Zerbrechliche Werte bei Porzellan

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BAYERN UND DIE REGION

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Donnerstag, 31. März 2016

Porzellan als Wertanlage: Auf dem Markt hat ein Preisverfall stattgefunden

Zerbrechliche Werte Der Preis für altes Porzellan ist in den vergangenen Jahren stark gesunken. Viele Stücke erhält man schon für einen Appel und ein Ei. Von Elfriede Schneider Selb – Für Porzellanliebhaber war er einst ein überaus begehrenswertes Objekt: der Rosenthal-Weihnachtsteller, gestaltet von Björn Wiinblad. Geschäfte erhielten nur eine begrenzte Anzahl, und als Kunde musste man auch während des Jahres einiges an Porzellan gekauft haben, damit man zu den Auserwählten zählte, die für einige Hundert Mark einen der Teller mit nach Hause nehmen durften. Das gute Stück sei ein bleibender Wert und eine Rücklage fürs Alter, suggerierte Rosenthal damals den Käufern. Wenn man heute einen der Teller haben möchte, hat man die Auswahl aus Tausenden Exemplaren, zum Teil

Von der Mokkatasse bis zum Kunstobjekt – beim Porzellan kann man sich auf alles Mögliche spezialisieren. Eckhard Koths, Vorsitzender der „Freunde des Rosenthal-Porzellans“

noch original verpackt, angeboten im Internet, auf Flohmärkten und beim Porzellinermarkt in Selb. Mehr als zehn Euro muss man nicht ausgeben. Zwölf Stück erhält man auf Ebay für 100 Euro. Der Weihnachtsteller ist ein Symbol für den Preisverfall von massenhaft hergestelltem Porzellan. Einst teure Geschirre, für die Familien lange sparten und die das Glanzstück jedes Geschenketisches zur Hochzeit waren, bekommt man heute für einen Appel und ein Ei. Ein Tafelgeschirr mit Platinrand von Rosenthal, „nie benutzt“, wie der Verkäufer schreibt, ist

Symbol für den Preisverfall bei Porzellan sind die Weihnachtsteller von Rosenthal. Im Internet und auf Flohmärkten bekommt man sie bereits für zehn Euro.

heute noch zwischen 200 und 300 Euro wert. Als die Familie es einst kaufte, musste sie vermutlich mehrere Monatsgehälter dafür aufbringen. Ein Service mit 47 Teilen der Firma Paul Müller aus Selb, gefertigt um 1900, erhält man im Internet für 160 Euro. „Geschirre haben im Wert deutlich eingebüßt“, sagt Eckhard Koths, der Vorsitzende der „Freunde des Rosenthal-Porzellans“. In diesem Verein haben sich etwa 80 Sammler aus Deutschland und den Nachbarländern zusammengeschlossen. „Sammler, die vor ein paar Jahren ein Service vielleicht für 1000 Euro gekauft haben, müssen froh sein, heute noch 250 Euro zu bekommen“, erzählt Koths, der in der Nähe von Hannover wohnt und jedes Jahr mehrfach nach Selb kommt. Für viele sei aber gar nicht der Wert ausschlaggebend, sie hätten einfach Freude an schönem Porzellan. Der 64-Jährige sammelt Kunstfiguren aus den ersten Jahren von Rosenthal, und da gebe es genügend Stücke, die ihren Preis hielten. Koths erzählt von einem Händler, der auf dem letzten Porzellinermarkt in Selb drei Figuren aus der Serie „Vier Jahreszeiten“ von Claire Weiss anbot. 9000 Euro habe er für die drei gewollt, „und ich gehe davon aus, dass er sie zu diesem Preis auch verkauft hat“. Der Sammler liebt es, über den Porzellinermarkt zu schlendern und nach Besonderem Ausschau zu halten. „Man kann noch immer hervorragende Sachen finden. Manchmal stecken sie zwischen vielem Schund. Aber das macht den Reiz des Suchens aus.“ Dank des Internets seien inzwischen alle gut informiert – Käufer wie auch Verkäufer. Koths und die anderen im Verein organisierten Sammler sind vom Porzellan wegen dessen Vielseitigkeit fasziniert. „Von der Mokkatasse bis zum Kunstobjekt – beim Porzellan kann man sich auf alles Mögliche spezialisieren.“ Stücke, die international gefragt sind, erzielten noch gute Preise, sagt Jens Mehlis vom Auktions-

