Zentrum des Workshops von Professor Marcelo da Veiga, Rektor der Alanus Hochschule Alfter. Der Mensch ist das Maß aller Dinge (in der griechischen Antike das Credo des erkenntnistheoretischen Relativismus) sollte den Anspruch einer menschenfreundlichen Wirtschaft veranschaulichen. Der Mensch müsse immer im Mittelpunkt des Geschehens stehen. Die kritische Beleuchtung solcher wirtschaftsphilosophischer Fragen bedurfte zuvorderst der Klärung des ursprünglichen Zwecks der Wirtschaft. Dem Bedürfniswesen Mensch dient die Wirtschaft als Ermöglichung und Sicherung seiner materiellen Lebensgrundlage. Demgegenüber steht die Ökonomisierung der Moderne. In vielerlei Hinsicht beherrschen Prinzipien wie Effizienz, Leistungsstreben und Berechenbarkeit unser Leben. Das Ergebnis, so da Veiga, sei oft eine Instrumentalisierung, Entwürdigung und der Verschleiß des Menschen sowie seiner Umwelt durch die Ökonomie. Um die Wirtschaft wieder in den Dienst des Menschen zu stellen, muss geklärt werden, was dem Menschen wirklich diene: Bedarfsdeckung, Entwicklung, Mehrung seiner Freiheit und Steigerung der individuellen und sozialen Lebensqualität. Wirtschaft um der Wirtschaft willen und Konsum als Selbstzweck fügen sich nicht in die Reihe dieser Zwecke ein. Fazit des Workshops: „Nicht die Wirtschaft ist das Problem, sondern ihre Verabsolutierung und mangelnde Relativierung.“ Die Wirtschaft sei bestes Instrument zur materiellen Bedürfnisbefriedigung, müsse aber in Bezug auf den Menschen relativiert werden, folgerte da Veiga daher. Kulturelle Wertschöpfung darf nicht materieller Bedürfnisbefriedigung unterliegen.
Weder Kapital, noch Staat - Perspektiven Solidarischer Ökonomie | Sven Giegold Menschen in der entwickelten Welt werden immer wohlhabender, doch an ihrem Zufriedenheitsgrad ändert sich schon seit langem nichts mehr. Vor diesem Hintergrund stellte Sven Giegold, Abgeordneter für die Grünen im Europäischen Parlament, in seinem Workshop ein alternatives Wirtschaftsmodell vor. Das Konzept der solidarischen Ökonomie basiert auf dem Zusammenschluss von Produzenten in Genossenschaften. Der ökonomische Aspekt spielte bei der Vorstellung dieses Konzepts nur eine nebengeordnete Rolle - Giegold gestand ein, dass die Effizienz in genossenschaftlicher Produktion nicht unbedingt gesteigert werde. Vielmehr kam es jedoch auf die politische und persönliche Bedeutung dieses neuen Modells an. In Genossenschaften können wichtigere menschliche Werte verwirklicht werden, so Giegold. Dazu gehören unter anderem die Identifikation mit der Gemeinschaft, Nachhaltigkeit durch die Standorttreue sowie eine Kultur der Partizipation und Demokratie. Weiterhin wurde auf die in Deutschland und der EU bestehenden Hemmnisse für die Bildung von Genossenschaften aufmerksam gemacht. Obwohl solidarische Ökonomie im internationalen Diskurs ein wichtiges Thema ist und sie sich z.B. in Lateinamerika längst als anerkannte Alternative durchgesetzt hat, konnte sich in Deutschland noch keine Genossenschaftsbewegung bilden, was vor allem an rechtlichen Hindernissen liegt. In seiner politischen Funktion geht es Giegold daher nicht in erster Linie darum die Genossenschaft als allgemeinen Standard durchzusetzen. Er setzt sich vielmehr dafür ein, rechtliche Barrieren zu beseitigen, damit Menschen, die diese Art des Wirtschaftens bevorzugen, die Freiheit erhalten sie für sich umzusetzen.
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Human Potential Index | André GroßeFestessen Jäger Arbeitnehmer bedeuten für Unternehmen sehr viel mehr als nur Personalkosten. Ihre Aktivität und Kreativität, das so genannte Humankapital also, trägt maßgeblich zum Erfolg bei. Wie ausbaufähig dieses Humanpotential in einem Unternehmen ist, kann anhand des Human Potential Index (HPI) erfasst werden. Was sich hinter diesem Index genau verbirgt verdeutlichte der Referent André Große-Jäger in seinem Workshop. Der HPI wurde im Rahmen eines aktuellen Projektes des Bundesministerium für Arbeit & Soziales entwickelt an dem Große-Jäger mitarbeitet. Die Gewinnung, Weiterqualifizierung und Zufriedenheit der Arbeitnehmer stellen eine entscheidende Rolle für Unternehmen dar. Der Mensch und sein kreatives Potenzial rücken hierbei in den Mittelpunkt der Wertschöpfung. Zur Ermittlung des Index wurde ein Fragebogen entwickelt, in dem Beschäftigte ihre Einschätzung zu bestimmten Methoden ihres Unternehmens beantworten sollten. Eine dieser Fragen lautete z.B. „Wird in ihrem Unternehmen regelmäßig eine Mitarbeiter Befragung durchgeführt?“, „Gibt es starke Hierarchien?“ oder „Fühlen sie sich ernst genommen?“ Der ausgewertete Multiplechoicetest aller Mitarbeiter gibt einen direkten Einblick in die Zufriedenheit der Mitarbeiter und zeigt Defizite des Unternehmens. Auch eine Vergleichsmöglichkeit mit führenden Unternehmen in Deutschland ist anhand des HPI möglich. Somit ist ein direkter Zusammenhang zwischen den abgefragten Daten und dem wirtschaftlichen Erfolg gewährleistet. Große-Jäger verschaffte dein Workshopteilnehmen einen guten Einblick in dieses Forschungs- und Beratungsfeld und führte so eine angeregte und konstruktive Diskussion an.
