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1 Die demokratische Ordnung der Schweiz

1 Die demokratische Ordnung der Schweiz

■ Die politische Gliederung der Schweiz

Die Schweiz ist ein Bundesstaat, der aus 26 Kantonen besteht. «Bund» ist der bei uns übliche Begriff für den Staat; der anSOLOTHURN dere, häufig gebrauchte Ausdruck ist «Eidgenossenschaft». Bund und Kantone verfüNIDWALDEN gen über eigene staatliche Strukturen und teilen sich zusammen mit den knapp 2300 Gemeinden der Schweiz die staatlichen GENÈVE Aufgaben. Alle drei Staatsebenen – Bund, Kantone und Gemeinden – sind nach demokratischen Prinzipien aufgebaut. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger können Regierungsvertreter, Parlamentarierinnen und Parlamentarier wählen oder sich selber wählen lassen und bei Abstimmungen zu Sachfragen Stellung nehmen.

Die demokratische Staatsordnung der Schweiz weist einige Besonderheiten auf, die sie von den demokratischen Systemen in anderen Ländern unterscheidet. Prägendes Element ist dabei das starke Gewicht, das dem Stimmvolk im politischen Prozess zukommt. Statt vom Stimmvolk ist in politischen Diskussionen manchmal auch vom Souverän die Rede. Damit wird die oberste politische Instanz eines Landes bezeichnet.

Die Schweiz hat sich historisch aus selbstständigen Staaten (den Kantonen) heraus entwickelt. In der ersten Bundesverfassung von 1848 wurde die Souveränität der Kantone zwar bestätigt, gleichzeitig aber der staatlichen Souveränität der Eidgenossenschaft untergeordnet. Dieses Grundprinzip prägt seither unser Staatsverständnis und wird als Föderalismus bezeichnet. In föderalistisch organisierten Staaten kommt den einzelnen Teilstaaten (Kantonen) eine starke Stellung zu. Viele staatliche Aufgaben werden weiterhin von diesen gelöst. Der Bund kommt nur dann zum Zuge, wenn eine einheitliche Regelung sinnvoll erscheint.

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APPENZELL INNERRHODEN Die Schweiz: ein Bundesstaat aus 26 Kantonen

■ Die Bundesbehörden Das Volk wählt alle vier Jahre ein neues Parlament. Das Parlament ist die gesetzgebende Behörde eines Landes (= Legislative); seine Hauptaufgabe ist die Ausarbeitung von Gesetzen, bevor diese zur Volksabstimmung kommen. Das Schweizer Parlament tagt im Bundeshaus in Bern und teilt sich in zwei «Kammern» (= Räte): den Nationalrat und den Ständerat. Beide Kammern sind Volksvertretungen, die nach unterschiedlichen Regeln gewählt werden. Der Nationalrat umfasst 200 Mitglieder und stellt ein Abbild der politischen Kräfteverhältnisse in der Bevölkerung dar. Deshalb können Kantone mit einer grossen Bevölkerungszahl sehr viele Nationalrätinnen und Nationalräte nach Bern entsenden (z.B. der Kanton Zürich 34 Personen). Kleine Kantone müssen sich dagegen mit einem einzigen Vertreter oder einer Vertreterin begnügen (Kantone AI, AR, GL, NW, OW und UR).

Gäbe es nur den Nationalrat, bestünde die Gefahr, dass die grossen Kantone ihren Willen ohne Rücksicht auf die kleinen durchsetzen würden. Deshalb setzt sich die kleinere Kammer, der Ständerat, aus jeweils zwei Vertreterinnen oder Vertretern pro Kanton (= «Stand») zusammen; die sechs Halbkantone stellen jeweils einen Vertreter oder eine Vertreterin. Insgesamt besteht die zweite Parlamentskammer deshalb aus 46 Mitgliedern.

Zur Wahl des Bundesrates sowie einiger anderer verfassungsmässiger Aufgaben schliessen sich die beiden Räte zur Vereinig- Die eidgenössischen Räte kommen in der Regel ten Bundesversammlung zusammen; dort im Frühling, Sommer, Herbst und Winter zu einer haben alle National- und Ständeräte die je dreiwöchigen Session zusammen. gleiche Stimmkraft.

Die sieben Mitglieder des Bundesrates bilden die Regierung und oberste Verwaltungsbehörde des Bundes. Der Bundesrat muss zusammen mit der Verwaltung die Gesetze umsetzen; wir bezeichnen die «ausführende Staatsgewalt» als Exekutive. Der Bundesrat versteht sich als Kollegialbehörde, was bedeutet, dass er alle Entscheidungen nach aussen als Einheit vertritt. Die Vereinigte Bundesversammlung wählt aus den Mitgliedern des Bundesrates den Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin. Diese Person leitet während eines Jahres die Bundesratssitzungen und übernimmt repräsentative Pflichten. Er (oder sie) verfügt also nur über wenige zusätzliche Kompetenzen und gilt deshalb als «Primus inter Pares» (Erster unter Gleichen). Wenn die Bundesversammlung neu gewählt wird, muss sich anschliessend auch der Bundesrat der Wiederwahl stellen. Häufig finden jedoch Wechsel im Bundesrat ausserhalb dieses Vierjahresrhythmus statt.

Nicht nur die Ausgestaltung der Regierung als Kollegialbehörde ist eine schweizerische Eigenart. Die schweizerische Regierung ist grundsätzlich nach dem Konkordanz-Gedanken zusammengestellt. Dies bedeutet, dass die parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrates der Parteienstärke bei den Stimm- und Wahlberechtigten entsprechen soll. Dadurch sind in der Schweiz alle grösseren politischen Strömungen in der Regierung vertreten.

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