SPRACHROHR APRIL 2016
LAOS: POLITISCHE BILDUNG IN EINEM KOMMUNISTISCHEN LAND
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NEUIGKEITEN PROJEKT FARBLOS Sich inmitten von Migrationsdebatten „das Fremde zu Eigen zu machen“ ist eines der Hauptanliegen der Verantwortlichen des Würzburger Projekts Farblos – Junge Dichter über Migration, die dazu ein Buch veröffentlichen wollen, in dem über dreißig Autor*innen beteiligt sind und sich in ihren Texten mit Flucht und Vertreibung auseinandersetzen. Was ihnen noch fehlt, ist ein Verlag der das Buch veröffentlicht. Mit dem Erlös aus dem Verkauf des Buches will Farblos ausnahmslos Projekte und Einrichtungen im Bereich der Geflüchtetenhilfe unterstützen. Weitere Informationen unter bit.ly/1X2QKHn
SSR-MITGLIED TRITT VON AMT ZURÜCK Lukian Bottke, Mitglied des Sprecherinnen- und Sprecherrats (SSR) der Universität Würzburg hat angekündigt, von seinem Amt zurückzutreten, um sich im kommenden Semester stärker auf sein Studium konzentrieren zu können. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, wer bzw. ob jemand bereit ist, Bottke als Sprecherrat zu ersetzen. Näheres dazu in der nächsten Ausgabe des Sprachrohrs.
HACKATHON-PREMIERE IN BAYERN Die von der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA initiierte NASA Space Apps Challenge findet am 22. April 2016 erstmalig in Bayern statt. Der Gedanke der hinter dem Hackathon steckt, der unabhängig von Alter und Beruf Interesse an der Raumfahrt wecken möchte, ist simpel. Innerhalb von zwei Tagen gilt es in einem bunt durchgewürfelten Team Lösungsideen zu breit gehaltenen Fragestellungen zu entwickeln, um diese im Anschluss konkret in eine SmartphoneApp, ein 3D-Druckerzeugnis oder Ähnliches umzusetzen. Ausgetragen werden wird der Wettbewerb mithilfe von verschiedenen Lehrstühlen der Informatik und dem Rechenzentrum der Universität Würzburg in den Labor- und Seminarräumen am Gebäude 70 auf dem Campus Hubland Nord. Registrieren kann man sich kostenlos unter bit.ly/1VXtUT5 und weitere Informationen gibt es unter bit.ly/1UH5MoC
RINGVORLESUNG DES REFERATS FÜR ÖKOLOGIE Im kommenden Semester veranstaltet das Referat Ökologie eine Ringvorlesung zum Thema „Sind wir noch zu retten – Aspekte der Nachhaltigkeit“. Den Anfang macht am 28. April 2016 der Bildungswissenschaftlers Martin Ladach mit einem Vortrag zur Verantwortung heutiger und zukünftiger Generationen und den Aufgaben, die mit der Idee einer nachhaltigen Entwicklung einhergehen. Die Vorlesungen werden jeweils um 19:15 Uhr im Hörsaal 2 in der Fakultät für Humanwissenschaften am Wittelsbacherplatz stattfinden. Nähere Informationen zum Programm findet ihr unter bit.ly/23g7rD1 und in der nächsten Ausgabe des Sprachrohrs.
TANDEM-TAGE ZU PFINGSTEN In den kommenden Pfingstferien finden zwischen dem 18. und 27. Mai wieder die Tandem-Tage der Universität Würzburg statt. Hierbei werden Studieninteressierte durch Studierende zu Seminaren und Vorlesungen begleitet, um ein möglichst realistisches Bild vom Unialltag zu präsentieren und Informationen aus erster Hand an die Abiturienten abzugeben. Durchgeführt wird das Ganze von Studierenden, die im Projekt uni@school der Studierendenberatung aktiv sind. Die Anmeldung ist bis zum 17. April 2016 unter bit.ly/1MYJoPA möglich.
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INHALT
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er Frühling ist da, das Sommersemester 2016 hat begonnen. Die Redaktion des Sprachrohrs hat sich wieder auf die Suche nach Geschichten gemacht, die von Studierenden der Uni Würzburg geschrieben werden – und ist fündig geworden. In ihrer dreiteiligen Sprachrohrreihe „Ältere Semester – Neue Perspektive“ beleuchten Helena Klöhr und Bettina Grimm die Beweggründe derer, die sich überdurchschnittlich spät in ihrem Leben dazu entschieden haben noch einmal die Unibank zu drücken. Ab Seite 26 Mehr als einen Einblick über Land und Leute von Laos gibt der Würzburger Politikstudent Jarno Flaig, der zunächst für ein Praktikum, später für eine feste Stelle nach Laos ging, um vor Ort politische Bildungsarbeit zu leisten. Unter einem Pseudonym schreibt er – auch um seine laotischen Kolleg*innen zu schützen - von seinen Erfahrungen in dem bis heute kommunistisch regierten Land. Ab Seite 19 Ambivalenzraum Universität heißt der vielversprechend klingende Sammelband, der uns vom Neofelis Verlag zur Rezension zur Verfügung gestellt wurde. Joe Preißl bespricht das Buch, welches explizit keine „Entgegensetzung von pessimistischer Diagnose und überhöhter Idealvorstellung“ sein möchte und demnach eine differenzierte Bestandsaufnahme der Universität als Institution verspricht. Ab Seite 15 In der Rubrik INTERNATIONALES erzählt die Architekturstudentin Erza Raskova vom Alltag in einem Land, das von vielen Staaten nicht als solches anerkannt und von vielen seiner Bürger verlassen wird: dem Kosovo. Viel Spaß beim Lesen.
– Timo Unger
02 NEUIGKEITEN
04 HOCHSCHULPOLITIK 04 08 09 10
Nachgefragt Zur Verlegung des bayrischen Staatsarchivs Wertvolle Tips vom Mentor Sie ist wieder da
11 MENSAPLAN
15 KULTUR 15 16 18 19 24 25 26 28 29
Buchrezension: Ambivalenzraum Universität Paris - Stadt der Herzen Und du so? Lan Xan – Das Land der eine Million Elefanten Curious Spurious Correlations 6. FemFest Würzburg Ältere Semester – Neue Perspektive Hochschulwal 120 Jahre Röntgenstrahlen
30 INTERNATIONALES 30 Life in Kosovo
31 IMPRESSUM
4 NACHGEFRAGT
Lästert mal über eure Hochschulgruppe. Welches Klischee erfüllt ihr?
GRÜNE HOCHSCHULGRUPPE WÜRZBURG
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ie Grüne Hochschulgruppe ist die einzige Hochschulgruppe, die sich als finalem Ziel dem Weltfrieden verschrieben hat. Zur Erreichung dieses Ziels treffen wir uns wöchentlich zu ausführlichen Diskussionen, bei denen wir meistens zu dem Entschluss kommen, dass es nur eine Möglichkeit gibt: Spaß und Fleisch verbieten! Deswegen folgen wir beispielsweise dem Motto „Quod licet Iovi non licet bovi“ – „Im Restaurant ‚Zum Jupiter‘ ist es nicht erlaubt, Ochsen zu verzehren“ und fordern folglich ein rein frutarisches Angebot in allen Mensen und
Cafeterien. Um Ungerechtigkeiten vorzubeugen setzen wir außerdem da an, wo es am effektivsten ist: Männlich-aggressive Wörter wie „Burg“ müssen verschwinden und durch modernere Alternativen ersetzt werden. Deswegen bleibt es unumgänglich, den Stadtnamen „Würzburg“ in „Würzgebäude“ abzuändern. Nicht vergessen werden darf darüber allerdings, dass wir unserem Auftrag als linksgrüne Gutmenschengruppe nachkommen müssen: Deshalb setzen wir uns mit aller Kraft für eine Islamisierung der Universität sowie der gesamten Stadt ein. Dieses Gesamtpaket wird unausweichlich zum Weltfrieden führen,
weswegen wir uns jede Kritik daran verbitten. Wir hoffen somit alle Klischees aufgeführt zu haben, sind aber momentan viel zu sehr damit beschäftigt, Bäume zu umarmen und Blockflöte zu üben, um der Frage weiter nachgehen zu können, ob wir das wirklich geschafft haben. Inwiefern dies tatsächlich alles zutrifft, erfahrt ihr am besten, indem ihr einfach mal bei uns vorbeischaut! Wir treffen uns jeden Mittwoch um 20 Uhr im Grünen Büro in der Textorstraße 14. Neue Gesichter sind immer willkommen! (gerne auch mit Blockflöte)
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Studiengebühren längst mittels Volksbegehren abgeschafft wurden. Gerüchten zufolge sammelt einer der Mitglieder heute noch Unterschriften dafür.
Unabhängige Hochschulgruppe gegen Studiengebühren (UHG): Die haben noch nicht gemerkt, dass die
Piratenhochschulgruppe: Die Listenvereinigung UHG&Piraten schafft es nie, zur Wahl anzutreten - das dafür nötige Treffen für die Unterschriften der Listenkandidaten findet nie statt, weil die Piraten denken, sie könnten alles über das Internet machen.
Außerdem wollen sie natürlich erreichen, dass Klausurinhalte von allen Studenten demokratisch abgestimmt werden - am besten per LiquidFeedback. Studentenausweise sollen aus Datenschutzgründen nur mit Nicknames bedruckt werden. Außerdem sind wir auch für Gleichberechtigung und zwar zwischen Männern und ... wie hieß das andere Geschlecht nochmal?
UHG UND PIRATEN ästern über Hochschulgruppen ist nicht unsere Art; wer unsere Texte, kennt weiß das. Daher tun wir uns mit dieser Frage schwer und sind deshalb bei dieser Frage ausnahmsweise davon abgerückt, auf den Wahrheitsgehalt unserer Texte zu achten, damit wir die Frage trotzdem beantworten können.
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ACHSCHAFTSMITGLIEDER
FACHSCHAFTSMITGLIEDER ERFAHRUNG WÄHLEN
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achschaftsmitglieder - Erfahrung wählen ist vor allem der Respekt wichtig. Das haben wir, obwohl es uns erst seit zwei Jahren gibt, vielfach bewiesen: Wir haben zum Beispiel gegen Albrecht Fürst zu Castell-Castell mahnend (nicht beleidigend) protestiert, da er der Meinung ist, Frauen gehörten wieder an den Herd und Homosexuelle wären krank (das Sprachrohr
berichtete hierzu). Mit solchen Äußerungen lässt er genau den Respekt vermissen, der uns im politischen Diskurs - gerade auch gegenüber Andersdenkenden - so wichtig ist. Daher ist es unser Anspruch, nicht zu lästern, sondern gerade auch mit den anderen Hochschulgruppen einen respektvollen Umgang zu pflegen. Umso mehr im Umgang mit den
ER AHRUNG WÄHLEN
eigenen Mitgliedern, die oftmals eben nicht nur Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachschaftsvertretungen sind, sondern vielfach auch Freunde geworden sind.
5 JUSO HSG
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on "dem" Klischee-Hochschulgruppenmitglied wird erwartet grundlegende Kenntnisse des Marxismus und dessen politischer ÖkonomieTextsicherheit der "Internationalen" ohne jegliche Töne zu treffeneine gesunde Ablehnung unpolitisch-pragmatischen Verhaltensausgeprägtes „Gutmenschentum“ Da wir aber genauso individuell und vielfältig sind wie die Gesellschaft erfüllt eigentlich niemand von uns diese To-Do-Liste. Vielmehr trägt jede*r durch ihre*seine Persönlichkeit dazu bei, dass sich ein großes Gesamtbild ergibt. Je nach persönlichem Interesse oder auch aufgrund verschiedener Seminare/Fortbildungen zu dem Thema haben einige von uns gute Kenntnisse über Karl Marx und sein Hauptwerk "Das Kapital". Andere beschäftigen sich hingegen eher mit Gegenwarts- und Zukunftsfragen: Wie
kann diese Vorstellung aus dem 19. Jahrhundert in unserer heutigen globalisierten Welt noch die Gesellschaft gestalten und verändern? Zur Singfähigkeit der "Internationalen" sei gesagt, dass sie, je nach Anzahl der verfügbaren elektronischen Kommunikationsgeräte ganz gut funktioniert. Jedenfalls gehören die lauen Sommernächte mit diversen Getränken auf der Terrasse der ESG (und eben diesem Lied) zu den schönsten Erinnerungen des vergangenen Jahres. Eine Ablehnung von unpolitischen Verhalten, das sich nur für den eigenen Lebenslauf, nicht aber für die Gesellschaft engagiert, ist bei jeder*jedem vorhanden, da wir uns als politische Hochschulgruppe eben nicht mit uns beschäftigen, sondern etwas für unsere Studis erreichen wollen. Und dabei haben wir durchaus unseren eigenen Kopf, weshalb wir eigene Standpunkte setzen, auch wenn manche Positionen wie etwa der Bedacht um eine geschlechtsneutrale Sprache
bei manchen auf Unverständnis stoßen. Es ist eben dieser gesunde Idealismus, der viele von uns– auch zu Lasten des eigenen Studienerfolgs – zum Engagement in der Studierendenvertretung bewegt. Unseren Unwillen, Bildung zum bloßen Mittel zur Berufsqualifizierung zu machen, sieht man in jedem Gremium der Uni, in dem wir für eine Öffnung des verschulten BolognaKorsetts kämpfen. Und unseren Standpunkt zu menschenverachtenden Gruppierungen haben wir als Hochschulgruppe im letzten Jahr bei sämtlichen Wügida-Aufmärschen zu Genüge unter Beweis gestellt.
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Mo bis Mi: 08.00 - 16.30 Uhr Do: 08.00 - 17.30 Uhr WUE-Studentenservice@by.aok.de Fr: 08.00 - 15.00 Uhr und jeden 1. und 3 . Dienstag im Monat Tel.: 0931 388-388 Sanderstr. 27 97070 Würzburg
von 11.00 - 13.00 Uhr im Zimmer 113a im Mensagebäude an der Uni am Hubland
6 NACHGEFRAGT
Welche zwei bis drei Dinge würdet ihr an der Stadt Würzburg verändern, um Sie für Studierende attraktiver zu machen?