Aikisophie - Bewegung im Spiegel der Gedanken | Dr. Norbert Held Im Workshop Aikisophie präsentierte uns Dr. Norbert Held (3. Meistergrad) den Zusammenhang von Bewegungsmöglichkeiten und Denkstrukturen mit Hilfe der Verteidigungskunst Aikido. Der Workshop wurde überwiegend von jungen Studentinnen und Studenten besucht, die teilweise über ein Vorwissen im Bereich der emotionalen Intelligenz und der asiatischen Philosophie verfügten. Die Kernthese von Herrn Dr. Held war, dass immer komplexer werdende Strukturen und Konfliktpotenziale variable Lösungsansätze benötigten. Um aus alten Denkstrukturen auszubrechen, Lösungsmöglichkeiten zu „begreifen“ und Führungsstile zu erlernen, müsse man diese aktiv schulen. Bewegung sei als Trainingsmethode besonders geeignet und zeige darüber hinaus in gewissen Situationen sehr anschaulich, welche Denkrichtungen in die falsche Richtung weisen: „Wenn man an einem Abgrund steht, macht es Sinn am Fortschritt zu zweifeln.“ Um einige dieser Aussagen zu demonstrieren, leitete Held die Teilnehmer an, untereinander einige Grundformen des Aikido durchzuführen, was bei allen Beteiligten zu Heiterkeit, Begeisterung und zu einem guten Gefühl am Ende des Workshops führte. Der Workshop zeigte auf, dass moderne Verantwortungsträger in einer Welt komplexer Informationen und Kausalitäten, einen erweiterten Kompetenzerwerb benötigen, um flexible, besonnene Entscheidungen zu treffen.
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Erfolgsfaktor Integrität | Johannes Grassl „Wir müssen das, was wir denken, auch sagen. Wir müssen das, was wir sagen, auch tun. Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.“ Mit diesem Zitat von Alfred Herrhausen begann Johannes Grassl, Geschäftsführer des deutschen Zweigs der Leaders’ Integrity Foundation, seinen Workshop und brachte den Teilnehmern so das Prinzip der Integrität näher. Kongruenz von Denken, Reden und Tun. Neben der Frage nach Integrität regte Grassl an, den Begriff des Erfolgs zu hinterfragen. Diesen müsse man nicht nur auf den Beruf, sondern auf das ganze Leben und letztlich auf die eigene Persönlichkeit beziehen. Äußerer Erfolg sei ohne eine erfolgreiche Persönlichkeit wertlos. Deswegen müsse Erfolg von innen nach außen gehen. „Gesellschaft, Wirtschaft und persönliches Leben kann nur von innen nach außen gelingen.“ Bei diesem persönlichen Prozess spielt das Prinzip Integrität eine wichtige Rolle, weil es dem Einzelnen ermöglicht, mit sich selbst im Reinen nach außen hin im Sinne der eigenen Wertvorstellungen zu handeln. Integrität definiert als Übereinstimmung zwischen inneren Vorstellungen und äußerem Handeln ist zuerst freilich nur ein formales Prinzip. Inhaltlich sei es durch die Rückbesinnung auf Werte zu füllen, so Grassl. Er fundierte seine diesbezüglichen Überlegungen auf dem Stellenwert christlicher Werte für unsere Gesellschaft. Fazit des Workshops: Will man eine Gesellschaft verändern, muss man zuerst die Menschen verändern – Glaubwürdigkeit und Integrität spielen dabei eine große Rolle. In diesem Sinne sollten wir versuchen, jeden Einzelnen, insbesondere aber Führungskräfte, zu einem Veränderungsprozess hin zu mehr Integrität und Orientierung an gesellschaftlichen Werten zu bewegen.
Investieren in Menschen - Mikrokredite: Geschäft oder Entwicklungshilfe? | Dr. Hildegard Jurisch Warum spricht man eigentlich von Kreditwürdigkeit? Wie kann man die menschliche Würde mit der Vergabe von Leihgaben in Verbindung bringen – jeden Tag – ohne zu hinterfragen, ohne kontroverse Diskussionen hervorzurufen? Das war eine der Fragen, die Frau Dr. Jurisch in Zusammenhang mit der Vergabe von Mikrokrediten diskutierte. Die gelernte Ärztin arbeitet derzeit bei Oikokredit, einer kirchlichen Organisation, die Finanzunternehmen in Entwicklungsländern bei der Vergabe von Mikrokrediten unterstützt und so den Gedanken des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus aufgreift. Dabei erläuterte sie das Wirken des berühmten Wirtschaftsethikers. Die zahlreichen Interessierten erfuhren, wie bereits kleinste Geldbeträge einen Weg aus der Armut bedeuten können. Genau diese Tatsache hatte Yunus berücksichtigt als er vor gut dreißig Jahren ein Kreditunternehmen konzipierte, dass dem System der traditionellen Banken diametral gegenüber steht: Es verleiht Geld an jene, die nichts haben und berücksichtigt darüber hinaus, dass die Zusammenarbeit mit Frauen besondere Erfolge nach sich zieht. Daneben erläuterte Dr. Jurisch einen Grundsatz Oikokredits: Hier wird der Zins für Anleger nicht so hoch angesetzt wie es im Markt üblich ist. Es kommt zu einer Deckung der inflationären Kosten ohne dabei dem Aspekt der Gewinnmaximierung gerecht werden zu wollen. Die Motivation zur Geldanlage besteht vor allem darin, einen sozialen Beitrag leisten zu wollen. Der Erfolg der Mikrokredite, der sich an einer hohen Rückzahlungsquote festmachen lässt, verlangt eine Fokussierung der Kräfte auf diesen Bereich. Hier kann jeder mit einem geringen Betrag Großes bewegen, um die Welt ein kleines bisschen besser machen.
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Unternehmen und Arbeit 2.0 - Open Source und Internet als Wegbereiter der nächsten Gesellschaft | Ulrich Klotz Bereits Bertolt Brecht skizzierte in seiner „Radiotheorie“ die unermesslichen Möglichkeiten einer Gesellschaft, die mit der ganzen Welt vernetzt ist und über Wissen unbegrenzt verfügen kann. Mit der Entwicklung der modernen Informations- und Kommunikationsmittel, allen voran das Internet, entstanden genau die in Brechts Utopie skizzierten Möglichkeiten. Im so genannten Web 2.0 ist jeder mit einfachsten Mitteln dazu fähig, Informationen zu verbreiten und zu nutzen, wodurch sich auch die Arbeitswelt für Arbeitnehmer und Arbeitgeber verändert. Im Rahmen des Workshops „Unternehmen und Arbeit 2.0 - Open Source und Internet als Wegbereiter der nächsten Gesellschaft“, erläuterte der ehemals beim Vorstand der IG Metall tätige Ulrich Klotz den Aufbruch von einer Dienstleistungsgesellschaft hin zu einer Wissensgesellschaft. Die entscheidende Ressource des 21. Jahrhunderts werde das Wissen sein. Die herkömmlichen Arbeitsstrukturen in der Wirtschaft werden sich dadurch ändern. Heute noch weit verbreitete hierarchische Strukturen werden netzwerkartigen Organisationsmodellen weichen, in denen die jeweiligen Experten für bestimmte Themenbereiche verantwortlich sein werden und nicht mehr bloße Untergeordnete in der Organisation. Vorläufer dieser Entwicklung ist die Open-Source-Bewegung. Was können Unternehmen von dieser freien Form des Arbeitens lernen? Gibt es für Angestellte noch andere Anreize außer der monetären Entlohnung und wie entsteht eigentlich die Motivation für freies Arbeiten? Passend zum Thema der Dialoge, steht in einer Wissensgesellschaft nämlich der Mensch mit seinen individuellen Fähigkeiten als Treiber für den wirtschaftlichen Erfolg im Mittelpunkt. Einigkeit herrschte, dass es bereits erkennbare Tendenzen hin zur Wissensgesellschaft gebe.
