Ein Denkmal der Porzellanindustrie

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OBERFRANKEN UND BAYERN

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Freitag, 23. November 2012

Ein Denkmal der Porzellanindustrie

Von Denise Franz Selb – Das Porzellanikon umfasst eine Fläche von 8000 Quadratmetern. Es befindet sich in der 1969 stillgelegten Rosenthal-Porzellanfabrik. Doch bis die Tore für Besucher geöffnet werden konnten, war es ein langer Weg. „Nach der Schließung investierte niemand mehr in die Fabrik. Sie verfiel und wurde zur Ruine“, erklärt Museumsdirektor Wilhelm Siemen. „1984 gab es sogar einen Brand, der große Teile davon vernichtete“.

Heute protestieren die Apotheker

Ruine zurückerobert

Drei Abteilungen „In Abstimmung mit Hohenberg haben wir uns in Selb auf drei Abteilungen festgelegt“, erklärt Siemen. Die erste sei das Europäische Industriemuseum für Porzellan. Dort sehen Besucher die Entwicklung der Porzellanherstellung über drei Jahrhunderte, von den Rohstoffen bis zum fertig gebrannten und dekorierten Stück. „Und zwar an authentischen Arbeitsplätzen und in sehr lebendiger Art und Weise“, sagt Siemen. Die zweite Abteilung ist das Europäische Museum für technische Keramik: „Wir zeigen, was für ein Potenzial sie hat und was man gar nicht hätte, wenn es sie nicht gäbe. Das beginnt bei den Dichtscheiben im Auto

Max Strauß bleibt bei alten Aussagen Augsburg – Im Prozess gegen den ehemaligen Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber hat das Augsburger Landgericht Max Strauß als Zeugen vernommen, aber nichts Neues erfahren. Der Sohn des einstigen bayerischen Ministerpräsidenten Franz Josef Strauß wiederholte am Donnerstag seine Zeugenaussagen aus dem ersten Schreiber-Prozess 2010. Als junger Rechtsanwalt hatte er ab 1989 für Schreiber gearbeitet. Auf die Frage des Gerichts, ob Schreibers Einkünfte mit hohen Betriebsausgaben verrechnet wurden und eine mögliche Strafe wegen Steuerhinterziehung deshalb geringer ausfallen müsste, wusste der 53-Jährige nichts zu sagen. Er selbst habe ein Pauschalhonorar von monatlich 3000 Mark bekommen, aber keine Provision verlangt und auch keine erhalten. Das Landgericht Augsburg hatte Schreiber 2010 wegen Steuerhinterziehung in Millionenhöhe zu acht Jahren Haft verurteilt, die Bestechung aber für verjährt erklärt. Der Bundesgerichtshof hob den Schuldspruch auf. Das Gericht muss nun prüfen, ob der 78-Jährige damals in Deutschland oder in Kanada steuerpflichtig gewesen war.

Großfahndung nach flüchtigem Straftäter Münchberg – Ein geflohener Straftäter hat am Donnerstagvormittag bei Münchberg eine große Suchaktion ausgelöst. Zahlreiche Polizisten, ein Hubschrauber und mehrere Hunde waren dem 28-Jährigen auf der Spur. Alles begann, als Polizisten den Ford aus dem Zulassungsbezirk Berlin gegen 7.45 Uhr an der Anschlussstelle Münchberg-Nord der A 9 anhielten. Unvermittelt flüchtete der Fahrer zu Fuß in einen Wald bei Gottersdorf. Bei der anschließenden Großfahndung waren Beamte der Bundespolizei Selb, Diensthunde sowie Mantrailing-Hunde und ein Polizeihubschrauber im Einsatz. Gegen 12 Uhr entdeckten Polizisten den Mann in der Nähe von Poppenreuth.

Das Porzellanikon in Selb gibt einen europaweit einzigartigen Einblick in die frühere Herstellung des weißen Goldes. Außerdem sind Dauer- und Sonderausstellungen zu sehen.

