Ausgabe 35 | 2010 Aromatherapie und Phytotherapie – populär oder wissenschaftlich anerkannt? Eisenkraut, Verbene oder Zitronenkraut – ein perfektes Verwirrspiel! Fenchelvarietäten für Phyto- und Aromatherapie Rhinotopische Aromatherapie Identifizierung von fetten und ätherischen Ölen mit Hilfe der DNA Ätherische Öle richtig dosieren – Tropfen oder Gewichtseinheit? Ätherische Öle aus Usbekistan Gemeinsam sind sie stark – Mazerate
Aromatherapie und Phytotherapie
Editorial und Inhalt
F·O·R·U·M 35·2010
Liebe Leserin, lieber Leser, wie ist das Verhältnis zwischen Aromatherapie und Phytotherapie? Dieser Frage wollen wir in diesem Frühjahrsheft nachgehen. Was sind die Unterschiede, welche Gemeinsamkeiten gibt es? Ist die Aromatherapie mit ihrer langen Tradition die ältere Schwester der Phytotherapie? Oder ist sie als Unterdisziplin der Phytotherapie zu sehen, also als ihre Tochter? All diese Fragen führen zu unserem zentralen Thema: Wo steht die Aromatherapie heute? Was müssen wir tun für ihre Anerkennung im Gesundheitssystem? Diese Fragen möchte der neue Vorstand von FORUM ESSENZIA e.V. (s. S. 50) in Zukunft angehen. Die Diskussion ist eröffnet: Schreiben Sie uns Ihre Meinung, wir freuen uns auf Ihre Rückmeldungen – natürlich auch zu anderen Themen oder Artikeln!
Aber natürlich gibt es in diesem Heft noch viele weitere spannende Themen rund um die ätherischen Öle – über einen Ausflug in die Apotheke, eine Reise ins zentralasiatische Usbekistan bis zu einer Rast im duftenden Aromagarten. Viel Spaß und viele neue Erkenntnisse beim Lesen wünscht Ihnen Ihre F·O·R·U·M-Redaktion Ingeborg Stadelmann und Danielle Flemming
Außerdem möchten wir eine Lanze brechen für den Fenchel, die Arzneipflanze des Jahres 2009. Er wird besonders ausführlich vorgestellt, denn wir meinen, diese wertvolle und traditionsreiche Pflanze ist unverzichtbar, sowohl in der Phyto- als auch in der Aromatherapie.
Inhalt
Seite
Titelthema:
Dr. Kurt Schnaubelt, Aromatherapie und Phytotherapie – populär oder wissenschaftlich
„Aromatherapie
anerkannt?__________________________________________________________________________ 3
und Phytotherapie”
Ingeborg Stadelmann, Eisenkraut, Verbene oder Zitronenkraut – ein perfektes Verwirrspiel!_______ 5 Gerlinde Engelhardt, Fenchelvarietäten für Phyto- und Aromatherapie________________________________ 11
Aromatherapie
Dr. Wolfgang Steflitsch, Rhinotopische Aromatherapie____________________________________ 18 Nathalie Wechs, Apotheke und Galenik________________________________________________ 21
Aromawissenschaft
Dr. Johannes Novak, Identifizierung von ätherischen und fetten Ölen mit Hilfe der DNA______ 27 Ingeborg Stadelmann, Ätherische Öle richtig dosieren – Tropfen oder Gewichtseinheit?________ 30
Anbau & Herstellung
Danil Isakov und Jürg Müller (Übersetzung), Ätherische Öle aus Usbekistan__________________ 31
fette Öle
Sabine Pohl, Gemeinsam sind sie stark – Mazerate_______________________________________ 34
Aromakultur
Axel Meyer und Daniela Brixel, Lernen ist dufte – Aromatherapie in der Schule______________ 37 Cäcilia Frings-Ruland, Aromapflanzen in unseren heimischen Gärten_______________________
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Duft-Splitter
aufgelesen von Johanna Bauer__________________________________________________________ 43
Bücher
Buchbesprechung ____________________________________________________________________ 45
Kongressbericht
Dr. Renate Seitz, Weltkongress für Medizinal- und Aromapflanzen in Kapstadt________________ 46
Leserbrief
zum Artikel „Ätherische Öle und Allergien“, F·O·R·U·M 34________________________________
Information
Neues von FORUM ESSENZIA e.V._________________________________________________________ 50
Impressum
_______________________________________________________________________________________________ 51
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Titelthema
Dr. Kurt Schnaubelt
Aromatherapie und Phytotherapie – populär oder wissenschaftlich anerkannt? Vergleicht man die Aromatherapie mit der Phytotherapie, fällt zunächst auf, wie viele wissenschaftliche Publikationen sich mit den wässrigen Extrakten der Phytotherapie beschäftigen und wie wenige mit ätherischen Ölen. Geht es jedoch um die Vermarktung von Aromatherapie, scheint dem Einfallsreichtum der Werber keine Grenze gesetzt. Für viele Anwender, die sich nicht unbedingt in physikalischer Chemie auskennen, sind die Unterschiede zwischen ätherischen Ölen und polaren Extrakten oft nicht ganz klar. Aromatherapie ist ganz offensichtlich ein Teil der Phytotherapie. Beide Therapieformen nutzen die Heilwirkung von Pflanzen. Dennoch haben sich beide Felder mehr oder weniger getrennt entwickelt. Während die Phytotherapie auf eine lange Geschichte zurückblicken kann und sowohl akademisch als auch kommerziell Anerkennung gefunden hat, ist eine eigenständige Aromatherapie ein vergleichsweise junges Feld. Ganz offensichtlich angeregt durch die Bücher von Gattefossé, Valnet und Tisserand, entwickelte sich Aromatherapie zu einer populären Methode, die nicht nur von Experten ausgeübt werden kann, sondern auch dem interessierten Laien relativ breiten Raum zur erfolgreichen Selbstmedikation einräumt. Die Gründe für die rasche Ausbreitung der Aromatherapie sind vielfältig. Die vielschichtigen Wechselwirkungen der Duftstoffe mit dem Hypothalamus und anderen Zentren im Gehirn und im Nervensystem, die mit Stimmung und Emotion verknüpft sind, scheinen letztlich ebenso zur Popularität unter Laien beizutragen, wie sie, wegen ihrer schweren Messbarkeit, zur Abneigung unter Wissenschaftlern führen. Es lohnt daher, einige vergleichende Betrachtungen zu Aromatherapie und Phytotherapie anzustellen.
Fettlöslich und flüchtig Der offensichtliche Unterschied zwischen Phytotherapie und Aromatherapie liegt in der physikalischen Natur der Substanzen, mit denen sich beide Metiers beschäftigen. Ätherische Öle sind wasserunlöslich – wohl aber fettlöslich – und flüchtig. Sie haben einen Duft. Die Substanzen der Phytotherapie sind, in der Regel, löslich in Wasser oder zumindest in Alkohol und weisen oft nur einen schwachen oder gar keinen Geruch auf. Die bevorzugte Hinwendung
akademischer und industrieller Forschung zu den Substanzen der Phytotherapie lässt sich zum Großteil durch das wirtschaftliche Umfeld erklären. Durch Analyse wässriger oder alkoholischer pflanzlicher Extrakte lassen sich oftmals Einzelstoffe als aktive Prinzipien erkennen. Inwieweit diese Einzelstoffe tatsächlich für die gesamte Wirkung des Extraktes verantwortlich sind, ist jedoch durchaus nicht sicher und variiert wohl auch von Pflanze zu Pflanze. Sicher ist, dass die Forderung nach einer (im konventionellen Sinne) rationalen Phytotherapie sowie die Aussicht auf patentierbare neue Substanzen einen großen Anreiz liefern, die Wirksamkeit pflanzlicher Extrakte an den sogenannten aktiven Prinzipien festzumachen – auch wenn dies in vielen Fällen nur eine unzulängliche Beschreibung der Realität ist. Zwei Fälle, in denen dieses Konzept erfolgreich ist, sind beispielsweise Taxol aus der Eibe und Vinblastin aus der Zimmerimmergrün-Pflanze. Die Wirksamkeit von Lavendelöl bei Verbrennungen zeigt dagegen die Grenzen dieses Modells. Wie das Beispiel vom Lavendel zeigt, ist eine mechanistische Deutung der physiologischen Wirksamkeit von ätherischen Ölen oft schwierig. Die Heilwirkung der ätherischen Öle beruht in den meisten Fällen auf der simultanen Wirkung vieler verschiedener Substanzen komplexer Gemische. Diese Moleküle sind dann oftmals noch FeldWald-und-Wiesen-Substanzen, wie Limonen, Pinen oder Linalool, sodass ein potenzielles Patentieren schwer oder gar unmöglich wird. Damit wird der Forschungseifer des profitorientierten privaten Sektors also noch weiter eingeschränkt. Um dem verbreiteten Fehlschluss vorzubeugen, dass die Abwesenheit industrieller Forschung mit der Abwesenheit therapeutischer Wirkung gleichzusetzen ist, sollen im Folgenden einige wesentliche Gemeinsamkeiten von ätherischen Ölen mit den wässrigen oder alkoholischen Extrakten der Phytotherapie betrachtet werden.
Biologie erkennt die Gemeinsamkeiten von Aroma- und Phytotherapie Sowohl Komponenten ätherischer Öle als auch fast alle Komponenten alkoholischer und wässriger Extrakte sind als pflanzliche Sekundärstoffe zu betrachten. Dies bedeutet, dass alle diese Substanzen, ob Terpen oder Alkaloid,
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Titelthema
den evolutionären Prozessen unterworfen waren. In diesen Prozesse haben Pflanzen die Wirksamkeit ihrer Sekundärstoffe zum Schutz des Überlebens und zur erfolgreichen Fortpflanzung optimiert. Sowohl ätherische Öle als auch wasserlösliche Sekundärstoffe dienen der Pflanze zur Abwehr von Fraßfeinden und pathogenen Mikroorganismen und ermöglichen eine enorme Vielfalt weiterer Wechselwirkungen der Pflanze mit anderen Organismen. Die Wirkungen pflanzlicher Sekundärstoffe sind äußerst vielfältig. Gemeinsam ist allen Sekundärstoffen, ob bei Aromatherapie oder Phytotherapie, dass sie Ihre Wirkung entfalten, indem sie physiologische Prozesse im (sogenannten) Zielorganismus auslösen. Die molekularen Mechanismen hiervon sind generell gut bekannt. Sind diese Wechselwirkungen vergleichsweise spezifisch und können sie einer Leitsubstanz zugeschlagen werden, sind sie mit dem Instrumentarium konventioneller Pharmakologie gut zu messen und gelten daher als „wissenschaftlich bestätigt“. Finden jedoch, wie im Falle der ätherischen Öle, viele Wechselwirkungen (vulgo Heilprozesse) an multiplen molekularen Zielen oder mehreren Organen gleichzeitig statt, wird diese Wirkung mit den Methoden konventioneller Pharmakologie als unspezifisch erfahren, obwohl es sich um eine Aufsummierung an sich bekannter Einzelprozesse handelt. In der gängigen Wahrnehmung übersetzt sich unspezifisch als unwirksam. Ein folgenschwerer Fehlschluss.
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Fazit Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Wirkungsweise der Komponenten ätherischer Öle durch die gleichen Bedingungen natürlicher Selektion modelliert wurden wie die bekannten Substanzen der Phytotherapie. Durch die simultane Wirkung vieler, für sich genommen bekannter Substanzen, ist die Wirkweise der ätherischen Öle den Methoden der Pharmakologie weniger zugänglich. Dies führt dazu, dass die unspezifischen Wirkungen ätherischer Öle zwar von vielen Laien genutzt werden, sich aber nach wie vor einer reduktionistisch pharmakologischen Beschreibung entziehen. Durch Hinzuziehen einer evolutionsbiologischen Perspektive kann in vielen Fällen eine rationale Beschreibung von bislang schwer erklärbaren Phänomenen ereicht werden. Dr. Kurt Schnaubelt Wissenschaftlicher Direktor des Pacific Institute of Aromatherapy in Kalifornien, Autor zahlreicher Fachartikel und Bücher. Kontakt: www.pacificinstituteofaromatherapy.de
der Autor Der Autor wird das Thema Evolutionsbiologie und Aromatherapie unter dem Titel die „Sprache der Pflanzen“ am 12. und 13. Juni in einem Seminar in Wien präsentieren.
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04.06.2009 11:23:34 Uhr
Titelthema
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Lippia citriodora (Aloysia triphylla), Frankreich
Aloysia herrerae, Peru
Verbena officinalis, Deutschland
Ingeborg Stadelmann
Eisenkraut,Verbene oder Zitronenkraut – ein perfektes Verwirrspiel! Immer wieder gibt es bei altbekannten Heilkräutern Unklarheiten innerhalb der Benennungen. Dabei sorgen nicht nur die umgangssprachlichen Namen für Verwirrung, auch bei den botanischen Bezeichnungen gibt es oft eine unübersichtliche Fülle. Ein gutes Beispiel für ein solches Verwirrspiel ist Eisenkraut. Hier zeigt sich wieder deutlich, dass nicht nur beim Umgang mit den Heilkräutern und ätherischen Ölen Achtsamkeit notwendig ist, sondern auch bei der richtigen Bezeichnung. Die Namen Eisenkraut, echtes Eisenkraut, duftendes Eisenkraut, echte Verbenenblätter, Vervain, Verveine, Verbenenkraut, Zitronenverbene, Zitronenkraut, Zitronenstrauch, Lippia citriodora, Aloysie, Aloysia triphylla kommen einem Kräuterknäuel gleich, den es zu entwirren gilt. Es handelt es sich dabei um zwei unterschiedliche Pflanzenarten, die derselben Pflanzenfamilie (Verbenaceae) angehören. Die deutschen Namen lauten: Duftendes Eisenkraut und Echtes Eisenkraut. Die botanischen Namen sind: Lippia citriodora oder Aloysia triphylla für das Duftende und Verbena officinalis für das Echte Eisenkraut. Die Zuordnung der anderen umgangssprachlichen Namen ist in der Tabelle S. 8 zu sehen. Es ist eine deutliche Unterscheidung zwischen den beiden Pflanzen notwendig, da sie sehr unterschiedliche Wirkungen aufweisen!
Duftendes Eisenkraut Das duftende Eisenkraut mit den zwei botanischen Namen Lippia citriodora und Aloysia triphylla ist eine Pflanze mit herrlich duftenden, hellgrünen Blättern. Ursprünglich stammt sie aus Südamerika, ihr europäisches Heimatland ist Frankreich. Mittlerweile gilt sie nicht mehr nur dort als beliebte Duftpflanze, deren frische oder getrocknete Blätter einem Kräutertee ein angenehmes, frisches, zitroniges Aroma geben. Daher kommen auch ihre Namen Zitronenkraut oder -strauch und Zitronenverbene. Weitere Bezeichnungen sind Aloysie, echte Verbenenblätter, Vervain oder Verveine und Verbenenkraut. Die Wasserdampfdestillation bringt ein wertvolles ätherisches Öl hervor mit einem herrlich feinen, zitronenartigen, krautigen Duft. Und um die Verwirrung perfekt zu machen bietet der Markt für ätherische Öle auch ein Eisenkrautöl aus Peru mit der botanischen Bezeichnung Aloysia triphylla an. Die Pflanze stammt ursprünglich aus den Anden, wächst auf 2 500 – 3 000 m, und wird dort heute noch gesammelt und destilliert. Sie wurde aber auch nach Europa eingeführt und dort heimisch gemacht und hat sich dann morphologisch und mit ihren Inhaltsstoffen den Bedingungen angepasst. In Peru heißt sie in der Landessprache „Huamanesco“ und wurde von Moldenke 1941 beschrieben als Aloysia herrerae. Das Herausfinden der wirklich „richtigen“
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Titelthema
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Nomenklatur ist eine große Herausforderung: Es sind verschiedenste (neue) Zuordnungen innerhalb der Gattungen Lippia, Aloysia oder auch Phyla (sog. Teppichverbene) zu finden – zur genauen Einordnung der Arten sei daher auf die Fachleute aus der Botanik verwiesen. Aloysia herrerae oder eben doch Aloysia triphylla oder besser „Eisenkraut Anden“ gehört ebenfalls zur Pflanzenfamilie Verbenaceae,
hat etwas kleinere Blätter mit stärkeren Ästen und duftet ähnlich – aber eben nur ähnlich – wie die Lippia citriodora. Die Lippia aus Frankreich riecht etwas feiner und zarter als die Aloysia aus Peru, deren Duft kräftiger und voller ist. Die Analyse über Gaschromatographie mit Massenspektrometrie (GC-MS) der ätherischen Öle zeigt deren unterschiedliche Zusammensetzung (s. Abb. 1).
Abb. 1: GC-MS-Chromatogramme von Eisenkraut Anden und französischem Eisenkraut. Die Peaknummern stehen für folgende Komponenten: 1: a-Pinen, 2: Sabinen, 3: Limonen, 4: 1,8-Cineol, 5: trans-b-Ocimen, 6: Methylheptenon, 7: Citronellal, 8: Photocitral, 9: b-Caryophyllen, 10: Neral, 11: Geranial, 12: Citronellol, 13: ar-Curcumen, 14: Caryophyllenoxid, 15: Nerolidol, 16: Spathulenol. Eisenkrautöl Anden
% min.
% max.
Eisenkrautöl französisch
% min.
% max.
Summe Monoterpene
62,6
77,6
Summe Monoterpene
22,5
48,1
Sabinen
26,4
33,2
Limonen
17,6
46,3
Limonen
34,0
42,5
Summe Monoterpenalkohole
0,8
3,8
Summe Monoterpenalkohole
4,4
13,1
Citral
17,0
34,1
Linalool
1,7
7,5
Geranial
11,2
21,0
Citronellol
1,5
2,2
Neral
5,8
13,2
Summe Monoterpenaldehyde
6,1
15,2
Photocitral
0,3
1,1
Citronellal
6,6
13,4
Summe Monoterpenaldehyde
17,3
35,2
Geranial
0,5
1,0
Methylheptenon
1,4
4,8
Neral
0,2
0,5
1,8 Cineol
5,4
13,8
Citral
0,7
1,5
Summe Sesquiterpene
7,8
21,1
1,8 Cineol
2,9
4,9
b-Caryophyllen
1,4
7,1
Summe Sesquiterpene
1,3
4,3
ar-Crucumen
3,7
6,8
b-Caryophyllen
0,4
0,7
Caryophyllenoxid
0,8
5,9
Caryophyllenoxid
0,1
0,3
Summe Sesquiterpenalkohole
2,6
5,6
Summe Sesquiterpenalkohole
0,2
0,5
Spathulenol
0,9
2,6
Spathulenol
0,1
0,4
Tab. 1 und 2: Statistische Auswertung der GC-MS-Analysen von Mustern und Lieferungen von Eisenkrautölen (Anden und französisch), gemessen von 2004–2009. Angegeben sind die gemessenen Minimal- und Maximalwerte der einzelnen Inhaltsstoffe in Flächenprozent, so wird die natürliche Schwankung der Inhaltsstoffe widergespiegelt. Fett formatiert sind Summen von Inhaltsstoffklassen oder wenn eine Klasse nur aus einem einzigen Vertreter besteht (z. B. 1,8-Cineol als Oxid) oder aber wichtige einzelne Inhaltsstoffe (z. B. Photocitral).
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Titelthema
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Achtung! Grundsätzlich muss darauf geachtet werden, dass das teure Eisenkrautöl gerne mit Lemongrass (Cymbopogon flexuosus) gestreckt wird. Die Mischung ist meist im Verhältnis 10 : 90 und nennt sich dann „Eisenkraut Grasse“. Für die Therapie sollte deshalb die Deklaration auf den Flaschen genau gelesen werden und nur das reine Öl benutzt werden! Es gibt auch Mischungen mit Litsea cubeba, leider werden diese Beimischungen zumeist nicht explizit deklariert.
Echtes Eisenkraut Das echte Eisenkraut mit der botanischen Bezeichnung Verbena officinalis ist eine eher unscheinbare und fast vergessene Pflanze, die am Wegesrand oder in den Gärten Nordeuropas wächst. Oft wird sie gar als Un- oder moderner als Beikraut bezeichnet und von so manchen Gärtnerhänden vernichtet. Gleiche Pflanzennamen stehen also nicht immer für Gleichheit und hier nicht einmal für Ähnlichkeit. Bei den Eisenkräutern muss sogar sehr genau aufgepasst werden, wie und wofür sie verwendet werden, da die beiden Kräuter unterschiedliche Inhaltsstoffe und Wirkungen haben. Zur besseren Übersicht sind die beiden Kräuter und das ätherische Öl aus dem duftenden Eisenkraut in der Tabelle (Seite 8) gegenübergestellt.
Wissenschaftliche Anerkennung Wie so häufig liegen auch zu den Eisenkraut-Drogen keine klinischen Studien vor. Die Kommission E befürwortet die Anwendung von Verbena officinalis nicht, da die Wirksamkeit nicht belegt ist. Zu Lippia citriodora existiert keine Monographie in den Arzneibüchern. Beide Kräuter werden jedoch in der traditionellen Medizin und Volksheilkunde mit Erfolg angewendet.
Anwendungen in Phytotherapie und Aromatherapie Im Folgenden sind Einsatzgebiete der beiden Eisenkräuter aufgelistet, als Kräuteraufguss, ätherisches Einzelöl oder als Kosmetikprodukt zur Aromatherapie und Aromapflege. Als Hebamme möchte ich hier insbesondere auf die Anwendung in der Geburtshilfe eingehen.
Geburtshilfe In der Vergangenheit stand bei den beiden Eisenkräutern leider die verwirrende Nomenklatur im Mittelpunkt der Untersuchungen. Dabei wurden die Heilpflanzen selbst
und ihre Wirkstoffe sträflich vernachlässigt, sodass zur Wirksamkeit beider Pflanzen bisher viel zu wenige wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. So müssen die Worte von Prof. Schilcher unterstützt werden, der eine Überprüfung der Wirksamkeiten fordert. Entsprechende Untersuchungen würden voraussichtlich aufzeigen, dass das echte Eisenkraut den menschlichen Steroidhormonhaushalt beeinflusst, denn in der Geburtshilfe gibt es langjährige Erfahrungen mit der Anwendung als wehenförderndes Mittel. Auch das duftende Eisenkraut wird in der Geburtshilfe auf der Basis von empirischen Beobachtungen und Erfahrungen seit vielen Jahren eingesetzt.
Verbena officinalis Hebammen sammeln seit über 2 Jahrzehnten gute Erfahrungen mit der wehenfördernden Wirkung des echten Eisenkrauts (Verbena officinalis). Die Wirkung beruht auf dem Inhaltsstoff Verbenalin. Ein warmer Teeaufguss, zusammen mit Ingwerwurzel, Zimtrinde und Nelkenknospen, wirkt wehenverstärkend, wenn diese in ihrer Wirksamkeit noch zu gering sind. Das Kraut kann natürlich auch als Aufguss für feuchtwarme Wickel oder als Zusatz für ein Fußbad eingesetzt werden. Bei geburtseinleitenden Maßnahmen sind ebenfalls positive Erfahrungen vorhanden. Zur Wehenauslösung darf das Kraut jedoch nicht ohne Absprache mit Arzt oder Hebamme angewendet werden. Die Anwendung darf erst bei geburtsreifem Befund am Geburtstermin, oder wenn dieser bereits überschritten ist, erfolgen und nur mit medizinischer Indikation.
Lippia citriodora In der Geburtshilfe hat sich von dieser Pflanze ausschließlich das ätherische Öl etabliert. Der wohlschmeckende Tee mit seinen krampflösenden Wirkstoffen kann zwar in der Schwangerschaft in einer Mischung getrunken werden, unter der Geburt sollte er m. E. aber nur bei sehr schmerzhaften und heftigen Wehen zur Anwendung kommen. Hebammen verwenden das ätherische Öl des duftenden Eisenkrauts, eingemischt in ein natives Pflanzenöl, für Massagen zur Anregung der Gebärmuttermuskulatur. Es werden dabei nur geringe Dosierungen verwendet von ca. 0,5 %– 0,7 %. Hier scheint insbesondere das Zusammenspiel von Ingwer-, Nelkenknopsen-, Zimtrinden- und Eisenkrautöl ein so positives Ergebnis zu liefern. Auch hier scheint zu gelten: Erfahrungen aus über zwanzig Jahren sind zwar wissenschaftlich (noch) nicht bestätigt, die Erfolge sind aber auch nicht wegzudiskutieren. Wie jede wehenanregende und geburtsunterstützende Therapie darf auch die Aromatherapie, ob in Form eines Massageöls, einer Ölkompresse oder eines Badezusatzes emulgiert in Honig, nur unter Aufsicht von Hebamme oder Arzt stattfinden. Zur Geburtseinleitung können entweder 1–3 Tropfen des 100%igen Öls oder 15–20 Tropfen einer
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Titelthema
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Duftendes Eisenkraut und echtes Eisenkraut: eine Gegenüberstellung Eisenkraut, duftendes
ätherisches Öl des duftenden Eisenkrauts
Eisenkraut, echtes
botanische Namen
Lippia citriodora, Aloysia triphylla
Verbena officinalis
Volksnamen
duftendes Eisenkraut, Zitronenkraut,
echte Verbenenblätter
Zitronenverbene, Zitronenstrauch,
Katzenblutkraut
Aloysie, duftende Verbena, lemon verbena, vervain (engl.) verveine odorante (franz.) Familie
Verbenaceae
Verbenaceae
botanische Merkmale
ca. 1 m hoher Strauch mit fast unbe-
ca. 1 m hohe Pflanze, 4-kantige
haarten, länglichen, festen, spitzen,
Stängel; ungleichmäßige, kleine,
stark zitronig riechenden Blättern;
gekerbte Blätter; zarte lila Blüten in
winzige weiß-lila Blüten in Ährenrispen;
schlanken Ähren; Blüte im Spätsommer
Blüte im Hochsommer Mittelmeergebiet; heute auf der
Herkunft
Südamerika, gemäßigtes Klima
Anbau/Sammlung
Frankreich, Peru
Europa
verwendete Pflanzenteile
Blätter
oberirdische Teile in der Blütezeit
Nordhalbkugel weit verbreitet
ätherisches Öl
Wasserdampfdestillation, ca. 100 kg Pflanzenteile für 1 l
Zubereitung/Dosierung
1–2 g Droge mit 150 ml kochendem
sparsam dosieren (vgl. Text), als
Wasser übergießen,
schwere Kopfnote in Duftmischungen
dreimal täglich trinken Wirkstoffe
ätherisches Öl (s. Tab. 1 und 2),
1,5 g Droge mit 150 ml kochendem Wasser übergießen, dreimal täglich trinken
vgl. Tab. 1 und 2
außerdem Flavonoide, Isovaleriansäure
Iridoidglykoside wie Verbenalin, Verbenin und Hastatosid; außerdem Verbascosid, Flavonoide, Alkaloide, ganz wenig ätherisches Öl
nachgewiesene Wirkungen Nachweis noch nicht erfolgt
Nachweis noch nicht erfolgt
traditionelle Anwendung
Wirkungen
Indikationen
antimikrobiell, antiviral, entzündungs-
krampflösend, fiebersenkend,
beruhigend, konzentrationsfördernd,
beruhigend
entzündungshemmend, schmerz-
hemmend, leicht antidepressiv, beruhi-
stillend, bei Überdosierung photo-
gend, immunstimulierend, zytotoxisch,
sensibilisierend/hautreizend durch
hustenreizstillend, schleimlösend,
Citral
harntreibend, milchflussfördernd
• zur Stimulation des zentralen
• Nieren- und Blasenbeschwerden
• Nervosität • Erkältung, Fieber, Asthma • Magenmittel, leichte Verdauungsbeschwerden, Blähungen, Durchfall
Nervensystems • Angst, krankhafter Stress, Konzentrationsstörungen
• Fieber, Husten, Halsschmerzen, Asthma • Rheuma
• zur Senkung von Bluthochdruck
• Schmerzen
• Darmerkrankungen
• Herzbeschwerden
• Fieberbehandlung bei Malaria
• Hyperthyreose
• stärkend und wehenanregend in der letzten Geburtsphase
(Schilddrüsenüberfunktion) • nervöse Übererregung, Prüfungsangst • leber- und stoffwechselanregend • Schwächezustände, Rekonvaleszenz • Geburtshilfe: wehenanregend, die Milchbildung anregend • Tiermedizin: schwach östrogensteigernd bei weiblichen Tieren, deutlich testosteronsteigernd bei männlichen Tieren
Besonderheiten
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gibt Kräutertees einen feinen
wird oft mit preiswertem
zitrusartigen Geschmack
Lemongrass gestreckt
bitterer Geschmack (Amarum)
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10 %igen Verdünnung in Jojobawachs, emulgiert mit Honig, als Badezusatz benutzt werden. Dieses Naturparfüm ist ideal zur Unterstützung einer weheneinleitenden Akupunkturbehandlung oder Fußreflexzonenmassage. Als Raumduft in einer zarten Nuance gibt Eisenkrautduft der Frau unter der Geburt Zuversicht. Eingemischt in süßliche Duftnoten wie Jasmin, Ylang-Ylang und Sandelholz, die entspannend wirken, ist Eisenkraut mit seiner konzentrationsfördernden Wirkung, unterstützt von Linaloeholz und Grapefruit, ein wichtiger Gegenspieler. Eine solche „Duftorgel“ spiegelt den Wechsel zwischen Wehe und Wehenpause und unterstützt die Frau so in ihrer Geburtsarbeit. Wichtig ist aber, dass die Frau die gewählten Düfte als angenehm empfindet, egal ob diese als Raumduft, für eine Massage oder ein Bad angewendet werden. Denn nur so werden diese zum Ziel führen – nämlich zu einer leistbaren Geburt in einem angemessenen Zeitrahmen. Unter der Geburt, und nicht nur da, stellt also nur eine positive Duftwahrnehmung eine wirkliche Unterstützung dar. Negative Eindrücke beeinflussen das zentrale Nervensystem und hemmen die Steroidhormonproduktion, was unter der Geburt eine wehenhemmende Wirkung auslösen kann. Im Gegenzug wirken aber Wohlgerüche entspannend und somit wehenfördernd.
