Stadtgeflüster Juli 2016

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-1INTERVIEWS | VERANSTALTUNGEN | MONATSMARKT DEINS! | Ausgabe 07 | Season 11 im Juli 2016 | Das Interviewmagazin vom

Oliver Korittke Warte mal

ANJA MITTAG Noch nicht genug

Carl Carlton

Schweineviel unterwegs


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Fast Forwort

Inhaltsverzeichnis WARTE MAL ................................................. Seite 06 Oliver Korittke SCHWEINEVIEL UNTERWEGS .................. Seite 14 Carl Carlton

Liebste Leserin, lieber Leser, werter Münsteraner, wie muss es sein, wenn man morgens aufwacht und alles, was man bis dahin erlebt hat, ist weg und vergessen? Alles? Alles. Wir haben uns mit einer Frau getroffen, der das passiert ist. Sie weiß jeden Morgen aufs Neue weder, wer die eigenen Kinder sind – noch wer sie selber ist! Aber sie hat gelernt, nicht aufzugeben und uns überzeugt, dass es Menschen gibt, die mehr können als man selber. Da hat es Oli Korittke schon leichter, denn er lebt in einer Welt, in der nichts vergessen wird, da sie auf Film gebannt wird. Dass das nicht immer glücklich macht, haben wir uns zwar schon gedacht, aber trotzdem wollten wir das genauer wissen. Darum holten wir Herrn Korittke mal eben vom Filmset ab. Es gibt aber nicht nur Film, sondern auch Fernsehen – und mit ihm, das muss ich jetzt einfach mal schreiben, ist es Gernsehen: Hendrik Schulte. Der Mann für die Lokalzeit Münster ist nicht nur ein unheimlich guter Moderator, sondern ein noch besserer Mensch Segler. Davon kann sich seine Kollegin Claudia Maschner im Gespräch für uns überzeugen: Kollega gut! Längst nicht alles: Wir sprachen mit der Fußballweltmeisterin Anja Mittag. Wir sprachen mit Who Killed Bruce Lee, beziehungsweise deren Sänger Wassim. Wir sprachen mit Elsi Spring, dem wunderbar sympathischen Modell für Fetischfotos und nicht zuletzt mit Carl Carlton, dem größten Gitarristen Deutschlands. Sowie last, but not least: The Generalsekretär from the Deutschen Bauernverband, Berni Krüsken. Ich wünsche eine schöne Rest-EM, Groß-Britannien viel Glück und mir ein paar frische Lenzer fürs Boot. Thorsten

GELÖSCHT .................................................... Seite 20 Barbara S. FREI MACHEN .............................................. Seite 28 Elsi Spring GESCHICHTEN & GESCHICHTE ............. Seite 34 Wassim Bou Malham NOCH NICHT GENUG................................. Seite 42 Anja Mittag HÖR MAL, KOLLEGE .................................. Seite 46 Hendrik Schulte DER PREIS IST WEISS ................................. Seite 52 Bernhard Krüsken SYMPHONIEN VON OHR BIS HAND ............................................ Seite 66 Annette Bergmann

JOBCHANCEN ....................................... Seite AKTUELLES AUS MÜNSTER .............. Seite TIPPS & TERMINE................................. Seite CORD KOCHT ....................................... Seite HAMMER STRASSENFEST ................. Seite DER UMWELT ZULIEBE ...................... Seite KULTUR & FREIZEIT ........................... Seite

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Resozialisierung Böse Buben und verbrecherische Fräuleins kommen für ihre Schandtaten hinter Gitter. Dort haben sie viel Zeit, um über ihre illegalen Missetaten nachzudenken – im Grunde genommen ist das Kittchen die „stille Treppe“ im Großformat. Allerdings haben die Knastbrüder und -schwestern schlimmere Dinge getan, als während eines Wutanfalls Saft in Papas Aktenkoffer zu schütten. Dennoch ist das Prinzip recht ähnlich: Wer sitzt, soll nachdenken, seine Fehler einsehen und daraufhin geläutert zur Gesellschaft zurückkehren. Sollte eines der Kinder, die Katharina Saalfrank damals auf die Treppe geschickt hat, inzwischen im Gefängnis sitzen, dürfte ihm die Situation bekannt vorkommen.

Liebhaberschüler Als ich diesen Begriff recherchierte, stieß ich bei Google auf Folgendes: „Interview mit einem Telefonzellen-Liebhaber — Schüler (17) pilgert täglich zum Telefonhäuschen.“ Leider waren alle anderen Einträge ähnlich nutzlos, weswegen wir nicht ganz sicher sind, was genau Herr Doldinger mit einem Liebhaberschüler meint … den Telefonzellen-Fetischisten vermutlich nicht. Diesem wünscht die gesamte

Redaktion übrigens viel Erfolg beim Kampf zur Erhaltung der gelben Häuschen! Wo sonst sollten wir uns schließlich in unsere Superheldenkostüme zwängen, wenn wir wieder als maskierte Rächer von Witwen und Waisen durch Münster ziehen?

Selbstironie Wer über sich selbst nicht lachen kann, ist einfach ein unglaublich armer Tropf. Ehrlich, ihr humorlosen Griesgrame verpasst so viel! Ich lache sehr viel mit mir selbst und über mich. Sobald man innerlich tot ist, klappt das mit der Selbstironie ganz gut und tut gar nicht mehr weh.

Ladestation Inzwischen drehen ja alle durch, wenn die kleine Batterie auf dem Display rot leuchtet und keine Steckdose in der Nähe ist. Ist aber auch eine Frechheit, dass die Bäume im Park nicht mit Steckerleisten ausgestattet sind! Besitzer von Elektroautos sind nicht nur wegen ihres Handys auf ein flächendeckendes Stromnetz angewiesen, sondern bleiben ohne Steckdose im wahrsten Sinne des Wortes auf der Strecke. Deswegen sollten wir uns allerdings keine allzu großen Gedanken machen, schließlich


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kennen wir dieses Spiel seit Langem – zwischendurch müssen wir unseren Autos halt Energie zuführen, ob nun per Zapfsäule oder Ladekabel. Und wer das versiebt, der schiebt.

Grundrecht An dieser Stelle sollten wir kurz innehalten und uns aufrichtig über unsere Grundrechte freuen. Ich habe vorhin in unser Grundgesetz reingeschnuppert und da stehen schon einige gute Sachen drin! So ist beispielsweise unsere Würde unantastbar. Wie würdevoll wir

Stadtgeflüster Münster – Das Interviewmagazin wird herausgegeben von der Stadtgeflüster GmbH & Co. KG Rothenburg 14-16, 48143 Münster Telefon 0251 48168-30, Telefax 0251 48168-40 stadtgefluester-muenster.de info@stadtgefluester-muenster.de Herausgeber und Chefredakteur: Redaktion: Editorial Design: Lektorat: Delivery-Man:

Thorsten Kambach Jana Nimz, Stefan Reimer, Tom Feuerstacke, Arndt Zinkant, Piff, Sabine Roters, Larissa Schwedes, Dennis Kunert, Ulrich Coppel Buschy Buschmeyer Janina Mentos Tobias Drinkwitz

überhaupt sind, ist eine andere Frage. Falls ihr schon mal auf einem Schützenfest wart, könnt ihr meine Überlegung eventuell nachvollziehen. Ich muss allerdings anmerken, dass eine Bekannte von mir es sogar schon geschafft hat, sich würdevoll zu übergeben! Der Vorfall ereignete sich auf unserer Abifahrt und ich meine das vollkommen ernst – selbst in diesem Augenblick hat sie die Fassung und auf gewisse Weise unser Grundgesetz bewahrt. ◊◊◊

Fotografie: Anzeigenvertrieb: Veranstaltungen und Kleinanzeigen: Büro: Druck: Webseite: Glossar:

Thomas Schmitz – FXcommunication.com, Buschy Buschmeyer, Uwe Clephas, Pressefotos Ekki Kurz, Horst Stronk Jana Nimz Irene Kötter Lensing Druck Ahaus Mark Grotegerd Janina Mentos

Stadtgeflüster liegt zur kostenlosen Mitnahme an über 300 Stellen in Münster aus. Sie haben Interesse an unseren Mediamöglichkeiten? Dann rufen Sie uns an oder schreiben Sie eine Mail, wir freuen uns!


Oliver Korittke Schauspieler, der seine Karriere im Alter von vier Jahren in der SesamstraĂ&#x;e begann.

Illustration: Thorsten Kambach

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Thorsten und Oliver Korittke lernen was dazu Ekki, Kek, Oli – wenn Herr Korittke nach der Länge seiner Film- und Echtnamen entlohnt würde, wäre er ein armer Schlucker. Aber er hat Glück und lebt in einer Welt, in der Schauspieler etwas wert sind. Der preisgekrönte Mime steht noch vor der Kamera, als ich den Drehort erreiche, um ihn abzuholen. Ich setze mich in seinen berühmten Schauspielerstuhl, direkt neben den von Leo Lansink, und warte. Nach einer halben Stunde warte ich immer noch. Nun weiß ich, wie Schauspieler sich fühlen, denn Warten ist deren Leidenschaft. Nach dem gefühlt hundertsten Take ist der Regisseur endlich zufrieden und Oli entlassen – für diesen Tag.

WARTE MAL

Ist ja grauenhaft, diese Warterei am Set. Das ist echt elendig. Aber da gibt es ja einen Spruch: „Ich lass mich fürs Warten bezahlen“, den übernehme ich gerne. Lernst du dabei deinen Text? Ich kann den vorher. Ich lerne den für eine Woche im Voraus und nehm‘ nur noch ein paar Seiten mit zum Set. Änderst du ihn? Ich mach‘ mir den ein wenig mundgerecht. Die Dialoge sind manchmal sehr bilderbuchmäßig. Sind Autoren da empfindlich? Das kannst du nicht immer machen. Aber bei Wilsberg, so nach zehn Jahren, da geht das schon, da weiß ich genau, wie der Ekki redet. Wann musst du dich genau ans Drehbuch halten? Bei Werbung. Die wollen genau das, wofür sie bezahlt haben; da sitzt der Kunde beim Dreh dabei und sagt so Sachen wie: „Ach, kann der das noch einmal ein bisschen lustiger machen?“

Machst du gerne Werbung? Das ist schwierig, weil sie im Grunde mit Film nicht viel zu tun hat. Es reden zu viele Leute mit, zu viele Köche verrühren den Brei. Aber als alter Hase sitzt du da und weißt genau, was die Kunden nehmen. Sind die Kunden eingeschüchtert? Die meisten kennen dich nur aus dem Fernsehen. Nö. Die bezahlen ja anständig, da können sie mit mir machen, was sie wollen. Bist du gerne berühmt? Nicht mehr. Das hat als Zwanzigjähriger Spaß gemacht, wenn ich dadurch mal ´ne Chance bei Mädels hatte oder in eine Disko reingekommen bin. Heute ist das eher belastend. Ich weiß aber, dass das zu meinem Job gehört, mal ´n Autogramm zu schreiben. Doch irgendwann fällt auch bei mir der Hammer, dann bin ich nur noch für mich da und sage, du, jetzt mal nicht. Das Starsein gehört im besten Fall dazu, aber es gibt Momente, wo es schrecklich ist. Wann zum Beispiel?


Wenn ich morgens Brötchen hole und einer fragt nach einem Selfie.

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Sagst du dann Nein? Jedes dritte Mal. Das passiert dir in Berlin?! Das passiert da häufig. Sind die Berliner dafür nicht eine Nummer zu cool? Nicht bei Kek.

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Der ist ein Kind der Stadt, so wie du. Dabei dachte ich als kleiner Junge, du wohnst in der Sesamstraße. Na klar. Wie bist du in der Sesamstraße gelandet? Das war bei meinem Opa in der Kneipe, da hing ich als Kleener immer rum. Da kam jemand, der hat bei uns immer gerne sein Bier getrunken, so ‘n Locationdingssowieso. Der sagte eines Tages, sie suchen ‘n kleenen blonden Jungen und was denn mit dem kleinen Oli sei, ob der nicht mal will? Die richtige Fresse zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

» DIE RICHTIGE FRESSE ZUR RICHTIGEN ZEIT AM RICHTIGEN ORT. « Das ist Glück. Mein Beruf besteht nur aus Glück. „BangBoom-Bang“, „Die Musterknaben“ …

Bei Musterknaben 014 spielst du den „SchlauSeit Februaen“r –2viele würden dich ort!für den „Doofen“ d n ta S n e r besetzen. e ß ö r am neuen g g 9ist9wie-bei Dick und Doof, nur eDas - Höltenwumgedreht. Wie viele Teile gab es eigentlich? Drei. Aber der Erste war der beste. Der Dritte, nun ja … hätten wir heute schon zehn


Foto: Thorsten Kambach

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Echte Schauspielkunst Teile von den Musterknaben, wäre der Dritte sicherlich zu verschmerzen gewesen. Wäre eine tolle Serie – und das aus Deutschland! Meine ich auch. Wünschen sich die Leute auch, es war zu schön, diese beiden Vollidioten zu beobachten. Das war mit Liebe geschrieben, einfach so ehrlich. So Jungs gibt´s bestimmt in der Wirklichkeit, das hat es ausgemacht.

So machen das Kinder auch. Genau, du machst als Kleener nix anderes. Ich mache das sehr aus dem Bauch raus. Es gibt aber von zehn Filmen auch so dreie, wo ich versuche, anders vorzugehen. Ich bin halt kein Tom Hardy, bei dem du erst nach ´nem halben Film merkst, Alter, dat is’ Tom Hardy!

Ist es schwer, zu schauspielern? Das ist Handwerk.

Die Leute wollen Olli erkennen – und andere Kek. Ich fände das schon schön, mal was komplett Ernsthaftes zu spielen, aber du hast recht. Man geht ins Kino, weil man weiß, da spielt der oder der mit.

Kannst du eine Technik beschreiben? Kann ich nicht, ich komme eher nach Mastroianni; ich muss nicht, bevor ich ´n Mörder spiele, zwei Leute umbringen. Mastroianni hat gesagt, Method-Acting und so sind Müll, ein guter Schauspieler sei jemand, der heult, wenn der Regisseur sagt, heul. Ich halte das genauso.

Bogart ist Bogart. Die meisten Schauspieler haben im Grunde immer eine Rolle, für die sie stehen. Bei Martin Semmelrogge sagst du „Das Boot“, bei Nastassja Kinski immer „Reifeprüfung“. Beim Korittke wahrscheinlich „Bang-BoomBang“. Aber wir Schauspieler sind damit nicht zufrieden – selbst wenn es wie bei Martin „Das


Foto: ZDF/Thomas Kost

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Warten sicher schon aufs Helikoptergeld Boot“ war. Dabei gibt es genug Filme, die ich gedreht habe, bei denen ich mir wünsche, dass die ein größeres Publikum erreicht hätten. Bei welchem? „Eine Handvoll Gras“ Warum der? Weil ich in dem Film mal zeigen konnte, dass ich ein Schauspieler bin. Da habe ich was erschaffen, was mich berührt. Wenn ich dir von hundert meiner Filme sagen soll, wie viele ich davon wirklich gut finde, nenne ich dir – fünf. Das zeigt auch, dass ich diesen Beruf mache, um zu leben und nicht lebe, um diesen Beruf zu machen. Welche fünf sind es? Musterknaben, Bang-Boom-Bang, Eine Handvoll Gras, dann gibt´s noch … Kommen wir zu einem anderen Thema, der Politik der Europäischen Union. Nicht wirklich, oder!? Dann Helikoptergeld.

