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DIE FÖRSTERIN IM STADTWALD

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GEWINNZONE

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Let's talk about ... Wahre Freunde

Freunde hat man nur wenige im Leben, sagt man. Freundschaften sind zweifelsohne ein wichtiger Bestandteil unseres sozialen Miteinanders. Freundschaft ist Rückhalt, Vertrauen, ist Psychohygiene. Freundschaften sind ein »safe space« oder sollten es zumindest sein. Von den Menschen, die wir als Freunde bezeichnen, erwarten wir Ehrlichkeit und Offenheit.

Wir wollen in ihrer Gegenwart nicht ständig überlegen müssen, ob wir das oder jenes nun aussprechen oder uns so verhalten dürfen, wie wir es nun mal tun. Wir wollen und sollen wir selbst sein. Ohne Schnörkel, Schokoladenseite – einfach wahrhaftig. Klingt gut oder? Aber wie viel Wahrheit verträgt eine Freundschaft eigentlich? Wollen wir sie selbst wirklich immer hören? Auch wenn es wehtut? Und was, wenn wir die Wahrheit als solche noch nicht erkannt haben oder wir noch nicht bereit sind, sie uns einzugestehen?

Gesellschaftlich gesehen, werden wir meistens dazu erzogen, aus Höflichkeit und Rücksichtnahme heraus hier und da ein Auge zuzudrücken. Ich muss nicht jedem meine »geschätzte« Meinung offerieren und schon gar nicht ungefragt. So schickt es sich beispielsweise nicht, der Arbeitskollegin zu sagen, dass sie in dem Kleid unvorteilhaft wirkt oder dass der Atem des Kollegen auch schon mal bessere Zeiten erlebt hat. Nicht auszudenken, was in manchen Bürogemeinschaften klimatisch los wäre, würde jeder stets sagen, was er denkt. Aber Spaß beiseite. In Freundschaften wünschen wir uns jedenfalls genau diese Ehrlichkeit, die wir aus erlernter Höflichkeit in professionellen Beziehungen oder auch oberflächlicheren Bekanntschaften gern aussparen. »Nein Claudi, das tschitscheringrün-dunkelviolett gepunktete Kleid lässt dich NICHT zehn Jahre jünger wirken. Das hat dir die Verkäuferin nur gesagt, um die Teamwette zu gewinnen und den seit fünf Jahren rumliegenden Fetzen loszuwerden!« Aber was tun, wenn es essenziell wird? Was, wenn aus dem regelmäßigen Genuss-GinTonic längst ein Gewohnheitsdrink geworden ist? Wenn man die große Liebe seines Freundes erst letzte Woche hat fremd flirten sehen? Was, wenn das »moralische« Verhalten eines Freundes jedwedes Maß negiert? Sprechen wir das dann ebenfalls an? Auch wenn wir Angst davor haben und die Folgen fürchten? Ich persönlich glaube, wir können nicht ewig die Augen vor selbstschädigendem Verhalten verschließen, vor ungesunden Beziehungen, toxischen Arbeitsverhältnissen und auch nicht vor fragwürdigem Verhalten des eigenen Freundeskreises. Die Wahrheit oder besser unsere ehrliche Meinung, das Thema betreffend, muss heraus, das sind wir der Freundschaft schuldig! Immerhin haben wir mit der Freundschaftsannahme – aus meiner Sicht - ein Stück weit eine Verantwortung für den jeweils anderen übernommen. Unser Freund, unsere Freundin, darf zurecht darauf vertrauen, dass wir für sie/ihn da sind in guten, aber eben auch in weniger guten Zeiten. Und da gehört es eben dazu, Dinge anzusprechen, die wir uns noch nicht eingestehen wollen, Dinge, die wir vielleicht nicht sehen wollen. Sicher liegt es an uns, mit wie viel Fingerspitzengefühl, Diplomatie und in welchen Dosen wir den »reinen Wein« einschänken, dennoch gehört er zweifellos serviert und getrunken.

Es braucht Mut, Kraft und manchmal auch das richtige Timing, gewisse Dinge anzusprechen. Aber Ehrlichkeit ist der unumstößliche Grundwert, die Essenz, die Basis einer Freundschaft und deshalb aus meiner Sicht auch nicht verhandelbar. Eure Försterin

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