Wertschätzung 360° | Moritz Freiherr Knigge und Michael Schellberg Was im wirtschaftlichen Leben vor allem zählt ist der Erfolg. Und der könnte so einfach sein. Wären da nicht all die anderen: Vorgesetzte, Mitarbeiter, Kollegen oder Kunden. Zwischenmenschliche Interaktion ist im Wirtschaftsleben das Salz in der Suppe. Die Qualität unserer kommunikativen Beziehungen ist maßgeblich für unseren Erfolg. Ebendies haben sich Moritz Freiherr Knigge, dessen berühmter Vorfahre vom Umgang mit den Menschen schrieb, und Michael Schellberg zur Aufgabe gemacht. Was sind primär ökonomische, was primär menschliche Ziele? Stehen sie sich gegenüber? Sind sie miteinander vereinbar oder ergänzen sie sich? Genannt wurden u.a. Nutzen- oder Gewinnmaximierung auf der einen, Sicherheit und soziales Miteinander auf der anderen Seite. Können sich aus diesen (womöglich gegensätzlichen) Zielen Umgangsformen entwickeln, die alles andere als respektvoll und menschlich sind? Zweifelsohne könne, müsse es jedoch hier kein Spannungsverhältnis geben. In diesem Zusammenhang wurde klar, dass die Qualität der kommunikativen Beziehungen, das soziale Miteinander, eng mit dem Erfolg korreliert. Dabei gelten die simplen Gleichungen: Gelungene Kommunikation = großer Erfolg, misslungene Kommunikation = geringer Erfolg. Wer wertschätzend kommuniziere, werde aufmerksamer sich selbst und anderen gegenüber, minimiere kommunikative Reibungsverluste und erreiche energie- und zeiteffizienter seine Ziele. Man solle sich fragen: Wer ist mein Gegenüber? In welcher Situation befinden wir uns gerade? Und welchen Weg kann ich wählen, damit wir beide diese möglichst gut bewältigen? Ein Erwecken und Abrufen von individuellen, wertschätzenden Potenzialen könne wertschöpfend sein – im Hinblick auf den persönlichen Erfolg jedes Einzelnen, den Erfolg als Gruppe und den Erfolg als Unternehmen.
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Social Return on Investment | Norbert Kunz Norbert Kunz, geschäftsführender Gesellschafter der iq consult GmbH, befasst sich mit der Problematik der Messung gesellschaftlichen Mehrwerts verschiedenster (Politik-)maßnahmen. Betrachtet man politische und soziale Maßnahmen, so scheint gesamtgesellschaftlicher Nutzen der Wert zu sein, anhand dessen verschiedene Investitionskonzepte gemessen und miteinander verglichen werden, um zu entscheiden, welche von ihnen realisiert werden können und welche nicht. Doch wie misst man den Nutzen von Maßnahmen, deren Ergebnisse so gut wie gar nicht oder erst zwanzig Jahre später einzusehen sind? Wiedereingliederung von Drogenabhängigen in die Gesellschaft sowie Integrations- oder Bildungsmaßnahmen sind nur wenige Beispiele für politische Entscheidungen, bei denen diese Schwierigkeiten relevant werden. Objektive Kriterien wie sichere Zahlen sind rar. Das Konzept des „Social Return on Investment“ liefert eine andere Möglichkeit. Es sieht vor, verschiedene Zielsetzungen der Stakeholder zu identifizieren und zu definieren. Das können Interessen von kommunalen Verwaltungen, Geldgebern in Form von Stiftungen, Projektleitern oder der Zielgruppen selbst sein. Diese bringen Geld, aber ebenso Netzwerk, Image, Kommunikation, Erfahrung oder auch Infrastruktur als Input mit in ein Projekt ein. Diese Faktoren gilt es in monetäre Größen zu transformieren, um so nach der Umsetzung eines Projektes (z.B. verschiedene Arbeitsfindungsmaßnahmen) einen sozialen Output messen zu können, indem man das Ergebnis in Verhältnis zum geleisteten Input setzt. Man erhält so den gefragten „Social Return on Investment“. Potenziellen Gründern, deren Ideen und Anliegen bei Banken und Wirtschaftsförderern oft nicht ernstgenommen werden, werde laut Kunz so mit innovativen Programmen und Mikrokrediten der Weg in die Selbstständigkeit geebnet.
Corporate Volunteering | Christian Lorenz „The Social Responsibility of Business is to Increase its Profits.” Dieser berühmte Ausspruch des Nobelpreisträgers Milton Friedman scheint immer mehr an Bedeutung zu verlieren. Im Verlauf der letzten 20 Jahre haben sich immer mehr Firmen mit ihrer „Corporate Responsibility“ auseinandergesetzt und diese auch wahrgenommen. Die soziale Verantwortung von Unternehmen ist längst nicht mehr „nice to have“, sondern ein Muss. CSR- und Nachhaltigkeitsabteilungen gibt es inzwischen in jedem größeren Unternehmen und das soziale Engagement der Firmen gewinnt immer mehr an Bedeutung, auch für die Kunden. Christian Lorenz vom Zentrum für Organisations- und Arbeitswissenschaften der ETH Zürich untersucht eine Form dieses sozialen Engagements. Beim „Corporate Volunteering“ stellen Unternehmen einige ihrer Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum frei, damit diese an gemeinnützigen Projekten mitarbeiten können. Nach einer kurzen Einführung in das Thema und einigen Beispielen aus der Praxis sollten die Teilnehmer an Hand von unterschiedlichen Fallbeispielen die Chancen und Risiken eines solchen Engagements herausarbeiten. Vom Pharmaunternehmen, das für einen ganzen Tag alle Mitarbeiter auf der ganzen Welt freistellt um in sozialen Einrichtungen zu arbeiten, bis hin zur Schweizer Berghilfe, die Stuhlakrobaten auf die Alm zum Kühe melken schickt, wurden die vielfältige Möglichkeiten des „Corporate Volunteerings“ besprochen. Neben den positiven Effekten solcher Aktivitäten gibt es aber auch Probleme. Bringt Corporate Volunteering wirklich einen Nutzen für die sozialen Einrichtungen, auf die die Mitarbeiter losgelassen werden? Ist solches Engagement vielleicht nur eine PR-Maßnahme, um ein besseres Image aufzubauen?
