Review Unternehmergespräch

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GEMEINSAM STARK: SUPPLY CHAIN NETWORK MADE IN SWITZERLAND UNTERNEHMERGESPRÄCH VOM 10. MAI 2022


Verfügbarkeitsprobleme bei Rohstoffen, Teilen und Komponenten, Transportengpässe und -ausfälle, steigende Rohstoffund Transportpreise sowie wirtschaftliche und geopolitische Verwerfungen waren der mehr als aktuelle Hintergrund für das Staufen.Inova-Unternehmergespräch vom 10. Mai 2022 in Zürich. Unter dem Titel «Gemeinsam stark – Supply Chain Network made in Switzerland» diskutierten die fast 70 Teilnehmenden intensiv über die aktuelle Lage in den Unternehmen, zukünftige Entwicklungen und mögliche Lösungsansätze. In seinem Auftaktreferat präsentierte Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor und Leiter Wirtschaftspolitik Swissmem (Verband der schweizerischen Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie), einen Über- und Einblick in die schweizerische MEM-Industrie. Der Verband repräsentiert aktuell ca. 1’300 vorwiegend KMUMitgliedsfirmen sowie auch Grossfirmen. Der Gesamtumsatz der Branche beträgt 87,5 Mrd. CHF, davon entfallen auf Exporte 68,5 Mrd. CHF. Dabei ist die EU der mit Abstand wichtigste 2

Unternehmergespräch vom 10. Mai 2022


Kein Verlust an industrieller Beschäftigung in der Schweiz Schweiz

 Produktivität  Wertschöpfung

Österreich

 Beschäftigte Deutschland EU 27 Frankreich UK Italien -40%

-30%

-20%

-10%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

Wachstum in % zwischen 2000 und 2019

Quelle: Avenir Suisse, «Den Erfolg der Schweizer Industrie weiterführen» 2021 5 | staufen.inova - 10.05.22

Exportmarkt. Die MEM-Industrie ist für 26% aller Schweizer Ex-

vergleichbaren Volkswirtschaften ist es der Schweizer MEM-

porte verantwortlich. Anhand beeindruckender Zahlen zeigte

Industrie hervorragend gelungen, die Produktivitätsfortschrit-

er auf, dass dieser Industriezweig ganz wesentlich zur Stärkung

te durch zusätzliche Wertschöpfung abzufangen und so den

des Industriestandorts Schweiz beiträgt. Im Quervergleich mit

Abbau von Beschäftigung im Inland zu vermeiden. Unternehmergespräch vom 10. Mai 2022

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Das Erfolgsgeheimnis beruht trotz kleinem Binnenmarkt und dem Hochkostenland Schweiz in einer klaren Spezialisierung auf Aktivitäten mit hoher Wertschöpfung, einer grossen Innovationskraft sowie einer fortschreitenden Automatisierung und gesteigerten Effizienz aller Prozesse. Diesen Umständen gilt es aber vor allem für die Zukunft Sorge zu tragen, insbesondere durch die Erhaltung und Schaffung der entsprechenden Rahmenbedingungen, die da sind:

• Ein weiterhin globaler Marktzugang • Die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte • Ein attraktives steuerliches Umfeld • Die Pflege eines hervorragenden Forschungs- und Innovationsplatzes (Zusammenarbeit von Hochschulen und Industrie)

• Ein weiterhin flexibler Arbeitsmarkt • und ganz aktuell auch eine sichere Strom- und Energieversorgung Yes. We can! Gemeinsam stark. Denn keiner allein ist so stark wie wir alle zusammen. Unter diesem Motto stellten Tobias Schoch (Global Category Manager Iron Casting, Turbo Systems Ltd., 4

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ehemals ABB Schweiz AG) und Eric von Ballmoos (CEO Ben-

onen zu erreichen. Heute befinden sich ca. 200’000 Turbolader,

ninger Guss AG) ihre Insights über eine B2B-Ersatzteil-Supply-

abgestimmt auf den jeweiligen Anwendungsfall, im Feld. An-

Chain made in Switzerland in einem Co-Referat dar. Eine bei-

wendungsgebiete der Aggregate sind die Felder Mining, Pow-

spielhafte Supply Chain mit Schweizer Footprint zeigt dabei

er, Oil & Gas, Marine und Rail. Produktionsstandorte befinden

Potenziale heimischer Fertigungsnetzwerke und die Vorzüge

sich in der Schweiz, China sowie Indien. Daneben verfügt Turbo

standortnaher Supply Chains.