Allgemeine Heilkunde und Wellness Verbena officinalis Die Blätter des frischen Eisenkrauts können bei Quetschungen und Blutergüssen, sowie bei Rheumaschmerzen als Auflage benutzt werden. Als Kräutertee konnte sich das echte Eisenkraut auf Grund seines bitteren Geschmacks nicht etablieren. Für den Wohlgeschmack fehlen ihm die duftenden ätherischen Öle. Zwar wird es als Teeaufguss von vielen Autoren (s. Literaturliste) in verschiedenen Teemischungen empfohlen, jedoch eher selten verwendet und dann immer mit anderen Heil- oder wohlschmeckenden Kräutern gemischt. Die Einsatzgebiete reichen von Asthma über Halsbeschwerden bis zur Förderung des Milchflusses (s. Tabelle S. 8). Am häufigsten wird es wohl eingesetzt bei akuter Sinusitis. Hier steht es auch als Fertigarznei in einer Mischung mit anderen Heilpflanzen (Sinupret® ) zur Verfügung. Auch in Kräuteraufgüssen wird es zusammen mit Holunder, Schlüsselblume, Sauerampfer und Enzian empfohlen (Bühring 2009). Zu beachten gilt hierbei, dass solche Teemischungen oder Fertigpräparate nicht an schwangere Frauen abgegeben werden sollen, da diese mit einer vorzeitigen Wehentätigkeit reagieren können. Der Einsatz beim Stillen zur Förderung der Milchmenge hat sich allerdings bislang nicht durchsetzen können, sicher auch hier wegen des bitteren Geschmackes. Grundsätzlich kann das Kraut aber in geringen Mengen zu anderen bewährten Teemischungen (nicht nur Stilltees) im Verhältnis von etwa 1 : 5 hinzugefügt werden.
Titelthema
Exkurs: Wie wirken ätherische Öle? Die Nase mit ihrem direkten Zugang zum limbischen System, dem Tor zum zentralen Nervensystem, kann einen Duft binnen hundertstel von Sekunden identifizieren und orten. Damit ist sie deutlich schneller als die beste analytische Technik. Im Gegensatz zu dieser liefert das menschliche Gehirn allerdings keine Papierausdrucke als Ergebnis, es hat seine eigenen Methoden, um die Geruchseindrücke abzuspeichern. Dabei unterstützen andere Sinneseindrücke, wie Worte und Geschichten, aber auch Farben, die Erinnerung an Düfte. Worte helfen, die Duftnote eines Öls in unserem Erinnerungszentrum abzuspeichern. Beim Eisenkrautöl lautet mein Duftspruch: „kraftvoll und zuversichtlich ins Leben“. Durch Riechen sowie Wort- und Bilderklärungen, zusammen mit spürbaren Veränderungen von Schleimhaut oder Muskeltonus, lässt sich die Wirkung von ätherischen Ölen verständlich machen. So kann die Beobachtung von körperlichen Veränderungen hoffentlich nicht nur Laien sondern auch Fachleuten zeigen, dass in der Aromatherapie Biochemie und Psyche zusammenspielen. Duft beeinflusst unsere Gedächtniszentren Amygdala (emotionales Hirn) und Hippocampus (Erinnerungshirn). Diese aktivieren das Hormonsystem und üben somit eine Wirkung aus, die vermutlich für jede Person individuell ist und daher nie einen Anspruch auf Allgemeingültigkeit haben kann. Bei einem angenehm empfundenen Duft wird Serotonin aktiv und bei der Ablehnung des Geruchs Adrenalin. Dieses Zusammenspiel von Duft, zentralem Nervensystem, Botenstoffen und Erinnerungen macht uns zu Individuen mit ganz persönlichen Aktionen, Reaktionen, Äußerungen und Erfahrungen. Die eine Person findet Eisenkrautöl aus Frankreich wunderbar frisch, zitronig und angenehm, die andere bestätigt zwar den Duft, empfindet ihn aber als unangenehm. Beide haben eben eine andere Vergangenheit, anders gefüllte Hirnspeicher die ihr Verhalten beeinflussen. Somit hat derselbe Duft zwei völlig unterschiedliche Wirkungen bei zwei verschiedenen Individuen – eine Tatsache, die in der Parfümindustrie schon lange bekannt ist – und genau dies gilt es in der Therapie zu akzeptieren. Denn in der Aromatherapie geht es eben nicht nur um nachweisbare Wirkstoffe, sondern um das Zusammenspiel von Biochemie und Psyche, von Duft-Erinnerungen und persönlichen Erlebnissen.
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Titelthema
Lippia citriodora Auf die nach Zitrone und Melisse duftende Verbene möchten viele Teetrinker mittlerweile nicht mehr verzichten. Sie verleiht Heilkräuter- und Wohlfühl-Teemischungen ein herrliches Aroma. Ein paar Blätter davon, gemischt mit Grüntee, ergeben zum Beispiel eine wunderbare Morgentee-Mischung. In einer Glas- oder weißen Porzellankanne lässt sich dann erkennen wie der Name Eisenkraut abgeleitet wurde: Schon nach kurzer Zeit lagert sich ein rötlicher Satz am Rand der Kanne ab, der aussieht wie Rost. In der Naturheilkunde wird das duftende Eisenkraut hauptsächlich bei Magenbeschwerden und als mildes Beruhigungsmittel eingesetzt. Das ätherische Öl, das in den festen, lanzettenartigen Blättern enthalten ist (0,2 – 0,7 %), mit seinem herrlichen zitronenartigen, krautigen Geruch, hat sich in der Duftwelt längst etabliert. Es ist zwar teuer, aber durch den intensiven Duft der tiefgehenden Kopfnote werden für die Anwendungen nur geringe Mengen benötigt. In Kosmetikprodukten ist auf Grund der phototoxischen bzw. hautreizenden Wirkung des Inhaltsstoffs Citral sowieso nur ein geringer Anteil erlaubt. Beim aromatherapeutischen Einsatz bewahren sowohl der intensive Geruch als auch der Preis vor einer Überdosierung. Hier zeigt sich, dass die geübte menschliche Nase zu den gleichen Ergebnissen kommt wie die moderne Analytik und schon riecht, was die Aufsichtsbehörden vorschreiben: sparsam dosieren! In der Umgebung von Kleinkindern ist die Duftnote von Eisenkraut sicher zu streng und zu intensiv. Dagegen schätzen Jugendliche und Männer, aber auch Frauen, einen Hauch des Öls als Konzentrationsduft, z. B. bei der Büroarbeit. Eingemischt in ein fettes Pflanzenöl, z. B. Sonnenblumen- oder Aprikosenkernöl, zusammen mit anderen frischen und herben Düften wie Grapefruit, Limette und Myrte ergibt sich ein wunderbares Körperöl. Das duftende Eisenkrautöl kann in Rosmarinhydrolat zu einem herrlichen Rasierwasser verschüttelt werden. In Orangenblütenhydrolat gemischt, erfreuen sich Männer an einem Aftershave und Frauen an einem Erfrischungswasser für sommerliche Tage. Müde Geister werden am Morgen schneller wach mit einem Tropfen Eisenkrautöl, in neutrales Duschgel gemischt. Durch einen anstrengenden Tag begleitet ein Naturparfüm von Eisenkraut 10 % in Jojobawachs: Es spendet frischen Duft, Ausgeglichenheit und Durchhaltevermögen.
Tipp: Mischen Sie die beiden Eisenkräuter, das duftende und das echte, im Verhältnis 2 : 1 zu einem wohlschmeckenden, stärkenden Tee bei nervöser Unruhe mit einem Stimmungstief vor einem Prüfungstag.
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Ingeborg Stadelmann Hebamme und Aromatherapeutin; Heilpraktikerausbildung, langjährige Homöopathie-Erfahrung, 1. Vorsitzende von FORUM ESSENZIA e.V. In der Fortbildung von Hebammen und Pflegefachkräften sowie in der Erwachsenenbildung tätig. Autorin verschiedener Bücher zu den Themen natürliche Geburtshilfe, Aromatherapie, Homöopathie. Bietet Ausbildungen in Aromatherapie sowie Homöopathie an. Kontakt: www.info@stadelmann-verlag.de
die Autorin
Literatur: Die Chromatogramme und die dazugehörigen Daten stammen aus dem Analytik-Labor der Bahnhof-Apotheke Kempten (2008). – Bühring, Ursel: Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde. 2. Auflage. Sonntag Verlag, Stuttgart 2009. – Hatt, Hanns / Dee, Regine: Das Maiglöckchenphänomen. Piper Verlag, München 2008. – Rauland, Marco: Chemie der Gefühle. Hirzel, Stuttgart 2001. – Schilcher, Heinz: Kleines Heilkräuterlexikon. 5. Auflage, Hädecke, Weil der Stadt 2008. – Stadelmann, Ingeborg: Bewährte Aromamischungen. 6. Auflage, Stadelmann Verlag, Wiggensbach 2009. – Stadelmann, Ingeborg: Die Hebammen-Sprechstunde. 8. Auflage der Neuausgabe, Stadelmann Verlag, Wiggensbach 2005. – Van Wyk, Ben-Erik / Wink, Coralie / Wink, Michael: Handbuch der Arzneipflanzen. 2. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004. – Wabner, Dietrich / Beier, Christiane: Aromatherapie. Urban & Fischer, München 2009.
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Gerlinde Engelhardt
Fenchelvarietäten für Phytound Aromatherapie Jeder kennt die zart gefiederte, gelb-blühende, aromatisch duftende Fenchelpflanze, die als Arzneipflanze des Jahres 2009 in den Medien mit sehr viel Aufmerksamkeit bedacht wurde. Unzählige „Steckbriefe“ wurden veröffentlicht, aber dabei wurde nur selten differenziert auf die beiden botanischen Varietäten „bitter“ und „süß“ des Gartenfenchels mit all ihren Unterschieden eingegangen. Hier möchte ich diese Unterschiede aufzeigen und dabei besonders auf die Analytik der ätherischen Öle der Fenchelfrüchte eingehen – aber auch die beliebten Tees werden in der Betrachtung nicht vergessen.
Die blühende Fenchelpflanze.
Beide sind aus dem wild vorkommenden Pfefferfenchel (ssp. piperitum) gezüchtete Kulturvarietäten. Die dritte Varietät ist der Knollenfenchel, Foeniculum vulgare MILLER ssp. vulgare var. azoricum MILLER. Er wurde aus den beiden anderen gezüchtet und ist uns als Gemüse vertraut, von dem die verdickten Blattscheiden verzehrt werden.
Sensorische Eigenschaften Der Gartenfenchel (Foeniculum vulgare ssp. vulgare) gehört wie Anis und Kümmel zur Familie der Doldengewächse (Apiaceae, früher Umbelliferae). Wie diese ist der Fenchel eine Ätherisch-Öl-Droge, das heißt das ätherische Öl wird als das Wirkungsprinzip der Pflanze angesehen. Andere sekundäre Pflanzenstoffe werde ich also bei der Analyse des Fenchels „vernachlässigen“. Im Laufe dieser Arbeit möchte ich folgende Fragen beantworten: • Wie unterscheiden sich die bitteren von den süßen Fenchelfrüchten? • Welche Unterschiede weisen die entsprechenden ätherischen Öle auf? • Was macht ein qualitativ hochwertiges Fenchelöl aus? • Bestimmt die Varietät auch die Anwendung? • Wie viel ätherisches Öl enthält ein Teeaufguss und wie ist es zusammengesetzt?
Ganze Früchte lassen sich farblich gut unterscheiden: Bitterfenchelfrüchte sind grün bis braun, Süßfenchelfrüchte blassgelb bis -grün, also deutlich heller (vgl. Foto unten). Eine morphologische und mikroskopische Unterscheidung ist nicht möglich! Geruch und Geschmack werden im Wesentlichen durch das Verhältnis von den zwei Komponenten des ätherischen Öls zueinander bestimmt: Anethol und Fenchon. Alle Fenchelfrüchte schmecken „bittersüß“, wobei die Süße vom Anethol, das Bittere vom Fenchon kommt. Der Geschmack variiert also von mild anisartig-süß beim Süßfenchel bis intensiv campherartig und bitterscharf beim Bitterfenchel. Der Geruchseindruck reicht von angenehm aromatisch süß beim Süßfenchel bis stark würzig beim Bitterfenchel.
Fenchelfrüchte – bitter oder süß? Stammpflanzen Angebaut werden die beiden Wärme liebenden offizinellen Stammpflanzen: • Foeniculum vulgare MILLER ssp. vulgare var. vulgare MILLER = Bitterfenchel, 3–4-jährig, bis 1 m hoch, harte, fast ganz mit Mark gefüllte Stängel; Synonyme: Wilder, Deutscher oder Dunkler Fenchel • Foeniculum vulgare MILLER ssp. vulgare var. dulce MILLER = Süßfenchel, 1–2-jährig, bis 2,5 m hoch, weiche und röhrige Stängel; Synonym: Römischer Fenchel
Die Früchte des Süßfenchels (oben) und des Bitterfenchels (unten).
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Inhaltsstoffe in natürlicher Zusammensetzung • ätherisches Öl (s. u.): bitterer Fenchel: 3–8,5 %, süßer Fenchel 0,8–3 % • fettes Öl und Proteine je ca. 20 %; Zucker 4–5 % • verschiedene phenolische Substanzen wie Benzoeund Zimtsäurederivate • aliphatische Carbonsäuren • Triterpene • Flavonoide • Cumarine und Furanocumarine
Abgrenzung Arzneimittel – Lebensmittel Haupteinsatzgebiete des Bitterfenchels sind Pharmazie und Medizin, dieser wird also im eigentlichen Sinne als Arzneipflanze genutzt. Wird in der Apotheke die Droge „Fenchel“ verlangt, müssen immer Fructus Foeniculi amari, also bittere Fenchelfrüchte, abgegeben werden, denn nur für sie gibt es eine Standardzulassung der Kommission E des BfArM. Solch eine positive Monografie bestätigt „amtlicherseits“ die Wirksamkeit und die geringen Nebenwirkungen dieser Droge. Das bedeutet nicht, dass der süße Fenchel keine Wirkung hat: Sie wurde lediglich (noch) nicht oder nicht ausreichend untersucht. Bitterfenchelfrüchte werden als Spasmolytikum, Karminativum und Expektorans eingesetzt. Süßfenchelfrüchte dagegen werden fast ausschließlich in der Lebensmittelindustrie als Gewürz und Geschmackskorrigens verwendet. Als Lebensmittel unterliegen sie damit den Vorschriften des Lebensmittel- und FuttermittelGesetzbuchs (LFGB). Süßfenchel hat GRAS-Status (vgl. Glossar, S. 15), Bitterfenchel nicht. Für Kindertees wird bevorzugt der weniger bittere, aber etwas estragolreichere Süßfenchel auch als Arzneipflanze benutzt; die Droge sollte dann aber von ausgesuchter Qualität sein (s. unter Fencheltee, S. 16). Beide Varietäten müssen als Apothekenware laut Arzneimittel-Gesetzbuch (AGB) den Arzneibuch-Monografien entsprechen; diese dienen zur Identifizierung, Reinheitsund Gehaltsüberprüfung. Dort ist der Estragol-Gehalt bei beiden Varietäten aus toxikologischen Gründen nach oben hin limitiert. Die Einhaltung der Grenzwerte wird bereits durch Chargenselektion erreicht. Die Rückstands-Höchstmengen-Verordnung (RHmV) gilt gleichermaßen im pharmazeutischen Bereich für Drogen und deren Zubereitungen – also auch für ätherische Öle – wie für Lebensmittel.
Arzneibuch-Monografien Es gibt für beide Varietäten geltende Monografien (DAB und Ph. Eur.). Tabelle 1 zeigt einen Auszug aus den Forderungen der aktuellen Monografien des Europäischen Arzneibuchs (Ph. Eur. 6.0).
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Fenchelöl gibt es Fencheltinktur, -sirup und -honig. Außerdem wird das reine Anethol pharmazeutisch als Duft- und Aromastoff in Pflegemitteln sowie in der Lebensmittelindustrie als Aromen-Bestandteil verwendet. Es wird durch Ausfrieren bzw. Rektifikation ausschließlich aus Bitterfenchelöl gewonnen, da Bitterfenchel deutlich mehr Gesamtöl enthält. Uns interessieren vor allem die Zubereitungen ätherisches Fenchelöl und Teeaufguss.
ätherisches Öl,
Fenchel bitter
Fenchel süß
mind. 40 ml/kg (ca. 4 %)
mind. 20 ml/kg (ca. 2 %)
davon: trans-Anethol
mind. 60 %
mind. 80 %
Fenchon
mind. 15 %
max. 7,5 %
Estragol
max.
max. 10 %
5%
Tab. 1: Auszug aus den Forderungen der aktuellen Ph.-Eur.-Monografien für Fenchelfrüchte.
Ätherisches Fenchelöl Stammpflanzen zur Gewinnung der ätherischen Öle Aus reifen Früchten der beiden offizinellen Varietäten werden die entsprechenden ätherischen Öle mit Wasserdampf destilliert. Bei der Etikettierung sollte neben den Bezeichnungen „süß“ oder „bitter“ immer die botanische Stammpflanze angegeben werden, zwecks eindeutiger Zuordnung. Leider ist dies in der Praxis nur selten der Fall! Neben den beiden Varietäten vulgare und dulce gibt es z. B. aus China und Japan sogenannte „Zwischenvarietäten“, welche keiner Varietät eindeutig zugeordnet werden können. Außerdem findet man einige wildwachsende Bitterfenchelpflanzen mit abweichendem Inhaltsstoffspektrum.
Inhaltsstoffe in natürlicher Zusammensetzung Je nach Herkunft und Reifegrad der Früchte kann die Zusammensetzung dieses farblosen bis blassgelben, angenehm aromatisch süß bis stark würzig duftenden Öls stark schwanken. Beide ätherische Öle bestehen hauptsächlich aus den Phenylpropanen trans-Anethol und Estragol sowie dem Monoterpenketon Fenchon, daneben sind einige Monoterpene wie a-Pinen und Limonen enthalten. Sesquiterpene kommen nur in Spuren vor. Wird Kraut mitdestilliert, erhöht sich der MonoterpenGehalt, unreife Früchte erhöhen den Fenchon-Anteil im Öl. Verwilderung führt zu Estragol-Reichtum zurück. In Tabelle 2 sind die verschiedenen Gehalte von Süßfenchelöl und Bitterfenchelöl feldmäßig angebauter Früchte europäischer Herkunft gegenübergestellt.
trans-Anethol
Fenchon
Estragol
Bitterfenchelöl
50–75 %
12–33 %
2–5 %
Süßfenchelöl
75–95 %
0,5–10 %
3-10 %
Zubereitungen aus Fenchelfrüchten Neben dem klassischen Teeaufguss und dem ätherischen
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Tab. 2: Hauptkomponenten von ätherischen Fenchelfrüchteölen.
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Monografien und Handelsnormen Ätherische Öle haben unter den Drogenzubereitungen eine Sonderstellung, da keine Qualitätsangaben über die Ausgangsdroge verlangt werden, lediglich die Stammpflanzen und Pflanzenteile sind von den jeweiligen Regelwerken vorgeschrieben. Schon aus diesem Grund ist eine sorgfältige Auswahl und Analytik unerlässlich. Um die Qualität von ätherischen Ölen beurteilen zu können, werden im pharmazeutischen Bereich ArzneibuchMonografien, in Handel und Kosmetikindustrie Normen herangezogen. Beide sind auf nationaler oder internationaler Ebene erhältlich. Unsere ätherischen Öle werden bevorzugt nach Arzneibuch geprüft. Gibt es keine Monografie, verwenden wir gerne die französischen und meist ISO-konformen AFNOR-Normen (vgl. Glossar, S. 15). Bisher gibt es lediglich für Bitterfenchelöl eine Ph.-Eur.Monografie. Anethol und Fenchon gelten dort als die wertbestimmenden Komponenten, Minimal- und Maximalwerte müssen eingehalten werden. Estragol ist auf 6 % limitiert. Ein ganz gelungener Monografie-Entwurf für Süßfenchelöl von M. Braun wurde bisher nicht aufgenommen (Braun 2002). Fenchon wird hier als wertmindernde Komponente angesehen, daher gilt hierfür ein niedriger Maximalwert. Die für die Kosmetikindustrie geltenden Normen für Bitterfenchelöl lassen neben den Früchten auch „oberirdische Teile“ (ISO) oder „Blätter und Stängel“ (AFNOR) zur Ölgewinnung zu. Die ISO-Norm für Süßfenchelöl erlaubt die Verarbeitung getrockneter, nicht explizit reifer Früchte. Somit sind die ISO- und AFNOR-Normen zur Beurteilung von Fenchelfrüchteölen ungeeignet. Dem Trend folgt die Ph. Eur. mit dem 5. Nachtrag: Seit 1. Mai 2010 ist eine Monografie „Bitterfenchelkrautöl“ in Kraft, vermutlich um ein erntetechnisch billiges Produkt zu vermarkten.
Qualitätsprüfungen der Fenchelöle Da sich die beiden Fenchelöle sehr ähnlich sind, ist es schwierig, sie alleine aufgrund ihrer sensorischen und physikalischen Eigenschaften zu unterscheiden. Ein gaschromatisches Profil, wie es in unserem analytischen Labor standardmäßig für jedes ätherische Öl erstellt wird, ermöglicht im Gegensatz zur Dünnschichtchromatografie eine genaue Gehaltsbestimmung der Inhaltsstoffe und somit eine eindeutige Abgrenzung der Varietäten. Selbst bei namhaften Lieferanten fehlt auf dem Etikett oft eine Angabe zur Varietät, weil sich einige Produzenten nicht festlegen wollen: So haben sie die Möglichkeit, alles was sich „Fenchel“ nennt zu destillieren oder süß und bitter zu mischen. Eindeutig kann man nicht sagen, welche Varietät nun die wertvollere ist, das hängt von verschiedenen Faktoren ab wie Anbauland, Menge u.v.m. Dazu Prof. H. Schilcher aus der Sicht eines Pharmazeuten: „Bitterfenchelöl wird verschnitten mit dem billigeren Süßfenchelöl und besitzt dann einen zu niedrigen Fenchon-Gehalt“. Aromathera-
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peuten behaupten umgekehrt, dass Süßfenchelöl mit dem billigeren Bitterfenchelöl – wegen größerer Ausbeute bei der Destillation – verschnitten wird und dann einen zu hohen Fenchon-Gehalt aufweist. Im Zeitraum 2005 bis 2009 wurden von uns 25 als „Fenchel“ oder „Fenchel süß“ deklarierte Muster von 5 Lieferanten mit GC-MS analysiert, anhand der genannten Monografien bewertet und statistisch ausgewertet. „Bittersüße“ Fenchelöle: Die Untersuchung brachte folgende Ergebnisse: • Die Schwankungsbreite an Inhaltsstoffen war sehr groß, niedrige Anethol- und hohe Fenchon-Gehalte deuteten bereits auf bitteren Fenchel hin. • Anhand der genauen trans-Anethol-, Estragol- und Fenchon-Gehalte, sowie des Verhältnisses von a-Pinen zu Limonen konnten die beiden Varietäten abgegrenzt werden: – 2 von 14 als süß deklarierten Fenchelölen entpuppten sich als bittere, also als eindeutige Falschdeklarationen. – 7 von 11 pauschal als „Fenchelöl“ deklarierten Mustern erwiesen sich als süß (6 ungarische und 1 spanisches), 2 jedoch als bitter und 2 weitere als „eher“ bittere Zwischen-Varietäten oder Mischungen. Die 4 letzteren waren Fenchelöle italienischer Herkunft. Man erkennt also, dass den Deklarationen mit berechtigter Skepsis begegnet werden sollte. Qualitativ hochwertige Fenchelöle: Die Analysen lieferten folgende Resultate: p Erfreulicherweise wurden die Grenzwerte für Estragol bei keinem der Öle überschritten! Toxikologisch bedenkliche Wildfenchelöle mit hohem Anteil an Estragol konnten sicher ausgeschlossen werden. p Bei unsachgemäßer Lagerung unter Lichteinfluss kann sich cis-Anethol durch Umlagerung aus trans-Anethol bilden, Gehalte von 0,5 – 4 % deuten auf einen Verschnitt mit synthetischem Anethol hin. Bei keinem der untersuchten Öle konnten größere Mengen cis-Anethol nachgewiesen werden. Die gemessenen Werte lagen alle unter 0,2 %, sind also 10-mal niedriger als der erlaubte Grenzwert und belegen somit eine frische, optimal gelagerte und naturreine Qualität. p Anisaldehyd kommt in genuinem Öl nicht vor. Zu viel Anisaldehyd deutet auf altes, falsch aufbewahrtes oder wenig schonend destilliertes Öl hin. Auch hier lagen unsere Werte mit meist unter 1 % deutlich unter dem Grenzwert. p Fenchelöle mit mehr als 2 % Anisaldehyd und mehr als 2 % p-Cymen gelten als oxidativ verdorben. Von uns wurden sehr niedrige p-Cymen-Gehalte von 0,06 – 0,6 % gemessen. Auch die bei Sauerstoffzufuhr ansteigende Peroxidzahl lag mit 4 – 26 im akzeptablen Bereich. p Hohe Anteile an a-Phellandren werden für spanische oder italienische Wildfenchelöle, aber auch für Fruchtöle
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mit erhöhtem Krautanteil beschrieben. Unsere Analysen ergaben Werte von unter 8,5 (ISO-Genzwert). p Die früher übliche Verfälschungspraxis, billigeres Sternanisöl mit Fenchon „aufzubessern“ und als Fenchelöl zu verkaufen, kann im GC-MS-Profil durch Nachweis von Foeniculin als Leitsubstanz für Sternanisöl aufgedeckt werden. Dies kam bisher noch nicht vor. Fazit: Unabhängig von der Deklaration war die Qualität aller untersuchten Fenchelöle sehr gut, es wurde uns weder altes, überlagertes, schlecht destilliertes, noch mit synthetischem Anethol oder Sternanisöl verschnittenes Öl angeboten. Die Abb. 2 zeigt typische GC-MS-Chromatogramme von bitterem und süßem Fenchelöl. Wesentliche Unterschiede in der Zusammensetzung sind bei diesen beiden Beispielen auch für Laien auf den ersten Blick erkennbar.
Abb. 2: GC-MS-Chromatogramme von bitterem (o.) und süßem (u.) Fenchelöl. Die Peaknummern stehen für folgende Komponenten: 1: a-Pinen, 2: a-Phellandren, 3: Limonen, 4: p-Cymen, 5: Fenchon, 6: Borneon, 7: Estragol, 8: cis-Anethol, 9: trans-Anethol, 10: Anisaldehyd.
Wirkungen, unerwünschte Wirkungen und Gegenanzeigen Wirksamkeitsmitbestimmende Inhaltsstoffe Fenchon: Kommt hauptsächlich in Bitterfenchelöl und in Schopflavendelöl vor. Wie alle Monoterpen-Ketone hat Fenchon eine ausgeprägte Wirkung auf Haut, Nervensystem und Atemwege. Wirkungen: in schwacher Dosierung antirheumatisch-antineuralgisch, epithelisierend, sedativ, sekretolytisch und expektorierend, bakteriostatisch und fungistatisch. Ist im Konzentrationsbereich von 1 : 128 bis 1 : 512 bakterizid und fungizid wirksam. Hat dosisabhängige bronchomukotrope Wirkung bei Inhalation (Blaschek et al. 2009).