Ein Stück, für das Sammler noch immer viel Geld zahlen, ist der „Javanische Tanz“, 1921 von Rosenthal gefertigt. Im vorigen Jahr verkaufte ein Auktionshaus eine solche Figur aus einer privaten Porzellansammlung für 3000 Euro – einer der Spitzenpreise. Die gezeigte Figur steht als Dauerleihgabe der Oberfrankenstiftung im Porzellanikon in Selb-Plößberg. Foto: Jahreiss, Hohenberg an der Eger haus Mehlis in Plauen. Die Produkte der Fabriken zwischen Weiden und Selb gehörten dazu nicht, berichtet der Geschäftsführer weiter: „Selbst Rosenthal hat es schwer, über Deutschland hinaus wahrgenommen zu werden.“ International gefragt sind nach wie vor die Stücke von Meissen, der Königlichen Porzellan-Manufaktur Berlin (KPM) und

der französischen Manufaktur Sèvre. Einen regionalen Sammlerkreis gibt es für das Porzellan der thüringischen Manufaktur Burgau bei Jena, die von 1901 bis 1929 produzierte und dem Deutschen Werkbund nahestand, und für Fraureuth, einer von 1866 bis 1926 im heutigen Landkreis Zwickau bestehenden Firma. Der Preisverfall der vergangenen

Jahre betrifft nach den Worten des erfahrenen Auktionators vor allem bedruckte Ware der bayerischen Hersteller: „Alles, was in Massen hergestellt wurde, ist im Preis stark nach unten gegangen.“ Der typische Sammler sei älter, meistens Rentner, habe Zeit, sich mit den Stücken zu befassen und sich zu informieren, und besitze bereits fast alles. „Jetzt sucht er nur noch die Besonderheiten, und die bringen nach wie vor Geld.“ Deshalb ließen sich seltene Sachen nach wie vor am besten verkaufen. Mehlis nennt zwei Preisbeispiele aus der letzten Auktion: Eine musizierende Bettlerin von Johann Kaendler, gefertigt im 18. Jahrhundert in Meißen, brachte 6500 Euro, ein Kaffeeservice mit zwölf Gedecken, ebenfalls von Meissen, aus der Zeit von Max Pfeiffer (1918 bis 1933) in XForm und mit Streublümchen fand für 3900 Euro einen Käufer. Das Plauener Auktionshaus, einer der Spezialisten in Deutschland für Porzellan, hat zahlreiche Kunden aus Oberfranken – und zwar sowohl als Einlieferer als auch als Käufer. „In Oberfranken wohnen einige Kenner“, berichtet Mehlis. „Sie mit einem besonderen Stück zu überraschen wird aber immer schwerer.“ Wenn jemand seine Porzellansammlung verkaufen möchte, für den hat der Plauener einen Tipp: „Die besten Stücke in ein Auktionshaus geben, die mittleren im Internet verkaufen und mit den einfachen auf den Flohmarkt gehen.“ Auktionshäuser müssten sehr genau überlegen, was sie annehmen. Ein Stück müsste mindestens einen Preis von über hundert Euro erzielen, damit es sich lohne, „sonst zahlen wir drauf“, sagt Mehlis. Geschirre der großen Porzellanfabriken aus den Sechziger- und Siebzigerjahren, die einst richtig teuer waren, gehören eher nicht zu den Sachen, die ein Auktionshaus heute annimmt. Es gibt einfach zu viele und sie brauchen zu viel Platz im Schrank und zu viel Aufmerksamkeit im Umgang. Damit teilen sie das Schicksal von Pelzmänteln und Perlenketten – einst Statussymbol, heute für wenig Geld verramscht.

„Eine gute Zeit zum Kaufen“ Das Angebot ist groß, die Nachfrage verhalten. Das spielt allen Schnäppchenjägern in die Hände. Herr Miltschus, ist Porzellan noch eine gute Wertanlage? Das kommt darauf an, um was es sich handelt. Besondere Stücke aus dem 18. oder 19. Jahrhundert etwa von Meissen oder Nymphenburg haben noch immer eine bestimmte Wertigkeit. Tafelgeschirre oder Ziergegenstände aus industrieller Produktion haben enorm an Wert eingebüßt. Auch bei Stücken aus Manufakturen wie Meissen aus jüngerer Produktion wird es beim Wiederverkauf schwierig. Welche Preise muss man sich vorstellen? Sehr seltene Stücke wie Großtiere von Meissen aus dem 18. Jahrhundert werden im Millionenwert versteigert. Viele hochwertige Sammlerstücke bewegen sich im mittleren vier- bis fünfstelligen Bereich. Eine pauschale Aussage ist schwierig. Es kommt immer auf die Auflage an, von welchem Künstler der Entwurf stammt, wem das Stück gehört hat und wie aufwendig es gearbeitet ist. Für jeden Geldbeutel findet sich was.