Dennoch gibt es seiner Meinung nach keinen passenderen Ort: „Wir haben einen Baukomplex gesucht, der das, was wir ausstellen wollten, authentisch verkörpert. Was könnte geeigneter sein als eine ehemalige Porzellanfabrik? Wir haben uns die Ruine Stück für Stück zurückerobert, einen Bauteil nach dem anderen saniert.“ Erst vor zwei Jahren sei der sechste und letzte Bauabschnitt abgeschlossen worden. Siemen ist ein Mann der ersten Stunde. Er hat das Haus mit aufgebaut und ist seit 1990 Museumsdirektor: „Wir waren von dem Gedanken beseelt, eine Stätte zu haben, an der Porzellan in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seinen Platz hat und den Menschen hautnah gegenübertritt.“ Das Mutterhaus, das Deutsche Porzellanmuseum, befindet sich in Hohenberg an der Eger. Dort sind die Schwerpunkte die Porzellanindustrie und die Produktentwicklung des 19. und 20. Jahrhunderts. Für die Geschichte der Porzellanindustrie wurde in der Porzellanstadt ebenfalls ein Museum eingerichtet.

Umschau

Derzeit ist im Porzellanikon die Sonderausstellung „Eden – Im Garten des Außergewöhnlichen“ zu sehen. und endet bei Mobiltelefonen. Sie wären in ihrer Miniaturisierung ohne technische Keramik nicht möglich.“ Die Besucher sehen Gegenstände, in denen sich technische Keramik befindet, ohne dass man es auf den ersten Blick vermuten würde, zum Beispiel in Kaffeemaschinen, Hüftgelenken und im Spaceshuttle. „Wir zeigen das aber nicht nur, wir setzen es auch in Kontext“, sagt Siemen. Denn in jeder Abteilung laufen auf Fernsehmonitoren Dokumentationen zum jeweiligen Thema. Auch in der dritten Abteilung, dem Rosenthal-Museum: „Hier präsentieren wir Produkte von Rosenthal und die Entwicklung der Fabrik seit 1879, dem Jahr der Gründung durch Philipp Rosenthal Senior.“ Das Museum besteht aus insgesamt sechs Gebäuden. Eines davon beherbergt internationale, nationale und regionale Sonderausstellungen. Es gibt mindestens zwei pro Jahr. „Dabei lassen wir Künstler aus ganz Europa zu Wort kommen. Sie interpretieren das Porzellan in ganz eigener Weise“, sagt der Museumsleiter. Noch bis zum 20. Januar geht zum Beispiel die Sonderausstellung „Eden – Im Garten des Außergewöhnlichen“ von Jean Boggio. Die Besucher sehen auf etwa 1000 Quadratmetern märchenhafte Luxuswelten. In einem anderen Haus stehen alte Maschinen, die früher bei der Porzellanherstellung eingesetzt wurden.

Ein Besuch im Porzellanikon Das Porzellanikon in Selb hat jährlich rund 40000 Besucher. Es hat dienstags bis sonntag und an Feiertagen von 10 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Eine Einzelkarte kostet 5 Euro und ermäßigt 2,50 Euro. Eine Tageskarte für Familien kostet 10 Euro.

Eine Gruppenkarte (ab 10 Personen) kostet 3,50 Euro und 2 Euro ermäßigt. Wer möchte, kann Führungen buchen durchs gesamte Museum oder durch einzelne Abteilungen buchen. Eine Führung durchs RosenthalMuseum dauert zum Beispiel etwa eine Stunde.

„ Die Besucher können Dinge berühren und erfahren. Das zeichnet das Museum aus.

„ Hier hat Porzellan der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft seinen Platz. “ Museumsdirektor Wilhelm Siemen

„Zum Beispiel die Massemühle oder die große Dampfmaschine. Bei Festen setzen wir sie mit Pressluft in Bewegung“, sagt Siemen. Im gesamten Museumsbereich sind außerdem insgesamt fünf historische Rundöfen erhalten: „Einer davon ist in Gänze im Rosenthal-Museum zu sehen.“ Und in einem weiteren Gebäude erleben die Besucher hautnah, wie aus weicher Porzellanmasse fertige Porzellangegenstände werden: „Vom Modellieren bis hin zum Glasieren und Brennen. Dabei können sie Dinge berühren und erfahren, in die Hand nehmen, hören, schmecken und riechen. Das zeichnet das Museum in seiner Gesamtheit aus.“