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Toxizität: In höherer Dosierung kann es akute Atemnot und Erregungszustände hervorrufen sowie bei Kleinkindern unter 2 Jahren allergische Reaktionen auslösen. Vorsicht ist deshalb besonders bei Schwangeren, Kleinkindern und Epileptikern geboten, hier sollte man wegen des niedrigeren Fenchon-Gehalts besser auf Süßfenchelöl zurückgreifen. Fenchon ist weder photo- noch immunotoxisch, nicht hautreizend. Die französischen Aromatherapeuten Tisserand und Balacs (1995) beschreiben es als nicht toxisch, nicht irritierend und nicht sensibilisierend. trans-Anethol: Hauptbestandteil in Fenchel- und vor allem Anis- und Sternanisöl. Als Phenylpropane haben trans-Anethol und Estragol allgemein eine stark krampflösende Wirkung und zeigen eine deutliche Wirkung auf das vegetative Nervensystem (dämpfen Übererregung). Wirkungen: antioxidativ, antiphlogistisch, spasmolytisch, sekretolytisch, expektorierend und schwach antibakteriell. Wird immer von geringen Mengen cis-Anethol als Umlagerungsprodukt unter Lichteinfluss begleitet. Die unter gleichen Bedingungen beschriebene und für östrogenähnliche Wirkungen verantwortlich gemachte Dianethol-Bildung konnte nach neueren Untersuchungen weder in frischem noch in gealtertem Öl bestätigt werden. Vorsicht ist dennoch bei Schwangeren, Stillenden und bei Frauen mit Endometriose geboten. Toxizität: Wurde als nicht genotoxisch, nicht kanzerogen und als sicherer Lebensmittelzusatzstoff eingestuft (GRASStatus), da es beim Menschen 6- bis 9-mal so schnell eliminiert wird wie bei der Maus (Saller u. Iten 2007). Weder photo-, immunotoxisch, noch hautirritierend. Sein allergenes Potenzial wird als äußerst gering eingestuft. Cis-Anethol ist etwa 10–20-mal toxischer als transAnethol (Saller u. Iten 2007). Estragol: Hauptbestandteil in Basilikum-, Estragon- und einigen Wildfenchelölen. In beiden Fenchelöl-Varietäten bis max. 10 % natürlich vorkommend. Wirkung: stark sedativ, sekretolytisch und spasmolytisch. Toxizität: wurde als potenziell genotoxisch und kanzerogen eingestuft (dosisabhängig) und als Aromastoff für Lebensmittel verboten. Aber: Alle tierexperimentellen Untersuchungen wurden mit höchstdosiertem isoliertem Estragol an Nagern – also völlig praxisfremd – durchgeführt, deren komplett anderer Stoffwechsel ein Übertragen der Ergebnisse auf den Menschen sowieso nicht zulässt! Bei äußerlicher Anwendung etwas irritierend, aber nicht sensibilisierend (Tisserand u. Balacs 1995).
Wirkungen der beiden Fenchelöle Bis auf spezielle Fenchon-Wirkungen, die bei Bitterfenchelölen eher mitbestimmend sind, wirken beide Varietäten vergleichbar. Beim Bitterfenchel ist die expektorierende, beim Süßfenchel die karminative Wirkung stärker ausgeprägt.
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Beide Fenchelöle haben bereits in niedrigen Konzentrationen einen spasmolytischen Effekt auf Verdauungstrakt und Uterus. Nur sehr kleine Dosen wirken expektorierend (sekretolytisch und sekretomotorisch) im Bereich der Atmungsorgane, höhere Dosen wirken sogar hemmend („Umkehreffekt“). Bitterfenchelöl hat starke, Süßfenchelöl nur schwache antibakterielle und antimykotische Wirksamkeit. Die östrogenähnliche Wirkung wird mangels wissenschaftlicher Untersuchungen kontrovers diskutiert (s. unter trans-Anethol). Auch die unbestrittene volkstümliche Anwendung als Laktagogum konnte bisher noch nicht wissenschaftlich belegt werden. Schilcher (2001) beschreibt Bitterfenchelöl bei innerlicher Anwendung als expektorierend, karminativ und spasmolytisch auf Darm (motilitätsfördernd), Gallenblase, aber auch auf Bronchien und Blutgefäße, bei äußerlicher Anwendung als antiseptisch-desinfizierend. Es hat mit einem Phenolkoeffizient von 13,0 eine wesentlich stärkere bakterizide Wirkung als Phenol selbst. Auch gegen Schimmelpilze und pathogene Keime soll es eindeutig wirken. Als besonders wirksam hat es sich gegen etliche Nagelpilze erwiesen (Saller u. Iten 2007). Toxizität: Die innere Einnahme von Bitterfenchelöl ist in Schwangerschaft, für Säuglinge, Kleinkinder und Epileptiker kontraindiziert (von Kommission E bereits 1991 so eingestuft, von ESCOP 2003 und EMA 2006 bestätigt). Süßfenchelöl wurde bisher nicht eingestuft, müsste aber bis auf die Kontraindikation für Epileptiker ähnlich bewertet werden. Tisserand und Balacs (1995) warnen vor innerer Einnahme bei Endometriose, Brustkrebs und östrogenabhängigen Tumoren. Das bei äußerer Anwendung hautreizende Potenzial ist bei beiden Varietäten abhängig vom Estragol-Gehalt.
Verwendung von Fenchelölen Aromatherapie: In der Aromatherapie wird traditionsgemäß nur Süßfenchelöl (äußerlich oder inhalativ) verwendet: • in der Duftlampe oder zum Selbstmischen als Bedarfsgegenstand, z. B. Süßfenchelöl als entspannender, beruhigender, süßlicher Raumduft im Kinderzimmer • in Körper- (max. 1 %), Massage- (max. 10 %) und Babyölen (max. 0,5 %) und anderen Zubereitungen ohne arzneiliche Indikation als Kosmetikprodukt, z. B. „Bäuchlein-Öl“, meist mit Süßfenchelöl, als beliebtes Massageöl für geplagte Baby- und Erwachsenenbäuche • in Individualrezepturen von Arzt, Heilpraktiker oder Hebamme (Bereich Schwangerschaft, Geburt, Stillzeit) als Arzneimittel verordnet Phytotherapie: In Phytotherapie werden beide Fenchelöle – auch innerlich – verwendet:
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Glossar/Abkürzungen AFNOR: Association Française de Normalisation, französische Normensammlungen, vergleichbar mit den internationalen ISO-Normen AGB: Arzneimittelgesetzbuch BfArM: Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, früher BGA (Bundesgesundheitsamt) BVL: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Drogen: im pharmazeutischen Sinn durch Trocknen und spezielle Aufbereitungsarten behandelte Pflanzen oder Pflanzenteile EMA: European Medicines Evaluation Agency, an Monographien für Arzneipflanzen arbeitende Europäische Zulassungsbehörde ESCOP: European Scientific Cooperative on Phytotherapy FDA: Food and Drug Administration FEMA: Flavour and Extract Manufacturers Association GC-MS: Gaschromatograph gekoppelt an Massenspektrometer, zur Trennung und Identifizierung leicht flüchtiger Substanzgemische wie ätherische Öle. GRAS-Status: Generally Recogniced As Save, wird vergeben vom FDA ISO: Internationale Standard Organisation, die Standards für ätherische Öle gesetzt hat welche AFNOR zum Teil übernommen hat. Kommission E: eine Zulassungs- und Aufbereitungskommission, deren Aufgabe es in der Zeit von 1978 bis 1994 war, insgesamt 380 Pflanzen-Monografien zu erstellen. Davon mussten wegen fehlenden Erkenntnismaterials und/oder Nebenwirkungen 152 negativ beurteilt werden. KVO: Kosmetikverordnung Leitsubstanz: dient zur Identifizierung eines ätherischen Öles; kann, muss aber nicht zugleich Wirksubstanz sein LFGB: Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch Stammpflanze: Pflanze, aus der der arzneilich verwendete Teil gewonnen wird Medizinische Begriffe: antibakteriell: bakteriostatisch (Bakterienwachstum hemmend) und bakterizid (Bakterien abtötend) antimykotisch: fungistatisch (Pilzwachstum hemmend) und fungizid (Pilze abtötend) antiphlogistisch: entzündungshemmend antiseptisch: keimfrei, steril bronchomukotrop: Atemwegsflüssigkeit verflüssigend desinfizierend: keimtötend: bakterizid, fungizid, viruzid, sporizid epithelisierend: zellwachstumsfördernd, zellregenerierend expektorierend: auswurffördernd genotoxisch (syn. mutagen): Änderungen im genetischen Material von Zellen auslösend immunotoxisch: das Immunsystem schädigend kanzerogen (syn. karzinogen): Krebs auslösend karminativ: blähungstreibend laktagog: milchbildend phototoxisch: unter UV-Licht toxische Reaktionen hervorrufend sedativ: beruhigend sekretolytisch: schleimlösend sekretomotorisch: Förderung der Flimmertätigkeit des Bronchialepithels spasmolytisch: krampflösend motilitätsfördernd: fördert die Beweglichkeit des Darms und damit die Verdauung
• in Fertigarzneimitteln: z. B.: Bitterfenchel- und Süßfenchelöl in diversen Karminativa und Hustensirupen • in Fenchelölzubereitungen, vorzugsweise in der Kinderheilkunde und für stillende Mütter: z. B.: Fenchelwasser (Aqua foeniculi DAB 6 ) für BrustKompressen oder Augenbäder.
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Fencheltee „unter der Lupe“ Die 1991 vom BLV ausgelöste und lange geführte Debatte über angeblich kanzerogenes Estragol (s. o.) oder gar Methyleugenol in Fencheltees möchte ich hier nicht wieder aufleben lassen, da bereits von kompetenter Seite aus entwarnt wurde (Saller u. Iten 2007). Meine Absicht ist, mit eigenen stichprobenartigen Analysen herauszufinden, wie viel Estragol und andere Inhaltsstoffe tatsächlich in den Teeaufgüssen enthalten sind.
Probenvorbereitung für die gaschromatografischen Analysen Untersucht wurden zwei Fenchelteedrogen in ArzneibuchQualität, die gerade im Haus waren: Süßfenchel für Hustensaft und Bitterfenchel für Teemischungen. Aus den Drogen wurden die Tees gemäß Vorschrift zubereitet, die ätherischen Öle wurden mit Hexan extrahiert und die Lösungsmittel-Phase direkt der GC-MS-Analyse zugeführt.
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in den Fenchon-Gehalten. Die verwendete Süßfencheldroge muss sehr wenig Fenchon enthalten haben, zumal Fenchon als Monoterpenketon besser in Wasser löslich ist als Anethol und Estragol, sodass man im Tee eigentlich einen verhältnismäßig höheren Gehalt erwartet hätte.
Berechnungsgrundlagen zur Bestimmung der Gehalte an Anethol, Estragol und Fenchon Für die Teeaufgüsse übergießt man 2,5 g frisch gequetschte Früchte mit 150 ml kochendem Wasser und lässt das Ganze 15 Minuten lang bedeckt ziehen. Für die Hexan-Extrakte werden 5 Teile Tee mit 1 Teil Hexan 3 Minuten lang ausgeschüttelt; nach dem Abpipettieren der Hexan-Phase kann diese direkt in den Injektor des Gaschromatographen eingespritzt werden. Die GC-Analysen liefern die prozentualen Anteile der Ätherisch-Öl-Komponenten im Tee. Da bei typischer Teezubereitung nur ein Teil des ätherischen Öls in das Wasser übergeht, habe ich eine in der Literatur gefundene, experimentell bestimmte Übergangsrate mit in die Berechnung einfließen lassen (Blaschek et al. 2009, Foeniculi fructus): Für gequetschte Früchte geht man davon aus, dass 10 % (ganze Früchte: 1,5 %) des ätherischen Öls in den Tee übergehen. Für den Ätherisch-Öl-Gehalt der Früchte habe ich die laut Ph. Eur. geforderten Mindestgehalte angenommen: 2 % für süßen, 4 % für bitteren Fenchel.
Ergebnisse
Abb. 3: GC-MS-Chromatogramme der Ätherisch-Öl-Fraktionen von bitterem (oben) und süßem (unten) Fencheltee. Die Peaknummern stehen für folgende Komponenten: 3: Limonen, 5: Fenchon, 6: Borneon, 7: Estragol, 9: trans-Anethol, 10: Anisaldehyd.
Mit den Ergebnissen (Tab. 3) konnten trotz minimalem Probenumfang Literaturwerte größenordnungsmäßig bestätigt werden. Nur ein sehr kleiner Teil der Aromastoffe gelangt in den Teeaufguss, bei Bitterfenchel wegen des höheren Ätherisch-Öl-Gehalts ca. doppelt so viel wie bei Süßfenchel. Methyleugenol wurde in keinem der Teeaufgüsse gefunden – und übrigens auch in keinem einzigen der untersuchten ätherischen Öle (s. o.). Süßfencheltee
Bitterfencheltee
trans-Anethol
3,0
3,4
Ätherisch-Öl-Zusammensetzung in Teeaufgüssen
Fenchon
0,06
2,7
Die Abbildung 3 zeigt typische GC-MS-Chromatogramme der Ätherisch-Öl-Fraktionen von beiden Fencheltees: Deutliche Unterschiede in der Zusammensetzung sind auch bei diesen beiden Beispielen sofort erkennbar. • Die wässrigen Aufgüsse enthalten wie erwartet aufgrund der schlechten Löslichkeit von Monoterpenen in Wasser kaum a-Pinen und Limonen ( zusammen unter 1 %) • Die prozentualen Anteile an trans-Anethol und Estragol verhalten sich wie bei den entsprechenden ätherischen Ölen. • Etwas überrascht hat mich der sehr große Unterschied
Estragol
0,10
0,12
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Tab. 3: Gehalte in mg je 100 mg Tee.
In bereits angesprochenen Tierversuchen wurden bis zu 1 000 mg Estragol/kg Körpergewicht verabreicht! Im Vergleich dazu erscheinen die von uns gemessenen Mengen als lächerlich gering. Selbst bei einem 10-mal höheren Estragol-Gehalt als hier gemessen wurde, müssten mindestens 80 Liter pro kg Körpergewicht getrunken werden, um diese Dosierung zu erreichen. Worst-case-Berechnungen mit maximalen Ölgehalten und Übergangsraten erübrigen sich daher von selbst!
Titelthema
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Fazit: Hält man sich an die empfohlenen Tagesmengen (Tab. 4) an gequetschten Früchten für die Teezubereitung und sieht von einer Daueranwendung ab, kann ein maßvoller Genuss von Fencheltee – bitter oder süß – sehr empfohlen werden. Alter in Jahren Säuglinge
empfohlene Dosis in g/Tag
3 Monate–1 Jahr
1–2
Kleinkinder
1–4
1,5–3
Kinder
4–12
3–5
Tab. 4: Empfohlene Tagesmengen von ESCOP und EMA.
Schlussbetrachtung Über Jahrtausende gewachsene Naturheilmittel-Traditionen mit ihrem enormen Schatz an Erfahrungswissen werden von der Pharmabranche als „volkstümliche Anwendungen“ kaum ernst genommen, da sie angeblich unzureichend belegt sind. Trotzdem können sie nicht ignoriert werden auf Grund von wenigen Zeit und Kosten sparenden „Wirksamkeitsnachweisen“ und Toxizitätsstudien am Tier mit isolierten Wirkstoffen im Hochdosisbereich – dafür ist die Fenchelpflanze mit ihren beiden offizinellen Varietäten das beste Beispiel. Leider werden für die Erforschung pflanzlicher Heilmittel oder für aussagekräftige Humanstudien kaum noch Mittel zur Verfügung gestellt. Dabei könnten sich doch altes Erfahrungswissen und moderne wissenschaftliche Erkenntnisse gut ergänzen. Die Maxime „Tradition verpflichtet“ gilt nur noch, wenn Profit damit gemacht werden kann. Die Selbstverpflichtung von Aromatherapeut(inn)en, ausschließlich genuine und authentische ätherische Öle zu verwenden, darf nicht mit unkritisch blindem Vertrauen auf das Etikett aufhören. Sie stehen auch in der Pflicht, sich über Stammpflanzen und Inhaltsstoffe zu informieren. Wird auf korrekte, vollständige Deklaration, Dosierungsempfehlungen und Qualität geachtet, stehen sowohl Phytoals auch Aromatherapeut(inn)en mit den beiden Fenchelvarietäten und ihren Zubereitungen altbewährte und sehr wertvolle Helfer – gerade auch für die Behandlung von Kindern – zur Verfügung.
Gerlinde Engelhardt Dipl.-Ing. Pharmazeutische Chemie (FH), arbeitete einige Jahre in der Forschung (klinische Chemie, Diagnostika), danach an einer Fachhochschule als Lehrkraft und an einem pharmazeutisch-chemischen Labor für Auftragsanalytik. Seit 2004 ist sie für das LaborTeam der Bahnhof-Apotheke Kempten in der Analytik und Qualitätskontrolle tätig. Kontakt: labor@bahnhof-apotheke.de
die Autorin
Literatur: – Blaschek, W. / Hilgenfeldt, U. / Holzgrabe, U. / Reichling, J. / Ruth, P. / Schultz, V. (Hrsg.): HagerROM 2009, Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. Stuttgart, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft und Berlin, Springer Verlag und Universität Würzburg 2009. – Braun, Michaela: Verbesserung der Arzneibuchvorschriften am Beispiel von ätherischen Ölen. Doktorarbeit, Universität Regensburg 2002. – DAB-10-Kommentar für Studierende, Wissenschaftliche Erläuterungen zum Deutschen Arzneibuch, 10. Ausgabe, Band 2, Monografien A-L. Frankfurt, Govi Verlag und Stuttgart, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 1991. – EMA (European Medicines Evaluation Agency): Monografien: http://www.ema.europa.eu/pdfs/human/hmpc/foeniculi_amari_fructus/13742806en.pdf http://www.ema.europa.eu/pdfs/human/hmpc/foeniculi_dulcis_fruc tus/26329306en.pdf http://www.ema.europa.eu/pdfs/human/hmpc/foeniculi_amari_fruc tus_aetheroleum/26329206enfin.pdf (17.3.2010). – Europäisches Arzneibuch (Ph. Eur. 6.0), Grundwerk 2008, amtliche deutsche Ausgabe, Band 2. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2008. – Saller, R. / Iten, F.: Fencheltee im Kindesalter – Nutzen-RisikoAbschätzung. Internist Prax 2007, 47, 179–192. – Stadelmann, Ingeborg: Bewährte Aromamischungen. 4. erg. Aufl., Stadelmann Verlag, Wiggensbach 2006. – Tisserand, R / Balacs, T.: Essential Oil Safety. Churchill Livingstone, Edinburgh 1995. – Schilcher, H.: Ätherische Öle – Wirkungen und Nebenwirkungen. 3. Int. Primavera-Life-Kongress, Proceedings 2001. – Wichtl, Max: Teedrogen und Phytopharmaka – Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 5. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2009.
Jubiläumskongress 25 Jahre Fokus auf Aromapflanzen & Aroma-Praxis 2.+ 3. Oktober 2010 Botanischer Garten Zürich Referenten: Prof. Hanns Hatt, Shirley Price, Florianne Koechlin, Rainer Plum, Martin Henglein u.v.a. Information & Anmeldung unter www.farfalla-seminar.ch/kongress2010
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Aromatherapie
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Dr. Wolfgang Steflitsch
Rhinotopische Aromatherapie Die rhinotopische Aromatherapie ist eine spezielle Methode der medizinischen Aromatherapie, bei der ausgewählte Ätherisch-Öl-Mischungen, gemischt mit fetten Pflanzenölen oder Hydrolaten, in die untere Nasenhöhle appliziert werden. Die topische Applikation erfolgt in adäquater Konzentration und Frequenz nach Inspektion der Nasenhöhle und Verträglichkeitstest unter der gebotenen Vorsicht mithilfe eines benetzten Wattestäbchens.
Indikationen Primäre Indikationen für die rhinotopische Aromatherapie sind: • Infektionen der oberen Atemwege • Allergie der oberen Atemwege • Funktionsstörungen und Atrophie der Schleimhäute in den oberen Atemwegen • Immunschwäche • Gedächtnisschwäche • Stimmungsschwankungen • vegetative Dystonie Die rhinotopische Aromatherapie stellt eine sichere und zuverlässige Anwendung von ätherischen Ölen dar. Durch die Applikation nah am Wirkort kommen sowohl deren pharmakologischen Effekte (z. B. entzündungshemmend, antimikrobiell, antiallergisch, Schleimhaut regenerierend) wie auch die olfaktorischen Effekte (z. B. Harmonisierung von Stimmung und Verhalten, Immunmodulation) zum Tragen.
Von der Nase ins Gehirn Erreicht ein von einem Duftmolekül ausgelöster Reiz eine bestimmte Größe, löst er an der Sinneszelle einen Impuls aus. Dieser wird über den langen Nervenfortsatz direkt in das Gehirn geleitet und beinhaltet Informationen über Qualität und Quantität eines Duftreizes. Zu Tausenden gebündelt laufen lange Nervenfasern von Riechzellen durch die Siebbeinplatte der Schädelbasis, um zusammen als Nervus olfactorius direkt zum Riechkolben (Bulbus olfactorius) zu ziehen. Hier kommt es zu einer deutlichen Reduktion der Duftinformationskanäle. Mehr als 1 000 Nervenfasern von Riechzellen projizieren auf eine einzige Mitralzelle. Die etwa 30 000 Axone der Mitral-
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Teebaumöl – hier die Blüte – ist gut geeignet für rhinotopische Aromatherapie.
zellen bilden den einzigen Ausgang für Informationen aus dem Riechkolben. Sie formen den Tractus olfactorius. Ein Hauptast kreuzt in der vorderen Kommissur zum Riechkolben der gegenüberliegenden Hirnseite, die anderen Fasern ziehen zu den olfaktorischen Projektionsfeldern in zahlreichen Gebieten des Palaeocortex, dem entwicklungsgeschichtlich „alten“ Teil der Großhirnrinde. Der Palaeocortex ist vor allem mit dem Geruch und seiner weiteren Verarbeitung befasst. Die Gerüche werden erkannt und mit viszeralen, emotionalen und somatischen Reaktionen beantwortet. Die im Zentrum eines Netzwerkes älterer Hirnanteile stehenden Mandelkerne (Corpus amygdaloideum) können nach einem Signalempfang vom Riechhirn (Rhinencephalon) über den Thalamus das bewusste Erleben, Motivation und Emotion beeinflussen, über die Hippocampus-Formation das Gedächtnis, über Hypothalamus und Hirnstamm vegetative (unwillkürliche) und endokrine Reaktionen (Funktion innerer Drüsen und Organe) sowie über sensomotorische Systeme das Verhalten und motorische Reaktionen.
Vor Behandlungsbeginn Vor Behandlungsbeginn muss eine ausführliche Anamnese und Untersuchung erfolgen, bei der die Diagnose medizinisch gesichert wird. Außerdem muss ein Verträglichkeitstest durchgeführt werden. Hierfür werden 1 bis 2 Tropfen der Ätherisch-Öl-Mischung auf der Innenseite des Unterarms aufgetragen. Das Ergebnis wird in der Regel nach 2 Stunden beurteilt, bei bekannten allergischen Erkrankungen oder allergischer Disposition nach 24 Stunden. Bei Rötung, Juckreiz oder Quaddelbildung sowie Allgemeinsymptomen darf die Testmischung nicht verwendet werden. Kontraindikation: Bei bekannter Überempfindlichkeit gegenüber einem Bestandteil der Mischung, schlecht eingestellter arterieller Hypertonie, Sauerstofftherapie (LTOT) mit Nasenbrille oder Maske darf die Therapie nicht angewendet werden. Mit Ausnahme einer bekannten Überempfindlichkeit gelten genannte Kontraindikationen nicht
Aromatherapie
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für Hydrolate, was in erster Linie an der sehr niedrigen Konzentration von ätherischen Ölen in Hydrolaten liegt.
Anwendung Zur Anwendung der rhinotopischen Aromatherapie wird ein Wattestäbchen in die Ätherisch-Öl-Mischung getaucht oder damit befeuchtet. Dann wird die vordere Nasenhöhle bis zur unteren Nasenmuschel sanft mit wenig Öl benetzt. Zur Prophylaxe wird die Methode 2-mal pro Woche bis 1mal pro Tag angewendet, zur Behandlung bei akuten Beschwerden 1- bis 3-mal pro Tag.
Dosierung Je nach Alter des Behandelten sind folgende Dosierungen zu wählen: • 8. bis 14. Lebensjahr: 1 %ige Mischung (6 Tropfen ätherisches Öl auf 30 ml fettes Pflanzenöl) • 15. bis 18. Lebensjahr: 2 %ige Mischung (12 Tropfen ätherisches Öl auf 30 ml fettes Pflanzenöl) • 19. bis 70. Lebensjahr: 3 %ige Mischung (18 Tropfen ätherisches Öl auf 30 ml fettes Pflanzenöl) • Ab dem 70. Lebensjahr: 2 %ige Mischung (12 Tropfen ätherisches Öl auf 30 ml fettes Pflanzenöl)
Öle und Rezepturen In den Tabellen 1 und 2 werden einzelne ätherische Öle und Mischungen für die verschiedenen Indikationen vorgestellt. Zu jeder Ätherisch-Öl-Mischung können verschiedene Öle aus der „Auswahl ätherischer Öle“ kombiniert werden. Pfefferminze und Eukalyptus dienen vor allem dem Freimachen der Atemwege. Wenn die nasale Blockade der Atemwege („verstopfte Nase“) im Vordergrund steht, dann können zu den angegebenen 2- und 3 %igen Mischungen 1 bis 2 Tropfen Pfefferminze oder/und 1 bis 2 Tropfen Rosmarin CT 1,8-Cineol dazu gegeben werden. Wenn beim Auftragen der Öle in die Nase gleichzeitig eingeatmet wird, entfaltet sich die Wirkung der ätherischen Öle auch in den tiefen Atemwegen. Die fetten Pflanzenöle tragen zur Stabilisierung und Regeneration der geschädigten Schleimhäute der Atemwege bei.
Bei Kindern unter dem 8. Lebensjahr sollte die rhinotopische Aromatherapie zurzeit noch nicht angewendet werden, da ausreichende Erfahrungen durch kontrollierte Studien, Fallberichte oder Anwendungsbeobachtungen noch nicht vorliegen. Niaouli kommt bei allergischer oder bakteriell bedingter Rhinitis zum Einsatz.
ätherische Öle
allergische Rhinitis
virale Rhinitis/Sinusitis
bakterielle Rhinitis/Sinusitis
Antihistaminika-Wirkung:
• Ravintsara (Cinnamomum camphora)
• Eukalyptus (Eucalyptus globulus, Eucalyptus
• Zypresse (Cupressus sempervirens)
CT Cineol
• Atlaszeder (Cedrus atlanticus)
• Melisse (Melissa officinalis)
• Manuka (Leptospermum scoparium)
• Teebaum (Melaleuca alternifolia)
• Melisse (Melissa officinalis)
• Cajeput (Melaleuca leucadendron)
• Ysop (Hyssopus officinalis)
• Eukalyptus (Eucalyptus globulus oder
• Niaouli (Melaleuca viridiflora)
Eucalyptus radiata)
radiata oder Eucalyptus citriodora) • Wilder spanischer Majoran (Thymus mastichina) • Myrte (Myrtus communis Marokko) • Ceylon-Zimt (Cinnamomum zeylanicum) • Melisse (Melissa officinalis)
• Teebaum (Melaleuca alternifolia)
• Oregano (Origanum vulgare)
• Benzoe Siam (Styrax benzoin Siam)
• Römische Kamille (Anthemis nobilis)
• Gewürznelke (Syzygium aromaticum)
• Niaouli (Melaleuca viridiflora)
• Kurkuma (Curcuma longa)
• Thymian (Thymus vulgaris),
• Lavendel fein (Lavandula angustifolia)
CT Thymol/Geraniol/Linalool
• Deutsche Kamille (Matricaria recutita)
• Zitrone (Citrus limon) • Thymian (Thymus vulgaris), CT Thymol/Geraniol/Linalool
• Indisches Basilikum (Ocimum sanctum)
• Manuka (Leptospermum scoparium)
• Gewürznelke (Syzygium aromaticum)
• Rosengeranie (Pelargonium graveolens)
• Ingwer (Zingiber officinale) fette Öle
• Aloe-vera-Mazerat
• Sesamöl
• Sesamöl
• Nachtkerzensamenöl
• Mandelöl
• Mandelöl
• Arganöl
• Aloe-vera-Mazerat
• Aloe-vera-Mazerat
Tab. 1: Auswahl ätherischer und fetter Öle für verschiedene Indikationen.