GRÜNE HOCHSCHULGRUPPE WÜRZBURG
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ie Stadt Würzburg ist bereits ziemlich gut aufgestellt, was ihre Attraktivität als Studierendenstadt angeht: Sie ist einerseits so klein, dass man überall bekannte Gesichter trifft und problemlos die ganze Stadt durchstreifen kann, stellt andererseits aber ein pralles kulturelles Angebot in Form von Bars, Treffpunkten, Musik, Vorträgen etc. bereit. Dennoch gibt es natürlich noch reichlich Luft nach oben: Es gibt nach wie vor zu wenig gut ausgebaute Fahrradwege, insbesondere auf dem Weg zum Hublandcampus. Außerdem sind überdachte und sichere Fahrradparkplätze an verschiedenen
Stellen wie zum Beispiel dem Hauptbahnhof längst überfällig. Ein weiteres wichtiges Thema, um Würzburg attraktiver für Studierende zu machen, ist aus unserer Sicht die Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs. Wer schon einmal versucht hat, spätnachts (das heißt nach acht Uhr abends) oder zu sonstigen „unüblichen Zeiten“ (also am Wochenende oder an Feiertagen) entweder von der Stadt ans Hubland oder aber einfach nur von der Bibliothek nach Hause zu kommen, kennt das Problem: Es hapert sowohl bei der Einrichtung von Nachtbussen als auch bei der Busanbindung solch
„entlegener“ Regionen wie Lengfeld, Höchberg oder gar Gerbrunn. Das wichtigste Thema bleibt aber sicherlich die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnraum. Es muss unabhängig vom Geldbeutel möglich sein, bei einem Studium in Würzburg auch in Würzburg zu wohnen. Leider herrscht aufgrund der Knappheit auf dem Wohnungsmarkt ein großes Gedränge. Wenn diese Punkte verbessert werden, steht einem gelungenen Studierendenleben nichts mehr im Wege!
der Zentralbibliothek kommt und nicht gerade Sommerferien in den Schulen sind, hat man Ausweichmöglichkeiten auf andere Linien. Kommt man aber vom hinteren Teil des Hublandcampuses oder vom Campus Nord oder gar Gerbrunn, so muss man ziemlich weit laufen oder den Umweg über Randersacker fahren, wo kaum jemand vom Hubland aus hinfährt. Nach oben zum Hubland ist auch der letzte Bus um Mitternacht in der Vorlesungszeit noch voll. Des Weiteren gibt es in beide Richtungen ein Loch im Fahrplan gegen 19 Uhr und nach oben auch eines gegen 7:30 Uhr. Auf der anderen Seite fahren die Busse in den Sommerferien der Uni zeitweise den vollen Fahrplan wo es nicht nötig wäre. Entscheidend für die Attraktivität einer Stadt
ist auch das Wohnraumangebot. Das war in Würzburg schon lange nicht gut und die Lage hat sich in den letzten Jahren noch mehr angespannt. Ein größeres Angebot würde zu bezahlbareren Preisen führen. Doch die Stadt scheint sich für den studentischen Wohnungsmarkt nicht zu interessieren. Hauptsache sie bekommt den Hauptwohnsitz. Dass man diesen aber überhaupt nur anmelden kann, wenn man eine Wohnung findet, versteht sich eigentlich von selbst. Denen, die ihren Hauptwohnsitz hier anmelden, sollte klar sein, dass sie in dem Maße, wie sie der Stadt Würzburg nützen, ihrem Heimatort schaden.
UHG UND PIRATEN
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Auf jeden Fall sollte die Stadt Würzburg den Vordereinstieg in den Bussen abschaffen. Dieser wurde angeblich wegen schwarzfahrender Schüler eingeführt dabei schauen die Busfahrer gerade im Schulverkehr am wenigsten hin. Die Studenten, unter denen es gar keine Schwarzfahrer geben kann, sind die Leidtragenden. Schuld daran ist ausgerechnet ein Stadtrat der grünen Fraktion, von der man doch normalerweise erwarten würde, dass sie öffentliche Verkehrsmittel attraktiver machen sollte. Auch sollten die Busse abends länger fahren. Insbesondere könnte man die Linie 14 in beide Richtungen um eine Stunde verlängern. Nach unten in die Stadt fährt die Linie bereits um 20:30 Uhr zum letzten Mal. Wenn man von
7 JUSO HOCHSCHULGRUPPE
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ls progressive Hochschulgruppe gibt es natürlich viel, was wir in dieser Gesellschaft verändern wollen - und das auf allen Ebenen. Ob im Bundestag, Landtag, Hochschulrat - oder eben Stadtrat, überall hätten wir ein paar Anliegen vorzutragen. Mit dem Fokus auf Würzburg fallen uns ein paar Dinge ein, die für Studis das Leben hier angenehmer machen würden. Gleich vorneweg: Kostenloser Weinausschank gehört natürlich dazu, allerdings sollen wir nur max. drei Punkte nennen, weswegen wir neben den selbstverständlichen Dingen drei besondere Punkte erwähnen wollen: Es wird Zeit, dass das Konzept für den ÖPNV in Würzburg gründlich überarbeitet wird. Die Studierendenschaft zahlt jedes Semester ordentlich
viel Geld für das Semesterticket und dennoch sind jegliche Busse Richtung Uni überfüllt. Intelligente Taktung, Busspuren und vielleicht ja sogar die Straba-Linie 6 (vom Sanderring zum Hubland, seit Jahren im Gespräch, kommt vielleicht nie) würden den Alltag der Student*innen erheblich erleichtern. Schon seit Jahren reden auch wir als Hochschulgruppe mit und haben unsere Verkehrsexpert*innen vornedran, wenn es beispielsweise um zusätzliche Linien, Nachtbusse oder die Verhandlungen zum Semesterticket geht. Barrierefreiheit betrifft nicht alle, aber mehr als man denkt. Bei diesem Thema könnte sich die Stadt Würzburg gut und gerne etwas von der Uni abschauen, diese gewann erst kürzlich das Signet „Bayern barrierefrei – Wir sind dabei!“. Daran
ließe sich gut anknüpfen und etwa begonnen werden, den Bahnhof barrierefrei gestalten. Nicht wenigE der Erstsemester starten ins Studium mit einem Spießrutenlauf: kaum eine bezahlbare Wohnung frei, kaum eine freie Wohnung bezahlbar. Die Attraktivität einer Studierendenstadt beginnt mit dem Wohnungsmarkt - in Würzburg beginnt hier die Abschreckung. Die Stadt muss es hinkriegen, guten und günstigen Wohnraum zu schaffen. Mit diesen Punkten dürfte Würzburg für viele Studierende angenehmer und attraktiver werden. Es gibt dennoch genug Stellschrauben an denen gedreht werden muss, damit diese Stadt für ihre über 30.000 Studies sozial gerechter wird.
RCDS
W
ir als RCDS setzen uns erstens dafür ein, dass der Nahverkehr in Würzburg weiter ausgebaut wird. Hierzu gehört exemplarisch die Busverbindung von Montag bis Freitag nach 22:00 Uhr von der Innenstadt zur Unibibliothek am Hubland und zurück. Wir wünschen und fordern, dass die Stadt Würzburg für Fahrradfahrer die Strecken
weiterausbaut und verbessert. Hierzu sollte besonders exemplarisch die Verbindung von der anderen Mainseite in Richtung Innenstadt über die Löwenbrücke und auch die alte Mainbrücke verbessert werden. Drittens fordert der RCDS, dass die Hotspotstandorte in der Innenstadt weiter ausgebaut und zukünftig auch für Studierende
direkt frei verfügbar sind, ohne einen zusätzlichen Vertrag abzuschließen. Damit diese Kosten nicht einseitig zu Lasten der Betreiber geht, sollte hierzu ein Teil des Semesterbeitrags für die Finanzierung des Netzes von den Studierenden als Sozialbeitrag verwendet werden.
FACHSCHAFTSMITGLIEDER
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ACHSCHAFTSMITGLIEDER
ERFAHRUNG
ER AHRUNG WÄHLEN
WÄHLEN
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ier verfolgt Fachschaftsmitglieder Erfahrung wählen den Ansatz, bestehende Angebote für die Studierenden leichter zugänglich zu machen oder sie zu verbessern. So haben wir Verhandlungen mit dem MainfrankenTheater wegen eines Semestertickets Kultur angestoßen, die sehr fruchtbar waren. Gemeinsames Ziel von Stadt, MainfrankenTheater und uns ist es, für zwei Euro pro Semester allen Studierenden einen kostenlosen Zugang zu allen Vorstellungen des städtischen Theaters zu ermöglichen. Momentan geht es um die Klärung letzter Formalitäten, aber wir sind hoffnungsvoll, dass sich hier etwas tut! Gleiches gilt für unser Ziel, ein bedarfsgerechtes Nachtbusangebot aufzusetzen. Dieses wurde
von Niklas Dehne ausgearbeitet und verbindet die einzelnen Stadtteile miteinander. Nach der Umsetzung wird es einmal pro Stunde möglich sein, von jedem Stadtteil in jeden anderen Stadtteil zu kommen. Dann heißt es: Nie mehr Taxi und nach der Party trotzdem einfach und sicher nach Hause kommen! Auch hier dürfte es sich pro Semester um einen Aufpreis von rund zwei Euro auf das bestehende Semesterticket handeln, der es uns wert sein sollte. Die Gespräche hierzu, die wir mit der Stadt und der Würzburger Straßenbahngesellschaft führen, verlaufen sehr konstruktiv und auch die kommunale Politik unterstützt das Anliegen nachdrücklich. Allerdings können wir hierzu zum jetzigen Zeitpunkt noch nichts Genaues sagen, weil es noch einige, letzte
Details zu klären gibt. Aber es dürfte klar sein: Fachschaftsmitglieder Erfahrung wählen geht auch kommunale Fragen an, versucht im Dialog mit den Mitverantwortlichen Antworten zu geben und strebt eine zielorientierte Lösung an. Das werden wir auch weiterhin tun. Daher ist es unser Anspruch, nicht zu lästern, sondern gerade auch mit den anderen Hochschulgruppen einen respektvollen Umgang zu pflegen. Umso mehr im Umgang mit den eigenen Mitgliedern, die oftmals eben nicht nur Kolleginnen und Kollegen aus anderen Fachschaftsvertretungen sind, sondern vielfach auch Freunde geworden sind.
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HOCHSCHULPOLITIK
ZUR VERLEGUNG DES BAYERISCHEN STAATSARCHIVS WÜRZBURG
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n den letzten Monaten wurde ausführlich über die anstehende Verlegung des Bayerischen Staatsarchives Würzburg nach Kitzingen diskutiert. Diese Verlegung ist eigentlich schon beschlossene Sache – aber macht das auch Sinn? Das Staatsarchiv in Würzburg befindet sich zurzeit sowohl im Nordflügel der Residenz, als auch im Nordtrakt des ältesten Teils der Festung Marienberg. Es beherbergt etwa acht Millionen Archivalien, von denen viele einzigartig in ganz Deutschland sind. Darunter befinden sich beispielsweise Schriften des Hochstifts Würzburg, Hochstifts Fulda, Reichsstadt Schweinfurt sowie sehr gut erhaltene Urkunden aus der Zeit des Nationalsozialismus. Viele national und international renommierte Historiker*innen suchen deshalb Würzburg auf. Auch für die Würzburger Studierenden hat dieses Staatsarchiv Vorteile. Wieso also die Verlegung? Die Bayerische Staatsregierung begründet den Beschluss mit folgenden Argumenten: Die durch den Auszug des Archivs frei werdenden Räumlichkeiten auf der Festung sollen zukünftig für das neue Museumsquartier Marienberg genutzt werden. Mit dem zukünftigen Landesmuseum und der stark verbesserten Nutzungsverteilung auf der Marienfeste wäre ein entscheidender touristischer Mehrwert zugunsten Würzburgs verbunden. Der Standtort des Staatsarchives in der Residenz wäre weder aus Brandschutzgründen, noch aufgrund der klimatischen Verhältnisse weiterhin tragfähig. Zudem würden nur sechs Besucher pro Tag das Staatsarchiv aufsuchen, weswegen eine attraktivere Gestaltung der öffentlichen Räume des neuen Staatsarchivs in Kitzingen ein kräftiges Engagement wäre.
Außerdem möchte man den eher schwächeren Standort Kitzingen durch die Verlegung des Staatsarchivs fördern. Es gehe darum, die wichtige Infrastruktur in den Regionen aufrechtzuerhalten und auszubauen. Würzburg habe in den vergangenen Jahren zu einem anerkannten und exzellenten Hochschulstandort entwickelt, wozu auch große Investitionen beigetragen haben, beispielsweise die Sanierung und Erweiterung des Uniklinikums, der Um- und Ausbau des Chemiezentrums oder die Neugründung eines Forschungszentrums Herzinsuffizienz. Nun sei es an der Zeit, auch die ländlichen Regionen Bayerns zu fördern. Dies sind natürlich gute Argumente für eine Verlegung des Staatsarchivs. Es sollte aber hinterfragt werden, inwiefern der Standort Kitzingen für ein Staatsarchiv geeignet ist, in welchem hauptsächlich Würzburger Archivalien zu finden sind. Außerdem haben Professor*innen und Studierende der Universität und der FHWS, welche mit überwiegender Mehrheit auch in Würzburg wohnen, das Staatsarchiv direkt vor Ort und müssten nicht umständlich mit Bus und Bahn nach Kitzingen fahren. Die aktuellen Räumlichkeiten des Staatsarchivs in der Residenz und in der Festung wären tatsächlich besser genutzt, wenn man diese wieder für eine breitere Öffentlichkeit zugänglich macht. Allerdings muss dafür das Staatsarchiv nicht nach Kitzingen ausgelagert werden. Denkbar wäre beispielsweise eine Unterbringung auf dem Campus Nord der Universität Würzburg. Jedem von uns ist klar, dass Kitzingen nicht allzu viel zu bieten hat, weshalb eine Stärkung der Region Kitzingen natürlich lobenswert ist. Jedoch ist zu bezweifeln, dass die Verlegung des Staatsarchivs nach Kitzingen dort für einen wirtschaftli-
chen Boom sorgt. Es wäre wohl besser, die Region Kitzingen wirtschaftlich wieder interessanter für Unternehmen zu machen, denn so schafft man dauerhafte Arbeitsplätze und baut auch ein funktionierendes Gewerbe auf. Auch der Studentische Konvent sprach sich im Dezember 2015 auf Initiative des SSR gegen die Verlegung des Staatsarchivs aus und unterstützt nun alle Bemühungen, das Staatsarchiv in Würzburg zu halten. Begründet wurde der Antrag unter anderem mit dem Standortvorteil, den Würzburg Historiker*innen, Professor*innen und Studierende geboten werde, um wissenschaftlich effektiv arbeiten zu können. Abschließend ist festzustellen, dass aus wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und universitärer Sichtweise die Verlegung des Staatsarchivs keinen Sinn ergibt. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Bayerische Staatsregierung nochmal mit diesem Thema befasst und Ihren Beschluss doch nochmal überarbeitet. – Matthias Fieber, SSR Quellen: http://www.gda.bayern.de/archive/wuerzburg/bestaende/ (aufgerufen am 29.03.2016), http://www.gda.bayern.de/archive/wuerzburg/archivgebaeude/ (aufgerufen am 29.03.2016), http://www.gda.bayern.de/archive/wuerzburg/geschichtlicherueberblick/ (aufgerufen am 29.03.2016), PRESSEMITTEILUNG Bayerischer Landtag; 12.11.2015, Oliver Jörg zur geplanten Verlagerung des Staatsarchivs: Worauf es jetzt ankommt, http://www.stuv.uni-wuerzburg.de/fileadmin/34000000/Konvent/2015-2016/Antraege/16.12.2015/Antrag_Staatsarchiv_ Wuerzburg.pdf (aufgerufen am 31.03.2016)
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HOCHSCHULPOLITIK
WERTVOLLE TIPPS VOM MENTOR – ALUMNI ALS BERATER IM STUDIUM
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Unterstützung bei der Orientierung im Studium oder beim Übergang vom Studium in den Beruf bietet das Mentoring-Programm des Alumni-Büros. Die nächste Staffel startet am 26. April 2016. Wilma Hahn, Absolventin des Studiengangs Funktionswerkstoffe, empfiehlt das Programm weiter.
oll ich nach meinem Bachelor noch einen Master machen? Welche Studienvertiefung wäre nützlich? Gibt es andere Fähigkeiten, die ich neben meinem Studium erwerben könnte? Sind meine Ziele realistisch? Welches Praktikum wäre gut für mich und wie bekomme ich es? Und wie haben das eigentlich andere vor mir organisiert? – Solche Fragen stellt sich wohl jeder Studierende während seines Studiums einmal, ohne darauf immer passende Antworten zu finden. Dabei existiert mit dem Mentoring Programm des Alumni Büros und des Career Service für Studierende aller Fachrichtungen eine sehr hilfreiche, kostenlose und einfache Möglichkeit, mit einem Absolventen oder einer Absolventin der Uni Würzburg in Kontakt zu kommen und sich über solche und ähnliche Fragen auszutauschen. Besondere Voraussetzungen, außer das Interesse am Austausch mit dem Mentor, sind dafür nicht nötig. Das Programm richtet sich gerade an Studierende, die noch nicht genau wissen, wo ihr Studium sie hinführen soll und die offen für die Unterstützung durch einen berufserfahrenen Mentor sind. Wilma Hahn hat 2014 am Mentoring-Programm teilgenommen. Und das mit Erfolg: Seit Mitte Januar arbeitet die Absolventin des Studiengangs Funktionswerkstoffe beim Süddeutschen Kunststoffzentrum (SKZ) in der Produktprüfung. Die Stelle dort hat sie mit Unterstützung ihres Mentors Stefan Dilsky gefunden.
