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background – Kosmetik vs Heilkunde

GRENZEN kosmetischer Anwendungen

Wesentliche Impulse für hocheffektive Anwendungen kamen in den vergangenen Jahren aus der apparativen Kosmetik. Doch ihre kaum vorhandene Regulierung ist zwiespältig: Zum einen befeuerte die apparative Kosmetik zwar wichtige Innovatio- nen, zum anderen sind einige Anwendungen jedoch so effektiv, dass sie über das Tätigkeitsfeld von Kosmetikerinnen weit hinaus gehen.

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Die apparative Kosmetik mit Wissen und Sachverstand nutzen – das ist der Sinn der viel diskutierten NiSV. Sie bestimmt unter anderem, dass für einige anspruchsvolle kosmetische Verfahren mittels sogenannter Fachkundeschulungen ein hoher Ausbildungsstand der Kosmetikerinnen verpflichtend wird. Außerdem sollen definierte Abläufe im Institut zur Installation und Wartung der Geräte, zur Aufklärung der Kundinnen und zur Einweisung der Mitarbeiterinnen eine sachgemäße Anwendung sicherstellen.

Schnittstelle zum Heilpraktikerwesen

In den letzten Jahren verbreiteten sich jedoch auch einige Verfahren, die nach Ansicht der Aufsichtsbehörden dem »Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung« – kurz: Heilpraktikergesetz (HPG) unterstehen. So können nach Sinn und Zweck des Gesetzes über den Wortlaut der Vorschriften hinaus auch kosmetische Eingriffe unter das Heilpraktikergesetz fallen. Dabei bewahrt die kosmetische Zielsetzung eines Eingriffs in den Körper nicht davor, dass der Eingriff der Ausübung der Heilkunde zumindest gleichzustellen sei.

Was ist erlaubt – was nicht?

Heilkundliche Anwendungen jedoch dürfen nur Ärzte oder Heilpraktiker durchführen. Für Kosmetikerinnen ist es teilweise schwierig, verlässliche Informationen darüber zu erhalten, ob eine Anwendung nun für sie erlaubt ist oder nicht. Denn der Kauf der Geräte ist nicht reguliert. Da es in Deutschland keine verbindliche Positivliste von apparativen Verfahren gibt, die Kosmetikerinnen ausführen dürfen, hilft letztendlich nur, bei Neuanschaffungen mit der Zuständigen Aufsichtsbehörde in Kontakt zu treten.

Uneinheitliche Auskünfte

Für drei Kosmetik-Anwendungen, Hyaluron Pen, Plasma Pen und Kryolipolyse, haben wir zwischen August 2021 und Februar 2022 bei den Gesundheitsministerien der Länder nachgefragt, ob sie der Heilkunde oder der Kosmetik zuzuordnen seien. Alle drei Anwendungen haben in den vergangenen Jahren eine gewisse Verbreitung gefunden und standen immer wieder in der Diskussion, ob die Anwendung durch Kosmetikerinnen erlaubt ist oder nicht.

Das Gesundheitsministerium des Saarlands hat trotz mehrfacher Nachfrage keine Einschätzung abgegeben. Die Ministerien aus Berlin, Brandenburg und Rheinland-Pfalz sahen sich fachlich nicht in der Lage, eine Entscheidung zu treffen, in Nordrhein-Westfalen konnte zur Anwendung des PlasmaPens keine Aussage getroffen werden. Alle anderen Gesundheitsministerien ordneten alle drei Verfahren, Hyaluron Pen, Plasma Pen und Kryolipolyse der Heilkunde zu.

Hyaluron-Pen / Plasma-Pen / Kryolipolyse

ROT: Verfahren ist der Heilkunde zugeordnet, GELB: keine definitive Zuordnung erfolgt, GRÜN: keine Heilkunde (Umfrage 2018), GRAU: keine Auskunft.

Die Rechtsauffassung

Welche Bedeutung hat es für eine Kosmetikerin, wenn eine Anwendung der Heilkunde zugeordnet wird?

Unterliegt eine Anwendung der Heilkunde, ist eine Durchführung derselben für eine Kosmetikerin nicht erlaubt. Das Heilpraktikergesetz, welches die Rechtsgrundlage für diese Fragestellung darstellt, trifft hier eine eindeutige Aussage. Nach § 5 HeilprG wird, wer ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein und ohne eine Erlaubnis nach § 1 zu besitzen (Heilpraktikererlaubnis), die Heilkunde ausübt, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Muss eine Kosmetikerin, die Hyaluron Pen, Plasma Pen oder Krylipoplyse anwendet diese SOFORT aus dem Programm nehmen?

Da eine Kosmetikerin mit der weiteren Anwendung der genannten Produkte aktiv gegen gesetzliche Bestimmungen verstößt, ist es ratsam, diese aus dem Programm zu nehmen. In den Bundesländern gibt es derzeit noch unterschiedliche Rechtsauffassungen zu den oben genannten Verfahren. Daher sollte im Zweifel Kontakt mit dem örtlich zuständigen Gesundheitsamt oder dem Gesundheitsministerium aufgenommen werden.

Wenn das Gesundheitsamt (oder eine andere Aufsichtsbehörde) der Kosmetikerin die Anwendung untersagt, sind gegen diese Entscheidung Rechtsmittel möglich?

Die Untersagung einer Behandlung ist ein sogenannter Verwaltungsakt der zuständigen Behörde. Gegen diesen kann im Vorverfahren formlos Widerspruch eingelegt werden. Damit wird zunächst der Ausgangsbehörde und der nächsthöheren Behörde die Gelegenheit eingeräumt, sich ggf. selbst zu korrigieren. Bleibt die Behörde jedoch bei ihrer Rechtsauffassung, ist eine Anfechtungsklage auf dem Verwaltungsgerichtsweg möglich.

Welche Risiken bestehen im Rahmen des Zivilrechts?

Patienten, die sich Behandlungen unterziehen möchten, die der Heilkunde unterliegen, müssen zunächst umfassend über alle Aspekte dieser Maßnahmen aufgeklärt werden. Im Anschluss erfolgt in aller Regel schriftlich, eine entsprechende Einwilligung. Die ordnungsgemäß durchgeführte Aufklärung und die anschließende Einwilligung in die Behandlung erlauben dem Anwender eine straffreie Körperverletzung. Gegenüber einer Kosmetikerin, die unberechtigterweise Heilbehandlungen durchgeführt, kann ein Patient jedoch nicht rechtswirksam einwilligen. Damit können die strafrechtlich zu verfolgenden Tatbestände der Körperverletzung erfüllt sein (vgl. § 233 StGB – Strafgesetzbuch). Das Gesetz sieht hier je nach Schwere des Falles eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstraße bis zu 5 Jahre vor. Im Bereich des Zivilrechts könnten zusätzlich Schadenersatzansprüche geltend gemacht werden, denn sich der Strafantrag wirkt sich auf eine eventuelle zivilrechtliche Schadensregulierung nicht aus.

Dipl. Kauffrau Astrid Tomczak LL.M. hat Wirtschaftswissenschaften an der Universität Augsburg sowie Pharmarecht an der Philipps Universität in Marburg studiert. Seit 2008 ist sie außerdem Heilpraktikerin. Sie verfügt über langjährige Führungserfahrung in unterschiedlichen Funktionen im HealthCare-, Trainings- und Medizinproduktebereich.

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