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Aromatherapie
1%ige Mischung
2%ige Mischung
3%ige Mischung
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allergische Rhinitis
virale Rhinitis/Sinusitis
bakterielle Rhinitis/Sinusitis
30 ml fettes Pflanzenöl +
30 ml fettes Pflanzenöl +
30 ml fettes Pflanzenöl +
2 Tr. Pfefferminze +
2 Tr. Pfefferminze +
2 Tr. Pfefferminze +
2 Tr. Zypresse +
2 Tr. Ravintsara +
2 Tr. Zitroneneukalyptus +
2 Tr. Manuka
2 Tr. Thymian CT Linalool
2 Tr. Thymian CT Linalool
30 ml fettes Pflanzenöl +
30 ml fettes Pflanzenöl +
30 ml fettes Pflanzenöl +
2 Tr. Pfefferminze +
2 Tr. Pfefferminze +
2 Tr. Pfefferminze +
4 Tr. Lavendel fein +
3 Tr. Zitrone +
3 Tr. Zitrone +
3 Tr. Zitrone +
4 Tr. Ravintsara +
3 Tr. Manuka +
3 Tr. Zeder
3 Tr. Cajeput
4 Tr. Thymian CT Thymol/Geraniol
30 ml fettes Pflanzenöl +
30 ml fettes Pflanzenöl +
30 ml fettes Pflanzenöl +
3 Tr. Pfefferminze +
3 Tr. Pfefferminze +
3 Tr. Pfefferminze +
3 Tr. Zitrone +
3 Tr. Zitrone +
3 Tr. Zitrone +
4 Tr. Zeder +
5 Tr. Ravintsara +
4 Tr. Benzoe Siam / Cajeput +
4 Tr. Zypresse +
5 Tr. Eucalyptus globulus/radiata +
4 Tr. Myrte Marokko +
4 Tr. Melisse
2 Tr. Cajeput
4 Tr. Manuka Tab. 2: Ausgewählte Rezepturen für verschiedene Indikationen.
Glossar
vegetative Dystonie: Störung der Erregungsleitung im vegetativen Nervensystem (unwillkürlich, autonom), das Phänomene wie Blutdruck, Puls, Atemfrequenz und Verdauung regelt. Treten seelische Belastungen und Stress auf, greift der gesunde Körper zunächst auf seine Leistungsreserven zurück. Wenn diese verbraucht sind, können Unregelmäßigkeiten im unwillkürlichen Nervensystem auftreten, die funktionelle Beschwerden der Organe auslösen, aber oftmals ohne objektivierbaren organischen Befund. Mitralzelle: Mitralzellen filtern und verstärken den Sinnesreiz, indem sie mehrere Riechzellen integrieren, denen gemeinsam ist, dass sie durch die gleichen Geruchsmoleküle erregt werden. Jede Mitralzelle repräsentiert also einen bestimmten Geruch. Tractus olfactorius: Nerv, der für die Weiterleitung von Riecheindrücken von der Riechschleimhaut der Nase zur primären Riechrinde des Großhirns (Telencephalons) verantwortlich ist und so die Geruchswahrnehmung ermöglicht. Kommissur: In der Neuroanatomie sind Kommissuren Querbahnen zwischen der rechten und linken Hirnhälfte oder zwischen der rechten und linken Hälfte des Rückenmarks. Palaeocortex: Stammesgeschichtlich ältester Hirnrindenabschnitt, der v. a. für den Geruchssinn zuständig ist und aus den Strukturen Bulbus olfactorius (Riechkolben), Regio retrobulbaris, Area olfactoria, Stria olfactoria lateralis, Gyrus semilunaris und Gyrus ambiens besteht. Thalamus: Größter Teil des Zwischenhirns, der sich aus vielen Kerngebieten zusammensetzt. Die spezifischen Thalamuskerne sind jeweils mit abgrenzbaren Bereichen der Großhirnrinde verbunden. Sie erhalten sensible (Tasten, Vibration, Schmerz) und sensorische (Sehen, Hören, Schmecken, Riechen) Impulse aus der Peripherie (Sinnesorgane) und leiten diese nach Umschaltung an die zuständigen Bezirke in der Großhirnrinde weiter. Hippocampus: Der Hippocampus zählt zu den evolutionär ältesten Strukturen des Gehirns. Er befindet sich im Temporallappen und ist eine zentrale Schaltstation des limbischen Systems. Hypothalamus: Der Hypothalamus steuert über die Ausschüttung von Hormonen (Effektorhormone, Releasing- und Inhibiting-Hormone, verschiedene Neuropeptide und Dopamin) die vegetativen Funktionen des Körpers. Hirnstamm: Als Hirnstamm (Truncus cerebri) werden die unterhalb des Zwischenhirns lokalisierten Bereiche des Gehirns ohne Berücksichtigung des Kleinhirns bezeichnet. Siebbeinplatte: Teil der Schädelbasis. Die Axone der Geruchszellen ziehen gebündelt als Nervus olfactorius durch die Siebbeinplatte direkt zum Gehirn. Axon: langer faserartiger Fortsatz der Nervenzelle, der den elektrischen Impuls weiterleitet. olfaktorische Projektionsfelder: Gebiete im Riechhirn mit olfaktorischen Eingängen (Duftimpulse).
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Dr. med. Wolfgang Steflitsch Lungenfacharzt im Otto Wagner Spital in Wien, Ärztlicher Leiter HIVmobil, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für wissenschaftliche Aromatherapie und Aromapflege, Seminarleitung „Medizinische Aromatherapie“, Klinischer Aromatherapeut, Fußreflexzonentherapeut, Wissenschaftsredakteur, Fachbuchautor.
der Autor Literatur: – Baser, K.H.C./ Buchbauer, G.: Handbook of Essential Oils: Science, Technology, and Applications. CRC Press (Taylor & Francis), Boca Raton, London, New York, 2010. – Cermelli, C. et al.: Effect of Eucalyptus essential oil on respiratory bacteria and viruses. Current Microbiology, 2008, 56, 89–92. – Horne, D. et al.: Antimicrobial effects of essential oils on Streptococcus pneumoniae. J Essent Oil Res 2001, 13, 387–392. – Inouye, S. et al.: Antibacterial activity of essential oils and their major constituents against respiratory tract pathogens by gaseous contact. J Antimicrob Chemothery 2001, 47, 565–573. – Jürgens, U.R. et al.: Steroidartige Hemmung des monozytären Arachidonsäure-Metabolismus und der IL-1B-Produktion durch 1,8-Cineol. Atemw-Lungenkrkh 1998, 24(1), 3–11. – Kristinsson, K.G. et al.: Effective treatment of experimental acute otitis media by application of volatile fluids into the ear canal. Clin Exp Pharmacol Physiol 2005, 32(10), 811–816. – Remberg, R. / Bjork, L. / Hedner, T. / Sterner, O.: Characteristics, clinical effect profile and tolerability of a nasal spray preparation of Artemisia abrotanum L. for allergic rhinitis. Phytomedicine 2004, 11, 36–42. – Steflitsch, W. / Steflitsch M.: Aromatherapie: Wissenschaft – Klinik – Praxis. Springer Verlag, Wien 2007. – Sung, H.C. / Shin, S.: Activity of essential oil from Mentha piperita against some antibiotic-resistant Streptococcus pneumoniae strains and its combination effects with antibiotics. Nat Prod Sci 2007, 13(2), 164–168.
Aromatherapie
F·O·R·U·M 35·2010
Nathalie Wechs
Apotheke und Galenik Schon seit jeher ist die Arbeit mit heilenden Pflanzen und deren Auszügen eng mit dem Beruf des Apothekers verknüpft. Die Galenik, das Herstellen von Arzneimitteln aus einzelnen Stoffen ist benannt nach dem berühmten griechischen Arzt und Naturforscher Galenos von Pergamon (ca. 129 bis ca. 216 n. Chr.) und gilt seit vielen Jahrhunderten als Meisterklasse des Apothekerhandwerks. Zum Repertoire dieser Kunst gehört auch die Aromatherapie als eine der ältesten Heilmethoden der Pflanzenheilkunde. Schon zu Zeiten der ägyptischen Hochkultur wurden Zubereitungen mit ätherischen Ölen verwendet, auch im Alten Testament gibt es Hinweise auf duftende Öle und Balsame. Und bevor sich sehr viel später, nämlich im Laufe des 18. Jahrhunderts, in Teilen Europas eine regelrechte Parfümkultur entwickelte, mit Duftstoffherstellung und -handel im großen Stil, lag die Kunst der Zubereitung von Heil- und Schönheitsmitteln mit ätherischen Ölen viele Hunderte Jahre lang in den Händen kundiger Pharmazeuten. In der Neuzeit wurden die heilsamen ätherischen Öle immer mehr von synthetisch gewonnenen Arzneistoffen verdrängt. Doch in den letzten Jahren finden sie verstärkt wieder ihren Weg zurück in die Apotheken und erfreuen sich dort immer größer werdender Beliebtheit. Apotheker sind nach wie vor die Fachleute für das Herstellen von galenischen Zubereitungen, auch wenn Fertigarzneimittel der Apothekenrezeptur den Rang abgelaufen haben, und die Galenik ist immer noch ein wichtiger Bestandteil der pharmazeutischen Ausbildung. Hinzu kommt, dass sich auch das technologische Know-how ständig weiterentwickelt hat. Ein Beispiel dafür ist, dass es heute möglich ist, Salben unter Sauerstoffausschluss herzustellen, wodurch die Haltbarkeit eines Naturprodukts ohne Zusatz von Konservierungsstoffen erhöht werden kann. Viele Kunden schätzen mehr denn je eine individuell für sie zubereitete Salbe oder Creme ohne unnötige Hilfs- und Konservierungsstoffe. Nicht nur dem Wellness-Trend, sondern auch dem gewachsenen Gesundheitsbewusstsein ist es zuzuschreiben, dass immer mehr wohltuende Badezusätze und Körperöle aus naturreinen Zutaten gefragt sind und somit auch in der Apotheke hergestellt und angeboten werden können.
Das fachgerechte Abfüllen von Öl gehört zum Apotheker-Handwerk.
Herstellungsmöglichkeiten von Ätherisch-Öl-Zubereitungen Um individuellen Kundenwünschen und pharmazeutischen Anforderungen gerecht zu werden, bieten sich in der Apotheke verschiedene Herstellungsmöglichkeiten an, die im Folgenden detailliert erklärt werden: Kosmetikum, Bedarfsgegenstand, Rezeptur und Defektur. Dabei müssen verschiedene gesetzliche Vorgaben beachtet werden. So regelt z. B. das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetz (LFGB) das Inverkehrbringen eines Produktes als Kosmetikum oder als Bedarfsgegenstand.
Kosmetikum Es gelten die Regeln der Kosmetikverordnung in Verbindung mit § 2(5) LFGB. Hierbei gilt es zu beachten, dass die Produkte vor dem Inverkehrbringen einer genauen Sicherheitsprüfung mit Zertifikat bedürfen. Ebenso müssen für jedes Produkt der Handelsname, die Produktbezeichnung und Produktkategorie sowie die Zusammensetzung des kosmetischen Mittels nach Art und Menge der verwendeten Stoffe und, soweit vorhanden, unter Verwendung der INCI-Bezeichnungen dem Bundesamt für Verbraucher-
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Aromatherapie
schutz und Lebensmittelsicherheit gemeldet werden, das diese Angaben dann den Giftinformationszentren der einzelnen Bundesländern übermittelt. So ist bei eventuellen Anwendungsfehlern wie etwa versehentlichem Verschlukken rasche Information und Hilfe gewährleistet. Nähere Informationen dazu finden sich auf der Website des Bundesamtes unter www.bvl.bund.de. Außerdem müssen die sogenannten sensibilisierenden Stoffe („Sensstoffe“) auf dem Etikett ausgewiesen werden, wenn sie eine bestimmte Konzentration überschreiten (leave-on 10 ppm, rinse-off 100 ppm). Die Anfertigung erfolgt nach GMP-Richtlinien (Good Manufacturing Practice) in separaten Herstellungsräumen. Diese Vorschriften stellen für Apotheken schwierige Hürden dar, die einigen Aufwand erfordern, jedoch umsetzbar sind.
Bedarfsgegenstand Ätherische Öle oder Mischungen daraus zur Geruchsverbesserung bzw. Raumbeduftung gelten nach § 2(6) LFGB als Bedarfsgegenstände. Weitere rechtliche Grundlagen, die hier beachtet werden müssen, sind das Chemikaliengesetz und die Gefahrstoffverordnung. Danach müssen die Bedarfsgegenstände mit Gefahrstoffsymbolen (Andreaskreuz, Toter Fisch/Baum) und sogenannten R&S-Sätzen (R für Risiko = Gefahrenhinweise, S für Sicherheit = Sicherheitsratschläge) deklariert werden. Sie können unter Beachtung der rechtlichen Voraussetzungen von Apotheken in Verkehr gebracht und verkauft werden. Das Arzneimittelgesetz (AMG) erlaubt die Herstellung einer Rezeptur, eines Fertigarzneimittels oder einer Defektur.
Rezeptur Eine Rezeptur wird immer direkt (ad hoc) auf Rezept oder Kundenwunsch angefertigt und ist in der Regel binnen weniger Stunden fertig. Der Vorteil liegt darin, dass die Zubereitung ganz individuell auf den Patienten/Kunden abgestimmt wird und im Behandlungsverlauf jederzeit verändert bzw. angepasst werden kann. Diese Art der Herstellung ist in Apotheken gängig und gehört zur täglichen Praxis. Selbstverständlich müssen die verwendeten Bestandteile der Rezeptur in geprüfter und zertifizierter Qualität zur Verfügung stehen. Näheres dazu ist unter § 6 der Apothekenbetriebsordnung zu lesen.
Fertigarzneimittel Dieses erfordert ein umfangreiches Prüf- und Zulassungsverfahren mit zahlreichen Tests und Studien. Dabei müssen Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und pharmazeutische Qualität des Produktes nachgewiesen werden. Aufgrund dieser zeit- und kostenintensiven Verfahren gibt es nur sehr wenige zugelassene Arzneimittel mit ätherischen Ölen in Deutschland. Beispiele sind Bronchoforton ® Kapseln mit Eukalyptus-, Pfefferminz- und Anisöl zur Besserung der
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Beschwerden bei Erkältungskrankheiten der Atemwege mit zähflüssigem Schleim, oder Enteroplant® Kapseln mit Pfefferminz- und Kümmelöl bei dyspeptischen, d. h. Verdauungsbeschwerden, insbesondere leichten Krämpfen im Magen-Darm-Bereich, Blähungen, Völlegefühl. Für Apotheken hat das Inverkehrbringen von ätherischen Ölen als Arzneimittel aufgrund der zu leistenden Prüf- und Zulassungsverfahren und der damit verbundenen hohen Kosten kaum Bedeutung. Rechtliche Details zur Fertigarzneimittelherstellung finden sich im AMG, §§ 4 und 21.
Defektur Hier gilt die sogenannte „100er Regel“: Beim Vorweisen entsprechend häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verordnungen dürfen laut AMG § 21(2) Chargen bis zu 100 Stück im Voraus hergestellt werden, die dann bei Bedarf etikettiert und abgegeben werden. Die Defektur wird in vielen Apotheken praktiziert. Bedingung ist wie bei der Rezeptur das Vorhandensein entsprechender Ausgangsstoffe.
Qualität und Auswahl der ätherischen Öle Ätherische Öle können in einer fertigen Mischung verschiedenen Zwecken dienen. Das Deutsche Arzneibuch verwendet ätherische Öle als Geschmackskorrigenzien, zur Beduftung und besseren Akzeptanz von äußerlich anzuwendenden Salbenzubereitungen und als Wirkstoff eines pharmazeutischen Produktes, wie z. B. eines Hustenbalsams. Die Apotheke ist in jedem Fall gefordert, die entsprechende Qualität für eine Ätherisch-Öl-Zubereitung zu gewährleisten. Laut Arzneimittelgesetz dürfen in der Apotheke nur nach bestimmten Kriterien geprüfte ätherische Öle verwendet werden, die in den relevanten Arzneibüchern gelistet sind: Ph. Eur. (Pharmacopoea Europaea = Europäisches Arzneibuch), DAB (Deutsches Arzneibuch) und als Ergänzung der DAC (Deutscher Arzneimittel-Codex) mit verschiedenen Monographien für ätherische Öle. Ph. Eur. und DAB haben Rechtsverbindlichkeit. Der DAC zählt zu den allgemein anerkannten Regeln der pharmazeutischen Wissenschaft, ihm angeschlossen ist das Neue Rezeptur-Formularium (NRF), eine Sammlung zeitgemäßer Rezepturvorschriften, welche vom Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker bearbeitet und regelmäßig aktualisiert wird. Darüber hinaus kann der Apotheker auf ausländische Pharmakopöen zurückgreifen, wie z. B. das Schweizerische Arzneibuch Ph. Helv. (Pharmacopoea Helvetica). Findet sich zu einem bestimmten Öl keine Prüfvorschrift in einem relevanten Arzneibuch, kann die Apotheke eigene Vorschriften mit den entsprechenden Kriterien festlegen und daraus firmeninterne Monographien erstellen. Die Prüfverfahren müssen dabei den Vorschriften des Arzneibuchs entsprechen. Identität und Reinheit werden mittels Dichte, optischer Drehung, Brechungsindex und mit Hilfe der Dünnschichtchromatographie bestätigt. Weitere Eigen-
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schaften sind Farbe, Geruch/Geschmack, LĂśslichkeit und Mischbarkeit. AuĂ&#x;erdem wird auf eventuelle Verharzungsprodukte und Verunreinigungen getestet. Idealerweise werden auch die einzelnen Bestandteile des Vielstoffgemisches per Gaschromatographie mit angeschlossenem Massenspektrometer genau ermittelt. FĂźr das ErfĂźllen der Arzneibuch-Qualität ist darĂźber hinaus eine PrĂźfung auf PestizidRĂźckstände unbedingt erforderlich. Es ist rechtlich nicht mĂśglich, ätherische Ă–le, die als Bedarfsgegenstand zur Raumbeduftung zugelassen sind, zur Herstellung von Kosmetika oder Arzneimitteln zu verwenden. HierfĂźr mĂźssen erst die entsprechenden PrĂźfvorschriften erfĂźllt sein.
Die Aromatherapie legt Wert auf authentische und genuine Öle Um sicherzustellen, dass ein aromatherapeutisch qualitativ hochwertiges Öl vorliegt, sind exakte Angaben zu folgenden Kriterien notwendig: – lateinisch-botanische Bezeichnung der Stammpflanze Chemotyp (CT) – verwendeter Pflanzenteil – Anbauarten, Qualitäten – Herkunftsland/Anbaugebiet – Gewinnungsverfahren
Wie wichtig die Information darßber ist, welcher Teil der Pflanze extrahiert wurde, lässt sich am Beispiel der Bitterorange sehr gut darstellen: Werden die Fruchtschalen gepresst, so entsteht BitterorangenÜl. Bei der Destillation von Blättern, Zweigen und unreifen Frßchten der Bitterorange entsteht dagegen Petit-Grain-Öl. Die Destillation der Blßten wiederum ergibt NeroliÜl. Alle drei Öle unterscheiden sich erkennbar in Duft und Wirkung. Ebenso beeinflusst das Gewinnungsverfahren das Duftund Wirkspektrum eines Extraktes, denn je nach Methode werden unterschiedliche Inhaltsstoffe aus dem Pflanzenmaterial gelÜst. So besitzen Öl, Absolue oder Essenz ganz unterschiedliche Wirkungen und Dßfte, wie z. B. beim RosenÜl zu sehen ist. Auch im Hinblick auf mÜgliche Rßckstandsbelastungen spielt die Qualität eine wichtige Rolle, gerade bei Fruchtschalenpressungen ist kbA oder Demeter-Qualität unbedingt erforderlich.
Arzneibuchqualität versus aromatherapeutischer Anspruch Macht die Arzneibuch-Monographie bzw. der Hersteller/ Lieferant des ätherischen Öls keine Angaben zu den o. g. Kriterien, ist der Apotheker gefordert, ein den Qualitätskriterien der Aromatherapie und des Arzneimittelgesetzes entsprechendes ätherisches Öl auszuwählen und zu ver-
Sonnige Frische erleben GUTE LAUNE Fruchtige Orange, Limette und Zitrone schenken im BioRaumDuft Airspray Gute Laune duftendes Wohlbefinden und sorgen fĂźr heitere Stimmung und sonnige GefĂźhle.
Pure nature. Perfect balance.
39/B)RUXP(VVHQ]LDB*XWH/DXQHB [ B B'UXFN LQGG
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Aromatherapie
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wenden. Dies gilt vor allem im Hinblick auf Stammpflanzen, denn hier unterscheidet das Arzneibuch nur nach Provenienzen, also den Herkunftsländern, und nicht nach Chemotypen. So wird z. B. beim Rosmarinöl unterschieden zwischen dem spanischen Rosmarin (entspricht dem CT Borneon), dem marokkanischen oder dem tunesischen (CT Cineol). Die Unterscheidung zwischen Lavandula officinalis und Lavandula hybrida kennt das Arzneibuch ebenfalls nicht, hier ist nur L. officinalis geläufig. Bei den Eukalyptusölen erlaubt das Arzneibuch nur die cineolreichen Eukalyptusarten wie Eucalyptus radiata, der belebend und durch seinen Cineol-Gehalt gut schleimlösend wirkt, oder aber den Eucalyptus globulus. Dieser hat eine ähnliche Wirkung wie Eucalyptus radiata, ist aber durch seinen Ketongehalt bei Asthmatikern, Kleinkindern und Schwangeren kontraindiziert. Nicht im Arzneibuch genannt wird der in der Aromatherapie häufig geforderte Eucalyptus citriodora, der sehr gut verträglich, ausgleichend und entzündungshemmend ist. Allerdings enthält dieser kein Cineol, sondern ist reich an Aldehyden. Deshalb wird er sehr gerne auch in Aromamischungen für Kinder verwendet. Verschiedene Chemotypen stammen immer von einer gemeinsamen Stammpflanze ab. Aber je nach Anbaugebiet, UV-Einwirkung, Klima und Wachstumsbedingungen weisen sie einen unterschiedlichen Gehalt an Inhaltsstoffen auf und wirken damit auch unterschiedlich. So kann es sein, dass ein aus Thymus vulgaris destilliertes und als Arzneibuchqualität deklariertes Öl das milde, gut hautverträgliche Linalool als Hauptkomponente enthält, wenn es sich dabei um den CT Linalool handelt, oder aber das stark reizende Phenol Thymol, wenn das Öl aus
Glossar GMP: Good Manufacturing Practice, festgelegte Grundregeln der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Herstellung von Arzneimitteln und zur Sicherung der Qualität. Einfach zu übersetzen mit: „Gute Manieren beim Produzieren“ INCI: International Nomenclature of Cosmetic Ingredients, eine internationale Richtlinie für die korrekte Bezeichnung und Angabe der Inhaltsstoffe von Kosmetika. leave-on: „bleibt auf der Haut“, in diesem Zusammenhang alle Kosmetikprodukte, die nach Auftragen auf der Haut oder den Haaren verbleiben, z. B. Creme, Parfüm, Haarfestiger physiologische Hautdiffusion: alle Arten von Gas-, Flüssigkeits- und Teilchenaustausch, die beim gesunden Menschen über die Haut stattfinden. ppm: parts per million = „Teile von einer Million“, steht für die Zahl 10 –6 und wird in der Wissenschaft für den millionsten Teil verwendet rinse-off: „wird abgewaschen”, in diesem Zusammenhang alle Kosmetikprodukte, die nach Auftragen auf die Haut wieder abgewaschen werden, z. B. Duschgels, Haarwaschmittel, Badezusätze sensibilisierende Stoffe („Sensstoffe“): 26 Duftstoffe, die ab bestimmten Konzentrationen in Kosmetika einzeln gekennzeichnet werden müssen. Darunter sind vor allem die Stoffe, die europaweit am häufigsten bei Menschen Allergien hervorrufen, wenn ihr Gehalt einen bestimmten Grenzwert überschreitet. viruzid: virustötend
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dem CT Thymol gewonnen wurde. Therapeuten wie Apothekenpersonal müssen den entsprechenden Chemotypen benennen können, um Qualität und Wirkung zu gewährleisten bzw. unerwünschte Wirkungen zu vermeiden, denn Thymian CT Thymol wäre beispielsweise zu stark hautreizend für Anwendungen auf Kinderhaut. Dies bedeutet, dass z. B. auf einem Heilpraktikerrezept für Hustenzäpfchen mit Thymus vulgaris auch der Chemotyp angegeben werden muss – im Zweifel hat die Apotheke die Pflicht, beim Rezeptaussteller nachzufragen.
Qualität der Trägerstoffe Neben den ätherischen Ölen spielen auch die Auswahl der Trägerstoffe und deren Qualität eine herausragende Rolle. Hier kommen z. B. fette Pflanzenöle für ein Körperöl oder Sheabutter als Salbengrundlage in Frage. Dazu gibt es ebenfalls entsprechende Arzneibuch-Monographien. Die Aromatherapie verwendet weder Mineralöle noch raffinierte Pflanzenöle. Da ätherische Öle in der Lage sind, die Permeabilität (also die Durchlässigkeit) unserer Hautbarriere zu erhöhen, ist es besonders wichtig, auf native und rückstandsfreie Trägerstoffe zu achten. Viele Unverträglichkeitsreaktionen sind auf qualitativ minderwertige Grundlagenstoffe zurückzuführen.
Praktische Umsetzung Zur Herstellung einer Zubereitung kann sich die Apotheke fertiger Standardrezepturen (z. B. aus dem NRF) bedienen, Verordnungen von Therapeuten ausführen oder bei entsprechender Erfahrung im Gespräch mit dem Kunden eine individuelle Rezeptur festlegen. Wichtig ist, im Kundengespräch zunächst zu klären, bei welchem Patienten die Rezeptur angewendet werden soll, Kontraindikationen zu berücksichtigen und sich dann Gedanken zu machen, welche Öle bei genauer Definition von Stammpflanze und etwaigen Chemotypen sich in geeigneter Konzentration einsetzen lassen. Häufig ist es auch der Fall, dass Kunden mit Rezepturempfehlungen aus Büchern und Zeitschriften in die Apotheke kommen und diese anfertigen lassen möchten. Ein typisches Beispiel dafür ist ein Bronchialbalsam mit folgenden Inhaltsstoffen: – – – – –
Eukalyptusöl Thymianöl Melissenöl mikrokrist. Paraffin weißes Vaselin
2,5 2,5 2,5 25,0 zu 100,0
g g g g g
Bei solch einer Rezeptur fällt sofort auf, dass alle ätherischen Öle der Mischung unabhängig von Duftnote, Intensität oder Preis zu gleichen Teilen enthalten sind (der Rezeptaussteller verwendet hierfür das Kürzel aa = ana partes aequalis). Ein wichtiger Aspekt in der Aromatherapie ist jedoch die „Nasenfreundlichkeit“ der Mischungen, das heißt die ätherischen Öle sollten möglichst so kombiniert wer-
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den, dass sich ein runder und angenehmer Duft ergibt. Dazu werden die Öle in sogenannte Kopf-, Herz-, und Basisnoten eingeordnet, welche man dann in unterschiedlichen Mengenverhältnissen mischt. Die Geruchsintensität und Wirkstärke sind sehr unterschiedlich und sollten beim Festlegen der Tropfenzahl entsprechend berücksichtigt werden. Auch ist die Verwendung von Paraffin und Vaselin nicht geeignet, da beide Stoffe aus der Erdölproduktion stammen. Sie bestehen aus gesättigten Kohlenwasserstoffen und sind deshalb absolut reaktionsträge, man sagt auch inert. Sie lassen sich mit einer Vielzahl von Stoffen interaktionslos mischen und sind sehr lange haltbar. Der Nachteil ist, dass sie auf der Haut einen nahezu undurchlässigen Film bilden, dadurch zu Stoffwechseleinschränkungen führen können und die physiologische Hautdiffusion beinträchtigen. Sie können zum Aufquellen der Hornschicht und dadurch zu einer verminderten Hautbarriere führen. Zusammen mit ätherischen Ölen kann es so sehr leicht zu unerwarteten Reizwirkungen und Unverträglichkeiten kommen. Des Weiteren sind in dieser Rezeptur weder konkrete Stammpflanzen noch Chemotypen der verwendeten ätherischen Öle definiert. Für den Kunden ist darüber hinaus häufig der Preis einer Mischung ausschlaggebend, deshalb sollte sich die Apotheke bemühen, Mischungen zu einem erschwinglichen Preis herzustellen. Die 2,5 g Melissenöl in der oben aufgeführten Bronchial-Mischung kosten für sich genommen schon über 50,00 € und sind somit nicht für jeden Kunden bezahlbar. Möglicherweise ist aber hier nicht die echte Melisse (Melissa officinalis) gemeint, sondern Melissa indicum, das viel billigere Citronellaöl, oder „Oleum ‚Melissae‘ rectific.“, eine Mischung aus Citronella- und Zitronenöl. Beide Öle haben trotz ihrer Bezeichnungen nichts mit der echten Melisse zu tun, besitzen auch nicht deren beruhigende und viruzide Eigenschaften, sind aber weitaus preiswerter als echtes Melissenöl. Alles zusammengenommen, muss das Beratungsziel in der Apotheke sein, ein wirksames und verträgliches Produkt mit einer angenehmen Duftnote und zu einem bezahlbaren Preis herzustellen. Selbstverständlich darf der Hinweis auf sachgerechte Anwendung der Rezeptur nicht fehlen. Oft sind Bücher, die Aromainteressierte zu Rate ziehen, veraltet oder praxisfremd. Manche Kunden sind vom Einkauf beim Discounter geprägt und wissen deshalb nicht, dass hochwertige ätherische und fette Pflanzenöle ihren Preis haben. Neben Wissen und Erfahrung sowie einem hohen Qualitätsbewusstsein ist daher auch eine gute und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Kunde und Apothekenpersonal notwendig, um einen sicheren und qualitativ hochwertigen Einsatz der Aromatherapie in der Apotheke zu gewährleisten. Um dem Spannungsfeld Kundenwunsch, Fachwissen und Preis gerecht zu werden, könnte die Bronchialrezeptur folgendermaßen verbessert werden:
Milder Bronchialbalsam: – Cajeput – Lavendel fein – Zirbelkiefer – Niaouli – Thymian CT Linalool – Johanniskrautöl – Bienenwachs – Sheabutter – Wollwachs SP
1,0 1,5 1,5 0,5 0,5 50,0 5,0 20,0 20,0
g g g g g g g g g
Dies entspricht einer qualitativ hochwertigen und sicheren Individualrezeptur: Sie ist angenehm im Duft, das PreisLeistungs-Verhältnis stimmt auch und sie berücksichtigt gesetzliche Grundlagen ebenso wie aromatherapeutische Qualitätsanforderungen, pharmazeutisches Know-how und Kundenanspruch.