Wer sich alles anschauen wolle, könne locker einen ganzen Tag im Museum verbringen. Auch für Kinder sei das ein Erlebnis: „Viele Familien kommen mit mürrischem Nachwuchs an. Dann wollen sie aber freiwillig den ganzen Tag hier bleiben und sind begeistert.“ Für Kinder hat das Museum auch noch etwas Besonderes im Angebot – die Museumspädagogik: „Das Programm setzt im Kindergartenalter an, aber es ist für alle Altersklassen etwas dabei. Zum Beispiel gibt es Porzellanmalkurse, oder man kann Modellieren lernen.“ Das Porzellanikon dient auch als Veranstaltungsort. Es gibt Museumsfeste, aber auch eine eigene Kabarett-

Foto: Franz

reihe: „Wir holen mit großem Erfolg Kabarettisten und Musiker aus ganz Bayern und darüber hinaus hierher. Es ist ein lebendiges Museum, das sich bemüht, für die Menschen da zu sein.“ Deshalb können sich auch Unternehmen, Vereine oder Gruppen melden, die gerne ein Fest feiern möchten. „Und wir sind ein amtlich anerkannter Trauungsort. Paare können sich bei uns ganz offiziell das Jawort geben.“

Pläne und Visionen Der Museumsleiter arbeitet stetig an neuen Plänen und Visionen für die Zukunft: „Sonst würde man nicht nur stagnieren, sondern sich zurückentwickeln.“ Eine wichtige Etappe ist die vom bayerischen Kabinett beschlossene Übernahme des Museums in staatliche Trägerschaft. „Wir hoffen, dass der Landtag sich noch in diesem Jahr positiv entscheiden wird. Denn das wäre ein großer Schritt für die Zukunftssicherung dessen, was die Mitarbeiter aufgebaut haben und was in den nächsten Jahren noch umgesetzt werden soll.“ Außerdem sind weiter Ausstellungen geplant. Zum Beispiel zum 100. Geburtstag von Philip Rosenthal: „Das ist im Jahr 2014. Dann gibt es eine Geburtstagsausstellung, die die Entwicklung des Unternehmens Rosenthal in einer größeren Dimension dokumentiert. Und auch der Kombination von Porzellan und Mode wollen wir uns widmen.“

Friedensbotschaft auf dem Weingut In den vergangenen Tagen bestimmte eine Koalitionskrise um die Studiengebühren in Bayern die Schlagzeilen. Sie habe es gar nicht gegeben, sagt CSU-Chef Seehofer jetzt. Von Carsten Hoefer und Jörg Schurig Radebeul/München – Ein staatliches Weingut kann friedenstiftende Wirkung haben. Nach lautem Schlachtenlärm um die Abschaffung der Studiengebühren fährt Ministerpräsident Horst Seehofer am Donnerstag zu einem friedlichen Termin in Karl Mays letzten Wohnort Radebeul. Ziel ist nicht die „Villa Shatterhand“, in der Silberbüchse, Bärentöter und andere Schusswaffen präsentiert werden. Seehofer fährt zum Zukunftsdialog auf dem sächsischen Staatsweingut. Eine paradiesische Umgebung, sagt er – und nutzt dort die Gelegenheit, die Koalitionskrise für nicht existent zu erklären. „Nicht den Hauch einer Koalitionskrise“ habe es gegeben, sagt Seehofer dort.

Das Gebot der Stunde heißt Deeskalation. Zwar ist nach wie vor keine Lösung des Streits mit der FDP in Sicht. Die Liberalen wollen die Studiengebühren behalten, Seehofer will sie abschaffen. Aber gelöst werden soll das Problem ohne Bruch der Koalition. „Ich bin ganz sicher, dass wir auch diese Frage lösen werden nach dem Verfahren, das wir vereinbart haben“, sagte Seehofer. Vereinbart sind Gespräche im Januar. Schon am Dienstag hatte Seehofer die Krisenmeldungen in den Medien als „Mäusekino“ bezeichnet. Im Fall der Studiengebühren gehen die Einschätzungen Seehofers und seiner Kollegen in CSU und FDP sehr weit auseinander. Denn in der CSU-Spitze hat sich beträchtlicher Ärger über Seehofer aufgestaut, weil er einen Streit um ein zweitrangiges Thema wie die Studiengebühren derart eskalieren ließ, dass alle Medien tagelang über den drohenden Koalitionsbruch spekulierten. Die FDP war ohnehin schwerst verärgert, weil die Studiengebühren im Koalitionsvertrag vereinbart sind, an den Seehofer sich in diesem Fall aber nicht mehr halten will. Doch Seehofer selbst sieht das an-