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Wie viel Verantwortungskultur braucht der Mensch? | Gerhard Scheucher Die Welt ist voller großer Fragen und Aufgaben, die auf Antworten und Anpacken warten. Nicht nur in Entwicklungsländern lässt sich der Kontrast von massivem Wohlstand auf der einen und Verwahrlosung auf der anderen Seite beobachten. Das Antworten auf diese Probleme stehe im Kern jeglicher Verantwortung. So die These des Workshopreferenten Gerhard Scheucher, selbstständiger Unternehmensberater. Ihm zufolge bedeutet die Übernahme von Vernatwortung in erster Linie, denjenigen Schutz zu gewähren, die sich selbst nicht schützen können. Man kann lange diskutieren über die Frage, wer dazu verpflichtet, qualifiziert oder befugt ist. Aber, und das war die zentrale Botschaft des Beitrags, die Probleme der Gesellschaft könnten nur Erfolg versprechend in Angriff genommen werden, wenn jeder einzelne begreife, dass er selbst einen Beitrag leisten kann - wenn die „Stellvertretermentalität“ abgelöst werde durch eine „Verantwortungskultur“. Dazu müssten wir vor allem aufhören, immerfort anderen die Verantwortung zuzuschieben, und wegzuschauen in Fällen, in denen wir selbst helfen können. Anhand von praktischen Beispielen und dem sozialen Engagement von Gerhard Scheucher selbst wurde klar, wie das auch in vorrangig profitorientierten Unternehmungen gehen kann.
Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie: Integration ins Kerngeschäft | Daniel Schmitz-Remberg Soziales und gerechtes Wirtschaften dürfen kein Privileg sein, Nachhaltigkeit und Gewinnmaximierung gehören zusammen! Mit diesem Credo führte Daniel Schmitz-Remberg, Strategieberater bei Accenture, die Teilnehmer an das Thema heran und inspirierte zur Entwicklung eines Nachhaltigkeitskonzepts anhand eines Fallbeispiels. Dabei bot er den folgenden Ausgangspunkt: Ein Versandhaus, das bereits einige nachhaltige Ansätze verwirklicht, möchte sich weiter in diesem Bereich engagieren. Es sieht sich mit der Frage konfrontiert: Wie sind soziale und ökologische Ideale in wirtschaftliches Handeln zu integrieren? Der erste Schritt besteht in der sog. Ist-Aufnahme bereits vorhandener Methoden. In dem so genannten Beispiel wurde bereits die Produktkette auf Kinderarbeit überwacht, Standorte entsprechend ihrer CO2-Bilanz kontrolliert, ein bewusster Umgang mit Abfall umgesetzt sowie eine ökologischen Produktreihe implementiert. Nun waren die Teilnehmer gefragt, nächste Schritte umzusetzen: Was kann verbessert werden? Wie? Man einigte sich auf eine Kategorisierung und die Oberbegriffe Produkt, Produktionskette, interne Firmenprozesse und schließlich die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen. Zu jedem Punkt wurden in der Folge konkrete Ideen entwickelt. Zum Beispiel sei es zum Zwecke einer nachhaltigen Verbesserung der Produktionskette eines Versandunternehmens denkbar, sich durch mehr Verteilungsstellen geographisch breit aufzustellen, um dadurch Transportkosten einzusparen. Mit seinen Ideen begeisterte Daniel Schmitz-Remberg die Teilnehmer und förderte das Bewusstsein für Nachhaltigkeit durch viele konkrete Beispiele. Es wurde deutlich: Nachhaltiges Wirtschaften ist nicht nur nötig, sondern auch in auf ganz vielfältige Weise möglich!
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Manager-Tugenden als messbarer Erfolgsfaktor – Cultural Due Diligence | Gregor Schönborn Als Antwort auf die weltweite wirtschaftliche Konsolidierung wurden viele Unternehmen über Jahre auf eine Steigerung des Firmenwertes getrimmt. Mit harten Maßnahmen wurden sie auf ihre Kernkompetenzen fokussiert und mit Effektivitätsprogrammen und Personalreduzierung die Kosten gedämmt. Ist jetzt alles ausgereizt, was Unternehmen erfolgreich macht? Als Gegenreaktion zum Shareholder Value Konzept ist die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in aller Munde. Während die einen über „Heuschrecken“ klagen und das Gespenst des „Neokapitalismus“ in Europa umgehen sehen, wächst die Zahl der Unternehmer, die sich auch im Geschäftsleben an Werten orientieren und dies offen kommunizieren. Gregor Schönborn hat auf der Grundlage mehrere wissenschaftlicher Studien (u. a. mit dem MCM Institut der Universität St. Gallen) festgestellt, wie der operative, finanzielle Erfolg von Unternehmen mit der Wirkung der gelebten Wertekultur korreliert. Das Ergebnis ist – auch im Sinne der Agenda Humanitas – eindeutig: werteorientierte Unternehmensführung kann durchaus ein wirtschaftliches Erfolgskriterium sein. Mit den vorangegangenen Studien ist für Gregor Schönborn und seine Deep White GmbH aber noch nicht genug. Er arbeitet an weiteren, umfassenden Erhebungen. Ziel ist es, eine breite Befragung bis in die Wurzeln der Unternehmen hinein zu ermöglichen. Dieses empirisch-wissenschaftliche Fundament kann dazu dienen, eine authentische ethische Unternehmensberatung zu etablieren. Seine These ist ebenso prägnant wie spannend: Ethisches Verhalten von Managern auf der Grundlage individueller Freiheit, persönlicher Verantwortung und menschlicher Würde zahlt sich (langfristig) im Geschäftserfolg aus.