Ausblick Das steigende Interesse an Zubereitungen mit ätherischen Ölen ist für die Apotheken eine große Chance, ihr altes „Hand“-Werk fortzusetzen und ihre Kompetenz und ihr Können unter Beweis zu stellen. Die Vernetzung mit Therapeuten, eine kontinuierliche Weiterbildungspraxis sowie Qualitätsmanagement in der Apotheke gewährleisten den Kunden, umfassend und nach neuestem Wissensstand beraten, aufgeklärt, beliefert und versorgt zu werden.
Nathalie Wechs Pharmazeutisch-Technische Assistentin (PTA). Weiterbildungen zur Fach-PTA für Ernährung, Ernährungs- und Diätberaterin sowie Fach-Beraterin für Kosmetik und Dermopharmazie (IHK). Darüber hinaus Besuch zahlreicher Fortbildungskurse auf dem Gebiet der Aromatherapie. Seit 2006 in der Bahnhof-Apotheke tätig mit den Schwerpunkten Beratung, Herstellung von Aromamischungen, Messepräsentationen. Seit 2007 auch Referentin in den Bereichen Ernährung und Aromatherapie.
die Autorin
Literatur: – DAB-10-Kommentar für Studierende, Wissenschaftliche Erläuterungen zum Deutschen Arzneibuch, 10. Ausgabe, Frankfurt, Govi Verlag und Stuttgart, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 1991. – Europäisches Arzneibuch (Ph. Eur. 6.0), Grundwerk 2008 und Nachträge 6.1–6.4, amtliche deutsche Ausgabe. Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 2008–2010. – Hunnius pharmazeutisches Wörterbuch. 8., neu bearb. und erw. Aufl. de Gruyter, Berlin u. New York 1998. – Stadelmann, Ingeborg: Bewährte Aromamischungen. Mit ätherischen Ölen leben – gebären – sterben. 4. Aufl., Stadelmann Verlag, Wiggensbach 2006. – Werner, Monika / von Braunschweig, Ruth: Praxis Aromatherapie. 2., aktual. Aufl., Haug, Stuttgart 2009. – www.bvl.bund.de – www.gesetze-im-internet.de
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Bahnhof Apotheke $URPDWKHUDSLH ² %HZXVVW SÁHJHQ XQG OHEHQ :LU IHUWLJHQ $URPDUH]HSWXUHQ JDQ] QDFK ,KUHQ : QVFKHQ DQ DXV KRFKZHUWLJVWHQ lWKHULVFKHQ XQG IHWWHQ %LR gOHQ VRUJVDP YRQ +DQG KHUJHVWHOOW PLW PRGHUQVWHU $QDO\WLN JHSU IW
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Dr. Johannes Novak
Identifizierung von ätherischen und fetten Ölen mit Hilfe der DNA Es gibt eine ungeheure Fülle an unterschiedlichen ätherischen und fetten Ölen, die im Gesundheitswesen oder anderen Bereichen eingesetzt werden. Eine große Herausforderung besteht darin, deren Echtheit zu garantieren. Daher werden immer wieder neue Methoden entwickelt, um die Ausgangsmaterialien und auch die ätherischen und fetten Öle direkt zu überprüfen. Eine dieser Methoden, nämlich die Untersuchung der DNA, soll hier besprochen werden.
Einleitung Durch die Vielzahl der Ausgangsmaterialien für ätherische und fette Öle und ihre oft nicht einfache Bestimmung sind Verwechslungen durchaus möglich. Bei teuren Ölen ist oft auch die Versuchung gegeben, sie, um einen höheren Profit zu erzielen, durch billigere Öle zu verfälschen (vertauschen oder beimischen; vgl. dazu auch F·O·R·U·M Nr. 34, S. 32–36). Daher ist es wichtig, Methoden zu haben, um diese Ausgangsmaterialien zu überprüfen. Die erste Möglichkeit ist die korrekte botanische Bestimmung der Art, die man kultiviert oder wild sammelt. Ein besonders wichtiger Punkt dabei ist das Training der Landwirte oder Sammler, gesuchte Arten korrekt zu identifizieren. Eine weitere Möglichkeit ist die makro- und mikroskopische Untersuchung des geernteten Materials. Dies ist oft nicht ganz einfach, wenn es sich beispielsweise um Wurzeln handelt. Probleme gibt es hier besonders bei nah miteinander verwandten Arten, die morphologisch nur sehr schwer voneinander zu unterscheiden sind. Eine weitere Möglichkeit der Überprüfung besteht in der chemischen Analyse der ätherischen und fetten Öle. Dies ist heute die Standardmethode, die auch eine Untersuchung des Produktes entlang der Handelskette bis zum Konsumenten erlaubt. Allerdings schützt auch dies nicht vor „Aufbesserungen“ (Verfälschungen), da man hier ja nur eine chemische Zusammensetzung überprüfen kann, nicht aber die botanischen Arten identifiziert, aus denen das Produkt gewonnen wurde. Eine neue Möglichkeit ist in anderen Bereichen bereits etabliert, etwa in der Forensik oder bei der Überprüfung von Lebens- und Futtermitteln auf Organismen, deren Erbanlagen mittels gentechnischer Methoden gezielt verändert wurden (gentechnisch veränderte Organismen, GVO): Die Verwendung der DNA zur Identifizierung.
DNA DNA steht für „deoxyribonucleic acid“, zu deutsch „Desoxyribonukleinsäure“, und bezeichnet das Erbmaterial in der Zelle. Wenn wir von der DNA (in der Einzahl) sprechen, so geht es eigentlich um zwei Moleküle, die durch Wasserstoffbrückenbindungen miteinander verbunden sind. Es handelt sich um ein langes Polymer, das aus vielen Untereinheiten, den Nukleotiden besteht. Jedes Nukleotid besteht aus einem Phosphat-Rest, einem Zucker und einer von vier organischen Basen mit den Kürzeln A, T, G und C. Die Wasserstoffbrückenbindungen der beiden Moleküle können nur zwischen A und T bzw. zwischen G und C aufgebaut werden. Das heißt, die beiden DNA-Stränge sind zueinander komplementär, sodass man aus der Sequenz eines Stranges sofort die Sequenz des zweiten (komplementären) Stranges erstellen kann. Die Abfolge dieser Basen in gewissen Abschnitten der DNA, den Genen, ist der Code für den Bau wichtiger Proteine, die als Baumaterial dienen, aber auch Katalysatoren in chemischen Prozessen (Enzyme) sind. Im ersten Schritt wird die DNA-Sequenz der Gene abgelesen und in die Komplementärsequenz übersetzt, die sogenannte BotenRNA. Diese wird zum Ort der Proteinsynthese transportiert und im nächsten Schritt erfolgt die Proteinsynthese. Dabei werden die Bausteine der Proteine, die Aminosäuren, anhand der Abfolge der Basen an der Boten-RNA ausgewählt. Jeweils 3 Basen kodieren eine Aminosäure, das heißt die Abfolge von jeweils drei Basen bestimmt, welche Aminosäure als nächste in das Protein eingebaut wird. Die Anordnung der organischen Basen an der DNA (Sequenz) ist, bedingt durch ständige Mutationen und durch die neue Zusammenstellung der elterlichen Chromosomen, von Individuum zu Individuum verschieden. Die Abfolge der Basen kann mit verschiedenen biochemischen Methoden bestimmt werden (DNA-Sequenzierung).
DNA-Barcoding (DNA-Etikettierung) Obwohl jedes Individuum eine eindeutige DNA-Sequenz besitzt, ähneln sich verwandte Organismen in der Sequenz, weil ja ein Großteil der elterlichen DNA erhalten bleibt. Dadurch ist es möglich, die Verwandtschaft von Organismen zu studieren und sie anhand der DNA-Sequenz
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einer gewissen Gruppe (einer Art oder einer Familie) zuzuordnen. Diese Form der Artbestimmung wird heute als DNA-Barcoding (DNA-Etikettierung) bezeichnet. Bei Tieren kann zur Identifizierung der Art eine kurzer DNA-Abschnitt aus einem Gen, das für ein bestimmtes Enzym kodiert, herangezogen werden (eine aus 648 Basenpaaren bestehende Region des Gens der Untereinheit I der Cytochrom-c-Oxidase). Bei Pflanzen ist es nicht so einfach. Nur eine Genregion kann nicht alle Arten bestimmen, es müssen unterschiedliche Regionen untersucht werden, wobei man mit zwei bis drei Genregionen zumeist zum Ziel kommen wird. Beim DNA-Barcoding wird zuerst die DNA extrahiert und die DNA-Sequenz bestimmt (sequenziert). Danach wird die DNA-Sequenz mit den Sequenzen einer Datenbank abgeglichen und auf Übereinstimmung überprüft. Ist dieselbe Art in der Datenbank vorhanden, gibt es eine große Übereinstimmung in der DNA-Sequenz. Pflanzen, die derselben Art angehören, die aber aus geographisch vollkommen unterschiedlichen Regionen stammen, werden sich wiederum in der DNA-Sequenz stärker voneinander unterscheiden als wenn sie nebeneinander wachsen würden. Allerdings noch nicht so stark, dass sie einer anderen Art zuzurechnen sind. So wird anhand der DNA-Analyse auch ein geographischer Herkunftsnachweis möglich.
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Nachweis in Extrakten Die DNA ist ein Molekül, das erstaunlich widerstandsfähig und langlebig ist. So ist es vor kurzem gelungen, das Genom des Neandertalers zu sequenzieren. Daher ist es auch möglich, einen DNA-Nachweis in prozessierten Lebens-, Futter- oder Arzneimitteln wie etwa in vermahlenen Produkten, fetten Ölen, oder bei Produkten, die erhitzt wurden, zu führen. Viele der Verarbeitungsschritte übersteht die DNA mehr oder weniger unbeschadet. Allerdings kann es unter sehr extremen Bedingungen oder mit dem Alter zu chemischen Modifikationen und Brüchen in diesem langen Polymer kommen, die man als Degradierung bezeichnet. Mit einer derart veränderten DNA funktionieren dann viele Nachweismethoden nicht mehr. Ein wichtiges Hilfsmittel bei derartigen Nachweisen und die wichtigste Technologie in der Molekularbiologie ist die PCR (polymerase chain reaction, Polymerase-Kettenreaktion), die es ermöglicht, einen kurzen Abschnitt der DNA (meist bis zu 1 000 Basenpaaren lange Sequenzen) in vitro zu vermehren. Die Vermehrung erfolgt mit Hilfe der DNAPolymerase, ein Enzym, das in der Lage ist, die DNA aufzubauen. Das Verfahren läuft in wiederkehrenden Zyklen ab, wobei die DNA, die in einem Zyklus generiert wurde, im nächsten Zyklus wieder eingesetzt wird, sodass es in jedem Zyklus zur Verdoppelung der Menge an DNA kommt. In
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der Praxis heißt dies, dass man von einem Abschnitt aus einem Molekül DNA zu Beginn nach 31 Zyklen ca. eine Milliarde Kopien angefertigt hat. Diese Menge ist dann ausreichend, um einen Nachweis zu führen. Daher kann ein Produkt auch noch überprüft werden, wenn es nur kleinste Spuren an DNA enthält. Ein Beispiel für eine solche Überprüfung ist die Analyse von verschiedenen Kamillenprodukten. Dabei konnte festgestellt werden, dass in einem kommerziellen Extraktfluid eine andere Pflanze beigemengt war (vgl. Abb. 1).
Zumischungen quantitativ zu erfassen (quantitative PCR, qPCR). Dieses Verfahren wird im Bereich der Lebens- und Futtermittel momentan vorwiegend dazu eingesetzt, um die Zumischung von gentechnisch veränderten Pflanzen (GVO) zu Lebens- und Futtermitteln quantitativ erfassen zu können, da hier in Europa ein gesetzlich geregelter Grenzwert von 0,9 % existiert; Beimengungen von GVOs, die diesen Wert überschreiten, müssen deklariert werden. Zukünftig werden sicherlich auch Methoden im Bereich der Arznei- und Gewürzpflanzen und deren Produkte entwickelt werden, um eine Quantifizierung von Beimengungen zu ermöglichen.
Dr. Johannes Novak Studium der Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur in Abb. 1: Ausschnitt der DNA-Sequenz von Kamillenprodukten: Tee, Tinktur und Extraktfluid. Im Extraktfluid konnte eine zweite Sequenz entdeckt werden, die einer bisher unbekannten Pflanze zuzuordnen ist (Beimengung zur Kamille).
Wien. Derzeit tätig am Institut für Angewandte Botanik, Veterinärmedizinische Universität Wien. Der Schwerpunkt der Arbeiten liegt in der Verbesserung der Qualität von Arznei- und Gewürpflanzen (Pflanzenzüchtung, phytochemische und molekularbiologische
Wie oben bereits erwähnt, können auch fette Öle gut über die DNA bestimmt werden. Das hat derzeit besondere Bedeutung, um die Sortenechtheit von Olivenöl, aber auch eine Beimischung von fremden Ölen überprüfen zu können. Eine Beimischung von Haselnuss- oder Mandelöl zu Olivenöl von weniger als 5 % ist chemisch nicht mehr nachweisbar. Hier besteht nur über die DNA-Analyse die Möglichkeit, diese Zumischungen zu detektieren.
Nachweis in ätherischen Ölen? Es stellt sich natürlich die prinzipielle Frage, ob denn auch ein DNA-Nachweis in einem ätherischen Öl möglich ist. Rein prinzipiell wäre es vorstellbar, dass geringste Spuren von DNA auch im ätherischen Öl zu finden sein dürften. Allerdings wäre hier der Nachweis noch wesentlich schwieriger als bei einem fetten Öl oder Extrakt: Während das fette Öl oder das Extraktionsmittel nur durch Filtration vom Pflanzenmaterial getrennt wird, erfolgt bei der Destillation ätherischer Öle die Trennung über die Dampfphase, wobei sicher nur geringste Spuren an DNA „mitgerissen“ werden. So kommt es, dass der Nachweis von DNA im ätherischen Öl noch nicht gelungen ist. Eine gute Einsatzmöglichkeit in der Qualitätssicherung von ätherischen Ölen wäre aber der Nachweis des Streckens von ätherischen Ölen mit fetten Ölen. Man könnte mit molekularbiologischen Methoden nachweisen, dass und mit welchem fetten Öl ein ätherisches Öl verfälscht wurde, und in der Folge auch die Beimischung quantitativ erfassen.
Quantifizierung Durch ständiges Messen der in jedem Zyklus erzeugten Produkte während der PCR ist es möglich, auch die Ausgangsmenge an DNA festzustellen und somit zum Beispiel
Methoden) bzw. in deren DNA-basierter Identifizierung. Kontakt: Johannes.Novak@vetmeduni.ac.at
der Autor
Literatur: – Chase, Mark W. / Fay, Michael F.: Barcoding of Plants and Fungi. Science 2009, 325, 682–683. – Europäische Kommission: Regulation (EC) No 1830/2003 of the European parliament and the council concerning the traceability and labelling of genetically modified organisms and the traceability of food and feed products produced from genetically modified organisms and amending directive 2001/18/EC. Off J Eur Union 2003, 268, 24–28. – Mafra, Isabel / Ferreira, Isabel M.P.L.V.O. / Oliveira, M. Beatriz P.P.: Food authentication by PCR-based methods. European Food Research and Technology 2008, 227, 649–665. – Novak, Johannes / Grausgruber-Gröger, Sabine / Lukas, Brigitte: DNA-based authentication of plant extracts. Food Research International 2007, 40, 388–392. – Holzapfel, Bianca / Wickert, Lucia: Die quantitative Real-Time-PCR (qRT-PCR). Biologie in unserer Zeit 2007, 37, 120–126.
Wichtiger Hinweis der Redaktion! Ätherische Öle sind hochwirksame Substanzen, die – falsch angewendet oder zu hoch dosiert – zu Nebenwirkungen führen können. Halten Sie sich deshalb bitte genau an die Anleitungen und angegebenen Dosierungen der Autorinnen und Autoren, und verwenden Sie nur hochwertige Öle. Die Angaben über Dosierung und Applikation erfolgen außerhalb der Verantwortung der Redaktion und des Vereins FORUM ESSENZIA e.V. Alle empfohlenen Rezepturen und Behandlungsmaßnahmen haben sich in der naturheilkundlichen Praxis der Autoren bewährt. Jede Leserin, jeder Leser ist jedoch aufgefordert, in eigener Verantwortung zu entscheiden, ob und inwieweit sie/er die ätherischen Öle einsetzt.
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Aromawissenschaft
Ingeborg Stadelmann
Ätherische Öle richtig dosieren – Tropfen oder Gewichtseinheit? Immer wieder eine Herausforderung besonderer Art ist die richtige Dosierung von ätherischen Ölen, sei es im Hausgebrauch oder in der Praxis, bei therapeutischen oder bei Wohlfühlanwendungen. In Büchern, Seminaren, Ausbildungen und auch im Internet finden sich Rezepturen für das Erstellen einer ätherischen Körper- oder Massageölmischung entweder mit Tropfenzahlangaben und/oder prozentualen Angaben. In der Apotheke nachgefragt, wie viel denn nun in der Rezeptur eingemischt wird, hören wir womöglich von Gramm (g) und Milligramm (mg) aa ad in fettem Pflanzenöl (Erläuterung s. S. 24). Wie viel wiegt denn nun ein Tropfen ätherisches Öl? Das hängt vom einzelnen Öl ab! Um etwas Licht ins Dunkel des Duftes zu bringen, möchten wir an dieser Stelle in loser Reihenfolge ätherische Öle mit ihren Gewichten und der entsprechenden Tropfenzahl vorstellen. Aufgelistet werden ätherische Öle mit ihrer Stammpflanze, der zugehörigen Gattung und der Gewinnungsart. Die ausgewählten Öle zeigen die Verschiedenheit der Gewichtsangaben. Es wurden zudem Öle aus allen Duftebenen, also Kopf-, Herz- und Basisnoten gewählt.
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Das Gewicht bezieht sich auf jeweils 10 Tropfen ätherisches Öl: Zitrone (Citrus limon, Rutaceae, Schalenpressung) 0,29 g Limette (Citrus aurantiifolia, Rutaceae, Schalenpressung) 0,33 g Orange (Citrus sinensis, Rutaceae, Schalenpressung) 0,26 g Sandelholz (Santalum album, Santalaceae, Holz) 0,33 g Vetiver (Vetiveria zizanioides, Poaceae/Gramineae, Wurzel) 0,35 g Angelika (Angelica archangelica, Apiacea, Wurzel) 0,26 g 0,29 g Ysop (Hysoppus officinalis, Lamiaceae, Kraut) 0,27 g Salbei (Salvia officinalis, Lamiaceae, Kraut) Schafgarbe (Achillea millefolium, Asteraceae/Compositae, Blüten) 0,30 g Ylang-Ylang (Cananga odorata, Annonaceae, Blüten) 0,29 g Für die praktische Umrechung und die Erstellung einer Rezeptur sollen hier zwei Beispiele angegeben werden. Eine das Immunsystem anregende Mischung für die Erkältungszeit könnte folgendermaßen aussehen: Zitrone Salbei Ysop Angelikawurzel Sonnenblumenöl ad 30 ml
5 3 3 1
Tr. Tr. Tr. Tr.
= = = =
0,15 0,08 0,09 0,03
g g g g
Aber Vorsicht: Häufig wird der Fehler gemacht, Gewicht (Masse) und Volumen gleichzusetzen. Gramm entspricht nicht Milliliter! Hier muss auf die Dichte der Flüssigkeit geachtet werden! Denn: Dichte = Masse / Volumen Die Dichte gibt das Gewicht von 1 ml ätherischem Öl an. In unserem Fall: Dichte Zitronenöl = 0,85 g/ml
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Daraus ergibt sich: Volumen (ml) = Masse (g) / Dichte (g/ml)
Anbau & Herstellung
Danil Isakov und Jürg Müller (Übersetzung)
Hier also: Volumen (Zitronenöl) = 0,15 g / 0,85 g/ml = 0,18 ml 5 Tr. Zitronenöl = 0,15 g Zitronenöl = 0,18 ml Zitronenöl Oft findet man in Rezepturen auch Angaben in Volumenprozent. Auch dazu ein Beispiel: 1 Vol% Zitronenöl in 10 ml Jojobawachs das heißt: 0,1 ml auf 10 ml
Ätherische Öle aus Usbekistan
Die exakte Gewichtsangabe errechnet sich aus der oben genannten Formel: Masse = Dichte x Volumen Masse (Zitronenöl) = 0,85 g/ml x 0,1 ml = 0,085 g Also: 0,1 ml Zitronenöl = 0,085 g Zitronenöl = 2,83 Tropfen Zitronenöl Das Wissen um Tropfengewicht und Dichte ist wichtig, denn nur so kann in der Apotheke eine Individualrezeptur vom Therapeuten für den Kunden exakt erstellt werden, egal ob Tropfenzahl oder Gramm angegeben sind. Zu Hause können wir uns jetzt also auch den mathematischen Spaß erlauben und die Dichte, das Volumen und die Masse genau ausrechnen – oder wir mischen einfach 5 Tropfen Orange, 2 Tropfen Rose, 2 Tropfen Sandelholz und 3 Tropfen Ylang-Ylang in einem Becher Sahne mit zwei Esslöffel Honig für ein Aromabad, genießen und entspannen in diesem Wohlgeruch und freuen uns, dass sich Fachsprache und Aromaexpertensprache wieder ein Stückchen näher gekommen sind. Anmerkung: Im häuslichen Alltag kann und darf jedefrau und jedermann für sich und die eigene Familie nach Lust und Laune mischen. In einer therapeutischen Praxis kann jeder Therapeut für Kunden/Patienten eine Individualrezeptur zur Behandlung anmischen. Ist diese im Preis inbegriffen, darf der Rest natürlich mit nach Hause gegeben werden. In der Behandlungsvereinbarung, bzw. in der hausinternen Dokumentation wird die Aufklärung und Einverständniserklärung des Kunden/Patienten ebenso aufbewahrt wie die verwendete Rezeptur, so dass eine weitere Behandlung jederzeit durchgeführt werden kann. Die Autorin bedankt sich für die Unterstützung bei den Mitarbeiterinnen der Bahnhof-Apotheke, Kempten.
www.forum-essenzia.org Immer aktuell: Auf unserer Website erfahren Sie alles über die Aktivitäten und das Angebot von FORUM ESSENZIA e.V. !
Seit zwei Jahren produziert die Firma „Mountain Herbs“ ätherische Öle in den Bergen Usbekistans. Die pflanzlichen Rohstoffe dafür werden in den abgelegenen Bergregionen wild gesammelt und vor Ort destilliert. Die Firma setzt dabei auf Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit und ist stolz auf ihre naturreinen und z. T. seltenen Produkte.
Die Berge Zentralasiens sind eine Quelle für seltene Ätherisch-ÖlPflanzen.
Ätherische Öle sind ein Stück echte Natur: Sie sind die Seele der Pflanzen, speichern die Energie der Sonne, die Geheimnisse des Mondes, die Kraft des Wassers und des Windes. All das spürt man beim Einatmen der wundervollen Düfte. Die therapeutischen Einflüsse ätherischer Öle sind wissenschaftlich nachgewiesen, vielfältig und sanft. Die Anwendung von ätherischen Ölen ist sehr angenehm. Viele unangenehme Behandlungsvorgänge wandeln sich in Wohlgefühl, weil die Essenzen nicht nur auf molekularer und neuro-humoraler Basis wirken, sondern auch auf psycho-emotionaler Ebene. Sie können so positive Emotionen und Gefühle von Behaglichkeit auslösen und haben dadurch auch eine stimmungsaufhellende Wirkung. Besonders wollen wir hervorheben, dass die ätherischen Öle auch auf molekularer Basis wirken. Wissenschaftler des Grippe-Instituts der russischen Akademie der Medizin haben herausgefunden, dass sie eine Wiederherstellung von menschlichen Genen bewirken, sodass Alterungspro-
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zesse verlangsamt werden können (uznews.net 2009). Die Anwendung ätherischer Öle bewirkt also natürliche Schönheit, Jugend, Gesundheit und gute Laune.
Firmengeschichte Die Firma „Mountain Herbs“ wurde 2008 gegründet und wurde vor allem bekannt durch die Herstellung von ätherischen Ölen aus Bergpflanzen Zentralasiens. Zuvor bereits hatte die Firma Wildpflanzen gesammelt und pflanzliche Tees produziert, in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Pflanzenproduktionszentrum „Botany“ der Akademie der Wissenschaften, Usbekistan. Auch diese Arbeit wird heute noch weitergeführt. Der Grundstab der Firma besteht aus drei enthusiastischen Führungspersonen, die von ihren jeweiligen Facharbeitern unterstützt werden: • technischer Leiter: Maltsev Ivan Ivanovich, promovierter Biologe, Leiter des Labors „Flora und pflanzliche Ressourcen“ am wissenschaftlichen Pflanzenproduktionszentrum „Botany“ in Taschkent • Herstellungsleiter: Makarytchev Mikhail Fedorovich • Firmenleitung: Isakov Danil
Im Vordergrund der Silberstrauch (Perovskia angustifolia).
Rohstoffbeschaffung
Rektifikationsanlagen für die Gewinnung der ätherischen Öle.
Die Firma hat sich auf die Verarbeitung von wildgesammelten Pflanzen aus Gebirgsregionen spezialisiert, da die Nachfrage nach neuen, natürlichen und umweltfreundlichen Produkten am weltweiten Markt beständig wächst. Die Produkte werden in der Pharma-, Parfüm-, Kosmetikund Nahrungsmittelindustrie verwendet. Mittlerweile beinhaltet der Produktkatalog der Firma siebzehn verschiedene ätherische Öle. Drei dieser Öle stammen von endemischen Pflanzen, die nur in Usbekistan wachsen: Artemisia persica (persischer Beifuß, persian wormwood), Perovskia angustifolia (Silberstrauch, russian sage) und Angelica tschimganica (angelica). Weitere zehn Öle werden aus Pflanzen gewonnen, die ausschließlich im Gebiet von Zentralasien vorkommen, z. B. Artemisia tenuisecta (thin comb wormwood), Juniperus seravschanica (Wacholder, juniper), Origanum tyttanthum (Kirgisischer Majoran, Kirghiz marjoram).
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Natürliche ätherische Öle sind Gemische aus flüchtigen lipophilen Substanzen, die aus pflanzlichem Material gewonnen werden, meist durch Wasserdampfdestillation. Sie haben ein einzigartiges charakteristisches Aroma und werden als Rohmaterial in der Pharma-, Parfum-, Kosmetikund Nahrungsmittelindustrie verwendet. Die Wildsammlung für „Mountain Herbs“ erfolgt von Hand in abgelegenen Gebirgsregionen von Usbekistan (Chaktal-Kette des Tian-Shan-Gebirges) in Höhen von 1 000 bis 3 500 m über dem Meeresspiegel. In diesen Höhenlagen ist das menschliche Handeln eingeschränkt und deshalb können keine Pestizide, Herbizide oder andere giftige Chemikalien verwendet werden. Das gesammelte Pflanzenmaterial wird innerhalb von 3 bis 12 Stunden nach der Ernte in die Fabrik gebracht und dort unverzüglich weiterverarbeitet. Für die industrielle Anwendung werden nur Pflanzenarten geerntet, die in den jeweiligen Regionen häufig vorkommen. Die Sammlung der Pflanzen darf nur mit Sammlerbewilligungen der staatlichen Aufsichtsstelle Gosbiocontrol erfolgen. Es wird außerordentlich großen Wert darauf gelegt, dass die Sammlung nachhaltig erfolgt und von erfahrenen und trainierten Sammlern durchgeführt
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wird, damit der Bestand auf keinen Fall geschädigt wird. Aus diesem Grund sind die Rohstoffreserven kaum eingeschränkt und umfassen schätzungsweise mehrere hundert Tonnen pro Jahr. Nachdem im Jahr 2009 die Zertifizierung nach den EUBio-Richtlinien für die Wildsammlung abgeschlossen werden konnte, ist geplant, bis Ende 2010 auch noch die Anforderungen des FairWild-Standards zu erfüllen.