Helikoptergeld?!? Ja, die Europäer sollen mehr Geld ausgeben, damit die Wirtschaft in Schwung kommt. Aber damit sie mehr Geld ausgeben können, brauchen sie Geld – das könnte man einfach drucken und an alle verschenken. (Lacht) Helikoptergeld – klingt super. Datt wollen ‘se machen, ja? Das wollen sie nicht machen, aber die Grundidee findet Mario Dragi vorstellbar. Unglaublich. Kommen wir zur Deutschen Politik. Ick bin total unpolitisch, watt soll det hier? Trotzdem, das ist wichtig! Was hältst du von der Afd-Frau Beatrix von Storch? Die kenne ich nicht – ach doch, aber die kenne ich nur vom Gesicht. So ‘ne Namen merke ich mir nicht. Ich meine, diese ganze politische Situation ist schrecklich. Leider wirst du diese Leute nicht so schnell wieder wegkriegen, die Rechten laufen nicht mehr in Springerstiefeln rum, sondern tragen Anzüge. Eine


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gefährliche Sachlage. Ich hoffe, die Vernunft siegt und Menschen, die sich zurzeit davon angezogen fühlen, merken, dass das überhaupt nicht geht. Aber ich muss auch fragen, was ist das überhaupt für eine Dummheit, es so weit kommen zu lassen, dass es Menschen gibt, die aus Protest eine rechtsradikale Partei wählen? Weil sie denen da oben mal zeigen wollen, was los ist. Aber das ist ein Thema, über das möchte ich gar nicht sprechen. Das kann ich gut verstehen. Man sollte das oder die gar nicht mehr in den Mund nehmen. Auch der Name schon, der Wahnsinn: Alternative für Deutschland! Watt soll denn die Alternative für Deutschland sein? Das vierte Reich. Wir wissen es nicht. Das Thema sollten wir rauslassen. Meine ich auch. Wenn man sich das inzwischen anschaut, Zäune um Europa, Zäune um Deutschland – dann die ganzen Flüchtlinge. Ich kann verstehen, dass es nicht geht, dass man in eine Zweitausend-Seelen-Gemeinde tausend Flüchtlinge bringt, aber dass zig Brände gelegt werden – irgendwo kann ich‘s alles gar nicht verstehen. Kommen wir zu was Anderem: Du siehst unglaublich fit aus, treibst du neuerdings Sport? Ich, ehm, ich bin ja die letzten Jahre immer mal ein bisschen zum Sport gegangen, hatte sogar Phasen, wo ich mir extra Eiweiß geholt habe. Sag schon, heute nicht mehr? Die Zeit für ein Fitnessstudio ist nicht mehr da. Obschon es natürlich zu meinem Beruf gehört, fit zu sein. Darum habe ich mir eine Matte besorgt, ein Trampolin gekauft, ein paar Bälle geliehen und mache jetzt alles zu Hause, jeden Tag ‘ne Dreiviertelstunde. Dabei schaue ich Serien oder skype oder führe ein Telefonat, das auf Laut gestellt ist. Dabei versuche ich mich zu dehnen, zu stretchen und Dings und so. Aber so wie früher, als ich noch gedacht habe, ich müsste aussehen wie Götz George …

Götz George? Du hast ernsthaft geglaubt, du würdest durch Training aussehen wie Götz George? (Lacht) Naja, bei Schimanski 1, wo der ja schon locker fünfundvierzig war, schon. Wirst du schnell dick? Ich würde dick werden, ja. Jetzt, wo der Sommer kommt und beim Film sowieso, kommen die Situationen, wo du dich ausziehen musst und da muss ich sagen, bin ich sehr eitel. Ich brauch‘ jetzt noch drei Monate ungefähr (Das Interview haben wir im Februar geführt. Deine Redaktion). Den „Winterkorittke“ werde ich gleich sehen, wenn du dich fürs Porträt ausziehen musst. Genau, den Winterspeckoli. Stimmt das Gerücht? Ja. Welches?

» EIN GUTER SCHAUSPIELER HEULT, WENN DER REGISSEUR SAGT HEUL. « Dass du beim kommenden Superman-vs.-Batman-Film mitspielst. Das stimmt, natürlich, natürlich. Ich freue mich schon sehr auf die Dreharbeiten, bin gespannt.* Das ist ‘ne ganz andere Welt, dieses Hollywood. Die haben einfach mehr Geld. War Geld der Grund, bei Superman vs. Batman zuzusagen? Nee, ich wollte da unbedingt mitmachen. Ich bin doch so ein großer Comicfan. Du spielst aber nicht den Joker? Den kann ich, nachdem Heath Ledger und


Foto: Thorsten Kambach

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Auf diesem Stuhl habe ich auf Oli gewartet (rechter Stuhl) Jack Nicolson den gespielt haben, schwerlich besser spielen. Den Riddler, den könnte man besser spielen, zumindest besser, als Jim Carrey das getan hat.

Ne, auch noch nicht, hab´ ich aber auch schon zu Hause. Mit Billy Bob Thornton, freu ich mich schon drauf. Und dem Schauspieler vom Hobbit, oder?

Den Riddler gibt es aber schon super umgesetzt – in der Serie Gotham! Da darfst du mir noch nix zu erzählen, da habe ich mir jetzt die erste Staffel geholt. Ich habe reingeguckt, hab‘ gesehen, da spielt sogar der Pinguin mit.

Ja. Aber zurück zu „Superman vs. Batman“. Wie dick ist das Drehbuch für einen Blockbuster? Das kriegst du ja nicht. Du kriegst nur deine Szenen. Wie hoch ist deine Gage? Da darf ich nicht drüber reden.

Der ist prima! Der ist geil. Ich habe die ersten drei Folgen schon gesehen. Gibt es da schon die zweite Staffel?

Siebenstellig? Locker. Die wissen, was ich hier in Deutschland für einen Film verdiene.

Ja. Sogar die dritte! Sogar die dritte! Bloß nix erzählen, bitte.

Das hast du mir aber noch nicht erzählt. Wie viel denn? Das sind Abermillionen.

Ich habe mich übrigens gerade vertan, ich meinte Enigma, nicht den Riddler. NICHT ERZÄHLEN!

Insgesamt oder pro Wilsberg-Folge? (Lacht) Insgesamt!

Kennst du FARGO?

Du bist doch schon seit einigen Jahren in Münster unterwegs. Hast du hier viele liebe


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Leute kennengelernt? Dich zum Beispiel, dann …

Vielleicht Calamari. Eher Nudeln al dente.

Nächste Frage: Bist du gerne in Hotels? Hm, eigentlich ja.

Kann ich nicht sagen, habe noch nie eine durchgeschnitten. Ich auch nicht. Vielleicht schaff ich‘s auch gar nicht. Ich meine, es gibt Leute, die vergraben den Mutterkuchen. Da kann ich doch wohl ‘ne Nabelschnur durchschneiden. Ich glaube, das wäre das Schwierigere. Ich habe mir schon extra meine Arbeit so gelegt, dass ich Zeit habe.

Darf ich sagen, dass du mir eben anvertraut hast, dass du Vater wirst? JA! Ok: Olli, deine Augen leuchten, ist da irgendwas im Busch, von dem ich wissen müsste? Ich werde Vater! Was?! JA!

» Ich werde die nabelschnur durchschneiden – möchte, will. «

Du gehst also von einer pünktlichen Geburt aus? Genau. Am Neunundzwanzigsten kommt‘s und ich habe mir den Achtundzwanzigsten und den Neunundzwanzigsten freigenommen. Möge der Mut mit dir sein! Und mit deinem Geiste. Danke schön! ◊◊◊

INFO

Oliver Korittke Das freut mich für dich! Aber was tust du, wenn deine kommende Tochter irgendwann Politikerin werden würde? (Lacht) Dann wird sie mit Sicherheit nicht bei der Afd sein. Möchtest du bei der Geburt dabei sein? Ich werde sogar die Nabelschnur durchschneiden, möchte, will – falls ich nicht ohnmächtig werde. Hast du das schon heimlich geübt? Nein. Womit könnte man das denn üben?

wird in Fach- und Freundeskreisen gerne Oli genannt. Schon kurz, nachdem er als kleiner Junge auf die Welt kam, haben die Leute angefangen, ihn so zu nennen. Etwas später, mit vier Jahren, hatte er sein erstes Engagement, spielte in der Sesamstraße mit. Seitdem wird Oli mit Preisen überschüttet: 1999 Darstellerpreis für „Musterknaben 2“ 2000 Grimme-Preis-Preis für „Dunckel“ *Oli spielt gar nicht im neuen Supifilm mit, schadi, das war nur ein Scherzi.


Illustration: Thorsten Kambach

Carl Carlton Rock-Musiker, Komponist und Musikproduzent. Hat in international fĂźhrenden Bands gespielt und mit weltweit bekannten Musikern zusammengearbeitet.


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Ekki und Tom sprechen mit dem Fragezeichen Für Carl Carlton ist Zeit Luxus: Er ist ein nimmermüder Reisender in Sachen Musik, urlaubsreif erscheint er aber trotzdem nicht. Ich habe die Vermutung, dass er es gar nicht anders haben will. Denn das Erleben und das Treffen von Menschen, mit denen er Projekte angeht ist das, worum es in seiner Kunst geht. Letztendlich sorgt diese gesunde Einstellung dazu, dass er trotz seines übervollen Terminkalenders nie gehetzt wirkt.

schweineviel unterwegs

Du bist im Moment schweineviel unterwegs. Bin ich. Zurzeit sogar ein bisschen zu viel. Gönnst du dir überhaupt Pausen? Das ist schwierig. Ich habe schließlich erwachsene Kinder, die studieren. Okay, außer Max, der liegt mir nicht auf der Tasche. Wow, das ist ein ganz mieser Einstieg von mir, weil ich über Kohle rede … … ist doch wenigstens ein ehrlicher Auftakt. Ehrlicher als so mancher, den wir sonst hören. Ich habe noch jede Menge Projekte, die ich finanzieren möchte. Dieses Mainstream-Musikbusiness von heute reicht dazu nicht. Deshalb muss ich zusehen, dass ich noch viele Touren mit namhaften Künstlern spiele. Also sind Lindenberg und Maffay nur Mittel zum Zweck? So sachlich sehe ich das nicht. Das sind

große Konzerte mit geilen Künstlern, in deren Musik Herzblut steckt. Es ist ein unfassbares Gefühl, mit denen Stadien und Hallen zu rocken. Und diese Gigs geben mir die Möglichkeit, mich meinen Projekten zu widmen – und zwar ganz ohne Druck. Schließlich gibt es ja noch meine eigene Geschichte mit den Songdogs. Verstehst du, wie ich das meine? Ich glaube schon. Das ist wie bei Regisseuren in Hollywood, die einen finanziellen Kracher machen, um drei eigene, persönliche Filme umzusetzen. Und das ist auch die Antwort darauf, warum ich im Augenblick so unfassbar viel unterwegs bin. Also auf der einen Seite geht es um Selbstverwirklichung … Weißt du, ich bekomme Muffensausen! Ich bin ja nicht mehr der Jüngste und im Moment kippen die Kumpels einfach neben mir um. Ich habe noch so viel vor.


Wer hat dich heute Abend eingeladen, dein Sohn oder Steffi? Wer hat dich maßgeblich bearbeitet? Beide. Ich überlege gerade, wer mich als Erstes angerufen hat … ich meine, das war Steffi. Ich kann mich erinnern, wie ich ihm gegenüber meine Bedenken äußerte – ich bin schließlich kein Olli Schulz oder Otto. Ich bin nur der Carl und fragte mich, ob das für ein Fragezeichen reichen würde. „Doch“, meinte er. „Wir sind gerade auf Tour und ich habe schon mit Max gesprochen. Komm, wir machen das.“ So viele Selbstzweifel? Na ja, Selbstzweifel würde ich das nicht nennen. Berechtigte Überlegungen, bei den Namen, die hier schon auf der Bühne standen. Dazu kommt die Vater-und-Sohn-Geschichte. Kann ja sein, dass es dem Filius nicht unbedingt gefällt, dass der Alte schon wieder auf der Matte steht. (Lacht)

ALLTAG UND EKSTASE EIN SITTENBILD VON REBEKKA KRICHELDORF DIE NÄCHSTEN TERMINE: Dienstag .............. 05. Juli ............ 19.30 Uhr Freitag ................... 08. Juli ............ 19.30 Uhr

KLEINES HAUS Aufführungsdauer ca. 100 Minuten, keine Pause

www.theater-muenster.com Theater Münster Neubrückenstr. 63 · 48143 Münster

» MIT GELD IM VORDERGRUND IST KEIN PLATZ FÜR KUNST. « Wenn du dich vor vierzig Jahren betrachtest und Max heute siehst: Findest du Parallelen? Da gibt es welche, keine Frage. Was sich inzwischen vollkommen gewandelt hat, ist die Musikindustrie. Früher konnte man durch das Gitarrenspiel noch überzeugen. Heute sind die Mechanismen anders. So naiv, wie ich damals aus Ostfriesland vom Bauernhof mit meiner Klampfe auf dem Rücken gen Holland verschwand. Völlig überzeugt, dass ich es schon irgendwie nach Hollywood schaffe … So kannst du heute nicht mehr denken. Meinst du? Da habe ich eben noch mit Steffi drüber gesprochen. Siehst du, hier liegen die GEMA-Listen, die wir heute ausfüllen müssen – welche Songs wir spielen und was weiß ich. Das gab es


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Der große Carl mit unserem regulär großen Ekki damals nicht. Wir haben vor jedem Gig einen Joint geraucht und ab ging es auf die Bühne. Kein Gedanke an GEMA oder sonst was. Man sagt natürlich schnell „damals“ und verklärt als erstes immer die Leichtigkeit … … thank God, dass sich manche Dinge geändert haben! Früher warst du eher Don Quichotte und hast gegen Windmühlen gekämpft. Der eine hatte mehr Glück und der andere weniger. Im Positiven war die Zeit damals viel romantischer. Aber auch hart. Eben völlig anders. Mit den Drogen und auf die Fresse. Die einen haben es geschafft, die anderen nicht. Ihr habt einfach Musik gemacht und auf einen glücklichen Zufall gewartet? In gewisser Weise spielte der Zufall schon

eine entscheidende Rolle: Wir haben in Holland angefangen zu produzieren, haben immer gehofft, denjenigen kennenzulernen, der uns eventuell den Weg ebnet. Die Mechanismen waren menschlicher – insofern, als dass du zum Beispiel jemanden bestechen konntest. Wenn dich wer mochte, hattest du einen Vorteil und so weiter. Damals war selbst der größte Geschäftsmann, der nur auf den Dollar geschielt hat, persönlicher unterwegs. Zu meiner Zeit waren diese Mogule eher Zuhälter, während heute Doktoren der Betriebswirtschaft die Fäden ziehen. Aber durchmogeln konntest du dich früher halt, solange die Inhalte gestimmt haben. Es ist faszinierend, dass sich so viele die alten Zeiten zurückwünschen – wobei damals


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Nun muss der Carl mal kurz nachdenken: hmmm, ja, stimmt Ekki doch auch so viele Leute auf der Strecke geblieben sind … Alle Zeiten haben ihre guten und ihre schlechten Seiten. Ich erlebe die Änderungen hautnah und natürlich sind die nicht immer toll. Wie auch? Schau dir doch an, wie die Konsumenten herangezogen werden: Einheitsbrei, der sich optimal verkaufen lässt. Keiner entwickelt mehr seinen eigenen Musikgeschmack, sondern lässt ihn sich von Radiosendern anerziehen, die elektronische Dosenmusik verkaufen. Am Ende erkennt ein Jugendlicher nicht den Künstler, sondern findet den Track, den er abfeiert, in einem Computer-Wargame wieder. Du findest heute doch keinen Radiomoderator mehr, der nachmittags um vier

Uhr erklärt, wer der Künstler hinter einem Stück ist. Die Zeiten von Mal Sondock sind vorbei? Natürlich, weil sie nicht gewollt sind. Überleg mal, all die Piratensender, die sich auf Schiffen in der Nordsee bewegt und eine Genration musikalisch geprägt haben. Das ist heute nicht mehr möglich, da ein paar reiche Mogule die Musikwelt im Griff haben. Da kommst du nicht mehr zwischen. Aber wie gesagt, alles hat seine Zeit und was an einer Epoche gut oder schlecht war, können wir immer erst im Nachhinein beurteilen. Du bist ein Musiker, der eine Menge Preise abgeräumt hat, ich wüsste nicht, was du


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noch gewinnen könntest. Wofür hast du als Musiker den Grimme-Preis erhalten und wofür war die Grammy-Nominierung? (Lacht) Es gäbe schon noch die Möglichkeit, den Grammy zu gewinnen – so viel zum Thema „alles gewonnen“. Aber Scherz beiseite. Ich habe den Grimme-Preis für die TV-Doku „Damals im Osten“ erhalten. Schon großartig, wenn du als Musiker eine der bedeutendsten deutschen Auszeichnungen erhältst. Dann weißt du, dass deine Arbeit nicht nur gesehen und gehört, sondern gewürdigt wird. Das Gleiche gilt für den Grammy. Auch wenn ich hier nicht Preisträger bin, sondern lediglich nominiert war. Das ist vermutlich der am höchsten anzusiedelnde Musikpreis und wenn du für den nominiert bist, bedeutet das schon, dass du vieles in der Musik richtig gemacht hast. Vor allem – und das gilt für beide Preise –, siehst du, wer alles Preisträger ist.

» DAMALS KONNTEST DU NOCH BESTECHEN. « Zum Schluss würde mich interessieren, warum du 2005 bei Maffay und Lindenberg ausgestiegen bist – oder aussteigen musstest? Genau erfahren hat man ja nichts. Ich hatte viel zu tun durch meine Amnesty-Projekte, und habe dabei viele herausragende Musiker kennengelernt. Seit Robert Palmer und Joe Cocker habe ich alle Verbindungen, die sich mit der Zeit ergaben, aufrechterhalten. 2004 bin ich durch Levon Helm nach Woodstock gekommen und habe auch dort eine große musikalische Familie kennengelernt. Und diese Zeit kreuzte sich mit Maffay und Lindenberg. Hinzu kam, dass ich mit Eric Burdon & The Animals auf Tour durch Nordamerika gehen und auf seinem neuen Album mitwirken konnte. Klingt geil.