Adaptive Führung in Zeiten gesellschaftlichen Wandels | Lars Zimmermann Lars Zimmermann versuchte eine Antwort darauf zu geben, wie Grundlagen einer effektiven und gleichermaßen verantwortungsvollen Führungspraxis in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geschaffen werden können. Der Geschäftsführer der „stiftung neue verantwortung“ aus Berlin betonte, in der Wirtschafts- und Finanzkrise sei deutlich geworden, dass nur ein offener, gesamtgesellschaftlicher Führungsdiskurs den Herausforderungen einer immer komplexer werdenden Welt gerecht werde. Ziele dieses Diskurses sei zum einen die Reflexion über den normativen Gehalt von Führung und zum anderen die Generierung von ethischem Orientierungswissen. Der Schritt in den Diskurs werde dadurch vollzogen, dass die Idee von verantwortungsvoller Führung vom Konzept der Führungskraft getrennt wird. Es komme nicht mehr darauf an formale Autorität oder besonderes Charisma zu besitzen, sondern vielmehr darauf, dass man die Möglichkeit und die Bereitschaft hat, Verantwortung für Veränderung zu übernehmen und unmittelbar zu handeln. Führung sei somit eine Tätigkeit, die jeder ausüben könne. Verantwortungsvolle Führung bedeute dabei nichts anderes als im richtigen Moment auf effektive Weise Verantwortung zu übernehmen. Effektive Verantwortung selbst basiere auf einem allgemein anerkannten, soliden Wertegerüst und beinhalte auch, dass der Einzelne an der Umsetzung der Idee selbst tätig werden müsse. Als Lösungsweg dazu präsentierte Zimmermann das Konzept der adaptiven Führung. Dieses Konzept befähigt die Anpassung von Führung an neue Gegebenheiten in Gruppen, Organisationen und Gesellschaften. So werden alle Beteiligten mit der Problemstellung konfrontiert und können ihre Kapazitäten nutzen um neue, langfristige Lösungsansätze zu entwickeln.
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Podiumsdiskussion
Menschlichkeit in der Krise
Was genau bedeutet Menschlichkeit in der Wirtschaft? Stellen Menschlichkeit und Wirtschaft überhaupt einen Gegensatz dar? Und was ist eigentlich unmenschlich an der bestehenden Wirtschaftsordnung? Die großen Fragen, die sich bei dem Motto der diesjährigen Bayreuther Dialoge unweigerlich stellen, waren schon im Laufe des ersten Tages in den Vorträgen und Workshops bearbeitet worden - jedoch immer im Kontext der jeweiligen Praxisfelder der ReferentInnen. Die Podiumsdiskussion eröffnete die Gelegenheit, die Kernproblematik der Agenda Humanitas noch einmal explizit zu thematisieren, die Antworten der Experten im Dialog zusammenzuführen und so diese grundsätzlichen Fragen übergreifend zu klären. Schon bei der Definition von ,menschlichem Wirtschaften‘ zeigte sich jedoch der Kontrast, der sich durch die Diskussion ziehen sollte. Moritz Freiherr Knigge, selbstständiger Unternehmensberater, lenkte den Fokus hierbei auf die Form des Umgangs der Mitarbeiter untereinander. Für den ägyptischen Sozialunternehmer Helmy Abouleish auf der anderen Seite bedeutete Menschlichkeit viel mehr als Respekt und Höflichkeit: Der Weg in eine menschlichere Wirtschaft sollte ihm zufolge letztlich nur über einen fundamentalen Systemwechsel möglich sein. Für den Personalvorstand von Ernst & Young, Herrn Dr. Wehling, war ein solches Verständnis von Menschlichkeit wiederum ebenso fern von seinem Arbeitsalltag, wie Ägypten weit von Deutschland ist. Doch einmal angesprochen, faszinierte der Systemwechsel nun die Runde, sodass Herr Professor Leschke erst nach einer hitzigen Debatte den Ausblick in eine systemisch unveränderte Zukunft wagen konnte: „Höflich geht die Welt zugrunde.“
Wandel beschäftigte auch Frau Hofmann der I.K. Hofmann GmbH, wobei sie jenen aber – gemäß ihrer Job als Arbeitsvermittlerin– vor allem in den neuartigen und kurzfristigeren Arbeitsverhältnissen wiederfand. Weitgehend einig waren sich die Referenten hingegen, dass Menschlichkeit und wirtschaftlicher Erfolg sich auch in Zeiten der Wirtschaftskrise nicht ausschließen, sondern vielmehr bedingen. Auch für den Ausgang aus der Wirtschaftskrise sei die Lösung der Wertekrise eine wichtige Bedingung. So ist dem Publikum im gut gefüllten Balkonsaal der Stadthalle zumindest eines bewusst geworden: Die Diskussion über die Menschlichkeit bietet zwar Interpretationsspielraum, fordert aber in Zeiten der Krise Respekt und Offenheit für einander und für ganz andere Konzepte; und –tautologisch – auch in der Wirtschaft eine neue Ausrichtung auf den Menschen.
