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Schweinehalter: Nun über Investitionen nachdenken SEITE

Wir brauchen eine Tierwohlmilliarde

Mehr Tierwohl soll die Schweinewirtschaft aus dem Kreuzfeuer der Kritik nehmen. Dass ausgerechnet jetzt höherpreisige Produkte schwächer nachgefragt werden, tut der Strategie keinen Abbruch, meint Styriabrid-Geschäftsführer RAIMUND TSCHIGGERL im Gespräch mit STEFAN NIMMERVOLL.

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BLICK INS LAND: Mit dem Beschluss, dass die Schweinebranche schrittweise aus dem Vollspaltenboden aussteigen wird, gibt es eine klare Ansage, wohin die Reise grundsätzlich gehen wird. Wie erleichtert sind Sie darüber? Raimund Tschiggerl: Planungssicherheit zu schaffen, war immer eines der wichtigsten Themen für die Landwirte. Das ist nur möglich, wenn man die Rahmenbedingungen klar absteckt. Darum bin ich froh, dass wir wissen, in welche Richtung wir uns bewegen sollen. Nur so kann man überhaupt über Investitionen nachdenken und den Rückstau auflösen. Die Styriabrid war sehr aktiv im Gesetzgebungsprozess – wir haben gemeinsam mit unseren Praktikern an Lösungen gearbeitet, die tragbar sind. Der Änderung des Tierschutzgesetzes sind massive Proteste von Tierrechtsaktivisten vorangegangen. In der Öffentlichkeit ist die Schweinehaltung dabei nicht gut dagestanden. Hat man eine Entwicklung, die ohnehin nicht zu vermeiden war, zu lange bekämpft? Tschiggerl: Im Nachhinein kann man immer leicht sagen, was gut und was schlecht war. Die Styriabrid versucht, solche Programme schon seit 2000 am Markt zu etablieren. Wir haben damals schon das produziert, was heute den Arbeitstitel TW 100 trägt. Wir sind in der Vergangenheit immer wieder daran gescheitert, weil der Bauer nicht etwas produzieren kann, was wir dann nicht längerfristig absetzen können. Warum sollte es dann jetzt funktionieren? Tschiggerl: Weil es im öffentlichen Mainstream einen Meinungswechsel gibt. Diesen Weg haben auch die Tierrechtsaktivisten aufbereitet. Wir hoffen aber

Raimund Tschiggerl

auch, dass in Zukunft in den Regalen nur mehr Schweinefleisch mit gleichen oder höheren Standards liegt, sonst wird immer wieder zu billigerem Fleisch gegriffen. Ein Ziel ist, bis 2032 eine Million Schweine pro Jahr aus Tierwohl-Ställen zu beziehen. Wie viele Tiere sollen da jeweils aus welchen Haltungsformen stammen?

Zur Person

DI Raimund Tschiggerl ist Geschäftsführer der Styriabrid. Er hat an der Boku in Wien studiert. Danach erfolgte der Einstieg in die Landwirtschaftskammer Steiermark. Nach seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der Schweinezucht Steiermark wechselte Tschiggerl im Jahr 2009 in die Styriabrid. Er ist verheiratet und hat ein Kind.

Tschiggerl: Meine Einschätzung ist, dass sich der Biobereich auf gleichem Niveau bewegen wird. Der Lebensmitteleinzelhandel geht ganz klar auf TW 100. Die TW 60-Schiene etabliert sich momentan eher im Gastrobereich und in der öffentlichen Beschaffung. Bei der aktuellen Inflationsent wicklung kommen Premiumprodukte eher unter Druck.