Ich musste einfach kurz fremdgehen. Alles das wäre mit Udo und Peter nicht zu vereinen gewesen. Bestand keine Möglichkeit, zwischen den Bands zu springen? Das wäre kritisch gewesen. Bei Udo weniger als bei Maffay. Peter hätte das doch sehr persönlich genommen. Aber ich wollte das unbedingt. Da waren die Möglichkeiten, mit solch herausragenden Künstlern zu spielen. Es war nicht die Kohle, die die Rolle spielte, wie damals bei der Leopardefell-Band. Dafür hatte ich damals eine Maffay-Tour abgesagt. Es ging nicht um den Scheck – der war nämlich bei Peter deutlich länger. Ich hatte einfach Bock darauf, das zu machen. Irre, dass du das Finanzielle völlig in den Hintergrund kehrst! Wenn ich das Geld in den Vordergrund schieben würde, hätte die Kunst keinen Platz mehr und das, was ich mache, ist Kunst. Alles, was ich möchte, ist weiterhin Spaß an der Musik zu haben und tolle Menschen zu treffen. Das ist unbezahlbar. Dann sieh jetzt mal zu, dass du zu deinem Sohn auf die Bühne kommst. Stimmt, ich muss mich umziehen, wird Zeit. ◊◊◊

INFO

Carl Carlton Der gebürtige Ostfriese verließ den elterlichen Hof in Itzehoe mit 17 Jahren in Richtung Holland, um nicht weniger als der vermutlich größte Gitarrist Deutschlands zu werden.


Barbara S. Durch Epilepsie mit Gedächtnisverlust eine Frau ohne Vergangenheit.

Illustration: Thorsten Kambach

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Julia spricht mit Barbara S. über das Heute ohne Gestern Barbara S. hält ihre Urlaubfotos in der Hand und stutzt: Wo sind diese Bilder entstanden und warum ist sie darauf zu sehen? Die Diagnose: Epilepsie mit Gedächtnisverlust. Das Langzeitgedächtnis der Münsteranerin ist gelöscht, nur durch ständige Wiederholungen kann sie sich überhaupt Dinge merken. Ich treffe eine Frau, die morgen nichts mehr von meinem Besuch wissen wird und frage sie nach ihrem Leben ohne Vergangenheit.

GELÖSCHT

Wie sehen Sie Ihre Krankheit: als Fluch oder manchmal gar als Segen? Das ist eine gute Frage … Manchmal ist es ganz gut, zu vergessen. Mein Ex-Mann hat beispielsweise seit Ewigkeiten eine Freundin, mit der ich mich eigentlich gut verstehe. Aber irgendwann gab es wohl eine ordentliche Zickerei zwischen uns, von der ich allerdings nur durch meinen Sohn weiß. Der kam letztens ganz verblüfft an: „Du redest ja wieder normal mit ihr!“ und erzählte, dass wir uns total in die Haare gekriegt hätten. Aber da weiß ich ja nichts mehr von. (Lacht) Also habe ich keinen Grund, mich mit ihr zu streiten. An Empfindungen können Sie sich also auch nicht mehr erinnern? Also ich fühle prinzipiell normal. Und wenn ich mich noch an eine Situation erinnere, kann ich auch meine damaligen Gefühle nachempfinden. Aber das sind eben nur wenige. Ich erinnere mich beispielsweise an einen langersehnten Fallschirmsprung, den ich vor einem Jahr gemacht habe. Warum das so ist, kann ich Ihnen nicht sagen, doch immer, wenn ich Wolken sehe, versuche ich mich daran zu

erinnern. Ich kann mir vorstellen, dass der Tandemsprung ein so außergewöhnliches Erlebnis war, dass es sich eingebrannt hat. Doch andererseits kann ich mich nicht mehr an die Geburten meiner Kinder erinnern. Es ist wirklich alles weg? Komplett? An gewisse Rituale kann ich mich noch dunkel erinnern, weil sie sich ständig wiederholt haben. So weiß ich zum Beispiel noch, dass wir vor jedem Essen gebetet haben, unsere Eltern waren da unheimlich streng. Aber grundsätzlich: Alle Urlaubserinnerungen, die Schwangerschaften – davon weiß ich nichts mehr. Meine Tochter bekommt nächsten Monat ihr erstes Kind und hat mich gefragt: „Du, Mama, wie war das bei dir?“ Ich muss dann leider sagen: „Frag nicht mich, frag Papa.“ Wann sind Sie krank geworden? Vor zwanzig Jahren. Aus der Zeit davor ist alles weg. Wenn ich mir Fotos anschaue, klingelt nichts bei mir. Ich denke nicht: Ach, da war ich mit meinem Vater bei meiner Einschulung; dort mit Freunden im Ferienlager – das sind Fotos einer Fremden. Und genau mit so einer Situation fing der ganze Mist ja an.


Fotos: Julia Kunze

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In ihren Tagebüchern hält Barbara seit zwanzig Jahren alles fest Wie war das damals? Ich kam aus dem Dänemarkurlaub und wollte unsere Bilder im Laden abholen. Und als ich auf die Fotos gucke, frage ich mich: „Wo bin ich denn da?“ Und: „Wieso bin ich da überhaupt drauf?“ Das war natürlich der Hammer. Und diese Szene hab‘ ich noch ungefähr im Kopf – dachte ich zumindest. Letztens sagte mir jemand, ich sei in einem anderen Geschäft gewesen, als ich bis dahin dachte … ist ja auch nicht so wichtig. Nach einer Pilzerkrankung an der Hautoberfläche und einer Behandlung mit Ketokonazol bekam ich Hepatitis C. Die Gedächtnisstörungen bemerkten meine Mitmenschen und dann ich einige Zeit später. Anschließend wurde ich am Bauch operiert, etwa zeitgleich begannen die Anfälle. Es war eine schlimme Zeit. Ich wusste nichts mehr. Es gab Tage, an denen ich irgendwo herlief und keine Ahnung hatte, wo ich war. Alles war weg. Alles. Horror. Das kann ich nicht sagen. Für meine Umgebung muss das aber schlimm gewesen

sein. Ich kann mir gut vorstellen, warum mein Mann sich später eine neue Freundin gesucht hat. Ich war durchgehend krank. Dass der irgendwann zu viel kriegt, ist klar. Dazu die Epilepsie, der Gedächtnisverlust. Ganz schlimm war das in der Schule. Sie waren damals Lehrerin. Genau. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie die Kollegen damit umgegangen sind, doch die haben garantiert Zustände gekriegt. Ich war fast immer weg und keiner wusste, wann oder ob ich wiederkomme. Und dann diese Gedächtnisstörungen. Die konnte ich da schlecht verheimlichen. Insgesamt ist mir nur eine Erinnerung an die Reaktion einer meiner Kolleginnen geblieben: Die hat mich in einer Konferenz, bei der auch der Schulrat anwesend war, nachgemacht. Sie hat allen gezeigt, wie ich beim Anfall bin, wie ich aussehe – mein Gesicht und meine Bewegungen im Krampf. Das war mir extrem peinlich. Ich weiß noch, dass ich da echt zuviel gekriegt habe. Was danach und davor passiert ist, weiß ich nicht.


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pensioniert. Mit Anfang 50, so alt kam ich mir gar nicht vor. So eine Scheiße.

» ALLES WAR WEG. ALLES. « Und dann? Sie haben mich zunächst ein Jahr krankgeschrieben, bei dem es aber natürlich nicht blieb. Anschließend musste immer zum Amtsarzt, weil ich offiziell jahrelang noch im Dienst geblieben bin. Das weiß ich nur aus den Akten. Ab einem gewissen Punkt musste ich alle paar Jahre zum Amtsarzt oder habe ihm von hier ein Gutachten geschickt, denn die wollten schon nicht mehr, dass ich dahin komme. Und letzten Endes kam ein Brief: Ich bräuchte mich jetzt nicht mehr vorzustellen. Da ging es um die Wiederverwendung … Wiederverwendung! Ich kam mir vor wie ein alter PC. Wiederverwendung im Schuldienst oder so. Ich könnte zu Hause bleiben, ich wäre

Was sind heute Ihre Strategien, um mit der Krankheit umzugehen? Ich lese viel Fachliteratur und versuche mich da reinzudenken. Weil ich so viel vergesse, lese ich alles doppelt und dreifach, aber das ist mir egal. Irgendwann bleibt da schon was hängen. Außerdem habe ich ein digitales Tagebuch, in das ich alles eintrage. Ein externes Gedächtnis quasi. Über eine Suchfunktion kann ich Situationen nachschlagen – wenn ich mich daran erinnere, dass sie passiert sind. Dort kann ich auch Fotos eintragen. Ich kriege außerdem viel Unterstützung von Freunden und von meinen Kindern. Haben Sie das Gefühl, dass Ihr Vergangenheits-Ich ein anderer Mensch ist? Mal ja, mal nein. Ich hätte zum Beispiel niemals gedacht, dass ich eine Woche vor der Entbindung eines meiner Kinder im Freibad

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Tag für Tag, Jahr für Jahr war! Würde mir das heute jemand erzählen, ich würde ihm einen Vogel zeigen. Aber es gibt ein Foto, auf dem liege ich in der 39. Woche im Bikini herum. (Lacht) Haben Sie andere gefragt, ob Sie sich sehr verändert haben? Schon ganz oft. Vornehmlich Leute, die mich ewig nicht gesehen haben, beim Jahrgangstreffen oder so. Und wenn die sagten: „Ach, hallo, Barbara!“, stehe ich da: „Ja, hallo! … und du bist?“ Wenn ich ihnen von meiner Krankheit erzähle, freue ich mich jedes Mal, wenn sie mir sagen, dass ich mich gar nicht verändert hätte. Ich kann das schließlich überhaupt nicht beurteilen. Zumindest, was meinen Charakter angeht – dass ich schon früher so sportlich war wie heute, sehe ich an meiner Figur. Aber ob ich mich als Mensch verändert habe? Ich weiß es nicht.

Was sagt Ihre Familie? Offensichtlich haben wir es geschafft, in Krisensituationen fair zu bleiben, sonst würden wir heute nicht so guten Kontakt haben und viele Feste gemeinsam mit unseren Kindern feiern. Mittlerweile können meine Kinder, mein Ex-Mann und meine Freunde mit meiner Krankheit umgehen. Den Tagebüchern nach war damals meine älteste Tochter meine größte Hilfe. Sie konnte ich fragen, wenn ich allen Mut verloren hatte. Weil ich Angst hatte, die anderen mit meinen Fragen noch mehr zu belasten. Sie war zehn Jahre alt, als ich mein Gedächtnis verlor. Unser jüngster Sohn war gerade mal vier, er kennt mich fast nur krank. Und Ihre Freunde? Die haben sich damals in zwei Gruppen aufgeteilt, und das war hart: Einige, gute Freunde lehnten irgendwann den Kontakt


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ab, andere hielten zu uns. Wodurch diese Abgrenzung ausgelöst wurde, kann ich nicht sagen. Die Kinder durften, nach meinen Tagebuchaufzeichnungen, auch nicht mehr bei denen spielen. Das war bestimmt ein Grund, dass ich mich, als die Kinder selbstständig wurden, dazu entschieden habe, den Ort zu verlassen und nach Münster zurückzukehren. Ich glaube aber, die stärkste Veränderung war, als die Krankheit ausgebrochen ist. Die Leute um mich herum müssen echt durchgedreht sein. Arbeiten Sie daran, die Erinnerungen wiederzubekommen? Nein. Aber ich arbeite daran, mir neue Sachen zu merken: Ich setze mich hin und „büffele“, es ist wie Vokabeln zu lernen. Ich wiederhole wichtige Dinge immer und immer wieder. Ich versuche das zum Beispiel mit der Hochzeit meiner Tochter: Ein paar Momente habe ich herausgesucht, die ich mir jeden Tag ins Gedächtnis rufe. Ich versuche, das Fest in Bildern abzuspeichern und die Emotionen aufrechtzuerhalten. Denn wenn ich mich nicht mehr erinnern kann und mir im Nachhinein Fotos angucke, habe ich wie gesagt weder Erinnerungen noch Gefühle. Da könnte man mir genauso gut ein Foto von einer fremden Hochzeit hinlegen, das würde sich genau so anfühlen. Gibt es andere Dinge, die Sie gegen das Vergessen tun können? Ich spiele zum Beispiel Klavier, weil mein Arzt sagt, solche Über-Kreuz-Gedächtnistrainings seien gut für mich. Es geht ja nicht um das Kurzzeitgedächtnis, dass ich zum Beispiel nicht mehr weiß, wo ich vor einer Viertelstunde meine Klamotten hingelegt habe. Das ist überhaupt nicht das Problem. Wussten die Ärzte sofort, was mit Ihnen los war? Nicht direkt. Zunächst vermuteten sie Alzheimer – natürlich. Aber das wurde ausgeschlossen. Wie kann ich mir einen epileptischen Anfall

vorstellen, wird das Gehirn mit Elektrizität überflutet? Das ist schwierig zu beantworten, weil es viele Arten gibt, die bei jedem anders ablaufen. Bei mir macht das PENG – wie ein Kurzschluss. Danach bin ich erst mal leer. Es dauert eine Zeit, bis ich mich erinnere, je nachdem wie lange der Anfall war. Und die Erinnerungen an den Anfall selbst kommen sowieso nicht zurück. Es gibt schwere Episoden, bei denen ich ohnmächtig werde: Diese beginnen mit einem „Déjà vu“-Gefühl und einer völligen Desorientierung. Bei kleineren Attacken würde ich zum Beispiel jetzt aufstehen und die Tür auf und zu machen. Minutenlang. Und dann würde ich mich wieder auf den Stuhl setzen und mich weiter mit Ihnen unterhalten.

» STERBEN IST EIN FRIEDLICHES GEFÜHL. « Könnte ich Ihnen in so einem Moment helfen? Nee, das brauchen Sie nicht! Sie warten ab und denken sich: „Hat die denn nicht mehr alle?“ Und das stimmt in dem Fall ja auch. (Lacht) Am besten lassen Sie mich in Ruhe, bis ich bei mir bin. Wenn Sie mich anpacken, kann es sein, dass ich aushole und Ihnen die Zähne einschlage. Man entwickelt bei einem Anfall eine unglaubliche Kraft. Deswegen soll man den Leuten nichts zwischen die Zähne legen, das ist Quatsch! Die holen einmal aus und Sie haben eine Beule am Kopf. Und meine Zunge ist entweder längst in Sicherheit oder ich habe sie mir durchgebissen, bevor Sie irgendwas tun können. Sind Sie ein geduldiger Mensch? Zwangsläufig, denn ich hab‘ ja keine andere Chance. Ich lasse jeden Tag ruhig angehen, weil es sonst zu viel wird. Diese Hektik habe ich total rausgenommen. Das geht aber nur, weil


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Sie hat vieles vergessen – aber nicht wie man kämpft der Sozialstaat mir erlaubt, dieses Leben zu führen. Ich muss trotzdem ein bisschen was dazu verdienen und das macht mir auch Spaß, doch das könnte ich ansonsten nicht so locker sehen. Und das wäre wahrscheinlich so ungesund, dass ich tausend Anfälle mehr hätte.

» MEINE TOCHTER WAR MEINE GRÖSSTE HILFE. « Was ist Ihr erster Gedanke, wenn Sie morgens aufwachen? Ich glaube, das Erste, was ich an fast jedem Morgen denke, ist, dass ich froh bin, keinen Druck zu haben. Also zumindest an Tagen, an

denen ich mich orientieren kann. Manchmal weiß ich nicht, wer ich bin und ob ich arbeiten muss oder nicht. Laut meinem Tagebuch war das letzte Woche noch so. Aber das ist zum Glück selten geworden. Es gibt wirklich Tage, an denen Sie nicht wissen, wer Sie sind? Ja, ab und zu. Mittlerweile habe ich mich so weit im Griff, dass ich die Augen geschlossen halte und solange ruhig bleibe, bis die Erinnerung wiederkommt. Das ist doch bestimmt mit einem schlimmen Angstgefühl verbunden. Ja, aber das verliert man, wenn man diese Situation öfter erlebt hat. Selbst wenn ich auf der Straße einen epileptischen Anfall habe, verspüre ich keine Angst. Wenn ich im


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Krankenwagen sitze, fühle ich mich beschützt, selbst wenn ich nicht mehr weiß, wie ich heiße oder wo ich wohne. Da bist du in einer Scheißegal-Situation. Haben Sie keine Angst vor dem Tod? Nein. Gefühlt bin ich schon tausendmal gestorben. Wenn ich einen Anfall habe, merke ich ja gar nichts, dann ist alles weg. Deswegen verstehe ich nicht, warum die Leute sich da immer so einen Kopf drüber zerbrechen. Die sagen: „Ich wollte ja noch so viel erleben!“ Ich sage dann immer: „Wenn du weg bist, merkst du gar nicht, dass du noch was erleben wolltest.“ Wie fühlt es sich an, zu sterben? Es ist ein friedliches Gefühl. Hoffen Sie, dass die Erinnerungen wiederkommen? Ich weiß es nicht genau. Ich habe sogar manchmal Angst, dass die Erinnerungen alle auf einen Schlag wiederkommen beziehungs-

weise der Pfad zum Speicher wieder offen ist. Ich habe mich an die Situation gewöhnt. Vielleicht wäre es schön, sich nach und nach an frühere Zeiten zu erinnern. Aber plötzlich?! Bitte nicht! Ich kann mir im Moment nicht vorstellen, wo ich die Eindrücke überhaupt hinpacken sollte. ◊◊◊

INFO

Barbara S. Die Dame heißt in Wirklichkeit anders, möchte jedoch nicht erkannt werden. Seit zwanzig Jahren lebt sie mit einer Krankheit, die ihr Gedächtnis geraubt hat und arbeitet heute unermüdlich daran, sich wenigstens die wichtigsten Dinge merken zu können. Dabei hat sie sich niemals aufgegeben – eine unfassbar starke und für mich vor allen Dingen unvergessliche Frau.