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World Café
Der Sonntagvormittag stand ganz im Zeichen des Dialogs. Am Vortag waren in den Vorträgen und Workshops viele spannende Fragen aufgeworfen worden, die nun gemeinsam diskutiert und erörtert werden sollten. Das World Café hat sich in der Vergangenheit als ein sehr geeignetes Format für Gruppendiskussionen erwiesen. So lässt es zu, konkrete Fragen mit zahlreichen Gesprächspartnern zu erörtern, ohne die Übersicht zu verlieren. Um die Stimmung im Vorfeld aufzulockern und für eine entspannte Atmosphäre zu sorgen, gab Dr. Norbert Held eine kleine Einführung in die Welt der Aikisophie. Bei den einzelnen Bewegungsübungen konnte jeder noch einmal in sich gehen und die Gedanken des vergangen Tages Revue passieren lassen. Für die Diskussionsrunden war die Bestuhlung in Vierersitzgruppen neu arrangiert worden, um eine offene und fruchtbare Gesprächsatmosphäre im kleinen Kreis zu ermöglichen. Zur Eingewöhnung gab es eine kurze Aufwärmrunde zur Frage „Was ist Menschlichkeit?“, bei der die einzelnen Gruppen Gelegenheit hatten, sich untereinander kurz vorzustellen. Es schlossen sich die drei Hauptrunden an, die jeweils von einem kurzen Impulsreferat eingeleitet wurden. Gehalten wurden diese von drei Gewinnern des Essaywettbewerbs der Bayreuther Dialoge, die sich freundlicherweise bereit erklärt hatten, ihren Essay als Denkanstoß für die Diskussionsrunden zu präsentieren. Die Fragen, die dabei aufgeworfen wurden, folgten einem klaren Schema. Simona Zimmermanns Essay „Vom Suchen und Finden“ versuchten wir in der Frage zu fassen, was eigentlich der Zweck von Wirtschaft sei. Provozierender wurde das Thema der diesjährigen Bayreuther Dialoge bei Florian Faehlings Beitrag „Wider der Romantisierung der Krise“ beleuchtet: Wie viel Unmenschlichkeit braucht die Wirtschaft? Die dritte und letzte Runde, zu der wie auch in den vorhergehenden Runden, die Teilnehmer die Tische wechselten, um neue Begegnungen zu ermöglichen, kulminierte nach Dr. Georg Eckerts Vortrag zum Thema „Agenda Humanitas – ein ungeheures Konzept“ schließlich in der zentralen Frage dieser Bayreuther Dialoge: Was sollte Inhalt einer Agenda Humanitas sein?
Die Antworten sollten dabei nicht einfach in den Kleingruppengesprächen versickern, sondern gemeinsam zusammengetragen und festgehalten werden, so dass sie auch nach den Bayreuther Dialogen sichtbar bleiben. Zu diesem Zweck bekam jede Gruppe ein Puzzleteil, das sie individuell mit ihrer Vorstellung einer Agenda Humanitas gestalten konnte. Die dabei entstandenen Ideen waren außerordentlich kreativ und intelligent, so wie es die stets angeregten Tischgespräche auch vermuten ließen. Die Palette der Vorschläge erschöpfte sich dabei kaum in einfachen Aufzählungen relevanter Punkte, sondern war geprägt von starken Stichworten wie Freiheit, Optimismus und Bildung. Auch kritischere Anmerkungen fanden ihren Platz: Inwiefern braucht der Mensch Anleitung zur Menschlichkeit? – er ist doch Mensch! Eine klare Tendenz ließ sich bei den vielfältigen, teilweise auch künstlerisch gelungenen Interpretationen zwar nicht feststellen, dennoch zeigte gerade die Vielfalt der Antworten, wie spannend und kontrovers die Debatte um die Agenda Humanitas auf den Bayreuther Dialogen geführt wurde. Einzigartigkeit akzeptieren, Vielfältigkeit zulassen, war ein sehr treffender Beitrag, der das bunte Kaleidoskop verschiedener Meinungen zusammenfasste, die auf dem vollständigen Puzzle schließlich gemeinsam den Schriftzug „Mensch“ ergaben. Und so bleibt beim Denken an die Agenda Humanitas wohl vor allem ein Gedanke in Erinnerung: Wenn es um den Menschen geht, dann müssen seine verschiedenen Facetten in all ihrer Widersprüchlichkeit Beachtung finden.
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Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch | Lisa Herzog Gewinneressay
„Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“
Festessen
Ludwig Wittgenstein Die Art und Weise, wie wir über Phänomene sprechen, beeinflusst auf sehr grundlegende Art und Weise, wie wir über sie denken, welcher Denkrahmen, und damit welche Denkoptionen, uns für sie zur Verfügung stehen. Dieses Essay ist ein Plädoyer dafür, in der Welt der Wirtschaft eine im wahrsten Sinne des Wortes „menschlichere“ Sprache einzuführen. „Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose“, schrieb Gertrude Stein. Parallel dazu gilt „Ein Mensch ist ein Mensch ist ein Mensch.“ Nicht nur eine Arbeitskraft. Nicht nur ein Produktionsfaktor. Nicht nur ein Kostenfaktor. Auch nicht nur „human capital“. Durch die wirtschaftlichen Theorien und den Slang von Controlling und Unternehmensberatung haben wir uns angewöhnt, über Menschen wie über materielle Dinge zu sprechen. Aber materielle Dinge sind von einer grundlegend anderen Beschaffenheit als Menschen. Materielle Dinge stehen in Kausalketten, die Naturgesetzen gehorchen, sie haben nur ein Äußeres, kein Innenleben, wir können frei über sie verfügen, weil sie starren Regeln, keiner Eigengesetzlichkeit folgen. Menschen dagegen gehören einer grundlegend anderen ontologischen Kategorie an; sie sind mit einer grundsätzlich anderen Wertigkeit behaftet. Sie haben einen Willen, der vielleicht mehr oder weniger frei, aber doch von ganz anderer Art als alle materiellen Objekte ist. Sie haben Gefühle, Beziehungen zu anderen Menschen und auch zu Dingen und Ideen. Sie haben Hoffnungen, Träume, Wünsche, die nicht alle realistisch sein mögen, aber deren bloße Existenz als die Hoffnungen, Träume und Wünsche eines Menschen Achtung verdienen. „Menschlichkeit“ setzt voraus, den Menschen in dieser ontologischen Besonderheit anzuerkennen, ihn nicht als „Material“, „Masse“ oder irgendetwas anderes zu verstehen, das seiner Besonderheit und Würde als Mensch nicht entspricht. Charakteristikum „unmenschlicher“ Denkweisen und Regime war und ist oft, 48 | 49