Recht glücklich erscheint der Startzeitpunkt nicht. Tschiggerl: Das haben wir nicht steuern können. Es ist aber eine Ausnahmesituation, die hoffentlich bald wieder enden wird. Man darf deswegen nicht einen kompletten Strategiewechsel machen, sonst werden wir nie zu einer Planungssicherheit kommen. Tschiggerl: Das kann man nicht vergleichen. In Deutschland hat man geglaubt, dass man den Markt von heute auf morgen umwälzen muss, obwohl er dafür nicht bereit war. Österreich geht einen anderen Weg mit längerfristigen Zielen, über die man Tierwohl am Markt eintakten kann.

In Deutschland werden Tierwohl-Verträge wieder gekündigt.

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Die Verträge der Handelskette Spar werden aktuell für fünf Jahre angeboten. Besteht die Gefahr, dass der Bauer dann mit einem Tierwohlstall, aber ohne Abnehmer dasteht? Tschiggerl: Ohne Abnehmer sicher nicht. Die Frage ist, zu welchem Preis ich meine TierwohlSchweine absetzen kann. In Deutschland war es auch die Strategie, eine Überproduktion zu erzielen, damit man die Aufschläge drücken und die Bauern finanziell quälen kann. Unsere Strategie ist ganz anders. Wir vertrauen darauf, dass es auch nach den fünf Jahren einen gemeinsamen Weg geben wird.

Langjährige Erfahrung, Innovationsgeist und hohes Qualitätsbewusstsein zeichnen uns in allen Bereichen der Legehennenzucht aus. Unsere Expertise ist europaweit gefragt. Sie reicht vom Elterntier über Küken und Junghennenaufzucht bis zur individuellen Stalltechnik für Lege- und Mastgeflügel.

Schropper GmbH Auestraße 35 • A-2640 Gloggnitz +43 2663 8305 • office@schropper.at www.schropper.at In welcher Geschwindigkeit soll der Einstieg in Österreich stattfinden? Tschiggerl: Das ist momentan schwer abzuschätzen, weil die aktuelle Situation die Entwicklung bremst. Wir sehen, dass wir auch mit den bestehenden Tierwohlprogrammen Probleme haben. Wir suchen aber trotzdem Betriebe. Einen Stall errichtet man nicht von heute auf morgen. Ein Schwein besteht nicht nur aus Edelteilen. Wo sollen denn all die Stücke hingehen, für die es keine Tierwohl-Zuschläge am Markt gibt? Tschiggerl: Das gesamte Schwein zu vermarkten, ist eine hohe Kunst. Daran scheitern viele Markenprogramme. Wichtig wäre, dass die Industrie auch auf diesen Zug aufspringt. Wir haben hier sehr viele Angebote gemacht. Dort ist der Preiskampf aber noch einmal brutaler. Daher fordern wir eine Kennzeichnungspflicht. Alles andere ist fast grob fahrlässig. Das heißt, es muss auch eine Tierwohl-Wurst geben? Tschiggerl: Ja. Tierwohl kostet Geld. Können die Bauern die Errichtung solcher neuer Haltungsformen mit den jetzt angebotenen Fördermitteln stemmen? Tschiggerl: Die geplanten Förderhöhen sind viel zu gering, weil die Baukosten explodiert sind. Die Quadratmeter Stall kosten richtig Geld. Wenn die Gesellschaft über den Gesetzgeber höhere Standards fordert, muss sie sich auch an den Kosten beteiligen. Wie viel müsste dafür veranschlagt werden? Tschiggerl: Ein Tierwohlstall wird in etwa 1,5 Millionen Euro kosten, weil man in der Regel damit aus dem Dorf hinausgehen muss. Dieser Betrag muss auch in den anrechenbaren Kosten drinnen sein. Und wir müssen fast jeden Schweinestall umbauen. Meine Forderung ist daher eine Tierwohlmilliarde für den Schweinebereich. Völlig neue Rahmenbedingungen gibt es nicht nur in Österreich. In Deutschland hören Schweinebauern reihenweise auf. In den Niederlanden möchte die Regierung die Tierbestände stark reduzieren. Wird am Ende all dieser Entwicklungen ein völlig veränderter Schweinemarkt in Europa stehen? Tschiggerl: Es wird sicher zu dramatischen Verschiebungen kommen. Das war aber auch in Vergangenheit so. Deutschland ist in den letzten 20 Jahren von 80 auf 120 Prozent Eigenversorgung gekommen. Jetzt geht es wieder in eine andere Richtung. Dafür baut Spanien stark auf. Die Entwicklung läuft da in einem NordSüdGefälle ab. Im Norden hat man mit der billigen Massenproduktion begonnen. Diese verlagert sich jetzt in den Süden, dafür befasst man sich im Norden mehr mit Tierschutz und Umwelt. Mit der Erhöhung der Standards wird die Konkurrenzfähigkeit Österreichs am billigen Massenmarkt noch einmal geringer werden. Ist die Flucht in die Nische nicht ohnehin der einzige Ausweg für unsere kleinstrukturierte Landwirtschaft? Tschiggerl: Unser Ziel ist es, die Eigenversorgung bei rund einhundert Prozent zu halten. Es wird sicher in Zukunft weniger Fleisch gegessen, und wenn es verzehrt wird, soll es nachhaltiger produziert sein. Mit den Tierwohlprogrammen werden automatisch auf derselben Fläche weniger Schweine produziert werden. Um dabei das Einkommen zu sichern, werden wir den Preis für das Schweinefleisch erhöhen müssen. Nachdem sich Tierwohlfleisch nur ein Teil der Bevölkerung leisten kann oder will, wird auch in Zukunft eine Basisschiene von hoher Bedeutung sein.