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Illustration: Thorsten Kambach

Elsi Spring Kleindarstellerin und Model


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Sonja und Jana sprechen mit Elsi Spring über Fetische und Freiheit Meine Mutter sagt immer „Jedem Tierchen sein Pläsierchen “ und meint damit, dass unterschiedliche Menschen unterschiedliche Dinge gut finden. Das könnte sie auch anders formulieren, doch es gefällt ihr, wenn Dinge sich reimen. Meistens erntet sie von ihrem Gegenüber ein zustimmendes Lächeln – schließlich sind wir alle aufgeklärt und tolerant. Allerdings nur solange, bis eine Frau mit Fetischbands auf der Bühne steht. Die Öffentlichkeit hat es nicht so mit Offenheit. Ich spreche heute mit Elsi Spring über Werte, die jeder anpreist, bis eine Dame aus seinem Bekanntenkreis Mut zu ihren sexuellen Neigungen zeigt. Und ihre Titten.

FREI MACHEN

Mein Chefredakteur wäre sehr enttäuscht, wenn ich ein Interview nach Schema F mit dir führen würde – aber dieses Mal bleibt mir kaum eine Wahl. … du meinst wegen F wie Fetisch? (Lacht) Ja, genau. Nicht mein bester Scherz. War das jetzt taktlos von mir? Ich möchte dich natürlich nicht auf eine Sache reduzieren. Quatsch, so habe ich das nicht aufgefasst. Aber es ist schon so, dass ich noch viele andere Dinge mache – ich bin kein hauptberufliches Fetischodel. Es geht mir bei der Sache auch nicht um Geld. Beruflich mache ich sowieso etwas anderes. So kann ich dieser Leidenschaft nachgehen, ohne damit meine Miete zahlen zu müssen. Weiß dein Arbeitgeber von deinen Modeljobs? Nein, ich arbeite ja auch unter einem Künstlernamen. Doch selbst wenn mein Chef irgendwie dahinterkäme – dann wäre es eben so. Meine Bilder sind schließlich keine Pornographie. Davon distanziere ich mich auch sehr deutlich. Wolltest du immer in diese Richtung?

Ursprünglich nicht, es hat sich alles so ergeben. In meinen Teenagerjahren war ich Kleindarstellerin in einigen Sendungen auf RTL und Sat1. Seither ist die Schauspielerei meine Passion – im Grunde habe ich mit dem Modeln bloß angefangen, weil ich ein Pendant dazu gesucht habe. Es wurde zunehmend schwieriger, einigermaßen vernünftige Rollen zu bekommen. Da habe ich mir eben einen anderen Weg gesucht, um mich auszuleben. Hieß es bei deinem ersten Shooting direkt alles oder nichts? Wenn du meinst, ob es ein Nacktshoot war, dann nein. Es ging mehr in Richtung Fantasy: Ich war eine Magierin, im Kostüm und mit allem drum und dran. Das lief echt gut und das Ergebnis gefiel mir. Danach kam mein erstes Studio-Shooting und dann Teilakt. Ich habe gemerkt, dass es mir unendlich viele Möglichkeiten bietet, mich und meine Persönlichkeit zu entdecken und zu präsentieren. Das gefällt mir. Du scheinst deinen Stil tatsächlich oft zu ändern. Das ist mir auch extrem wichtig. Einerseits suche ich bewusst Abwechslung, andererseits


habe ich öfter einfach Lust auf neue, unbekannte Dinge. Letztens hatte ich zum Beispiel ein Latexshooting, das war auch wieder eine ganz neue Richtung. Weißt du immer genau, wo deine Bilder landen? Klar! Das ist ja irre wichtig. In meinen Verträgen steht klipp und klar, dass meine Fotos in keinen pornografischen Kontext gelangen dürfen. Und beim Shooting selbst habe ich natürlich immer ein Vetorecht – was ich nicht machen will, mache ich auch nicht. Hafenweg 31 | Tel.: 6090585 | heaven-muenster.de

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Was ist dein persönlicher Fetish? Wahrscheinlich muss ich dich jetzt ein bisschen enttäuschen, aber ich achte am ehesten auf hübsche Gesichter. Bei Frauen liebe ich dazu schwarze Haare – so Schneewittchen-Typen. Was macht den Unterschied zwischen der Liebe zu Männern und der zu Frauen aus? Die Wirkung ist natürlich total anders, ich bin selbst immer wieder fasziniert. Frauen verstehen sich irgendwie blind: man weiß sofort, was Sache ist. Und du musst sie umwerben und erobern, das gefällt mir. Männer zeigen sehr schnell, dass sie interessiert sind. Laufen einem regelrecht hinterher und man kann sich den passenden aussuchen. (Lacht) Mitunter auch nicht schlecht.

» Zu Sexualität gehören Vertrauen, Hingabe, Liebe. «

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Bei meiner Recherche bin ich darauf gestoßen, dass du auch Musik machst, richtig? Nicht ganz. Ich war zwar bei einer Band aktiv, aber nur als Performerin. Ich verstehe mich als Darstellerin und habe sie auf der Bühne bei ihren Auftritten unterstützt – es ist eine Fetischband und da bedeutet so etwas enorm viel. Ich muss zugeben, das war auch eine ziemlich spezielle Sache. Es hieß am Anfang, dass ich oben ohne auftreten solle, was für mich kein Problem war. Doch im Endeffekt sollte ich doch ganz nackt


Fotos: Sonja Schrapp

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Elsi geht ihrer Leidenschaft mit Selbstvertrauen nach sein und ehrlich gesagt musste ich da schon in den sauren Apfel beißen – aber nicht, weil ich mich geschämt habe. Es nur nur einfach ein ganz anderes Gefühl. Um sich in dieser Szene zu bewegen, benötigst du ja ohnehin eine gewisse Portion Extrovertiertheit. War das anfangs ein Problem für dich? Als ich mein erstes Teilaktshooting hatte, war mir in erster Linie wichtig, einfach mal etwas Neues auszuprobieren. Ich habe mich dabei auch in keiner Weise schlecht gefühlt. Aber bei meiner Performance für die Band musste ich zunächst einmal begreifen: Es geht gerade gar nicht darum, dass ich nackt bin, sondern um die Kunstform. Darum, die Band in meiner devoten Rolle zu unterstützen. Zu zeigen: Ich bin hilflos, ich bin die Unterwürfige und das ist ein entscheidender Faktor für die Show. Du hast nun schon einige Erfahrung in dem Business, woraus ich schließe, dass du relativ jung eingestiegen bist. Was haben deine Eltern dazu gesagt? Meine Familie ist da total locker. Alle

wissen Bescheid und meine Mutter findet das sogar ziemlich cool. Sie weiß auch ganz genau, was ich schon alles gemacht habe. Es gab aber mal eine Zeit im Studium, als einige Leute versucht haben, mir das Leben schwer zu machen. Das bezog sich allerdings nicht aufs Modeln, sondern auf meine Rollen im Fernsehen. Für viele meiner Kommilitonen waren RTL und Sat1 unterstes Niveau. Die Zahlen beweisen allerdings: Die Sender haben so ziemlich die meisten Zuschauer. Was nicht unbedingt für die Qualität spricht … Ich weiß, was du meinst. Doch zu der Zeit, als ich das gemacht habe, war es nicht so schlimm wie heute. Dieses angebliche Reality-TV, bei dem in Wirklichkeit nichts real ist, stellt die Leute inzwischen ja nur noch bloß. Ich hingegen hatte feste Rollen mit festem Drehbuch. Die Leute meinten trotzdem, ich würde mir damit einen schlechten Ruf einfangen. Ein Freischein für dumme Kommentare? Absolut. Und später, als meine Bilder etwas erotischer wurden, gab es die natürlich eben-


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Die Dame lebt nach einem einfachen Motto: Jeder soll tun, was er liebt falls. Privat jedoch überhaupt nicht, sondern im Internet. Kannst du dir ja vorstellen. Vor dem Bildschirm ist schließlich jeder ganz stark – weil anonym. Mehr als einmal wurde ich beispielsweise gefragt, wann denn mein erster Pornofilm käme. Kurz und gut: Es gab schon einige, die mich ein wenig mobben wollten, aber das hat nicht funktioniert. (Lacht) Was denkst du über Sex in unserer Gesellschaft: Gehen wir richtig damit um? Das ist ein echt schwieriges Thema. Wir sind tagtäglich von Sexualität umgeben: Ob es Werbung ist, in Filmen oder Sendungen, auf Plakaten in der Stadt – Sex ist überall. Aber auf eine sehr oberflächliche Weise. Ich vermute, dass im Bezug auf Sex und Erotik eine Menge Unsicherheit herrscht. Relativ wenige können so offen mit Sexualität umgehen – und mit der BDSM-Szene, in der ich mich viel bewege, natürlich noch weniger. (Anm. d. Red.: BDSM = „Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism“. Eine vielgestaltige Gruppe von

Verhaltensweisen, die mit Dominanz und Unterwerfung oder spielerischer Bestrafung verbunden sein können.) Ich kann mir vorstellen, dass viele Jugendliche verunsichert sind, weil sie niemand objektiv aufklärt und sagt: „Es ist okay, wenn du auf etwas anderes als Blümchensex stehst.“ Das finde ich schon schade. Schließlich bin ich der festen Überzeugung, dass jeder tun können sollte, was ihn glücklich macht. Solange er niemandem schadet, ist das doch alles wunderbar! Diese Sicht ist für mich grundlegend: Ob es die Sexualität ist, der Beruf oder das Hobby. Bei den Jugendlichen sehe ich das Problem eher darin, dass sie heute mit wenigen Klicks an Pornos herankommen und sich dort ihre Infos holen. Du meinst, dass sie eher versuchen, Pornos zu imitieren als sich ihrer Sexualität unbefangen zu nähern? Genau. Pornos vermitteln ein stark verzerrtes Bild von Sex. Was du da siehst, ist ja nun nicht realistisch. Zu Sexualität gehört viel mehr: Vertrauen, Hingabe, Liebe. Ich glaube,


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das geht heute oft unter. Viele behaupten, sie würden gerne mehr ausprobieren, stellen dabei aber die Erfahrung in den Vordergrund – wollen sagen: „Ja, das habe ich auch schon mal gemacht.“ Und wertschätzen den Menschen gar nicht genug, mit dem sie das erleben. Du hast deine devote Rolle gerade selbst angesprochen – ist das etwas, das du auch selbst lebst oder ist das bloß eine Rolle gewesen? Nein, die devote Rolle lebe ich tatsächlich – allerdings nur im Bezug auf meine Sexualität. Was meinen Alltag betrifft, bin ich eher dominant. Ich entscheide selbst, was ich machen möchte und lasse mich nicht unterbuttern. Gerade für Männer ist das manchmal etwas schwierig zu begreifen. Sie werden mich nie so hinkriegen wie sie gerne wollen. Weil ich wirklich nur im Bezug auf meine Sexualität unterwürfig bin.

» Ich mag es, wenn sich mein Partner nimmt, was er will. « Einerseits bist du enorm selbstbewusst, andererseits genießt du die devote Rolle so sehr. Liegt es daran, dass es so ein krasser Kontrast zum Alltag ist? Das ist etwas schwierig zu erklären. Also es ist tatsächlich etwas total Intimes, das ich in dem Moment mit meinem Partner teile. Ich mag es eben, wenn sich mein Partner nimmt, was er will. Natürlich ist auch vorher abgesprochen, was ich möchte und was nicht. Ich kann mich da wirklich fallenlassen, gerate beinahe in Trance. Das kann ich natürlich nicht mit jedem, da muss der Partner stimmen – wenn sich die Neigungen nicht ergänzen, kannst du es vergessen. Wenn wir über BDSM sprechen, gibt es ja verschiedene Sachen: Es gibt Leute, die eher sadistisch oder masochistisch sind, ich bin eben devot und mag es, einen dominanten Partner zu haben. Mir gibt das unheimlich viel.

So viel, dass du nicht darauf verzichten möchtest? Ich hatte auch schon eine Beziehung, in der BDSM bei unserer Sexualität nicht im Vordergrund stand – und ich muss zugeben, dass ich es sehr vermisst habe. Alles andere, wie etwa der von dir angesprochene Blümchensex, ist mir eben zu langweilig. Ich kenne viele Menschen, die damit überhaupt nichts am Hut haben und das ist für mich gar kein Problem. Was ich gar nicht leiden kann, ist, wenn andere sofort meinen, das sei alles total pervers und es abstempeln. Und dich in die Schmuddelecke schieben? Genau. Für mich kommen einige Dinge schließlich auch nicht in Betracht, die für andere genau richtig sind. Ich bin zum Beispiel gar nicht der Typ für offene Beziehungen oder Polygamie. Ich akzeptiere es aber trotzdem – vielen Menschen geben solche Sachen etwas, sind eine Bereicherung für sie. Spielt bei deiner Kunst auch Emanzipation eine Rolle? Siehst du dich als Botschafterin für eine freiere Sexualität von Frauen? Och … das habe ich bisher noch gar nicht betrachtet. Als Botschafterin verstehe ich mich nicht. Ich finde, es sollte selbstverständlich sein, dass sich jeder auf seine Art ausleben kann, solange er damit niemanden verletzt. Für mich ist das meine Sache. Meins. So sehe ich das. ◊◊◊

INFO

Elsi Spring Die 26-Jährige wohnt in Rheine, arbeitet in Münster und ist seit vier Jahren als professionelles Model und Darstellerin buchbar – für Portraits, Fashion, Dessous, Teilakt und Fetisch. elsispring.net


Wassim Bou Malham Leadsinger der Band „Who Killed Bruce Lee“

Illustration: Thorsten Kambach

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Thorsten skyped mit Wassim Bou Malham von „Who Killed Bruce Lee“ Auch Götter wie Marlon Brando und Steve McQueen brauchen ab und an eine Auszeit. Und die haben sie sich gerne genommen – und zwar im Libanon, genauer gesagt in Beirut! Bevor der Bürgerkrieg das Land erschüttert hat, galt die Hauptstadt als Paris des Mittleren Ostens. Heute ist Beirut die Heimat von Wassim. Der Mann ist nicht nur ein außergewöhnlicher Musiker mit einer besonderen Band, er ist auch ein Mensch mit viel Geschichte und noch mehr Geschichten. Ich traf ihn zum ersten Mal beim Konzert seiner Band „Who Killed Bruce Lee“ – und heute kannst du ihn treffen, hier, gedruckt, schwarz auf weiß.

GESCHICHTEN & GESCHICHTE

Kannst du mich hören, kannst du mich sehen? Eine Sekunde bitte. So, da bin ich, hallo Thorsten. Hi Wassim. Interviews mit Musikern sind langweilig. Meistens. Danke. »ROOM FOR THREE« Bei euch ist nicht nur die Musik anders, sondern auch die Hintergründe zu den Songs, der Erste heißt „Room for three“. Kann ich direkt für dich spielen. Was meinst du? Leg los! (Er greift sich eine rote Gitarre, spielt, schaut mir in die Augen und stoppt.) Das ist meine Lieblingsgitarre. Die ist immer bei mir. Bis auf gestern, da war ein Mädchen hier. Wir hatten eine gute Zeit und es kam zu dem Moment, wo die Frage im Raum stand, wer an meiner Seite schläft, sie oder die Gitarre. Kannst du die Gitarre nicht für eine Stunde vergessen?