Systems über eine Serviceorganisation mit einem zentralen

Turbo Systems ist Marktführerin in der Herstellung und im Un-

Hub in Baden (Schweiz) sowie 100+ Servicestellen in mehr als

terhalt von Turboladern von 500 kW bis 80+ MW für Diesel- und

50 Ländern mit 1’200 Servicetechnikern.

Gasmotoren. Spitzentechnologie und Innovation ermöglichen

Das Angebot sowie die Herausforderungen seitens Turbo Systems

es Kunden, eine höhere Energieeffizienz bei geringeren Emissi-

lassen sich im Überblick folgendermassen zusammenfassen:

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Speziell im Servicegeschäft kommen noch weitere Faktoren wie die Attraktivität des Portfolios auf dem Beschaffungsmarkt (High Mix / Low Volume, geringe Planbarkeit / sporadischer Bedarf / breites Produktportfolio, aktuell ~3’500 aktive Spezifikationen von Eisengussbauteilen) hinzu. Der gewünschte Servicegrad konnte daher durch eine herkömmliche Value Chain nur bedingt generiert werden. Um diesen Herausforderungen in der Supply Chain zu begegnen, wurden folgende Anforderungen an eine Lösung formuliert:

• Steigerung der Lieferperformance von hochkomplexen Eisengussbauteilen in der Kleinstserienproduktion

• Erhöhung der Lieferfähigkeit gegenüber Kunden • Reduktion der Qualitätsabweichungen • Optimierung der Kapitalbindung • Steigerung der Flexibilität und Agilität innerhalb der Supply Chain

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Unternehmergespräch vom 10. Mai 2022


In einem gemeinsamen Prozess wurde ein neues Supply-

Tobias Schoch hob dabei besonders die Erfolgsfaktoren sowie

Chain-Konzept erarbeitet, welches aus den auf der nachfol-

den Nutzen der neuen Lösung in der Zusammenarbeit mit

genden Seite aufgeführten Elementen besteht.

Benninger Guss aus Sicht von Turbo Systems hervor, welche sich in fünf Bereiche einteilen lassen:

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Strategische Partnerschaft:

• Klare Rahmenbedingungen auf strategischer, taktischer und operativer Ebene

• Mittel-/langfristige Portfolioplanung • Schaffen von Planungssicherheit • Enge Zusammenarbeit bei Lieferschwierigkeiten Technologische Lösung:

• Gesteigerte Produktionsstabilität durch Clusterung des Produktportfolios

• Optimierung der Investitionskosten durch gedruckte Kerne und Formen oder Hybridlösungen

• Verkürzte Einfahrzyklen durch gedruckte Formen und Kerne • Effiziente Zusammenarbeit zur Findung von technischen Lösungen Logistische Lösung:

• Durchgehende Transparenz bezüglich Bestand/Bedarf • Flexibilität bei der Produktionsplanung innerhalb der vereinbarten Rahmenbedingungen

• Lagerung auf tiefstmöglicher Wertschöpfungsstufe Total Cost of Ownership:

• Optimierung der Investitionskosten durch gedruckte Formen und Kerne 8

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• Reduktion der Kapitalbindung über alle Wertschöpfungsstufen • Positiver Business-Case Kundennutzen:

• Steigerung der Lieferfähigkeit auf Kundenwunschtermin • Rasche Lösungen bei unerwartetem Bedarf / Non-MoverBauteilen

«Nur durch den Einsatz neuester Technologien und mit kompetitiven Netzwerken kann Benninger Guss neue Standards schaffen.» (Eric von Ballmoos, Benninger Guss AG)

Neben der Zusammenarbeit mit Turbo Systems hat Benninger Guss in den letzten Jahren auch in den Aufbau weiterer Netzwerke investiert. Hervorzuheben ist dabei das Schweizer

Eric von Ballmoos konnte in seinem Teil der Präsentation die

Fertigungsnetzwerk «two in one», in welchem verschiedene

Aussagen seitens Swissmem eindrücklich aus der Praxis her-

Unternehmen aus den Bereichen spanabhebende Bearbei-

aus untermauern, nämlich dass ein kleineres Unternehmen

tung, High-End-Eisenkohlewerkstoffe und Oberflächentech-

wie Benninger Guss (105 Mitarbeitende / 30 Mio. CHF Umsatz)

nik zusammenarbeiten, um Kunden Lösungen aus einer

in der Lage ist, sich erfolgreich und langfristig am Markt zu

Hand anbieten zu können. Im Netzwerk ZMIS kollaborieren

behaupten. Dabei bietet Benninger Guss eine hohe Prozess-

Unternehmen, welche vor allem Zulieferer der MEM-Indus-

sicherheit für komplexe Gussteile in der gesamten Wertschöp-

trie sind, und verdeutlichen so einmal mehr, dass ein Netz-

fungskette bis hin zum einbaufertigen Bauteil. Mit modernster

werk mehr als die Summe seiner Teile sein und zum Nutzen

additiver Fertigung im Bereich 3D-Druckverfahren (DGP ) ist

aller sein kann.