www.styriabrid.at

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In einem Teil dieser Ausgabe finden Sie eine Beilage der Firma Johann Leo Kreisel GmbH.

HANS GMEINER, FREIER JOURNALIST, SALZBURGER NACHRICHTEN

„Oneway“ in die Sackgasse?

Österreichs Agrarpolitik ist dabei, zu einer PR-Spielwiese zu verkommen. Auf der einen Seite wunderschöne Bilder allerorten, griffige Schlagzeilen und jede Menge Wohlfühlen. Grundtenor dabei je nach aktueller Interessenslage – „Wir sind gut“, „Wir haben recht“ oder „Alles ist gut“. Alle Verbände, alle Kammern, alle Organisationen posten das auf Facebook und Instagram. Jeder Landesrat, respektive jede Landesrätin, und alle anderen tun das auch, die in der Landwirtschaft und Agrarpolitik herum sind. Als wäre das die vorderste Aufgabe. Immer öfter geben sich Agrarpolitik und Verbände kuschelweich und supersoft – und offenbar immer das Bauern-Wolkenkuckucksheim der Kronenzeitung und des ORF im Hinterkopf. Pressekonferenzen werden inzwischen oft als PRTermine missverstanden. Durchgestylte Veranstaltungen, oft eingebettet in ein Konzept, zu dem mittlerweile sogar gehört, dass unmittelbar nach Ende der Pressekonferenz Facebook und Instagram mit durchdesignten Einschaltungen geflutet werden. Auf der anderen Seite werken Bauernvertreter, die sich gerne als Rabauken geben und ihr Blendwerk treiben mit Forderungen meist jenseits jeder Realität und Verwirklichungschance, um Eindruck zu machen. Da wie dort wird Diskussion kaum erwartet, im schlechtesten Fall übelgenommen. Und üble Anwürfe und Beschimpfungen hat zuweilen hinzunehmen, wer nicht eins zu eins den Pressetext transportiert. Bei Bio Austria greifen da auch schon einmal Landesobmänner in die unterste Schublade und schreiben in Facebook-Einträgen von „Hass“ und fehlenden Fähigkeiten „sinnerfassend zu lesen“, wenn sich jemand erlaubt, nicht ausschließlich Jubelmeldungen zu schreiben. Die Wirklichkeit und ihre Notwendigkeiten kommen dabei immer öfter unter die Räder. Abweichende Meinungen, unpassende Fragen haben da keinen Platz mehr. Und kritische Geister schon gar nicht. Da schicken die Präsidenten, Obmänner und Direktoren im Handumdrehen ihre Gesandten aus, um solche Leute an die Leine zu legen. Da nimmt nicht Wunder, dass echte, ernsthafte und grundsätzliche Diskussionen über die Landwirtschaft und eingehende Auseinandersetzungen mit großen Themen von nicht-landwirtschaftlichen Gruppen geführt werden, dass es sie innerhalb der Landwirtschaft aber kaum mehr gibt. Bauern und die nicht-landwirtschaftliche Öffentlichkeit werden von Agrarpolitik und Verbänden und Gruppen, so scheint es, mittlerweile vorzugsweise als Adressaten von Botschaften gesehen. „Oneway“ – in eine Richtung, und Reaktion unerwünscht. Die Situation ist wenig befriedigend. Vor allem für die Bauern selbst als Betroffene, weil sie auf ehrliche Information angewiesen sind. Aber auch die Glaubwürdigkeit der Landwirtschaft leidet. Echte und werthaltige Informationen kommen inzwischen zu kurz, weil sie aus polit- und PR-strategischen Gründen kaum mehr kommuniziert werden. Wohl auch weil man glaubt, schwierige Diskussionen, Irritationen und Auseinandersetzungen zu vermeiden. Verständlich mag das ja alles sein. Gut für die Landwirtschaft und die Bauern ist es ganz sicher nicht.