Der Chemie-Alumnus ist seit 2006 in der chemischen Industrie tätig, derzeit bei der Firma Reda Oilfield mit Hauptsitz in Aberdeen (Schottland). Stefan Dilsky hat als Berufseinsteiger selbst vom Mentoring profitiert und engagiert sich deshalb nun ehrenamtlich als Mentor an seiner ehemaligen Uni. Michaela Thiel, Leiterin des Alumni-Büros, wählt bei jeder Mentoring - Staffel je nach Studienrichtung, Berufsfeld und Interessenlage zueinander passende „Mentoring-Tandems“ aus. Bei einer Auftaktveranstaltung können die Tandems feststellen, ob neben dem Fachlichen auch „die Chemie“ stimmt. Erst dann entscheiden sie, ob sie das Tandem in dieser Konstellation starten möchten. Wie oft sie am Ende miteinander telefonieren, mailen oder sich treffen und welche Fragen genau besprochen werden, entscheiden die Tandempartner ebenfalls selbst. „Das Mentoring steht übrigens nicht nur Studierenden offen“, sagt Michaela Thiel. Junge Absolventen und Doktoranden seien genauso willkommen. Wie Wilma Hahn vom Mentoring profitiert hat Das Fazit der Absolventin? Sie bewertet die Mentoring-Erfahrung als sehr gut und kann das Programm jederzeit weiterempfehlen, wie sie sagt. „Er hat mir zum Beispiel Dinge aufgezeigt, an die ich nicht sofort gedacht hätte“, sagt Wilma Hahn, „zum Beispiel Hinweise auf kleinere, nicht
so bekannte Unternehmen der Chemiebranche, die aber zum Mittelstand gehören“. Anmelden für die nächste Mentoring-Staffel Das Alumni-Büro startet seine nächste Mentoring-Staffel mit einem kick-off am Samstag, den 26. April 2016. Interessierte aller Studienrichtungen können sich ab sofort einfach auf der Alumni-Homepage dafür registrieren, eine Bewerbung ist nicht nötig. Zur Homepage des Mentoring-Programms im Alumni-Büro: www.alumni.uni-wuerzburg.de/mentoring
– Michaela Thiel / Alumni Büro
Das Mentoring-Tandem Wilma Hahn und Stefan Dilsky. Beide würden das Mentoring-Programm des Würzburger Alumni-Büros jederzeit weiterempfehlen. (Foto: Robert Emmerich)
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HOCHSCHULPOLITIK
SIE IST WIEDER DA
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eitdem Bundespräsident Joachim Gauck am 10. Oktober 2015 das Gesetz unterzeichnete, ist sie wieder da. Die Vorratsdatenspeicherung. Es gab sie bereits von 2008 bis 2010, bis sie vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde, da sie die Grundrechte unverhältnismäßig einschränkt und damit verfassungswidrig ist. Doch seit Oktober ist sie wieder da. Seitdem gilt für Telekommunikationsanbieter die Pflicht folgendes zu speichern:
Standortdaten der Teilnehmer aller Mobiltelefonate bei Beginn des Telefonats für vier Wochen Standortdaten bei Beginn einer mobilen Internetnutzung für vier Wochen Rufnummern, Zeit und Dauer aller Telefonate für zehn Wochen Rufnummern, Sende- und Empfangszeit aller SMS-Nachrichten für zehn Wochen Zugewiesene IP-Adressen aller Internetnutzer sowie Zeitpunkt und Dauer der Nutzung für zehn Wochen. Beim ersten Lesen könnte man meinen, dass das keine große Einschränkung für uns ist, schließlich werden keine Inhalte von Gesprächen aufgezeichnet und vier bis zehn Wochen ist doch auch kein langer Zeitraum. Gerade vor dem Hintergrund der Terroranschläge in Paris und Brüssel, klingt dies nach einer milden Einschränkung die viele gern in Kauf nehmen.
heit entsprechen müssen. Schließlich gibt es dabei keinen Bankeinzug. Und eine der einfachsten Strategien wäre es einen Terroranschlag einfach 11 Wochen im Voraus zu planen und dann entweder über andere Kanäle zu kommunizieren, oder einfach gar nicht mehr. Um auf Nummer Sicher zu gehen bleibt das Handy beim Durchführen von Verbrechen auch zuhause. Das alles ist erstmal reine Spekulation. Allerdings gibt es wissenschaftliche Belege für diese Überlegungen. Im Juli 2011 wurde ein Gutachten der kriminologischen Abteilung des Max-PlanckInstituts für ausländisches und internationales Strafrecht veröffentlicht, worin unter anderem die Aufklärungsquoten von Straftaten vor, während und nach der Gültigkeit der VDS verglichen wurden. Die Aufklärungsquoten in verschiedenen Kategorien von Straftaten blieben nahezu unverändert und unterlagen dem gleichen statistischen Auf und Ab – ganz egal ob Vorratsdaten genutzt werden konnten oder nicht. Wenn man nun betrachtet, dass die Speicherfristen jetzt sogar deutlich kürzer sind, kann man sich schon fragen, warum man sie überhaupt reanimiert hat.
Jedoch liegen dieser Einschätzung zwei Irrtümer zugrunde: Einerseits bewirkt sie nachweislich keinen verbesserten Schutz der Bevölkerung, andererseits sagen die gespeicherten Daten viel mehr über uns aus, als komplette Mitschnitte unserer Telefonate und Inhalte unserer SMS-Nachrichten es je könnten. Die Wirkungslosigkeit der Vorratsdatenspeicherung (VDS) lässt sich an folgenden Beispielen vergegenwärtigen: Es ist von Seiten der Gewerkschaft der Polizei und Innenpolitikern oft die Rede, dass man ohne die VDS den Kriminellen und Terroristen dieser Welt machtlos gegenüber stehe. Die benötigten Beweise ließen sich am ehesten durch Kommunikationsprofile der Verdächtigten finden. Nun einmal angenommen, man wäre selbst kriminell. Sobald man wüsste, dass durch die VDS oben genannte Daten gespeichert werden - und somit der Polizei zugänglich sind - liegt es doch nahe, das eigene Kommunikationsverhalten einfach zu ändern. Beispielsweise könnte man in einem Internetcafé seinen E-Mail Verkehr regeln oder zum Telefonieren ein Prepaid Handy benutzen, denn man muss dem Anbieter keine persönlichen Daten hinterlassen, die tatsächlich der Wahr-
Das bedeutet allerdings nicht, dass man mit den Daten überhaupt nichts anfangen kann. Im Gegenteil. Der Grünen-Abgeordnete Malte Spitz und der Grüne Schweizer Nationalrat Balthasar Glättli haben beide die jeweils über sie gesam-
melten Vorratsdaten eingeklagt und von Experten für Datenanalyse von OpenDataCity auswerten lassen. Damit konnte man ein lückenloses Bewegungsprofil der Parlamentarier, sowie ein Beziehungsnetzwerk erstellen, in dem man erkennt, wer wen wie oft anruft - sogar deren Schlafrhythmus konnte man ausmachen. Dies bedeutet, dass es möglich ist, jeden Menschen und deren Umfeld jederzeit zu überprüfen und damit de facto eine polizeistaatliche Permanentüberwachung zu erzeugen. Befürworter der VDS merken an dieser Stelle an, dass man ja nichts zu befürchten habe, wenn man sich an Gesetze halte. Dabei lässt man aber außer Acht, dass man durch bloße Datenspuren ganz schnell in den Kreis von Verdächtigen geraten kann. Ist beispielsweise der eigene Nachbar ein Krimineller, so taucht in den Daten der gleiche Aufenthaltsort auf, wie der eines Kriminellen. Wenn dazu noch gleiche Interessen kommen wie bei Kriminellen, beispielsweise dadurch, dass man sich für ähnliche Bücher interessiert wie bekannte Kriminelle, passt man rein formell in ein Täterprofil und gilt als verdächtig. Aber so viele Zufälle sind gar nicht notwendig. Im Falle des Soziologen Andrej Holm reichte eine Internetrecherche mit den Begriffen „Gentrification“ und „Prekarisierung“ aus, um Verdacht zu erwecken, denn diese Worte wurden auch von einer linken Terrororganisation in einem Bekennerschreiben verwendet. Nach diesem Anfangsverdacht wurden durch Beschattung und Überwachung u.a. von Kontodaten schließlich genügend Argumente konstruiert, um Andrej Holm drei Wochen Untersuchungshaft zu bescheren. Als die Hintergründe ans Licht kamen wurde der Haftbefehl schließlich aufgehoben und die Ermittlungen eingestellt. Das war aber kein Einzelfall, denn es gibt eine ganze Reihe von zu unrecht Beschuldigten deren Leben durch Befragung von Arbeitskollegen, Hausdurchsuchungen, Flug- und Einreiseverbote oder gar Verhaftungen auf den Kopf gestellt wurde. Durch die VDS werden nur weitere Anfangsverdachtsmomente gegen Unschuldige geliefert. Jedoch gibt es Mittel und Wege seine Spur so weit wie möglich zu verschleiern. Man kann sich z.B. ein Prepaid Handy zulegen. Dabei muss man keinen echten Namen angeben. Außerdem kann man dafür sorgen, dass die Kommunikation verschlüsselt abläuft, indem man auf Dienste wie WhatsApp verzichtet und Alternativen wie Telegram oder Threema nutzen. Seine IP-Adresse kann man verschleiern, indem man etwa den Tor-Browser nutzt, der übrigens kostenlos und in seiner Bedienung Firefox sehr ähnlich ist. Wer interessiert daran ist, findet weitere Informationen – Matthias Kübert auf www.vorratsdatenspeicherung.de.
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HOCHSCHULPOLITIK
MENSATERIA
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28.04.
05.05.
22.04.
29.04.
06.05.
Vegetarisch
Vegan
Vital-Essen
Currywurst Hähnchenpiccata an Tomatenragout Florentiner Schichtnudel
Schweinerückensteak mit Rahmsoße Kabeljaufilet auf Blattspinat mit Tagliatelle Cannelloni Ricotta al forno
Cordon bleu vom Schwein Hähnchenbrust "Coq au Vin" Käsespätzle mit Röstzwiebeln
XXL-Schweineschnitzel paniert mit Zitrone Saftiges Rindergulasch BIO - Nudelpfanne Calabria Gebratener Reis mit Asiagemüse
Seelachsfilet gebacken mit Limetten-Joghurtdip Schweinelendchen an Champignonrahmsoße Kartoffelgratin
Schweinerückensteak mit Waldpilzsoße "Jäger Art" Paniertes Putenschnitzel Riesenrösti "Gärtnerin Art"
Spaghetti "Bolognese" Rabas Empanadas mit hausgemachtem Avocado-Chili-Dip Gnocchis mit buntem Gemüse
Ofenfrischer Krustenbraten mit Bratensoße Chicken Nuggets "Honey-B.B.Q." Pfannkuchen mit Gemüseragout "Griechische Art"
Knusperschnitzel vom Schwein Chili con Carne BIO - Balinesische Reispfanne Süßkartoffel-Rucolaschnitte mit Bärlauchsoße
Fish´n Chips Halbes Hähnchen gegrillt "Allgäuer" Spätzle-Gemüsepfanne
Cordon bleu vom Schwein Karlsbader Rahmgulasch 1 Portion fränkischer Spargel
Currywurst Hähnchenbrust Coq au Vin Sojagyros mit mediterranem Kräuterquark
Schweinegeschnetzeltes "Schweizer Art" Hähnchenschnitzel im Knuspermantel Blumenkohlkäsemedaillon mit Spargelsoße
6 Stück Fischstäbchen mit Tomaten-Olivendip Köttbullar auf Rahmsoße 1 Portion fränkischer Spargel mit zerlassener Butter
HUBLANDMENSA Am Hubland Montag bis Freitag, 11:00 bis 14:15 Uhr ABENDMENSA FRANKENSTUBE Montag-Donnerstag 15.30 - 19.00 Uhr
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MENSAPLAN
MENSATERIA 18.04.
25.04
02.05.
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Vegetarisch
Vegan
Vital-Essen
XXL-Schweineschnitzel paniert mit Zitrone Hähnchenbrustfilet mit Calvadosrahmsoße Pfannkuchen mit Schlemmergemüse Pizza Schinken Pizza Vegetale - mit Grillgemüse Putenpfanne "Asia"
Deftiger Erbseneintopf mit 1 Paar Wienerle Rindergeschnetzeltes in Cognacrahm Süßkartoffel-Rucolaschnitte auf Karottenragout Pizza Schinken Pizza Vegetale - mit Grillgemüse Pfannkuchen mit Schlemmergemüse
Chicken Wings mit Barbecue-Dip Fleischkäse mit Zigeunersoße Nudelgemüseauflauf Pizza Schinken Pizza Vegetale - mit Grillgemüse Putenpfanne "Asia"
Fish´n Chips Kaiserschmarrn mit Apfelmus Falafelbällchen auf Couscous-Gemüse Pizza Schinken Pizza Vegetale - mit Grillgemüse Polenta mit Spinat und Mozzarella
Gyros mit hausgemachtem Tsatsiki Cevapcici vom Rind mit Ajvar Pizza Salami Pizza Schinken Pizza Vegetale - mit Grillgemüse Putenpfanne "Asia"
Schweinenackensteak vom Grill mit Maiskolben Calamaris mit Limetten-Joghurtdip Blumenkohl "Mornay" Pizza "Mexiko" Flammkuchen "Klassisch" Currywurst
Fränkisches Geröstel Chicken Tikka Masala mit Paprikagemüse und Basmatireis Wedges mit Kräuterquark Pizza "Mexiko" Flammkuchen "Klassisch" Currywurst
Pulled Pork Burger mit Coleslaw Putenbruststeak mit Lemon-Peppersoße Gefüllte vegetarische Paprikaschote mit Tomatensoße Pizza "Mexiko" Flammkuchen "Klassisch" Currywurst
Schweinerückensteak "Berner Art" mit Bratensoße Karottenmedaillons an Kräuterrahmsoße Kokos-Gemüsecurry "Thai Style" Pizza "Mexiko" Flammkuchen "Klassisch" Currywurst
Chili con Carne Schweinerückensteak mit mediterranem Gemüse Spaghetti "Pesto" Pizza "Mexiko" Flammkuchen "Klassisch" Currywurst
Feuerspieß mit Paprikasoße Hähnchenbrustfilet mit fränkischem Spargelragout Käsespätzle mit Röstzwiebeln Spaghetti "Champignons & Kirschtomaten" Pizza "Speciale" Pizza "Funghi"
Ofenfrische Schweinehaxe mit Kümmeljus Pangasiusfilet "Lemon-Koriander" mit Mango-Chilichutney Tortelloni "Tricolore" in roter Pestosoße Spaghetti "Champignons & Kirschtomaten" Pizza "Speciale" Pizza "Funghi"
Lasagne al Forno Putenbrustgeschnetzeltes in Kräuterrahm Gnocchipfanne mit Spargel Spaghetti "Champignons & Kirschtomaten" Pizza "Speciale" Pizza "Funghi"
Welsfilet an Silvanersoße Gefülltes Schweinelendchen mit Pfefferrahmsoße Sojagyros mit hausgemachtem Kräuterdip Spaghetti "Champignons & Kirschtomaten" Pizza "Speciale" Pizza "Funghi"
MENSATERIA Am Hubland Montag bis Freitag, 11:00 bis 14:15 Uhr
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STUDENTENHAUS 18.04.
