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Kindheitserinnerungen von Ilse Unger
Meine Kindheit im Anfang war wunderbar, bis…..
Frau Unger haben wir über ihre Kindheit befragt, sie erzählt: „Meine Kindheit im Anfang war wunderbar so wie in Leutershausen alle Kinder. Bis eben der Nationalsozialismus kam…. der hat in Leutershausen vor 1933 angefangen. In der 1. und 2. Klasse war es noch gut. Da hab ich Freundinnen gehabt bis in die 3. und 4. Klasse. 1930 bin ich glaube ich in die Schule gekommen. Die waren schon Nazis, aber die Kinder waren in den ersten Jahren noch normal. Und dann hat’s angefangen. Die Jungen haben mich geschlagen, kein Mensch hat mit mir geredet. Und das war schlimm. Ich bin immer schnell nach Hause gelaufen. Die Mädchen waren eine Zeitlang ruhig und dann hat’s auch mit den Mädchen angefangen.“
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Frau Unger war schon in Nürnberg und berichtet „Ich war Augenzeugin der Reichspogromnacht am 9. November 1938 in Nürnberg, wo ich mit anderen jüdischen Mädchen in einem Internat oberhalb der Synagoge wohnte. Ein Photograph des ‚Stürmer‘ wollte uns Mädchen vor der brennenden Synagoge fotografieren. Mich aber schickte er weg, weil ich mit meinen blonden Haaren und langen Zöpfe zu deutsch aussah.“ Dann fährt sie fort: „Das vergesse ich nie. Da war noch eine Freundin von mir, die hatte niemand in Nürnberg gehabt, die habe ich auch mitgenommen. Als wir da so auf die Straße gegangen sind, wo wir waren, das war nicht weit weg vom Hotel Deutscher Hof. Aber wir sind nicht durch die Hauptstraße gegangen und da haben wir gesehen, wie SS und SA Leute hineingegangen
Als Jugendliche brachte sie ihr Vater im Juni 1939 nach München zum Zug, dessen Ziel Triest war. Für die Mutter war der Abschied zu schwer, deshalb ist der Vater mit Ilse alleine gereist. Von dort aus ging es mit dem Schiff nach Haifa, das zu dieser Zeit noch britisches Mandatsgebiet war. Ihre erste Station war der Kibbuz Givat Brenner (zwischen Tel Aviv und Jerusalem), in dem sie mit anderen deutschen Jüdinnen untergebracht war. Hebräisch lernen war zunächst nicht angesagt, da sie als Teenager lieber ihre Muttersprache mit ihren Freundinnen pflegte. Dieser Anfang alleine getrennt von ihrer Familie war für sie sehr schwer. Sie berichtete: „Nach zwei Jahren sind meine Freundin und ich in einen anderen Kibbuz gegangen, den man ganz neu aufgebaut hat. Das war sehr schwer, nichts zu essen, kein Wasser; Wasser musste nämlich in Containern angefahren werden. Wir haben selbst Brot gebacken, das war sehr schlecht. Wir waren alle sehr jung.“ Als Beispiel dafür, wie ärmlich es war, erzählt sie, dass es für jeden nur ein halbes Ei bei einer Mahlzeit gab.