Lesermeinung …

… am besten per E-Mail an leserbriefe@blickinsland.at Anonyme Schreiben werden nicht veröffentlicht.

„Wir müssen uns unabhängiger machen�, Interview mit David Süß, BLICK INS LAND 09/2022

Im BLICK INS LAND September kam der Bauernbund-Chef David Süß zu Wort, und zu seiner Aussage über die FPÖ braucht es eine Richtigstellung. In diesem Interview behauptet Süß nämlich, dass die FPÖ gegen die Verfolgung von Stall- und Hofeinbrüchen sei, weil sie dem Antrag 2019 im Parlament nicht zugestimmt hätte – das stimmt so aber nicht. Dies ist, wie so oft, nur eine Halbwahrheit, so wie wir es von der ÖVP ohnehin gewohnt sind. Wahr ist vielmehr, dass in einer Sitzung des Nationalrats am 25. September 2019 kurz vor den NRWahlen die ÖVP mit einem überhastet eingebrachten Abänderungsantrag eine Änderung des Strafgesetzes als Wahlzuckerl durchpeitschen wollte, ohne, wie bei solchen Gesetzen üblich, die gebotene Begutachtung durchzuführen. Statt eines Verbots von Hof- und Stalleinbrüchen forderte die ÖVP damals lediglich eine Anpassung des Hausfriedensbruchparagraphen – für die FPÖ war das einfach zu wenig. „Inhaltlich stehen wir Freiheitliche für einer Änderung des Strafgesetzbuchs und somit zum Schutz des Eigentums unserer heimischen Landwirte. Wir wollen aber kein ‚Husch-Pfusch-Gesetz‘ auf Kosten der Qualität, das die ÖVP in einer Nacht- und Nebel-Aktion

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In dieser Ausgabe finden Sie eine Beilage der Firma Pfanzelt Maschinenbau GmbH. durchpeitschen wollte“, betonte damals der Agrarsprecher (Maximilian Linder) der FPÖ. Als derzeitiger FPÖAgrarsprecher kann ich über die getätigten Aussagen von Süß nur den Kopf schütteln. Wenn es der ÖVP wirklich wichtig wäre, hätte sie schon längst handeln können, denn wir haben jetzt September 2022. Die ÖVPGenossen sind in der Regierung und stellen seit Jahrzehnten den Landwirtschaftsminister, gemacht wurde aber nichts. Und ein entsprechender FPÖAntrag „Verfolgung von Stall- und Hofeinbrüchen“ 1078/A(E), eingebracht am 20. November 2020, liegt im Justizausschuss des Nationalrats. Leider hat es vonseiten der ÖVP bisher keine Zustimmung dazu gegeben, und so wurde dieser vertagt. Wenn die Schwarzen ein ehrliches Interesse hätten, das Problem anzugehen, wäre es ein Leichtes, diesem FPÖAntrag einfach zuzustimmen. Agrarsprecher der FPÖ