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Vegetarisch
Vegan
Vital-Essen
Feuerspieß mit Barbecuesoße Hähnchenbrustfilet mit Rahmsoße Riesenrösti "Italia"
Ofenfrischer Schweinebraten aus der Keule mit Bratensoße Bandnudeln mit Shrimps in Tomaten-Cognacrahmsoße Ofenfrische Pizzazungen "Margherita"
Putenbrustgeschnetzeltes in Currysoße Schweinenackensteak mit Schwenkbohnen & Kräuterbutter Spaghetti "Pesto"
Rahmbraten von der Putenbrust Gebackene Kartoffelspiralen mit hausgemachtem Kräuterdip BIO - Kürbis-Dinkel-Burger auf Rahmgemüse Sojaragout mit Pennini-Nudeln
Lachs-Spinatlasagne Hamburger Spinatmedaillons mit Karottencremesoße
STUDENTENHAUS UND BURSE Am Studentenhaus Montag bis Freitag, 11:00 bis 14:15 Uhr ABENDMENSA UND CAFETERIA Montag-Donnerstag 15:00 bis 18:30 Uhr Samstagsmensa 11.30 – 13.30 Uhr
Hacksteak mit Pfefferrahmsoße Paniertes Putenschnitzel Gnocchi-Bärlauchpfanne mit Sahnesoße
Ungarisches Gulasch vom Schwein Seelachs "provenzialisch" auf grünen Bandnudeln Gebackene Kartoffeltaschen an Salatgarnitur
Schweinerückensteak mit Waldpilzsoße "Jäger Art" Rinderschmorbraten mit Rotweinsoße Käsespätzle mit Röstzwiebeln
Hähnchenbrustfilet mit fränkischer Spargelsoße Frühlingsrolle auf Asiagemüse BIO - Überbackener Kartoffelauflauf Milchreis mit Waldbeeren
Atlantischer Butt mit Senf-Dilldip Suflaki mit Metaxasoße Gemüsespieße auf Kokos-Limettensoße
Piccata von der Hähnchenbrust an Tomatenragout Schweinegeschnetzeltes "Schweizer Art" Bunte Kartoffel-Gemüsepfanne
Fränkischer Spargel mit Putenschinken in Käsesoße Hokifilet auf Gurkengemüse mit Kräuterkartoffeln Countrykartoffeln mit Salsadip
Fränkischer Spargel mit Hollandaisesoße und Schnitzel Hähnchenfiletspieß an Gemüseragout "Griechische Art" Tofucrossies auf Karottencremesoße
Gebackenes Schollenfilet mit Tatarensoße Schinkennudeln mit Tomatensoße Ofenfrische Pizzaecke "Tomate-Mozzarella"
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BUCHREZENSION: AMBIVALENZRAUM UNIVERSITÄT
A
n dieser Stelle möchte ich euch ein Buch vorstellen, das allgemein für diejenigen interessant sein dürfte, die sich außerhalb des Studiums mit den Strukturen der Universität beschäftigen möchten und besonders für diejenigen unter euch, die diesen ohnehin schon kritisch gegenüberstehen. Ambivalenzraum Universität ist erst dieses Jahr im Neofelis-Verlag erschienen. Es wurde von Gerald Lind und Doris Pany herausgegeben und umfasst gut einhundert Seiten. Das Paperback beinhaltet neun Essays von verschiedenen Autoren, von Künstlern bis hin zu Professoren, die dem Leser zum einen ihre persönlichen Erfahrungen mitteilen und zum anderen fachliche Analysen darlegen. Obwohl Ambivalenzraum Universität als Sachbuch daherkommt, gestaltet sich das Lesen angenehm und abwechslungsreich. Gemeinsam haben die Essays ihre konstruktive Kritik an den inneren Strukturen der Universität. Im Vordergrund steht dabei die Darstellung totgeschwiegener oder nach außen zu positiv dargestellter Sachverhalte, wie etwa im Bezug auf die Arbeitsbedingungen oder die propagierte Familienfreundlichkeit. Mit Rückgriffen auf Konzepte von Bourdieu, Kant oder Freud, untermauern die Autoren die Aussagen und verbinden so Theorie und Wirklichkeit.
Herausgeber Gerald Lind gelingt diese Verbindung besonders gut, wenn er Verbindungen zu Kultur und Tradition zieht, durch die unkonventionelle Wissenschaftler*innen leicht in den Nachteil geraten. Sein Essay Vom Unbehagen in der Universität und der Subversion akademischer Herrschaft bleibt trotz der vielen verwendeten Fachbegriffe und Zitate auch für fachfremde Leser*innen verständlich und informativ. Die zweite Herausgeberin, Doris Pany, formuliert in Dem Dilemma erlegen – Vom Umgang mit Ambivalenz an der Universität und einem verräterischen Nachruf ebenso anschaulich und präzise wie ihr ihr Kollege und führt darüber hinaus einen einen äußerst gelungenen Argumentationsdialog. So widmet sie sich etwa der Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung 2014 den Universitätsprotesten von 2009/2010, um Diskussion zur gespaltenen Wahrnehmung von Universitäten zu umspannen. Obwohl letzteres Kapitel am Ende des Buches angeordnet ist, eignet es sich als Einstiegs- und Überblickskapitel.
Die übrigen Autoren beleuchten verschiedene Aspekte des Ambivalenzraums Universität. So schreibt Ines Birkhan etwa über ihren Werdegang an künstlerischen Universitäten und gibt dabei einen interessanten Einblick in die verschiedene Handhabung der Universitätssysteme aus Sicht eines Studierenden. Enrique Rodrigues-Mouras Essay dagegen handelt von Freiheit und Macht an der Universität und bezieht sich dabei eher auf die Ebene der Angestellten, wobei besonders der Umgang mit dem Mittelbau kritisch beleuchtet wird. Insgesamt liefert Ambivalenzraum Universität einen längst überfälligen Einblick in die Strukturen der Institution Universität und bietet dabei interessierten und bereits informierten Leser*innen ein solides Inventar für machtkritische Diskussionsrunden.
Warum also ist die Universität ein Ambivalenzraum? Sie schöpft ihre Potenziale gegenwärtig nicht aus – was sie sein könnte, ist sie nicht.
– Joe Preißl
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Hammerangebote für alle Studis – da langt’s auch noch für eine neue Föhnwelle! *
Informationen zum Buch: Gerald Lind / Doris Pany (Hrsg.) Ambivalenzraum Universität Relationen. Essays zur Gegenwart - Bd. 4 106 S. - Softcover - 120 x 190 mm - €10 ISBN (Print) 978-3-95808-042-3 ISBN (PDF): 978-3-95808-105-5
* Last-Minute-Tickets: Restkarten ab 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn an der Theaterkasse für 9 Euro – für Ersties kostenlos!
* Preisnachlass an der Theaterkasse und im Webshop von bis zu 50%. * Mensaverkauf: Alle 14 Tage gibt‘s ausgewählte Vorstellungen für 6 Euro. Infos & Kartenbestellung: 0931 / 3908-124 | www.theaterwuerzburg.de
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PARIS - STADT DER HERZEN
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eine Reise beginnt im Megabus. Die Strecke Frankfurt-Paris kostet 19 Euro und ist eine elfstündige Tortur. Ich komme sehr früh in Paris an, die Stadt liegt noch im Koma von der Party des Vorabends. Gleichzeitig überschatten die Anschläge von Paris die Stimmung. Diejenigen, die schon wach sind, reden darüber und machen weiter mit ihrem Leben. Das Zentrum von Paris ist das kulturelle Herz der Stadt, die Menschen haben Geld und versprühen den Eindruck sich am Mittelpunkt der Welt zu befinden. Anders ist das in Montreuil, im Arrondissement Bobigny. Der weltbekannte Charme der Innenstadt ist nicht vorhanden, hier schlägt ein anderes Herz. An der Metro werden illegale Zigaretten verkauft, auf den Flohmärkten billige Produkte aus Asien verhökert und zu essen gibt es Shawarma, Babaganoush und anderes Streetfood. Die Stadt überfordert mich. Während das Zentrum auf mich wirkt wie eine vollkommen überzogene, hedonistische Oase in der Flüsse aus Milch und Honig fließen, stellen einige der Außenbezirke - es gibt durchaus auch reiche Banlieus - das andere Paris dar: dreckig, arm und für einen Fotografen viel spannender als die Pariser Romantikfolklore im Zentrum. Und auf einmal passiert es, ich bin mittendrin. Eben noch saß ich gedankenversunken in der Metro, schon werde ich von drei Jungs mit HipHop beschallt, deren Sprache ich nicht verstehe. Französisch ist es jedenfalls nicht. Aus Interesse folge ich ihnen ein Paar Stationen, muss dabei immer wieder aussteigen, hinter ihnen herrennen, bevor ich mich schließlich traue sie anzusprechen. Einer von ihnen heißt Daniel, er spricht etwas Englisch. Von ihm erfahre ich, dass die Gruppe aus Rumänien stammt. Ich frage ihn, ob ich ihn und seine zwei Freunde mit meiner Kamera für ein paar Stunden
begleiten darf. Sie willigen ein, und schon geht es los. Der Ablauf ist immer derselbe. Schnell rein in die Metro, spielen, singen, tanzen und am Ende Geld einsammeln. Danach sofort weiter ins nächste Abteil, und das stundenlang. Daniel, sein Bruder Goran und Manuel drängen sich durch die enge Metro und machen rumänischen Hip-Hop – Romani HipHop. Dabei flirten, zwinkern und klettern sie durch die Wagons. Daniel erzählt von seinem Kind, das in Rumänien lebt. Einige Monate lang verdient er Geld mit seinen Pariser Metroshows, um seine Familie zu unterstützen. Die andere Zeit lebt er in Rumänien. Es gibt viele Musiker, Bettler, Schauspieler und Artisten in der Metro, die mit kleinen auf Rädern befestigten Lautsprechern ausgerüstet sind. Einige singen Chansons, andere musizieren auf der
Geige und wieder andere rappen. So wie Daniel, Goran und Manuel. Für einen Moment durchbrechen sie den Alltag der Pariser. Es gibt die, die sichtlich genervt sind und sich gestört fühlen. Aber auch andere, die unauffällig zum Takt nicken und mit der Musik ein paar Minuten ihrem Alltag entfliehen können. Nach einer Performance geht es wie im Akkord weiter zur nächsten Die drei Rumänen leben ohne festen Wohnsitz, ohne Metroticket und ohne Familie. Und das in einer Stadt wie Paris, die zu den teuersten der Welt gehört. Sie sind musikalische Wanderarbeiter, die versuchen ihr Geld damit zu verdienen, den Menschen aus Paris, ein Lächeln aufs Gesicht zu zaubern – ob sie es wollen oder nicht. – Moritz Sadowski
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UND DU SO?
DIE MENSA AM HUBLAND WIRD GENERALSANIERT, UND DU SO? Jan, 23, studiert Biologie im 6. Semester Mir werden die Mensapartys fehlen. Es war immer cool, dass direkt an der Uni so eine große Feier stattfand. Für die Partys war die Größe der Mensa echt perfekt. Ich wünsche mir aber, dass es in Zukunft an der Hubland-Mensa Teller gibt und das Essen nicht mehr direkt auf das Tablett kommt.
Leonie, 21, studiert Pädagogik im 4. Semester Die Mensa am Hubland hat durch das Holz und die Fensterfront ihren ganz eigenen Charme. Ich mag es, dass man immer von oben herunter auf die Tische schauen kann. Die Mensa ist gemütlich und bietet viel Platz, was vor allem im Vergleich zur Mensateria auffällt. Trotzdem finde ich es gut, dass die Mensa generalsaniert wird und ich hoffe, dass sich dann auch der Fortschritt zum Teller durchsetzen wird.
Julian, 20, studiert Modern China im 5. Semester Ich mochte an der Mensa am Hubland nie, dass das Essen dort auf Krankenhaustabletts serviert wurde. Es ist zwar die günstigste Mensa, aber die Portionen sind immer so klein, dass man nach zwei Stunden wieder Hunger hat. Die Mensa ist dafür schön hell und man findet immer sofort einen Sitzplatz.
Theresa, 24, studiert Luft- und Raumfahrtinformatik im 2. Semester Ich finde es gut, dass die Mensa generalsaniert wird, da sie schon ziemlich ranzig ist. Die Gefängnistabletts werde ich definitiv nicht vermissen. Mir wird die Mensa während der Renovierungsarbeiten nicht sonderlich fehlen, da ich sowieso meistens zu Hause esse. Besonders lustig finde ich aber immer, wie sich alle um die Vitrine vor der Mensa stellen, um einen Blick auf das Essen zu erhaschen.
– Helena Klöhr
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DIAGNOSE: AUFSCHIEBERITIS – ACHTUNG ANSTECKEND!