Also gute Zeiten für Sammler? Wer es sich leisten kann, für den sind die Zeiten gut, selbst im höherpreisigen Bereich. Wer für den Haushalt mit einem schönen Geschirr liebäugelt, kann für wenig Geld etwas bekommen. Ein 100 Jahre altes Tafelservice erhält man bereits für 200

Interview

mit Thomas Miltschus vom Porzellanikon in Selb Euro. Es ist viel Ware auf dem Markt, das drückt die Preise. Es ist eine gute Zeit zum Kaufen. Warum ist der Markt so voll? Viele ältere Menschen trennen sich von ihren Sammlungen oder die Erben verkaufen die Stücke. Historisches Porzellan ist oft mit viel Gold dekoriert, gilt als altmodisch und passt nicht mehr in heutige Einrich-

tungen. Dann kommt hinzu, dass dieses Porzellan nicht spülmaschinengeeignet sind. Es ist aufwendig, mit diesen Stücken umzugehen. Wenn man etwas kaufen oder verkaufen will: Wo sollte man das tun? Die größte Plattform für wertvollere Stücke sind noch immer die Auktionshäuser. Als Käufer hat man dort auch die Möglichkeit, ein Schnäppchen zu machen. Bei Händlern erhält man beim Verkauf wahrscheinlich einen geringeren Erlös. Ältere Menschen sind oft enttäuscht, wenn sie den Wert eines Geschirrs erfahren, das sie sich mit hart erarbeitetem Geld gekauft hatten. Was entscheidet über den Wert eines Stückes? Die Nachfrage regelt den Preis. Die Seltenheit ist ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt. Die Aufwendigkeit des Dekors und die Gestaltung spielen eine Rolle. Auch die Herkunft kann wichtig sein, wenn das Stück etwa aus einer bekannten Sammlung stammt. Ganz wichtig ist der Erhaltungszustand. Hoch im Kurs stehen manche Kuriositäten. Wie sieht es mit Figuren aus? Da geht es um drei Fragen: Wie häufig ist die Figur? Von welchem Künstler stammt sie? Ist sie industriell her-

gestellt oder stammt sie aus einer Manufaktur? Auch bei Figuren ist der Markt voll, die Preise sind deshalb im Keller. Kleinere Figuren sind bereits für unter hundert Euro zu bekommen. Welche Rolle spielt das Internet? Mittlerweile eine sehr große. Es gibt mehrere Plattformen, auf denen man Porzellan kaufen kann, und man erhält unendlich viele Ergebnisse. Im Internet ist es nicht immer leicht, sich zu orientieren. Generell gilt: Ein Stück ist nur so viel wert, wie jemand bereit ist, dafür zu bezahlen. Oft ist ein hoher Preis irreführend, weil das Teil schon lange angeboten wird, ohne einen Käufer gefunden zu haben. Wichtig ist das Internet für Auktionshäuser, weil viele internationale Bieter auf diesem Weg mitbieten. Auktionshäuser haben ihren Kundenkreis auf diese Weise enorm ausgeweitet. Das Porzellanikon bietet Expertisentage an, bei denen jeder seine Porzellanstücke begutachten lassen kann. Wann finden diese Tage statt? Etwa alle zwei Monate im Porzellanikon in Hohenberg an der Eger. Der nächste Expertisentag wird am 2. Juni sein. Jeder kann bis zu drei Stück pro Person mitbringen. Wir sagen ihm, um was es sich handelt und wie

selten die Teile sind. Die Beratung kostet nur den normalen Eintrittspreis. Werden diese Expertisentage gut angenommen? Ja, sehr gut. Wir sind immer von 10 bis 17 Uhr vor Ort. Pro Tag kommen um die 40 und mehr Besucher, sogar von weiter her. Viele Menschen, vor allem ältere, interessieren sich für Porzellan, und sie wollen sich informieren, was sie mit ihren Stücken machen können. Bekommen Sie auch seltene und wertvolle Sachen zu sehen? Solche Überraschungsmomente gibt es immer wieder. Oft sind die Besitzer selbst überrascht, dass das Porzellanteil besonders toll oder wertvoll ist. Aber meistens handelt es sich um die ganz gewöhnliche Ware. Das Angebot ist groß, die Preise sind niedrig. Also eine gute Zeit, um mit dem Sammeln zu beginnen. Porzellan wird nach wie vor gesammelt. Wenn man mit dem Sammeln beginnen will, hat man jetzt gute Chancen. Ich glaube schon, dass auch die Preise wieder steigen werden, weil Porzellan ein zerbrechliches Gut ist. Aber bis dahin wird es wohl noch eine Weile dauern. Das Gespräch führte Elfriede Schneider