Grundprinzipien der Verarbeitung: • ausschließlich natürliche Ausgangs- und Inhaltsstoffe • Verwendung von reinem Bergwasser für die Verarbeitung • schonende und energiesparende Verarbeitung durch die Nutzung von natürlichen Prozessen (Wasserdampfdestillation) • umweltfreundliche Verpackungen Zertifizierungen: • Hygiene-Zertifikat des Gesundheitsministerium der Republik Usbekistan • jährliche Bestätigung des Gesundheitsministeriums der Republik Usbekistan, dass unser Produkte frei von toxischen und radioaktiven Substanzen sind • EU-Bio-Zertifikat vom Institut für Marktökologie (IMO; Weinfelden, Schweiz), für die Wildsammlung und Verarbeitung gemäß den Anforderungen der Richtlinien (EC) Nr. 834/2007 und (EC) Nr. 889/2008.
Danil Isakow ausgebildeter Musiker, seit 2000 beteiligt an der Herstellung pflanzlicher Tees aus wildwachsenden Bergkräutern beim usbekisch-deutschen Unternehmen LORENA. 2008 gründete er die Firma „Mountain Herbs LLC“, die er zur Zeit leitet. Kontakt: www.mountainherbs.uz in Europa: Comagra AG, juerg.mueller@comagra.ch
der Autor Literatur: – Uznews.net: The medicine for an old age was found (Viktor Krimzalov). 01.12.2009. Persischer Beifuß (Artemisia persica; o.) und Wacholder (Juniperus seravschanica; u.).
Firmenstandort und Verarbeitung Die Verarbeitungsanlage zur Gewinnung der ätherischen Öle befindet sich in den Bergen von Namagan. Die Öle werden mittels Wasserdampfdestillation gewonnen, ohne jeglichen Zusatz von Chemikalien. So ist sichergestellt, dass ein naturreines Endprodukt entsteht. Die Anlage besteht aus acht Rektifikationsanlagen, mit denen 2 bis 3 Tonnen Rohmaterial verarbeitet werden können. Je nach Rohmaterial und der jeweiligen Wachstumsperiode der Pflanzen liegt die Ausbeute zwischen 0,01 % und 4 %. Zur Zeit wird eine mobile Destillationsanlage gebaut, die es ermöglicht, in abgelegenen Regionen und im Hochgebirge direkt vor Ort zu produzieren. Die Pflanzen können dadurch innerhalb von 1 bis 3 h nach der Ernte verarbeitet werden, was eine größere Ausbeute und auch eine bessere Qualität des Endprodukts zur Folge hat.
Ausbildungszentrum für Aromatologie Ingrid Kleindienst-John Feng Shui Austria® Laufend Ausbildungen zum/zur ärztlich geprüften Aromatologen/in sowie Zusatzausbildungen Kursorte Buchbach/NÖ, Friedersbach/NÖ, Ried i. Traunkreis/OÖ Mitglied der VagA und der ÖGwA ®
Feng Shui Austria | 2630 Buchbach bei Ternitz Nr. 22 Telefon: +43 (0)2630 - 3 93 25 | +43 (0)676 - 6 12 51 00 ingrid.kleindienst@aon.at | www.fengshui-austria.com
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Sabine Pohl
Gemeinsam sind sie stark – Mazerate oder wenn Heilkräuter in fetten Ölen ausgezogen werden Ein Ölmazerat ist, im Idealfall, ein komplexes Naturprodukt, das durch das harmonische Zusammenspiel seiner Grundzutaten Pflanzenöl und Pflanzendroge, aber auch durch eine ganze Reihe von Maßnahmen und Einflussfaktoren bei der Ernte und Herstellung seine Wirksamkeit erhält. Pflanzliche Ölauszüge finden Verwendung als Nahrungsmittel, in Kosmetikprodukten oder in der Naturheilkunde. Mein Thema soll hier die klassische Mazeration durch Sonnenlicht unter besonderer Berücksichtigung der Ölkomponente sein.
Der Begriff „Mazeration“ Der Begriff Mazeration bzw. das Mazerieren leitet sich vom lateinischen „macerare“ ab, was soviel wie „einweichen“ bedeutet. Während in der Pharmazie damit nur ein „kalter Aufguss“ bezeichnet wird, spricht man im Allgemeinen von Mazeration, wenn eine Substanz, also in unserem Fall Heilkräuter, dem Einwirken einer Flüssigkeit, z. B. Wasser, Alkohol oder Öl, ausgesetzt wird. Ziel ist, dass bestimmte „wirksame“ Inhaltsstoffe in das Lösungsmittel übergehen. Dabei handelt es sich um einen physikalischen Vorgang, da keine chemische Reaktion abläuft. Solch einen physikalischen Lösungsvorgang nennt man auch Extraktion (= Auszug). Es soll hier nicht unterschieden werden, ob der Ölauszug in der Sonne (Mazeration: warm, lang), oder im „Kochtopf“, (Digestion: heiß, kurz), stattfindet. Je nach verwendetem Lösungsmittel erhält man aus dem gleichen Pflanzenmaterial völlig andere Wirkstoffe.
Die Pflanzenteile werden mit Öl übergossen.
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Herstellung Für die Herstellung von Auszugsölen gibt es die verschiedensten Rezepte. Exemplarisch soll hier die offizielle Verarbeitung nach DAB 6 beschrieben werden am wohl bekanntesten aller Ölmazerate, dem Johanniskrautöl, auch Rotöl genannt.
Oleum Hyperici,Johannisöl frische Johanniskrautblüten Olivenöl getrocknetes Natriumsulfat
250 Teile 1 000 Teile 60 Teile
Die Johanniskrautblüten werden zerquetscht, sofort mit dem Olivenöl in einem geräumigen weißen Glase übergossen und unter wiederholtem Umschütteln an einem warmen Ort der Gärung überlassen. Nach Beendigung der Gärung wird das Glas verschlossen und solange den Sonnenstrahlen ausgesetzt, bis das Öl eine leuchtend rote Farbe angenommen hat, was nach etwa 6 Wochen der Fall ist. Darauf wird abgepresst, das Öl nach kurzem Stehen von der wässrigen Schicht abgehebert, mit dem getrockneten Natriumsulfat (in der EU auch als Lebensmittelzusatzstoff Nr. E514 zulässig, Anm. der Autorin) entwässert und filtriert. (DAB 6)
Neben diesem „Apothekenstandard“ gibt es wahrscheinlich ebenso viele Rezepte, wie es Kräuterkenner gibt. Die Unterschiede beginnen schon damit, ob frische oder getrocknete Blüten verwendet werden, wann sie geerntet wurden (an Johanni, wie war das Wetter?), wo sie geerntet wurden (in Südfrankreich oder im Allgäu?), in welchem Verhältnis man die Pflanzendroge zum Öl ansetzt, welches Pflanzenöl man verwendet, wenn Olivenöl (s. o.), dann welches in welcher Güteklasse (nativ extra, nativ oder gar raffiniert, bio oder konventionell?), ob, wie lange und wo das Ganze der Sonne ausgesetzt wird, ob danach abgepresst wird oder nicht usw. Diese Aufzählung soll verdeutlichen, dass es das Johanniskrautöl nicht geben kann, ebenso wenig wie jedes andere Mazerat. Die zwei Komponenten eines Mazerats, Pflanzenöl und Pflanzendroge, haben Eigenschaften, die es zu berücksichtigen gilt und die Einfluss auf die Qualität des Endprodukts haben.
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Welche fetten Öle sind geeignet? Betrachten wir das Öl. Bei der Herstellung von Ölmazeraten wird diesem mengenmäßig größten Anteil der Verbindung meines Erachtens zuwenig Bedeutung beigemessen. In dem verwendeten Auszugsöl nur ein Lösungsmittel für die fettlöslichen Bestandteile der Kräuter zu sehen, wird dem Wunder der Pflanzenenergie nicht gerecht, denn die Eigenschaften des Öls tragen in erheblichem Maß zur Wirkung des Mazerats bei. Es gilt zu bedenken, dass der Ölansatz mehrere Wochen der Sonne ausgesetzt wird, was hinsichtlich der Qualität und Haltbarkeit eigentlich das Schlimmste ist, was man einem fetten Öl antun kann. Bei Anwesenheit von Sauerstoff, unter Einwirkung von Licht und Wärme laufen chemische Prozesse im Öl ab, die zum Verderb führen. Ist auch noch Wasser, z. B. in Form von feuchtem Pflanzenmaterial, vorhanden, kann es außerdem noch zu biologischen und enzymatischen Zersetzungsprozessen kommen, was den Geruch negativ beeinflusst. Analytisch lässt sich dieser Verderb unter anderem anhand von hohen Säure- oder Peroxidzahlen nachweisen, umgangssprachlich sagt man einfach: „Das Öl ist ranzig“. Von daher ist es empfehlenswert, relativ „unempfindliche“ Pflanzenöle für Mazerate zu verwenden. Welche sind das? Grundsätzlich sind Öle mit einem hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren weniger stabil, als solche mit hauptsächlich einfach ungesättigten oder gesättigten (vgl. Tab. 1). gesättigte einfach Fettsäuren ungesättigte (z.B. Stearinsäure Fettsäuren in Kokos- oder (z. B. Ölsäure im Palmfett) Olivenöl) 1
100
zweifach ungesättigte Fettsäuren (z. B. Linolsäure im Distelöl
dreifach ungesättigte Fettsäuren (z. B. Linolsäure im Leinöl)
1200
2500
Tab. 1: Oxidationsgeschwindigkeit von Fettsäuren. Die Zahlen geben den Faktor wieder, um den die jeweilige Fettsäure schneller oxidiert (nach Belitz / Grosch 1987).
Die Fettsäurenzusammensetzung ist bei jedem Öl so charakteristisch wie ein Fingerabdruck und lässt sich in entsprechenden Listen nachlesen. Als groben Anhaltspunkt kann man aber auch die Jodzahl hinzuziehen. Die Jodzahl ist ein Analysewert der etwas über die durchschnittliche Anzahl an Doppelbindungen (sog. ungesättigte Bindungen) der Fettsäuren im Öl aussagt. Sie beschreibt außerdem die Eigenschaft eines Öls, schnell oder langsam in Anwesenheit von Sauerstoff zu „trocknen“. Das hat nichts mit „Trockenheit“ zu tun, sondern beschreibt die Fähigkeit eines Öls, auf der Oberfläche der Haut zu oxidieren und somit abzutrocknen. Deswegen ist die Jodzahl auch für die Auswahl von Ölen für die Kosmetikherstellung besonders interessant. • Niedrige Jodzahlen (unter 100) sind charakteristisch für Öle und Fette, die wenig ungesättigte Fettsäuren
Reifung der Mazerate.
enthalten, also relativ stabil sind, und als „nicht trocknend“ bezeichnet werden. • Eine Jodzahl von über 170 kennzeichnet sehr empfindliche Öle, die reich an mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind und als „trocknend“ gelten. • Dazwischen bewegen sich die Jodzahlen der „halbtrocknenden“ Öle. Niedrige Jodzahlen, also relativ wenige ungesättigte Fettsäuren weisen z. B. Aprikosenkernöl, Arganöl, Avocadoöl, Erdnussöl, Haselnussöl, Jojobaöl, Kokosöl, Macadamianussöl, Mandelöl, Olivenöl, Rapsöl, Sesamöl auf. Zu nennen wären außerdem noch die sogenannten High-oleic-Varianten von z. B. Sonnenblumen- oder Distelöl. Hierbei handelt es sich um Züchtungen, die weniger mehrfach ungesättigte Fettsäuren aufweisen als die ursprüngliche Variante. Leider sind diese High-oleic-Varianten meist nur als teilraffinierte Öle im Handel. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass die aufgezählten Pflanzenöle für die Herstellung von Mazeraten besonders geeignet sind, da sie stabiler sind als Öle mit vielen ungesättigten Fettsäuren. Der spätere Verwendungszweck des Endproduktes sollte darüber entscheiden, welche Kombination von fettem Öl zu welcher Pflanzendroge man wählt. Am Beispiel Johanniskrautöl: Zur Herstellung des Rotöls wird heute in der Regel Olivenöl verwendet. Die Tradition der Volksheilkunde, Johanniskrautrotöl herzustellen und zu verwenden, ist aber, zumindest in unseren Breitengraden, schon Jahrhunderte älter als die Verwendung von Olivenöl. Natives Olivenöl hat zudem einen recht starken Eigengeruch, der das Mazerat dominiert, sodass es nicht unbedingt für den Einsatz in Kosmetikprodukten geeignet ist. Für mich spricht deshalb nichts dagegen, für die Herstellung von Johanniskrautöl ein anderes Pflanzenöl zu verwenden. Ich verwende am liebsten das eher neutral rie-
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chende native Mandelöl (kbA-Qualität) und habe damit hinsichtlich Geruch, Haltbarkeit und Wirksamkeit des Johanniskrautöls sehr gute Erfahrungen gemacht. Wichtig ist meiner Meinung nach, dass man native Öle aus kontrolliert biologischem Anbau verwendet. Bekanntermaßen gilt: Nur aus hochwertigen Zutaten kann man wirklich gute, wirksame oder gar heilsame Endprodukte herstellen. Was sich so logisch anhört, ist in der Praxis gar nicht so einfach durchzuführen. Nativ deshalb, weil nicht raffinierte, naturbelassene Öle noch alle ihre wertvollen Fettbegleitstoffe enthalten. Als Fettbegleitstoffe bezeichnet man all jene Substanzen, die sich außer Fett noch in einem Öl befinden und die bei der konventionellen Ölherstellung und -raffination leider als unerwünscht gelten und deshalb entfernt werden. Das ist in etwa so, als würde man alles, was sich in einem frisch gepressten Fruchtsaft außer Wasser befindet, als unnützen „Wasserbegleitstoff“ bezeichnen und entfernen! Tatsächlich sind die Begleitstoffe aber so wichtige, für jedes Öl charakteristische Substanzen wie fettlösliche Vitamine, Phytosterine, Lecithine, Geruchsund Geschmackstoffe, Chlorophyll, Sesamolin, Sesamol etc. Viele dieser Begleitstoffe haben eine besondere gesundheitliche Bedeutung oder sind sogar natürliche „Konservierungsstoffe“. Besonders die Tocopherole sind wirkungsvolle Antioxidanzien, die das Öl vor dem Verderb schützen und somit bei der Mazeratherstellung sehr nützlich sind.
Die Pflanze als Wirkstoff- und Informationsträger Zu den analytisch messbaren Inhaltsstoffen eines pflanzlichen Ölauszugs gehören z. B.: ätherische Öle, Sesquiterpenlactone, Flavonoide, Cumarine, Anthocyane, Carotinoide. Beim Johanniskrautöl sind das Hypericin und das Hyperforin charakteristisch, deren Heilwirkung ja hinlänglich bekannt ist. Reduziert man allerdings die Qualität eines Johanniskrautöls nur auf den Gehalt an Hypericin oder Hyperforin, so wäre es das Einfachste, ein Basisöl mit einem der beiden chemischen Wirkstoffe zu versetzen. Solche Laborprodukte gibt es tatsächlich, als CO 2-Rein-Extrakte sogar in Bio-Qualität – verlockend einfach und praktisch! Das hieße aber, dass eine komplexe Heilpflanze ihre Wirkung nur einem einzigen, von uns messbaren Wirkstoff verdankt! Tatsächlich wissen wir aber bei den wenigsten Heilpflanzen, welcher Inhaltsstoff letztendlich für die Wirkung verantwortlich ist. Einzelne isolierte Stoffe zeigen oft nur einen Bruchteil der Wirkung – anscheinend ist gerade das Zusammenspiel verschiedener Inhaltsstoffe für die Heilkraft verantwortlich. Ich möchte hier auch an das „nicht Messbare“ erinnern. Neben den rein materiellen uns bekannten Inhaltsstoffen eines Mazerats gibt es auch etwas, was man als Information oder auch Energie bezeichnen könnte. Macht es wirk-
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lich keinen Unterschied, ob ich mein Johanniskrautöl auf traditionelle Weise durch „Sonnenmazeration“ herstelle oder nicht? Ist es z. B. möglich, dass bestimmte Pflanzen gerade die Lichtkräfte besonders gut aufnehmen und speichern können? Bekanntermaßen nimmt Johanniskraut an seinem natürlichen Standort intensiv die Sonnenenergie auf, was es zum Seelenbalsam und zur Sonnenmedizin macht. Es ist also in der Lage, als Botschafter und Vermittler die Sonnenkräfte auf den Menschen zu übertragen.
Die Lichtwurzel aus der Familie der Yams-Gewächse (Andreashof, Überlingen).
Ein anderes Beispiel ist die Lichtwurzel (Dioscorea batatas). Rudolf Steiner empfahl, diese ursprünglich in China beheimatete Wurzelknolle aus der Yams-Familie bei uns zu kultivieren, da sie in besonderem Maße die Fähigkeit besitzt, dem Menschen die gespeicherten Kräfte der Lichtenergie zur Verfügung zu stellen. Nach seiner Auffassung bewirkt unsere moderne, immer „lichtärmere“ Nahrung einen Mangel an Lichtenergie, der sich negativ auf die geistige und physische Entwicklung auswirkt. Dem kann die Lichtwurzel entgegenwirken. Auch bei äußerlicher Anwendung eines Ölauszugs wird der Mensch angenehm von dieser Lichtenergie umhüllt. Es erscheint also vielversprechend, die beiden Lichtpflanzen Johanniskraut (Blüte) und Lichtyam (Wurzel) in einem Körperöl zu kombinieren, dessen Wirkung eben nicht allein auf analytisch messbaren Inhaltsstoffen beruht.
Sabine Pohl Diplom-Agraringenieurin, ist seit über 20 Jahren im Bio-Bereich tätig. Ihre besondere Vorliebe gilt dem Thema Pflanzenöle. In zahlreichen Seminaren und Schulungen zu diesem Thema gibt sie seit vielen Jahren ihr Wissen freiberuflich weiter. Sie hat zu dem Thema auch ein Sachbuch veröffentlicht. Kontakt: Pohl_sabine@gmx.de
die Autorin
Literatur: – www.andreashof-bodensee.de – Belitz, Hans-Dieter / Grosch, Werner: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. 3. Auflage. Springer Verlag, Berlin, Heidelberg, New York 1987. – Deutsches Arzneibuch (DAB 6), Ergänzungsband 6, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart 1941. – Pohl, Sabine: Das Ölbuch, Pflanzenöle kompakt erklärt. 3. überarbeitete Aufl., im Selbstverlag, Überlingen 2007.
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Axel Meyer und Daniela Brixel
Lernen ist dufte – Aromatherapie in der Schule Kleine Geschichte des Riechens Die Geschichte des menschlichen Geruchssinns ist keine besonders ruhmreiche. Schon immer stand er im Schatten der anderen Sinneswahrnehmungen, bereits Plato und Aristoteles betrachteten das Riechen als „niederen Sinn“ im Vergleich zum Sehen oder Hören (Monyer 2005). Und dieses schlechte Image hält sich bis heute: Der Geruchssinn wird laut dem holländischen Psychologen Piet Vroon oft als Erstes genannt, wenn man die Menschen fragt, auf welchen Sinn sie am ehesten verzichten könnten (Vroon et al. 1997). Obwohl der Geruchssinn der leistungsfähigste und älteste unser Sinne ist, konnte das Phänomen des Riechens aufgrund seiner sehr komplexen Abläufe und nicht zuletzt wegen des durch gesellschaftliche Tabus bedingten Desinteresses bis heute nicht vollständig entschlüsselt werden. Eine bahnbrechende Entdeckung gelang der USForscherin Linda Buck, als sie 1991 im Labor von Professor Richard Axel, New York, die Genfamilie der potenziellen Riechrezeptoren entdeckte. Schlagartig stand der Riechsinn im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Forschung und rückte durch die Verleihung des Nobelpreises 2004 für Medizin an Linda Buck und Richard Axel auch ins öffentliche Interesse. Unter Wissenschaftlern umstritten blieb jedoch die Frage, ob die gefundenen Gene tatsächlich RiechrezeptorProteine produzierten. Diese wurden erst Jahre später vom deutschen Riechforscher Professor Hanns Hatt an der Bochumer Ruhr Universität entdeckt. Hatt konnte mit seinem Team 1998 einen in menschliche Nierenzellen verpflanzten Riechrezeptor mit einer Duftmischung aktivieren. Als Auslöser für die Reaktion konnte Helional, ein chemischer Stoff, der wie Meeresbrise riecht, identifiziert werden.
Ursprünge des Geruchssinns Um die Bedeutung des Riechsinns verstehen zu können, müssen wir den Blick auf seinen Ursprung lenken und eine kurze Zeitreise unternehmen. Es wird angenommen, dass die Evolution des Menschen und damit auch seines Riechsinns bereits vor 4,5 Mrd. Jahren in der Ursuppe begann. „Es dauerte eine Milliarde Jahre, bis sich aus Einzelmolekülen in der Ursuppe über größere replikationsfähige
Molekülketten die ersten lebenden Zellen, nämlich Bakterien, herausgebildet hatten und so unglaublich es zunächst auch klingen mag: Schon in diesen ersten Bakterien sind die Grundstrukturen allen tierischen und menschlichen Verhaltens und damit der limbischen Instruktionen erkennbar (Häusel 2000).“ In dieser Ursuppe gab es weder Licht noch Geräusche. Über Jahrmillionen dominierten Dunkelheit und endlose Stille, so dass es für die ersten Lebewesen keinerlei Orientierungsmöglichkeit gab. Weder Augen noch Ohren hätten ihnen bei der Nahrungssuche genutzt oder sie vor Feinden warnen können. Bei zweigeschlechtlichen Zellen wäre auch keine Partnersuche möglich gewesen. Das einzig Erfolgversprechende war das Aussenden von chemischen Botschaften, die das Wasser zu den Chemosensoren „Gleichgesinnter“ spülte, wo sie aufgenommen und verstanden wurden. „So kam es, dass Lebewesen Geruchssignale aufnahmen, lange bevor sie hören oder sehen konnten, und so erhielt das Riechen seinen Namen als ,chemischer Sinn‘.“ (Hatt u. Dee 2008) Bereits die ersten Mikrolebewesen im Urmeer haben also eine Art „chemisches Näschen“ entwickelt, um damit Nahrung aufzuspüren und potente Partner zur Artvermehrung ausfindig zu machen. Diese archaischen Grundmuster der ersten Einzeller haben nicht nur entscheidend die Evolution des Menschen und Ausbildung seiner Sinnesorgane geprägt, sondern bestimmen bis zum heutigen Tag unser Denken und Verhalten – auch wenn uns dies oft gar nicht bewusst ist.
Und wie riechen wir heute? Das Riechen ist also nicht nur die älteste unser Sinneswahrnehmungen, sondern auch die mit Abstand am wenigsten erforschte – und geheimnisvollste. Mit dem Riechen assoziieren wir noch heute unseren Urinstinkt, weshalb in Gesellschaft meist nicht über Gerüche und Riechen geredet wird. Schließlich weiß man nie genau, wie der eigene Duft bzw. das eigene Parfum bei den Mitmenschen ankommt. Wobei vom „eigenen Geruch“ in den meisten Fällen nicht die Rede sein kann, da die Duftaura des zivilisierten, modernen Menschen von einem bunten Mix synthetischer Duftstoffe aus Duschgels, Haarsprays, Aftershaves, Cremes und vielem mehr dominiert wird. Es könnte der Eindruck entstehen, dass sich die meisten Menschen selbst nicht riechen können, was genau genommen stimmt; denn für die Duftaura unseres eigenen Körpers sind wir dank Adaption (einem Prozess, bei dem sich die Riechzellen an die ankommenden Geruchsmoleküle gewöhnen und deren Signale nicht mehr ans Gehirn weiterleiten) nasal blind. Doch nicht nur unsere Mitmenschen konfrontieren uns täglich mit ihren künstlichen Körperdüften – und wir sie –, auch die Beduftung unserer Umgebung mit synthetischen Duftstoffen nimmt seit Jahren kontinuierlich zu. Ob Bäcker, Kaffee- oder Schuhgeschäft, viele nutzen synthetische Düfte, um die Kunden
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mit den Gerüchen, die traditionell mit ihren Waren assoziiert werden – auch wenn diese heutzutage längst ganz anders riechen – in die Läden zu locken. Auch in der Sauna, gemeinhin ein Ort der Erholung, kommen Chemiecocktails wie Pfirsich-Maracuja oder Kokos-Vanille zum Einsatz. Die Folge dieser synthetischen Duftbomben: Kopfschmerzen, Haut- und Atemwegsreizungen und Allergien.
Ursprünge der Aromatherapie Die Aromatherapie auf der anderen Seite arbeitet ausschließlich mit natürlichen Pflanzenessenzen, den ätherischen Ölen. Vermutlich ist sie die wohl älteste und natürlichste Therapieform – so alt wie der Mensch selbst, denn dieser war schon immer von Düften umgeben, hat sich von ihnen beeinflussen und leiten lassen und sie auf vielfältige Weise für sich genutzt. In fast allen Hochkulturen der Antike haben Naturdüfte eine wichtige Rolle in der Heilkunde gespielt. Wie in keinem anderen Land standen sie jedoch im antiken Ägypten in sehr hohem Ansehen. Mit Wohlgeruch und Düften wurden Göttlichkeit, Reinheit, Kraft und Macht assoziiert. Die duftenden Essenzen waren zudem schon damals fester Bestandteil der Heilkunde. Auch in Europa zieht sich die Geschichte der aromatischen Pflanzen bis in die Gegenwart. Allerdings hat sich ein etwas anderer Schwerpunkt entwickelt. Wurde noch im Mittelalter bergeweise Wacholderholz verbrannt, um die Pest einzudämmen, so wurden die Essenzen später immer mehr für Parfüms verwendet. Die historische Verbindung zwischen Frankreich und den arabischen Ländern ist trotz aller kulturellen Unterschiede erhalten geblieben. Durch die von den Arabern zurückgelassene hoch entwickelte alchemistische Destillationskunst ist die moderne Aromatherapie heute neben England in Frankreich am weitesten entwickelt. Der französische Arzt Dr. Jean Valnet, der sein ganzes Leben den Studien ätherischer Öle widmete, zählt heute zu den anerkanntesten Vertretern der Aromatherapie. Als Namensgeber für den Begriff „Aromatherapie“ wird häufig der französische Chemiker und Parfumeur René-Maurice Gattefossé genannt, der sich bei einem Laborbrand Anfang des 20. Jahrhunderts seine Hand verletzte und diese daraufhin in einen Becher mit frisch destilliertem Lavendelöl tauchte. Die schnelle narbenfreie Heilung verblüffte nicht nur ihn selbst, sondern insbesondere auch seinen Arzt. Leider sind heute noch immer viele Menschen nicht in der Lage, zwischen synthetischen Duftstoffen und den wohltuenden natürlichen ätherischen Ölen zu differenzieren. Die Gründe hierfür liegen zum einen darin, dass auch Behörden und Gesetzgeber auf diesem Gebiet keine Differenzierung vornehmen und synthetische und natürliche Duftstoffe gleich behandeln. Zum anderen tragen sicher auch die Medien ihren Teil zur allgemeinen Verunsicherung bei, indem immer wieder Berichte erscheinen, die Raumbeduftung, gleich welchen Ursprungs, entweder pauschal in den Himmel loben oder verdammen.