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s gibt Dinge, auf die man sich wie ein Honigkuchenpferd freut. Dinge, die einem das Gemüt erleuchten. Und es gibt Dinge, die man so sehr hasst wie Donald Trump oder Kim Kardashian. Dann wiederum verfolgen uns diese kleinen lästigen Aufgaben, die schreien „ERLEDIGE MICH! KOMM!! MACH ENDLICH!!“: Innerhalb der letzten Jahre habe ich erfolgreich gelernt, diese Stimmen aus meinem Kopf zu verbannen. Fragen wie „Hast du schon für die Prüfung gelernt?“ oder „Wie steht es mit deiner Hausarbeit?“ werden stilvoll in Aussagen wie „Mit welcher Serie hast du gerade begonnen?“ oder „Wie fandest du Deadpool?“ umgewandelt. Ich sagte stilvoll und nicht verantwortungsbewusst. Doch jeder erkennt sich bis zu einem gewissen Grad hierbei wieder. Einige Aufgaben werden einfach immer und immer wieder auf morgen verschoben. Der Tag, an dem grundsätzlich alles produktive erledigt werden wird. Oder übermorgen. Oder in einem Jahr. Vielleicht auch nie. Dennoch lösen sich manchen Dinge nicht einfach in Luft auf. Wenn jedoch einmal die Prokrastination Einzug erhält, ist es schwer, den inneren Dämonen zu besiegen. Nichtsdestotrotz fand ich Abhilfe. Jahrhunderte lange Forschung in den dunkelsten Tiefen der gefährlichsten Länder führten mich zur
Entdeckung der Wunderwaffe: Exkalibur, getunkt im Blut von 1000 jungfräulichen Einhörnern. Gesagt, getan. Lucifer wurde zurück in die Hölle verbannt und das Paradies auf Erden könnte nun beginnen. Könnte. Jedem möchte geraten sein, dass das Besiegen von Lucy aber nur die halbe Miete ist. Als ich meine Rüstung aus Drachenschuppen ablegte und den Rausch der Motivation in meinen Venen spürte, schlug Mutter Natur mit ihrem recht eigenwilligem Humor zu. Wenn die fiese Grippewelle vor nichts und niemanden halt macht, verliert sich die Motivation in Vegetation. Nur langsam und schwerlich erwacht man aus dem Koma und bemerkt eines: Die Frist ist vorbei. Der heikle Plan ging gewaltig daneben. Was einem bleibt ist nur ein Gedanke: nächstes Mal werde ich früher beginnen. Nächstes Mal wird alles besser. Versprochen. Die nächste Lüge. Wann beginnen wir endlich diesen Lügen abzuschwören? Warum fällt es uns manchmal so schwer, uns aufzuraffen? Was hält uns zurück? Wann lernt man endlich dazu? Wieso lenken uns die kleinsten Dinge vom Wesentlichem ab? Doch statt sinnlos darüber zu philosophieren und weiter Zeit zu vergeuden, sollten wir uns an die weisen Worte von Shia LaBeouf halten und es einfach tun. Einfach beginnen. Kleine Schritte
machen und nichts überstürzen. Fehlschläge nicht als Totalschaden ansehen und nicht aufgeben. Statt einem Tag vielleicht zwei Tage vorher beginnen. Die Kraft von Exkalibur sinnvoll nutzen. Jeder kann sich ändern. Auch wenn ich weiß, dass dieser Weg kein leichter sein wird, werde ich versuchen mich zu bessern. Ich möchte ein besserer Mensch werden. Ich werde das Böse auf dieser Welt besiegen. Ich bin mein eigener Superheld. Ich werde es schaffen. Nennt mich Anti-Procrastination.
BETTINA GRIMM
DETAILWAHNSINN AN DER UNIVERSITÄT
N
a, wer von euch hat Klausuren geschoben und durfte wie ich einen Teil der vorlesungsfreien Zeit mit Lernen verbringen? Eigentlich wollte ich die Klausur zum regulären Termin schreiben. Als ich dann allerdings vor dem Papier saß, hat sich diese Idee sehr schnell verflüchtigt. Warum? Ungefähr 80% „Auswendiglernfragen“ zu Definitionen und Zitaten. Ich habe ungefähr zehn Minuten gebraucht, um alle Fragen durchzulesen und mir endgültig sicher zu sein, dass ich trotz Vorbereitung keine Chance gehabt hätte, zu bestehen. Eigentlich hätte ich auch noch gut weitere dreißig Minuten die Wand anstarren müssen, weil die erste Abgabemöglichkeit nach einer Dreiviertelstunde angesetzt war. Organisation ahoi! Glücklicherweise war die Aufsicht so zuvorkommend eine Ausnahme zu machen. Ich habe das selbe Szenario schon einmal erlebt und habe damals ganz knapp mit 4,0 bestanden. Das lag vor allem daran, dass sich der Großteil der Fragen aus einer Konstellation von „Wer hat wann was geschrieben?“-Fragen ergab. Und das in einem Fach, dessen Theorien ich alle verstanden
hatte und erklären konnte – es wurde nur schlicht kaum etwas gefragt, was dafür in jeglicher Hinsicht relevant war. Genau das kotzt mich ehrlich gesagt tierisch an. Die Universität sollte kein Ort für solche Fragen sein. Stures Auswendiglernen ist keinerlei Kennzeichen für Intelligenz – als Beispiel: Die „Schlauste“ aus meinem Abi-Jahrgang hatte vielleicht die besten Noten und konnte jedes Arbeitsblatt herunterbeten, hat aber ständig so überflüssige Fragen gerissen wie „Warum steht auf meiner Flasche Wasser keine Kalorienangabe?!“. Auch in der aktuellen Klausur, die ich mir dann doch nur angesehen hatte, verlieren sich die Fragen in unnötigen Details, die keinen Bezug zum großen Ganzen des Faches haben. Was nützt es mir, sämtliche Jahreszahlen und Autoren nennen zu können, wenn ich keine Ahnung habe, worum es eigentlich geht? Oder wenn ich versage, sobald das auswendig gelernte Wissen irgendwie hinterfragt wird oder angewendet werden soll? Die ein oder andere Frage zu den wichtigsten Au-
toren oder Werken ist völlig legitim. Wenn aber dann wirklich der Großteil der Arbeit daraus besteht, dann verstehe ich den Sinn einer solchen Klausur nicht mehr. In diesem Sinne... Ich versuche dann weiter, mir Namen und Jahreszahlen einzuprägen, nach denen mich nie wieder irgendwer fragen wird.
JOE
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KULTUR
LAN XAN – DAS LAND DER EINE MILLION ELEFANTEN Dorf nahe Kasi -ein Großteil der Bevölkerung lebt noch in agrarischer SubsistenzwirtschaftEIN
L
aos – bei dem Wort denken viele oft erst einmal an eine Stadt in Portugal. Oder die Hauptstadt Nigerias. Bei weiterer Nachfrage wissen die meisten dann aber doch, dass es sich bei Laos weder um eine Stadt an der Algarve noch in Afrika handelt, sondern um ein Land in Asien. Die geographische Zuordnung gestaltet sich dann aber doch schon schwierig. Nichts destotrotz zog es mich als Backpacker vor fünf Jahren zum ersten Mal in das einzige Binnenland Süd-Ostasiens, in dem auf einer Fläche die fast 2/3 der der Bundesrepublik entspricht nur knapp 6,7 Mio. Menschen leben. Auf der klassischen Touristenroute von Nord nach Süd über die alte Königsstadt Luang Prabang, ins Sodom von Laos, der Partystadt Vang Vieng wo westlicher Exzess sich im so krassen Gegensatz zur bedachten, asiatischen Kultur etablierte, über die im Aufbruch befindliche Hauptstadt Vientiane ins ländliche Pakse mit einem der besten Kaffeeanbaugebiete weltweit, zum Mekongdelta um Don Det und dann weiter nach Kambodscha, zeigte mir Laos, was es jedem Touristen zeigt: wunderschöne Natur, einen oberflächlichen Einblick in die Kultur, gutes Essen zu günstigen Preisen, Spaß, Spannung und Abenteuer. Was mir der Aufenthalt aber nicht zeigte, war die wirkliche Mentalität der Laoten, ihre Gesellschaft, das politische Geschehen in einem der fünf letzten kommunistischen Ländern der Erde, einen Einblick in die Entwicklung und die Probleme des Landes. Einiges kann man hierzu natürlich nachlesen, Least Developed Country, auf dem Human Development Index und dem Corruption Perception Index auf Rang 139 oder Rang 171 von 180 auf der Liste zur Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen – den Zahlen wollte ich ein Gesicht zuordnen. Mittlerweile arbeite ich für eine NGO, die mehrere Projekte in Laos unterstützt und habe einen umfassenden Einblick in Gesellschaft, Politik und Bildung. Zum Schutz der NGO und vor allem der
laotischen Mitarbeiter vor Ort werde ich jedoch keine Namen nennen; möchte die Leser aber gern teilhaben lassen an meinen Erfahrungen. In den letzten Jahren gab es mehrere Fälle, bei denen Mitarbeiter ausländischer NGOs aus Laos ausge-
wiesen wurden bzw. keine Einreisegenehmigungen mehr erhielten. Bei weiterem Interesse zur Arbeit oder einem Treffen vor Ort wird aber auf Anfrage beim Sprachrohr der Kontakt zu mir vermittelt.
Kommunistischer Flair hautnah– Das Museum der Laotischen Nationalen Volksarmee in Vientiane
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KULTUR
Effektive Bildung – Rahmenbedingungen zum Gelingen einer Zukunft Das Ausmaß und die Wichtigkeit von guter Bildung, wurden mir in Laos durch die Einsichten in die Entwicklungs- und Zukunftschancen in einem Land ohne funktionierendes Bildungs- und Sozialsystem erst im vollen Umfang bewusst. Funktionierende Bildung kommt in einem Land mit einem der geringsten Budgets für Bildung weltweit (2010 nur 2,8 % des Haushalts, Laos rangiert auf Rang 147 von 173 Ländern) hauptsächlich den Wohlhabenden zu, die ihre Kinder auf Privatschulen schicken können. Gehälter für Lehrer in staatlichen Schulen werden unregelmäßig bis gar nicht ausgezahlt und sind zu gering, um als einzige Einkommensquelle zum Lebensunterhalt beizu-
Mekongdelta um Don Det zwischen Laos und Kambodscha
tragen, weshalb viele auf Zweitjobs angewiesen sind. Das führt wiederum dazu, dass es in vielen staatlichen Schulen zu wenige Lehrer gibt oder diese nicht Vollzeit als Lehrer arbeiten können. In Kombination mit der schlechten bis nicht vorhandenen fachlichen und pädagogischen Ausbildung ist ein effektiver Unterricht eher die Ausnahme als die Regel. Es gibt kaum ein existentes Sozialsystem und wenn dann meist nur für Beamte oder Menschen mit guten Kontakten zu Beamten. Mehr als ¼ der Bevölkerung lebt von weniger als 1$ pro Tag, viele noch in agrarischer Subsistenzwirtschaft. Offiziell ist die Alphabetisierungsrate mit 79,9% angegeben, was jedoch fern der Realität liegen dürfte; die Einschulungsquote für Grundschulen liegt bei 85%, Abbruchraten steigern sich aber mit Zunahme der Schuldauer. Die
Entscheidung für Eltern vor allem in ländlichen Gebieten, Kinder allein auf eine Sekundarschule oder auch weiterführende Schule zu schicken, ist oftmals eine sehr pragmatische. Die Relevanz des Faktors Bildung wird außerdem oft nicht wirklich wahrgenommen, weil die Eltern selbst keine Alternativen kennen. Aufgrund dessen und durch das hochgradig korrupte, zentralistisch und hierarchisch strukturierte Regierungssystem, welches Eigeninitiative von Beginn an einschränkt, nimmt Bildung in Laos innerhalb der Gesellschaft einen eher geringen Stellenwert ein.
22 Gesellschaft und Politik in Laos Klassen in einer bestenfalls klassenfreien Gesellschaft Trotz eines Wirtschaftswachstums von jährlich fast 8 % verweilt die gesellschaftliche Entwicklung daher in einer Art Stillstand. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft weiter auseinander, eine Güterverteilung findet im kommunistischen Laos zwar statt, jedoch von unten nach oben zur herrschenden, kleinen Oberschicht in der sich mittlerweile ein Generationenwechsel von den Revolutionären der ersten Stunde hin zu deren Nachkommen vollzieht. Im Einparteienstaat ist jeglicher sozialer Aufstieg an die Mitgliedschaft in der Lao People’s Revolution Party LPRP geknüpft, die vollumfänglich das politische und in großen Teilen auch gesellschaftliche Leben kontrolliert. Zwar wurde ein Großteil der staatlichen Betriebe mit dem New Economic Mechanism 1986 im Zuge der Liberalisierungspolitik der großen Bruderstaaten Vietnam und UdSSR privatisiert, dennoch sind die meisten der höheren Führungskader bzw. deren Verwandtschaft in großem Umfang in der Wirtschaft involviert. Die Verflechtungen zwischen Politik, Wirtschaft und auch dem
KULTUR
Militär, welches eine große Rolle in beiden Bereichen spielt, sind daher enorm. In Laos steht daher eine kleine, elitäre Oberschicht einer breiten, einkommensschwachen und bildungsarmen Unterschicht gegenüber, ohne einen wirklichen Mittelbau. Da die einzige, jemals existente Opposition nach der kommunistischen Machtübernahme 1975 fast vollständig aus Laos floh, gibt es seit mehr als 40 Jahren keinerlei interne Kritiker und Oppositionelle. Gegen die einigen wenigen die offene Kritik wagen, wie zuletzt 2012 Sombath Somphone wird strikt vorgegangen. Die laotische Führung hat es daher perfekt verstanden ein Machterhaltungssystem zu etablieren, welches durch die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen keinerlei Opposition entstehen lässt. Die kleine Oberschicht ist interessiert daran ihren lukrativen Status für sich und ihre Nachkommen zu wahren, während sich aus der breiten Unterschicht bedingt durch mangelhafte Bildung keinerlei Opposition rekrutieren kann und will. Fragt man Schüler was sie nach ihrem Abschluss werden wollen, ist oftmals die Antwort Polizist oder ein anderweitiger Beruf im Staatsdienst, da man so die besten Einkommens- und Aufstiegschancen hat und nach der Pensionierung eine staatliche Rente erhält.
Dorf nahe Kasi -ein Großteil der Bevölkerung lebt noch in agrarischer Subsistenzwirtschaft Werbeplakat der Laotischen Nationalen Volksarmee in Vientiane
Obwohl Polizisten und Lehrer den gleichen staatlichen Sold von umgerechnet etwa 140 $ im Monat erhalten, sind durch Bestechung zusätzliche Einnahmen möglich. Zusätzliche Verdienstmöglichkeiten sind aber auch mit zusätzlichen „Ausbildungskosten“ verbunden, weshalb man erst eine beträchtliche Summe von 5.000$ und mehr zahlen muss um eine Ausbildung als Polizist zu beginnen – nicht direkt an den Fiskus natürlich. Das düstere Bild, welches ich hier aufzeichne, muss aber auch ein Stück weit relativiert werden. Die Errungenschaften des Landes, maßgeblich seit Beginn der 1990er Jahre haben zu einer großen Minderung der Armut beigetragen, das Pro Kopf Einkommen pro Jahr hat sich zwischen 1990 und 2014 von 190$ auf 1.660$ fast verneunfacht, die Lebenserwartung konnte sich in dem Zeitraum von 54 auf fast 66 Jahren steigern. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und der Verbesserung der Lebensbedingungen wird das Land bereits 2020 den Status eines Least Developed Countries überwinden – bei einigen strukturellen Problemen, wie den aufgezeigten scheint sich in absehbarer Zeit aber keine Lösung anzubahnen.