Kein Happy End für verliebten Puff-Besucher Coburg – Ein Bordellbesucher gesteht einer Prostituierten seine Liebe, wird verschmäht – und bekommt am Ende von der Polizei einen Platzverweis. „Im gegenseitigen Einvernehmen wurde dem Liebesspiel nachgegangen, bei dem sich der 56-Jährige offensichtlich unsterblich in seine „Partnerin auf Zeit“ verliebte“, teilte die Polizei in Coburg am Mittwoch mit. Die Frau wies ihn jedoch zurück, die beiden gerieten in Streit. Dennoch kehrte der Coburger wenige Stunden später zurück „und versuchte, seine Herzdame umzustimmen“. Ohne Erfolg – er flog erneut aus dem Puff. Und zwar mit der klaren Ansage, nicht wiederzukommen, wie ein Polizeisprecher schilderte. Das scherte den Freier jedoch wenig – weshalb die Polizei auf Bitten der Bordellmitarbeiter am Dienstagabend letztlich einen Platzverweis aussprach. Fazit der Beamten: „In diesem Fall wird es sicherlich kein Happy End geben.“

29-Jähriger bestreitet Hacker-Vorwürfe Kempten – Weil er mehr als 300 000 fremde Computer unbemerkt mit einem Trojaner infiziert haben soll, sitzt ein 29 Jahre alter Mann erneut auf der Anklagebank. Der Ostallgäuer muss sich seit Mittwoch wegen des Ausspähens von Daten und Computerbetrugs wieder vor dem Landgericht Kempten verantworten. Zum Prozessbeginn wies der Angeklagte die Vorwürfe zurück. „Ich kenne mich mit Computern nicht aus“, sagte er. Sein Laptop sei fremdgesteuert gewesen. Mit einem Komplizen soll der Angeklagte im Jahr 2012 ein sogenanntes Botnetz – ein Netzwerk aus Rechnern – aufgebaut und die Leistung der gekaperten Rechner genutzt haben, um virtuelles Geld in der digitalen Währung Bitcoin zu generieren. 2014 war er unter anderem wegen des Ausspähens von Daten und Computerbetrugs zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Dagegen hatte er erfolgreich Revision eingelegt. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies den Fall zur Neuverhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurück.

Stichwort: Bitcoin Der Bitcoin ist eine digitale Währung, die im Internet entstand. Sie ist seit 2009 im Umlauf. Bitcoins kann man ganz legal am Computer herbeirechnen. Das sogenannte „Mining“ (Schürfen) verbraucht allerdings inzwischen viel Rechenleistung und produziert hohe Stromkosten. Das bewegt Kriminelle dazu, fremde Rechner zu kapern, um die Kosten auf die Opfer abzuwälzen.

Traktorfahrer schwer verletzt Maroldsweisach – Bei einem Verkehrsunfall in Maroldsweisach im Kreis Haßberge ist ein Traktorfahrer lebensgefährlich verletzt worden. Ein Kleintransporter war am Dienstagabend in den Schlepper gekracht, als dieser auf einen Feldweg abbog, wie die Polizei mitteilte. Dabei wurde der 43-jährige Traktorfahrer von seinem Fahrzeug geschleudert. Er musste ins Krankenhaus gebracht werden. Der 61-jährige Fahrer des Transporters und zwei Mitfahrer wurden leicht verletzt. Ein Sachverständiger soll den Unfallhergang klären.

Bahn muss Strafe für Verspätung zahlen München – Die Deutsche Bahn musste im vergangenen Jahr wegen Verspätungen oder anderer Mängelbei der Münchner S-Bahn doppelt so hohe Strafzahlungen an den Freistaat Bayern leisten wie im Jahr 2014. Die Summe habe sich von rund 200 000 Euro auf 400 000 erhöht, sagte jetzt ein Sprecher der Bayerischen Eisenbahngesellschaft in München und bestätigte damit auch einen Bericht der Süddeutschen Zeitung.


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