Ich habe eben ein sehr schmales Bett. Was hast du gewählt? Meine Gitarre. War sie heiß? (Lacht) Die Gitarre hat am nächsten Morgen zumindest nicht mit mir gequatscht, Frühstück wollte sie auch keins – es war wunderbar. Ich traf die richtige Entscheidung, doch das war nicht immer so. Zur Zeit meiner ersten großen Liebe, mit Siebzehn, gab‘s auch schrecklich falsche. Meine Freundin hatte eine ganz besondere Freundin, die hatte ihre Eltern verloren und war immer dabei, wenn wir uns trafen. Egal, ob wir ein romantisches Date, zu Hause kochen oder in einen Club wollten, sie war dabei. Ménage-à-trois? Nun ja, sie war nicht ganz bei allem dabei. Ich konnte verstehen, warum meine Freundin sich um sie kümmern wollte, sie brauchte wirklich jemanden. Das ging für knapp drei Jahre so! Das muss schrecklich sein …


Fotos: Pressefotos

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Bestes aus Beirut Es fühlte sich eine Weile sogar normal an, ich war jung, wusste nicht, dass das ganz und gar nicht normal ist. Wo führte das hin? Wir haben uns getrennt. Ich musste mich erst mal erholen. Und dafür brauchte ich eine andere Person, um mich abzulenken; eine, die mich die Trennung besser verarbeiten ließ. Ich war so jung und dumm. Dann bin ich zur besagten Freundin meiner inzwischen Ex und fing was mit ihr an. Oh. Nein! Oh doch. Sie war in den drei Jahren zu einer echt vertrauten Person geworden. Und plötzlich lief da was zwischen uns. Wie hat deine Ex reagiert? Das hat unsere Freundschaft ruiniert, sie war kaputt. Die erste Liebe und gleich sowas. Als ich den Jungs (in der Band) erzählte, wie verrückt das alles war und was ich für Gefühle durchmache, sprachen sie mit mir; zeigten mir ihre Sichtweisen auf die Geschichte. Danach konnte ich mich hinsetzen und schreiben. Das war der erste Song, den wir je geschrieben haben! Erzählst du deinen Bandkollegen alles?

Ja. Wir sprechen absolut offen, sie sind meine Familie. Schon bevor wir eine Band gründeten, haben wir aufeinander aufgepasst. Wir geben uns Halt; das ist eine ganz besondere Beziehung, die wir vier haben. Ihr stammt aus Beirut. Ein Ort, den viele hier nur aus den Nachrichten kennen. Wie probt es sich dort? Wir haben einen besonderen Übungsraum! Der Großvater unseres Keyboarders Hassib besaß eine der allerersten Druckereien im Libanon und hat viele Sachen für den Underground gedruckt. Er war ein wichtiger Teil des Beginns der Revolution und das merkt man den Räumlichkeiten an. Die Druckerei wurde in den letzten vierzig oder fünfzig Jahren nicht mehr benutzt, da sie in einem Industriegebiet liegt, wo niemand mehr lebt, außer ein paar Hunde. Wir haben die Druckerei zu einem sehr persönlichen Raum umgestaltet. Der ist sehr wichtig für uns, vieles von dem, was wir gemacht haben, hat dort seinen Ursprung. Er hat so viel Geschichte, die Wände sind von oben bis unten beklebt mit Magazinen, die dort gedruckt wurden, Lifestylemagazine, Revolutionsmagazine, politische Magazine. Der Raum riecht unglaublich und das ganze Papier, das da schon bis zu achtzig, neunzig Jahre hängt, zeigt die Geschichte unseres Lan-


des. Das hat fast etwas Heiliges, zu spüren, dass du an einem Ort bist, der viel größer ist als du. Das gibt dir Demut. Da kannst du nicht reingehen und Scheiße quatschen, da bist du einfach ernsthaft und glücklich gleichzeitig. Bist du ein religiöser Mensch? Ich glaube ausschließlich an Menschen, an nichts Anderes. Du glaubst nicht an Gott? Nein, ich und meine Jungs, wir lieben Menschen. Wir glauben nicht an die Band, nicht an Musik, nicht an Projekte, wir glauben an gar nichts, nur an Menschen. Und dass wir vier gegenseitig an uns glauben, lässt die Musik aus uns fließen. Wir glauben an Menschen, anstatt an Gott. Macht der Glaube an Menschen sich bezahlt? Ja. In jeder Hinsicht. Schau dir unseren Manager an, David Gappa, wir glauben an David als Mensch. Wir haben nicht einfach einen Vertrag gemacht, wir haben ihn davor zweimal nach Beirut eingeladen. Er schlief in meinem Bett, wurde bedient von meiner Mutter, wir wurden Freunde, lernten uns vertrauen und lieben, erst dann kam es zu einem Vertrag.

» Ich glaube nicht an Gott, nur an Menschen. « Über Beirut sagte man früher, es sei das Paris des Mittleren Ostens. Der alte Glanz schimmert noch durch, nur leider zeigt das niemand. Darum ist es an uns, den Libanon so zu beschreiben, wie er wirklich ist. Wie ist er denn? Voller Energie; es passiert was, es ändert sich was, es liegt was in der Luft. Beirut ist ein wahrer Schmelztiegel an Einflüssen, Stilen, Kulturen – du nimmst, was du kriegen kannst,

GITARRENUNTERRICHT in Münster, Wichernstrasse 37, Tel: 0251-1621011 Mobil: 0178-3333576 info@gitarrenschule-schnake.de gitarrenschule-schnake.de


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egal woher, gehst online, sprichst mit Leuten, hörst überall was anderes. Bei uns gibt es nicht die eine Szene, die Leute sprechen Französisch, Englisch, Arabisch oder manche auch Armenisch. »ENEMY AT THE LINE« Das ist ein sehr besonderer Song. Über den Krieg? Über meinen Vater, während des Krieges. Er war gerade neunzehn und machte seinen Mechaniker-Abschluss in den USA, als der Krieg losging. Er war dort in Sicherheit, aber zu Hause stand unser Haus unter Beschuss – es lag genau auf der Grenze zwischen Ostund Westbeirut. Mein Vater fühlte sich verantwortlich und ging zurück. Er hat gemeinsam mit meinem Onkel unser Haus beschützt, fünfzehn Jahre lang!

» Manchmal sind Frauen gefährlicher als Drogen. « Ist ihnen nichts passiert? Mein Vater wurde dreimal angeschossen! Aber er lebt noch, was echt verrückt ist – keine Ahnung, wie man so etwas überleben kann. Er ist einer meiner mir liebsten Menschen. Aber er hat keinerlei Gefühle mehr, die sind im Krieg geblieben. Wenn du fünfzehn Jahre im Krieg gewesen bist, hast du nichts mehr zu geben. Und doch ist er ein Fels, jeder geht zu ihm, fragt ihn um Rat, ein ganz besonderer Mann. Hat er mit dir über das Kämpfen gesprochen? Niemals. Erst, als ich so sechzehn war, hat er mir ein wenig davon erzählt, immer nur beiläufig, zum Beispiel sonntags beim Mittagessen. Was hat er erzählt? Dass die gleichen Männer, die tagsüber aufeinander schießen, abends im Kreis auf

Stühlen sitzen und gemeinsam was trinken. Das waren schließlich dieselben, die früher zusammen gegessen, gelacht und geweint haben. Die Menschen wollten den Krieg nie, die Leute an der Macht wollten ihn. Und das ist, wovon das Lied handelt: niemals in eine Situation zu kommen, in der ein Führer dir sagt, du sollst auf deinen Nachbarn schießen. »DISTANT RENDEZVOUS« Ein Rendezvous mit dem Beirut der 50er Jahre. Schau dir das Foto auf unserem Cover an, das ist von 1955. Es zeigt ein Paar. Wir wissen nichts über sie, aber ich vermute, sie haben gerade geheiratet – sie sehen so sexy und gut angezogen aus – und sind nach Downtown, um ein paar Fotos zu machen. Downtown war damals ein besonderer Ort, das war die Zeit, als man sagte, Beirut sei das „Paris des Mittleren Ostens“. Das waren die Goldenen Zeiten. Selbst die großen Hollywoodstars wie Marlon Brando oder Steve McQueen haben dort ihre Urlaube verbracht. Und heute? Wir haben es leider nicht geschafft, unser Land auf Vordermann zu bringen. Obwohl der Krieg seit sechsundzwanzig Jahren vorbei ist. Tut es weh, nicht in die Vergangenheit zurückzukönnen? Es ist eher wie bei einer Hassliebe. »BORN ADDICTED« Geht´s um Drogen? Um eine Frau; darum, wie süchtig man da werden kann. Manchmal sind Frauen gefährlicher als Drogen. Hattest du so eine Beziehung? Die letzten fünf Jahre! Ist aber vorbei. Obwohl, ich weiß gar nicht, ob es so ist, bin nicht sicher – bei dieser Art Beziehung weißt du einfach nicht wirklich, wenn es vorbei ist … Es gibt sicherlich Studien, die besagen, dass man mit einer Trennung eineinhalb mal so lange beschäftigt bist, wie mit der eigentlichen Beziehung.


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Die Jungs von „WHO KILLED BRUCE LEE“ Dann sind das bei mir ja sieben oder acht Jahre!

Ich habe vieles von dieser Nacht behalten, aber ich erinnere mich nicht an ihren Namen!

Ich wollte dich nicht traurig machen! Schon gut, mir geht´s gut. Nur manchmal gehen die Gefühle mit mir durch, die gehen ja nach einer Trennung nicht einfach so weg.

Vielleicht erinnerst du dich aber an ihre Telefonnummer? (Lacht)

Das ist ein grundsätzliches Problem der Menschheit. Ich meine, wir sind so intelligent und gleichzeitig so dusselig. So sind wir. »LET ME KNOW YOU‘RE MINE« Ein lustiges Lied? Eher ein Typisches. Über Sex, brutal guten Sex ohne Gefühle, einfach davon, dass du jemanden wirklich, wirklich ficken willst. Und derjenige das auch will, in einer Nacht, die so explodiert, dass es der beste Sex deines Lebens wird. Das ist die Melodie dieses Liedes. Wie lautet der Name? Welcher Name? Ich vermute doch mal, dass es für dieses Lied eine reale Vorlage gibt.

»JUNGLE« Jungle ist Chaos, unsere Stadt ist der Dschungel. Der Song ist eine direkte Botschaft an unsere Politiker: Wenn sie wollen, dass wir still sind, müssen sie uns töten. Mein Ziel ist, den Leuten die Macht, die politische Macht zu entreißen und unsere Stadt zurückzubringen zu altem Glanz. Es ist also ein Song, der direkt ins Herz unserer Politiker zielt. That´s it. Mögen die Menschen in Beirut das Lied? Ja, sie mögen den Song. Beim letzten Konzert haben wir das gemerkt, sie sind mit vollem Herzen dabei, wir sprechen die Sprache der Leute. Und die Politiker, wie reagieren die? Weißt du, bei uns gibt es fast immer nur die dunkle Seite der Politik. Die Politiker haben uns vielfach nur verarscht, sie sind gefährlich. Wir konnten oftmals nur heimlich spielen.


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Ihr habt Redefreiheit? Oh ja, die haben wir. Allerdings bereitet sie den Politikern Angst. Wir sind eine freie Gesellschaft, jeder kann sagen, was immer er will. Doch das bedeutet nicht, dass du deshalb nicht auch Ärger bekommen kannst. Alkohol ist erlaubt? Ja. Ist das Rauchen von Marihuana erlaubt? Mmmnnnnein. So frei ist es dann doch wiederum nicht bei uns. Ich meine, du kannst schon Gras rauchen, wenn du das gut versteckst. Das ist bei uns wie im Allgäu. Du meinst die Allgäuer Alpen in Österreich? Na klar. Ich meine, in Berlin kannst du auf der Straße einen Joint rauchen, im Allgäu, wenn sie dich da mit einem Joint erwischen, kommt die Polizei und schmeißt dich raus. Also, bei uns ist es eher wie im Allgäu. »WASTED TIMES« Worum geht’s? Das Lied behandelt ebenfalls die Beziehung mit meiner Ex, zwei Songs kamen dabei raus, das war´s quasi. Dann ist der Song auf der Platte vielleicht wirklich „wasted“. Bitte? Nun ja, ich sagte doch, nicht nur euer Kon-

zert war überraschend, auch jeder Song und jede Strophe. Da nun aber ein zweiter Song dasselbe Thema und dieselbe Inspiration hat, dachte ich, der sei „wasted“. Das ist exakt der Punkt. Aber wenn dich der Song langweilt, lass uns doch über „Mastercraft“ sprechen und nicht über „Wasted Times“. »MASTERCRAFT« Behandelt der Song denn wirklich was anderes? Absolut, zweimal die gleiche Story zu hören, ist schließlich langweilig. Hier geht es um die Industrie, und wie sie versucht, jeden Bereich zu beherrschen, sogar die Liebe. Nimm beispielsweise Monsanto: Die haben ihr Saatgut genetisch verändert und patentiert. Und was ist daran schlimm? Wenn ein Bauer Monsanto-Saatgut nutzt, stellt sich der Boden darauf ein; der Bauer kann im nächsten Jahr ausschließlich Monsanto-Saatgut verwenden – und ab da wird‘s teuer. Nicht nur für den Bauern, sondern für den Boden und die Zukunft. Der Boden ist hinüber, sozusagen monsantoniert, und die Zukunft für den Bauern ist eine von Monsanto abhängige. Aber das ist nur ein Beispiel, es gibt BP, es gibt iPhones, es gibt McDonalds. Viele der Dinge und Ideen der Industrie gefallen uns leider so gut, machen unser Leben um so vieles leichter, dass wir nicht merken, wie schlecht das alles für uns ist – oder sein wird.


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Und das steckt an. Jedem ist alles egal. Wir ruinieren die Erde. Der Erde ist das egal, die wird sich recht flott von uns erholen, sollten wir es erst mal geschafft haben, uns auszurotten. Ja, das ist wahr. Dann sind wir vielleicht die letzte Generation. Aber selbst, wenn man den Leuten erklärt, wie das Fleisch im Supermarkt hergestellt wird, wie die Tiere leiden, selbst wenn man ihnen Videos davon zeigt, ändert das nichts. Das Gehirn blendet das aus. Es widerspricht allem, was du in den letzten dreißig Jahren in deinem Leben gelernt hast; aus dem Fernsehen, der Werbung, dem Kino. In dem Zusammenhang muss ich aber trotzdem sagen, dass Deutschland ein Land ist, auf das jeder schauen sollte, von dem man lernen sollte. Wenn ich sehe, wie Deutschland seine Energiewirtschaft für die Zukunft aufstellt, bin ich beindruckt. Die Windräder, die ganzen Solaranlagen …

» Meine Gitarre hat neben mir geschlafen. Nicht das Mädchen. «

verantwortungsbewusst – und zwar nicht, weil die Regierung es ihnen sagt, sie machen das von selbst. Sie wissen oftmals, was falsch läuft und wollen die Welt besser machen. Hier habe ich einen Politiker getroffen, der Fahrrad gefahren ist (Markus Lewe)! Das wirst du in vielen, vielen Ländern niemals erleben. Da fahren Politiker in einem Auto mit zwölf weiteren Wagen davor und dahinter. Du siehst, dein Land ist ein Vorbild für andere und du merkst, ich liebe dein Land. Ich bedanke mich für das Gespräch mit dir, ich habe wirklich was gelernt. Du spielst bald in Münster, habe ich natürlich rausgefunden, da werde ich auf jeden Fall vorbeikommen! Ja, und du bist auf der Gästeliste – mit so vielen Leuten, wie du willst. Ich werde mit meiner Ehefrau kommen. Perfekt! Ich werde das David sagen und der wird dafür sorgen, dass ihr auf der Gästeliste steht, David ist ein Anwalt, weißt du und keiner ... Meine Frau ist Richterin. Oh. ◊◊◊

Ich vermute, da würden dir jetzt viele gerne widersprechen, würden sagen, Norwegen, die machen‘s richtig. Die haben gerade Produkte, die das Abholzen des Regenwaldes zur Folge haben, verboten. Aber Deutschland? Es gibt immer irgendwen, der was besser kann. Aber du musst irgendwo starten. Und darum ist Deutschland für mich ein Vorbild, denn sie tun wenigsten was. Wenn ich hier in einen Supermarkt gehe, sehe ich überall Bioprodukte. Das ist eine richtige Bewegung und das ist großartig. Du hast keine Idee, wie sauber eure Luft ist! Wenn du in Beirut bist, musst du verschiedenste Medikamente nehmen, nur um vernünftig atmen zu können. Du schläfst weniger, schlechter – weil die Luft so verdreckt ist. Die Leute in Deutschland sind

INFO

Who Killed Bruce Lee Eine alternative Rockband aus Beirut im Libanon – mit Wohnsitz in Münster! Die Band gibt es seit 2009 und sie besteht aus Wassim Bou Malham, Hassib Dergham, Pascal Sarkis and Malek Rizkallah. Gesprochen habe ich heute mit Wassim, dem Sänger und überaus lustigen Kerl aus dem Paris des Mittleren Ostens. Bitte unbedingt reinhören, es lohnt sich: whokilledbrucelee.com


Anja Mittag Fußballspielerin der deutschen Nationalmannschaft

Tom, Anja Mittag und der Siegeshunger Egal, ob Junge oder Mädchen: Entscheidest du dich für Fußball, willst du irgendwann in die Nationalelf. Wenige schaffen den Schritt ins Profitum, noch weniger fahren in ihrer Karriere einen Titel ein. Doch es gibt diese wenigen der Wenigen: Anja Mittag ist eine von ihnen und hat als Fußballprofi eigentlich alles gewonnen, was möglich ist. Eigentlich – und eigentlich ist eigentlich nicht genug.