NAbg. Peter Schmiedlechner

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Interpoma 2022: Von 17. bis 19. 11. in Bozen

Wieder in Präsenz findet die zwölfte Auflage der Interpoma statt. Die einzige internationale Fachmesse der gesamten Apfelwirtschaft wird wie gewohnt im Zweijahresrhythmus im November in den Hallen der Messe Bozen (Südtirol) veranstaltet. Die Digitalisierung und die nachhaltige Nutzung von Ressourcen in der Apfelproduktion sind die Hauptthemen der Interpoma 2022.

Der Interpoma Congress findet an zwei Vormittagen, am 17. und 18. November, statt. Der erste Tag befasst sich mit neuen Entwicklungen des Apfelsektors in den USA. Der zweite Tag hingegen ist dem Thema der automatisierten Ernte gewidmet und wartet mit der Anwesenheit aller weltweit wichtigen Hersteller von Pflückrobotern auf, die zudem ihre innovativen Maschinen präsentieren. Der Interpoma Award wird von Messe Bozen in Zusammenarbeit mit der Fakultät für Naturwissenschaften und Technik der Freien Universität Bozen und der italienischen Obst- und Gartenbauwissenschaftlichen Gesellschaft (SOI) organisiert. Im Fokus des Wettbewerbs stehen innovative Technologien zur Optimierung des Wassermanagements im Apfelanbau, die Wassereinsparungen ermöglichen und den Ertrag oder die Qualität der Früchte verbessern. Die Interpoma bietet wie gewohnt auch dieses Jahr die Möglichkeit für Fachleute und Journalisten, an geführten Besichtigungen von repräsentativen Produktionsanlagen und innovativen Betrieben teilzunehmen.

www.interpoma.it/de

Bioeinkäufe weiter gestiegen

Mehr als 11 Prozent aller im Lebensmitteleinzelhandel (LEH), einschließlich in Biosupermärkte gekauften Nahrungsmittel entfielen 2021 wertmäßig auf Bio. Die neuesten Zahlen des RollAMA-Haushaltspanels zeigen auch für die erste Jahreshälfte 2022 eine wertmäßige Steigerung um 2,5 Prozent. Eine im August dieses Jahres durchgeführte Motivanalyse ergibt, dass Tierwohl und Nachhaltigkeit wichtige Gründe für den Griff zu Bio sind.