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„Dufte Schule“ – die Ausgangssituation So ist es kein Wunder, dass sich auch das bundesweite Pilotprojekt „Dufte Schule“ immer wieder mit dem Vorwurf der „Zwangsbeduftung wehrloser Schüler“ konfrontiert sah. Hinter dem Projekt, das von November 2005 bis zum Sommer 2009 lief, steckt die Idee, mit den vielfältigen Möglichkeiten der Aromatherapie einen Beitrag zur Verbesserung der Situation an den Schulen zu leisten. Bereits seit Jahren sind Schüler und Schülerinnen einem stetig wachsenden Leistungsdruck ausgesetzt. Um später Chancen auf eine gute Berufsausbildung und den „Traumjob“ zu haben, sind gute Schulleistungen unabdingbar. Ständiger Leistungsdruck führt zu Stress, unter dem einer aktuellen Studie der DAK zufolge inzwischen bereits 42 % der deutschen Schüler leiden. Die Folge: Unkonzentriertheit, Nervosität, Kopf- und Bauchschmerzen, Aggressivität, Schlafstörungen sowie Lern- und Leistungsprobleme (DAK 2008). Ein weiteres Problem, das mit ähnlichen Symptomen einhergeht, ist die zunehmende Reizüberflutung durch Medien wie das Fernsehen und das Internet sowie Computer- und Konsolenspiele. Täglich strömt eine Flut von Informationen sowie visuellen und akustischen Reizen auf unsere Kinder und Jugendlichen ein – weit mehr, als diese verarbeiten können. Das wirkt sich natürlich auf das Lernverhalten aus: Die Schüler sind unkonzentriert, weniger aufnahmefähig, oft nervös oder aggressiv. Dies wurde übrigens durch die PISA-Studie bestätigt: Die Schülergruppen, die bei PISA am schlechtesten abschnitten, zeigten einen besonders hohen Medienkonsum (Pfeiffer et al. 2007). Eine weitere Problematik, die in den vergangenen Jahren immer wieder massiv diskutiert wurde, ist die steigende Gewalt an den Schulen. Dabei kann diese ganz unterschiedliche Formen annehmen und sich sowohl gegen Mitschüler als auch gegen Lehrer richten. Ein Begriff, der in diesem Zusammenhang häufig fällt, ist das so genannte Mobbing, bei dem Mitschüler oder Lehrer unter Einsatz verbaler oder körperlicher Gewalt vorsätzlich „fertig gemacht“, ausgegrenzt oder gequält werden. Die Folgen für die Opfer sind verheerend und erstrecken sich vom Verlust des Selbstvertrauens über Schlaf- und Konzentrationsstörungen bis hin zu depressiven Tendenzen und Abnahme der Lernmotivation oder sogar Schulvermeidung (Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik). In jeder deutschen Schulklasse gibt es heute ein bis zwei Mobbingopfer, durchschnittlich ist jeder siebte Schüler betroffen (Spiegel online 2006). Neben den beschriebenen Problemfeldern waren es auch die bereits erwähnten PISAStudien der OECD, die den Anstoß zum Dufte-Schule-Projekt gaben. Dabei war es nicht nur das in den Medien hinreichend diskutierte schlechte Abschneiden der Schüler im internationalen Leistungsvergleich, das zum Handeln aufrief, auch andere interessante Ansatzpunkte ergaben sich aus den ersten beiden PISA-Studien (OECD 2000 u. 2003):
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• Schüler mit Interesse und viel Freude am Lernen sind effektiver und erzielen bessere Leistungen. Konsequenz für die Schulen: Sie müssen die Motivation der Schüler erhalten und fördern. • Je etwa einer von vier im Jahr 2000 befragten Schülern wollte nicht in der Schule sein, fühlte sich der Schulgemeinschaft nicht zugehörig, kam oft zu spät oder schwänzte. Diese Schüler erzielen zwar nicht zwangsläufig schlechtere Leistungen, brauchen aber viel Aufmerksamkeit, damit das so bleibt. • Als sehr wichtig wird ein gutes Lernklima bewertet, sogar noch wichtiger als die Ausstattung der Schulen.
Projektziele Die bisherigen Ausführungen zeigen, dass es viel Arbeit an den Schulen gibt. Die Frage, die das Projekt „Dufte Schule“ klären wollte, war, ob die seit Jahrhunderten bekannten vielfältigen Möglichkeiten der Aromatherapie zielgerichtet eingesetzt werden können, um die Lernbedingungen an den Schulen und das Lernverhalten der Schüler mit Hilfe natürlicher Essenzen positiv zu beeinflussen. Konkret wurden folgende Projektziele formuliert: • • • •
Verbesserung des allgemeinen Klassenklimas Erhöhung der Motivation der Schüler Steigerung der Aufmerksamkeit Steigerung der Konzentration
Um diese Punkte zu untersuchen, sollten die Klassenräume über eine digital gesteuerte Duftsäule dezent mit einer Mischung aus natürlichen ätherischen Ölen beduftet werden. Deren Auswahl stellte eine besondere Herausforderung dar. Die grundlegenden Anforderungen waren klar: • Verwendung von Inhaltstoffen mit belegter Wirksamkeit • 100 % Natürlichkeit • keine Verwendung von synthetischen Begleitstoffen Der eigentliche „Knackpunkt“ war jedoch ein anderer: Der Duft musste nicht nur die o. g. Anforderungen erfüllen und geeignet sein, die Projektziele zu erfüllen, er musste zudem von allen Projektteilnehmern akzeptiert werden. Keine leichte Aufgabe, wenn man bedenkt, dass eine Schulklasse keineswegs homogen ist – ganz im Gegenteil, hier treffen völlig unterschiedliche Charaktere und Geschmäcker aufeinander. Neben dem Aspekt, dass eine Schulklasse nicht nur aus gesunden Schülern besteht und die Duftmischung daher gut verträglich sein musste, galt es noch eine weitere Problematik zu berücksichtigen. Die Duftmischung sollte auf der einen Seite die eher trägen und lustlosen Schüler anregen und motivieren, durfte aber andererseits die unruhigen und eventuell sogar an ADHS leidenden Schüler nicht unnötig aufputschen. Auf die verschiedenen Krankheitsbilder unter den Schülern soll an dieser Stelle etwas genauer eingegangen werden, um zu verdeutlichen, welche Vielzahl
von Gesundheitsproblemen es bei der Komposition der Duftmischung es zu beachten galt: • Schüler mit ADHS – Durchschnittlich haben etwa 5 % der deutschen Kinder die so genannte Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). Der Selbsthilfeverein ADHS Deutschland e. V. geht davon aus, dass 3–10 % eines Jahrgangs an der Störung leiden, insgesamt etwa 1,8 Mio. Schüler. • Schüler mit Allergien – Beinahe jedes dritte Schulkind ist betroffen (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). • Schüler mit Asthma – Fast jedes zehnte deutsche Kind leidet an Asthma bronchiale (Deutscher Allergie- und Asthmabund e. V.). • Schüler mit Neurodermitis – Über 12 % der Schulkinder leiden daran (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). • Schüler mit regelmäßigen Kopfschmerzen – Bis zum 12. Lebensjahr haben fast 90 % der deutschen Schüler Erfahrungen mit Kopfschmerzen, Spannungskopfschmerzen oder Migräne (Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft 2005). • Schüler mit Stress-Symptomen.
Die Voraussetzungen Die wissenschaftliche Betreuung des Projekts übernahmen Prof. Dietrich Wabner und Dr. J. Stephan Jellinek. Letzterer erarbeitete auch die Fragebögen, die Lehrer, Eltern und in den höheren Klassen die Schüler selbst vor Projektbeginn, im Projektverlauf und nach Projektende ausfüllen sollten, und unterstützte das Projektteam bei der Auswertung. Von Anfang an stand fest, dass ein Projekt an einer Schule nur dann gestartet wird, wenn alle Beteiligten – d. h. Schüler, Eltern, Lehrer und die Schulleitung – der Beduftung zustimmen. Auch wenn die Kritiker, die sich nach den ersten Medienberichten besonders in Internetforen zu Wort meldeten, wie bereits erwähnt immer wieder von „Zwangsbeduftung“ sprachen, wurde diese Regel konsequent und ohne Ausnahme befolgt. Natürlich gab es auch immer wieder Eltern, die sich Sorgen um ihre Kinder machten, da sie nicht genau wussten, was auf sie zukam – sie befürchteten z. B. allergische Reaktionen oder eine Verstärkung bereits vorhandener ADHS-Symptome. Diese Bedenken, die auch von den Kritikern des Projekts wiederholt ins Feld geführt wurden, begründeten die zweite „goldene Regel“ des Dufte-Schule-Projekts: Sobald ein Schüler erste Anzeichen von Antipathie oder gar Unverträglichkeitsreaktionen zeigen sollte, würde das Projekt unverzüglich abgebrochen. Während der gesamten Studiendauer traten jedoch bei keinem Teilnehmer negative Reaktionen auf, kein einziges Projekt musste abgebrochen werden. An dieser Stelle sei noch einmal kurz darauf verwiesen, dass es sich bei den Teilnehmern nicht um durchwegs gesunde Schüler handelte, sondern
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auch um Kinder und Jugendliche mit den oben ausgeführten Beschwerden. Die Studie unterstreicht damit die gute Verträglichkeit der aus aromatischen Pflanzen gewonnenen natürlichen ätherischen Öle, die sich – ganz im Gegensatz zu den künstlichen Düften – in vielen Kulturen bereits seit Jahrhunderten bewährt haben.
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Axel Meyer studierte auf jahrelangen Reisen Anthropologie und Ethnologie. Mit 24 erste Buchveröffentlichung; danach extensive Seminar- und Vortragstätigkeit zu den Themen ganzheitliche Lebensweise und gesunde Ernährung. 1991 wurde mit dem „Lexikon der Düfte” die Verbreitung der Aromatherapie zur Vision und Hauptaufgabe.
Erste Ergebnisse Bis zum Abschluss der Pilotstudie im Sommer 2009 haben insgesamt 799 Schüler an 30 Schulen in Deutschland, Österreich und der Schweiz teilgenommen. Damit ist „Dufte Schule“ die weltweit größte Studie zur Beduftung von Klassenräumen mit reinen Naturdüften. Doch was hat die Studie ergeben? Können natürliche ätherische Öle tatsächlich das Klassenklima verbessern sowie Motivation, Aufmerksamkeit und Konzentration der Schüler steigern? Die Auswertung der Fragebögen wurde nicht nur von den Initiatoren des Projekts mit Spannung erwartet, die Ergebnisse werden in dem im Juli 2010 im Kösel-Verlag erscheinenden Buch „Dufte Schule – Leichter Lernen mit Duftessenzen“ veröffentlicht. Bereits vorab soll jedoch kurz auf die Ergebnisse im Bereich „Angst und Aggressivität“ eingegangen werden, der im Rahmen der Untersuchung des Klassen- bzw. Lernklimas abgefragt wurde und der angesichts der immer wieder Schlagzeilen machenden Gewalt an Schulen von aktuellem Interesse ist. Bei der Abschlussbefragung gaben 38 % der Schülerinnen und Schüler an, die Mitschüler seien weniger aggressiv als zuvor. Ganz offensichtlich hat die Beduftung also eine entspannende, Aggressionen mildernde Wirkung auf die Schülerinnen und Schüler ausgeübt. Das Fazit des Projektteams und der beteiligten Schüler, Lehrer, Eltern und Aroma-Experten nach dreieinhalb Jahren: Lernen ist „dufte“!
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Heute Leitung der TAOASIS GmbH. Kontakt: www.taoasis.com
Daniela Brixel studierte nach ihrer Ausbildung zur Industriekauffrau International Business an der Universität Paderborn, anschließend Assistentin der Geschäftsleitung bei der TAOASIS GmbH. 2006 Ausbildung zur Aromaberaterin bei der Akademie der Düfte – Institut für angewandte Aromatherapie e.V. Seit 2008 arbeitet sie als freie Mitarbeiterin für TAOASIS.
die Autoren
Literatur: – Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Chronische Erkrankungen im Kindesalter. www.bzga.de/botmed_20401000.html [23.3.2010]. – DAK-Studie: Schüler im Stress. August 2008. – Deutscher Allergie- und Asthmabund e.V.: http://www.daab.de/ast_kind.php [23.3.2010]. – Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft, Wenn Kinder Kopfschmerzen haben, Juli 2005; www.dmkg.de/pat/kinder.pdf [8.5.2010]. – Das Familienhandbuch des Staatsinstituts für Frühpädagogik (IFP), Renges, Annemarie: Mobbing in der Schule. www.familienhandbuch.de /cmain/f_Aktuelles/a_Schule/s_360.html [23.3.2010]. – Häusel, Hans-Georg: Think limbic. Haufe Verlag, München 2000. – Hatt, Hans / Dee, Regine: Das Maiglöckchen Phänomen. Piper Verlag, München/Zürich 2008. – Monyer, Hannah: Im Dschungel der Düfte. Forschungsmagazin Ruperto Carla, Universität Heidelberg, 3/2005. – OECD: Messages from PISA 2000. – OECD: Erste Ergebnisse von PISA 2003 – Kurzzusammenfassung. – Pfeiffer, Christian / Mößle, Thomas / Kleimann, Matthias / Rehbein, Florian: Die PISA-Verlierer – Opfer ihres Medienkonsums. Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen e.V. (KFN) 2007. – Spiegel Online: Zwei Mobbingopfer in jeder Klasse. 13.11.2006. – Vroon, Piet A. / van Amerongen, Anton / de Vries, Hans: Smell: The Secret Seducer. Verlag Farrar Straus & Giroux Inc., New York 1997.
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Cäcilia Frings-Ruland
Aromapflanzen in unseren heimischen Gärten Endlich Sommer! Was gibt es da Schöneres, als im Garten oder auf dem Balkon zu entspannen, und die Düfte aus dem Kräutergarten zu genießen. Dieser Bericht von einer Aromaexpertin soll dabei ein bisschen inspirieren. Was für ein Potenzial sich in unseren Gärten verbirgt: Thymian, Lavendel, Rosmarin, Estragon oder Zitronenmelisse – herrlich, wie das duftet! Schon bei leichter Berührung verströmen sie ihren wunderbaren Duft. Ja, Aromapflanzen können unsere Sinne beflügeln, das weiß jeder, der Duftrosen kennt. Von Pflanzen könnten wir lernen, was dem Menschen gut tut: Sonne und Regen, Kraft aus der Tiefe und vom Licht, verwurzelt sein und doch nach oben strebend, Stürme überstehen, säen, wachsen in Allmählichkeit, blühen, Freude und Früchte verschenken, ein Auf und Ab, kommen und gehen, zuversichtlich sein, dass auch ein kalter Winter vergehen wird ... Schon in der Antike wusste man, die Heilkräfte der Kräuterpflanzen zu nutzen. Auch heute noch finde ich es erwähnenswert, denn es zeigt, dass in diesen schnelllebigen Zeiten auch Altbewährtes gut sein kann – natürlich immer vorausgesetzt, dass wir respektvoll der Natur gegenüber sind und wissen, was wir tun! Das, was früher rein intuitiv gehandhabt wurde, lässt sich heute wissenschaftlich belegen. Die Tatsache, dass jede einzelne Duftpflanze eine Vielzahl von unterschiedlichen Wirkstoffen enthält – allein der Lavendel enthält mehr als 280! – ist schon bemerkenswert und lässt mich immer wieder staunen, wie vollkommen unsere Natur doch ist. Wie wunderbar, dass sich in den unterschiedlichen Pflanzenteilen (Blüten, Blättern, Schale, Stängeln, Wurzeln) die Duftstoffe befinden, die wir auch gerne „die Seele der Pflanze“ nennen. In aufwändigen Verfahren lassen sich kostbare Essenzen – ätherische Öle – gewinnen, die wir dann in unterschiedlicher Form für uns nutzen können: In der Aromapflege z. B. als entspannende Badezusätze, zur Raumbeduftung, als heilende AromaWickel, -Kompressen, oder heiße Aroma-Rolle, oder in pflegenden Körperölen für eine Aromamassage. Viele Blüten und Blätter in unseren Gärten lassen sich auch wunderbar als Tee, Potpourri, zur Dekoration oder in der Aromaküche verwenden. Schnittlauch, Petersilie, Fenchel und Basilikum im Salat, oder Melissen-, Zitronenverbenen-, Pfefferminzblätter als Teeaufguss – köstlich!
Im Aromagarten kann man den Sommer am besten genießen.
Heilkraft aus dem Garten Immer wieder werde ich gefragt: Wie wirken die ätherischen Öle unserer heimischen Heilpflanzen? Hier eine kleine Auswahl aus der vielseitigen Naturapotheke: Thymian kann z. B. lösend bei Muskelverspannungen und bei Husten wirken. Er steigert zudem die Abwehrkräfte. Basilikum, das Königskraut, schafft milde Entspannung bei Stress und Unruhe. Lorbeer ist das Symbol für Mut, Kraft und Stärke – schon in der Antike trugen Sieger und Dichter Lorbeerkränze. Dem Duft von Lorbeeröl wird nachgesagt, dass er selbst in Zeiten großer Belastung geistige Klarheit und langen Atem schafft. Melisse wächst fast wie Unkraut und ist seit alters her ein bekanntes Heilkraut. Ihr wird eine stark antivirale Wirkung zugeschrieben und sie ist in verschiedenen Salben gegen Lippenherpes enthalten. Sie vermag aber auch seelisch auszugleichen, zu beruhigen, und schenkt uns Trost in schweren Momenten. Die Minze ist der „Frische-Kick” an heißen Sommertagen und gut gegen Übelkeit, Magenverstimmungen und Kopfschmerzen. Der Fenchel (vgl. auch S. 11–17), übrigens die Arzneipflanze 2009, ein Doldenblütengewächs, hilft gegen Völlegefühl und Blähbauch (nicht nur bei Säuglingen), bei Wechseljahrsbeschwerden und im seelischen Bereich, alte Lasten los zu werden.
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Der Lavendel (lat. lavare = waschen/reinigen) wirkt ausgleichend und schenkt Reinheit, Ruhe und Gelassenheit. Doch er kann noch viel mehr! Lavendula, dir könnte ich eine ganze Seite widmen, dir in deiner Bescheidenheit, deiner farbenfrohen Vielseitigkeit schenke ich meine Leidenschaft! Zu Recht wurde Lavendel vom Naturheilverein Theophrastus zur Heilpflanze des Jahres 2008 gekürt.
Blühender Lavendel.
Apropos Heilpflanzen des Jahres: 2009 wurde hierfür die Ringelblume erwählt. Sie sieht nicht nur gut aus, sondern die wunderschöne Calendula officinalis hat sich auch in der Medizin einen Platz erobert. Wie kleine Sonnen begrüßen uns die Ringelblumen in heimischen Gärten, aber auch in der freien Natur. Die Pflanze, deren Blüten in kräftigen Orange-Tönen leuchten, besticht mit ihrer sonnigen Ausstrahlung und Lebenskraft. Auch hier ist die vielseitige medizinische Wirkung dieser Heilpflanze nichts Neues und seit Jahrhunderten bekannt. So zeigt sie äußerlich angewendet als Ringelblumen-Öl, -Mazerat oder Salbe eine positive Wirkung bei schlecht heilenden Wunden, Verbrennungen und Ekzemen. Innerlich wirkt der köstliche Ringelblumentee lindernd bei Magen-Darm-Störungen und Menstruationsbeschwerden. Zudem wirkt dieses „Sonnenwunder“ beruhigend auf das pubertierende (und elterliche) Nervensystem. Calendula-Öl wird durch Mazeration hergestellt (vgl. auch S. 34–36). Dafür werden Blüten der Ringelblume in Mandel- oder Olivenöl eingelegt. In solchen Pflanzenauszügen summieren sich immer die Wirkkräfte von Öl und Heilpflanze, das macht sie so wertvoll. Calendula schützt und pflegt die empfindliche und trockene Haut. Von der Babypflege bis hin zur Altenpflege fördert es einen guten Vernarbungsprozess und aktiviert die Kollagenbildung – das heißt, die Haut bleibt länger zart und sanft. Frische Ringelblumen können zudem eine willkommene und bunte Abwechslung in unseren Speiseplan bringen. Die leuchtenden Blütenblätter sind in Wildkräuter- und Blattsalaten wie in Suppen, für Brotaufstriche oder in Süßspeisen zu verwenden. Sollte man dieser Heilpflanze nun einen Wahlspruch geben, so wäre das: „Rundum versorgt mit Ringelblumen“.
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Nicht nur in Ägypten wurden Rosmarinzweige für rituelle Räucherungen und zum Heilen verwendet. Auch im alten Athen und Rom verehrte man sie auf vielfältige Weise. Geschichten, Märchen und Sagen ranken sich seit uralter Zeit um den Rosmarin. So heißt es in der Literatur, dass er Elfen anlocken soll. Eine zauberhafte Vorstellung, jedoch ohne Gewähr! Hingegen steht fest, dass auch heute noch an Hochzeiten, Taufen und Beerdigungen der Rosmarin (neben Myrte) als traditioneller Schmuck verwendet wird – als Symbol für Liebe, Freundschaft und Treue. Da sitze ich nun in der warmen Sonne in meinem Garten, vor mir eine große, eher starr und stachelig wirkende Rosmarinpflanze, die einen anspruchslosen, felsigen, trokkenen und sonnigen Platz mag – und betrachte sie erneut: Ihr Wuchs ist kraftvoll, fast zielgerichtet nach oben. Zur Freundschaft, Liebe und Treue würden mir zunächst ganz andere, „feinere“ Aromapflanzen in den Sinn kommen. Ich breche mir einen Rosmarinzweig ab und zerreibe ihn ein wenig. Ein klarer, frischer Duft wird frei und ich spüre gleich die reinigende und konzentrationsfördernde Wirkung. Der Zweig ist kräftig, wie ein aufrechter, stützender Stab, und genau so wirkt auch sein ätherisches Öl: stabilisierend, Kraft gebend, anregend, stützend. Rosmarin, ein Power-Duft, der Lebensgeister weckt, kann eine Hilfe sein, wenn man träge, kraftlos und geistig müde ist. Eben doch ein echter Freund fürs Leben! Eine Rosmarinmassage, besonders entlang der Wirbelsäule, kann wärmend, kräftigend und kreislaufanregend sein. Rosmarin stimuliert, reinigt und desinfiziert, revitalisiert die Haut und empfiehlt sich speziell für fettige, unreine Haut und Haare. Deshalb wird Rosmarinöl gerne auch in Seifen, Haarprodukten und Biokosmetika verwendet: Wegen seiner stark anregenden und blutdrucksteigernden Wirkung darf das konzentrierte (!) Rosmarinöl nicht, oder nur sehr sparsam dosiert, bei Bluthochdruck und Epilepsie angewendet werden.
Aroma-Tipp Verwenden Sie die frischen Rosmarinzweige für leckere Rosmarinkartoffeln oder konservieren Sie die Zweige mit 4–6 Tropfen naturreinem Rosmarinöl in einem Liter Olivenöl: hervorragend für Fleischgerichte und Salat!
Cäcilia Frings-Ruland gelernte Floristin und Krankenschwester, arbeitet seit 1995 in der Aromapflege, seit 2002 führt sie ihr eigenes Aroma Atelier in Linz/Rhein. Aromapflege-Ausbildung bei Eliane Zimmermann, wei-
Rosmarin – ein Power-Duft!
tere Aus- und Fortbildungen u. a. bei J. Trott-Tschepe und I. Stadel-
Minze, Salbei, Majoran, Lavendel … Die große Familie der Lippenblütler, zu welcher auch der Rosmarinus officinalis gehört, zeigt viele Heilpflanzen, von denen der Rosmarin jedoch die meistgeschätzte zu sein scheint.
Jahren ihre Kenntnisse (innerhalb eines Aroma-Teams) in einer
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mann. Im Rahmen der Gesundheitspflege wendet sie seit vielen psychosomatischen Klinik in Bad Honnef an. Kontakt: www.aroma-atelier.de
die Autorin
Duft-Splitter
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DUFTSPLITTER aufgelesen von Johanna Bauer
Lavendelöl als Anxiolytikum Lavendelöl ist in der Aromatherapie als bewährtes Mittel vor allem gegen Schlafstörungen bekannt. Weniger bekannt ist, dass man Lavendelöl auch innerlich einnehmen kann und dass es so das Potenzial besitzt, als neues „Phyto-Anxiolytikum“ Angststörungen wirkungsvoll zu bekämpfen. Auf dem 7. Berliner PhytotherapieKongress im Herbst 2009 berichtete Siegfried Kasper von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Wien über die Ergebnisse neuer Studien zur Wirksamkeit von Lavendelöl gegen Angststörungen und sorgte damit für große Aufmerksamkeit. Getestet wurde ein neues
Präparat namens Silexan. Es enthält nach Angaben des Herstellers durch Wasserdampfdestillation gewonnenes ätherisches Öl aus den Blüten von Lavandula angustifolia. In einer multizentrischen Doppelblindstudie wurde das Lavendelöl mit dem Benzodiazepin Lorazepam verglichen. Über sechs Wochen erhielten Patienten mit generalisierter Angststörung einmal täglich eine Kapsel mit 80 mg Silexan. Das Ergebnis: Nach zweiwöchiger Einnahme hatte das Lavendelöl eine vergleichbare anxiolytische (angstlösende) Wirksamkeit wie Lorazepam (0,5 mg/d). Damit hätten Angstpatienten eine gut verträgliche, nicht süchtig machende Alternative zu den nicht ungefährlichen „Benzo“-Beruhigungsmitteln, die ein hohes Suchtpotential haben. Als einzige Nebenwirkungen des Lavendelöls sind bisher häufiges Aufstoßen und leichte Magen-DarmBeschwerden bekannt. Seit 1. Februar 2010 ist das Mittel rezeptfrei in Apotheken erhältlich. Quellen: Zeitschrift für Phytotherapie 2009, 30: 310–311; Spitzner Arzneimittel GmbH
Pfefferminzöl bei Reizdarm wirksamer als Spasmolytika Albrecht von Keyserlingk Aus Korsika, der Duftflora des Mittelmeeres: 100% naturreine
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Das Reizdarm-Syndrom ist eine häufige Erkrankung des Magen-DarmTraktes. Typische Beschwerden sind Bauchschmerzen, Blähungen, chronische Verstopfung, Durchfall oder abwechslungsweise beides. Zur therapeutischen Behandlung werden sowohl krampflösende Medikamente (Spasmolytika) eingesetzt, als auch Ballaststoffe und pflanzliche Mittel wie das ätherische Öl der Pfefferminze. Letzteres wirkt am besten in Kapselform eingenommen, weil es so erst im Darm freigesetzt wird. Kanadische und US-amerikanische Gastroenterologen haben verschiedene Studien zum Einsatz von Spasmolytika, Ballaststoffen und Pfefferminzöl bei Reizdarm ausgewertet und
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Pfefferminze (Mentha piperita)
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die Wirksamkeit der Therapien verglichen. Dabei stellte sich heraus: Pfefferminzöl ist am wirksamsten, sogar noch wirksamer als chemische Spasmolytika. Am wenigsten half faserreiche Kost mit vielen Ballaststoffen, wie zum Beispiel Flohsamenschalen oder Weizenkleie, gegen die lästigen Beschwerden. Quelle: Zeitschrift für Phytotherapie 2009; 30: 315
Prof. Hanns Hatt erhält den Communicator-Preis 2010 Den Zellphysiologe und Riechforscher Hanns Hatt erhält den diesjährigen Communicator-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft. Der Professor an der Ruhr-Universität Bochum wird damit für die langjährige, herausragende Vermittlung seiner Forschungsarbeiten zum Geruchssinn bei
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Mensch und Tier ausgezeichnet. Der Preis ist mit 50 000 Euro dotiert und gilt als die wichtigste Auszeichnung für die Vermittlung von wissenschaftlichen Ergebnissen in Medien und Öffentlichkeit in Deutschland. Hanns Hatt ist promovierter Zoologe und Mediziner und habilitierte sich in Physiologie an der Medizinischen Fakultät der TU München. Seit 1992 hat er den Lehrstuhl für Zellphysiologie an der Ruhr-Universität Bochum inne. Seit 2010 ist er überdies Präsident der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Hanns Hatt sieht sich selbst als „Botschafter des Riechens“. Über mehrere Jahrzehnte hat er einem breiten Publikum auf vielfältige Weise die Bedeutung und Wirkung von Duftstoffen nahegebracht, z. B. mit einer mehrteiligen Fernsehsendung, vielen Büchern und Hörbüchern sowie Vorträgen und Auftritten in Hörfunk und Fernsehen. 2003 gelang ihm sein größter wissenschaftlicher und öffentlichkeitsrele-
Professor Hanns Hatt © Ruhr-Universität Bochum
vanter Erfolg, als er entdeckte, dass auch menschliche Spermien einen Riechrezeptor für Maiglöckchenduft besitzen (vgl. F·O·R·U·M 34, S. 27– 28). Das daran anknüpfendende Buch „Das Maiglöckchen-Phänomen“ wurde zum internationalen Bestseller. Der neue Communicator-Preisträger wurde auch mehrfach von seinen Studenten mit der Auszeichnung für die beste Lehre bedacht. Quelle: www.dfg.de
Buchbesprechung
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Buchbesprechung
Aromatherapie Grundlagen, Wirkprinzipien, Praxis von Dietrich Wabner und Christine Beier (Hrsg.)
Das neu erschienene Buch „Aromatherapie“, herausgegeben von D. Wabner und C. Beier, bietet einen Überblick über das große Thema der Aromatherapie. Die Umschlaggestaltung ist durchdacht: Blühende Lavendelfelder sind der Inbegriff von intensivem Duft und lenken so das Interesse des Betrachters auf den Inhalt. Der Umschlag hat eine anwenderfreundliche, leicht plastifizierte Oberfläche, damit ein Abwischen des Buches möglich ist. So spricht schon die äußerliche Gestaltung dafür, dass dies ein Buch ist, mit dem in der Praxis gearbeitet werden soll. Der Buchtitel „Aromatherapie“ mit den Untertiteln „Grundlagen – Wirkprinzipien – Praxis“ und ein Umfang von knapp 600 Seiten versprechen eine gute Übersicht über das Thema. Die ersten vier Kapitel sind der Geschichte und den Grundlagen zur Aromatherapie gewidmet. Herstellung der Öle, Qualitätsrichtlinien und Standards werden ebenso behandelt wie Toxikologie. Auch die Wirkprinzipien der ätherischen Öle sowie die Auswahl und Anwendung der Öle in der Praxis gehören zum Thema Grundlagen. Das große 5. Kapitel porträtiert eine Vielzahl ätherischer Öle, einige Hydrolate und auch die meisten fetten Öle. Jede der alphabetisch sortierten Monografien ist nach dem gleichen Schema aufgebaut. Sie enthält neben den Synonymen und den lateinischen Bezeichnungen, der Herkunft und dem Gewinnungsverfahren des Öls Informationen zu Wirkungen und Indikationen. Ausführliche Literaturangaben sind jeder Monografie hinzugefügt. Die Kapitel 6 und 7 zeigen, wie Aromatherapie praktisch funktioniert. Die Anwendungsgebiete sind in Gruppen zusammengefasst, z. B. Hauterkrankungen, mit Unterteilungen in verschiedene Indikationen, z. B. Psoriasis vulgaris. Nach jeweils einer kurzen Einleitung zur Indikation werden relevante Öle besprochen, Rezepturvorschläge gemacht und Studien zitiert. Das 7. und letzte Kapitel spricht besonders das Fachpersonal in Krankenhäusern sowie Hebammen an. Diese Berufsgruppen bekommen so praktische Hilfestellungen, Aromatherapie in die Pflege und Betreuung von Patienten bzw. Schwangeren mit einzubeziehen.