dass Teilen der Menschheit dieser Status abgesprochen wird, dass sie als „Untermenschen“ oder „Unmenschen“ bezeichnet werden. Die moralischen Regeln des menschlichen Miteinanders werden dann auf diese Gruppen nicht mehr angewandt. Es ginge natürlich viel zu weit, die Sprachpraxis der heutigen wirtschaftlichen Theorie und Praxis mit derartigen Verbrechen auf eine Stufe zu stellen. Aber die Art und Weise, wie im Wirtschaftsleben über Menschen gesprochen wird, ist dennoch wichtig. Eine respektvollere Sprache könnte der Anerkennung gleicher Würde und gleichen Rechten aller Menschen gerechter werden, egal welche Stufe sie in der Hierarchie des Marktsystems einnehmen. Es war ausgerechnet Adam Smith, der als der Entdecker der kalten Eigengesetzlichkeiten des Marktes gilt, der seine Moraltheorie auf der menschlichen Fähigkeit zur „sympathy“ aufbaute, der Eigenschaft des Menschen, die Gefühle und Motive anderer teilen und nachvollziehen zu können. In dieser Annahme findet sich eine grundsätzliche These über die Verbundenheit und Gleichberechtigung aller Menschen, egal, ob es Philosophen oder Türsteher sind (cf. The Wealth of Nations, I.II.4). Das geht durchaus konform damit, dass man in einer arbeitsteiligen Gesellschaft als Geschäftspartner in auf Eigeninteresse basierenden Interaktionen tritt. „It is not from the benevolence of the butcher, the brewer or the baker, that we expect our dinner, but from their regard to their own interest”, schrieb Smith (ibid., I.II.2). Aber dies bedeutet nicht die Aufgabe jeglicher Zwischenmenschlichkeit, wie ein Gedankenexperiment des amerikanischen Philosophen Alasdair MacIntyre zeigt. Angenommen, wir kommen in einen Laden, und der Metzger hat gerade einen Herzinfarkt. Dann würden wir normalerweise nicht mit der Bemerkung „Ah! Not in a position to sell me my meat today, I see” zu seinem Konkurrenten weiterziehen, sondern zuerst dem Metzger erste Hilfe leisten.1 Adam Smith hätte dem sicher zugestimmt, wie der erste Satz seiner Theory of Moral Sentiments klarmacht: “How selfish soever man may be supposed, there are evidently some principles in his nature, which interest him in the fortune of others, and render their happiness necessary to him, though he derives nothing from it except the pleasure of seeing it”
Die Anerkennung der Menschlichkeit des anderen, die wir in Begriffen wie “Menschenrechten” und “Menschenwürde” ausdrücken, sollte sich auch in der Sprache widerspiegeln, in der wir einander in wirtschaftlichen Vorgängen bezeichnen. Denn wenn man von anderen nicht als Menschen spricht, fällt es leichter, sich vor der Verantwortung zu drücken, sie als Menschen zu behandeln. […] Der Begriff Verantwortung enthält das Verb „antworten“ – und antworten muss man immer anderen Menschen, in welcher Funktion auch immer sie einem gegenüberstehen. Auch und gerade bei den härtesten unternehmerischen Entscheidungen macht es einen Unterschied, ob der andere als ein unpersönliches Rädchen irgendwo in der Maschinerie eines Betriebs gesehen wird, oder ob das persönliche Gespräch und die Erklärung und Vermittlung der getroffenen Entscheidung gesucht wird. Ein dialogischer Ansatz, der den anderen als Menschen wahrnimmt, bedeutet immer auch, dass Offenheit für die Ideen und Lösungsvorschläge des anderen besteht, dass alle Optionen im Bewußtsein dessen, was eine Entscheidung für alle Beteiligten als Menschen bedeutet, geprüft werden. Dass sich dabei möglicherweise sogar neue Möglichkeiten, die eine win-win-Situation für alle Beteiligten darstellen, ergeben, ist ein positiver Nebeneffekt, nicht aber Zielvorgabe. […] Und last, but not least, bedeutet mehr Menschlichkeit auch, dass Emotionen durchaus eine Rolle spielen dürfen. Sie sind Teil des menschlichen Daseins, und sie können miteinander geteilt werden – durch eben jene „sympathy“, die nach Adam Smith alle Menschen verbindet, und die die Grundlage für Menschlichkeit, und Zwischen-Menschlichkeit bildet.
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Bayreuther Vorbildpreis
Festessen
Es ist uns eine besondere Ehre und Freude, dass Prof. Muhammad Yunus fünfter Träger des Bayreuther Vorbildpreis ist. Am Veranstaltungswochenende war Prof. Yunus leider verhindert. So berichtete Britta Rumpf den Teilnehmern der VI. Bayreuther Dialoge von der feierlichen Verleihung und den Gründen für die Wahl des Preisträgers: Am Donnerstag, den 5. November 2009, organisierte die begleitende Arbeitsgruppe der Grameen Bank in Deutschland (Grameen Creative Lab, Wiesbaden) eine Veranstaltung zum Thema Mikrokredite. Im Rahmen des „Responsibility Forum“ nahmen Jan Stöckmann, Meike Stockbrügger, Bernhard Clemm von Hohenberg, Damian Freiherr von Boeselager, Johannes Rosenbaum und Britta Rumpf mit 50 anderen Studenten verschiedener Hochschulen an einer Diskussionsrunde mit Prof. Muhammad Yunus teil. Schon bei dieser Begegnung wurde klar, dass Prof. Yunus anders ist – besonders ist. Er stand nicht hinter einem Rednerpult, sondern positionierte sich in der Mitte des Raumes und war den Studenten auch auf diese Weise nah. Seine sehr sympathische Art, sein Humor und seine Vision, die er nicht nur glaubhaft sondern auch sehr glaubwürdig vertrat, stellten sich gleich zu Beginn der Diskussion heraus. Armut sei die Verweigerung aller Menschenrechte und diese Verweigerung der Menschenrechte aufzuheben und eine Welt ohne Armut zu ermöglichen, sei seine Vision, so erklärte er zu Beginn. Um dies möglich zu machen, müsse eine Veränderung her – vor allem eine Veränderung des Wirtschaftssystems.