KULTUR
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Dorf nahe Kasi -ein Großteil der Bevölkerung lebt noch in agrarischer Subsistenzwirtschaft Bildung und Gesellschaft – zwei direkt abhängige Variablen Mangelnde Schulbildung, eine sich erst langsam entwickelnden Bildungskultur bedingt durch die Geschichte des Landes, kaum vorhandene oder genutzte Informationsmöglichkeiten zu beruflichen Perspektiven außerhalb des Staatsdienstes, welcher omnipräsent für potentiellen Reichtum steht und ein in weiten Teilen dysfunktionales staatliches Bildungssystem sorgen für den gesellschaftlichen Stillstand. Was ich in Laos beobachte, ist, dass Bildung und Gesellschaft direkt abhängige Variablen sind; ein Sachverhalt der in Deutschland im Zuge von Pegida und Co. ja auch gesteigert präsent ist. Zu erfassen, was Bildung für einen Stellenwert in einem Land mit geringen oder schwierigen Perspektiven hat, lässt einen Einblick darauf zu, was für eine Bedeutung Bildung hat derer wir uns in Deutschland so vielleicht nicht mehr wirklich bewusst sind. An Bildung ist so vieles in zweiter und dritter Instanz geknüpft, was an erst bei genauerem Hinsehen entdecken kann – es lohnt sich also immer hinzusehen! Vieles beginnt daher im Kleinen und zieht sich über eine lange Zeit hin, was mich am Land der eine Millionen Elefanten immer wieder auf's Neue fasziniert. Eine Reise dorthin kann ich nur jedem empfehlen! – Jarno Flaig
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KULTUR
CURIOUS SPURIOUS CORRELATIONS Wir haben einfach ein Klima in diesem Land schon - seit vielen Jahren - das medial, politisch sofort über sie hergefallen wird, wenn sie bestimmte Dinge aussprechen. Ein Beispiel: als Ministerin hab ich eine Studie gemacht, zum Thema Zwangsverheiratungen. Das war ne drastische Studie, mit drastischen Ergebnissen, aber danach hat sich der eigentlich, das eigentliche Wissenschaftlerkreis um diese Studie davon distanziert, und hat gesagt… wollte von den eigenen Zahlen nichts mehr wissen, und hat mir gesagt, nur aus der Tatsache, dass 83% der Betroffenen muslimischen Hintergrund haben, könne man doch nicht folgern, dass das irgendwas mit dem Islam zu tun hat, das könne doch auch reiner Zufall sein, dass das 83% gewesen seien und DIESES Klima das haben sie in Deutschland ganz drastisch, aber ich hab n gutes Gefühl in den letzten Tagen, dass da was aufbricht.“ (Schröder in Hart aber Fair, 00:31:22-00:32:05)
iese Stellungnahme der ehemaligen Bundesfamilienministerin (2009-2013) Kristina Schröder (CDU) in der Polit-Talkshow Hart aber Fair vom 11.01.2016 möchte ich zum Anlass nehmen, das Augenmerk auf einen Problemfall der Diskussionskultur zu lenken: Die Scheinkorrelation (engl. spurious correlations). Das oben angeführte Zitat bezieht sich auf die Studie Zwangsverheiratung in Deutschland - Anzahl und Analyse von Beratungsfällen aus dem Jahr 2011, die vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend in Auftrag gegeben wurde. Schröder verknüpft Religionszugehörigkeit mit männlichen Gewalttaten, nennt den Islam als eine Ursache für Zwangsverheiratungen. Diese Argumentationsweise birgt ein erhebliches Gefahrenpotential. In vereinfachender und schlichtweg falscher Weise werden hier Zusammenhänge konstruiert, die keineswegs wissenschaftlicher Analyse entsprechen, sowie die Wissenschaftler der Studie, die sich gegen Schröders Auslegung zur Wehr setzten, als opportunistisch und feige verunglimpft. Die so konstruierten Zusammenhänge werden dann genutzt, um in polemischer Art und Weise politische Propaganda zu betreiben. Die Studie nennt mehrere Variablen, die als Ursache für Zwangsverheiratungen angenommen werden können. Dazu zählen u.a. soziale Rahmenbedingungen, geringe Schul- und Berufsausbildung oder Gewalterfahrungen im sozialen Umfeld. Schröder greift sich mit der Religionszugehörigkeit die einzige Variable heraus, die in der Studie als nicht relevant, bzw. ohne Vergleichszahlen und ohne zusätzliches Wissen als nicht interpretierbar bezeichnet wird. Vielleicht muss einmal mehr in Erinnerung gerufen werden, dass zwei Variablen durchaus miteinander korrelieren, also in einer Wechselbeziehung stehen können, ohne kausal miteinander verknüpft zu sein. Eine Korrelation ist lediglich als Hinweis zu betrachten, als ein Indiz, das wichtig sein könnte, aber noch lange nicht wichtig sein muss. So kann eine Variable die Andere bedingen und
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umgekehrt, oder von einer Drittvariablen abhängig sein. Dieses Bedingungsverhältnis lässt sich noch um vielfältige weitere Abhängigkeiten erweitern. Eine Korrelation gibt also keinerlei Aufschluss darüber, warum und wie zwei Faktoren zusammenhängen, oder ob beispielsweise noch ein anderer Einflussfaktor existiert. Korrelation impliziert eben keine Kausalität. Letztlich bedarf die Interpretation einer Korrelation zweier Variablen, die feststellt, inwiefern ein ursächlicher Zusammenhang besteht, oder wie stark zwei Phänomene überhaupt miteinander korrelieren, immer äußerster Vorsicht und genauer wissenschaftlicher Analyse. Und genau das ist der Punkt: Dieses auf den ersten Blick doch trockene Thema besitzt größte Brisanz. Statistiken werden genutzt um Stimmung zu erzeugen, Sachverhalte miteinander in Beziehung zu setzten, die das ungeübte Auge dann als astreine Ursache-Wirkung-Beziehung ansehen muss. Doch die so konstruierten Scheinkorrelationen sind eben genau das: Schein und nicht Sein. Die rote Linie beschreibt den pro Kopf Käsekonsum, die schwarze Linie die Anzahl der Menschen, die gestorben sind, weil sie sich in ihren Bettlaken verfangen hatten. Diese beiden Ereignisse korrelieren mit einem Korrelationskoeffizienten von 94,7%. Man spricht hier von einer starken Korrelation. Das würde also bedeuten, dass je mehr Käse man isst, desto wahrscheinlicher einem ein grausamer Tod in sich verhedderten Bettlaken bevorsteht. Oder man dreht das ganze um und macht die Anzahl der Bettlaken-Toten für den Käseverbrauch verantwortlich. Die Käselobby sollte also schnellstens Boa Constriktor-Laken entwickeln, um ihren Gewinn zu maximieren. Solche Scheinkorrelationen stellt Tyler Vigen auf seiner Homepage http://tylervigen.com/spurious-correlations her. U.a. kann man hier erkennen, dass Nicolas Cages Auftauchen in Filmen die Anzahl von Ertrinkungstoten in Pools in die Höhe schnellen lässt, und wer weiterhin eine glückliche Ehe
führen möchte und im Bundesstaat Maine lebt, sollte es tunlichst vermeiden Margarine unter seine Nutella zu schmieren. Schröders Aussage der könne als eine Ursache für Zwangsverheiratungen angenommen werden, bewegt in ähnlich absurdem Fahrwasser. Nur 60% der Befragten in der von Schröder zitierten Studie gaben ihre Religionszugehörigkeit überhaupt an. Davon nannten 83% den Islam als ihre Religion. Das heißt also nur 49,8% der Befragten waren überhaupt muslimisch. Klingt doch schon ganz anders. Um eine Ursache-Wirkung-Beziehung nachweisen zu können, müssen kontrollierte experimentelle Bedingungen gegeben sein. Die Studie, auf die sich Schröder beruft, sagt dazu folgendes: „Mit der gewählten Methode und anhand der Datenlage konnte und sollte also nicht überprüft werden, ob und welche Zusammenhänge die Religionszugehörigkeit/Religiosität mit Zwangsverheiratung hat. Um den Einfluss von Faktoren wie Bildung, Herkunft, Religiosität etc. auf die Praxis der Zwangsverheiratung zu untersuchen, wäre weitere Forschung notwendig.“ (http://www.bmfsfj. de/RedaktionBMFSFJ/Broschuerenstelle/PdfAnlagen/Zwangsverheiratung-in-DeutschlandAnzahl-und-Analyse-von-Beratungsf_C3_A4ll en,property=pdf,bereich=bmfsfj,sprache=de,r wb=true.pdf, S. 36.) Den Islam als Ursache von Zwangsverheiratungen anzunehmen, ist in diesem Zusammenhang also ungefähr genauso aussagekräftig, wie im Pool zu ertrinken, nachdem man Ghost Rider II öhöm… genossen hat. Solche Aussagen, die de facto jeglicher wissenschaftlicher Grundlage entbehren, sich aber das Deckmäntelchen der Wissenschaft umhängen, sind gefährlich und entschieden abzulehnen. Gerade in der gegenwärtigen Situation, in der seit Januar 2015 291 Anschläge auf Flüchtlingsunterkünfte verübt wurden, sollten umsichtige und differenzierte Ansichten Vorrang vor Hetzparolen à la der Islam erzeugt Gewalt haben. – Ann-Kathrin Pfeifer
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KULTUR
6. FEMFEST WÜRZBURG
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m 30. April und 01. Mai 2016, laden die Organisator*innen zum sechsten FemFest in das Jugendkulturhaus Cairo, ein. Das FemFest möchte anregen, sich mit Themen wie Geschlechtsidentität und sexueller Orientierung auseinanderzusetzen. Sich den verschiedenen gesellschaftlichen und kulturellen Einflüssen zum Thema „sex, gender or queer“ bewusst zu werden, ist ein erster Schritt in Richtung Loslösung von diesen und bringt daher den Menschen in seiner persönlichen und charakterlichen Entwicklung voran. Das FemFest gibt diesen Raum für Bildung, Austausch und Vernetzung und diskutiert Themen wie Sexismus, Homophobie, Transidentität, Stereotype und Rollenerwartungen. Der Erfolg des FemFests spricht für sich. Über die Jahre ist das Interesse am FemFest stetig gestiegen und erfreut sich an einem durchweg positiven Feedback. Das Besondere am FemFest ist die offene und lockere Atmosphäre, die ehrliche Diskussionen ermöglicht. Anders als in den vorherigen Jahren wird sich der Großteil des Programms auf den Samstag konzentrieren. Da wird es ganztägig Vorträge, Workshops und am Abend eine Podiumsdiskussion, mit den drei Vortragenden des Tages, geben. Am Sonntag wird das FemFest mit einem Workshop abgerundet. Programm Dieses Jahr haben die Veranstalter*innen die Ehre, Sineb El Masrar, die Autorin von „Muslim Girls“ und „Emanzipation im Islam“, begrüßen zu dürfen. Im Rahmen des FemFests wird sie ihre Sichtweise auf die Lebenswirklichkeit von Muslimas in Deutschland beleuchten und darlegen, welche Perspektiven es gibt, patriarchale Strukturen im Islam zu durchbrechen und welche Widerstände der Forderung nach Gleichberechtigung entgegenstehen. Ebenso steht eine Lokalheldin auf der Bühne: Die Sprachwissenschaftlerin Christine Ott, die zu Diversity und Gender an der Julius-MaximiliansUniversität Würzburg forscht, spricht zum Thema „Geschlechtersensible Sprache - was ist das? Zu Möglichkeiten und Schwierigkeiten". In ihrem Vortrag werden die Argumente derjenigen, die Sprachkonventionen kritisieren, und derjenigen, die Veränderungsvorschläge ablehnen, benannt und mit den Ergebnissen der deskriptiven Wissenschaft verglichen. Weiterhin dürfen sich die Gäste auf den Netzkolumnisten Tarik Tesfu freuen, dem „dieses typisch Frau, typisch Mann Gelaber gewaltig auf den Sender geht“. In seinem Videoblog "Tariks Genderkrise" hinterfragt er Geschlechterrollen, Stereotype und alle anderen Fragen des „Gender-Zirkus". Als Abschluss kommen alle Vortragenden noch einmal auf die Bühne, um mit dem Publikum folgende Frage zu diskutieren: „Stereotype - brechen, ignorieren oder neu ordnen?“ Neben den tollen Vorträgen, werden auch vier spannende Workshops angeboten. Ein Workshop, der thematisch doch etwas passender für die weiblichen Teilnehmer erscheint, ist der von Regina Kleinhenz. Sie leitet den Workshop „Yoga bei PMS & Regelschmerzen“, der mit Hilfe von Yoga und Atemtechniken helfen kann, die unangenehmen Beschwerden, während der allmonatlichen hormonellen Aufruhr, zu lindern und ihnen gelassener zu begegnen. Außerdem wird das persönliche Verhältnis zur weiblichen Seite beleuchtet und gestärkt. An alle, die schon immer im Verborgenen Skateboards bewundert haben, aber nie die Gelegenheit oder den Mut hatten, selbst aufs Brett zu steigen, richtet sich der Workshop von SKATE-
mobil, BLSV, der allen Anfänger*innen das Skaten nahebringen möchte. Doris Aschenbrenner gibt in ihrem Workshop zu Wikipedia wertvolle Tipps rund um die Online Enzyklopädie, wie beispielsweise zum Verfassen von Beiträgen. Am Sonntag hält Lena Försch einen Workshop zu: Selbstbewusst Auftreten, Status & Körpersprache. Teilnahme Wer Lust bekommen hat das FemFest zu besuchen, kommt einfach am 30. April oder 01.Mai ins Cairo am Fred-Joseph-Platz 3. Lediglich für einen kleinen Teil der Workshops, wird um eine Voranmeldung bis zum 15. April 2016 an femfestwue@ googlemail.com gebeten. Das FemFest ist wie immer kostenlos, mitzubringen sind nur gute Laune und Freude am Diskutieren. Wer an diesem Tag leider verhindert ist, hat immer noch die Möglichkeit eine der Abendveranstaltungen der "FemFest meets"-Reihe zu besuchen, die über das Jahr verteilt stattfinden werden.
g e s e l l s ch a f t s k r i t i s ch e s F e s t z u m th e m a g e s ch l e ch– tKristina Wagenlehner
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30.4 +1.5.16
g e s e l l s ch a f t s k r i t i s ch e s F e s t z u m th e m a g e s ch l e ch t
Jugendkulturhaus Cairo (Wü)
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a L L g e n D e r s W e LC o m e eintritt Frei !
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Workshops D o r i s a s C h e n b r e n n e r - Wo r k s h o p z u W i k i p e d i a r e g i n a k L e i n h e n Z - Yo g a Wo r k s h o p , Yo g a b e i p m s L e n a F ö r s C h - Wo r k s h o p st a t u s u n d k ö r p e r s p r a c h e s k a t e n f ü r a n f ä n g e r * i n n e n ( s k a t e m o b i l , b Ls V ) in kooperation mit
Hermaphroditismus (gr. von Hermes und Aphrodite): Insbesondere im Pflanzenreich ist die Zwittrigkeit weit verbreitet. Bei Samenpflanzen unterscheidet man zwei Arten: Einhäusige Pflanzen haben auf einer Pflanze sowohl männliche als auch weibliche Blüten, echt zwittrige Pflanzen haben nur eine Art von Blüten, in denen sich gleichzeitig männliche und weibliche Geschlechtsorgane befinden.
in koope
Hermaphroditismus (gr. von Hermes und Aphrodite): Insbesondere im Pflanzenreich ist d Zwittrigkeit weit verbreitet. Bei Samenpflanzen unterscheidet man zwei Arten: Einhäusige haben auf einer Pflanze sowohl männliche als auch weibliche Blüten, echt zwittrige Pflanz eine Art von Blüten, in denen sich gleichzeitig männliche und weibliche Geschlechtsorgan
sineb eL masrar: emanzipation im islam/muslim girls/ m u l t i k u l t u r e l l e s Fr a u e n - m a g a z i n “ g a z e l l e ” ta r i k t e s F u n e t z k o l u m n i s t “ ta r i k s g e n d e r k r i s e ” Christine ott geschlechtersensible sprache - was ist das? Zu m ö g l i c h k e i t e n u n d s c h w i e r i g k e i t e n p o D i u m s D i s k u s s i o n “ st e r e o t y p e - b r e c h e n , ignorieren oder neu ordnen?”