Dietrich Wabner, Christiane Beier (Hrsg.) Aromatherapie Grundlagen, Wirkprinzipien, Praxis 1. Auflage 2009 582 S., m. Abb. u. Tab., gebunden EURO 51,95 / CHF 80,00 ISBN: 978-3-437-56990-6 Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, München
Der strukturierte Aufbau des Buches hilft dem Leser, die Fülle an Informationen schnell zu erfassen. Dass die Autoren in jedem Kapitel ihre Texte mit Studien und Quellenangaben untermauern, spricht für wissenschaftliches Arbeiten. Es wäre allerdings wünschenswert, dass bei manchen der vorgestellten Studien genauere Angaben beispielsweise zur Zahl der Probanden oder zur Art der Studie gemacht werden. Die innere Anwendung ätherischer Öle, wie in manchen Monografien empfohlen, ist sicher aus Erfahrungen der Autoren im Einzelfall möglich, sollte jedoch nicht kritiklos übernommen werden. Der Praxisteil gibt dem Leser eine Orientierung, wie mit ätherischen Ölen gearbeitet werden kann. Die Rezepturen sind als Beispiele zu sehen. Das Buch erfüllt die im Titel angegebenen Bereiche „Grundlagen“, „Wirkprinzipien“ und „Praxis“ mit Leben. Das Sachregister ist für ein so umfassendes Werk in meinen Augen zu sparsam gehalten. Insgesamt bietet dieses Buch nicht nur theoretisch eine umfassende Zusammenstellung des komplexen Themas Aromatherapie. Es wendet sich auch an Menschen, die in der Praxis mit ätherischen Ölen arbeiten oder in Zukunft arbeiten möchten. Kirsten Hagel, Apothekerin
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Kongressbericht
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Dr. Renate Seitz
Weltkongress für Medizinal- und Aromapflanzen in Kapstadt Vom 9. bis 14. November 2008 trafen sich in Kapstadt, Südafrika, Wissenschaftler aus aller Welt zu WOCMAP IV (World Congress for Medicinal and Aromatic Plants). Alle 5 Jahre seit 1992 veranstaltet das International Council for Medicinal and Aromatic Plants (ICMAP) diesen Kongress, der gezielt in Erdteilen und Regionen stattfinden soll, die auf dem Heilpflanzensektor mehr Beachtung verdienen. Nach dem Gründungskongress in Maastricht 1987 waren Mendoza in Argentinien und Chiang Mai in Nord-Thailand ausgewählt worden. WOCMAP versteht sich als interdisziplinäres Forum für Wissens- und Erfahrungsaustausch aller Fachrichtungen, die mit Medizinalund Aromapflanzen im weitesten Sinne befasst sind. 500 Teilnehmer aus ganz Afrika und weltweit waren der Einladung gefolgt.
Wiege der Menschheit Afrikas Süden ist heute offiziell als die „Wiege der Menschheit“ und der biologischen Vielfalt anerkannt. Etwa 60 000 Pflanzenarten, ein Viertel aller Spezies der Welt, wachsen allein südlich der Sahara. Aber nur 83 der zirka 1 100 weltweit kommerziell führenden Arzneidrogen stammen aus Afrika. Traditionelle afrikanische Heiler benutzen fast ausschließlich und in großer Vielzahl die einheimischen Heilpflanzen. Man rechnet mit ungefähr 16 000 – 17 000 so genutzten Spezies für ganz Afrika, davon in Südafrika etwa 3 000 regelmäßig verwendete Arten. Aber dieses traditionelle Wissen ist wenig allgemein bekannt und geht auch immer mehr verloren. Solch reiches Erbe ins Rampenlicht zu bringen, seinen Erhalt zu fördern, damit neue Wege aus den wachsenden Gesundheitsproblemen des Kontinents zu finden und vor allem, neue wirtschaftliche Möglichkeiten und Märkte zu schaffen war das Hauptziel des Kongresses mit dem Titel „Using Plants for the Benefit of People“ (Pflanzen zum Wohle der Menschen einsetzen).
Weltweit begehrte Ware Erst etwa 40 einheimische Heilpflanzen werden in Südafrika kommerziell genutzt. Während Teufelskralle (Harpagophytum procumbens) und Kap-Aloe (Aloe ferox) zu den schon lang weltweit gehandelten und wissenschaftlich gut untersuchten Arten gehören, hatten einige Spezies erst in den letzten Jahren eine steile Karriere zu verzeichnen. Beispiele sind Pelargonium sidoides, Stammpflanze des Erkältungsmittels Umckaloabo, Aspalathus linearis, besser
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als Rooibos-Tee, und Cyclopia genistoides (Fabaceae), als Honeybush-Tee bekannt, Xysmalobium undulatum, ein bei uns als Uzara gehandeltes Darmtherapeutikum oder Hoodia gordonii (Apocynaceae), eine unscheinbare, kaktusähnliche Sukkulente, die von den Khoi-San-Buschmännern zum Stillen von Hungergefühlen gekaut wird. An deren Vermarktung als Appetitzügler sind schon einige große Pharma-Konzerne wegen der unlösbaren „intelectual property rights“ und des Nachschubproblems gescheitert. Noch von regionaler Bedeutung, aber bereits im wissenschaftlichen Fokus sind u. a. Agothosma betulina (Rutaceae; Buchu-Tee) als generelles Tonikum, Artemisia afra (Asteraceae) bei Wurm- und Parasitenbefall, bei Malaria sowie als Bittertonikum (wenn auch nicht Artemisinin-haltig wie die chinesische A. annua), Siphonochilus aethiopicus (Zingiberaceae) – der populäre afrikanischer Ingwer – oder die sitosterinreiche und als Prostatamittel eingesetzte afrikanische Kartoffel – Hypoxis hemerocallida (Hypoxidaceae). Größte Hoffnungen setzt man auf Sutherlandia frutescens (Fabaceae; „cancer bush“), ein Allheilmittel und „Immun-Booster“ v. a. zur Unterstützung der AIDS-Behandlung oder -Vorbeugung. Vielversprechende pharmakologische und klinische Untersuchungen laufen bereits.
Beachtliche Forschung in Afrika Während die 15 Plenarvorträge zur Hälfte mit europäischen Rednern vor allem dem Wissens- und Erfahrungstransfer von Nord nach Süd dienen sollten, machten die einheimischen Plenarvortragenden und 70 Diskussionskurzvorträge deutlich, dass sich die afrikanische und asiatische Forschung nicht vor der westlichen verstecken muss: Sichelzellenanämie ist eine hauptsächlich in Afrika verbreitete Erbkrankheit, bei der durch einen Gendefekt abnormes Hämoglobin gebildet wird und die Erythrozyten Sichelform annehmen. Die Kindersterblichkeitsrate liegt bei 8 % und nur 20 % der erkrankten Kinder überleben 5 Jahre. Trotzdem herrscht bei den führenden westlichen Arzneimittelkonzernen kein allzu großes Forschungsinterresse zur Bekämpfung dieser weitverbreiteten Krankheit. Mit staatlicher Förderung hat man nun in Nigeria ein standardisiertes Extraktpräparat aus den 4 einheimischen Arzneipflanzen Piper guineensis (Samen), Pterocarpus osun (Holz), Eugenia caryophyllum (Früchte) und Sorghum bicolor (Blätter) entwickelt, mit klarem Wirkungs- und Sicherheitsprofil, das positive klinische Daten aufweist (C. Wambebe, Nigeria).
Kongressbericht
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Beeindruckend auch die Ergebnisse, wie anhand genomischer und metabolomischer Enzym-Studien an der Universität Prätoria (M. Meyer) transgene Artemisia-afra-Arten entwickelt werden, die Artemisinin produzieren und in Zukunft vielleicht den nachhaltigen Nachschub dieses wichtigen Malariamittels für die Region sichern können. Mit der einfach zu handhabenden Nahinfrarot-Spektroskopie in Kombination mit HPLC hat man eine schnelle Methode entwickelt, die weit verbreiteten Hoodia-Verfälschungen in den boomenden Schlankheitsmitteln aufzudecken (A. Viljoen, Stellenbosch University). Viel Forschung wird betrieben für praktikable Methoden zur Qualitätssicherung pflanzlicher Drogen und Zubereitungen. Zahlreich auch die Beiträge und Bemühungen zur Bekämpfung bzw. Bewältigung von HIV/AIDS – als afrikanisches Selbsthilfeprogramm sozusagen. Schwerpunktthemen des Kongresses waren: • Ethnopharmakologie und Bioprospektion • Kultivierung, nachhaltige Nutzung und Schutz von Pflanzen (conservation) • neue Gesetze und Regulierungen für pflanzliche Zubereitungen • gezieltes Screening für neue Phytopharmaka und Phytokosmetika • Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit bei pflanzlichen Heilmitteln und Kosmetikprodukten • Trends bei Nahrungsergänzungsmitteln (neutraceuticals) und Diätetika (functional food) • Medizinal- und Aromapflanzen (MAPs) in der Tierheilkunde • Perspektiven in Produktion, Marketing und Handel von Medizinalpflanzen • Ethnomedizin und traditionelle Medizinsysteme im Einsatz bei neuen und altbekannten Krankheiten Oberstes Anliegen maßgeblicher Gremien afrikaweit ist das gemeinsame Bemühen, die Jahrhunderte alte und sehr mystische Volksmedizin wie auch die Anwendung der reichen Heilpflanzenflora des Kontinents auf wissenschaftlich fundierte Grundlagen und somit auf eine rationale Basis zu stellen. Erst kürzlich hatten sich führende afrikanische Wissenschaftler und Organisationen zu einer „Association for African Medicinal Plant Standards“ (AAMPS) zusammen geschlossen, um international anerkannte Standards zur Gewinnung, Verarbeitung und Qualitäts- sowie Sicherheitskontrolle der wichtigsten afrikanischen Heilpflanzen zu erarbeiten. Zukunftsziel ist die Herausgabe einer ge-
Glossar HPLC = high pressure liquid chromatography: Hochdruckflüssigkeitschromatographie. Chromatographieverfahren zur Untersuchung von Proben, die flüssig oder gelöst vorliegen. Nahinfrarot-Spektroskopie: verfeinertes Spektroskopieverfahren im Bereich des kurzwelligen Infrarotlichts.
meinsamen afrikanischen Heilpflanzen-Pharmakopöe (African Herbal Pharmacopeia). Hier konnten viele Anregungen von den europäischen Experten geliefert werden. A. Vlietinck, Antwerpen, gab einen Überblick über die europäischen Regelwerke zu arzneipflanzlichen Zubereitungen. R. Bauer, Graz, zeigte den wissenschaftlichen Weg auf, den man zur Rationalisierung der traditionellen chinesischen Medizin bereits zurückgelegt hat. P. Houghton, London, K. Hostettmann, Genf, und R. Verpoorte, Niederlande, berichteten über neueste analytische Technologien zum möglichen Vorgehen bei der Erreichung der hochgesteckten Ziele in Afrika.
Die Königs-Protee (King Protea), die südafrikanische Nationalblume.
Trendprodukt Heil- und Aromapflanze Pflanzliches in Arzneimitteln, Kosmetika und zur Nahrungsergänzung liegt weltweit im Trend. Auch die Tiermedizin greift zunehmend und mit sichtbaren Erfolgen auf bewährte Heilpflanzen zurück, nicht nur, weil auch Tierliebhaber die „sanfte Medizin“ häufig bevorzugen (C. Franz, Wien). Ätherische Öle und Pflanzenextrakte stellen wirksame Alternativen zu den seit einigen Jahren verbotenen Antibiotika dar, die jahrzehntelang unbekümmert und ohne mögliche Folgereaktionen und Resistenzbildungen zu bedenken in großem Maßstab in der Tiermast und bei den häufigen Infektionen in der Groß- und Massentierhaltung eingesetzt wurden. Großes Interesse fand das WOCMAP Business Forum, wo an einem Tag – von der Fa. Schwabe gesponsert – ausgiebig die Fortschritte bei der Einführung und die Probleme der nachhaltigen Beschaffung und Gewinnteilhabe für die einheimische Bevölkerung (Access and Benefit Sharing, ABS) diskutiert wurden. Schutz und Nutzung der natürlichen Reserven müssen Hand in Hand gehen, um eine nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten. Noch immer ist der Anbau für zunehmend gefragte und daher zunehmend gefährdete Pflanzenarten die beste Lösung, lässt sich aber nicht immer realisieren. Es sollen dabei ja auch die Auswirkungen von Markt- und Bedarfsschwankungen sowie die ökonomische Situation der Bevölkerung im Sammelgebiet nicht unberücksichtigt bleiben.
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Vorzeigebeispiele für erfolgreiche Entwicklungen waren hier Harpagophytum und Pelargonium. Die Speicherwurzeln der Teufelskralle werden inzwischen aus dem Anbau – ein schwieriges und langwieriges Unterfangen, da die Pflanze sehr langsam wächst – und nach wie vor in nachhaltiger und kontrollierter Sammlung gewonnen. Die Landbewohner werden dazu extra geschult. Auch für Pelagornium sidoides und P. reniforme gibt es inzwischen erfolgreiche Anbaukonzepte. Leider leistet die südafrikanische Regierung bisher wenig Unterstützung bei den Forderungen der Fair Wild Foundation (www.fairwild.org), die allgemeine gesetzliche Einführung der WHO-Empfehlungen zu „Guten Anbau- und Sammelpraktiken“ (Good Agricultural and Collection Practice, WHO-GACP) und weiterer „Standard Operating Procedures“ (SOPs) voranzutreiben. Der zweite Tag des Business Forums war dem internationalen Handel von afrikanischen Arznei- und Aromapflanzen (MAPs) gewidmet. Experten von UNCTAD (U.N. International Trade Centre) und internationalen Handelsnetzwerken, wie z. B. die Schweizer OSEC-SIPPO, vermittelten das nötige Know-How, das potenziellen Markteinsteigern das genaue Vorgehen und Reglement sowie die Qualitätsanforderung der europäischen Gesetzgebung nahe brachten. Gerade bei Importextrakten sind die Qualitätsund Sicherheitsanforderungen besonders hoch. Nahrungsergänzungsmittel aus Importpflanzen werden nach europäischem Recht als „novel food“ eingestuft und müssen strengen Toxizitätsprüfungen standhalten.
Marktleben nachgestellt Ein reichhaltiges Rahmenprogramm während der Kongresstage machte die Veranstaltung auch für Nichtwissenschaftler und vor allem für Teilnehmer aus anderen Erdteilen interessant: Farbenprächtig und mit Musik und Tanzveranstaltungen umrahmt wurden auf einem nachgestellten afrikanischen Heilpflanzenmarkt von Medizinmännern und Kräuterfrauen die wichtigsten Heilpflanzen vorgestellt. Besonders vielfältig war das Angebot ätherischer Öle aus der „Fynbos-Flora“, die typische Strauchflora der Kapregion aus Ericaceen-, Pelargonium- und vor allem den hunderten von Protea-Arten. Führende Herstellerfirmen aus ganz Afrika präsentierten ihre Produkte, die europäischen Industrien konnten Verbindungen zu neuen Exportmärkten knüpfen.
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ICMAP, das International Council for Medicinal and Aromatic Plants, versteht sich als Dachorganisation aller Verbände und Organisationen, die im weitesten Sinne mit Arznei- und Aromapflanzen (MAPs) zu tun haben. Ziel ist der verstärkte Austausch und die bessere Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Disziplinen. Es setzt sich aus 17 gewählten Delegierten aller Weltregionen zusammen, von denen u. a. alle 5 Jahre der Weltkongress WOCMAP einberufen wird (www.icmap.org).
Der neue ICMAP-Vorstand (von li. nach re.): Prof. K.H.C. Baser (Türkei) als neugewählter Präsident; sein Vorgänger Dr. Ch. Franz (Wien); Dr. R. Seitz als Generalsekretärin; die Professoren Akos Mathé (Ungarn) und Jim Simon (USA) als Vizepräsidenten; Klaus Dürbeck als Schatzmeister; Prof. K. Eloff (Pretoria) als Kongressorganisator.
(HMPs). Ein besserer globaler Wissenstransfer zum Thema MAPs könnte dabei förderlich sein (s. auch www.icmap.org > Resolutions of WOCMAP IV). Nicht nur in Afrika sondern weltweit wird ein stärkeres staatliches und universitäres Engagement in der Erforschung der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der traditionell angewendeten Heilpflanzen gefordert. Fazit: Auch wenn die Teilnahme krisenbedingt etwas geringer war als erwartet, wurde letztendlich das vorgegebene Ziel von WOCMAP IV wieder erreicht: einen Beitrag zu leisten zu einem besseren Verständnis, zu einer Neubewertung, zum richtigen Gebrauch und zum Schutz der kostbaren Ressourcen, die unsere Arznei- und Aromastoffe weltweit darstellen. Dr. Renate Seitz Pharmazeutin mit Promotion über eine südamerikanische Arzneipflanze; wechselte nach mehreren Jahren Universitätsforschung ganz in das schreibende Fach. Nach Jahren der Mitarbeit an den Drogenbänden von „Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis“ arbeitet sie seit ca. 15 Jahren als freie Fachjournalistin und war lange Zeit Vorstandsmitglied der internationalen Gesellschaft
WOCMAP IV Recommendations In einer gemeinsamen Resolution riefen die Verantwortlichen des Kongresses abschließend zu einem sorgsamen Umgang mit der nicht unerschöpflichen Ressource Pflanze auf und zur freiwilligen Anerkennung in Zukunft weltweit gültiger gesetzlicher Maßnahmen und Regulierungen zu ihrem Schutz wie auch bei der Verarbeitung zu qualitätvollen, sicheren und wirksamen pflanzlichen Arzneiprodukten
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für Arzneipflanzenforschung (GA). Kontakt: reseitz@gmx.de
die Autorin
Dieser Bericht erschien zuerst in der Zeitschrift für Phytotherapie 2009, 30, 197–199. Wir bedanken uns beim Hippokrates-Verlag und bei der Autorin für die Genehmigung des Nachdrucks. Literatur: – Spezialausgabe des Journals of Ethnopharmacology anlässlich WOCMAP 4: Ethnobotany in South Africa, 2008, 119 (3).
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Leserbrief Wir freuen uns über Diskussion, Kritik und Anregungen in Form von Leserbriefen! Schreiben Sie uns an: redaktion@forum-essenzia.org oder an die Geschäftsstelle FORUM ESSENZIA e.V., Kotterner Str. 81, 87435 Kempten/Allgäu
Zum Artikel „Ätherische Öle und Allergien“ von Erich Schmidt, F·O·R·U·M 34, S. 23–26 Ich selbst bin nach Studium der Medizin, Biologie und Chemie apl. Professor für Chemie an der Technischen Universität München geworden, bin in England ausgebildeter Aromatherapeut und halte Vorlesungen und Seminare zu Themen der Aromatherapie im Klinikum am Biederstein der TU München. In enger Zusammenarbeit mit den Dermatologinnen und Dermatologen dieser Klinik habe ich die Arbeiten des IVDK und anderer an die Öffentlichkeit getretener Dermatologen (auch des europäischen SCCP, Scientific Comittee on Consumer Products, Brüssel) kritisch untersucht. Es hat sich hier herausgestellt, dass der allgemein propagierte dermatologische Duftstoff-Mix, der die DuftstoffAllergien bei Patienten aufdecken soll, von niedergelassenen und Hochschul-Dermatologen extrem in seiner Bedeutung angezweifelt wird. Die einzelnen Inhaltsstoffe werden z. B. nicht in ihrer Reinheit nachgewiesen. Die nicht genannten Nebenbestandteile könnten durchaus die Ursache für Reizungen sein. In dem F·O·R·U·M-Artikel erweist sich der Autor Erich Schmidt als gläubiger Anhänger der offiziellen Dermatologen-Gruppe um den IVDK (Informationsverbund Dermatologischer Kliniken, z. B. Prof. A. Schnuch). Er hinterfragt deren Angaben nicht. Ich werde als Vorsitzender der Wissenschaftler-Gruppe Natural Oils Research Association, N.O.R.A.-International, in Kürze eine längere ausführliche Arbeit zu den Themen „Allergie-Möglichkeiten von natürlichen Ölen“ in dem zugehörigen Newsletter von N.O.R.A veröffentlichen (www.nora-international.de, für Kontakte bitte folgende Email-Adresse: prof.wabner@nora-international.de). Hier sollen nur einige wichtige Kritikpunkte genannt werden. Alle berichteten dermatologischen Messungen von Einzelstoffen und sogar Naturstoffen teilen den Lesern der Studien nicht mit, welche Reinheit die bearbeiteten Substanzen haben. Sie sind in der Regel nicht 100 % rein, sondern meist 93–96%ig. Es müssten die 4–7 % Nebenbe-
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standteile nicht nur genannt werden, es müssten die dermatologischen Qualitäten zusätzlich untersucht werden. Und dann dürfen als Ergebnisse nicht nur z. B. die Stoffe Geraniol, Limonen etc. genannt werden und deren angeblich allergischen Wirkungen. Ohne diese analytischen Vorbedingungen sind alle bisherigen Angaben nicht akzeptabel. Wir nennen sie in der Wissenschaft „unethisch“. Die Dermatologen verstehen langsam die enorme Bedeutung von peroxidischen Bestandteilen. Die Wirkung kann von starker allergener Relevanz bis zur Erregung von kanzerogenen Problemen gehen. Keiner der bisherigen Dermatologen gibt in den vorliegenden Veröffentlichungen die Peroxid-Zahl zu Beginn und zu Ende der Untersuchungen an (bei Erich Schmidt ist eine ausreichende Menge solcher Veröffentlichungen zitiert). Dieser absolute Mangel macht alle bisherigen Ergebnisse noch ein bisserl mehr unethisch und damit unglaubwürdig. Erich Schmidts abschließende Replik „Natur versus Synthese?“ wirft ein grelles Licht auf seine Kenntnisse und sein Verständnis der naturbelassenen Öle und Mischungen. Der Kollege Hildebert Wagner, em. Pharmakologe der Uni München, pflegte zu sagen: „Warum brauchen wir Studien und Tests mit unseren Ölen? Wir machen doch Tests am Menschen seit einigen tausend Jahren in der Natur-Medizin damit!“ Die Beurteilung der Arbeit von Dr. Ulrich Meyer von WALA zeigt einmal mehr das Unverständnis des ArtikelAutors. Es wurden an voll DM-I-positiven Patienten (also Menschen mit ausgeprägter Duftstoff-Allergie) bei 500 Anwendungen mit reinen natürlichen Öl-Mischungen nur 3,4 % allergische Reaktionen beobachtet. Meine Münchner Dermatologen-Freunde haben herzlich gelacht, als sie das Ergebnis lasen und diskutierten. Es hätten ja doch eigentlich etwa 100 % der Duftstoff-Allergiker reagieren müssen. Das Ergebnis spricht sehr deutlich für die Natur und gegen die Testung mit dem Duftstoff-Mix aus synthetischen Substanzen. Dietrich Wabner Prof. Dr. Dr. Natural Oils Research Association, N.O.R.A.-International, Garching bei München
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Neues von FORUM ESSENZIA e.V. Seit der Mitgliederversammlung am 15.11.2009 in Würzburg hat FORUM ESSENZIA e.V. einen neuen Vorstand: Als 1. Vorsitzende wurde Ingeborg Stadelmann gewählt, 2. Vorsitzender ist Axel Meyer. Außerdem wurden Martin Späth als Schatzmeister, Reinhard Oppel als Schriftführer sowie Volkmar Heitmann und Gabriele Fernsebner als Beisitzer gewählt.
pflege und Aromakultur zur Verfügung. Ziel ist, ein Austauschforum als Kommunikationsplattform für die Mitglieder zu schaffen. Am 13.6.2010 findet die nächste Mitgliederversammlung in Würzburg statt. Diskussionsthema ist der Status der ätherischen Öle im Gesundheitswesen. Außerdem soll das Kuratorium gewählt werden.
Die neue Mannschaft wird den Verein jetzt in die Zukunft führen. Erstes Thema war die Auswertung des Fragebogens, der im September 2009 an alle Mitglieder verschickt wurde. Die Umfrage bestätigte die Beliebtheit der Zeitschrift F·O·R·U·M. Weiterhin ging daraus hervor, dass die Mitglieder eine professionelle Kommunikation mit Fokus auf der Nutzung des Internets wünschen. Der erste Schritt in diese Richtung ist mit einem neuen Erscheinungsbildes der Homepage bereits getan. Dort stehen ständig aktualisierte Informationen aus der Welt der Aromatherapie, AromaIngeborg Stadelmann, 1. Vorsitzende (li.) und Axel Meyer, 2. Vorsitzender (re.) von FORUM ESSENZIA e.V.
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Impressum
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F·O·R·U·M Aromatherapie · Aromapflege · Aromakultur (seit 2006) und F·O·R·U·M für Aromatherapie und Aromapflege (1992–2005): F·O·R·U·M 35·2010: Aromatherapie und Phytotherapie F·O·R·U·M 34·2009: Wickel und Auflagen F·O·R·U·M 33·2008: Hydrolate F·O·R·U·M 32·2008: Aroma & Massage F·O·R·U·M 31·2007: Aromakultur im Ayurveda F·O·R·U·M 30·2007: Qualität von Anfang an F·O·R·U·M 29·2006: Pflanzenöle – wertvoll und gesund F·O·R·U·M 28·2005: Seidenstraße F·O·R·U·M 27·2005: Aromapflege F·O·R·U·M 26·2004: Zitrusöle F·O·R·U·M 25·2004: Lavendel zwo F·O·R·U·M 24·2003: Duftende Favoriten F·O·R·U·M 23·2003: Rosmarin F·O·R·U·M 22·2002: Symposium 2002 – „Dialog mit Düften“ F·O·R·U·M 21·2002: Düfte der Garrigue F·O·R·U·M 20·2001: Rosenzauber F·O·R·U·M 19·2001: Thymian F·O·R·U·M 18·2000: Kamillen F·O·R·U·M 17·2000: Madagaskar F·O·R·U·M 16·1999: Symposium ´99 – „Dialog mit Düften“ F·O·R·U·M 15·1999: Harze F·O·R·U·M 14·1998: Gräser F·O·R·U·M 13·1998: Baldrian & Co. F·O·R·U·M 12·1997: Wurzeln F·O·R·U·M 11·1997: Minzen F·O·R·U·M 10·1996: Symposium ´96 – „Dialog mit Düften“ F·O·R·U·M 9·1996: Lavendel F·O·R·U·M 8·1995: Hölzer F·O·R·U·M 7·1995: Melaleuka F·O·R·U·M 6·1994: Blüten F·O·R·U·M 5·1994: Kräuter F·O·R·U·M 4·1993: Gewürze F·O·R·U·M 3·1993: Citrus F·O·R·U·M 2·1992: Zeder F·O·R·U·M 1·1992: Rose Rot markierte Titel sind bereits vergriffen. Diese Titel erhalten Mitglieder als PDF-Download auf der Internetseite www.forum-essenzia.org. Wie und wo bekommen Sie F·O·R·U·M? • Als Mitglied des Vereins FORUM ESSENZIA e.V. kostenlos. • In Ihrem Naturkostgeschäft oder in Ihrer Apotheke. • Als Einzelbestellung oder zum Wiederverkauf über die Geschäftsstelle von FORUM ESSENZIA e.V. und www.forum-essenzia.org oder direkt beim Vertrieb über www.stadelmann-verlag.de. Ältere Ausgaben können nachbestellt werden.
F·O·R·U·M Aromatherapie · Aromapflege · Aromakultur ist offizielles Mitteilungsorgan des Vereins FORUM ESSENZIA e.V., gemeinnütziger Verein für Förderung, Schutz und Verbreitung der Aromatherapie, Aromapflege und Aromakultur. Auflage: 3000 Preis: 11,80 € ISSN 1863-656X FORUM ESSENZIA e.V.: Kotterner Str. 81, 87435 Kempten/Allgäu Tel.: 08370 – 32 54 73 Fax: 08370 – 32 54 78 E-Mail: info@forum-essenzia.org Redaktion Ingeborg Stadelmann, Wiggensbach Danielle Flemming, Pfungstadt E-Mail: redaktion@forum-essenzia.org Gestaltung und Satz häußingerdesign Monika Häußinger, Kempten Anzeigen DTP Design Fischer Elke Fischer, Wiggensbach Tel.: 0049 (0) 8370 – 910 913 E-Mail: anzeigenservice@forum-essenzia.org
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Ausgabe 35 | 2010