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Sehr deutlich machte er dabei, dass er den Kapitalismus auf keinen Fall als eine schlechte Wirtschaftsform ansehe, sondern als eine unvollendete. Ein nur halb fertig gestelltes Haus und somit eine Wirtschaftsform, die dem Menschen nicht erlaubt sein ganzes Ich zu verwirklichen, sondern nur einen Bruchteil – nämlich den egoistischen Teil, wie Prof. Yunus es nannte. Der Mensch sei keine Maschine, dessen alleiniger Zweck es ist, Güter zu erwirtschaften. Wir Menschen seien eher „selfish and at the same time selfless“. Damit der Mensch aber all seine Fähigkeiten und seine Kreativität ausschöpfen kann, brauche er eine vollkommene und keine unvollständige Wirtschaftsform. Der Kapitalismus, so Yunus, brauche also neben der „selfish theory“ eine „selfless business theory“, also eine selbstlose, eine altruistische Art des Wirtschaftens. Der Fokus des Wettbewerbs auf den marktwirtschaftlichen Profit solle auf den Wettbewerb um mehr Menschlichkeit verschoben werden, um so den Menschen als Ganzes zu betrachten und ihm schlussendlich gerecht zu werden. Prof. Yunus‘ Ziel ist es, dass der Mensch seine ganze Natur, sein ganzes Ich, sein ganzes Wesen im ökonomischen System leben und ausleben kann. So, dass der Vorstandsvorsitzende eines großen Unternehmens nicht nur zuhause im Kreise seiner Familie menschlich und er selbst sein kann, sondern diesem Teil seines Wesens auch im Beruf gerecht werden darf. Denn wahre Erfüllung finde der Mensch, wie Yunus sagte, nicht durch die Profit-Maximierende-Brille, sondern mit dem Blick für Social Business. Im Anschluss an die Diskussion trafen wir Prof. Yunus am Abend im kleinen Kreis zusammen mit unseren Begleitern Herrn Fuchs und Prof. Brink für die Vorbildpreisübergabe im Schloss Freudenberg. Hier war die Begegnung noch persönlicher und seine sympathische und offene Art begeisterte alle. Trotz seines straffen Zeitplans (er war seit 7:30 Uhr bei verschiedenen Zusammenkünften, Reden, Interviews etc.) blieb er humorvoll, lachte viel, reichte jedem die Hand und strahlte eine ungebrochene Glaubwürdigkeit aus. Er
setzte sich interessiert mit unserem Thema auseinander und blieb dabei glaubhaft und ernsthaft. So hatten wir mehr als eine halbe Stunde Zeit, uns mit ihm zu unterhalten und den Friedensobelpreisträger Yunus auf einer persönlichen Ebene kennen zu lernen. Diese Begegnung war besonders, einzigartig, inspirierend – Prof. Muhammad Yunus war besonders, einzigartig, inspirierend. Schauen wir also hoffentlich alle häufiger durch die Social-Business-Brille, verinnerlichen ein paar der Gedanken, die Prof. Yunus uns mit auf den Weg gegeben hat, und vergessen so hoffentlich nie den selbstlosen Teil unserer Ichs.
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Die Premiumpartner der Dialoge
Die Partner der Dialoge
Die Medienpartner der Dialoge
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Teilnehmer, liebe Interessenten,
es ist keine leichte Aufgabe, alle Stimmen der VI. Bayreuther Dialoge in Kürze zusammenzufassen ohne ihre Vielfalt und Qualität zu vernachlässigen. Im Folgenden haben wir versucht, thesenartig drei Positionen oder Impulse zu skizzieren, die uns besonders wichtig scheinen. Wir hoffen, damit viele Meinungen der Teilnehmer einzufangen und für die Zukunft spannende Diskussion entfachen zu können. Eindrucksvoll haben Referenten und Teilnehmer in Vorträgen und Workshops erörtert, welche enormen gesellschaftlichen Implikationen Bildung hat. Dr. Markus Baumanns verdeutlichte dies anhand der von ihm ehemals geleiteten Bucerius Law School. Andere Teilnehmer meinten, auch die Ausbildung von Ökonomen müsse dahingehend reformiert werden, reflexionsfähige Unternehmer statt rein numerisch orientierte Manager auszubilden. Die Marktlogik des Arbeitsmarktes wird nicht zu überlisten sein; der Absolvent wird (in der Regel) auf die üblichen Anreize reagieren. Welcher Typus Absolvent aber überhaupt auf den „Markt“ kommt, entscheidet sich zum großen Teil an den Hochschulen. Dieser gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden, ist die Pflicht der Universität. Wir leben als mündige Bürger in einer Gesellschaft, die Freiheit im Denken, Handeln und Wirtschaften anstrebt. Neben diesem Freiheitsstreben tragen wir jedoch zugleich eine Verantwortung für uns selbst, für andere und für die Umwelt. Wie Klaus Wiegandt in seinem Vortrag „Mut zur Nachhaltigkeit“ betonte, entscheiden wir selbst, wie nachhaltig wir leben, wie verantwortungsvoll wir Ressourcen nutzen, unseren Konsum überdenken und schlussendlich, ob statt der Fülle an Gütern nicht ein gesundes Mittelmaß erstrebenswerter ist. Natürlich muss die Motivation des Individuums von staatlicher Seite regulativ unterstützt werden, damit nicht nur ein Bruchteil nachhaltigkeitsorientierter Anstrengungen unternehmerisch lohneswert sind. Dennoch kann bereits jeder Einzelne bei sich
selbst beginnen, die Welt ein kleines bisschen nachhaltiger, höflicher, wie auf der Podiumsdiskussion gefordert brüderlicher bzw. schwesterlicher, aber vor allem menschlicher zu gestalten. Wertzuschätzen ist schließlich nur die Maxime desjenigen ökonomischen Akteurs, der moralische Integrität authentisch verkörpert. Peter Ulrich, ehemaliger Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsethik an der Universität St. Gallen formuliert dazu: „Legitimes Gewinnstreben ist stets moralisch begrenztes Gewinnstreben“. Während des zweitägigen Symposiums wurde deutlich, dass Menschlichkeit und Wirtschaft keine Gegensätze sind – auch nicht in der Krise. Gute Unternehmensführung müsse immer auf Arbeitnehmer, Kunden und Zulieferer Rücksicht nehmen. An die Spitze großer Unternehmen gehören Menschen, die glaubwürdig seien. Glaubwürdig, weil sie integer sind und ihr moralisches Wirtschaftsdenken und -handeln nicht von ihrem Leben als anständige Bürger abspalten. Sehr geehrte Damen und Herren, was ist Ihr persönliches Fazit? Für Ihre Anregungen zu Konzeption, Inhalt und Gestaltung der Bayreuther Dialoge sind wir jederzeit offen und dankbar. Die Bayreuther Dialoge leben von ihren Teilnehmern!
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Impressum
Herausgeber
Team der Bayreuther Dialoge 2009
Redaktion
Konrad Beil, Damian Freiherr von Boeselager,
Bernhard Clemm von Hohenberg, Benjamin Gampfer,
Tobias Grohmann, Annkatrin Kaiser, Johannes Rosenbaum
Britta Rumpf, Jan Stöckmann
Bildnachweis
[10, 12, 14, 16, 18, 20, 22, 25, 44, 45, 48, 49, 54, 57]
Bayreuther Dialoge
[40, 41, 43]
Nordbayerischer Kurier/ Lammel
Gestaltung & Corporate Design w w w. s ol l e n u n d s e i n .d e
Kontakt
Info@bayreuther-dialoge.de
Universität Bayreuth
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Bayreuther Dialoge
95440 Bayreuth
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