Ein Blick auf den Biogesamt-

markt zeigt das dynamische Wachstum des Sektors und die Bedeutung des LEH. 81 Prozent aller Biolebensmittel werden über den LEH vertrieben, 14 Prozent über den Direktvertrieb und den Fachhandel, 5 Prozent des Biogesamtmarkts entfallen auf die Gastronomie. Ebenso sind die wertmäßigen Bioanteile auf dem jeweiligen Markt gestiegen: über 11 Prozent entfallen auf Bioprodukte. Insgesamt machte der LEH 2021 laut RollAMA mit Biofrischwaren exkl. Brot und Gebäck Umsätze im Wert von knapp 800 Mio. Euro. „Die Zahlen des ersten Halbjahrs 2022 (431 Mio. Euro) lassen mit einem Plus von 2,5 Prozent darauf hoffen, dass der bis 2021 dynamisch gewachsene Biomarkt sich weiter gut entwickelt“, erklärt Michael Blass, Geschäftsführer der AMAMarketing. Ein detaillierter Blick auf die Preisentwicklung zeigt, dass die Preise für biologische Lebensmittel im AMA-Warenkorb weniger stark gestiegen sind als jene für konventionelle. Während die Preise im ersten Halbjahr bei konventionellen Produkten um 7,8 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode zugelegt haben, beträgt die Steigerung beim Biowarenkorb 3,5 Prozent. Im österreichischen LEH verbuchen im ersten Halbjahr 2022 die Sortimente Milch und Naturjoghurt den höchsten Bioanteil.. Nahezu jeder Haushalt in Österreich kaufte von Jänner bis Juni 2022 mindestens einmal ein Bioprodukt. Die positive Entwicklung von Bio wird vor allem durch die junge Generation gepusht, für die Nachhaltigkeit einen hohen Stellenwert besitzt. Bioaktionstage Der September stand bei der AMA ganz im Zeichen von Bio. Die Bioaktionstage beschäftigten sich heuer speziell mit dem Thema Tierwohl. Drei Schwerpunkte fanden heuer statt: eine Blogger-Tour, eine Volksschulaktion und eine Online-Rätselrallye. Quer durch Österreich tourten Bloggerin und Blogger und berichteten über ihre Besuche bei Biobetrieben. Die Biovolksschulaktion richtete sich an Schüler der vierten Klasse Volksschule. Unterrichtsmaterialien zum Thema Bio stehen auf www.bioinfo.at zum Download zur Verfügung und können heuer auch zusätzlich in Papierform bestellt werden.

Borealis: Pernkopf fürchtet Erpressbarkeit

Mit Zähnen und Klauen und rechtlichem Beistand setzt sich der niederösterreichische Bauernbund gegen einen Verkauf der Borealis-Düngersparte an die tschechische Agrofert ein.

In einer Welt, die angesichts des Einmarschs von Russland in der Ukraine Kopf steht, ist die Verfügbarkeit von synthetischen Düngemitteln zu einem strategischen Faktor geworden. Angesichts immenser Gaspreise entschließen sich internationale Konzerne für ein Herunterfahren ihrer Werke. Ein Versorgungsengpass droht. Dass just in diesem Umfeld ein Verkauf der Produktion der OMV-Tochter Borealis mit ihrem Werk in Linz angekündigt wurde, erzürnt den NÖ Bauernbund.

„Wo bleibt da die Verantwor-

tung?“, fragt dessen Obmann Stephan Pernkopf, „wie will die ÖBAG eine Gefährdung unser aller Versorgungssicherheit und leere Regale ausschließen?“ Die Staatsholding hält Anteile an der OMV und hat sich an das ÖIAGGesetz aus dem Jahr 2000 zu halten. Für den LH-Stellvertreter stünde der um 810 Mio. Euro avisierte Verkauf zudem im Gegensatz zur Bundesverfassung. Schützenhilfe holt sich der Bauernbund dabei beim bekannten Verfassungsexperten Heinz Mayer. Dieser sieht in einem Rechtsgutachten eine klare Verpflichtung der ÖBAG, die Sicherung des Wirtschaftsstandorts zu berücksichtigen. „Der Deal steht dazu im Widerspruch, da einerseits der einzige bedeutende Düngemittelproduzent und andererseits auch der Einfluss auf die weitere Entwicklung des Unternehmens verloren geht“, so Mayer.