NOCH NICHT GENUG

Illustration: Thorsten Kambach

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Anja, es ist Europameisterschaft in Frankreich. Bist du vor Ort? Nein, ich bin momentan im Urlaub in Alicante und entspanne mit Freunden. War ja eine lange und anstrengende Saison. Aber natürlich verfolge ich die Spiele der deutschen Mannschaft! Was für einen Eindruck hast du von der Nationalmannschaft bei diesem Turnier? Das ist schwer zu sagen. Ich glaube, dass wir es mindestens ins Halbfinale schaffen. Allerdings sind die Gruppenspiele nicht immer aussagekräftig. Bei diesem Turnier scheint es fast schwieriger, in der Gruppe auszuscheiden, als weiterzukommen. Der Gruppenerste und -Zweite kommen weiter sowie die vier besten Dritten bei sechs Gruppen. Da sollten unsere Jungs schon ein erfolgreiches Turnier spielen können. Ich traue es ihnen zu hundert Prozent zu, auch wenn es jetzt bis zu einem potentiellen Finale zu schweren Spielen kommen wird. K.-O.-Spiele haben ihre ungeschriebenen Gesetze. Das musstet ihr bei der Weltmeisterschaft im letzten Jahr am eigenen Leib erfahren. Erst die Niederlage im Halbfinale gegen die USA und danach verlieren wir auch noch das kleine Finale gegen England. Das war bitter. Ich erinnere mich noch, wie Sasic in der 60. Minute einen Elfmeter neben das Tor schob und die USA innerhalb von 15 Minuten alles klar machten. Wie lange hast du gebraucht, um das zu verarbeiten? Das dauert eine Weile. Du denkst dauernd darüber nach: Was wäre gewesen, wenn? Aber das ändert natürlich nichts. Und die Nationalmannschaft hat wieder eine historische Möglichkeit! Welche? Sie ist als Europameister bereits Weltmeister geworden, aber als Weltmeister noch nicht Europameister. (Lacht) Das stimmt? Wenn dem so ist, haben sie ja einen besonderen Ansporn.

Du lachst. Ist das denn kein wichtiger Aspekt in der Planung zum Titel? Ich glaube, wenn überhaupt, spielt das eine Nebenrolle. Jedes Turnier mit der Nationalmannschaft hat seinen eigenen Reiz. Von den Jungs ist noch niemand Europameister, das wäre ja der viel größere Ansporn. Es geht in erster Linie darum, das gesetzte Ziel zu erreichen, Europameister werden. Da bin ich mir sicher. Erst dann freut man sich und realisiert, beide entscheidenden Titel geholt zu haben. So wie du: Alle Titel eingefahren und immer noch hungrig? Aber da fehlt ja auch noch einer. Olympia-Gold – da gab es bisher nur Bronze für mich.

» LETZTENDLICH BRAUCHST DU TALENT – EGAL OB MANN ODER FRAU. « Perfekte Überleitung: Seit Montag geht es um die Vorbereitung für Olympia. Immer noch ein geiles Gefühl, wenn die Trainerin anruft und dir mitteilt, dass du dabei bist? Ganz so läuft das heutzutage nicht mehr. Du musst dich mit einer Mail vom Trainerstab begnügen. Wenn du neu dabei bist, wirst du noch persönlich eingeladen. Aber das tut der Sache keinen Abbruch! Es ist ein Hochgefühl, wenn sie dich berücksichtigen. Du arbeitest ja immer darauf hin und versuchst, durch Leistungen auf dich aufmerksam zu machen. Von daher ist diese Nominierung toll, auch wenn sie nur vorläufig erfolgt. In den kommenden vier Wochen trainieren wir mit 28 Spielerinnen, bevor die Bundestrainerin den endgültigen Kader bekanntgibt. Den nimmt sie mit nach Rio. Das ist sicher hart für diejenigen, die nicht mitdürfen? Natürlich schwingt da eine gewisse


Enttäuschung mit. Aber viel schlimmer ist doch so etwas wie bei Marco Reus: Zum zweiten Mal in Folge wegen einer Verletzung vor einem bedeutsamen Turnier aus dem Kader gestrichen. Das ist bitter. Zumal er eine überzeugende Saison bei seinem Heimatverein Dortmund gespielt hat. Wie bereitest du dich auf das kommende Turnier vor? Ich habe einen individuellen Trainingsplan, den ich auch im Urlaub durchgezogen habe, sodass ich nicht ganz unfit in die Vorbereitung gegangen bin.

» EIN TITEL FEHLT MIR NOCH: OLYMPIA-GOLD. « Die meisten Sportler, die ich kenne, brauchen nach dem Urlaub Wochen, um wieder fit zu werden. Allerdings verdienen sie mit dem Sport nicht ihre Brötchen. Wie kamst du zum Profifußball? Klassisch: Ich habe die gesamte Jugend durchlaufen. Mit sechs Jahren angefangen und erst bei den Jungs mitgemacht, weil es damals nicht genug kleine Fußballerinen gab. Irgendwann hat man gemerkt, dass ich ein gewisses Talent besitze. Also kam ich in die Jugendnationalmannschaft, bevor es später ins Profigeschäft ging und der Sprung in die A-Nationalmannschaft klappte.

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Hat es dir geholfen, dass du bei den Jungs angefangen hast? Könnte man denken. So von wegen, man wird robuster und lernt eine gewisse Härte. Ich weiß es nicht, glaube es aber auch nicht. Schließlich gibt es ja heute fußballerisch top ausgebildete Mädels, die nur in Mädchenund Frauenmannschaften großgeworden sind. Von daher ist das schwierig, aber nicht auszuschließen. Letztendlich braucht es ein Talent, das man hat oder auch nicht – das ist geschlechterunabhängig.


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9 von einigen mehr Noch eine Frage aus der untersten Klischeekiste. Wie haben deine Eltern reagiert, als die Tochter Fußballprofi wurde? Sie haben mich als Jugendliche zum Training gefahren und immer unterstützt. Heute wie damals sind sie stolz auf mich und das, was ich erreicht habe. Im Übrigen ist das eine Herausforderung für alle Eltern, deren Kind sich für den Profisport entscheidet: Sie wissen, es ist ein langer Weg bis dorthin mit vielen Hindernissen und schmerzhaften Erfahrungen. Ich sehe das so, dass ein Kind eh seinen Weg gehen wird. Und dabei sollten seine Eltern es selbstredend bestärken. Die deutsche Frauennationalmannschaft spielt einen Fußball auf hohem Niveau. Jetzt sagtest du vorhin, dass es bei der EM schwieriger ist, in der Gruppenphase auszuscheiden, als weiterzukommen. Durch diese vielen Teams mit unterschiedlichen Spielstärken werden Spiele nicht wirklich interessanter. Nervt das? Spannende Frage. Am Ende haben alle Mannschaften, die sich für ein solches Turnier qualifizieren, eine Daseinsberechtigung … … zweifelsohne. Aber ich habe Spiele gesehen, da waren eure Gegnerinnen heillos unterlegen. Das ist doch nicht motivierend, gerade für dich als Stürmerin, wenn die Kontrahentinnen beim Grätschen immer zu spät kommen. Ich sehe das pragmatischer. Wenn du bei einem entscheidenden Frauenturnier gegen ein

fußballerisches Entwicklungsland spielst, bist du Botschafterin für deinen Sport. Botschafterin, wie funktioniert das? Die jungen Mädchen, die uns gegen ihr Land spielen sehen, begeistern sich eventuell für den Sport und entscheiden sich am Ende womöglich, auch zu kicken. Dadurch fördern wir den Nachwuchs und steigern automatisch die Qualität. Für den Zuschauer mag das nicht immer schön sein, aber wer sich mit der Thematik beschäftigt, versteht und erträgt es. Als typisch deutscher Erfolgsfan erwarte ich nichts weniger, als dass du in Rio deinen letzten wichtigen Titel holst. Als erfolgshungrige Spielerin will ich das auch schaffen. Also drück‘ mir die Daumen! ◊◊◊

INFO

Anja Mittag Die Fußballspielerin des französischen Erstligisten Paris Saint-Germain ist eine der erfolgreichsten deutschen Nationalspielerinnen, die mit ihren Toren auf den Spuren von Gerd Müller wandelt.


Hendrik Schulte Das männliche Gesicht der Lokalzeit Mßnsterland

Illustration: Thorsten Kambach

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Claudia spricht mit Hendrik Schulte über die Arbeit, das Leben und das Dazwischen Hendrik Schulte flimmert seit einigen Jahren als smarter Anzugträger auf der Mattscheibe: Er moderiert die „Lokalzeit Münsterland“ im WDR. obwohl wir Kollegen sind, laufen wir uns so gut wie nie über den Weg. Kein Wunder, wir teilen uns schließlich den Job und sind deswegen kaum jemals zur selben Zeit am selben Ort. Heute haben wir das beinahe Unmögliche vollbracht und frühstücken gemeinsam auf Hendriks Terrasse. Die perfekte Gelegenheit, um Herrn Schulte auf den Zahn zu fühlen … solange er nicht gerade kaut.

HÖR MAL, KOLLEGE

Fragen stellen oder welche beantworten? Eigentlich rede ich schon gerne über mich. Und sogar mit mir. Ich erkläre mir die Welt von vorne bis hinten. Ha, das wollte ich hören! Dachte ich mir. Nein, am Schönsten ist ein Frage-Antwort-Spiel. Nur fragen ist langweilig, nur labern aber auch doof. Du kannst ja beides. Und dabei bin ich teilzeit-introvertiert! Ach so … Ich meine damit, dass ich das schon ganz gerne mache: Beim Studiofest mit Zuschauern sprechen, ein bisschen im Mittelpunkt stehen – aber im nächsten Moment ist es wieder komisch. Welche Fragen würde jetzt ein Zuschauer unserer Sendung stellen? Ist der verheiratet, ist der schwul? (Anm. d. Red.: nein und nein) Stimmt das, was der so an Dönekes in der Sendung von sich gibt? Stimmt das, was du so an Dönekes in der Sendung erzählst?

Immer. Das würden die Leute sonst auch merken. Wie möchte ich denn etwas erzählt bekommen: Distanziert oder lieber persönlich? Ich sage in der Anmoderation zur Fahrraddiebstahl-Statistik: „Mein Fahrrad war ein richtiger Schnapper, fünf Tage gefahren, dann haben sie es mir geklaut, ich könnte ausflippen …“ Wenn das nicht stimmen würde, käme es künstlich und doof rüber. Bist du eitel? Ja und nein. Im Supermarkt stehe ich im Sweatshirt und mit Fünftagebart – wie gerade aus der Hecke gezogen. Doch wenn ich ins Studio gehe, weiß ich, was ich anziehen und wann mir die Maskenbildnerin die Stirn nachpudern muss. Wir sind ja zur Selbstreflexion gezwungen. Du musst dir Gedanken darüber machen, wie du ankommst, wie du guckst. Aber ohne dass es dir die Natürlichkeit nimmt. Fühlt sich manchmal komisch an. War das gewöhnungsbedürftig mit der Schminkerei, so als Mann? Klar, doch das gehört dazu. Ungeschminkt kann kein Mensch ins Studio gehen. Sieht aus wie ein lackierter Apfel.


Für dich ist es doch bestimmt praktisch, dass dir jemand nach einer kurzen Nacht die Augenringe wegschminkt. Wenn ich am nächsten Tag moderiere, gehe ich in der Regel nur bis drei Uhr morgens saufen und tanzen.

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Alles klar. Obwohl es elf WDR-Studios gibt, moderierst du ausgerechnet die Lokalzeit aus Münster – weil du Münsteraner bist? Es war der einzige Job, den ich hier noch hätte machen wollen. Aber zunächst sah es schlecht aus: Als ich mich nach meinem Studium, ein paar Jobs beim Radio, Privatfernsehen und bei der BILD-Zeitung hier beworben habe, wurde ich erst mal abgelehnt. Aua. Heute bin ich dankbar dafür, das hat mich erst recht motiviert. Nach dem Motto: „Das wollen wir doch mal sehen.“ Deshalb habe ich beim WDR in Dortmund als Autor und Reporter angefangen. Schließlich wurde die WDR-Chefredaktion auf mich aufmerksam, als ich bei Deutsche Welle TV in Berlin moderiert habe – und hat mich für Münster gecastet.

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» Ich bin teilzeitintrovertiert. « Besser spät als nie! Wolltest du schon als Koten in die Branche? Ursprünglich hast du doch Politikwissenschaften studiert, oder? Und zwar, weil ich in BWL erfolglos war. Zwei Semester – nur durchgefallen. Dann habe ich mir drei Fächer gesucht, auf die ich Bock habe, selbst wenn gutes Wetter ist: Politik, Kulturwissenschaft und Soziologie. Nach meiner Magisterarbeit zu Gewalt und Kommerzialisierung im Fußball, erhielt ich sogar ein Promotionsangebot. Doch mein Vater war an der Uni in Münster und da wäre ich vielleicht immer nur sein Sohn gewesen. Logischer Schritt: Flucht in die Prominenz.


Fotos: Pressefotos

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Zwei erfolglose Semester BWL – ein erfolgreiches Leben (Lacht) Durch ein Praktikum beim Lokalradio in Hamm wurde mir klar: Radio macht mir Spaß, Zeitung nicht so. Es hat gedauert, bis ich gemerkt habe, dass ich mit bestimmten Dingen, in denen ich ganz gut bin, Geld verdienen kann. Das musste ich erst raffen.

dich das manchmal? Die Sendezeit ist ja begrenzt, da kann man nicht bei jeder Sache in die Tiefe gehen wie in einer 2-stündigen Talkshow. Wichtig finde ich, für ein Thema zu sensibilisieren und beide Seiten zu zeigen, das ist ja unsere Aufgabe.

Welche Dinge? Sprechen, Dinge verknüpfen, Sachen zusammenfassen, verdichten, vergleichen. So etwas eben. Leute, die mich von früher kennen, lachen sich kaputt und sagen „Hendrik macht noch das gleiche wie früher, nur heute lebt er davon.“ Aber so soll es ja auch laufen. Juristen, Mediziner, Tischler – manche Leute können etwas besonders gut und finden so ihren Beruf.

Hättest du ein Lieblingsthema für eine S ondersendung? Ach, ich weiß nicht. Oder doch: Segeln, Natur, Sprachen, Italien, Katzen. Eigentlich fällt mir da total viel ein. Apropos, ist diese Katze echt? Ja, und ich hoffe, sie lebt noch … ah, jetzt hat sie sich bewegt!

In der Sendung haben wir meistens nur drei oder vier Minuten für ein Thema. Nervt

Du hattest schon immer Katzen oder? Stimmt, Katzen haben michstets begleitet.


Fotos: Bernd-Michael Maurer

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And the Winner is: Das Publikum Ich sehe gern, wie die so vor sich hinleben. Normalerweise werden Männern ja eher Hunde zugesprochen. Bei Katzen denken viele „Och, guck mal! Der Süße hat Katzen, strickt der auch?“ (Lacht) Aber ich komme auch mit Hunden gut klar. Ich kommuniziere einfach gern mit Wesen. Das kommt jetzt yogimäßig rüber, oder?

Das ist natürlich schon besser, doch das reicht mir nicht. Wenn du ein Lamm auf dem Arm hast, findest du das schließlich genauso süß wie einen Welpen. Es gibt welche, die ihm den Hals umdrehen und sich einen schönen Lammspieß braten. Ich könnte das nicht – und was noch viel wichtiger ist: Ich will das nicht.

Bist du deshalb Vegetarier? Das hat garantiert etwas damit zu tun und ich glaube, unser Beruf erledigt den Rest: Wie oft berichten wir über Schweinemast, Hähnchenmast, Antibiotika … und dann abends wieder ein McChicken? Nee. Nicht mehr.

Nach der Regel: Was du nicht selbst schlachten könntest, darfst du auch nicht essen? Zumindest geht es in die Richtung. Die meisten Leute könnten das wahrscheinlich nicht und verdrängen, was da auf ihrem Teller liegt – habe ich ja früher auch so gemacht. Oder sie haben keinen Bezug dazu. Das verachte ich nicht, steht mir ja gar nicht an.

Kauf doch Fleisch aus artgerechter Haltung.


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Und du hältst durch? Ziemlich gut: Ich mache das jetzt seit drei Jahren und habe in der Zeit vielleicht zweimal Fleisch gegessen. Außerdem esse ich Fisch. Jeder echte Vegetarier würde also sagen: Poser, halt’s Maul! Mach es doch wie Farin Urlaub. Der sagt, er isst nur Fisch und bezeichnet sich als „Pescetarier“. Hört sich gut an. Und: cooles Name-dropping. Musste sein. Aber zurück zu dir: Du bist sowieso sehr tolerant oder? Nicht so radikal wie ich. Wenn es um Meinungen geht: ja. Mich interessiert die Motivation. Warum ist jemand so oder so?