30.4 +1.5.16 Jugendkulturhaus Cairo (Wü)
mit V o r t r äg e n Workshops a L L g e n D e r s W e LC o m e Diskussionen eintritt Frei ! Veganer Vokü
femfestwuerzburg. blogspot.com
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KULTUR
ÄLTERE SEMESTER – NEUE PERSPEKTIVE
Welche Beweggründe hat man, sich in einem Alter, das eher den Dozenten gleicht, noch einmal zu immatrikulieren? Welche Menschen stecken hinter diesen „älteren“ Studierende? Was haben sie erlebt? Bettina Grimm und ich haben uns auf die Suche nach Studierende gemacht, die den Altersdurchschnitt deutlich anheben. Wir wollten wissen, aus welchen Motiven die Studierenden wieder an die Uni gegangen sind, wie ihr Alltag aussieht, wie ihnen das Studium mit uns „jungen Hüpfern“ gefällt und wie sie ihr Studium finanzieren. In dieser und den beiden nächsten Ausgaben, die in diesem Sommersemester erscheinen, stellen wir euch ältere Studierende vor. Sie haben uns die Möglichkeit gegeben, über den Tellerrand des Klischee-Studierenden hinaus zu schauen und Stereotype zu überdenken.
Name: Eva Alter: 41 Studiengang: Mittelschullehramt mit Hauptfach Germanistik Familienstand: verheiratet, 2 Kinder (6 und 16 Jahre alt)
Intelligenz hat nichts mit dem Alter zu tun Jeder kennt diese eine Kommilitonin, die selbst in aller Frühe gut gelaunt dem Seminar folgt, bei Unklarheiten nachhakt und einen mit ihrem Lachen ansteckt. Jeden Mittwoch hieß besagte Kommilitonin für mich Eva. Um ehrlich zu sein, habe ich zwei Anläufe gebraucht bis ich Eva gefragt habe, ob sie bei diesem Artikel mitwirken möchte. Warum? Sie sieht einfach so unheimlich jung und frisch aus und man mag ja auch niemanden viel zu alt schätzen. Erst als mir eine Freundin versicherte, dass Eva schon Kinder hat, konnte ich mich durchringen sie darauf anzusprechen. Evas Kinder sind 16 und 6 Jahre alt. „Perfekt, um noch einmal den Schritt an die Uni zu wagen, da die Kinder aus dem Gröbsten heraus sind,“ findet sie. Sie versucht, ihre Kurse möglichst vor 16:00 Uhr zu legen, um für die Kinder da zu sein, wenn diese auch zu Hause sind. Zur Not würde sie ihre Tochter aber auch mit in die Vorlesung nehmen: „Ich habe auch Professoren, die ihre Kinder krankheitsbedingt dabeihatten, da ist unsere Uni also echt tolerant.“ Die 41-Jährige hat gerade ihr erstes Semester erfolgreich beendet. Aber nicht zum ersten Mal. Nachdem nach dem Abi zwei Semestern mit Germanistik an der Uni überbrückt wurden, hat Eva in Basel Grafik studiert. In diesem Arbeitsfeld hat sie jedoch nie gearbeitet, da sich das Berufsbild zur damaligen Zeit komplett gewandelt hat. Nicht mehr künstlerische Handarbeit war ausschlaggebend, sondern die Umsetzung am PC.
Davon ausgehend hat sich Eva nach ihrer Reitlehrerausbildung selbstständig gemacht. Gerade diese Selbstständigkeit war häufig zermürbend für die studierte Grafikerin. Ständig musste sie sich Sorgen machen, ob genug Geld dabei herumkommt, ob die Pferde versorgt sind und ob genug Schüler unterrichtet werden wollen. Die Geburt ihres zweiten Kindes war ein Schlussstrich: „Es wäre aber auch einfach nicht mein Ding, jetzt noch 27 Jahre lang nur Hausfrau zu sein.“ Für einen unqualifizierten Beruf weiß sich Eva jedoch auch zu intelligent. Um nicht depressiv zu werden, und dem beständigen Output als Reitlehrerin und Mutter entgegenzuwirken, immatrikulierte sich Eva letztlich für Mittelschullehramt. „Mein Kopf ist in den letzten Jahren einfach zu kurz gekommen, ich wollte noch einmal an die Uni, weil ich Lust habe, etwas zu lernen,“ beschreibt die Mutter von zwei Kindern den endgültigen Schritt, der zur Immatrikulation führte. Evas Eltern waren ebenfalls Mittelschullehrer und auch sie möchte diesen Beruf ausüben. Sie sieht sich selbst als weitsichtig und desillusioniert. Ohne Frage hilft ihr ihre Lebenserfahrung, wenn es darum geht, Probleme zu lesen, neue Konzepte zu entwickeln und einen kühlen Kopf in schwierigen Situationen zu bewahren. Verbeamtet wird die angehende Lehrerin jedoch nicht mehr, dafür ist sie, wenn sie fertig mit ihrem Referendariat ist, ein Jahr zu alt. Auf der einen Seite ist das schon doof: „Bis zu meiner Rente kann sich der Staat ja jetzt auf mich verlassen. Ich gehe zum Beispiel ja auch nicht mehr in Mutterschutz oder Elternzeit.“ Auf der anderen Seite ist nach jahrelanger Selbstständigkeit auch ein Anstellungsverhältnis für Eva verlockend. Das frühere Studium empfand die 41-Jährige ganz anders: „Es war mit so vielen anderen Dingen wie Ausziehen und Erwachsenwerden verbunden. Jetzt ist das schon ein anderes Paket. Ich stehe auf der Seite der Studenten, habe das Alter der Dozenten und bin zu Hause aber immer noch Mama. Das kommt mir in manchen Momenten selbst unrealistisch vor.“ Nach dem Abi war sie, wie sie selbst sagt, „ein Küken“: „Mit einer gewissen Lebenserfahrung kennt man sich selbst einfach besser, weiß, wie man am besten lernt und dass man sich nicht alles gefallen lassen muss.“. „Es geht mir wie euch, ich schimpfe genauso über das Studium und finde Bologna scheiße. An der Uni sollte freies Lernen geschult werden, stattdessen müssen wir vor allem auswendig lernen und es genauso wieder ausspucken, da sonst Punktabzug droht. Es wehrt sich nur keiner dagegen,“ betont die Studentin. Mit ihren Kommilitonen hat Eva keine Probleme, auch wenn sie befürchtet hat, für eine „alte Schrulle“ gehalten zu werden. „Ich war schon erstaunt, dass es so wenige Studierende in meinem
Alter gibt. Die Kinder sind jetzt aus dem Gröbsten heraus und das bedeutet ja immer irgendwie einen Break. Ich habe mich auch gewundert, dass es kaum Anfang-Dreißiger gibt, früher waren das die, die eben bisschen länger studiert haben oder zwischendrin ein Kind bekommen haben,“ beschreibt die zweifache Mutter ihre Annahmen. Dass die Studentin ein wirklich aufgeschlossener Mensch ist, wird auch deutlich, wenn man sie auf ihre Meinung zu jüngeren Dozenten anspricht: „Intelligenz hat nichts mit dem Alter zu tun. Ich habe lieber einen jungen Dozenten, der was auf dem Kasten hat, als einen alten, der sich nur gerne selbst reden hört. Hier in Würzburg herrscht aber generell ein guter Umgang zwischen Studenten und Dozenten.“ Mit Haushalt, Ehe, Kindern und Studium hat Eva mehr um die Ohren, als der durchschnittliche Student. Nebenbei zu arbeiten, ist da unmöglich: „Ohne das Einkommen meines Mannes hätte ich keine Chance.“ Bei einem Zweitstudium gibt es „kein Bafög zu zumutbaren Konditionen,“ so die 41-Jährige. Und auch in Teilzeit zu studieren, um nebenbei zu jobben, ist keine Option, da man mit ein paar Jährchen mehr auf der Kappe ja auch einmal fertig werden will. Eva würde es sehr begrüßen, wenn die Bedingungen für „ältere“ Studierende, vor allem finanziell, verbessert werden würden. Wenn man in seinem Beruf kein Weiterkommen sieht, findet die studierte Grafikerin ein Studium geeignet. Man muss aber auch der Typ für ein Studium sein und wissen, was auf einen zukommt: „Man muss schon gerne lernen müssen. Man muss sich da nichts vormachen, es ist so viel Lernarbeit, dass man kein Land in Sicht sieht. Die Bereitschaft dieser Lernarbeit nachzukommen, muss schon da sein.“ Für Eva ist es auch in gewisser Weise Veranlagung: „Manche sind auch mit ihrer Familie zufrieden und das ist auch gut. Ich würde eben lieber ins kalte Wasser springen, als es nachher zu bereuen, aber da kann ich auch nur für mich selbst sprechen.“ „Dieser Lebensabschnitt fühlt sich manchmal an wie noch einmal 18 sein,“ lacht die zweifache Mama. Doch der Austausch mit Kommilitonen auch nach Vorlesungen und Seminaren fehlt ihr: „Ich denke gerne und ich denke gerne mit anderen. Aber in meinem Alter ist es echt schwer, die Leute nach dem Abendessen noch einmal zu motivieren, etwas trinken zu gehen. Da sind die Kinder im Bett und man liegt auch dem Sofa. Trotzdem wäre es ab und zu wirklich schön, da mehr Kontakt zu haben.“. „Ich würde es immer wieder machen,“ sagt Eva zum Abschluss und dabei lächelt sie so mit sich und der Welt zufrieden, dass man ihr nur das Allerbeste für ihr Studium, ihre Familie und ihre Pläne wünschen kann!
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KULTUR
Name: Gerrit Alter: 44 Studiengang: Philosophie, Religionswissenschaft und Ethnologie Familienstand: verheiratet mit Dorina Der Himmel ist uns auf den Kopf gefallen Dorina und Gerrit zeigen mir Fotos von der karibischen Insel Curaçao, Sandstrände mit Palmen und türkisblauem Meer. Das reinste Paradies für Urlauber. Doch das Ehepaar hat fünf Jahre dort gelebt und gearbeitet. 2014 sind die Auswanderer dann letztlich wieder nach Deutschland, genauer gesagt, nach Würzburg gezogen, um an der Julius-Maximilians-Universität zu studieren. Dorina hat als Polizistin gearbeitet, bevor es über die Niederlande nach Curaçao gegangen ist. Sie mochte ihren Job, durch das Beamtentum war sie jedoch auch sehr gebunden. Durch die Auswanderung ergab sich: „die Freiheit, dort zu leben, wo man möchte.“, so Dorina. Zusammen mit ihrem Mann, einem studierten Sprachwissenschaftler, hat Dorina eine Medienproduktionsfirma auf der Karibikinsel gegründet. Sie haben Videos gedreht, Homepages gestaltet und sich um alles gekümmert, was im weitesten Sinne mit Medien zu tun hat. Die Firma konnte bestehen, kostete aber auch viele Nerven. Die wenigen Einwohner in Curaçao konnten oder wollten nicht viel für die aufwändige Arbeit bezahlen. Dorina weiß: „Wenn du auf einer so kleinen Insel überleben willst als Firma, musst du expandieren.“ Die beiden haben sich dagegen entschieden. Nach fünf Jahren auf der Trauminsel musste eine Veränderung herbei: „Die Insel ist in jede Richtung nur 50 km lang, es leben auf Curaçao so viele Menschen wie in Würzburg. Irgendwann fehlt dir einfach der intellektuelle Austausch, vor allem, weil sich die intellektuelle Bandbreite dort wirklich in Grenzen hält. Der Himmel ist uns in Curaçao einfach auf den Kopf gefallen“, beschreibt Gerrit die Situation. Die Idee nach Deutschland zurückzukehren, wird immer konkreter. Anfangs spielt Dorina noch mit dem Gedanken, wieder zur Polizei zu gehen. Als das nicht klappte, konkretisierte sie ihren Plan, erneut zu studieren. Dorina weiß: „In Deutsch-
land ist es einfach noch so, dass die Ausbildung allein entscheidend ist und nicht deine eigentlichen Fähigkeiten.“ Für die Diplomverwaltungswirtin wird schnell klar, dass sie mit Jura ihre Interessen genau trifft und weiter vertiefen kann. Auch Gerrit ist sich nach einem kurzen Anlauf schnell sicher, mit Philosophie, Religion und Ethnologie, den für ihn sehr wichtigen spirituellen Weg fortzuführen. „Das Schöne ist ja, dass wir studieren können, aber nicht müssen. Es ist eine Gelegenheit, die wir nutzen und als große Bereicherung empfinden,“ sind sich die Anfang-Vierziger einig. Dorina sieht ihre Perspektive am Gericht, wo sie leider auf Grund ihres Alters nicht mehr verbeamtet werden würde, oder wieder im öffentlichen Dienst. Für ihren Ehemann steht die persönliche spirituelle Weiterbildung im Mittelpunkt. Auf die vielen jüngeren Kommilitonen angesprochen, muss das Ehepaar erst einmal schmunzeln. Gerrit erzählt, dass der Umgang mit jüngeren Kommilitonen vor allem nach einem Semester angenehmer wurde: „Anfangs haben mich viele noch gesiezt, als es dann immer vermehrter auf „du“ umstieg, war das deutlich entspannter.“ Durch ihr extrovertiertes Wesen hatte Dorina keine Probleme damit Anschluss zu finden, wobei ihr besonders die Arbeit am Lehrstuhl dabei geholfen hat, Anerkennung zu bekommen. „Es ist trotzdem aus dem Studium keine innige Freundschaft entstanden, da fällt es doch auf, dass es einfach eine andere Generation ist,“ fügt Dorina hinzu. Auch jüngere Dozenten sind für Gerrit kein Problem: „Warum auch nicht?“. Er findet es eher „goldig, wenn sie dann so aufgeregt sind“. Dorina sieht das generell genauso, ihr fehlt jedoch bei einigen der jüngeren Studierenden die Lebenserfahrung: „Die können ihre Theorie, aber es stört mich, dass es nur nach vorgefertigten Schemata abläuft und keine Praxis mit eingebunden wird.“ Durch ihre Lebenserfahrung schüttelt Dorina in Übungen oftmals mühelos lebensnahe und erhellende Beispiele aus ihrem Ärmel. Das Ehepaar finanziert sich das Studium durch Dorinas Pension und Besitz. Dorina meint: „Als Rechtsanwältin würde ich es wieder hereinholen. Das Studium und Leben sind aber schon recht teuer. Durch meinen Hiwi-Job kann ich da natürlich auch noch etwas beisteuern.“ Für Dorina wird der Unterschied zu ihrem früheren Studium vor allem durch die Inhalte deutlich: „Jura geht mehr in die Tiefe als mein Studium zur Diplomverwaltungswirtin. In der Fachhochschule in Köln war man schon abhängiger, aber auch auf mehr Partys unterwegs.“. Gerrit zieht den Vergleich zu seinem früheren Selbst noch mehr in den Fokus: „Ich habe in den 90igern in Wuppertal studiert, da war es viel mehr links. Ich war ein cooler Burschenschaftler aus einer schlagenden Verbindung, der in Anzug und mit Couleur in die Uni gegangen ist.“ Er schmunzelt: „Heute ist das wirklich nichts mehr für mich.“ Wenn man die Zielstrebigkeit ins Auge fasst, sehen beide das jetzige Streben als „Unterschied wie Tag und Nacht“ im Gegensatz zu ihren jüngeren Jahren. Gerrit geht sogar so weit zu behaupten: „Nach dem Abi sollten junge Leute nicht gleich
studieren. Sie sollten erst einmal drei bis fünf Jahre unterwegs sein und was vom Leben sehen.“. Einen großen Unterschied sehen Gerrit und Dorina in Anbetracht der kulinarischen Fähigkeiten der Unis. Das Essen in der Burse finden beide verglichen mit den Mensen ihres Erststudiums viel besser. Wie viele Studenten isst das Ehepaar dort gerne täglich und spart sich so das Kochen. Gerrit und Dorina waren es gewohnt zusammen zu arbeiten und zu leben. Die beiden wohnen immer noch in einer schönen Wohnung im etwas ruhigeren Höchberg mit wunderschönem Ausblick, doch sie sehen sich viel seltener. „Ich habe Gerrit dann auch gebeten, mehr Veranstaltungen ab acht Uhr zu wählen, damit wir uns nachmittags und vor allem abends mehr sehen und einen ähnlicheren Rhythmus haben,“ erzählt Dorina. In Gerrits Studiengängen gab es jedoch kaum Veranstaltungen um acht Uhr. Durch die unterschiedlichen Zeiten und Studiengänge ist das Gemeinsame ganz anders definiert. Dorina meint: „In Deutschland hat jeder seine eigene Sache angefangen, dadurch haben wir uns im Kreis gedreht.“ „Das Leben mit Studium erfüllt uns gemeinsam nicht,“ lautet die Devise. Dorina sieht mit einem weinenden Auge auf die Zeit in Würzburg zurück, da ihr vor allem das Studium sehr gefallen und gelegen hat. Auch für Gerrit war es „eine große Bereicherung und wirklich schöne Zeit“. Das Ehepaar bricht seine Zelte ab und folgt seinen Träumen. Sie wollen wieder gemeinsam leben und auch arbeiten. Das Studium sehen beide als „großen Gewinn, den sie nicht missen wollen“. Doch jetzt hat ein neuer Abschnitt begonnen und es heißt für beide Koffer packen, um aufzubrechen. „Wohin?“. „Panama,“ lautet die Antwort. Seit Kindheitstagen und dank Janoschs „Oh wie schön ist Panama,“ wissen wir wie aufregend Panama ist. Für Dorina und Gerrit bleibt also nur noch der Wunsch offen, dass es für sie genau so ein Abenteuer wird, wie für Tiger und Bär.