Im Mäusekino: Horst Seehofer. ders. Das ist für ihn sowohl ein altes Problem, als auch eine Gefahr. „Insofern ist da vieles, was geschrieben und gesendet wird, einfach nicht im Einklang mit der Lebensrealität“, sagt er in Radebeul. Doch anders als Seehofer sah der Rest der Koalition

durchaus den Hauch einer Krise, und zwar in beiden Regierungsparteien. Bei keinem anderen Spitzenpolitiker klafften Selbstwahrnehmung und Einschätzung durch die Kollegen so weit auseinander wie bei Seehofer, sagen Parteifreunde. Seehofer muss nun einen Weg finden, der für ihn gesichtswahrend ist. Seehofer erwähnte am Dienstag bei einem internen Gespräch das FDPWahlprogramm von 2008, in dem die Liberalen die nachträgliche Erhebung der Gebühren erst nach Abschluss des Studiums fordern. Doch sollte die CSU das übernehmen, stünde sie nicht sehr erfolgreich da. Zum einen würden die Studiengebühren gar nicht abgeschafft, obwohl Seehofer das angekündigt hat. Zweitens würde das im Ergebnis bedeuten, dass die CSU dem Koalitionspartner als Kompromiss einen lupenreinen FDP-Vorschlag anbietet. Das wäre nicht unbedingt CSU pur. Seehofer widerspricht dementsprechend Meldungen, diese Lösung zeichne sich bereits ab. „Ich habe keinen Vorschlag gemacht“, sagt er. So ist eines klar: Eine friedliche Lösung zeichnet sich ab, aber das Problem bleibt erst einmal ungelöst.

Wunsiedel/Kulmbach – Apothekenkunden müssen heute mit längeren Wartezeiten rechnen. Viele Apotheken wollen ihren Service einschränken und damit gegen die gesetzlichen Krankenkassen protestieren. Angesichts der hohen Überschüsse der Kassen wollen die Pharmazeuten den Krankenkassen weniger Rabatte gewähren. Initiiert hat die Aktion der Bayerische Apothekerverband. Verbandschef Hans-Peter Hubmann aus Kulmbach versicherte, dass trotz der Protestaktion die Arzneimittelversorgung der Patienten gewährleistet sein werde. Betroffen sind die Landkreise Coburg, Kronach, Kulmbach, Lichtenfels und Wunsiedel.

EU-Studie zum Donauausbau Straubing – Die umstrittene EU-Studie zum Donauausbau in Niederbayern ist am Donnerstag in Straubing vorgestellt worden. Die Experten empfehlen eine Staustufe zwischen Straubing und Vilshofen sowie einen Seitenkanal. Die Eingriffe in die Natur ließen sich ökologisch ausgleichen; zudem sei der Ausbau volkswirtschaftlich sinnvoll, argumentieren die Verfasser der 33 Millionen Euro teuren Studie. Naturschutzverbände, Grüne und SPD laufen dagegen Sturm. Auch Bayerns Umweltminister Marcel Huber (CSU) hatte sich gegen einen Ausbau mit Staustufe

Mit einer Menschenkette protestieren Naturschützer in Deggendorf für einen sanften Ausbau der Donau. ausgesprochen, weil dies einen massiven Eingriff in die Natur und Verschlechterungen für den Flussabschnitt zur Folge habe.

Frau erwürgt und im Acker vergraben Würzburg – Der Würzburger Prozess gegen einen Mann, der eine Bekannte erwürgt und in einem Acker verscharrt haben soll, ist wenige Minuten nach Prozessbeginn vertagt worden. Sachverständige könnten aus Termingründen nicht anwesend sein, sagte der Vorsitzende Richter. Laut Anklageschrift hatte der 45 Jahre alte Mann aus Würzburg Mitte April seine 32 Jahre alte Bekannte nach einem Streit erwürgt. Danach fuhr er die Leiche in einer Schubkarre durch den Ort und vergrub sie.

Ehemaliger Weidener Oberbürgermeister ist tot Weiden – Der ehemalige Weidener Oberbürgermeister Hans Schröpf (CSU) ist tot. Der Kommunalpolitiker starb im Alter von 74 Jahren nach einem schweren Sturz. Schröpf hatte fast 31 Jahre die Geschicke der Hans Schröpf oberpfälzischen Stadt gelenkt. 2007 war er nach einer Verurteilung wegen Veruntreuung zurückgetreten.


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