» Im Supermarkt sehe ich manchmal aus wie gerade aus der Hecke gezogen. « Und was wäre deine Traumsendung zum Moderieren? Also ich liebe Fremdsprachen, seit zwei Jahren lerne ich intensiv italienisch und spreche passabel Niederländisch. Schwedisch habe ich jetzt vor dem Urlaub gemacht. Mein Traum wäre es, eine Verbindung herzustellen, eine Art Reisetagebuch zu machen. Beispielsweise in Italien unterwegs zu sein, mit dem Boot, am Gardasee oder auf Sardinien. Zu fragen, wie sehen die uns, wie sehen wir die Italiener. Und das in der ganzen Nachbarschaft. Mit Fernsehprofis aus dem jeweiligen Land … ist aber wegen der TV-Rechte total schwierig. Was liebst du an unserem Job und was hasst du? Jetzt muss ich aufpassen, wer das liest.

Wir sind ja nicht im Fernsehen, also nimm dir Zeit darüber … … die konkrete Umsetzung, den Moment des Dastehens, dieses Privileg – das liebe ich. Und wenn alle voll in ihrem jeweiligen Bereich aufgehen, wenn wir die Sendung machen. Wirklich hassen tue ich nichts. Gibt es viele Beschwerden über dich, dass du zu flippig moderierst? Das gibt es schon mal, aber das ist sehr selten. Manche können mich wohl nicht leiden. Aber das gehört dazu – ich mag schließlich auch nicht jeden. Trifft dich das? Ach, es gibt Fußballer, die sind 22 und müssen sich von tausenden Leuten als Hurensohn beschimpfen lassen, nur weil sie den Verein gewechselt haben. Wenn die das aushalten, kann überstehe ich auch, dass mich ein paar Menschen doof finden. ◊◊◊

INFO

hendrik schulte Hendrik Schulte (paar’n‘vierzig) kam als gebürtiger Hesse mit zehn Jahren nach Münster. Integrationsprojekt seiner Eltern: Den Jungen beim SC Hansa Münster anmelden. Das wirkt bis heute. Abitur an der Friedensschule 1993, Abschluss an der WWU. Nach Ausflügen zur Deutschen Welle in Berlin und dem WDR in Dortmund seit einigen Jahren zurück, um die „Lokalzeit Münsterland“ zu moderieren – die erfolgreichste Sendung im WDR Fernsehen. wdrmuenster.de hendrikschulte.de


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Illustration: Thorsten Kambach

Bernhard Krüsken Generalsekretär des deutschen Bauernverbandes

ARNDT BEFRAGT BERNHARD KRÜSKEN VOM DEUTSCHEN BAUERNVERBAND ZUR MILCHKRISE Milch ist wichtig: Sie ist das Erste, was wir trinken, wenn wir auf die Welt kommen. Sie ist das perfekte Symbol für gesunde Ernährung. Nun aber fällt der Preis für das kostbare Nass ins Bodenlose und die Milchproduzenten kämpfen ums Überleben. Wir möchten mehr über die knifflige Mechanik zwischen Handel, Politik und Landwirten erfahren. Darum sprechen wir mit Bernhard Krüsken, dem Generalsekretär des Deutschen Bauernverband.

DER PREIS IST WEISS


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Herr Krüsken, wir sagen unseren Kindern, sie sollen nicht mit Essen spielen – und sehen zugleich Erwachsene, die tausende Liter Milch wegkippen. Wie erkläre ich das meiner fünfjährigen Nichte? Es wird nichts weggeschüttet! Außer in Fällen wie bei dem Milchstreik 2008 und 2009 – doch das ist nicht die Regel. Milch scheint momentan leider entwertet. Wie bei allen anderen Nahrungsmitteln, schlägt sich das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage letztendlich im Preis nieder. Aktuell sind leider eine Reihe von attraktiven Märkten weggefallen. China und Russland … Genau. Dass Russland den Milchimport eingestellt hat, war eine politische Entscheidung! Wenn der russische Markt abgeklemmt wird, muss die Politik die Konsequenzen erkennen. Darum die Forderung nach staatlicher Hilfe. Wobei wir nicht erwarten, dass die Politik das allein löst. Das kann sie nicht. Aber sie muss zumindest Geleit geben. Lässt sich beziffern, wie stark der Importstopp nach Russland die Milchwirtschaft geschädigt hat? Das fällt mittlerweile schwerer, weil wir das heute nicht mehr von anderen Faktoren trennen können. Im letzten Jahr rechneten wir mit einer Schädigung der gesamten deutschen Landwirtschaft von etwa einer Milliarde Euro. Der Weltmarkt funktioniert wie ein Rohrsystem: Wenn andere, beispielsweise Anbieter aus Neuseeland, England oder den USA, ihre Waren nicht mehr in Russland oder China absetzen können, suchen sie sich andere Märkte. Natürlich auch in Europa und Deutschland. Die Politik baut seit über zwanzig Jahren die Handelsbarrieren zum Weltmarkt immer weiter ab. Die Auswirkungen erstrecken sich so leider auch auf jene Anbieter, die auf Regionalität setzen. Die leiden darunter. Angeblich ist Deutschland für Milchwirtschaft nicht so günstig, weil die Kühe im Winter hier in den Stall müssen und Kraftfutter zugesetzt werden muss.

Im europäischen Vergleich stehen wir eigentlich recht gut da. Und weltweit? Neuseeland genießt in jedem Fall standortbedingte Vorteile, die USA nur in manchen Regionen. Auch hier bei uns gibt es ja nicht überall Milchproduktion, sondern regionale. Im Allgäu oder in Schleswig-Holstein können wir Milchproduktion absolut wettbewerbsfähig betreiben.

» Momentan sind auch viele Familienbetriebe gefährdet. « Wie funktioniert die Mechanik zwischen Milchbauern, Molkereien und dem Handel? Als Vertreter der Milchbauern richten wir Erwartungen an die Molkereien. Es ist zunächst wichtig zu sagen, dass diese genossenschaftlich organisiert sind, also Bauern gehören. Es ist schlichtweg nicht gut, wenn eine Molkerei die Überproduktion ihrer Eigentümer zu Ramschpreisen an den Handel durchleitet. Da muss die Ansage an die Milchbauern lauten: Bitte haltet euch zurück! Aber die sagen: „Wir müssen immer mehr produzieren, um über die Runden zu kommen!“ Sprich: Wir melken uns zu Tode! Wohl wahr, aber wir können das Problem nur an der Schnittstelle zwischen Molkereien und Erzeugern angehen. Eine Parole lautet: „Die Menge muss runter!“ – aber das allein ist keine Lösung. Was sagen wir beispielsweise einem Betrieb, der gerade investiert hat? Momentan sind auch jene Betriebe gefährdet, die auf nachhaltige Strukturen setzen und eigentlich die Firmen der Zukunft sein sollten: Familienbetriebe, an denen ein gesellschaftliches Interesse besteht. Klar, die Investitionen müssen sich rechnen – ein Teufelskreis. Ich würde aber gerne noch


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Bernhard Krüsken hofft auf Unterstützung seitens der Politik zum sogenannten „Milchgipfel“ kommen, der von Landwirtschaftsminister Schmidt soeben abgehalten wurde. Hat der etwas gebracht? Wir hätten uns vom Lebensmittelhandel und den Molkereien etwas mehr erhofft. Die Gespräche sind jedoch noch nicht zu Ende.

zahlungen. Europa ist mit einem anderen Verständnis von Landwirtschaft unterwegs als in Nord- oder Südamerika. Eine Art des Agrarwesens, wie sie im Mittleren Westen der USA stattfindet, akzeptiert man hier nicht. Baurecht, Emissionsrecht, Arbeitsschutz, Steuern, Naturschutz …

Es gibt ja Experten, die meinen, kaum ein Sektor sei so maßgeblich von Subventionierung der EU bestimmt wie der Agrarsektor. Bürokratische Fesseln, anstatt die Marktkräfte wirken zu lassen. Lösung für dieses Problem sei der Freihandel – Stichwort TTIP. Wie stehen Sie dazu? Das erfordert eine längere Diskussion, das wissen Sie! (Lacht) Ich kann Ihnen aber mehrere Wirtschaftszweige nennen, die mehr Subventionierung und Regulierung aufweisen. Zum Beispiel das Gesundheitswesen oder die Autoindustrie – mit der Prämie fürs Elektroauto. Das Wort Subventionen hätte ich vor fünfzehn Jahren noch gelten lassen. Was jetzt geleistet wird, sind die sogenannten Direkt-

Ist das alles dort schlechter geregelt? In vielen Bereichen herrscht dort einfach gar keine Regelung. Das verschafft denen einen Wettbewerbsvorteil. Den kann Europa zum Teil kompensieren, wenn es um verarbeitete und veredelte Produkte geht. Aber wo dies nicht geht, gibt es eben eine Ausgleichszahlung. Also würde TTIP viele Milchbauern hart treffen. Ich glaube, dass beispielsweise die Käseproduzenten gute Chancen in den USA hätten, aber insgesamt würde es den Preisdruck erhöhen. Zudem hätten wir erhebliche Probleme, den Leuten zu erklären, dass die Amerikaner


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Produkte auf den Markt bringen, die mit hier verbotenen Hormonen oder Pflanzenschutzmitteln erzeugt worden sind.

» Im europäischen Vergleich stehen wir ganz gut da. « Landwirtschaft – also auch eine ethische Frage. Eine Frage des bäuerlichen Selbstverständnisses. Die TTIP-Diskussion in Deutschland ist allerdings schwierig und auch nicht rational. Wir sind ja nicht vollkommen dagegen, sondern sagen: Es braucht einen Schutz für sensible Produkte, die in diesem Abkommen realisiert sein muss. Chancen und Risiken müssen gegeneinander abgewogen werden. Teils sagen die Amerikaner auch zu recht: Ihr seid gegen Chlorhühner, aber euer Gemüse wascht ihr mit Chlorat? Fällt denn die Milchwirtschaft auch unter die berüchtigte Geheimniskrämerei? Wir wissen ungefähr, was die amerikanischen Verhandlungspartner wollen. Doch die Schwierigkeiten beginnen mit den Zahlen: Für welche Mengen soll es denn vergünstigte Zollbedingungen und Marktzugang geben? Wir

Stadtgeflüster Münster – Das Interviewmagazin wird herausgegeben von der Stadtgeflüster GmbH & Co. KG Rothenburg 14-16, 48143 Münster Telefon 0251 48168-30, Telefax 0251 48168-40 stadtgefluester-muenster.de info@stadtgefluester-muenster.de Herausgeber und Chefredakteur: Redaktion: Editorial Design: Lektorat: Delivery-Man:

Thorsten Kambach Jana Nimz, Stefan Reimer, Tom Feuerstacke, Arndt Zinkant, Piff, Sabine Roters, Larissa Schwedes, Dennis Kunert Buschy Buschmeyer Bernhard Trecksel Tobias Drinkwitz

haben noch keine konkreten Daten, mit denen wir arbeiten können. Sind Sie zuversichtlich oder skeptisch? Ich glaube, da könnte ein Schuh draus werden. Wenn ich hingegen bedenke, dass 28 Regierungen in der EU beteiligt sind, glaube ich nicht an rasche Lösungen. Wie viel Milch trinken Sie persönlich? (Lacht) Ich bin begeisterter Käse-Esser – auch gerne mal einen Sahnejoghurt. Aber frische Milch trinke ich eher selten. ◊◊◊

INFO

Bernhard Krüsken Der 54-Jährige ist seit 2013 Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Nach dem Studium der Agrarwissenschaften an der Universität Bonn war er in verschiedenen Funktionen für die deutschen Genossenschaften tätig, u. a. als Verantwortlicher für die Sparten Vieh und Fleisch, Futtermittel und Betriebswirtschaft im Deutschen Raiffeisenverband. bauernverband.de

Fotografie: Anzeigenvertrieb: Veranstaltungen und Kleinanzeigen: Büro: Druck: Webseite: Glossar:

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Jobchancen

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Telefonieren in der Marktforschung

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Volkshochschule Münster

Das VHS-Jahresprogramm 2016/2017 erscheint im August! Ab dem 15. August 2016 können Sie sich anmelden: im VHS-Info-Treff, Aegidiimarkt 3 oder auf der VHS-Homepage Immer aktuell informiert sind Sie mit unserem Newsletter: www.vhs.muenster.de/newsletter

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Vielen Dank, VHS Als öffentlich geförderte Weiterbildungseinrichtung steht die Volkshochschule in besonderer gesellschaftlicher Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern Münsters. Die VHS steht bundesweit im konstruktiven Austausch mit den Verbänden der Volkshochschulen und anderen Partnern. Mit ihrem vielfältigen Angebot erreicht die VHS Münster jährlich rund 20.000 Menschen. 400 nebenamtliche Dozentinnen und Dozenten unterstützen das VHS-Team und tragen mit ihrer Arbeit wesentlich zur Qualität des Angebotes bei. vhs-muenster.de


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Aktuelles aus Münster

Klangschöner Schmuck Annette Bergmann fertigt aus ehemaligen Instrumenten neue Schmuckstücke. Das Ergebnis sind meisterhaft gearbeitete Einzelstücke voller Seele und Liebe. Sie erhält viele Instrumente, defekte und kaputte, alte und nicht mehr funktionierende Schätze mit Seele. Einige davon lassen sich nicht mehr reparieren. Also was tun? Sie verkommen lassen? Das kann doch nicht sein. Eine Idee muss her und künstlerisches Geschick gehört natürlich dazu. Wenn ein Instrument in seinen besten Zeiten manchmal einem Schmuckstück gleicht, was kann es dann werden, wenn es in den Ruhestand geht? Am besten wieder ein Schmuckstück! Das ist die Idee und das Konzept hinter der Sostenuto Manufaktur. Inspiration findet die Künstlerin in der Musik, die sie beim Schaffensprozess hört. Formen findet sie vor, sie lassen Bilder entstehen, die dann im Gestaltungsprozess eine eigene Dynamik entwickeln und zum Endprodukt, dem Schmuckstück, führen … Alle Informationen finden Sie unter: sostenuto-manufaktur.de

Eine Ausstellung von:

MANUFAKTUR Unikate aus Musikinstrumenten

Annette Bergmann Überwasserstraße 30 48143 Münster 0251 97443944 Di.-Sa.: 12-18Uhr geöffnet www.sostenuto-manufaktur.de

www.maxipark.de

19.3.-25.9.16 täglich 10-18 Uhr Maximilianpark Hamm Elektrozentrale

Maximilianpark Hamm GmbH Alter Grenzweg 2 · 59071 Hamm Tel. 0 23 81- 98 21 0-0 · Fax 98 21 0-19 info@maximilianpark.de


Tipps & Termine

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MEHR GEHT NICHT ALS MEPPEN Inzwischen zum 24. Mal heißt es am Freitag, den 5. August 2016 ab 20:30 Uhr: „Bühne frei“ für 20 Bands in 18 Lokalen und auf einer Open-Air-Bühne. Kaum eine Veranstaltung des Emsländischen Kultsommers hat sich zu so einem Publikumsliebling entwickelt: Die Meppener City verwandelt sich wieder in eine riesige Veranstaltungsarena. Ob im Königs-City in der Burgstraße, im La Tropikana am Campingplatz oder Marmaris am Hallenbad, ob auf der zentralen Livebühne auf dem Windthorstplatz, den Gastronomiebetrieben der Altstadt rund um den alten Markt, bis hin zu den Betrieben des so genannten „Dreiecks“: Die Gäste kommen wie in jedem Jahr von nah und fern und in Meppen gibt es kaum noch Hotelzimmer zu buchen. Informieren kann man sich vor Ort im kostenlosen Programmheftchen, das in allen Gastronomiebetrieben ausliegt und auf der Website bluesundjazznacht.de.

PFIFFIGE KOMÖDIEN GUTE UNTERHALTUNG WIR UNS FREUEN AU BESU F IHREN CH!

boulevard-muenster.de


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Tipps & Termine

Design wenn‘s dunkelt Der Sommer steht vor der Tür und es wird wieder Zeit für die angesagtesten Looks der Saison! Was würde sich da besser anbieten als ein Shopping-Abend im McArthurGlen Designer Outlet Ochtrup? Am Freitag, den 15. Juli, haben Sie zwischen 9:00 Uhr und 22:00 Uhr die Möglichkeit, im Designer Outlet Ochtrup das Late Night Shopping zu genießen. Mehr als 100 nationale und internationale Designer-, Luxusund Lifestylemarken bieten in 65 Shops ein exklusives Angebot. Von adidas, Liebeskind Berlin über Jack Wolfskin bis hin zu Esprit ist für jeden etwas dabei. Und das Beste ist: Anlässlich des Late Night Shoppings gibt es zusätzliche Reduzierungen von bis zu 80 Prozent vom UVP. Somit bietet sich Ihnen die Chance, Ihre Garderobe in einer lauen Sommernacht um viele Schätze zu erweitern. In aller Ruhe und mit der gesamten Familie – denn auch an die kleinen Gäste haben die Verantwortlichen selbstverständlich gedacht.