Name: Dorina Alter: 42 Studiengang: Jura Familienstand: verheiratet mit Gerrit
Viele unserer Interviewten haben Interesse an einem Austausch innerhalb der „älteren Semester“. Wenn du dich angesprochen fühlst und Lust hast, mit Gleichgesinnten ins Gespräch zu kommen, dann schreibe uns an: sprachrohr@uni-wuerzburg.de
– Helena Klöhr
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KULTUR
HOCHSCHULWAL-REMINDER
Am Dienstag, 28. Juni 2016, finden die Hochschulwahlen statt. Eure Wahlbenachrichtigung mit allen nötigen Informationen zu eurem Wahllokal und der Briefwahlbeantragung findet ihr bei SB@home unter Studiumsverwaltung und hier unter Studienbescheinigungen (Fenster Wahlbenachrichtigung). Für Fragen rund um die Hochschulwahlen kann Herrn Wettengel im Wahlamt der Universität kontaktiert werden. Telefon: 0931 / 3182545 E-Mail: wahlamt@uni-wuerzburg oder unter http://www.uni-wuerzburg.de/ueber/universitaet_wuerzburg/wahlen/
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KULTUR
120 JAHRE RÖNTGENSTRAHLEN EINE ZUFÄLLIGE ENTDECKUNG MIT GROSSER WIRKUNG
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eder von uns kennt sie und aus der Medizin sind sie längst nicht mehr wegzudenken! Die Rede ist von den Röntgenstrahlen. Und so bekannt sie auch sind, der Mann hinter ihnen ist es nahezu kaum. Wer war jener Mann, dem wir nicht nur den Namen der Strahlen zu verdanken haben, sondern in erster Linie ihre Entdeckung? Wer war Wilhelm Conrad Röntgen? Genau diese Frage versuchte die Würzburger Sparkasse Mainfranken, in ihrer kleinen, aber informativen Ausstellung anlässlich des 120. Jubiläums der Entdeckung der Röntgenstrahlen, zu beantworten. Auftakt der Ausstellungsperiode bildete eine kleine Eröffnungsfeier mit Begrüßung und Reden. Und bis Anfang Februar waren die insgesamt neun Plakate, die ausführlich von Röntgens Leben und Schaffen erzählten, im Foyer der Sparkasse für die Öffentlichkeit zugänglich. Kostenlos. Doch zurück zu unserer Ausgangsfrage. Wer überhaupt war Wilhelm Conrad Röntgen? Der heute als Genie betitelte Physiker, wurde am 27.03.1845 in Lennep (Nordrhein Westfalen) als einziges Kind eines Tuchhändlers und dessen Frau geboren. Aus wirtschaftlichen Gründen kehrten sie ihrer Heimat den Rücken und machten die Niederlande zu ihrem neuen Zuhause, wo Rönt-
gen viele Jahre seines Lebens bleiben sollte. Durch einen befreundeten Professor der Familie entdeckte er, während seiner Zeit an der „Technischen Schule“ in Utrecht die Naturwissenschaften für sich. Doch als er sich weigerte einen Mitschüler zu verpetzen, wurde er der Schule verwiesen, und besuchte daher die Physik-, Chemie-, Zoologie- und Botanikvorlesungen der Universität Utrecht lediglich als Gasthörer, ehe er schließlich an das Eidgenössische Polytechnikum in Zürich wechselte, da geeignete Fähigkeiten an Stelle eines Abiturs akzeptiert wurden. Hier sollte er auch seine zukünftige Frau kennenlernen. Im August 1868 schloss er sein Studium als Diplom-Maschinenbauingenieur ab und promovierte ein Jahr später an der Universität von Zürich zum Dr.phil. Noch im selben Jahr folgte Röntgen dem Physikprofessor Kundt – der Mann, der Röntgen auf die Physik als Forschungsschwerpunkt „aufmerksam“ gemacht hatte – als Assistent nach Würzburg. Und indem er Kundt auch nach Straßburg folgte, so erfuhr ich während der Ausstellung der Sparkasse, gelang es Röntgen 1874 schließlich zu habilitieren. Statt eines Abiturzeugnisses erhielt Röntgen nun eine Sondergenehmigung, die es
ihm ermöglichte als Privatdozent zu lehren. 1879 trat Röntgen eine Professorenstelle an der Gießener Universität an und fast zehn Jahre später ging er als Nachfolger Friedrich Kohlrauschs zurück nach Würzburg, wo er am 08.11.1895 während eines Experiments bis dahin unbekannte Strahlen entdeckte. Er schwieg darüber und versuchte sich die Strahlen, die er anfangs selbst als „X-Strahlen“ bezeichnete, zu erklären. Doch Röntgen entdeckte nicht nur, dass sie durch diverse Materialien bis hin zur Haut hindurchleuchten können, sondern auch, wie er Gegenstände ablichten lassen konnte. Schon 1895 wurden seine Ergebnisse veröffentlicht und bereits ein Jahr später ging die Nachricht um die Welt. Und noch im selben Jahr erhielten die „X-Strahlen“ den Namen ihres Entdeckers. Jeher sind sie uns als die Röntgenstrahlen bekannt. Und dem Physiker Röntgen brachten sie nicht nur Ruhm, sondern auch den ersten je verliehenen Nobelpreis der Geschichte am 10.12.1901. Wer also war Wilhelm Conrad Röntgen? Er war nicht nur Sohn und Ehemann, Professor und Physiker, Entdecker und Nobelpreisträger. Nein. Er war viel mehr. Er ist viel mehr. Denn ihm allein haben wir eines zu verdanken: „eine Würzburger Entdeckung mit weltweiter Wirkung!“ – Larissa Omaya
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don’t remember much of my childhood. Most of the stories I’ve been through are known to me only because of my family, who as usual are fond of the old memories especially on retelling them every now and then. As the telling goes, I remember only a few scenes which are rather emotion-related. However, there is this scene, when I am something in-between three and four, I go to visit my grandparents who live in the same house with my uncle and his family, and I see my aunt who has an injured eye. It had happened in Mitrovica, a disputed city in border with Serbia. I was angry at her, because she was with my cousins in this city, where trouble happens. This was before the war started, when the mutual hate was only growing up. Another one I remember, is everyone talking about leaving in a family meeting, which was when the war started. Now, 17 years after the war, whenever I tell my country of origin, it’s still the same question I have no definite answer for. “How is life in there?” I can’t tell whether the post-war mentality is finished. Yes, there are no fights, but neither is there a two- sided agreement on the territory, which was the reason of war. Instability, would be a fair description of the whole situation. From primary school, children learn about a long list of kingdoms of different nations that ruled in this territory. We had ethnical, cultural and language differences , with Ottomans ruling, religion was changed from Christianity to Muslim, with the small minority of Christian Albanians who kept their religious views throughout the leading of Ottoman Empire. To today, Friday midday, is the time when you see a lot of men hurry to the nearest Mosque to pray, at the same time hear the bell coming from the recently built central cathedral. It doesn’t cause a religion clash today, but, it certainly did in the past. Leaders tried to overcome it with inter-religious marriages, policies, we even have a very well-known poem written a century ago ,initially on religion versus ethnicity matters, today used as patriotic phrase, with the famous state “Albanian’s religion is Albania”. Apart from poets and authors, the main characters in our school books are the many freedom fighters and many warriors who died dreaming for what we recently gained. In this perspective, declaring independency was a longwaited desire of one nation.
INTERNATIONALES
LIFE IN KOSOVO For the 90s generation, y generation, at first, this place was called Yugoslavia, then after the war for a certain group it was Serbia, for us simply Kosovo and for all other states a UNMIK protected zone, as written in the cover page of our passports of that time, until it got the official name of Kosovo with the declaration made in 2008, which is not yet recognized by Serbia. No matter the circumstances, my answer to the state I live in, was always Kosovo. There are biased views on territory’s history, for which, Albanians learn another story, Serbians another one. As a result, eight years after declaring independency, Kosovo is still not a fully recognized state. Further, we still lack the stability, which we were longing for. In those eight years, the country has overcome some problems and gone through changes, but still many to go. In Kosovo, people rush to have a coffee and chat with their friends, and take their time while going to work. In contrary, rarely is there anybody walking fast in the morning rush hour, in reverse to what you see at late afternoon or evening, when people go for a drink or dinner. Because friends matter and everything else can wait. When in values, at a point when the taxi driver doesn’t have enough change and the costumer has 3/4th of the sum needed in change, rather than going out to get some change in a store, driver goes with our popular phrase “Neither me, nor you can built a house on that sum. Let it be yours”. It’s simple and practical. Today it’s yours tomorrow it would be your turn to leave that money to someone else. Another case of valuables is at the local green market, where fruits are very cheap and if you’re going to buy just two or three of them, then the man will give it for free. A little explanation, compared to other European cities, food prices are very cheap, especially in the local market, which makes it understandable that for one or two apples, you would be asked to keep your money and accept it as a gift rather than giving free cents to the seller. Society is the most important part of life. In smaller cities and rural parts, where everybody knows everybody culture and tradition blossom. You easily find houses with the old thin rugs, old men wearing the traditional caps called plis while hanging around the main square or playing chess in a teahouse. This happens in bigger cities as well,
there are a few remaining teahouses, usually full with old men playing chess and drinking tea. Perception for tea is, or once was, darker the tea manlier the man. Playing chess is a productive activity in terms of chat and argue. That’s usually the daily activity of older people. After all, Balkans is a region well-known with playing chess, it must become a daily routine at some point. Once someone said to me, It’s in your genes, only a matter of time. Boulevards and main squares are always vivid, with lots of youth around. Proudly, Kosovo holds up a youth boost, with a majority number of population under 35 years of age. With this percentage of youth, comes the extreme usage of technological developments. Today’s global connectivity impacts life here as in everywhere else. Younger generation is coming with less conversation topics and more photos, less real life and more acquaintances, even in a society which survived because of eachother. In a common house for Kosovo, grandparents live in the same house with their children and grandchildren, even if this old habit started to slowly disappear because of the rising privacy requirement young generations asks for, it is still the dominant housing type. If technology could get a honorary mention for easing life, it would certainly be for teaching languages. Most young people besides English do speak a second foreign language based on watching TV series in childhood and the language depends on the popular TV series which happened to be at the same time with their childhood. List includes Spanish, Portuguese, Italian, German, and nowadays Turkish. This ensures that the few visitors we get, make themselves at home. Last year, guiding a tourist , who kept coming to this region every year said “It’s great to come back every year to feel the move, and just be part of the change”. He was pointing some small things he has noticed that have changed but improved life quality. There it is the undoubtable truth, change is present in all fields and whatever this change will be perceived in a century’s time, we are all a part of it.
– Erza Raskova
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Musikstück zwischen Kacheln Tintenfisch-Intervall Bestrebungen oder Reißnagel Ursprungsort von Englands beliebtestem Käse (bei Sumerset) römischer Grenzwert beflosstes Einhorn verteidigt sowohl am Hof, sowie auf dem Platz Mir ist eine russische Raumstation bekannt. feurig-scharfer Tanz Beutelratte mit anderer Meinung nordische Gottheit der Enzymsuffixe Blume in wasserabweisendem Meditationssitz (Neologismus, verneint) heimtückisches Feld nach der Treibjagd altbabylonische Einheit für begabte Massen Bad ad Hoc Hypotheses Lehrfreudige schreiben auf die Essensausgabe Mittelloser -schalten, -machen, -aconda Das BGB fordert zum Vomitus auf Sprintet durch Strampeln davon Wassertransport-Technologie röm. Gottheit, besitzt auf der Erde ca. 3.7 Mrd. Hügel Opfertisch, der häufig Verwendung in der Jugendsprache findet Teilgebiet der Medizin über das größte Organ des Menschen Kosmetikprodukt aus franz. Rotlichtmilieu Findet man normalerweise nicht in der linken Ecke Sowohl in Excel-Tabellen, als auch in Organismen möglich
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Kleiderbügelbrücke in Norddeutschland heimliche Liebe eines Bienenvolkes Die Null darf dieses Lokal nicht betreten Um nachts wach zu bleiben eignet sich dieses Lokal in WÜ 6 tiefgelagertes Austerngut in WÜ Diese Untergruppe von Studierenden bekommt ihre eigenen Tüten, Tage und Partys hundertstel Herzog mit Porreestange erstochen Wer von Tellern klaut, hat unreine Haut Diese rote, herrische Dame ist beliebt in WÜ zirpende Form der Nahrungszubereitung Exekutivorgan der Studierendenvertreutung Würzburg Hund, der mit Löwe, Vogelscheuche, Blechmann und Frauchen umherzieht gepanzerte Verkehrszeichenunke In manchen Haushalten das angebliche alter Ego von Ludwig XIV In Südbayern besonders hoch und politisch stabil Präsident der JMU Kraushaargeflügel da steckt hinten noch 'ogon' drinnen (engl.) Gerade, die nur berührt blitzschnelles, proteinhaltiges Nahrungsmittel Dieser Zusammenschluss von Ex-Studis hat nichts mit Alufolie zu tun Gegenteil von Infra Vorläufer der NSDAP (Schneidet sich nicht zufällig mit waagerecht 45)