Der ehemalige Topmanager Claus

Raidl meinte, dass die Standortgarantie, die der tschechische Konzern gegeben habe, nicht überbewertet werden dürfe: „Jeder Eigentümer ist in seinem Land mehr verwurzelt als bei ausländischen Akquisitionen.“ Bevor man es auf Konflikte mit tschechischen Gewerkschaften ankommen lasse, werde man im Ausland Standorte schließen. Als mahnendes Beispiel nannte Pernkopf die zwischenzeitliche Schließung der Stickstoffwerke Piesteritz in Deutschland, die ebenfalls im Eigentum der Agrofert stehen, und neben Dünger auch AdBlue herstellen. Mittlerweile wurde eine Linie wieder aufgedreht. Damit das so bleibt, müsse aber „die Politik liefern“, wurde dieser mitgeteilt. „Eine solche Erpressbarkeit wollen wir für Österreich nicht“, so Pernkopf, „die Düngemittelproduktion muss rotweißrot bleiben.“

NÖ. AGRARLANDESRAT STEPHAN PERNKOPF

Holz muss erneuerbare Energie bleiben!

In Niederösterreich ist die Biomasse ein wichtiger Bestandteil der Energieerzeugung. Bei der Wärmeerzeugung versorgt die Biomasse sogar mehr Haushalte in Niederösterreich als Gas und Öl zusammen. 813 Biomasse-Nahwärmeanlagen erzeugen in Niederösterreich Wärme aus Holzabfällen. Aktuell werden sogar vier neue Pellets-Produktionsanlagen in Niederösterreich errichtet. Bei den Standorten Göpfritz/Wild, Hohenberg, Sollenau und Ternitz werden insgesamt 50 Mio. Euro investiert. Fast 40 Prozent der niederösterreichischen Haushalte werden mit Biomasse in Form von Holz, Hackschnitzel, Pellets oder Nah- und Fernwärme versorgt. Das sind 290.000 Haushalte, die mit krisenfester Biomasse, die fast zur Gänze auf klimafreundlich kurzen Transportwegen zu den einzelnen Werken gebracht wird und Zehntausende Green Jobs sichert, beheizt werden. Holz ist nicht nur nachhaltig, wir haben auch genug davon in unseren Wäldern. Statt auf alte Kohlekraftwerke setzen wir in Niederösterreich weiterhin auf erneuerbare Energien! Dieses Umdenken braucht es auch noch in Brüssel. Das Europäische Parlament beabsichtigte nämlich, dass Holz aus dem Wald nicht mehr an die hochgesteckten Erneuerbaren-Energie-Ziele angerechnet werden kann. Während Putin weiter also an der Eskalations- und Gasschraube dreht, plant die EU den Rückbau der Holzenergie. Heizwerke, KWK-Anlagen und Holzheizungen müssten zurückgebaut und etwa mit Atomkraft, Kohle oder Erdgas ersetzt werden. Das schädigt Österreichs und Europas Versorgungssicherheit und macht uns noch verwundbarer. Das Vorhaben der EU sorgte für Kopfschütteln und einen gerechtfertigten Aufschrei der Branche: Laut EU sollten Bäume, die direkt aus dem Wald zu Brennholz verarbeitet werden, also Primärholz, nicht mehr als erneuerbar gelten. Der Gedanke hinkt aber: Wird etwa eine Fichte im Wald umgeschnitten, fallen bereits vor Ort 20 bis 30 Prozent Holz an, das für nichts anderes verwertbar ist. In diesem Punkt gab es zwar ein teilweises Umdenken, allerdings mit einem faden Beigeschmack: Holznebenprodukte etwa aus Sägewerken, Schadholz und eine bestimmte Menge Primärholz, bleiben weiterhin als erneuerbare Energie eingestuft. Die Crux liegt aber in der bestimmten Menge Primärholz. Diese soll nämlich nur die Durchschnittsmenge der Jahre 2017 bis 2022 sein. Dass mit der Energiekrise auch der Bedarf an nachhaltiger, unabhängiger Energie steigen könnte, lässt man in Brüssel außer Acht. Es ist völlig unverständlich, dem Atomstrom ein grünes Mascherl umzuhängen und Kohlekraftwerke zu aktivieren, die Nutzung der grünen Forstreserven aber einzuschränken. Das ist paradox und hält uns im Winter die vier Wände auch nicht warm!

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