®

Benninger Guss in der Lage, schnell auf Kundenbedürfnisse zu reagieren. Im Weiteren ist Benninger Guss mit Reverse Engineering durch Scannen von Modellen oder Gussstücken ein

Wie jede Lösung hat auch die Zusammenarbeit zwischen Tur-

idealer Partner, um 3D-Daten bereitzustellen, wenn diese nicht

bo Systems und Benninger noch Potenziale, welche vor allem

vorhanden sind.

in den Bereichen Agilität, Flexibilität, Stabilität und Produktivität zu finden sein werden. Unternehmergespräch vom 10. Mai 2022

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Die anschliessende Breakout-Session in sechs Gruppen beschäftige sich mit folgenden Fragestellungen:

THEMA 1 «Welchen internen und externen Herausforderungen müssen sich Unternehmen stellen, wenn globale Supply Chains deglobalisiert werden? Verfügen wir überhaupt über die richtigen Sourcing-Ansätze dazu?»

THEMA 2 «Was lehrt uns die aktuelle Verknappung von Gütern? Werden die gewonnenen Lehren nachhaltig sein?»

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THEMA 3

«Krisenresilienz wird in Zukunft neben Finanzkennzahlen den Unternehmenserfolg definieren!» (Thema 2)

«Die Schweiz hat die besten Voraussetzungen für technologisch hochstehende und hoch automatisierte Produktionen: Kapital, Know-how und qualifizierte Ressourcen auf engstem Raum. Warum nutzen wir diesen Wettbewerbsvorteil noch zu wenig konsequent, um im globalen Vergleich kompetitiv zu produzieren? Stimmt das überhaupt?»

«Ja – wir sind gut! Um den Wettbewerbsvorteil zu erhalten, müssen wir in Zukunft interne und externe Synergien noch mehr nutzen und risikofreudiger werden» (Thema 3)

Wie bei allen Unternehmergesprächen von Staufen.Inova wurde in den Gruppen intensiv, kontrovers, engagiert, fundiert und bisweilen auch leidenschaftlich diskutiert und gearbeitet. Stellvertretend für die Ergebnisse und Konklusionen können die folgenden Highlight-Aussagen dienen.

«Ist diese These überhaupt korrekt? Die Schweizer Industrie ist gut unterwegs – um jedoch stärker zu wachsen, fehlt uns der Hunger!» (Thema 3) Unternehmergespräch vom 10. Mai 2022

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Nach einer kurzen Vorstellung der Highlights aus den Breakouts wurde zum Abschluss im Plenum mit den Referenten diskutiert. Zwei Themen standen dabei im Zentrum. Einerseits beschäftigt die Unternehmen auch in der Schweiz der immer akuter werdende Fachkräftemangel. Trotz der ca. 20’000 Lernenden in der MEM-Industrie ist der Nachwuchs in keiner Weise gesichert. Jean-Philippe Kohl von Swissmem äusserte dabei die These, dass die Industrie daran nicht ganz unschuldig ist, da es ihr in der Vergangenheit nicht genügend gelungen sei, die Industrie als Lösungsanbieterin und -erarbeiterin attraktiv genug zu positionieren und so die Abwanderung von Arbeitnehmenden in andere Branchen zu verhindern bzw. die jungen Leute für die Industrie zu gewinnen. Das sei aber unterdessen erkannt und der Verband arbeite intensiv daran, die MEM-Industrie kommunikativ positiv zu positionieren. Zum Zweiten ist feststellbar, dass sich der Käufermarkt aktuell gerade in einen Verkäufermarkt verwandelt hat und sich dabei natürlich die Gewichte verschoben und damit einhergehend auch das Verhalten der Parteien allenfalls verändert haben. Zusammenfassen und schliessen können wir daher mit einer mehr als treffenden Aussage eines Teilnehmers: 12

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«Nach der Krise ist vor der Krise – jetzt zeigt sich doch erst, wie gut die Kultur in einem Netzwerk ist.»

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