Ein Rahmenprogramm für Groß und Klein rundet das Shoppingerlebnis ab. Sommerliche Cocktails werden in der Beach Bar gereicht und ein leckeres gastronomisches Angebot lädt zu einer Verschnaufpause ein. Um diesen tollen Tag festzuhalten, können sich die Gäste in einem Fotobulli kostenlos mit passenden Strandrequisiten ablichten zu lassen. Bei Zauberern und Kinderschminken wird es auch den kleinen Gästen nicht langweilig und Livebands sowie ein Bühnenprogramm des Lokalradios werden live übertragen und sorgen für Stimmung. Besonderes Highlight wird ein Gewinnspiel in Form eines 1000€-Shopping-Gutscheins für das McArthurGlen Designer Outlet Ochtrup sein. Dieses Highlight sollten Sie sich nicht entgehen lassen. Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen beim sommerlichen Shopping! Sämtliche Informationen finden Sie selbstverständlich im Internet auf: designeroutletochtrup.de

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Interview

Theresa und Cord Breitzke holen sich Appetit Cord Breitzke ist ein echter Küchenkünstler. Er vollführt seine Kunststücke in der „Mole“ am Germania-Campus mit der delikaten Prominenz der Unterwasserwelt: Krabbe, Scholle, Lachs und Co. Cord serviert die Gaumenfreuden gerne persönlich und pflegt den Kontakt zwischen Küche und Kunde – schmeckt‘s den Gästen, ist das sein Applaus! Demnächst gibt er die Freude am Kulinarischen weiter: „Cord kocht“ heißt das dann. Eine Aktion für bis zu zwölf Personen.

CORD KOCHT Bist du ein echtes Nordlicht? Ein bisschen, ja. Ich komme aus der Nähe von Hannover, Südniedersachsen. Das ist nicht ganz nordisch, aber ich bin schon gerne am Meer. Andererseits habe ich lange Zeit in Spanien auf einer Insel gelebt. Auf welcher denn – doch nicht Ibiza? Doch, genau die. Cool! Das Restaurant führte auch Fisch? Genau. Da sind dir die Fische schon fast auf den Teller gesprungen. Das klingt gut. Was ist dir bei deinen Gerichten wichtig?

Ich habe ein Fischrestaurant – also brauche ich erstklassigen Fisch! Da muss die Qualität stimmen, ohne Wenn und Aber. Eine gute Scholle beispielsweise musst du nur anbraten, etwas Salz und Zitrone hinzugeben und das war‘s. Mehr brauchst du nicht! Und ich lege Wert darauf, dass die Fische aus deutschen Meeren stammen. Bei so einem Restaurant in dieser Gegend ist dies das realisierbarste Ziel in Sachen Regionalität. Es sei denn, du möchtest Fisch aus dem Aasee auf dem Teller … aber ich glaube, das will keiner von uns. Hast du dich in der Küche schon immer so wohlgefühlt wie ein Fisch im Wasser? Ich komme aus einer gastronomischen Familie,


- 61 mein Vater ist Fleischermeister und führt ein Catering-Unternehmen. Ich bin so gesehen in der Küche aufgewachsen. Zwischen Wurstherstellung und Brötchen schmieren! Zudem ist mein älterer Bruder Koch. Ich habe schon als Kind gesehen: Das macht Spaß, da kann man viel zaubern. Was magst du gar nicht? Was jetzt gerade wieder in Mode kommt, mit den ganzen Innereien ... ich könnte es kochen, brauch‘s aber persönlich nicht unbedingt. Was kochst du der Seemannsbraut deiner Träume? Meine Freundin ist Fleischliebhaberin und isst gerne Steak. Letztens hat sie gesagt: Schenk‘ mir keine Blumen, brat mir lieber was. Wo kocht Cord? Wir haben hier so eine halboffene Küche! Hinter den Seecontainern im Eingangsbereich. Seecontainer? Ja, die kommen original aus dem Hamburger Hafen. Du hast deine eigene kleine Aktion hier im Restaurant: „Cord kocht“! Genau! Ich interagiere gerne mit Gästen und freue mich, wenn ich denen ein bisschen was beibringen kann und etwas entsteht – ein schöner Abend zum Beispiel! Und davor? Habe ich auch schon Kochkurse auf Fuerteventura oder in Griechenland gegeben. Hier in Münster haben wir beim ersten Mal Sushi gemacht.

Interview

selbstgetrocknete Tomaten, Kräuter … Bei so einen Tisch voller leckerer Zutaten fließt ja auch so ein bisschen Warenkunde mit rein. Da bekommt man einfach ein Gefühl, das zum Selberkochen motiviert. Wie lange kocht ihr mit euren Leuten? Ungefähr drei Stunden.

» Der shantychor ist bestellt. « Und im Hauptgang gibt’s …? Da steht Krabbenpulen auf dem Plan. Das muss man können, das hat Tradition! Meine Freundin kommt aus Friesland und sagt immer: „Meine Oma hatte beim Krabbenpulen immer ‘ne Zigarette im Mund. Das gehört dazu!“ Machen wir hier natürlich nicht. Aber das Lebensmittel bekommt eine andere Wertigkeit, wenn man es eigenhändig verarbeitet hat. Gibt‘s auch Musik beim Kochen? Der Shantychor ist bestellt … das wär´s doch, oder? Ja, das wär´ein Träumchen! Du, sag‘ mal, wo wollen wir noch ein Foto machen? Am besten bei Moli, dem Tintenfisch am Fenster draußen.

◊◊◊ Ach, die Aktion ist noch ganz neu? Ja genau, das wäre dann bald das dritte Mal. Beim Testlauf waren viele Leute dabei, die Sushi noch nie gedreht haben. Wenn die rausfinden, wie simpel das eigentlich ist, machen die das zu Hause eher noch mal. Wir begrenzen die Aktion extra auf zwölf Teilnehmer, damit es intim bleibt. Was ist die Idee dahinter? Wir bieten einen Ort des Austauschs: Kochen verbindet! Es soll einfach ein schöner Abend sein. Wo man mit anpackt. Es geht darum, gemeinsam eine Kochidee zu verfolgen, die jeder individuell interpretieren kann. Zur Vorspeise gibt‘s Brot, Dips zum Selbermachen, Chilichoten,

INFO

Cord Breitzke Jeden dritten Dienstag im Monat zaubert der Koch mit bis zu zwölf Teilnehmern ein Vier-Gänge-Menu: Die Aktion „Cord kocht“ geht in den nächsten Wochen an den Start. Interessierte Koch-Piraten erfahren, warum Sushi eigentlich das belegte Brötchen Asiens ist, was sich alles über gute Zutaten sagen lässt und wie man einen ganzen Fisch fein filitiert.


Hammer Straßenfest

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Ein hammer Strassenfest Bereits zum 30. Mal lädt das größte Straßenfest Westfalens zwei Tage zum Feiern ein. Zwischen Ludgeriplatz und Augustastraße verwandelt sich die Hammer Straße in eine Meile mit einem breiten Angebot an Live-Auftritten bekannter Bands. Auf gut einem Kilometer zeigen zahlreiche Anlieger, Händler, Kunsthandwerker, Künstler und Gastronomen ihr breites Angebot von früh morgens bis in die späte Nacht. Das Straßenfest Hammer Straße findet am 6. und 7. August ganztägig statt. Mehr Infos gibt es unter: hammer-straße-muenster.de


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UNS hat’s gepackt! Der Klimawandel ist kein fernes Zukunftsthema mehr für Experten oder Politiker auf Gipfeltreffen. Er findet bereits statt – und seine Auswirkungen treffen uns alle. Mit der Kampagne „Münster packt’s! Der Bürgerpakt für Klimaschutz“ fordert die Stadt Münster ihre Bürger zu mehr Klimaschutz auf.

Der Umwelt zuliebe

Die Klimapakt-Teilnehmer sagen mit ihrer Unterschrift ja zu einfachen, aber wirkungsvollen Aktionen: Sie tauschen zum Beispiel herkömmliche Glühbirnen durch LED-Lampen aus, vermeiden den Standby-Betrieb von Haushaltsgeräten und verzichten auf kurze Autofahrten. So verbessert sich Münsters Klimabilanz Schritt für Schritt. Weitere Informationen klima.muenster.de.

Mich hat‘s gepackt! Wenn nicht unplugged, dann Ökostrom.

Jan Löchel Musikproduzent / Songwriter, Kopf und Stimme seines aktuellen Projektes JYLLAND

Mitmachen unter www.klima.muenster.de


Kultur & Freizeit IF I WAS REAL 07. Juli | 19.30 6. RATHAUSKONZERT 07. Juli | 19.30 AUFSTIEG UND FALL DER

EINE SOMMERNACHT

STADT MAHAGONNY

07. Juli | 21.00

01. Juli | 19.30 FRAU LUNA THEATERJUGEND­

09. Juli | 19.30

ORCHESTER: DER KLEINE HORRORLADEN

DIE VERSCHWÖRUNG

01./02. Juli | 19.30

DES FIESCO ZU GENUA 09. Juli | 19.30

WIR SCHAFFEN DAS! 01. Juli | 19.30

LITERATUR FÜR LIEBHABER

DANCE LAB.

17. Juli | 16.00

01./02. Juli | 19.30 Theater Münster DER GÄRTNER / DE GÄÖRNER 02. Juli | 15.00

Neubrückenstraße 63 Tel. 0251 59090 theater-muenster.com

ENRON 02. Juli | 19.30 CAVALLERIA RUSTICANA / DER BAJAZZO 03. Juli | 15.00 08. Juli | 19.30 Highlight-tour TANZSPEKTRUM 4

01. Juli | 14.30

03./10. Juli | 19.00 Workshop für DIE PRÄSIDENTINNEN

Erwachsene

04. Juli | 19.30

03. Juni - 08. Juli freitags 15.30 - 17.30

10. SINFONIEKONZERT 05./06 Juli | 19.30

Radar. tomoko mori

10. Juli | 18.00

21. Mai - 03. Juli

ALLTAG UND EKSTASE

Homosexualität_en

05./08. Juli | 19.30

sonderausstellung 13. Mai - 04. September

THEATERFÜHRUNG 05. Juli | 17.00

Madame Mond Der Mond ist der einzige fremde Himmelskörper, der bisher von Menschen betreten wurde und das – man höre und staune – bereits 1899! So will es zumindest FRAU LUNA, die burlesk-phantastische Ausstattungsrevue des Berliner Komponisten Paul Lincke. Das Motto der Hauptperson des Stücks könnte frei nach Fallada lauten: Ein Mann will nach oben. In seiner Mondreise bündeln sich die Sehnsüchte seiner Zeit – die Lust auf technische Innovation, der Wunsch nach gesellschaftlichem Aufstieg und wohl schließlich auch ein bisschen die Faszination der Gefahr. Somit ist die Mondwelt Ziel mannigfaltiger Sehnsüchte, die in Steppkes Zusammentreffen mit der mondänen, geheimnisumwitterten Frau Luna gipfeln, während seine Freundin Marie ihn zum „Schuster, bleib bei deinen Leisten“ anhält und so die kleinbürgerliche Furcht vor dem Neuen, Unbekannten formuliert. Das Zusammentreffen von Mond- und Erdmenschen bietet ein phantasievolles, turbulentes Spektakel.

LWL-Museum für Kunst und Kultur

DAS ORIGINAL

Domplatz 10

06. Juli | 19.30

0251 590701

Tickets und weitere Informationen gibt es telefonisch unter 5909100, weitere Informationen unter: theater-muenster.com


Kultur & Freizeit

ER IST WIEDER DA

Anderthalb

01./02. Juli | 20.00

Stunden zu spät

03. Juli | 18.00

10. Juni – 23. Juli täglich außer Di., Mi.

ICH HABE BRYAN ADAMS GESCHREDDERT

Mo.-Fr. 20.00

05./06. Juli | 20.00

Sa. 17.00 | 20.00 So. 18.30

ZURÜCK AUF ANFANG

In den Sommerferien

07./08. Juli | 20.00

30. Juli | 20.00

Was ihr wollt

Kabarett:

09. Juli | 20.00

„Buschtrommel“

10. Juli | 18.00

29. Juli | 20.00

WOLFGANG BORCHERT THEATER

Boulevard Münster

Am Mittelhafen 10

Theater

wolfgang-borchert-

Königsstr. 12-14

theater.de

boulevard-muenster.de

Alles auf anfang für adolf Berlin, 21. Jahrhundert. Ein Mann mit einem unverkennbaren Oberlippenbart. Adolf Hitler erwacht auf einem leeren Grundstück. Ohne Krieg, ohne Partei, ohne Eva. Im tiefsten Frieden, unter Tausenden von Ausländern und und in einem Deutschland unter Angela Merkel. 66 Jahre nach seinem vermeintlichen Ende strandet der GröFaZ* in der Gegenwart. Junge Leute erkennen ihn nicht, er ist stark irritiert. Als er sich nach dem Weg zur Reichskanzlei erkundigt, wird er lachend gefragt, ob er von Stefan Raab oder von Hape Kerkeling kommt. Er stiftet größte Verwirrung und versteht selbst nicht, warum. Blitzschnell analysiert er den Zustand der maroden Gesellschaft und erkennt, was zu tun ist. Er startet eine neue Karriere – im Fernsehen. Denn mit Propaganda kennt er sich aus . . . „Er ist wieder da“ im Wolfgang Borchert Theater Münster: Am Mittelhafen 10 | wolfgang-borchert-theater.de | Tel. 40019

Hilfe aus aller Welt

Martin Quilitz!

für Münster –

Moderation

70 Jahre Care-Pakete

11. Mai – 3. Juli

03. Juni – 25. September Kris Kremo BURKH –

Jonglage

Die Karikaturen von

11. Mai – 3. Juli

Burkhard Fritsche 22. April – 24. Juli

Gabriel Drouin – Cyr 11. Mai – 3. Juli

Ständige Schausammlung: 1200

WET – the show!

Jahre Geschichte

Akrobatik und

der Stadt Münster

wogendes nass 13. Juli – 28. August

Stadtmuseum Münster

GOP Varieté

Salzstraße 28

Bahnhofsstraße 20-22

Tel. 0251 4924503

Tel. 0251 4909090

stadt-muenster.de

variete.de


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Larissa lauscht den Klängen von Annette Bergmanns Kreationen Instrumente machen Musik. Musik macht glücklich. Zerbrechen Instrumente, muss das Glück nicht vorbei sein. Man kann sie sich schließlich auch um den Hals hängen. Wie das geht, erklärt mir Annette Bergmann, Schmuckdesignerin der musikalischen Art.

SYMPHONIEN VON OHR BIS HAND Eine Frau betritt einen Raum, mit Ihrem Schmuck behängt. Klingt das wie ein Orchester? Es gibt Schmuckstücke, die können Töne erzeugen. Bei den meistens ist das Klangerlebnis jedoch für die Augen. Kann ich erkennen, wenn jemandem ein Teil einer Trompete um den Hals hängt? Wenn man das Instrument kennt, erkennt man auch die Stücke. Teilweise ist aber nicht erkennbar, ob sich eine Gitarre oder Geige versteckt. Oft verwende ich Ahornholz, das ist bei vielen Musikinstrument speziell lackiert. Wie wurde die Idee geboren? Als Kind habe ich Geige gespielt und bin eines Tages auf der Bühne gestürzt – Geige kaputt, der Alptraum eines jeden Musikers. Den abgebrochenen Hals habe ich mit nach Hause

bekommen. Seitdem trage ich dieses Stück Geigenhals bei mir, ein sehr schönes Objekt. Also haben Sie Schmuck daraus gemacht? Ich wollte Schmuck, der meine Musikbegeisterung ausdrückt. Klar gibt es Notenschlüssel und Noten in allen Formen, aber das wird langweilig. Ich wollte etwas Originelleres, Subtileres. Meinen Schmuck erkennt man erst auf den zweiten Blick oder kann eine ganz tolle Geschichte dazu erzählen. Instrumente sind eigentlich nicht dazu bestimmt, als Schmuck getragen zu werden. Keine Angst, ich kaufe keine Stradivari und schneide sie kaputt. (Lacht.) Ich schenke Instrumenten, die nicht mehr bespielt werden können, ein neues Leben. So wie es mit dem Geigenhals anfing, so ging es weiter. Es gibt so viele Instrumente, die schlicht hinüber sind – durch Verschleiß oder Unfälle. Oder vom Hochwasser im Keller aufgequollen. ◊◊◊

INFO

Annette Bergmann Annette Bergmann freut sich natürlich über jeden Besuch in ihrem Geschäft in der Überwasserstraße 30. Geschichten, Infos und den Schmuck zum Kauf gibt es aber auch auf ihrer Website: sostenuto-manufaktur.de


NICHT NICHT NICHT ALLE ALLE NICHT NICHT NICHTALLE ALLE ALLE ALLE SEELEUTE SEELEUTE SEELEUTE SEELEUTE SEELEUTE SEELEUTE KEHREN KEHREN KEHREN HEIM. HEIM. KEHREN KEHREN KEHRENHEIM. HEIM. HEIM. HEIM. - 67 -

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Eckernförde – Mehr Urlaub geht nicht! Idyllischer Hafen, feinkörniger Sandstrand und eine malerische Altstadt: das ist Eckernförde. Ob Aktivurlaub oder pure Erholung – mit Eckernförde erwartet Sie eine maritime und erlebnisreiche Hafenstadt voller Lebensfreude.

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